Enteignung durch EU und WTO stoppen!

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– eine andere Welt ist möglich
Beilage zur taz vom 02. Dezember 2005 * Herausgegeben von Attac Deutschland * www.attac.de
Attac Bundesbüro * Münchener Str. 48 * 60329 Frankfurt * Tel. (069) 900 281-10 * Fax -99 * [email protected]
Enteignung durch EU und WTO stoppen!
Soziale Kämpfe für ein menschenwürdiges Europa in der Welt
Friedensmacht Europa – so strahlte
es von Wahlplakaten zur Europawahl
im letzten Jahr. Tatsächlich verbinden
viele mit der europäischen Integration die Vision vom friedlichen und
solidarischen Zusammenleben. Doch
der Kreis derer, die europaweit friedlich und in Wohlstand zusammenleben, war schon immer exklusiv.
Und aktuell nehmen Ausgrenzung
und Marginalisierung von MigrantInnen, Frauen und anderen sozial
Benachteiligten weiter zu. Im Europa
der Konzerne weht ein rauer Wind.
„Wettbewerbsstärkster und dynamischster wissensbasierter Wirtschaftsraum“
soll die EU bis 2010 werden – das beschlossen die EU-Regierungschefs beim
Gipfel in Lissabon im März 2000. An
Stelle der Friedensvision trat damit
endgültig der globale Konkurrenzkampf
als Leitmotiv der EU. Ganz im Sinne
europäischer Konzerne, die seit Jahren
die Union als neoliberal-kapitalistisches
Projekt zur Steigerung ihrer Profite
betreiben.
Was das bedeutet, erleben gegenwärtig
die Menschen, deren Arbeitsplätze der
Wettbewerbsfähigkeit im Wege standen
und die nun auf ein schrumpfendes Sozialsystem angewiesen sind. Und außerhalb Europas? Viele Menschen werden
weltweit durch europäische Konzerne,
die immer mehr Reichtum anhäufen,
ihrer Chance auf ein menschenwürdiges
Dasein beraubt.
Die Handelspolitik der EU spielt dafür
eine zentrale Rolle. Denn die Union ist
eine der treibenden Kräfte, wenn es
darum geht, weltweit Absatzmärkte für
Industriegüter, Dienstleistungen und
Investitionen zu öffnen. Dabei schreckt
sie auch vor sensiblen Bereichen nicht
zurück: Auf der EU-Agenda stehen
selbst Privatisierungen im Bereich
der Trinkwasserversorgung oder die
Verpflichtung, öffentliche Aufträge an
private Großunternehmen zu vergeben
– was die Handlungsmöglichkeiten
der öffentlichen Hand stark einengt.
Diese Agenda setzt die EU geschickt
sowohl auf der multilateralen Verhandlungsebene der WTO als auch in
regionalen und bilateralen Verträgen
durch. Das gleicht der Fahrt auf einer
mehrspurigen Autobahn: Sobald die
Verhandlungen in einem Forum stocken,
wechselt die Union die Spur. Das Ziel
der Autobahn bleibt dabei unverändert:
Marktzugang, Marktzugang, Marktzugang – für europäische Multis, versteht sich.
wird die Verdrängung heimischer
Unternehmen durch die internationale
Konkurrenz massive De-Industrialisierungsprozesse nach sich ziehen. Die
globale Standortkonkurrenz und die
Abwärtsspirale würden durch diese
Abkommen dramatisch verschärf t
werden. Eine weitere Verarmung der
Menschen ist programmiert. Die EU ist
hierbei treibende Kraft und stellt sich
aggressiv gegen die Interessen der
Betroffenen.
Enteignungsrammbock WTO
Doch weltweit wächst der Widerstand.
Täglich kämpfen Menschen gegen die
Ausbeutung von Mensch und Umwelt
durch Konzerne. Und gegen die Regierungen, die diese Konzernagenda absichern. Ob durch die Kämpfe der Landlosen in Brasilien, die Proteste gegen
Hartz IV oder den Widerstand der französischen Linken gegen die neoliberalkapitalistische und militaristische EUVerfassung – die Welt zu Beginn des
21. Jahrhunderts ist in Bewegung.
Dass die EU immer wieder maßgeblich
auf die WTO zurückgreift, hat mit der
beinahe universalen Reichweite und
der Funktion der Organisation zu tun:
Mit derzeit 148 Mitgliedern betreibt die
WTO zentral die rechtliche Absicherung
globaler Ausbeutungs- und Enteignungsprozesse im Interesse transnationaler Konzerne. Marktzugangsmöglichkeiten und Investitionen schreibt
sie auf unbestimmte Zeit durch eine
quasi globale Wirtschaftsverfassung
fest. Denn: Einmal eingegangene WTOVerpflichtungen lassen sich in der Praxis
nicht zurücknehmen. Damit können
sich Deutsche Bank & Co. sicher sein,
dass sie auch in Zukunft unbeschränkt
über ihr Kapital in anderen Ländern
verfügen können und keine staatlichen
Politiken ihren Spielraum einschränken.
Gesellschaftliche Ansprüche – ökologische, soziale, demokratische – werden
quasi-verfassungsrechtlich bis in ferne
Zukunft außen vor gehalten. Kein Wunder, dass Unternehmen für diese Festschreibung der „Regeln der Reichen“
im internationalen Recht langwierige
und kostspielige Lobbyarbeit betreiben.
Die von der WTO vorangetriebene Globalisierung von Eigentumsrechten und
die Ausweitung von Märkten bedeuten
eine massive Enteignung öffentlicher
Güter.
Paradebeispiel No.1: das TRIPS-Abkommen zum Schutz geistiger Eigentumsrechte. Es forciert die Patentierung von
natürlichen Ressourcen und Wissen
Großdemonstration in Brüssel, 19. März 2005 – Foto: Patrick Cohen
– von Heilpflanzen über Saatgut bis hin
zur Software. Im Klartext heißt das:
Aneignung von öffentlichen Ressourcen
durch Patenthalter – schätzungsweise
zu 90 Prozent.
Paradebeispiel No. 2: das Dienstleistungsabkommen GATS. Es hat die Öffnung
sämtlicher Dienstleistungssektoren für
ausländische Anbieter im Visier. Der
Privatisierungsdruck auf öffentliche
Dienste und soziale Sicherungssysteme
wird dadurch verschärft. Der öffentlichen Hand droht weitere Enteignung.
Dass die WTO in der politischen Ökonomie die Rolle eines globalen Enteignungs-Rammbocks spielt, ist kein Zufall.
Drei zentrale Verträge der Organisation
wurden von transnationalen Konzernen
und ihren Verbänden konzipiert: Beim
GATS spielten Finanzriesen wie American Express eine Schlüsselrolle. Den
Entwurf für das Agrarabkommen schrieb
ein früherer Mitarbeiter von Cargill,
einem der weltweit größten Agrar-
handels-Multis. Die Federführung für
die Durchsetzung von TRIPS hatten der
Pharma-Konzern Pfizer und IBM. Auch
bei den aktuellen Verhandlungen haben
Konzern-Lobbyisten exzellenten Zugang
zu Ministerien und der EU-Kommission.
Hongkong platzen lassen
Auf der WTO-Ministerkonferenz in Hongkong vom 13. bis 18. Dezember 2005
droht ein neuer Deal, weitere Enteignungsdynamiken in Gang zu setzen.
Neben einer massiven Zollsenkung für
Industriegüter wird über eine Ausweitung des GATS und die radikale
Öffnung von Agrarmärkten verhandelt.
Die Folge: Im Norden wie im Süden
droht der Ausverkauf öffentlicher
Dienstleistungen und sozialer Sicherungssysteme sowie eine Intensivierung
des Konzentrationsprozesses in der
Landwirtschaft, dem schon in den
letzten Jahrzehnten hunderttausende
BäuerInnen zum Opfer fielen. Im Süden
Auch die WTO-Konferenz in Hongkong
werden soziale Bewegungen aus aller
Welt nutzen, um ihren Protest sichtbar
zu machen und zu bündeln. Ihre
Argumentation: Damit der Raum für
ihre Kämpfe und Alternativen nicht
noch weiter beschnitten und der
Handlungsspielraum von Unternehmen
nicht noch weiter ausgedehnt werden
kann, ist ein wichtiger Schritt notwendig: Hongkong muss platzen!
Auf den nächsten Seiten blicken wir
auf soziale Kämpfe (Seite 2) und
Alternativen (Seite 3 und 4), die
weltweit diskutiert und praktiziert
werden. Denn ganz egal, mit welchem
Ergebnis die Ministerkonferenz in
Hongkong endet: Der Kampf um ein
Leben in Würde für alle Menschen
geht weiter.
von Johannes Lauterbach/Attac
und Verein für gerechte Weltwirtschaft,
Alexis Passadakis/ Attac und WEED,
Stefan Schmalz /Attac und
Pia Eberhardt/ Attac und WEED
Aufruf zum globalen Aktionstag gegen die WTO
Tragt eure Stimmen nach Hongkong
Vom 13. bis 18. Dezember tagt die Ministerkonferenz
der Welthandelsorganisation WTO in Hongkong.
Dort stehen weitreichende
Marktöffnungen auf der
Agenda, die transnationalen
Konzernen den globalen
Zugriff auf alle Lebensbereiche
erleichtern sollen – zu Lasten
von Mensch und Umwelt in
Nord und Süd.
Attac und weitere zivilgesellschaftliche Organisationen
stellen sich dieser Politik
entgegen.
Am 10. Dezember 2005, dem
„Global Day of Action“, werden Menschen weltweit gegen
die WTO auf die Straße gehen.
Protest gegen die WTO in Cancún, Sept. 2003 – Foto: Pia Eberhardt
Beteiligt euch am Aktionstag
gegen die WTO
am 10. Dezember 2005!
- Protestiert vor Ort gegen die
neoliberale Handelspolitik der
WTO und der EU.
- Macht eure Kritik am globalen
Ausverkauf von Landwirtschaft und Ernährung, von
Wasser, Bildung und Gesundheit deutlich.
- Tragt eure Stimmen nach Hong
Kong – Beteiligt euch an der
Online-Demo
http://www.stop-wto.org.
STOPPT DIE WTO!
NEIN zu Handelsabkommen im alleinigen Interesse
von Konzernen!
JA
JA
JA
JA
JA
JA
zu Ernährungssouveränität
zum Recht auf Wasser, Gesundheit und Bildung für alle
zu demokratischen und solidarischen Dienstleistungen
zu freiem Zugang zu Saatgut und Medikamenten
zu einem Recht auf Entwicklung
zu einer Welthandelsordnung im Interesse des Südens, sozial
Benachteiligter und der Umwelt
Infos und Anregungen unter www.attac.de/wto/hongkong
Attac AG Welthandel und WTO
HONGKONG platzen lassen – Besser kein Deal als ein schlechter Deal!
Seite II
Zuerst der Markt ?
Oder: globale soziale Rechte?
Nationalstaaten gebärden sich im entfesselten Kampf um Standortvorteile wie private Agenturen
„ihrer“ Konzerne. Den politischen Rahmen dafür setzt die WTO, und die Folgen im Agrar-, Industrieund Dienstleistungsbereich gehen zu Lasten der Menschen weltweit.
Mit ihrem „Streitschlichtungsmechanismus“ verfügt
die WTO über ein effektives Mittel, das den Vorrang
von Freihandelsinteressen jederzeit durchsetzen
kann. Demgegenüber geraten völkerrechtlich verbindliche soziale Normen und Umweltnormen ins
Abseits. Weder die Welternährungsorganisation FAO
noch die internationale Arbeitsagentur ILO verfügen
über Möglichkeiten, die sozialen Bedürfnisse der
Mehrheit der Menschen effektiv durchzusetzen.
Private Gewinninteressen transnationaler Konzerne
dagegen werden weltweit geschützt.
Aktion: Erntefest der Freiwilligen Feldbefreier in Berlin, 4. September 2005
Wem gehört die Ernte?
Der Konflikt um Nachbaugebühren
Am 28. Oktober 2005 wurde die Saatgut-Treuhand Verwaltungs GmbH (STV) mit dem Big Brother
Award ausgezeichnet. Diesen Negativ-Preis erhielt die Einrichtung der deutschen Saatgutindustrie
für ihren verbissenen Kampf um „gläserne Landwirte“. Die Auszeichnung macht einen bedenklichen Prozess öffentlich, der die Selbstbestimmung der BäuerInnen beschneidet und weitreichende
Auswirkungen auf die Welternährung haben kann.
Über 200.000 Fragebögen hatte die STV verschickt
– an BäuerInnen, die detailliert Auskunft geben
sollten über Anbauflächen und Lagerhaltung, über
Nachzucht und Saatgutkauf. Wer die Auskunft
verweigerte, wurde mit Zwangsgeldern bedroht. Es
kam zu 2.500 Anklagen und zu internationaler
Aufmerksamkeit. Denn dieses Vorgehen ist nicht
nur eine Frage des Datenschutzes.
Weltweit und seit Jahrtausenden heben BäuerInnen
einen Teil ihrer Ernte auf, um ihn im nächsten Jahr
wieder auszubringen. Sie beobachten, welche Qualität
die Saatgutpflanzen haben, welche an ihrem Standort
besonders gut wachsen, und tauschen auch mit
Nachbarn, um zu besseren Sorten zu kommen. Diese
Praxis hat erst die riesige Vielfalt der Nutzpflanzen
geschaffen.
Die Agrarkonzerne dagegen wollen den traditionellen
Nachbau möglichst komplett und weltweit unterbinden. Bereits die „Grüne Revolution“ war von Saatgut gekennzeichnet, das sich nicht einfach nachziehen lässt; die meisten Hochertragssorten sind
Hybrid-Pflanzen. Ihre Tochtergenerationen bringen
keinen lohnenden Ertrag, so dass BäuerInnen in
jedem Jahr neues Saatgut kaufen müssen. Besonders
in den armen Ländern des Südens verschuldeten
sich Tausende hoffnungslos.
Der Fall Nachbaugebühren in Deutschland ist ein
Präzedenzfall. In Europa ist es in der Regel nicht erlaubt, Pflanzensorten zu patentieren. Doch die WTO
blickt wohlwollend auf die Strategie von Konzernen
und Regierungen: Das internationale Abkommen
über den Schutz neuer Pflanzensorten (UPOV) wurde
in den 90er Jahren verschärft und ist in EU-Recht
und deutsches Recht eingegangen. Damit unterscheidet sich das Sortenschutzrecht kaum noch vom
Patentschutz. So dürfen Züchter in Deutschland
nicht nur einmalig Lizenzgebühren auf von ihnen
entwickelte Sorten erheben, sondern die Bauern
bei jedem Nachbau erneut zur Kasse bitten.
transnationale Konzerne, sondern auch die vielen
Menschen, die immer mehr verstehen: Der globale
Markt kennt keine Grenzen. Das Schleifen des
Sozialstaates geschieht im Namen der transnationalen Konzerne, als Hebel dient die WTO mit ihren
einzelnen Verträgen. Dies zu erkennen heißt, sich
von der Vorstellung rein nationaler Abwehrkämpfe
zu verabschieden.
Und auch wenn Vorstände von General Motors, von
Daimler Chrysler oder der Deutschen Bank im Namen
der globalen Wirtschaft Maßnahmen beschließen,
die den Protest lokaler Akteure hervorrufen, so ist
der Widerstand – wie etwa von ArbeiterInnen bei
Opel Bochum – kein begrenztes nationales Ereignis
mehr, sondern trifft den Konzern als ganzen.
Auch wenn das Nationale noch stark in den Köpfen
verankert ist, müssen wir erkennen, dass jede Aktion, jeder Streik, jeder Kampf ebenso eine Aktion,
ein Streik, ein Kampf gegen die globalen Player
ist. An jedem Ort dieser Welt muss sich der Widerstand gegen den Konzern-Kapitalismus und die
damit verbundene soziale, ökologische und kulturelle Krise formieren. Der lokale Kampf gegen
Sozialabbau und Lohndumping muss verbunden
werden mit dem globalen Widerstand gegen die
WTO. Nationale wie internationale Netzwerke
müssen aufgebaut und gefestigt werden, um
weltweit handeln zu können. Gleichzeitig müssen
global und lokal Rechte und Standards formuliert
und durchgesetzt werden, die jedem Menschen
ein gesichertes soziales Einkommen, ein Grundeinkommen unabhängig von seiner Tätigkeit, eine
umfassende gesundheitliche Versorgung und ein
Recht auf Bildung garantieren.
Die Adressaten von Aktionen sind nicht nur Regierungen, internationale Organisationen oder
Hardy Krampertz ist
Mitglied im Koordinierungskreis von Attac
Es liegt auf der Hand, dass Demonstrationen und
Aktionen gegen die WTO, den IWF, die Weltbank
oder die G8-Gipfel einen globalen Charakter haben
– gleichgültig ob sie in Hongkong, Gleneagles,
Seattle oder sonst wo auf der Welt stattfinden.
Denn der Adressat der Aktionen ist international
organisiert und von daher als Akteur in der internationalen Sphäre klar erkennbar.
Viele Bauern in Deutschland wehren sich – und internationale Aufmerksamkeit ist ihnen gewiss. Denn
Global Player wie Bayer und Monsanto möchten
zuerst Saatgut, Pestizide und Dünger im Kombipack
verkaufen, um dann schließlich die gesamte „Nahrungskette“ von Saatgut, Ernte und Verarbeitung
bis auf den Teller der Verbraucher fest in ihrer Hand
zu halten.
Während der Konflikt zwischen Saatzuchtbetrieben
und BäuerInnen noch in vollem Gange ist, haben
die größten Agrarkonzerne schon eine neue Strategie
gegen Nachbau in Vorbereitung: Mittels Gentechnik
wollen sie dem Saatgut die Keimfähigkeit nehmen.
Mit diesem „Kopierschutz“ wären BäuerInnen ihnen
völlig ausgeliefert. Derzeit versucht die Agrochemie,
ihre (selbstverständlich patentierte) Terminatortechnologie mit dem Argument der biologischen
Sicherheit salonfähig zu machen.
Jutta Sundermann ist freie Journalistin, arbeitete
bei verschiedenen Kampagnen für Medico
International mit, engagiert sich bei Attac und der
„BUKO"-Kampagne gegen Biopiraterie
Protest gegen LiDL – Aktion vor der Konzernzentrale in Neckarsulm am 17. November 2005 – Foto: Malte Kreutzfeldt
Menschenrechte im Ausverkauf
oder: Was haben Supermärkte mit den GATS-Verhandlungen zu tun?
Tatort Calw: In einer Lidl-Filiale gab es einen Betriebsrat und der streikte.
Daraufhin wurde die Filiale über Nacht geschlossen. Denn Lidl soll eine
„gewerkschaftsfreie Zone“ sein. Dazu hat der Discounter Strategien
entwickelt: Schließung und Auslagerung, Drohung und Entlassungen sind
einige davon. Das Ergebnis: In über 2.600 Lidl-Filialen gibt es insgesamt
Grenzenlos billig?
Globalisierung und Discountierung im
Einzelhandel
Von Sarah Bormann, Christina Deckwirth und Sakia Teepe.
Herausgeber: Ver.di, Weed, April 2005.
98 Seiten mit zahlreichen Bildern und Grafiken,
Preis: 7.00 EUR (inkl. MwSt: 7 %)
Erhältlich auch im Attac-Materialversand unter:
www.attac.de/material
oder telefonisch unter: (069) 900 281-10
Lidl steht mit dieser Billig-Strategie aber nicht
allein. Auch andere Einzelhandelsunternehmen
üben enormen Druck auf die gesamte Beschaffungskette aus. Zunehmend kaufen sie ihre Waren
direkt im globalen Süden ein, machen immer genauere Vorgaben und nehmen immer größere
Mengen ab. Durch den Boom der Handelsmarken
werden die Produzenten austauschbar und lassen
sich aus Angst vor Auslistung die Preise diktieren.
Den Preisdruck geben sie nach unten an die Zulieferer oder die eigenen Beschäftigten ab. Discountierung im Einzelhandel wirkt sich so direkt auf
die Arbeitsbedingungen im globalen Süden aus.
In China starb kürzlich eine Näherin, weil sie über
24 Stunden am Stück nähen musste – so hat es der
Chef gewollt, um rechtzeitig liefern zu können.
Doch europäische Supermärkte üben nicht nur
Druck über die Beschaffung ihrer Produkte aus.
Zunehmend errichten deutsche Einzelhandelsriesen
Filialen im Ausland. Metro geht derzeit auf Erobe-
nur acht Betriebsräte. Für Lidl sind Betriebsräte eine Kostenfrage, denn
sie könnten die ordnungsgemäße Bezahlung von Überstunden durchsetzen
oder gar Lohnverhandlungen führen. Das passt nicht in die Hauptsachebillig-Strategie des Schwarz-Imperiums. Billig sollen nämlich die MitarbeiterInnen sein. Billig sollen auch die Waren beim Einkauf sein.
rungsfeldzug: China, Vietnam und Indien sind die
Zukunftsmärkte. Doch in Indien zum Beispiel gibt
es sehr viele kleine Händler, die durch Regulierungen vor der Ansiedlungen der mächtigen europäischen Konzerne geschützt werden. Hier kommt
das GATS, das Dienstleistungsabkommen der WTO,
ins Spiel: Es soll auch im Einzelhandel den Weg für
grenzenlose Expansion ebnen. Für die EU hat der
Einzelhandelssektor Priorität in den GATS-Verhandlungen, sie stellt an 60 Länder Marktöffnungsforderungen. Auf der Streich-Wunschliste der EU
stehen Ansiedlungsbestimmungen und Auflagen
zu inländischen Mindestbeteiligungen.
Eine Studie der britischen Wettbewerbskommission
hat es belegt: Je stärker die Konzentration im Einzelhandel, desto größer der Preisdruck auf die Zulieferer. Das hat Folgen: In Thailand zum Beispiel
werden bereits 36 Prozent des Einzelhandels durch
transnationale Konzerne abgewickelt, die Druck
auf lokale Händler und Zulieferer ausüben. Es kam
bereits zu Protesten, bei denen Forderungen nach
Regulierung der Konzerne laut wurden. Reagiert
Thailand auf die GATS-Forderungen der EU, könnte
es zukünftig seinen Einzelhandel kaum noch
eigenständig regulieren. Indien hat in den laufenden
Verhandlungen bereits Angebote im Einzelhandelssektor gemacht.
Fazit: Wenn in Hongkong die GATS-Verhandlungen
weiter vorangetrieben werden, dann hoffen die
Einzelhandelsunternehmen auf Marktöffnungen,
um weiter weltweit zu expandieren. Doch ob Verkäuferin bei Lidl, Näherin in China oder Kleinbauer
in Thailand – für alle muss gelten: Globale soziale
Rechte!
Autorinnen: Sarah Bormann, WEED und
Christina Deckwirth, WEED/Attac; gemeinsam mit
Saskia Teepe sind sie Autorinnen der Publikation
„Grenzenlos billig? Globalisierung und Discountierung
im Einzelhandel“, WEED/Verdi 2005.
Seite III
Attac – eine andere Welt ist möglich
Für die gesellschaftliche Aneignung von
Dienstleistungen!
Die Grenze zwischen Dienstleistungsbereichen, die ausschließlich dem Profitstreben unterworfen sind, und Bereichen, die
Aktion vor der Konzernzentrale RWE Essen, Oktober 2004 – Foto: Dominik Fette
One world or none – let´s
start in building a new Europe
Im Windschatten der New-Empire-Ambitionen und des Freihandels-Fundamentalismus der USA schippert die EU unter der
den wirklichen Kurs kaschierenden Flagge „Europäisches Sozialmodell“ oder dem Zauberwort „Friedensmacht“ und vergrößert
so ihre globalen Handelsgewinne und Einflusssphären.
Die EU ist nicht, was sie vorgibt
zu sein. Die EU zeigt sich uns als
machtvolle Akteurin zur Durchsetzung von Freihandelsprinzipien – sowohl nach außen als auch
nach innen. (z. B. mit der Forderung nach Liberalisierung aller
Dienstleistungen im Rahmen der
WTO-GATS-Verhandlungen bzw.
der Bolkestein-Richtlinie). Die
Verlagerung von Zuständigkeiten
auf die EU-Ebene, unkontrollierter Einfluss von Konzernlobbyisten, Verfahrenswirrnis und das
doppelbödige Agieren der nationalen Regierungen haben zu einer dramatischen Beschränkung
von politischer Beteiligung und
Entscheidungsspielräumen geführt (z.B. wurde der Parlamentsbeschluss, Oberösterreich zur gentechnikfreien Zone zu erklären
vom EuGH verboten!). Nach dem
Scheitern des Ratifizierungsprozesses des fälschlicherweise
„Verfassung für Europa“ genannten Vertrags sind die politischen
und wirtschaftlichen Eliten dabei,
rechtswidrig Fakten zu schaffen.
So werden die im Verfassungsvertrag vorgesehenen Schlachtgruppen aufgebaut, obwohl der
geltende Nizzavertrag dies verbietet.
Ein anderes Europa ist möglich.
Die durch den Sieg des NON und
NEE gewonnenen Spielräume
wollen die sozialen Bewegungen
nutzen, um in europaweiten regionalen Foren („Ateliers de Participation“) eine breite Debatte über
ein menschen-gerechtes Europa
von unten zu starten. In diesen
von regionalen Netzen selbst organisierten Versammlungen sollen
entlang verschiedener Themenachsen Zukunftsentwürfe diskutiert werden: Angedacht sind
unter anderem demokratische
und soziale Rechte, gewaltlose
Konfliktlösung, gesellschaftliche
Einbindung und Verantwortung
von Ökonomie und Technik sowie
Eckpunkte einer EU-Verfassung
im Sinne der BürgerInnen. Für
Anfang März 2006 ist ein europaweiter Tag der Foren geplant. Im
April sollen die bis dahin vorliegenden Ergebnisse auf dem Europäischen Sozialforum in die „Strategie von Athen“ einmünden.
Die „Ateliers de Participation“
bilden ein wesentliches strategisches Moment im Kampf um ein
andere Welt: Es geht nicht darum,
Forderungen an die Obrigkeiten
zu richten. Die Menschen vor Ort
sollen als Verantwortung tragende
Subjekte wirksam werden. Die
„Ateliers de Participation“ sollen
inhaltlich neue Denk-Räume für
ein anderes „In-der-Welt-sein“
jenseits von Konkurrenz- und
Profitdenken eröffnen. Die Form
des hierarchiefreien Miteinanders
in überschaubaren regionalen –
auch grenzüberschreitenden –
Foren ist ein Zukunftsmodell für
wirtschaftliche und politische
Entscheidungsfindung: bürgernah, partizipativ, selbstverwaltet,
kooperativ und revidierbar.
„Ich möchte Erde, Feuer, Wasser, Brot, Zucker, Meer, Bücher,
Heimat für alle“ (Pablo Neruda)
Wir wollen keine europäische
Wohlstandsinsel auf Kosten der
Zweidrittelwelt und der Vielfalt
und Begrenztheit des Planeten
aufrecht erhalten, sondern die
EU umbauen im Hinblick auf die
Achtung der Lebensbedürfnisse
aller Menschen und unserer gemeinsamen Geobiosphäre. Das
umfasst die Entwicklung einer
Kultur der gleichberechtigten,
solidarischen und kooperativen
Teil-Habe weltweit sowie eines
treuhänderischen Umgangs mit
den globalen Gemeinschaf tsgütern.
Im Jahr 2000 gelang es der Weltbank mit
massivem Druck und der Drohung Kredite
vorzuenthalten, Boliviens Wasserversorgung
für die Privatisierung durch transnationale
Wasserkonzerne zu erschließen. In der Stadt
Cochabamba erhöhte das Konsortium des USKonzerns Bechtel und des spanischen Unternehmens Abenoga die Wasserpreise um bis zu
200 Prozent und untersagte Nachbarschaftskomitees die kleinteilige Wasserversorgung
in Gebieten mit schlechter Versorgungslage.
Diesen Angriff auf eine so existenzielle Lebensgrundlage wie die ausreichende Versorgung
mit kostengünstigem Wasser wehrte die
Bevölkerung Cochabambas mit einer selbstbewussten Serie von Protesten ab. Das Konsortium wurde aus der Stadt vertrieben. Statt
aber die Wasserversorgung wieder in eine
konventionelle kommunale Form zu überführen, forderten die Demonstranten: „In
unsere Hände!“
Seitdem übt die Bevölkerung die demokratische Kontrolle über das lokale Versorgungsunternehmen aus: Zum einen wählt sie die
Vorstandsmitglieder direkt; zum anderen hat
sie sich zu Wasserkomitees zusammenge-
sozialen und ökologischen Erfordernissen entsprechen, ist
umkämpft.
schlossen, die in Gebieten mit schlechter
Anbindung die Wasserversorgung organisieren.
Denn der Verbleib von Dienstleistungsunternehmen in konventioneller öffentlicher Trägerschaft oder aber auch die Rückabwicklung
von Privatisierungen in diese Form hat einen
Pferdefuß: Diejenigen Strukturen, die eine
Enteignung der öffentlichen Hand erst so einfach machen, bleiben unangetastet. Die Kontrolle über die kommunalen Dienstleister üben
weiterhin die Verwaltungen und die Parteien
in den Kommunalparlamenten aus, die im
Zweifelsfall noch immer für eine Privatisierung
stimmen. Der Drang nach Machterhalt oder
Karrieremöglichkeiten in von ihnen privatisierten Unternehmen verbunden mit den
enormen Ressourcen der zum Teil transnationalen Unternehmen sorgen dafür, dass Politiker
und Beamte sich im Zuge von Privatisierungsprozessen häufig schadlos halten.
Vor dem Hintergrund solcher Erfahrungen
wird weltweit mit demokratischen Modellen
experimentiert, die eine solidarische Erbringung von Dienstleistungen gewährleisten
sollen – wie in Cochabamba. Oder in England,
wo es inzwischen eine Form öffentlicher Krankenhäuser gibt, bei denen verschiedene gesellschaftliche Gruppen im Aufsichtsrat vertreten
sind: zum Beispiel Patientenvereinigungen,
Angestellte und Kirchengemeinden.
Auch wenn derartige Versuche zaghaft sind,
haben weltweite Proteste gegen Privatisierung
dazu geführt, dass zum Beispiel in den GATSVerhandlungen Spielräume zur Liberalisierung
im Bereich von Basisdienstleistungen wie Bildung, Gesundheit und Wasser deutlich enger
geworden sind. Und auch der Widerstand
gegen den Entwurf einer EU-Dienstleistungsrichtlinie ist nicht ohne die vielfältigen
Erfahrungen bei den Auseinandersetzungen
um Privatisierung auf kommunaler Ebene zu
denken.
Kämpfe auf lokaler Ebene für lokale Demokratie sind damit auch immer ein Beitrag auf
dem Weg zu globaler Demokratie. Das Ziel
solidarischer Dienstleistungen ist dabei ein
wichtiger Ansatzpunkt.
Alexis Passadakis, Attac & WEED
Widerstand keimt auf: Ernährungssouveränität jetzt!
Im Modell der liberalisierten Landwirtschaft wird Nahrung dort
produziert, wo es für die Agrar- und Nahrungsmittelindustrie am
billigsten ist; anschließend werden die Lebensmittel quer über
Dabei geht dieses Landwirtschaftsmodell an
den Bedürfnissen der Menschen vorbei! Schon
heute gibt es – rein rechnerisch – genug
Nahrung, um alle Menschen satt zu machen.
Trotzdem hungern weltweit 852 Millionen.
Sie haben keinen Zugang zu Nahrung bzw.
kein Geld, um sie zu kaufen. 80 Prozent der
Hungernden leben im ländlichen Raum Asiens,
Afrikas und Lateinamerikas, also dort, wo die
Menschen besonders arm sind.
Die Lösung des Hungerproblems liegt für den
internationalen KleinbäuerInnen-Verband „La
Via Campesina“ daher nicht im weltweiten
Handel mit Nahrungsmitteln, sondern bei den
Menschen, die Nahrung produzieren. Die
Alternative heißt „Ernährungssouveränität“
und meint das Recht jeder Gemeinschaft auf
eine selbst bestimmte Landwirtschafts- und
Ernährungspolitik. Landwirtschaft soll vorrangig der Ernährung der lokalen Bevölkerung dienen. Das bedeutet eine Abkehr von
der Exportorientierung, welche den armen
Ländern als Ausweg aus der Schuldenfalle
und Mittel zur Hungerbekämpfung verkauft
wurde. Stattdessen soll die ländliche Bevöl-
den Globus zu den Verbraucherinnen und Verbrauchern verschifft.
Und nach den Plänen der Welthandelsorganisation WTO soll das
in Zukunft noch leichter werden.
kerung (wieder) in die Lage versetzt werden,
sich selbst zu ernähren – ohne Abhängigkeit
von Importen, die sie sich sowieso nicht
leisten kann.
Viele Schritte sind notwendig, um Ernährungssouveränität zu verwirklichen: Wo Land
ungerecht verteilt ist, müssen Landreformen
durchgeführt werden. Wo BäuerInnen keinen
Zugang zu Wasser haben, muss dieser Zugang
gesichert werden. Wenn Saatgut in die Kontrolle weniger Konzerne zu gelangen droht, muss
das Recht der LandwirtInnen auf Nachbau
und eigene Züchtung erkämpft werden. Und
wenn die Landwirtschaft viele Ressourcen
verschlingt und zu Umweltschäden führt,
dann muss sie ökologisch verträglich gestaltet
werden.
Voraussetzung für die Verwirklichung von
Ernährungssouveränität ist die Möglichkeit,
Märkte zu schützen. Regionen, in denen nur
unter hohem Aufwand Landwirtschaft betrieben werden kann, dürfen durch die weltweite
Konkurrenz nicht zerstört werden. Zwar
produziert eine afrikanische Steppenkuh, die
ihr Futter mühsam suchen muss, im Vergleich
zu einer deutschen Kuh auf einer satten Weide
ihre Milch unwirtschaftlich, dennoch hat sie
eine unersetzliche Funktion für die CalciumVersorgung der Dorfkinder.
Doch die notwendigen Instrumente zum Aufbau und Erhalt einer regionalen Landwirtschaft stehen in den WTO-Verhandlungen zur
Disposition. „La Via Campesina“, Attac und
andere Organisationen kämpfen deshalb gegen
eine Einigung auf ein neues Agrarabkommen
in Hongkong – und geben sich nicht geschlagen, wenngleich der Druck der Nahrungsmittel- und Agrarhandelskonzerne für weitere
Marktöffnungen groß ist. Zitat Via Campesina:
„Wir sind stark und entschlossen, und wir
sind die Mehrheit der Weltbevölkerung (...).
Die Zukunft gehört uns.“
In diesem Sinne: Ernährungssouveränität
jetzt!
Christiana Schuler ist aktiv
im AgrarNetz der AG Welthandel und WTO
von Attac
Manchmal öffnet die Geschichte
einen einzigartigen Spalt in die
Zukunft. – Gehen wir hindurch!
Elke Schenk, Attac und
Verein für gerechte Weltwirtschaft,
Stuttgart
Grüne Woche Berlin, Januar 2005 – Foto: Malte Kreutzfeldt
Seite IV
De-Globalisierung als strategischer Einsatzpunkt
„Die WTO zum Entgleisen bringen!“ – mit diesem Slogan werden
Bewegungen und kritische Intellektuelle rund um die WTOMinisterkonferenz versuchen, die Organisation zu delegitimieren. Im Rahmen der Delegitimierung des neoliberalen
Projektes auf Seiten emanzipativer Bewegungen gibt es eine
Suche nach alternativen Denk- und Handlungsangeboten. Hier
Das Neue denkt Bello nicht „von oben“, sondern
von den jeweiligen sozialen Kontexten her.
Deglobalisierung müsse plurale Wirtschaftsverhältnisse zulassen und diese international
absichern. Es solle Raum entstehen für eigenständige, kulturell eingebettete Praktiken.
Es gehe nicht um naive Autarkievorstellungen,
sondern um eine Reorientierung materieller
Produktion auf lokale Märkte. Dies beinhaltet
Veränderungen von Kreditbeziehungen, Landund Einkommensverteilung, eine Abwendung
vom Wachstumsdogma, eine Demokratisierung
der Wirtschaftsbeziehungen und vieles mehr.
Diese Perspektive muss mit spezifischen
Strategien gefüllt werden. Und sie muss in
harten Kämpfen durchgesetzt und abgesichert
werden. Natürlich benötigt eine globalisierte
Welt internationale Institutionen. Diese sollten
aber vielfältig und flexibel sein, einzelne für
verschiedenste Fragen zuständig sein sowie
in einem Verhältnis von checks and balances
zueinander stehen. Deshalb müsse nicht alles
neu erfunden werden. Einige Institutionen
brachte vor drei Jahren Walden Bello, Direktor der „SüdDenkfabrik“ Focus on the Global South, das Konzept der DeGlobalisierung in die Diskussion. Der Vorschlag zielt auf ein
„dismantling“ von WTO, Weltbank und IWF, was phantasieanregend mit „auseinandernehmen“, „zerlegen“, „demontieren“ übersetzt werden kann.
könnten in diese Richtung verändert werden,
wie etwa lokale Wirtschaftsblöcke südlicher
Länder.
Zwar stellt Bello in seiner Sichtweise auf den
Süden als vom Norden ausgebeutete, weitgehende Einheit nicht die Frage nach innergesellschaftlichen Durchsetzungsmodi des
neoliberalen Projekts. Und auch die immensen
Interessensdifferenzen zwischen südlichen
Regierungen übergeht er. Das suggeriert einen
„Durchgriff“ internationaler neoliberaler
Organisationen sowie der USA auf den globalen
Süden.
Dennoch: Der Begriff der De-Globalisierung
hat einigen Einfluss auf die strategische
Debatte darüber, wie Bewegungen sich zu
neoliberalen internationalen Wirtschaftsinstitutionen verhalten: nämlich deren Reform
oder deren entschiedene Schwächung und
Abschaffung zu fordern. Bello fordert Letzteres, weiß aber um die Notwendigkeit von
Taktiken und Bündnissen.
Damit bringt „De-Globalisierung“ einen allgemeinen Perspektivenwechsel in die Diskussion um Alternativen. Es geht eben nicht um
ein globales Umverteilungsprogramm und
„gute“ zentralisierte internationale Institutionen, sondern um den pluralen Aufbau und
die Absicherung von Alternativen, die die
Gebote kapitalistischer Verwertung und damit
verbundener Macht- und Herrschaftsverhältnisse infrage stellen. Hier, so Bello, beginnt
erst die eigentliche Arbeit. Damit ist DeGlobalisierung kein Master-Plan, sondern
öffnet einen Raum, in dem verschiedene
Vorschläge und Erfahrungen diskutiert werden
können.
Ulrich Brand
Vgl. ausführlich: Ulrich Brand:
Gegen-Hegemonie. Perspektiven
globalisierungskritischer Strategien.
Hamburg (VSA-Verlag) 2005.
Erhältlich auch im Attac-Materialversand unter:
www.attac.de/material.
Bildungs- und Protestkalender
2005 - 2005 - 2005 - 2005 - 2005 - 2005 - 2005
01.12. – 02.12. Genf. Tagung Allgemeiner Rat der WTO
02.12. – 04.12. Bonn. Internationale Konferenz zur Globalisierung von Finanzdienstleistungen
http://www.financeconference.org/
08.12. – 12.12. Berlin. Eco'n'action, Internationaler Jugendkongress der BUNDjugend zu Umwelt & Globalisierung.
http://www.econautix.org/index.php?seite=216
09.12. – 10.12. Frankfurt. Gemeinsames Treffen der Attac AG
Genug für alle & der Attac AG Soziale
Sicherungssysteme
10.12.
Globaler Aktionstag zur Ministerkonferenz der
WTO in Hongkong
10.12.
Tag der Menschenrechte
13.12. – 18.12. 6. Ministerkonferenz der WTO in Hongkong
15.12. – 16.12. Brüssel. Gipfeltreffen des EU-Ministerrats
2006 - 2006 - 2006 - 2006 - 2006 - 2006 - 2006
14.01.
Straßburg. Europaweite Demonstration gegen die
Bolkestein-Richtlinie
17.01. – 18.01. Straßburg. EU-Parlament: 1. Lesung der
Dienstleistungsrichtlinie
21.01.
Hannover. Treffen zur Vorbereitung von Aktivitäten
gegen den G8-Gipfel 2007
19.01. – 29.01. 6. Weltsozialforum (WSF): 3 Veranstaltungsorte
19.01. – 23.01. Bamako ( Mali /Afrika)
24.01. – 29.01. Caracas (Venezuela / Latein-Amerika)
24.01. – 29.01. Karachi (Pakistan / Asien)
25.01. – 29.01. Davos. World Economic Forum (WEF)
03.02. – 05.02. München. Nato-Sicherheitskonferenz
04.02.
München. Demonstration gegen die NATOSicherheitskonferenz
10.02. – 12.02. Kassel. Winterklausur AG Welthandel und WTO
04.03.
Europaweiten Tag der regionalen Europaforen
06.04. – 09.04. Athen. 4. Europäisches Sozialforum
April:
Attac-Ratschlag
10.05. – 13.05. Wien. EU-Mercosur-Treffen / Gegenveranstaltung
09.06. – 09.07. Fußballweltmeisterschaft. Aktionen in den
12 Spielorten
Protest gegen die WTO in Hongkong, 24. Juli 2005
Juli:
St. Petersburg. G8-Gipfel
August:
Attac–Sommerakademie
Oktober:
Attac-Ratschlag
November:
Kongress „Solidarische Ökonomie“
Impressum:
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Mitmachen / Informationen
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Ich möchte mehr Informationen über Attac.
Ich möchte weitere Menschen für Attac
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und __ Exemplare dieser Zeitung.
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dass Attac jährlich / monatlich meinen
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(Unzutreffendes bitte streichen)
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meiner Region mitzuarbeiten / eine AttacGruppe zu gründen - Bitte schickt mir
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Gründung. (Unzutreffendes bitte streichen)
taz0503-s
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Konto: 800 100 800 – GLS Gemeinschaftsbank
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bei 15 bis 60 Euro im Jahr oder auch gerne mehr.
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http://hkpa.does.it/
www.radiohongkong.de/
www.gerechtigkeit-jetzt.de
www.biopiraterie.de
www.banterminator,org
www.viacampesina.org
www.weed-online.org
www.verdi.de
www.anothereurope.net
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