Nutzen und Risiken des Genomic Editings

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Diplomarbeit
Nutzen und Risiken des Genomic Editings
eingereicht von
Roland Mühlhauser
zur Erlangung des akademischen Grades
Doktor der gesamten Heilkunde
(Dr. med. univ.)
an der
Medizinischen Universität Graz
ausgeführt am
Institut für Humangenetik
unter Anleitung von
Priv.-Doz. Mag. Dr.scient.med. Thomas Schwarzbraun
Graz, am 20.05.2016
Eidesstattliche Erklärung
Ich erkläre ehrenwörtlich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe
verfasst habe, andere als die angegebenen Quellen nicht verwendet habe und die den
benutzten Quellen wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht
habe.
Graz, am 20.05.2016
Roland Mühlhauser, eh.
Vorwort und Danksagung
Die vorliegende Diplomarbeit entstand im Wintersemester 2015/16 im Rahmen
meines Studiums der Humanmedizin an der Medizinischen Universität Graz. Die
Möglichkeit, das menschliche Genom gezielt zu verändern und zu manipulieren,
existiert schon seit einigen Jahrzehnten. Jedoch machen neue Verfahren die
genetische Manipulation so einfach, effizient und leicht zugänglich wie nie zuvor.
Die Einsatzmöglichkeiten dieser Technik in der Wissenschaft und insbesondere in
der Medizin sind enorm. Mit der Leichtigkeit dieser Methoden steigt auch das
Risiko negativer Auswirkungen durch die Manipulation am menschlichen Erbgut.
Sind die Risiken und Nebenwirkungen, die solche Verfahren mit sich bringen
überhaupt noch vertretbar? Aufgrund dieser Fragestellung und der Aktualität
dieser Thematik entstand in der Absprache mit Priv.-Doz. Mag. Dr.scient.med.
Thomas Schwarzbraun das Thema „Nutzen und Risiken des Genomic Editings“.
An dieser Stelle geht zu allererst mein Dank an meinen Betreuer Priv.-Doz. Mag.
Dr.scient.med. Thomas Schwarzbraun, der mir während des gesamten Zeitraums
der Erstellung dieser Arbeit zur Seite stand und mir eine sehr kompetente,
unkomplizierte und freundliche Beratung und Betreuung bot.
Ich danke weiters meiner gesamten Familie, insbesondere meinen Eltern, die mich
nicht nur während dieses Schreibprozesses, sondern während meines gesamten
Studiums in jeglicher Hinsicht unterstützt haben und mir alle Chancen eröffnet
haben. Ohne ihren Rückhalt und ihre Unterstützung wäre mein Werdegang nicht
möglich gewesen.
Roland Mühlhauser
Graz, 20.05.2016
Zusammenfassung
Einleitung:
In den letzten Jahren wurden zunehmend schnellere und effizientere Verfahren
geschaffen, die ein gezieltes Eingreifen in das Genom verschiedener Spezies
ermöglichen.
Das
Genomic
Targeting
wird
durch
neuere
Durchführungsmöglichkeiten sowohl praktikabler, als auch erschwinglicher. Somit
wird die Veränderung bzw. der Austausch von DNA leichter zugänglich und
durchführbar. Welche Risiken sind mit diesem Trend verbunden? Überwiegen
weiterhin die positiven Aspekte der Methode? Neben den Vorteilen, die
verschiedene Verfahren des Genomic Editings bedeuten, werden auch die
möglichen Gefahren und Risiken aufgezeigt, die bei Eingriffen in das Genom von
Organismen entstehen. Die Anfänge und der wissenschaftliche Fortschritt des
Genomic Editings werden beschrieben und verschiedene Verfahren erläutert.
Material und Methodik:
Die Thematik dieser Diplomarbeit wurde als Literaturrecherche behandelt. Für die
Bearbeitung
der
Themen
wurden
diverse
Online-Datenbanken
für
wissenschaftliche Literatur und Suchdienste herangezogen. Gesucht wurden
Artikel, Journale, Studien und Fachzeitschriften in deutscher und englischer
Sprache.
Ergebnisse:
Die Anwendungsgebiete des Genomic Targetings erstrecken sich von der
genetischen Manipulation an Mäusen für die Arzneimittelforschung, über den
Einsatz der Methoden in der Pflanzenzucht und Landwirtschaft, bis hin zur
genetischen Manipulation von menschlichen Embryos. Durch die Entwicklung
dieser Verfahren soll zukünftig ermöglicht werden, Ursachen für Krankheiten auf
genetischer Ebene auszurotten. Ebenfalls soll der lebenswichtige Einsatz von
tierischen Organen in der Transplantationschirurgie ohne Abstoßungsreaktionen
ermöglicht werden.
Abstract
Introduction:
In the last few years people have been finding ways to interfere with the genome
of different species which are faster and even more efficient. Due to these new
possibilities of influencing the genome, Genomic Targeting has become more
practicable as well as more affordable. Therefore the transformation or exchange
of DNA is both easier to access and to perform. Which risks are associated with
this trend? Do the positive aspects still outweigh the negative ones? Aside from
the advantages which come with the different methods of Genomic Editing this
thesis is concerned with possible hazards, which can occur when interfering with
an organism’s genome, as well. The beginnings and the scientific progress of
Genomic Editing are being pictured and different methods explained.
Methods and process:
The topic of this thesis has been discussed using literature research. Various
online databases containing numerous papers and other search engines have
been used in order to work with the issue. Articles, journals, studies and other
papers have been browsed whereas English and German literature has been
included.
Results:
The application range of Genomic Targeting reaches from genetic manipulation in
mice in favour of pharmaceutic research and usage in plant breeding and
agriculture to the manipulation of even the human genome in embryos. Via the
construction of these methods extirpating the causes of diseases on the genetic
level should be made possible. The usage of animal organs, which is vital in graft
surgery, is to be made more reliable due to fewer organ rejections.
Inhaltsverzeichnis
Eidesstattliche Erklärung
Vorwort und Danksagung
Zusammenfassung
Abstract
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis/Tabellenverzeichnis
Abkürzungen
1 Einleitung
s.1
1.1 Genome Editing
s.1
1.2 Restriktionsendonukleasen
s.3
1.3 Zinkfingernuklease-Verfahren
s.5
1.3.1 Gene Targeting mit dem
Zinkfingernuklease-Verfahren
s.6
1.3.2 Genetische Aspekte des Genomic Editings
durch das Zinkfingernuklease-Verfahren
s.7
1.3.3 Spezifität des Zinkfingernuklease-Verfahren
s.9
1.3.4 Zukunft der Zinkfingernuklease-Technik
s.10
1.4 Meganuklease-Verfahren
1.4.1 Ablauf des Meganuklease-Verfahrens
1.5 Transcription Activator-like Effector Nuclease
1.5.1 Aufbau
s.11
s.12
s.13
s.13
1.5.2 Verwendung der TALEN-Methode
s.15
1.5.3 Zukunft des TALEN-Verfahrens
s.16
1.6 Das CRISPR/Cas-System
s.17
1.6.1 Das mikrobielle Immunsystem CRISPR/Cas
s.17
1.6.2 Genomic Editing mit dem CRISPR/Cas9 System
s.21
1.6.3 Spezifität des CRISPR/Cas9-Verfahrens
s.24
2 Material und Methodik
s.25
3 Ergebnisse
s.27
3.1 Das Mausmodell
s.27
3.1.1 Simultanes Genomic Targeting von bis zu fünf
Genen
3.1.2 Transfektion durch direkte Mikroinjektion in Zygoten
s.27
s.29
3.1.3 Einschränkungen und negative Aspekte des
Verfahrens
3.2 Die genetische Modifikation menschlicher Embryos
3.2.1 Die genetische Veränderung des HBB Gens
s.33
s.34
s.36
3.2.2 Genomic Editing in menschlichen Tripronuklearen
Zygoten durch das CRISPR/Cas9 Verfahren
s.40
3.2.3 Die negativen Aspekte dieses Verfahrens
s.41
3.2.4 Die Reparatur der Doppelstrangbrüche
s.43
3.3 Der Einsatz von Gentechnikverfahren in der Pflanzenzucht
s.44
3.4 Die Nutzung tierischer Organe zur Transplantation in
Menschen
s.45
4 Diskussion
s.46
Literaturverzeichnis
s.50
Abbildungsverzeichnis
s.53
Abbildungsverzeichnis/Tabellenverzeichnis
Tabelle 1 Tabelle der vier verschieden Gruppen von Endonukleasen
Abbildung 1 Abbildung des “Synthesis-dependant strand
s.4
-annealing
mechanism of homologous recombination“
s.9
Abbildung 2 Ablauf der TALEN-Methode
s.15
Abbildung 3 1. Adaptation: Integration der neuen Spacer in CRISPR.
2. Expression: Transkription des CRISPR-Bereiches.
3. Interferenz: Erkennen und Zerstören der viralen Abschnitte
s.18
Abbildung 4 Abbildung der Prozessierung und Interferenz von crRNA
s.20
Abbildung 5 Abbildung des CRISPR/Cas9-Ribonukleinkomplexes
s.21
Abbildung 6 Abbildung eines Cas9 induzierten Doppelstrangbruches
s.23
Abbildung 7 Abbildung des Genomic Editings in embryonalen
Stammzellen und die genetische Veränderung an Mäusen
s.31
Abbildung 8 Abbildung einer polyspermatischen Zygote
s.35
Abbildung 9 Graphik von drei gRNA Seiten des Genomic Targetings
s.37
Abbildung 10 Abbildung eines T7E1 Assays
s.38
Abbildung 11 Abbildung einer Transfektion des G1gRNA-Cas9
Vektors in ansteigender Konzentration in den 293T Zellen
Abbildung 12 Schematischer Ablauf der ersten 48h nach
s.39
der
Transfektion
s.40
Abbildung 13 Abbildung der Off-Target Spaltung in menschlichen
Tripronuklearen Zygoten
Abbildung 14 Abbildung zweier Reparaturmechanismen
Doppelstrangbrüchen in menschlichen Zellen
s.42
von
s.43
Abkürzungen
3PN
Tripronukleare Zygote
ATP
Adenosintriphosphat
CRISPR
Clustered regularly interspaced short palindromic repeats
DNA
Desoxyribonukleinsäure
DSBR
Double-strand break
Fok
Flavobacterium okeanokoites
GFP
Grün fluoreszierendes Protein
gRNA
Guide RNA
GTP
Guanosintriphosphat
HBD
Hämoglobin delta
HBE
Exkretorisches Hämoglobin
HBG1
Hämoglobin gamma-1
HBG2
Hämoglobin gamma-2
HR, HDR
Homologe Rekombination
mRNA
Messenger RNA
NGG, PAM
Sequenzen
NHEJ
Non-homologous end-joining
PCR
Polymerase chain reaction
PERV
Porcine edogenous retrovirus
pre-crRNA
Precursor CRISPR RNA
RFLP
Restriction fragment length polymorphism
RVD
Repeat variable diresidue
SDSA
Synthesis-dependent strand annealing
sgRNA
Eine chimäre nicht-kodierende RNA
Sry
Sex determining region of Y
ssDNA
Single-stranded DNA
TALEN
Transcription activator-like effector nuclease
Tet
Ten-eleven translocation methylcytosine dioxygenase
tracrRNA
Trans-activating crRNA
Uty
Ubiquitously transcribed tetratricopeptide repeat containing
ZFN
Zinkfingernukleasen
1 Einleitung
1.1 Genome Editing
Schon früh kamen erste Ideen auf, das menschliche Genom nach den eigenen
Wünschen
zu
verändern
und
zu
gestalten.
Erste
Versuche,
ein
maßgeschneidertes Genom zu kreieren, gab es bereits 1972, als zum ersten Mal
ein DNA-Molekül eines bakteriellen Genoms generiert wurde. Unter den Begriffen
„Genome Editing“ oder auch „Genome Targeting“ versteht man heute speziell
entwickelte
Verfahren
und
Techniken,
die
eine
gezielte
Veränderung,
beziehungsweise einen Austausch von DNA ermöglichen (1). Diese speziellen
Eingriffe ermöglichen sowohl das Ausschneiden, sowie das Einfügen neuer DNAAbschnitte in das Genom (2).
1972 handelte es sich bei den erstmaligen Eingriffen in das Erbgut um das Genom
des Bakteriums Escherichia coli und das Genom der Bakteriophage Lambda. Über
Jahrzehnte
hinweg
wurden die
Hefebakterien (Saccharomyces cerevisiae)
bevorzugt als Anwendungsgebiet verwendet (3).
Zu diesem Zeitpunkt war die Erfolgsrate dieser Methode von mehreren Faktoren
abhängig. Die Schwierigkeit bestand einerseits darin, unter Laborbedingungen
DNA-Segmente der Hefe gezielt zu entfernen, und andererseits veränderte
beziehungsweise fremde DNA erfolgreich am gewünschten Ort einsetzen zu
können. Auch die Qualität des Zusammenspiels zwischen der Spender-DNA und
der Ziel-DNA spielte eine entscheidende Rolle.
Das Genom der Hefebakterien und auch anderen Bakterienarten und Pilzen
erfüllten zum größten Teil diese Anforderungen und waren somit beliebte
Forschungsobjekte. Zu dieser Zeit stellten das menschliche Genom, sowie jenes
anderer Eukaryoten, eine unüberwindbare Hürde für die Wissenschaft dar. Bei
diesen Zellen war vorerst die Frequenz der Rekombination zu niedrig oder es
mangelte, aus rechtlichen oder auch technischen Gründen, an der Verfügbarkeit
embryonaler Stammzellen. An linearer Spender-DNA konnten durchaus bessere
1
Werte erzielt werden (1). Im Vergleich zu heutigen Verfahren war jedoch auch in
Hefezellen die Rate der Rekombinationen zwischen den Zellen des Spenders und
den Zellen des Ziels relativ niedrig (1). Das erste genetisch veränderte Tiermodell
wurde bereits 1974 hergestellt und präsentiert (4). Dafür werden präzise und
effiziente Technologien benötigt, um ein möglichst zielgerichtetes Ausschneiden
der DNA-Sequenzen zu garantieren. Es stellt eine große Herausforderung dar, ein
einzelnes Gen in einem größeren Abschnitt überhaupt genau lokalisieren zu
können (1).
Weiterhin wird nach neuen und effizienteren Möglichkeiten gesucht. Es wird
größtenteils versucht, durch neuere Methoden den Schnitt in der Sequenz so
genau wie möglich zu tätigen und größere Änderungen im genetischen Material zu
vermeiden. Die fortschrittlicheren Methoden sollten sowohl erschwinglicher als
auch praktikabler und schneller als die bisher bewährten Systeme sein (5). Viele
der bekannten Systeme leiden an der zu geringen Effizienz oder der zu hohen
Laborkosten (6).
Der Durchbruch in der gezielten Veränderung des Genoms gelang mit der
erstmaligen Durchführung des Genome Editings. Ab diesem Zeitpunkt war ein
gezieltes
und
verschiedene
effizientes Eingreifen in das Erbgut durchführbar. Es gibt
Verfahren
des
Genome
Editings,
die
für die
genetischen
Veränderungen ortsspezifische Nukleasen verwenden (2). Diese Nukleasen
ermöglichen einen ortsspezifischen Schnitt an einer gewünschten Sequenz (2). Es
gibt verschiedene Ausführungen dieser Endonukleasen. Die bisher bekannten und
gebräuchlichsten
Methoden
sind
die
Zinkfingernukleasen,
die
TALENs
(Transcription Activator-like Effector Nucleases) und die Meganukleasen (2, 6).
Eine neue Methode in diesem Bereich ist beispielsweise das Genome Editing
durch das CRISPR/Cas System (7).
Diese Arbeit soll neben den Vorteilen, die verschiedene Verfahren des Genomic
Editings bedeuten, auch die möglichen Gefahren und Risiken aufzeigen, die bei
Eingriffen in das Genom von Organismen entstehen. Die Anfänge und der
wissenschaftliche Fortschritt des Genomic Editings werden beschrieben und
verschiedene Verfahren genau erläutert. Welche Herausforderungen bringt die
Durchführung der unterschiedlichen Verfahren mit sich? Neben den seit Jahren
2
bewährten Verfahren, werden auch neu entwickelte Verfahren des Genomic
Targetings beschrieben. Immer schnellere und effizientere Methoden werden
entwickelt, die ein gezieltes Eingreifen in das Genom ermöglichen. Das Genomic
Targeting wird sowohl praktikabler als auch erschwinglicher. Somit wird die
Veränderung bzw. der Austausch von DNA leichter zugänglich. Welche Risiken
sind aber mit diesem Trend verbunden? Und überwiegen weiterhin die positiven
Aspekte der Methode?
1.2 Restriktionsendonukleasen
Enzyme, welche die spezifische DNA-Sequenz erkennen und lokalisieren, werden
als Restriktionsendonukleasen bezeichnet. Diese Enzyme sind sowohl für das
Erkennen, als auch das Schneiden der DNA-Abschnitte verantwortlich. Bisher sind
4 verschiedene Klassen von Restriktionsendonukleasen bekannt (8). Je nach der
Erkennungssequenz der Endonukleasen werden die Gruppen I, II, III und IV
unterschieden. (8).
Typ I Enzyme besitzen drei verschiedene Subunits, welche ein multifunktionales
Enzym bilden. Sie sind sowohl für die Restriktion als auch die Modifikation der
DNA verantwortlich. Ihre Enzymaktivität reicht von der Endonuklease über die
Methyltransferase bis hin zur ATPase. Diese Gruppe ist nur in der Lage, eine
Sequenz an einer zufällig ausgewählten Stelle zu finden. Außerdem ist es dieser
Gruppe nicht möglich, die DNA in der Nähe der Erkennungssequenz zu schneiden
(8).
Typ II Enzyme besitzen hingegen zwei idente Subunits. Bei der Enzymaktivität
dieser Gruppe handelt es sich um die Endonuklease oder die Methyltransferase.
Im Vergleich zur Typ I Endonuklease ist die Typ II Endonuklease in der Lage, die
Sequenz direkt bei oder zumindest in der Nähe der Erkennungssequenz zu
schneiden (8).
3
Typ III Enzyme besitzen zwei verschiedene Subunits. Vergleichbar mit Typ I
fungieren sie als Endonuklease, Methyltransferase und ATPase. Dieser Subtyp ist
in der Lage die DNA-Sequenz ungefähr 25-27 Basenpaare entfernt von der
Erkennungssequenz zu schneiden (8).
Enzyme
vom Typ
IV
besitzen ebenfalls zwei verschieden Subunits. Die
Enzymaktivität reicht von Endonuklease bis hin zu GTPase. Im Vergleich zu den
ersten drei Typen ist die Typ IV Endonuklease nur in der Lage methylierte DNA zu
schneiden (8).
Typ I Enzyme
Typ II Enzyme
Typ III Enzyme
Typ IV Enzyme
Aufbau/
Multifokales
2 idente Subunits
2 verschieden
2 verschieden
Struktur
Enzym
Subunits
Subunits
3 verschiedene
Subunits
Endonuklease
Endonuklease
Endonuklease
Endonuklease
Enzym-
Methyltransferase
Methyltransferase
Methyltransferase
GTPase
aktivität
ATPase
ATP-
ATP
Notwendigkeit
ATPase
Kein ATP
ATP
Tabelle 1 Es gibt vier verschieden Gruppen von Endonukleasen. Je nach der
Erkennungssequenz der Endonukleasen werden die Typen I, II, III und IV unterschieden.
Jede von ihnen weist individuelle Werte bezüglich Aufbau, Enzymaktiviät und Versorgung
durch ATP auf.
4
1.3 Zinkfingernuklease-Verfahren
Die effektivste und bewährteste Möglichkeit des Genomic Targetings war in den
letzten
Jahren
die
Methode
der
Zinkfingernukleasen.
Erstmals
wurden
Zinkfingernukleasen 1996 präsentiert. Von da an fand das System Anwendung in
verschiedensten Organismen und Zelltypen (1). Die Methode beschränkte sich zu
ihren Anfängen lediglich auf die prokaryotische Spaltungsdomäne (9). Damals war
noch nicht eindeutig geklärt, dass diese Spaltungsdomäne auch an der DNA
Anwendung
finden würde. Zinkfingernukleasen sind
keine
von Natur aus
vorkommenden Restriktionsenzyme, sondern werden gentechnisch hergestellt.
Diese haben separate funktionelle Domänen. Eine Domäne ist in der Lage, DNA
zu binden (Zinkfingerdomäne), die andere, DNA zu spalten (Nukleasedomäne) (1).
Diese Domänen wurden künstlich zusammengefügt. Die Nukleasedomäne gehört
zum Typ IIS der Restriktionsendonukleasen, welcher auch FokI genannt wird (8).
Dieses FokI wurde von Natur aus vorkommend aus dem Flavobakterium
Okeanoloites gebildet (10). Durch ihre
Konstruktion werden genaue und
genspezifische Doppelstrangbrüche ermöglicht (11). Die wirkungsvollste Domäne
zum Erkennen und Binden der DNA-Struktur ist ein Set von Cys2His2 Zinkfingern
(zwei Cystein-und zwei Histidinreste). Diese Einheit von 30 Aminosäuren ist in der
Lage, ein einzelnes Zinkatom zu binden (1). Bei den ersten Versuchen wurde
noch nicht festgestellt, dass die FokI Spaltungsdomäne im Arbeitsprozess ein
Dimer bilden muss, um überhaupt in der Lage zu sein, DNA zu spalten (12). Somit
ist der beste Weg für eine erfolgreiche Spaltung, zwei Zinkfingersets zu
konstruieren, die nahe aneinander angebracht werden. Jedes Set wählt damit eine
monomere Spaltungsdomäne. Sobald jede der zwei Zinkfingersets an ihre für die
Bindung zuständige Domäne bindet, wird die Spaltung deutlich erleichtert (1). Die
Erkennungssequenz von einzelnen Zinkfingernukleasen, ohne Verbindung zu
anderen, entspricht ungefähr einer Größe von 9 bis 12 Basenpaaren (bp). Im
Vergleich dazu kann die Erkennungssequenz durch Zinkfingersets auf ungefähr
18 bis 24 Basenpaare (bp) erhöht werden. Für die optimale Verbindung zwischen
der Domäne des Proteins und der bindenden Seite wird ein Abstand von 5-6
Basenpaaren beschrieben. Auch ein Abstand von 7 Basenpaaren gilt als möglich
5
für eine erfolgreiche Spaltung (1, 13). Zinkfingernukleasen arbeiten mit der
Unterstützung von vom Zelltyp abhängigen Promotoren, die den Ablauf der
Expression regeln, und mit Vektoren, die durch Transduktion mit Hilfe eines Virus,
die DNA-haltigen Zellen einbringen können (1).
1.3.1 Gene Targeting mit dem Zinkfingernuklease-Verfahren
In den frühen Entwicklungsstadien des Verfahrens wurden Zinkfingernukleasen
lediglich als chimäre Restriktionsendonukleasen erzeugt, mit der Aufgabe, in vitro
Aktivität aufzuzeigen und nachzuweisen (9). Zu diesem Zeitpunkt wurde daran
gezweifelt, ob die prokaryote Spaltungsdomäne auch in eukaryoter DNA
verwendet
werden könnte. Erste
Experimente
zeigten jedoch eine
hohe
Spaltungs- und Rekombinationsrate in Froscheizellen mit extrachromosomalen
Substraten und Zinkfingernukleasen mit bekannter Spezifität.
Der erste Erfolg mit neu produzierten Zinkfingernukleasen zeigte sich beim Gene
Targeting in der Fruchtfliege. Die Veränderung fand am „yellow locus“ im
Zellkörper und in den Keimzellen statt. Der „yellow locus“ ist jener genetische
Abschnitt der Fruchtfliege, der für die Ausprägung der Pigmentierung und somit für
das Muster und die Farbe verantwortlich ist.
Von diesem Zeitpunkt an wurde das Verfahren in individuellen Genen und
verschiedensten Organismen angewandt. Wichtig für den Erfolg des Verfahrens
war
die
Übertragung
der
Zinkfingernukleasen.
Expressionsfaktoren
für
Zinkfingernukleasen benutzen vom Zelltyp abhängige DNA-Abschnitte, die eine
regulierte Expression einzelner Gene ermöglichen und Vektoren, welche bei der
Transfektion von DNA unter Mithilfe von Viren eingesetzt werden. Dieselben
Methoden werden auch dazu verwendet die DNA des Spenders einzusetzen.
Frühere Experimente an Fruchtfliegen beschäftigten sich mit der gentechnischen
Integration von Spender-DNA und Zinkfingernukleasen-codierten Sequenzen über
eine P-Element-vermittelte Transformation. Als P-Element bezeichnet man eine
6
spezielle DNA-Sequenz, die häufig bei Fruchtfliegen zu finden ist. Eine weitere
Anwendung ist das Einbringen von Zinkfingernukleasen-mRNA und Spender-DNA
in Embryos. Diese Methode des Einbringens von mRNA für die Expression der
Zinkfingernukleasen wurde in diversen Organismen ausgetestet (1). Diese
Organismen sind beispielsweise die Fruchtfliege (Drosophila melanogaster), der
Seidenspinner (Bombyx mori), der Seeigel (Hemicentrotus pulcherrimus) und der
Krallenfrosch (Xenopus tropicalis). Die homologe Rekombination mit Hilfe der
Spender-DNA fand bei Mäusen und Ratten Anwendung.
Diverse Studien beschreiben die Herausforderungen, die beim Übertragen des
Materials auftreten. Zum Beispiel gab es anfangs hohe Raten von Mutationen
sowohl im Genom als auch in extrachromosomalen Arealen durch die Anwendung
des
Hitzeschock-Promotors
bei
der Zinkfingernukleasenexpression. Obwohl
Genveränderungen in vielen Fällen beim Zinkfingernuklease-Verfahren festgestellt
werden, erfolgt jedoch nicht bei allen ein Genaustausch. Auch bei Zebrafischen
wird ein hohes Maß an Spaltung erzielt, wobei bis jetzt noch kein non-homologer
Genaustausch stattgefunden hat. Es gibt kein Problem mit dem Einfügen der
Spender-DNA, jedoch stellt die Rekombination mit der Zielsequenz ein Hindernis
dar (1).
1.3.2 Genetische Aspekte des Genomic Editings durch das
Zinkfingernuklease-Verfahren
Grundsätzlich kann man sagen, dass das Standardverfahren der homologen
Rekombination und des „non-homologen end-joinings“ in den meisten Fällen völlig
ausreichend ist. In gewissen Situationen ist es jedoch unbedingt nötig, wichtige
Variationen durchzuführen oder andere speziellere Komponenten zu verwenden
(1). Beispielsweise wird bei der Fruchtfliege in den meisten Fällen die DNAbindenden
Proteine
Rad51
und
Rad54
zur
DNA-Reparatur
von
Doppelstrangbrüchen eingesetzt. In manchen Fällen kann es jedoch notwendig
7
sein, Rad51-unabhängige Mechanismen zu verwenden. Der größte Anteil des
„non-homologen end joinings“ benutzt eine spezielle DNA-Ligase, Lig 4, um
Doppelstrangbrüche wieder zu verbinden (1).
In den meisten Zellen und Organismen werden bei der homologen Rekombination
die Enden an der Zielsequenz von 5´ nach 3´ geschnitten (14). Daraufhin wird das
übriggebliebene 3´-Ende durch die DNA-Polymerase verlängert. Nach der
folgenden Synthese kapselt sich das verlängerte Ende ab und legt sich an das
andere Ende des Strangbruchs. Die Liganden verbinden die beiden Bruchstücke
um die Kontinuität des Strangs wieder einwandfrei herzustellen. Die Länge der
bearbeiteten Sequenz variiert je nach Verwendungszweck und Organismus. Beim
Genomic Editing an der Fruchtfliege weist die entnommene Sequenz der SpenderDNA eine Länge von mehreren Kilobasen auf. Bei Säugetierzellen werden jedoch
kürzere Sequenzen, im Bereich von ungefähr 100 bis 200 Basenpaaren (bp)
bearbeitet (1).
8
Abbildung 1 Abbildung des “Synthesis-dependant strand annealing mechanism of
homologous recombination“. Die Zellen werden an der Zielsequenz von 5´ nach 3´
geschnitten. Das 3´ Ende wird durch die DNA-Polymerase verlängert. Nach der Synthese
kapselt sich das verlängerte Ende ab und legt sich an das andere Ende des
Strangbruchs. Die Liganden verbinden die beiden Bruchstücke (15). (Abbildung
modifiziert nach Cox MM, Battista JR. Deinococcus radiodurans - the consummate
survivor. Nature reviews. Microbiology 2005; 3(11):882–92)
1.3.3 Spezifität der Zinkfingernuklease-Verfahren
Für das Genome Targeting eines einzelnen Gens werden mehrere Paare benötigt
und ausgetestet. Teilweise ist es von Vorteil, neue Kombinationen von Zinkfingern
zu erzeugen und somit neue Arrays zu schaffen (1, 16). Als besonders bewährt
gilt die Methode, in der Sets durch drei Zinkfinger gebildet werden. Teilweise wird
9
jedoch auch die Methode unter Verwendung von Zweifingersets angewandt (1,
17).
Die
Spezifität
ist
davon
abhängig,
woran
die
Zinkfinger
besser,
beziehungsweise leichter binden (1). Grundsätzlich lässt sich jedoch sagen, dass
jegliche neue Kombination von Zinkfingern, sowohl die Sets mit drei Zinkfingern
als auch die Sets mit zwei Zinkfingern, nachweislich sowohl die Spezifität des
Verfahrens verbessert als auch die Bindungsaffinität deutlich erleichtert. Somit
steigt die Rate der erfolgreichen Rekombinationen deutlich an (16).
Kommt es zu einer unplanmäßigen Bindung, spricht man von einer Off-target
Reaktion. In diesem Fall binden die Zinkfinger an eine weitere, nicht gewünschte,
Stelle des Genoms und es kann zu einer Off-target Spaltung kommen (1). Diese
zusätzlichen
Spaltungen
können
zu
schwerwiegenden
Veränderungen
im
genetischen Material der Zelle und im schlimmsten Fall auch zum Zelltod durch
fehlende
Stabilität
im
führen. Meist
Genom
führen kleineste
Fehler im
Zinkfingerpaar zu solchen Veränderungen. Diese Effekte werden in einem
weiteren Kapitel dieser Arbeit noch genauer erläutert.
Bei Organismen, die rein der Forschung oder der genetischen Analyse dienen, ist
eine niedrige Frequenz von Off-target Reaktionen noch vertretbar und akzeptabel.
Wird das Zinkfingernuklease-Verfahren jedoch in der menschlichen Gentherapie
eingesetzt, ist jegliche Rate von Fehlmutationen inakzeptabel (1). Optimal wäre
ein Zinkfingerpaar, das genau die gewünschte Sequenz erkennt, die gespalten
werden
soll
und
an
diese
bindet.
Danach
sollte
genau ein einzelner
Doppelstrangbruch getätigt werden.
1.3.4 Zukunft der Zinkfingernukleasentechnik
Prinzipiell kann jede Zelle aus nahezu allen Organismen durch diese Technik
verändert und neu gestaltet werden. Doch wie weit kann der wissenschaftliche
Fortschritt noch gehen?
10
Bisher galt die Ratte als bevorzugter Organismus, um diese Technik zu erforschen
und weiterzuentwickeln. Schon seit Jahren ist es möglich ZinkfingernukleasenmRNA einzubringen und somit ein Genomic Targeting durchzuführen (1, 18).
Auch die Mutagenese und Genveränderung in Mäusen ist durch Einbringen von
Zinkfingernukleasen
schon
längst
keine
Herausforderung
mehr
für
die
Wissenschaft. Der Einsatz dieser Technik in der Pflanzenzucht ermöglicht
ungeahnte Möglichkeiten.
Erwähnenswert ist jedoch auch, dass immer neuere und effizientere Techniken
entwickelt werden. Diese Techniken ermöglichen nahezu jedem Forscher,
Genome von verschiedensten Organismen ohne großen Aufwand nach seinen
Wünschen neu zu gestalten. Somit wird die Zinkfingernuklease-Technik mehr und
mehr in den Hintergrund gedrängt, da sie ein gewisses Maß an finanziellen Mitteln
und Know-how erfordert. In diversen Studien werden Möglichkeiten beschrieben,
die
das
Risiko
von
ungewollten
Mutationen
deutlich
senken
können.
Beispielsweise besteht die Möglichkeit Zinkfingernukleasen so zu nutzen, dass sie
statt eines Doppelstrangbruches nur einen Einzelstrangbruch durchführen. Somit
wird der DNA erleichtert, den Bruch auszugleichen (1, 19).
1.4 Meganuklease-Verfahren
Eine weitere Methode um eine doppelsträngige DNA an einer gewissen
Erkennungssequenz zu lokalisieren und zu schneiden ist die MeganukleaseTechnik.
Dieses
Verfahren
ist
vergleichbar
mit
dem
der
Restriktionsendonukleasen. Im Vergleich dazu arbeitet dieses Verfahren jedoch
effizienter und sequenzspezifischer. Die gentechnisch veränderten Enzyme sind
sogenannte Homing Endonukleasen. Diese speziellen Endonukleasen sind dazu
in der Lage mittellange bis lange DNA Abschnitte zu erkennen und zu spalten.
Man spricht dabei von ungefähr 20-30 aneinander liegenden Basenpaaren, die auf
diese
Weise
lokalisiert
und
gespalten
werden
können
(20).
Homing
Endonukleasen zählen zu den spezifischen Enzymen, die an einer gewissen
11
Sequenz Doppelstrangbrüche generieren können (20). Hauptsächlich kommen sie
in mikrobiellen selbstspleißenden Sequenzen vor. In diesen selbstspleißenden
Sequenzen wirken sie entweder in Gruppe 1 oder in Gruppe 2 als Introns.
Andererseits können sie auch in speziellen Aminosäuresequenzen, sogenannten
Inteinen wirken. In diesen Bestandteilen von Proteinen bewirken sie das
Einbringen ihrer DNA Sequenz (21). Ihr Einbringen in eine fremde Zelle dient nur
ihrer eigenen Lebenserhaltung und somit in keiner Weise dem befallenen
Wirtsgen, schädigt dessen Funktion jedoch nicht. Somit können sie ungestört
mikrobiellen Genomen von Wirten besetzten und in dort auch weitere Kopien von
Sequenzen einfügen (20).
1.4.1 Ablauf des Meganuklease-Verfahrens
Der Ablauf der Herstellung einer genetisch veränderten eukaryotischen Zelle
durch Meganukleasen wurde bereits 2005 publiziert und 2012 zum Patent
angemeldet (22).
Nach der Auswahl des zu infizierenden Chromosoms wird die gewünschte
Nukleinsäure
in
die
Zielzelle
eingesetzt.
Die
erste
eingesetzte
Nukleinsäuresequenz kodiert für eine Meganuklease. Danach wird eine weitere
Sequenz eingesetzt, die im Vergleich zur ersten die exogene Sequenz enthält
(22). Nach der Infizierung durch die erste Nukleinsäuresequenz wird durch die
Meganuklease eine Spaltstelle in der eukaryoten Zelle erzeugt. In dieser
Spaltstelle kann somit die exogene Sequenz, die beim Infizieren der zweiten
Nukleinsäuresequenz eingefügt wird, ihren Platz finden und sich einbringen. Bei
dieser Methode ist die verwendete eukaryote Zelle keine menschliche Stammzelle
(22). Die für dieses Verfahren verwendeten Materialien sind ein MeganukleaseMonomer und ein Meganuklease Heterodimer. Diese bestehen aus einem Peptid,
das eine Ähnlichkeit von mindestens 85% zu den Sequenzen der eukaryoten Zelle
aufweist. Die Affinität der Dimerbildung wird ausgetauscht (22).
12
1.5 Transcription Activator-like Effector Nuclease
Die transkriptionsaktivatorartige Effektornuklease, kurz TALEN genannt, ist eine
Restriktionsendonuklease, mit deren Hilfe es möglich ist ein sequenzspezifisches
Genomic Targeting durchzuführen. Wie bei den bereits erwähnten Verfahren,
erfolgt
das
Genomic
Doppelstrangbrüchen.
Targeting
Erstmals
durch
wurden
die
diese
Erzeugung
von
DNA-
transkriptionsaktivatorartigen
Effektoren in den Bakterien Xanthomonas oryzae und Xanthomonas oryzae
pv.oryzicola entdeckt, wo sie als Virulenzfaktoren wirken. Die Bakterien können
das Genom einer Pflanze gezielt nach ihren Bedürfnissen verändern. Diese
Effektorproteine sind durch eine Genfamilie namens avrBs3/PthA kodiert. Das
TALEN-Verfahren
findet
in
diversen
Organismen
Anwendung.
Das
Anwendungsgebiet reicht von einfachsten prokaryoten Organismen bis hin zu
menschlichen Stammzellen (20).
1.5.1 Aufbau
Ähnlich wie bei den Zinkfingernukleasen, ist die eigene DNA-Bindungsdomäne mit
der FokI Nukleasedomäne fusioniert. Der Unterschied zwischen den TALENs und
den Zinkfingernukleasen ist jedoch ihre DNA-Bindungsdomäne. Anstatt der
Zinkfingerdomäne
Wiederholungseinheit,
besitzt
wobei
die
TALEN
eine
eine
Domäne
in
33-35-Aminosäureetwa
12
bis
27
Wiederholungseinheiten aufweist. Diese Einheit ist dazu in der Lage ein einzelnes
Basenpaar zu erkennen. Somit ermöglicht die Technologie der TALENs, mit Hilfe
eines simplen DNA-Proteincodes an eine individuelle Base zu binden. Dies
geschieht über Aminosäurereste, über die sich die Wiederholungseinheit an die
Base heften kann (23). Durch diese Möglichkeit an Basen zu binden, ist die
TALEN-Methode leichter und effizienter zu handhaben als das Verfahren mit
13
Zinkfingernukleasen. Sowohl bei den Kosten, als auch bei der Spaltungsrate
schneidet die TALEN-Methode besser ab, als das Zinkfingernuklease-Verfahren.
Die schon vorhin erwähnten Xantomonas-Bakterien sind in der Lage, durch ihr
eigenes
Sekretionssystem,
Effektorproteine
zu
produzieren.
Diese
Effektorproteine werden Typ III-Effektoren genannt und stammen direkt aus dem
Typ III-Sekretionssystem der Bakterien (23). Daraufhin können sie in den
Wirtszellen die Transkription regulieren.
Das Typ III-Sekretionssystem ist durch einen speziellen Gen-Cluster namens hrp
(hypersensitive
response
and
pathogenicity)
codiert.
Dieser
Gen-Cluster
ermöglicht den Transport von Proteinen von Bakterien zu eukaryoten Zellen. Dies
geschieht durch die Produktion von Genen (24). An Position 12 und 13 der
Domäne sitzen individuelle Aminosäuren, sogenannte Repeat Variable Diresidue
(RVD),
welche
als
Erkennungscode
der
DNA
und
somit
der
DNA-
Bindungsspezifität der TALEN-Proteine dienen können (19). Es gibt vier
verschieden RVDs (NN, NI, HD, NG), die mit einer der vier Basen (Adenin,
Guanin, Cytosin und Thymin) korrespondieren.
NN erkennt die Base Guanin
NI erkennt die Base Adenin
HD erkennt die Base Cytosin
NG erkennt die Base Thymin
Somit sind sie in der Lage lange DNA-Sequenzen mit einer Länge von mehr als 30
Basenpaaren zu erkennen (19, 25). Um diese Effekt zu verdeutlichen kann man
beispielsweise sagen, dass ein gewisses RVD NK spezifischer für Guanin ist, als
NN, da NN zusätzlich noch die Base Adenin erkennen kann. Jedoch läuft die
Reaktion bei ihnen um einiges langsamer und mit geringerer Aktivität ab, als mit
NN (19).
14
Abbildung 2 Ablauf der TALEN-Methode. Herstellung eines TAL-Codes als spezifisches
Bindemolekül. An Position 12 und 13 der Domäne sitzen individuelle Aminosäuren,
sogenannte Repeat Variable Diresidue (RVD), welche als Erkennungscode der DNA und
somit der DNA-Bindungsspezifität der TALEN-Proteine dienen können (23). (Abbildung
modifiziert nach Zhang M, Wang F, Li S, Wang Y, Bai Y, Xu X. TALE: a tale of genome
editing. Progress in biophysics and molecular biology 2014; 114(1):25–32)
1.5.2 Verwendung der TALEN-Methode
Wie auch die anderen Verfahren des Genomic Editings wurde die TALENMethode in den letzten Jahren in verschiedenste Organismen angewandt.
Beginnend bei einfachsten Prokaryoten wurden fortlaufend sowohl die Techniken
als auch die Organismen immer komplexer. Organismen, die früher als ungeeignet
für die Veränderung des Erbmaterials galten, wurden zu beliebten Modellen für die
TALEN-Methode.
Die
Liste
an
Versuchstieren
reichte
von
Fruchtfliegen,
15
Zebrafischen, Fröschen, Mäusen Ratten, Hasen, Hamster und Schweinen, bis hin
zu Kühen und sogar menschlichen pluripotenten Stammzellen.
Größtenteils wird ein einzelnes TALEN-Paar für eine NHEJ (non-homologous endjoining)-induzierte Mutation eingesetzt. Beim NHEJ erfolgt die Verknüpfung bei
den, beim Doppelstrangbruch erzeugten, Enden über spezielle Enzyme(19).
Diverse Studien berichten jedoch auch von zwei TALEN-Paaren, die für
Deletionen,
beziehungsweise
Inversionen
eingesetzt
wurden
(26). Weitere
Anwendungsgebiete der TALEN-Methode sind die Pflanzenzucht und auch die
Landwirtschaft.
1.5.3 Zukunft des TALEN-Verfahrens
Obwohl seit einigen Jahren weiterhin exzessiv an der Verbesserung der Verfahren
gearbeitet wird, gibt es noch immer Risiken bei der Verwendung der TALENMethode.
Es
besteht
ein
erhebliches
Risiko
für
das
Auftreten
von
unvorhergesehenen Folgen. Die durch NHEJ-induzierte Mutation neigt weiterhin
zu ungewollten Veränderungen am Genom. Die große Herausforderung besteht
darin, eine Balance zwischen Effizienz, Spezifität und den Risiken einer Off-target
Mutation zu finden. Zukünftig wird es besonders wichtig sein, diese Aspekte in
Einklang zu bringen. Off-target Mutationen können zu schwersten chromosomalen
Veränderungen oder sogar zum Zelltod führen. Die Methode steht jedoch auch
anderen Domänen außer der Nukleaseaktivität zu Verfügung. Beispielsweise wird
an Möglichkeiten geforscht, Proteinfusionen mit TALE-basierten Aktivatoren oder
Repressoren durchzuführen. Das Ziel ist es, das TALEN-Verfahren sowohl
leichter, als auch für mehr verschiedene Organismen und Zelltypen, zugänglich zu
machen (19). Obwohl noch einige ungeklärte Fragen bezüglich der Anwendbarkeit
und der Effizienz der Methode bestehen, ist der Umfang an Möglichkeiten dieser
Technologie
enorm. Das TALEN-Verfahren bleibt für die
Forschung
ein
aufregendes und wichtiges Untersuchungsobjekt.
16
1.6 Das CRISPR/Cas-System
1.6.1 Das mikrobielle Immunsystem CRISPR/Cas
Viren sind bedeutende Faktoren in der Ökologie und in der Entwicklung des
Lebens. Sie dienen als Vermittler und Prädikatoren für den genetischen Austausch
in Organismen und
Zellen. Aus
diesem Grund wurde eine Vielzahl an
Mechanismen entwickelt, um einer Virusinfektion entgegen wirken zu können. Ein
großer Vorteil in der Abwehr von Viren kann es sein, das Abwehrsystem
adaptieren zu können. Somit schufen immer mehr Organismen Mechanismen, die
es ermöglichten, die speziellen Fähigkeiten eines Pathogens zu erkennen und zu
bekämpfen. Im menschlichen Abwehrsystem existieren B- und T-Zellen, die
Proteine und andere Strukturen erkennen und somit Pathogene oder infizierte
Zellen zerstören können (27, 28).
Über Jahrzehnte hinweg war man davon überzeugt, dass die Möglichkeit, ein
adaptives Immunsystem zu besitzen lediglich den Wirbeltieren vorbehalten war.
Auf Grund der Komplexität des Systems war es für die Wissenschaft sehr
überraschend, dass diese Art des Abwehrsystems auch in Prokaryoten zu finden
war. Das System der Prokaryoten wird nach einer Region der DNA “Clustered
Regularly Interspaced Short Palindromic Repeats“, kurz CRISPR, benannt (29).
Diese sich wiederholenden Abschnitte der DNA oder RNA dienen dem Genom als
Schutz gegen Viren oder verschiedenste andere Pathogene (29).
Erstmals wurde dieser Abschnitt der DNA in Escherichia coli Bakterien im Jahr
1987 nachgewiesen, doch mit fortlaufender Forschung auf diesem Gebiet wurde
die Region in immer mehr Prokaryoten lokalisiert (27, 30). Heutzutage ist die
CRISPR-Region ist in 84% aller Archaeen und in 45% aller bekannten Bakterien
nachweisbar. Jedoch muss man an dieser Statistik berücksichtigen, dass bisher
schätzungsweise 20mal mehr Bakterienstämme untersucht wurden als Archaeen.
CRISPR sind kurze repetitive Sequenzen von DNA-Abschnitten, die Repeats
genannt werden. Die Bereiche werden dazu verwendet, Virus-Genome zu
erkennen, zu lokalisieren und zu zerstören. Diese Aktivität funktioniert durch die
17
Anwesenheit des „CRISPR-associated“ Proteinkomplexes Cas, der die fremde
DNA erkennt. Neue Spacer werden üblicherweise in die CRISPR eingefügt. Dieser
Immunisierungsprozess wird in drei Stadien aufgeteilt.
Im ersten Stadium, der Adaptation, werden neue Spacer in die Abschnitte der
CRISPR integriert. Im Vergleich dazu werden im zweiten Stadium, der Expression,
die Cas-Gene hergestellt und die CRISPR in lange pre-crRNA („precursor
CRISPR RNA“) transkribiert (27). Diese Vorläufer-crRNA bildet mit der crRNA eine
gemeinsame Struktur. Der dritte Abschnitt wird als Interferenz bezeichnet. In
diesem wird die virale Sequenz durch den gemeinsamen Einsatz von crRNA und
Cas-Proteinen erkannt und zerstört.
Abbildung 3 1. Adaptation: Integration der neuen Spacer in CRISPR. 2. Expression:
Transkription des CRISPR-Bereiches. 3. Interferenz: Erkennen und Zerstören der viralen
Abschnitte. (27) (Abbildung modifiziert nach Rath D, Amlinger L, Rath A, Lundgren M. The
CRISPR-Cas immune system: Biology, mechanisms and applications. Biochimie 2015;
117:119–28.)
18
Die Größe der CRISPR variiert zwischen 23 und 47 Basenpaaren (bp) und die der
Spacer zwischen 21 zu 72 Basenpaaren (bp). In diversen Organismen kann sich
die DNA-Abfolge der CRISPR stark unterscheiden (28). CRISPR können nach den
Cas-Genen in drei verschiedene Typen aufgeteilt werden. Es können auch
mehrere dieser Typen in einem einzelnen Organismus auftreten. Im Typ I-System
ist das Signalprotein Cas3 verantwortlich für die Prozessierung beziehungsweise
das Binden der crRNA an der Ziel-DNA. Derzeit sind noch weitere sechs Subtypen
des Typ I-Systems bekannt (27). Die Signalproteine, die in dem TYP II-System
wirken, sind Cas1, Cas2 und Cas9. Die Anwendungsgebiete von Cas9 sind die
Anpassung, die crRNA-Prozessierung und die Spaltung der Ziel-DNA durch
crRNA und tracrRNA. Im Vergleich zu Typ I sind bei diesem System nur drei
weitere Subtypen bekannt. Typ II ist besonders erwähnenswert, da es die
Grundlage für das Genomic Targeting darstellt. Typ III hingegen besitzt nur die
Cas10-Nukleasen, die jedoch keine bisher bekannte Funktion aufweisen. Das
System ist in der Lage sowohl fremde RNA als auch DNA zu schneiden. Typ II
Systeme wurden bisher nur in Bakterien nachgewiesen, im Vergleich dazu fand
man Systeme von Typ I und III sowohl in Bakterien als auch in Archaeen (27).
19
Abbildung 4 Abbildung der Prozessierung und Interferenz von crRNA in den
verschiedenen CRISPR Systemen. Im Typ I-System wird die pre-crRNA durch Cas5 und
Cas6 bearbeitet. Das Typ II-System verwendet RNase III und tracrRNA um reife crRNA
herzustellen. Daraufhin erfolgt die Weiterleitung zur Ziel-DNA. Typ III benutzt ebenfalls
Cas6 zur Bearbeitung von crRNA. Zusätzlich kommt ein unbekannter Faktor zum Einsatz,
der eine 3´-End-Kürzung durchführt (27). (Abbildung modifiziert nach Rath D, Amlinger L,
Rath A, Lundgren M. The CRISPR-Cas immune system: Biology, mechanisms and
applications. Biochimie 2015; 117:119–28.)
Cas9 ist ein Protein, das die zwei katalytisch wirkenden Untereinheiten RuvC und
HNH, besitzt. Diese können Doppelstrangbrüche durchführen. RuvC schneidet
die-DNA am Spacer und HNH spaltet auf der gegenüberliegenden Seite die ZielDNA. PAM, welches in der Nähe des C-terminalen Endes am Photospacer sitzt,
beinhaltet die Basenkombination NGG.
20
Abbildung 5 Der CRISPR/Cas9-Ribonukleinkomplex mit den beiden Untereinheiten
RuvC und HNH. RuvC wirkt an der Nicht-Ziel-DNA, wohingegen HNH an der
gegenüberliegenden Seite, an der Ziel-DNA, wirkt. Sie sind dazu in der Lage DNAStränge zu schneiden. PAM beinhaltet die Basenkombination NGG und sitzt in der Nähe
des C-terminalen Endes am Photospacer. (31) (Abbildung verändert nach Mali P, Yang L,
Esvelt KM, Aach J, Guell M, DiCarlo JE et al. RNA-guided human genome engineering via
Cas9. Science (New York, N.Y.) 2013; 339(6121):823–6)
1.6.2 Genomic Editing mit dem CRISPR/Cas9 System
Bereits 2012 wurden erste bedeutende Ergebnisse in Bezug auf eine neue
Methode veröffentlicht, die es ermöglichte das Genomic Editing noch leichter und
effizienter durchzuführen als bisher. Wie bereits erwähnt, können bei den
bisherigen Methoden einige unerwünschte Begleiterscheinungen auftreten. Doch
welche Vorteile bringt das CRISPR/Cas9 System? Noch nie war es so leicht,
schnell und billig möglich, das Genom, egal ob pflanzlich, tierisch oder
menschlich,
nach
eigenen
Wünschen
zu
bearbeiten.
Doch
welche
sicherheitstechnischen Bedenken sind mit dem Verfahren verbunden? Nahezu
jedes Labor bzw. sogar jede Privatperson könnte es ohne großen finanziellen
21
Aufwand
betreiben.
Können
somit
potenziell
riskante
Genmanipulationen
durchgeführt werden?
Die Anwendungsgebiete des Systems reichen von genetischer Manipulation in
Bakterien, Mäusen, Fruchtfliegen und Zebrafischen bis hin zu menschlichen
Embryonen (5, 32, 33). Ein weiteres Forschungsgebiet ist die genetische
Ausrottung von Krankheiten. In diversen Studien wird die Möglichkeit beschrieben,
das CRISPR/Cas9 Verfahren dazu zu verwenden, die Erkrankung Tyrosinämie auf
genetischer Ebene zu behandeln (34). Andere Studien wiederum beschäftigen
sich mit der Anwendung des Verfahrens auf die Manipulation von Blutstammzellen
(35). Auch für die Landwirtschaft könnte die Methode in Zukunft von großer
Bedeutung sein.
Wie bereits erwähnt ist das Typ II System der CRISPR dazu in der Lage gezielt
Doppelstrangbrüche
durchzuführen.
Die
erste
gezielte
Veränderung
an
eukaryoten Mauszellen fand 2013 statt. Ausgangspunkt dieser Studie war das
Bakterium Streptococcus pyogenes (SpCas9) (33). Verschiedenste Vektoren, zum
Beispiel rcRNA, tracrRNA und Cas9 werden daraus entnommen und für die
Herstellung der Doppelstrangbrüche verwendet. Jahrelang beschränkte sich das
Genomic
Targeting
beispielsweise
auf
die
Verwendung
von
Homologer
Rekombination in Hefezellen oder Mäusen. Oftmals überwogen auch die
negativen Effekte
gegenüber dem eigentlichen Ziel in der Durchführung.
Nuklease-induzierte Doppelstrangbrüche können in nahezu allen Organismen und
Zelltypen auf zwei verschiedene Wege repariert werden. Einerseits durch die des
„non-homologous end joining“ (NHEJ) oder durch den komplexeren und somit
präziseren Reparaturmechanismus „homologous recombination“ (HR). NHEJ kann
durch seinen ungenaueren Mechanismus zu Mutationen, zum Beispiel Insertionen
und Deletionen, führen (19). Der HR Reparaturmechanismus führt hingegen zu
kleineren Punktmutationen oder Insertionen und ist abhängig von sogenannten
DNA-Templates. Die Rate dieser Veränderungen bei der Erzeugung von
Nuklease-induzierten Doppelstrangbrüchen kann von ungefähr 1% bis 50%
aufweisen. Weitere Studien werden notwendig sein, um die Unterschiede in der
Effizienz von HDR und Indel Mutationen aufzuzeigen (19).
22
Abbildung 6 Diese Abbildung zeigt den durch Cas9 induzierten Doppelstrangbruch.
Daraufhin erfolgt auf der linken Seite der Graphik die NHEJ-Reparatur, die wie abgebildet
zu einer Indel Mutation führen kann. Es kommt jedoch nicht notwendigerweise zu einem
Gen-Knockout. Auf der rechten Seite wird im Vergleich dazu die HR-Reparatur
dargestellt. Wie hier zu sehen ist, ist diese Methode unter Mithilfe der blau dargestellten
DNA-Templates der präzisere Reparaturmechanismus (36). (Abbildung modifiziert nach
Ran FA, Hsu PD, Wright J, Agarwala V, Scott DA, Zhang F. Genome engineering using
the CRISPR-Cas9 system. Nature protocols 2013; 8(11):2281–308)
Im Vergleich zu dieser Methode basieren herkömmliche Systeme des Genomic
Targetings,
wie
Meganukleasen,
bereits
beschrieben,
Zinkfingernukleasen
auf
oder
DNA-Bindungsspezifitäten
wie
transkriptionsaktivatorartige
Effektornukleasen (TALENs). Diese sind für die Anwenderin oder den Anwender
jedoch mit größerem Aufwand, beziehungsweise Schwierigkeiten verbunden. Das
Zinkfingernuklease-Verfahren und die TALEN-Methode nutzt die Protein-DNA
Interaktion, wobei sich das CRISPR/Cas9-System auf die Regeln der einfachen
Basenpaarung zwischen der zu bearbeiteten RNA und der Ziel-DNA zu Nutzen
macht (19).
Die Einfachheit von CRISPR/Cas9 Genomic Targeting findet auch in großen
gRNA Libraries Anwendung. Diese besitzen unzählige Gensequenzen von
verschiedensten Organismen und garantieren somit die weltweite Erfassung von
DNA und RNA. Sie benutzen die Cas9 Nuklease um Knockout-Mutation zu
23
verursachen.
Die
enorme
Anzahl von 64.000
bis 87.000
verschiedenen
gesammelten gRNAs demonstrieren die große Kapazität der Libraries (19).
1.6.3 Spezifität des CRISPR/Cas9-Verfahrens
Obwohl die Nukleasen größtenteils die gewünschten Spaltungen durchführen, gibt
es noch immer eine gewisse Rate an Off-Target Effekten und unerwünschten
Indel Mutationen. Um die Spezifität bestimmen zu können, kreierten Forscher
geänderte gRNAs. Es stellte sich heraus, dass eine Mutation am 5´-Ende der 20
Nukleotide (nt) Region an der das Genomic Targeting durchgeführt wird, besser
toleriert wird, als am 3´-Ende. Diese Erkenntnis stimmt mit den vorigen
Forschungsergebnissen an Bakterien bzw. bei in vitro Versuchen überein. Anhand
dieser lässt sich sagen, dass die 8-12 Basenpaare (bp) am 3´-Ende für die
Zielerkennung ausschlaggebend sind. Jedoch lässt die Lokalisation der Mutation
keinen bedingungslosen Rückschluss auf das Ausmaß dieser zu. Manche OffTarget Effekte an 5´-Enden können gravierende Folgen für den Organismus
haben, wohingegen diverse Mutationen an 3´-Enden nahezu keine relevante
Auswirkungen haben. Es lässt sich nicht einwandfrei feststellen, dass alle
Substitutionen von Nukleotiden an einer gewissen Position überhaupt irgendeine
Aktivität mit sich führen (19).
Als besonders relevant gilt die Sequenz NAG als Alternative zu PAM. Die
Frequenz der Indel Mutationen an dieser Off-Target Seite kann hoch genug sein,
um die T7 Endonuklease I einzusetzen, die Mismatch-DNA erkennt und spaltet.
Man
muss
jedoch
erwähnen,
dass
die
Effizienz
dieser Methode
nicht
zufriedenstellend ist (19).
Ein weiteres Anwendungsbeispiel sind die Cas9 Nickasen im Gene Editing. Ziel ist
es, die Rate an Off-Target Mutationen so niedrig wie möglich zu halten. Bei D10A
und H840A Mutationen in der RuvC1- oder HNH-Domäne werden Cas9 Nickasen
dazu
verwendet,
komplementäre
und
nicht-komplementäre
Zielstränge
zu
24
inaktivieren. Somit wird es der Cas9-Nuklease ermöglicht, einen einzelnen Strang
zu schneiden. Kommt es bei der Verwendung von Nickasen beim Genomic Editing
mit dem CRISPR/Cas9 System zu Off-Target Effekten, so erfolgt dabei lediglich
ein Einzelstrangbruch (31).
Der
nächste
Teil
dieser
Arbeit
beschäftigt
sich
mit
speziellen
Anwendungsbeispielen der bisher beschriebenen Methoden. Es werden diverse
Publikationen beschrieben, deren Inhalt von der Anwendung des CRISPR/Cas9
Systems in Mäusen bis hin zu menschlichen Tripronuklearen Zygoten handelt (25,
33, 36).
Abschließend wird noch die Frage behandelt, welche Methoden angewandt
werden, um die Off-Target Effekts vom CRISPR/Cas9 System zu reduzieren.
2 Material und Methodik
Die Thematik dieser Diplomarbeit wurde als Literaturrecherche behandelt. Es
werden im einleitenden Teil verschiedene Verfahren gegenübergestellt und
hinsichtlich ihrer Vor- und Nachteile beschrieben. Es sollten im Verlauf der Arbeit
sowohl
medizinischer
Fortschritt
in
diesem
Bereich,
als
auch
aktuelle
Anwendungsgebiete, sowie moralische und ethische Aspekte der Anwendung
beleuchtet werden. Die Vor- und Nachteile der jeweiligen Verfahren werden in der
abschließenden Diskussion durch eigene Analyse behandelt.
Für die Bearbeitung der Themen wurden diverse Online-Datenbanken für
wissenschaftliche Literatur und Suchdienste, wie Pubmed, Google Scholar und
Oxford Medicine Online, herangezogen. Aufgrund der Aktualität des Themas
wurden ebenfalls
verschiedene elektronische Fachzeitschriften, medizinische
Journale und auch Artikel in Tagespressen zur Auseinandersetzung mit der
Thematik
verwendet.
Um
die
Grundlagen
der
Genetik
zu
wiederholen,
25
beziehungsweise
zu vertiefen, wurde in diversen Sach- und Lehrbüchern
recherchiert. Für das bessere Verständnis einzelner Begriffe besser, wurde über
Standard Internetsuchmaschinen wissenschaftlich glaubwürdige Seiten gesucht
und gelesen. Die Suchbegriffe enthielten dabei sowohl die Namen der jeweiligen
Verfahren, als auch die der Autoren. Weitere Suchkriterien waren auch die
Aktualität
der
Literatur
sowie
der
öffentliche
Zugang
mit
Hilfe
der
Zugriffsmöglichkeiten durch die Medizinische Universität Graz.
Die verwendeten Bilddateien, Abbildungen und Tabellen wurden entweder aus
Studien entnommen, modifiziert und daraufhin zitiert oder teilweise selbst kreiert.
Gesucht
wurden
Artikel, Journale
und
Fachzeitschiften in deutscher und
englischer Sprache. Bevorzugt wurde Erstliteratur und bedeutende aktuelle
Quellen verwendet. Die Anzahl an Publikationen in den vergangenen Jahren ist
enorm umfangreich, was eine sehr ausgiebige und zeitaufwendige Recherche
nach passender Literatur für die Arbeit mit sich brachte. Der Zeitraum für die
Erhebung der für die Diplomarbeit relevanten Daten war von September 2015 bis
Dezember 2015. Zusätzlich wurde während des Schreibprozesses immer wieder
nach relevanter und aktueller Literatur recherchiert und diese dann umgehend
behandelt.
Um die Quellen sowohl des Textes als auch der Abbildung besser wiedergeben zu
können wurde Citavi als Zitierprogramm verwendet.
26
3 Ergebnisse
3.1 Das Mausmodell
3.1.1 Simultanes Genomic Targeting von bis zu fünf Genen
Die Grundlagenforschung an Tiermodellen ist für die Weiterentwicklung von
Genomic
Editing
Systemen
von
großer
Bedeutung.
Neben
einfachsten
Organismen sind die Versuche an Mäusen besonders relevant. Stammzellen von
Mäusen weisen im Vergleich zu anderen Säugetieren große Ähnlichkeit mit jenen
des Menschen auf. Somit sind sie als Modelle besonders gut dazu geeignet, neue
Therapiemöglichkeiten im Bereich der Gentherapie auszutesten und für den
Einsatz an menschlichen Zellen zu perfektionieren. Das Mausmodell dient dem
Verständnis der Entwicklung von Krankheiten und deren Bekämpfung auf
genetischer
Ebene.
Einerseits
werden
sie
dazu
verwendet,
sequenzielle
Rekombination in embryonalen Stammzellen durchzuführen oder andererseits
Kreuzungen zwischen Mäusen mit einer einzelnen Mutation durchzuführen.
Letzteres ist jedoch deutlich zeitaufwendiger. Das folgende Modell beschreibt die
Auswirkungen des CRISPR/Cas Systems auf den simultanen Bruch von fünf
Genen (Tet 1, 2, 3, Sry, Uty-8) in embryonalen Mauszellen (33).
Bei der Verwendung von konventionellen Gene Targeting Systemen werden
Mutationen durch homologe Rekombination in den Stammzellen erzeugt. Die
dadurch veränderten Stammzellen werden in Wildtyp-Blastozysten injiziert. Somit
können sie zur Veränderung der Keimbahn chimärer Tiere und zur dadurch
entstehenden genetischen Modifikation führen. Diese Methode, die bereits 2005
erstmals publiziert wurde, ist im Vergleich zu neueren Methoden deutlich teuer
und auch zeitintensiver. Wenn man bedenkt, dass bereits ein einzelner GeneKnockout sehr zeitaufwendig ist, kann man daraus schließen, welcher Aufwand für
eine Doppelmutation notwendig wäre. Alternative Methoden arbeiteten bisher
durch direktes Einbringen von DNA und mRNA von seitenspezifischen Nukleasen
um dadurch Doppelstrangbrüche an einer ortspezifischen Stelle zu generieren.
27
Wie
bereits
erwähnt kann eine Reparatur dieser entweder durch NHEJ
(nonhomologous end jouning) oder durch homologe Rekombination erfolgen.
Jedoch kann durch die Verwendung von Zinkfingernukleasen oder TALENs die
Effizienz des Genomic Editings stark variieren und genaue Ergebnisse sind so nur
schwer voraussehbar (33).
Um die Möglichkeit zu haben, funktionelle redundante Gene derselben Familie
genetisch zu verändern, werden sogenannte sgRNAs designt. Diese sind in der
Lage, Genomic Targeting an Mitgliedern der Ten-eleven-Translokation-Familie,
Tet1, Tet2 und Tet3, durchzuführen. Tet Proteine verändern 5-Methylcytosin zu 5Hydroxymethylcytosin in verschiedenen embryonalen und adulten Zellen. Dadurch
entstehen gentechnisch veränderte Mäuse in jeder dieser drei Gruppen durch
Homologe Rekombination in embryonalen Stammzellen. Daraufhin werden ein
optimiertes Cas9 und eine sgRNA dazu verwendet, in embryonalen Stammzellen
von Mäusen Gene Targeting durchzuführen und die Effizienz des Verfahrens bzw.
der Spaltung darzustellen. Bei der anschließenden Analyse zeigt sich, dass alle
drei Cas9 sgRNA Transfektionen Spaltungen am Zielort erzeugen. Die durchaus
hohe Effizienz beträgt bei Tet1 36%, bei Tet2 48% und bei Tet3 36%. Weil jeder
Zielort
eine
Restriktionsenzym-Erkennungsseite
besitzt,
wird
durch
Polymerasenkettenreaktion (PCR) ein 500 bp großes Fragment in jede TargetSeite eingebracht. Somit verbinden sich die PCR Produkte mit den jeweiligen
Enzymen. Ein korrekt verändertes Allel würde die Restriktionsseite verlieren. Unter
der Verwendung des RFLP („restriction fragment lenght polymorphism“) Assay,
werden pro Durchgang 48 Klone von embryonalen Stammzellen erkannt. Eine
hohe Anzahl der Klone haben Mutationen in beiden Allelen. Zwischen 65% und
81% der getesteten Klone tragen Mutationen in Tet Genen und bis zu 77% zeigen
Veränderungen in beiden Allelen (33).
Durch
die
hohe
Effizienz
der
„single-gene“
Modifikationen
wurden
die
Wissenschaftler dazu bewegt, die Möglichkeit zu testen, Gene Targeting an allen
drei Genen simultan durchzuführen. Aus diesem Grund werden die embryonalen
Stammzellen mit Cas9 und drei sgRNAs, von Tet1, Tet2 und Tet3, zusammen
transferiert. Von den 96 untersuchten Klonen, zeigen 20 Mutationen in allen sechs
Allelen der drei Gene. Um diese Ergebnisse zu bestätigen, werden verschiedenste
Verfahren
wie
Southern
Blot
verwendet
um
falsch
positive
Resultate
28
auszuschließen. Bei den Mutationen der Allele handelt es sich hauptsächlich um
Deletionen und kleine Insertionen. Um herauszufinden, ob diese Modifikationen
die Funktion der Tet Gene beeinflussen oder sogar gänzlich verhindern, vergleicht
man das Level von 5-Hydroxymethylcytosin der veränderten Klone mit den
embryonalen
Stammzellen
der
Wildtypen.
In
nahezu
allen
durchgeführten
Untersuchungen wird eine Reduktion des Levels von 5-Hydroymethylcytosin an
den Klonen, welche Mutationen an beiden Allelen trugen, festgestellt (33).
Ein weiterer Test des Potentials des CRISPR/Cas Systems beim Gene Targeting
multiplexer Gene beschäftigt sich mit der Herstellung von zwei Y-linked Genen,
Sry und Uty. In diesem Fall werden die embryonalen Stammzellen mit Cas9 und
drei sgRNAs und den beiden Y-linked Genen zusammen transferiert. Von
wiederum
diesen
96
hergestellten
Klonen,
kann
bei
10%
Mutationen
nachgewiesen werden, die sich auf alle acht Allele der fünf Gene erstreckt. Somit
wird die Kapazität dieser Methode eindrucksvoll nachgewiesen (33).
3.1.2 Transfektion durch direkte Mikroinjektion in Zygoten
Ein weiterer Ansatzpunkt um genetisch veränderte Mäuse herzustellen, ist die
Möglichkeit einer direkten Manipulation der Embryonen in vivo. Bei dieser
Methode wird Cas9 mRNA durch in vitro Transkription erzeugt und zusammen mit
der schon vorhin erwähnten sgRNA injiziert. Eine besondere Schwierigkeit liegt in
der
Berechnung
der
optimalen
Menge
von
Cas9
mRNA.
Es
werden
unterschiedliche Mengen davon mit einer konstanten Konzentration von sgRNA in
das pronukleäre Stadium der Einzell-Maus injiziert und die dadurch entstandenen
Mutationen erfasst und berechnet. Wie erwartet führt eine höhere Konzentration
von Cas9 mRNA zu einer erheblich höheren Rate an genetischen Veränderungen
(33).
Man muss jedoch erwähnen, dass ab einem gewissen Wert die Rate an
Mutationen wieder absinkt. Somit ist bei der am höchsten gemessenen
29
Konzentration
an
Cas9
mRNA
eine
normale
Blastozystenentwicklung
zu
beobachten.
Um die postnatalen Auswirkungen zu generieren werden Tet1 und Tet2
zusammen mit verschiedenen Konzentrationen von Cas9 mRNA verabreicht.
Southern Blot und Sequenzanalysen zeigen, dass ungefähr 50% bis 90%
Mutationen an beiden Allelen tragen.
Zusätzlich wird auch die Kombination von Tet3 sgRNA mit Cas9 mRNA in
Blastozysten getestet. Von acht untersuchten Embryos weisen drei homozygote
und drei heterozygote Mutationen auf. Einige Mäuse zeigen postnatal eine
deutlich verringerte Größe oder manche sterben kurz nach der Geburt. Bei
Mäusen, die eine Tet3 Mutation an beiden Allelen tragen, ist ein Überleben über
die Neonatalphase hinaus nicht möglich (37).
Die bisher erwähnten Versuche beschreiben die Veränderungen von EinzelGenen an Mäusen. Jedoch werden auch Versuche durchgeführt, die eine DoppelGen- Mutation oder auch multiple Gen-Mutation bewirken (33).
Ein weiterer Teil derselben Versuchsreihe beschäftigt sich mit der Möglichkeit
Doppel-Gen-Mutationen aus einem einzelnen Embryo zu generieren. Hierbei
werden Tet1 und Tet2 sgRNAs zusammen mit Cas9 mRNA in die Zygote injiziert.
Anhand dieser Methode können aus 144 transferierten Embryos 28 lebensfähige
Mäuse erzeugt werden. Das ergibt eine Überlebensrate von 21%. Von diesen
weisen wiederum 22 eine nachweisbare Mutation auf zwei Allelen in zwei
verschiedenen Genen auf.
Verschiedenste
Versuche
anhand
dieser
Methode
zeigen,
dass
die
Überlebensrate der Mäuse stark von der Konzentration der Cas9 mRNA abhängig
ist. Erwähnenswert hierbei ist, dass die Überlebensrate zuerst proportional mit der
Konzentration auf ungefähr 25% steigt, sie bei deutlich erhöhter Konzentration von
Cas9 mRNA allerdings auf 21% absinkt.
Somit wird bewiesen, dass es möglich ist, mit Hilfe der CRISPR/Cas9 Methode
innerhalb kürzester Zeit biallelische Mutationen auf zwei unabhängigen Genen zu
erzeugen. Ein weiterer Vorteil dieser Methode ist die vergleichsweise hohe
30
Effizienz, die bei einer Versuchsdauer von ungefähr einem Monat erreicht werden
kann.
Abbildung 7 Diese Abbildung zeigt einerseits das Genomic Targeting in embryonalen
Stammzellen und andererseits die genetische Veränderungen an Mäusen durch multiple
Mutationen. Die mittlere Abbildung stellt multiple Mutationen (Indels), induziert durch
NHEJ, dar. Der im unteren Bildteil abgebildete Vorgang beschreibt Mutationen, induziert
durch HDR-mediierte Reparatur (33). (Abbildung modifiziert nach Wang H, Yang H,
Shivalila CS, Dawlaty MM, Cheng AW, Zhang F et al. One-step generation of mice
carrying mutations in multiple genes by CRISPR/Cas-mediated genome engineering. Cell
2013; 153(4):910–8.)
Die Herstellung von multiplen Mutationen ist eine weitere Möglichkeit, dieses
Verfahren anzuwenden. Hierbei werden, dem ohnehin schon sehr präzisen HDRmediierten Genomic Editing, Cas9 mRNA, sgRNAs und Einzelstrang-DNA
coinjiziert. Zusätzlich werden Tet1 und Tet2 verwendet. Tet1 verändert zwei
Basenpaare der Restriktionsseite und kreiert somit eine EcoRI Seite. Tet2
konvertiert die schon vorhandene EcoRV Seite in eine EcoRI Seite. Durch diese
31
Veränderungen kann das HDR-mediierte Genomic Editing leichter erfolgen. Als
EcoRI bezeichnet man eine spezielle Endonuklease, gebildet aus dem Stamm des
Bakterium Escherichia coli (38).
Wenn Cas9 mRNA, sgRNAs, Tet1 sowie Tet2 in Zygoten zusammen injiziert
werden, weisen von vierzehn Embryos vier eine Veränderung am Tet1 Locus und
sieben eine am Tet2 Locus auf. Ein Embryo weist ein Allel von beiden Genen auf.
Die Rate an lebendig geborenen Mäusen beträgt durch diese Methode 21%.
Diese Resultate zeigen, dass Mäuse durch HDR-mediierte Mutationen in multiplen
Genen in einem Schritt durch CRISPR/Cas mediiertes Genomic Editing erzeugt
werden können (33).
Zusammenzufassend lässt sich sagen, dass die genetische Manipulation an
Mäusen unerlässlich für die Entwicklung neuer Arzneistoffe sowie die Erforschung
von
Krankheiten ist. Jedoch muss
man erwähnen, dass
die
homologe
Rekombination an embryonalen Stammzellen und die Produktion von chimären
Mäusen intensiver Laborarbeit bedarf und einen Zeitaufwand von ungefähr sechs
bis zwölf Monaten in Anspruch nimmt. Die Studie beschreibt drei verschieden
Anwendungen genetischer Veränderungen an Mäusen. Es wird gezeigt, dass
Genome Editing durch das CRISPR/Cas Verfahren in embryonalen Stammzellen
simultane Mutationen von mehreren Genen mit hoher Effizienz ermöglicht. Der
erste Teil beschreibt die Möglichkeit, in einem einzigen Schritt Zellen zu
produzieren, die Mutationen in fünf verschiedenen Genen aufweisen.
Ebenfalls wird bestätigt, dass in Embryos von Mäusen direkt durch die Injektion
von Cas9 mRNA und sgRNA biallelische Mutationen in einem bestimmten Gen
erzeugt werden können. Durch die Coinjektion Cas9 mit Tet1 und Tet2 sgRNAs in
Zygoten können Mutationen in beiden Genen hergestellt werden. Die Versuche
zeigen, dass bei einer Injektion einer einzigen sgRNA, die Neugeborenen eine
biallelische Mutationsrate von 95% aufweisen und bei einer Injektion mit zwei
verschiedenen sgRNAs bis zu 80% biallelische Mutationen in beiden Genen
tragen (33).
32
3.1.3 Einschränkungen und negative Aspekte des Verfahrens
Es gibt natürlich wie bei jedem Verfahren, beziehungsweise jeder Technologie,
einige Hindernisse und Einschränkungen, die die Durchführung des Versuchs
erschweren können. Beispielsweise limitiert die Notwendigkeit der NGG PAM
Sequenz des Streptococcus pyogenes Cas9 im Mausgenom. Es stellt sich heraus,
dass das Streptococcus thermophilus LMD-9 Cas9 im Vergleich dazu eine andere
PAM Sequenz verwendet, die eine Spaltung in Säugetierzellen durchführen kann
(5). Somit kann es notwendig sein, durch zeitaufwendige Vergleiche die richtigen
Cas9 Proteine auszutesten und auszuwählen.
Auch für die speziell kreierten sgRNAs ist eine aufwendige Entwicklungs- und
Forschungsarbeit notwendig, um sie so zu gestalten, dass sie die höchste
Effektivität erzielen. Genau diese ist notwendig um das Genomic Targeting
überhaupt zu ermöglichen.
Ein weiterer Punkt ist die erhebliche Rate an Off-target Mutationen. Immer wieder
treten genetische Veränderungen an Stellen des Genoms auf, die zum größten
Teil negative Auswirkungen haben. Um diese zu verhindern, ist, wie bereits
erwähnt, eine genaueste Analyse der eingesetzten sgRNAs und der Cas9
Proteine notwendig, um die Folgen des Verfahrens für den Embryo bestmöglich
voraussehen zu können (33).
Außerdem bringt auch der Reparaturmechanismus NHEJ diverse Negativaspekte
mit sich. Einerseits ist dadurch zwar ein präzises Genomic Editing möglich,
andererseits kann das andere (nicht behandelte) Allel massive Mutationen
aufweisen.
Mehrere
Untersuchungen
beweisen,
dass
eine
niedrigere
Konzentration an Cas9 mRNA, Mäuse mit heterozygoten Mutationen hervorbringt.
Der Einsatz von Cas9 Nickasen würde höchstwahrscheinlich die Rate dieser
Komplikationen reduzieren oder die auch verhindern. Cas9 Nickasen würden
Einzelstrangbrüche verursachen, die normalerweise durch HDR repariert werden
könnten (5, 31).
33
3.2 Die genetische Modifikation menschlicher Embryos
Der weltweit erste dokumentierte Versuch Genomic Editing bei menschlichen
Embryos
durchzuführen,
wurde
2015
publiziert. Diese
Studie
löste
eine
weitreichende mediale Debatte über die Ethik solcher Verfahren aus. Die Forscher
rechtfertigten ihre Versuchsreihe mit dem Standpunkt, nicht-lebensfähige Embryos
für ihre Untersuchungen verwendet zu haben. Der Grundgedanke der Studie war
es, das Gen, welches für die Ausbildung der Beta-Thalassämie verantwortlich ist,
zu verändern (39).
Die Forscher verwendeten für ihre Untersuchungen tripronukleare Zygoten (3PN)
um die CRISPR/Cas9 Technologie an menschlichen Zellen zu untersuchen. Die
Entscheidung fiel auf Grund der hohen Effektivität, hohen Spezifität und der
geringen Off-Target Effekte auf diese Technologie. Da die Verwendung von
lebensfähigen Embryos aus ethischen Gründen nicht vertretbar war, wurden
tripronukleare Zygoten mit einem Oozyten Nukleus und zwei Spermien Nuklei
ausgewählt. Diverse Studien zeigen, dass solche polyspermatischen Zygoten eine
gute Alternative zur Verwendung von normalen Embryos darstellen (40).
Polyspermatische Zygoten, welche in 2-5% aller Zygoten im Rahmen der In-VitroFertilisation entstehen, können in vitro Blastozysten generieren. Jedoch versagt
bei diesen unweigerlich die in vivo Entwicklung. Somit sind sie ideal geeignet für
Untersuchungen der positiven und negativen Effekte und Auswirkungen der
genetischen Manipulation während der frühen menschlichen Entwicklung (40).
34
Abbildung 8 Diese Abbildung zeigt eine polyspermatische Zygote. Diese tripronukleare
Zygote (3PN) mit einem Oozyten Nukleus und zwei Spermien Nuklei kann zu genetischen
Untersuchungen eingesetzt werden, da sie in diesem Zustand nahezu nicht lebensfähig
ist.
(Abbildung
nach
http://de.dexeus.com/reproduktionsmedizin/in-vitro-
fertilisation/beurteilung-der-befruchtung)
Das CRISPR/Cas9 System ist hierbei in der Lage, die endogenen Gene in
tripronuklearen
Zygoten
effizient
zu
spalten
und
Doppelstrangbrüche
zu
verursachen. Diese können wie bereits beschrieben entweder durch NHEJ oder
HDR repariert werden. Die Reparaturvorlage der HDR kann sowohl dem
endogenen homologen Gen, als auch der exogenen DNA Sequenz entsprechen.
Dieser Konkurrenzkampf zwischen endogener und exogener Sequenz kann die
Analyse der möglichen Genome Editing Produkte deutlich komplizierter gestalten.
Auch mögliche Fehlmutationen können die Interpretation erschweren. All diese
Faktoren müssen zur besseren Verständlichkeit des Verfahrens erkannt und
berücksichtigt werden, um es für den klinischen Einsatz zu verbessern (40).
35
3.2.1 Die genetische Veränderung des HBB Gens
Das
menschliche
Beta-globin Gen kodiert eine Untereinheit des adulten
Hämoglobins und ist im Rahmen der Beta-Thalassämie verändert. Beispielsweise
sind in China CD14/15, CD17 und CD41/42, welche Frameshifts des Beta-Globins
sind, drei der meist verbreitetsten Beta-Thalassämie Mutationen. Lokalisiert am
Chromosom 11, befindet sich HBB innerhalb des Beta-Globin-Cluster, welcher
noch vier weitere Globin Gene beinhaltet. In 5´ bis 3´ Richtung sind dies HBE,
HBG2, HBG1, HBD und HBB (41).
Da HBD und HBB eine sehr ähnliche Struktur aufweisen, kann HBD auch als
Reparaturvorlage für HBB verwendet werden. Der von HBD hinterlassene Abdruck
am reparierten HBB Locus ermöglicht die Untersuchung und Abschätzung, ob und
wie endogene homologe Sequenzen als HDR Templates verwendet werden
können. Diese Information kann zukünftig jenen dienen, die sich mit der
Möglichkeit beschäftigen, das CRISPR/Cas9 System dazu verwenden, Genorte
mit sich wiederholenden Sequenzen zu reparieren (41).
Es werden zu Beginn drei gRNAs (G1, G2 und G39) designt und entwickelt, die
ein Genomic Targeting an den verschiedenen Regionen des HBB Gens
durchführen können.
36
Abbildung 9 Diese Graphik zeigt drei gRNA Seiten des Genomic Targetings, welche für
den HBB Locus ausgewählt werden. Die Sequenz für jede gRNA (G1, G2 und G3) wird
mit der PAM Sequenz in Grün dargestellt. In Rot sind die Mutationen der BetaThalassämie abgebildet (40). (Abbildung modifiziert nach Liang P, Xu Y, Zhang X, Ding C,
Huang R, Zhang Z et al. CRISPR/Cas9-mediated gene editing in human tripronuclear
zygotes. Protein & cell 2015 [cited 2015 Oct 3]; 6(5):363–72.)
Daraufhin werden die gRNA Expressionsvektoren in menschliche 293T Zellen
transferiert. Zusammen mit dem GFP Pseudovektor zeigen die G1 und G2 gRNAs
eine deutliche Spaltungsaktivität. Diese werden durch das T7E1 Assay deutlich
nachgewiesen. Sequenzanalysen der zwei durch Genomic Editing veränderten
Regionen zeigen unterschiedliche Präferenzen bezüglich der Art der NHEJ
Reparatur (40).
37
Abbildung 10 Die 293T Zellen werden individuell mit den drei gRNA-Cas9
Expressionsvektoren transfiziert. 48h nach der Transfektion werden sie für die
genomische DNA Isolation gesammelt. Ein GFP Expressionsvektor wird als Kontrollorgan
der Transfektion eingesetzt. Die Regionen der gRNA, die am Genomic Editing beteiligt
sind, werden für das T7E1 Assay durch PCR vergrößert. Die blaue Markierung zeigt die
erwartete Größe der „no mismatch“ PCR Produkte (40). (Abbildung modifiziert nach Liang
P, Xu Y, Zhang X, Ding C, Huang R, Zhang Z et al. CRISPR/Cas9-mediated gene editing
in human tripronuclear zygotes. Protein & cell 2015 [cited 2015 Oct 3]; 6(5):363–72.)
Von bisherigen Studien war stets bekannt, dass das Genomic Targeting durch das
CRISPR/Cas9 Verfahren am Beta-globin Locus eine deutlich erhöhte Rate an OffTarget Mutationen in menschlichen Zellen aufwies. Aus diesem Grund wurden vor
Beginn des Verfahrens spezifische PCR-Primer designt. Diese sind für die sieben
bevorzugten Off-Target Seiten des Genoms sowohl für die G1 als auch die G2
gRNAs, zusammen mit jener der G1 gRNA der HBD Gene bestimmt (40).
Im folgenden Schritt werden die Off-Target Effekte der G1 und G2 gRNAs in
menschlichen 293T Zellen durch die Verwendung des T7E1 Assays beurteilt. Die
Unterschiede bezüglich dieser Raten sind erheblich. Während an den G1 gRNA
Seiten nahezu keine Fehler erkennbar beziehungsweise nachweisbar sind, weisen
die G2 gRNAs eine sehr niedrige Rate an Fehlmutationen in den Bereichen
zwischen den Genen auf.
38
Abbildung 11 Diese Abbildung zeigt die Transfektion des G1gRNA-Cas9 Vektors in
ansteigender
Konzentration
Expressionsvektor
zur
in
die
293T
Zellen.
Wiederum
wird
ein
GFP
Kontrolle verwendet. Die Off-Target Effekte der sieben
bevorzugten Regionen werden durch die T7E1 Assays beurteilt. HBB stellt das
erfolgreiche Genomic Editing am HBB Genlocus dar (40). (Abbildung modifiziert nach
Liang P, Xu Y, Zhang X, Ding C, Huang R, Zhang Z et al. CRISPR/Cas9-mediated gene
editing in human tripronuclear zygotes. Protein & cell 2015 [cited 2015 Oct 3]; 6(5):363–
72.)
Nach der Analyse dieser Daten wird die G1 gRNA zu weiteren Untersuchungen
verwendet, da im Vergleich zur G2 gRNA die Nebenwirkungsrate reduziert ist. Im
nächsten Schritt wird ssDNA Oligonukleotid Template synthetisiert, welches sechs
stille Mutationen codiert. Diese ist auch dazu in der Lage, das Oligonukleotid
alleine oder auch zusammen mit der G1 gRNA in die 293T Zellen zu
transportieren (40).
Nach 48 Stunden kann die DNA aus den Zellen für die PCR Amplifikation
entnommen werden. Eine Analyse der unabhängigen Klone bestätigt die
vorhergehende Annahme, dass eine vergleichsweise hohe Effizient beim Gene
Editing am HBB Locus in Zellen erzielt werden kann. Von 29 untersuchten
unabhängigen
Klonen
können
bei
vierzehn
(48,3%)
davon
perfekt
übereinstimmende Oligonukleotid Templates beobachtet werden (40).
39
Abbildung 12 48 Stunden nach der Transfektion kann die DNA aus den Zellen für die
PCR Amplifikation entnommen werden. Daraufhin folgt die PCR Amplifikation. Die daraus
entstandenen PCR Produkte werden für die Sequenzanalyse in Vektoren subkloniert (40).
(Abbildung modfiziert nach Liang P, Xu Y, Zhang X, Ding C, Huang R, Zhang Z et al.
CRISPR/Cas9-mediated gene editing in human tripronuclear zygotes. Protein & cell 2015
[cited 2015 Oct 3]; 6(5):363–72.)
3.2.2 Genomic Editing in menschlichen Tripronuklearen Zygoten durch
das CRISPR/Cas9 Verfahren
Um die Spezifität und Effektivität des Genomic Targetings in Tripronuklearen
Zygoten zu untersuchen, werden G1 dRNA, Cas9 mRNA, GFP mRNA und ssDNA
Oligonukleotide zusammen in das Zytoplasma dieser eingebracht. Um die
Auswirkungen zu verdeutlichen, werden sie in verschiedenen Konzentrationen
injiziert. Wie schon im Mausmodell beschrieben, sind nach 48 Stunden, basierend
auf deren Morphologie, ungefähr 80% der Embryos lebensfähig (33).
Daraufhin werden alle GFP-positiven Embryos gesammelt, um das gesamte
Genom amplifizieren zu können. Dies geschieht durch eine Multidisplacement
Amplifikation mit darauf folgender PCR Amplifikation der G1 gRNA Region (40).
Von den 54 PCR-amplifizierten Embryos werden 28, das entspricht einer Effizienz
von 52%, durch Cas9 gespalten. Von diesen 28 benutzen vier das ssDNA
Template zur Reparatur. Es ist zu beobachten, dass in sieben Embryos HDR das
40
HBD
Gen
als
Reparaturtemplate
verwendet,
da
an
gewissen
Stellen
Punktmutationen auftreten. Diese Beobachtung deutet auf eine Rekombination
des HBB Gens mit HBD in sieben Embryos hin. Dies geschieht auch in
Anwesenheit des exogenen ssDNA Templates. Ähnliches geschieht auch bei
Mäusen, wo endogene homologe Templates gefunden werden, die mit den ssDNA
Oligonukleotiden konkurrieren (33, 40).
Auf Grund der Präferenz des fehlerbehafteten NHEJ Reparaturmechanismus,
zeigt die HBB Sequenz am Sequenzchromatographen Spitzen. Dieses Phänomen
ist jedoch nur in der Nähe der PAM Seite und nur bei Cas9 induzierter Spaltung zu
beobachten (40).
3.2.3 Die negativen Aspekte dieses Verfahrens
Um die Auswirkungen des Verfahrens genau voraussagen zu können und den
klinischen
Einsatz
überhaupt
zu
ermöglichen,
müssen alle
Aspekte
und
Auswirkungen bekannt sein. Das beinhaltet somit auch alle negativen Mutationen
und Nebenwirkungen, die während oder durch den Untersuchungsablauf auftreten
können. Um diese zu determinieren werden wiederum die sieben bevorzugten
Seiten von Off-Target Effekten und zusätzlich die der HBD Gene untersucht.
Um die Fehler erkennen zu können wird das T7E1 Assay verwendet. Dieses zeigt
auch sofort, dass Off-Target Spaltung im OPCML Intron sowie im TULP Intron
stattfindet, obwohl scheinbar keines dieser Seiten in menschlichen 293T Zellen
gespalten wird (40).
Im folgenden Schritt werden sechs HBB gespaltene Embryos durch Zufall
ausgewählt und zur Sequenzierung des gesamten Genoms vorbereitet. Indels
sind hier in allen Beispielen vertreten. An zwei weiteren Seiten sind fehlerhafte
Exons zu finden. An genau diesen wurde jedoch eine geringere Konzentration von
Cas9 mRNA und gRNA verwendet und sie liegen in den Exons der C1QC und
Transtyretin Gene.
41
Diese Ergebnisse beweisen die möglichen negativen Auswirkungen, die durch das
Genomic Targeting in menschliche 3PN Embryos entstehen können. Auch die
geringsten Fehlmutationen können erhebliche Folgen für die Entwicklung des
späteren Säuglings haben. Jegliche Art von Off-Target Effekten muss vor der
klinischen Reife behoben werden (40).
Abbildung 13 Diese Abbildung zeigt die Off-Target Spaltung in menschlichen
Tripronuklearen Zygoten. Die PAM Sequenz wird in Grün dargestellt. HBB symbolisiert
die regelrechte Spaltung am HBB Locus. G1-OT1 bis G1-OT2 entsprechen den sieben
bevorzugten Stellen für Fehlmutationen. HBD, hier in der unteren Zeile abgebildet,
demonstriert die bevorzugte Seite für Off-Target Effekte (40). (Abbildung modifiziert nach
Liang P, Xu Y, Zhang X, Ding C, Huang R, Zhang Z et al. CRISPR/Cas9-mediated gene
editing in human tripronuclear zygotes. Protein & cell 2015 [cited 2015 Oct 3]; 6(5):363–
72)
42
3.2.4 Die Reparatur der Doppelstrangbrüche
Wie
im
bisherigen
Text
schon
umfassend
geschildert,
können
durch
CRISPR/Cas9 induzierte Doppelstrangbrüche auf zwei unterschiedliche Wege
repariert werden. Einerseits existieren fehlerhafte Reparaturmechanismen wie das
NHEJ, anderseits gibt es die deutlich effizientere Methode der HDR. Die drei
unterschiedlichen Wege des letzteren Mechanismus ist das SDSA (synthesisdependent strand annealing), die DSBR (non-crossover double-strand break
repair) und die Crossover DSBR (40, 42).
Abbildung 14 Die Abbildung zeigt zwei unterschiedliche Reparaturmechanismen von
Doppelstrangbrüchen in menschlichen Zellen. Links wird der DSBR (non-crossover
double-strand break repair) Mechanismus dargestellt, rechts das SDSA (synthesisdependent strand annealing). DSBR kann sowohl Crossover als auch Non-Crossover
auftreten (42). (Abbildung modifiziert nach Bugreev DV, Pezza RJ, Mazina OM, Voloshin
ON, Camerini-Otero RD, Mazin AV. The resistance of DMC1 D-loops to dissociation may
account for the DMC1 requirement in meiosis. Nat Struct Mol Biol 2011; 18(1):56–60.)
43
Bidirektionaler Sequenzaustausch zwischen den rekombinierten Genen wird
mittels Crossover repariert, während unidirektionaler Sequenzaustausch ohne
Cossover erfolgt. Von den 3PN Embryos wird der Großteil mit Hilfe des
endogenen HBD Gens rekombiniert. Einige können durch Verwendung des
ssDNA Oligonukleotid Templates repariert werden. Zusammenfassend kann man
sagen, dass Homologe Rekombination in der frühen menschlichen Entwicklung
vorzugsweise durch den Non-Crossover HDR Mechanismus erfolgt (40).
3.3 Der Einsatz von Gentechnikverfahren in der Pflanzenzucht
Einsatzmöglichkeiten der bisher beschriebenen Verfahren haben in den letzten
Jahren auch zunehmend in anderen Bereichen Anklang gefunden. Beispielsweise
profitiert die Landwirtschaft aus den neuen, immer effizienteren und leichter
handhabbaren Methoden, um in die Genetik der Pflanzen eingreifen zu können
und sie somit widerstandsfähiger gegen Schädlinge zu machen oder deutlich
schneller wachsen zu lassen. Doch welche Verfahren sind für diese genetischen
Veränderungen am besten geeignet?
Grundsätzlich kann man sagen, dass jeder Effekt, der durch das neu entwickelte
CRISPR/Cas9 System bewirkt wird, auch durch die ZFNs oder TALENs erreicht
werden kann. Die Vorteile dieses Verfahrens liegen jedoch in der Einfachheit, der
Verfügbarkeit und Kosten. Somit wird die genetische Veränderung auch in
anderen
Gebieten
außerhalb
der
Medizin
immer
attraktiver
(43).
Die
Nutzungsmöglichkeiten von Pflanzen sind enorm. Sie dienen der Herstellung von
verschiedensten Materialien, Treibstoff, Chemikalien und letztendlich der Nahrung
des Menschen. Deren Zucht ist jedoch mit einigen Hindernissen und Problemen
verbunden. Die konventionelle Pflanzenzucht beruht auf dem Vorhandensein
natürlicher genetischer Variationen sowie teuren Verfahren, die nötig sind um
diese zu verändern. Die Vorteile des CRISPR/Cas9 Verfahrens liegt in der
Möglichkeit
multiple
Eigenschaften
simultan
gentechnisch
zu
verändern,
beziehungsweise zu verbessern.
44
NHEJ induzierte Genveränderung ist die einfachste Form des Genomic Editings.
Es wird beispielsweise dazu verwendet Gene, die einen negativen Effekt in der
Qualität der Nahrung hervorrufen oder leicht durch Pathogene angreifbar sind, zu
eliminieren. Dies geschieht durch Modifikation der Allele, die für die Krankheit der
Pflanze
verantwortlich sind. Ein Beispiel für diese
Art der genetischen
Manipulation ist das Knockout aller drei Allele, die für die Ausprägung des
Schimmelpilzbefalls einer Pflanze verantwortlich sind (43).
Die Insertion von großen Sequenzen durch NHEJ oder HDR erlaubt auch das
Einbringen von Transgenen an bestimmten Orten, die daraufhin eine „high-level“
Transkription durchführen und nicht mit der Aktivität der endogenen Gene
interferieren.
3.4 Die Nutzung tierischer Organe zur Transplantation in Menschen
Ein weiteres Anwendungsgebiet des CRISPR/Cas9 Verfahrens ist die Möglichkeit
der Verwendung von tierischen Organen in der Transplantationschirurgie. Schon
seit Jahrzehnten träumen Forscherinnen/Forscher und Ärztinnen/Ärzte von der
Möglichkeit, Organe in Schweinen wachsen zu lassen und sie daraufhin
Menschen zu transplantieren. In einer 2015 veröffentlichten Studie wird die
Verwendung des CRISPR/Cas9 Verfahrens in Schweinezellen zur Zerstörung von
DNA Sequenzen im Genom erstmals beschrieben (44).
Bisher scheiterte die Verwendung tierischer Organe durchwegs an der enorm
starken Immunantwort der Schweinezellen. Deren DNA ist gespickt mit einer
großen Anzahl an Kopien von DNA-Sequenzen, die Reste von Viren beinhalten,
die noch immer in der Lage sind bedrohliche Viruspartikel zu produzieren (44, 45).
Diese Zellen werden PERV (porcine endogenous retrovirus) genannt. Genau
diese Sequenzen sind die Ansatzpunkte des Experiments mit dem CRISPR/Cas9
Verfahren (44).
45
Wie bereits im einleitenden Teil der Arbeit beschrieben ist die Basis der Methode
der Verteidigungsmechanismus von Bakterien gegen die virale DNA. In dieser
Studie zielt eine speziell designte gRNA auf die Veränderung von 62 Genen in
Schweinembryos. In diesen ist es durch das Verfahren möglich die PERVs in den
Nierenzellen der Schweine zu inaktivieren (45). Eine besondere Schwierigkeit
stellt das Überleben der Zellen dar, obwohl ihre DNA an 62 Stellen verändert
wurde. Es wird vermutet, dass das Experiment durch die Hilfe eines Phänomens,
genannt „Gene Conversion“, funktioniert, in welchem bereits inaktivierte DNASeiten helfen, dass andere Seiten nicht wieder korrekt durch die Zelle repariert
werden können.
Diese Methode kann zukünftig enorme Auswirkungen auf die Beschaffung und die
Verfügbarkeit von Organen haben. Allein in den Vereinigten Staaten von Amerika
warten rund 120.000 Menschen derzeit auf ein lebensrettendes Organ. Und die
Zahl der benötigten Transplantate steigt Jahr für Jahr weiter an. Auch die
Übertragung von Pathogenen im Rahmen der Transplantation kann durch die
Anwendung von CRISPR/Cas9 verhindert werden (46).
4 Diskussion
Im Verlauf dieser Arbeit wurden nur einige der unzähligen Anwendungsgebiete
des Genomic Editings beschrieben. Die hier erwähnten Artikel, Studien oder
sonstige
Publikationen
zeigen
nur
die
aktuellsten
und
wissenschaftlich
relevantesten Möglichkeiten, die das jeweilige Verfahren mit sich bringt. 2014
wurden allein über die CRISPR/Cas9-Methode hunderte Publikationen in den
namhaften
Online-Datenbanken
für
wissenschaftliche
Literatur,
in
diversen
Journalen und in Fachzeitschriften veröffentlicht. Unzählige Patente wurden
ausgestellt und der finanzielle Aufwand zur Weiterentwicklung dieser Verfahren ist
weiterhin immens. Forscherinnen und Forscher die jahrelang Methoden, wie das
46
TALEN-Verfahren, das Zinkfingernuklease-Verfahren sowie das MeganukleaseVerfahren, bearbeitet und perfektioniert haben, wurden durch die deutlich billigere,
effizientere und einfachere CRISPR/Cas9-Methode in den Hintergrund gedrängt.
Verfahren, die früher nur mit enormen, finanziellen und zeitlichen Aufwand möglich
waren, können nun durch kleinste Labore und mit geringster wissenschaftlicher
Kenntnis durchgeführt werden. Die jahrzehntelange Ausbildung und der Aufwand
zur Weiterentwicklung herkömmlicher Verfahren wurden auf einen Schlag, durch
den
Einsatz
der
CRISPR/Cas9-Methode,
überholt.
Labore
mussten
ihre
langwierige Arbeit beenden, da sie ohne den Einsatz von CRISPR nicht mehr
konkurrenzfähig waren. Kurz zusammengefasst wäre heutzutage jede Studentin
und jeder Student dazu in der Lage das CRISPR/Cas9-Verfahren mit geringstem
finanziellen Aufwand und wenig Erfahrung in der wissenschaftlichen Arbeit, mit
allen Risiken und Nebenwirkungen, die die Manipulation am Erbgut mit sich führt,
durchzuführen.
Die auch in dieser Arbeit erläuterte Grundlagenforschung an Tiermodellen ist für
die Weiterentwicklung von Genomic Editing Systemen von großer Bedeutung. Das
Mausmodell dient beispielsweise dem Verständnis der Entwicklung von Krankheit
und soll zukünftig dazu dienen, Krankheiten bereits vor ihrem Ausbruch auf
genetischer Ebene zu bekämpfen. Doch muss man auch verdeutlichen, dass
jeglicher Eingriff in das Erbmaterial mit erheblichen Risiken und unvorhergesehen
Nebenwirkungen verbunden ist. Hierbei stellt sich die Frage, ob der Einsatz dieser
Technik bei der immensen Rate an Off-target Mutationen überhaupt vertretbar ist.
Durch den raschen Fortschritt dieser Technik ist das Wissen über die möglichen
negativen Konsequenzen solcher Verfahren begrenzt. Die kleinsten Fehler bei der
Durchführung können ungeahnte Auswirkungen auf die Organismen und deren
Nachkommen haben. Durch den Versuch, Krankheiten genetisch zu manipulieren,
können auf der Ebene des Erbguts wiederum neue Krankheiten entstehen (33).
Noch beunruhigender ist die Vorstellung von unvorhergesehenen Off-target
Mutationen, durch das Genomic Editing, in menschlichen 3PN Embryos. Bereits
kleinste Fehler in der Durchführung und somit geringste Fehlmutationen können
erhebliche Folgen für die Entwicklung des späteren Lebewesens und zukünftiger
Generationen mit sich führen. Viele Expertinnen und Experten halten diesen
Umstand für gefährlich und ethisch inakzeptabel (47). In der aktuell frühen Phase
47
der Entwicklung dieser Technik sollte ein Eingriff in das menschliche Genom nicht
durchgeführt werden. Es ist nicht vorhersehbar, inwiefern sich das Verfahren auf
andere Zellen auswirkt. Wie viele Zellen werden modifiziert? Wie kann man die
Mutationen kontrollieren? Welche Argumente sprechen gegen den Einsatz von
Maßnahmen zur genetischen Manipulation von menschlichen Embryos? All diese
Fragen sollten sowohl medizinisch, ethisch als auch gesetzlich geklärt werden,
bevor nahezu jede Forscherin und jeder Forscher diese gefährlichen Verfahren
anwenden kann (40, 47).
Obwohl das Genomic Targeting ein enorm starkes Verfahren mit nahezu
grenzenlos wissenschaftlichen und medizinischen Potenzial ist, muss überlegt
werden, ob die Grenze des Akzeptierbaren nicht bereits überschritten ist. Auch der
soziale und ethische Standpunkt muss hierbei betrachtet werden. Ist es ethisch
vertretbar das menschliche Erbgut gezielt zu manipulieren und zu verändern?
Die gesetzliche Regelung in Bezug auf den Einsatz des Genomic Editings an
menschlichen
Embryos
und
die
menschliche
Stammzellenforschung
ist
größtenteils noch unklar (48). Immer mehr Studien beschäftigen sich hierbei mit
der Frage über die Legalisierung von Verfahren wie dem Genomic Editing, dem
reproduktivem Klonen, der Stammzellenforschung, der Gentherapie und der
Präimplantationsdiagnostik.
Die
Forscherinnen
und
Forscher,
die
eine
Manipulation an menschlichen 3PN Embryos durchführten, argumentieren auf
Vorwürfe, ethisch und moralisch nicht einwandfrei gehandelt zu haben, mit der
Rechtfertigung, dass die Embryos ihrer Versuchsreihe schon im Vorhinein nicht
lebensfähig waren. Doch hierbei stellt sich die Frage, wo die Grenze des
Vertretbaren zu ziehen ist. Im Falle der Legalisierung dieser Verfahren, wenn ein
einwandfreier therapeutischer Nutzen für das spätere Leben des Embryos
nachgewiesen werden kann, stellt sich wiederum die Frage nach den schon
mehrmals genannten Nebenwirkungen. Diese sind bei jedem Verfahren möglich.
Solange sie nicht vollständig auszuschließen sind, müssen die Verfahren vor dem
Einsatz am Menschen weiterentwickelt und verbessert werden. Die heutige
Gesetzeslage
hat
auf
Grund
verschiedener
Definitionen noch Grauzonen
bezüglich der Durchführbarkeit diverser Untersuchungen und Verfahren. Solange
diese Ungereimtheiten nicht beseitigt werden, kann hierbei auch keine klare
Regelung getroffen werden (48).
48
Die Abwägung von Nutzen und Risiken spielt in dieser Debatte eine bedeutende
Rolle. Es gilt zu entscheiden, ob der Effekt einer Behandlung oder eines
Verfahrens gegenüber möglicher negativer Auswirkungen überwiegt. Erst durch
langwierige Tests und Versuche, sowie Erfahrung, kann daraufhin auf gesetzlicher
Ebene entschieden werden. Das Ziel muss sein, die Rate an Off-target Mutationen
zu senken und die Effizienz der Verfahren deutlich zu erhöhen um somit zu
ermöglichen, Genomic Editing als anerkanntes Therapieverfahren gegen diverse
Krankheiten gewinnen zu können (48).
49
1 Literaturverzeichnis
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2. Wood AJ, Lo T, Zeitler B, Pickle CS, Ralston EJ, Lee AH et al. Targeted genome editing across
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2 Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1 Cox MM, Battista JR. Deinococcus radiodurans - the consummate survivor. Nature
reviews. Microbiology 2005; 3(11):882–92.
Abbildung 2 Zhang M, Wang F, Li S, Wang Y, Bai Y, Xu X. TALE: a tale of genome editing. Progress
in biophysics and molecular biology 2014; 114(1):25–32.
Abbildung 3 Rath D, Amlinger L, Rath A, Lundgren M. The CRISPR-Cas immune system: Biology,
mechanisms and applications. Biochimie 2015; 117:119–28.
Abbildung 4 Rath D, Amlinger L, Rath A, Lundgren M. The CRISPR-Cas immune system: Biology,
mechanisms and applications. Biochimie 2015; 117:119–28.
Abbildung 5 Mali P, Yang L, Esvelt KM, Aach J, Guell M, DiCarlo JE et al. RNA-guided human
genome engineering via Cas9. Science (New York, N.Y.) 2013; 339(6121):823–6
Abbildung 6 Ran FA, Hsu PD, Wright J, Agarwala V, Scott DA, Zhang F. Genome engineering using
the CRISPR-Cas9 system. Nature protocols 2013; 8(11):2281–308
Abbildung 7 Wang H, Yang H, Shivalila CS, Dawlaty MM, Cheng AW, Zhang F et al. One-step
generation of mice carrying mutations in multiple genes by CRISPR/Cas-mediated genome
engineering. Cell 2013; 153(4):910–8.
Abbildung 8 http://de.dexeus.com/reproduktionsmedizin/in-vitro-fertilisation/beurteilung-derbefruchtung (28.12.2015)
Abbildung 9 Liang P, Xu Y, Zhang X, Ding C, Huang R, Zhang Z et al. CRISPR/Cas9-mediated gene
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Abbildung 10 Liang P, Xu Y, Zhang X, Ding C, Huang R, Zhang Z et al. CRISPR/Cas9-mediated gene
editing in human tripronuclear zygotes. Protein & cell 2015 [cited 2015 Oct 3]; 6(5):363–72.
Abbildung 11 Liang P, Xu Y, Zhang X, Ding C, Huang R, Zhang Z et al. CRISPR/Cas9-mediated gene
editing in human tripronuclear zygotes. Protein & cell 2015 [cited 2015 Oct 3]; 6(5):363–72.
Abbildung 12 Liang P, Xu Y, Zhang X, Ding C, Huang R, Zhang Z et al. CRISPR/Cas9-mediated gene
editing in human tripronuclear zygotes. Protein & cell 2015 [cited 2015 Oct 3]; 6(5):363–72.
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Abbildung 13 Liang P, Xu Y, Zhang X, Ding C, Huang R, Zhang Z et al. CRISPR/Cas9-mediated gene
editing in human tripronuclear zygotes. Protein & cell 2015 [cited 2015 Oct 3]; 6(5):363–72
Abbildung 14 Bugreev DV, Pezza RJ, Mazina OM, Voloshin ON, Camerini-Otero RD, Mazin AV. The
resistance of DMC1 D-loops to dissociation may account for the DMC1 requirement in meiosis.
Nat Struct Mol Biol 2011; 18(1):56–60.
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