Negotiating European Works Councils: an analysis of agreements

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Verhandlungen zur Einsetzung Europäischer Betriebsräte
Die Europäische Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen ist eine autonome Körperschaft der
Europäischen Union, deren Anliegen es ist, die Formulierung künftiger politischer Maßnahmen im Sozialbereich und in
Fragen im Zusammenhang mit der Arbeitswelt zu unterstützen. Weitere Informationen enthält die von der Stiftung eingerichtete Website (Internet-Adresse: http//www.eurofound.ie).
Verfasser dieses für die Stiftung erstellten Berichts sind Professor Paul Marginson, Professor für Arbeitsbeziehungen an
der Universität Leeds im Vereinigten Königreich, Mark Gilman, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Warwick
im Vereinigten Königreich, Otto Jacobi, Unternehmensberater in Frankfurt, Deutschland, und Hubert Krieger, leitender
Mitarbeiter im Bereich Forschung der Europäischen Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen in
Dublin.
Verhandlungen zur Einsetzung
Europäischer Betriebsräte
Eine Analyse der Vereinbarungen
nach Artikel 13
Paul Marginson
Mark Gilman
Otto Jacobi
Hubert Krieger
EUROPÄISCHE STIFTUNG
zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen
Wyattville Road, Loughlinstown, Co. Dublin, Ireland. Tel: (353-1) 204 31 00 Fax: (353-1) 282 64 56/282 42 09 E-Mail: [email protected]
Zahlreiche weitere Informationen zur Europäischen Union sind verfügbar über Internet, Server Europa (http://europa.eu.int).
Bibliographische Daten befinden sich am Ende der Veröffentlichung.
Luxemburg: Amt für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaften, 1999
ISBN 92-828-6651-3
© Europäische Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen, 1999
Printed in Luxembourg
Vorwort
Seit der Verabschiedung der Richtlinie über die Einsetzung eines Europäischen Betriebsrats
(94/45/EG) durch den Ministerrat am 22. September 1994 werden Vereinbarungen gemäß Artikel
13, wonach die in den Geltungsbereich der Richtlinie fallenden multinationalen Unternehmen und
Unternehmensgruppen freiwillige Vereinbarungen zur Einrichtung eines Europäischen Betriebsrats
treffen können, von der Stiftung mit Hilfe eines entsprechenden Registers verfolgt. Die Erfassung
der Vereinbarungen erfolgte in Zusammenarbeit mit den multinationalen Unternehmen, mit den
europäischen Organisationen der Sozialpartner und mit verschiedenen Dienstleistungs- und
Beratungsunternehmen im Bereich der Arbeitsbeziehungen.
Diese Vereinbarungen wurden unter einer Reihe verschiedener Gesichtspunkte analysiert, und die
Ergebnisse veröffentlicht. Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um die vierte derartige
Publikation seit Verabschiedung der Richtlinie. Es ist das zweite Mal, daß ein Bericht von der Stiftung
und der GD V der Europäischen Kommission gemeinsam veröffentlicht wurde. Gegenstand des
ersten gemeinsamen Berichts, der als Teil der Reihe Soziales Europa (Beiheft 5/95) erschien, war
die Untersuchung von etwa 50 Vereinbarungen unter Berücksichtigung von Fragen, die beispielsweise das Wesen, die Verfahren, den geographischen Geltungsbereich, die Zuständigkeiten sowie
die in den Vereinbarungen enthaltenen Vertraulichkeitsklauseln betreffen.
Die in dem vorliegenden Bericht angestellte Analyse befaßt sich nun unter Beibehaltung des gleichen thematischen Spektrums mit jenen 386 Vereinbarungen, die vor dem Inkrafttreten der Richtlinie
am 22. September 1996 — und dem damit verbundenen Wegfall der Option zur Einrichtung eines
europäischen Betriebsrates gemäß Artikel 13 — unterzeichnet worden sind.
Für die Arbeit der Stiftung und der Kommission bei der Überwachung der Mitbestimmung und bei
der Untersuchung von Faktoren, die für die Entwicklung der Arbeitsbeziehungen in der Europäischen
Union von ausschlaggebender Bedeutung sind, erweist sich dieser Bericht als äußerst sachdienlich.
Erleichtert wird dadurch insbesondere die Tätigkeit der Kommission, die vor der Aufgabe steht, die
Umsetzung des Artikels 13 zu analysieren. Es erfüllt uns daher mit Freude, daß die Stiftung und die
Kommission ihre Zusammenarbeit zu diesem wichtigen Thema auch weiterhin fortsetzen.
Clive Purkiss
Direktor
Europäische Stiftung zur Verbesserung
der Lebens- und Arbeitsbedingungen
Odile Quintin
Direktorin
Generaldirektion V –
Beschäftigung, Arbeitsbeziehungen
und Soziale Angelegenheiten
v
Inhaltsverzeichnis
Seite
Vorwort
v
Einleitung
1
Kapitel 1
Die beteiligten Unternehmen
1.1 Herkunftsland
1.2 Wirtschaftszweig
1.3 Beschäftugung
5
5
8
10
Kapitel 2
Die Art der Vereinbarung
2.1 Unterzeichnungsdatum
2.2 Arbeitnehmerseitige Unterzeichner
2.3 Anwendbares innerstaatliches Recht
13
13
14
17
Kapitel 3
Die Form und der Geltungsbereich der EBR-Vereinbarungen
3.1 Zusammensetzung
3.2 Geographischer Geltungsbereich
3.3 Geltungsbereich hinsichtlich der Unternehmensstruktur
19
19
21
22
Kapitel 4
Rolle und Zuständigkeit des EBR
4.1 Rolle des EBR
4.2 Zuständigkeit
4.3 Ausschluß bestimmter Themen
25
25
26
28
vii
Verhandlungen zur Einsetzung Europäischer Betriebsräte
Kapitel 5
Die Zusammensetzung des EBR
5.1 Anzahl und geographische Verteilung der Arbeitnehmervertreter
5.2 Sitzverteilung
5.3 Auswahl der Arbeitnehmervertreter
5.4 Externe Teilnehmer
31
31
33
36
38
Kapitel 6
Der engere Ausschuß
6.1 Die Einsetzung eines engeren Ausschusses
6.2 Engerer Ausschuß als gemischt besetztes oder rein
arbeitnehmerseitiges Gremium
6.3 Aufgaben des engeren Ausschusses
43
43
Kapitel 7
EBR-Sitzungen
7.1 Planmäßige Sitzungen
7.2 Außerordentliche Sitzungen
7.3 Sitzungsleitung
7.4 Festlegung der Tagesordnung
7.5 Protokollführung
7.6 Bereitstellung von Dolmetschern und Übersetzern
7.7 Rücklauf von Informationen
7.8 Bestimmungen zur Vertraulichkeit
7.9 Schutz der Arbeitnehmervertreter im EBR
49
49
50
52
53
54
56
57
59
61
Kapitel 8
Erleichterung der Tätigkeit der Arbeitnehmerseite und Einschaltung
von Sachverständigen
8.1 Vorbereitende Sitzungen und Folgesitzungen
8.2 Sachverständige
8.3 Verwaltungsausgaben
63
63
65
67
Kapitel 9
Schlußfolgerungen
9.1 Vereinbarungen nach Artikel 13 und Anhang der Richtlinie
9.2 Unterschiede in Abhängigkeit von der Art des Unternehmens
9.3 Perspektiven
71
72
74
76
Anhang 1
Zusammenfassende Darstellung der Ergebnisse
79
Anhang 2
Verzeichnis der Unternehmen, die Vereinbarungen nach Artikel 13
abgeschlossen haben
83
Literatur
viii
45
46
89
Einleitung
Die Verabschiedung der Richtlinie 94/45/EG des Rates über die Einsetzung eines Europäischen
Betriebsrats am 22. September 1994 hat in den multinationalen Unternehmensgruppen auf europäischer
Ebene zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern eine außergewöhnlich rege Verhandlungstätigkeit
ausgelöst. Nach Maßgabe der Richtlinie setzen gemeinschaftsweit operierende Unternehmen und
Unternehmensgruppen einen Europäischer Betriebsrat (EBR) ein oder schaffen ein Verfahren zur
Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer. Der Geltungsbereich erstreckt sich auf multinationale
Unternehmen und Unternehmensgruppen mit mindestens 1 000 Arbeitnehmern in den 17 Ländern des
Europäischen Wirtschaftsraums (EWR), die die Richtlinie verabschiedet haben, und mit jeweils mindestens 150 Arbeitnehmern in mindestens zwei dieser 17 Länder. Laut Artikel 13 der Richtlinie können
die Unternehmensleitung und die Arbeitnehmervertreter in diesen multinationalen Unternehmen, wenn
sie dies wünschen, freiwillige Vereinbarungen zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer auf
europäischer Ebene abschließen. Diese Vereinbarungen sind von den Bestimmungen der Richtlinie ausgenommen, sofern sie sich auf alle Arbeitnehmer der in den Geltungsbereich der Richtlinie fallenden
Unternehmensgruppe beziehen. Seit dem 22. September 1996 gelten für die zwischen der Unternehmensleitung und den Arbeitnehmervertretern geführten Verhandlungen zur Einrichtung von EBR in weiteren
multinationalen Unternehmen die Verfahren nach Artikel 5 und 6 der Richtlinie, wonach ein besonderes Verhandlungsgremium einzusetzen ist.
Gegenstand des vorliegenden Berichts sind jene freiwilligen Vereinbarungen, die nach Artikel 13 der
Richtlinie abgeschlossen wurden. Das Ziel besteht in einer Analyse des Inhalts dieser Vereinbarungen
und der zwischen ihnen bestehenden Unterschiede. Etwaige Abweichungen zwischen den in diesen
Texten enthaltenen Festlegungen und der praktischen Tätigkeit der EBR, die aufgrund der Vereinbarungen
eingesetzt wurden, gehören nicht zum Untersuchungsgegenstand. Zum Zeitpunkt der Verabschiedung
der Richtlinie im September 1994 gab es lediglich 40 Vereinbarungen über die Unterrichtung und
Anhörung auf europäischer Ebene, die zum Teil nicht einmal in schriftlicher Form vorlagen. In welchem
Maße sich der Artikel 13 auf die zwischen Unternehmensleitung und Arbeitnehmervertretern auf europäischer Ebene geführten Verhandlungen ausgewirkt hat, kommt darin zum Ausdruck, daß in den zwei
Jahren bis September 1996 fast 400 freiwillige Vereinbarungen zur Einsetzung eines EBR abgeschlossen
1
Verhandlungen zur Einsetzung Europäischer Betriebsräte
wurden — eine Zahl, die etwa einem Drittel der in den Geltungsbereich der Richtlinie fallenden multinationalen Unternehmen entspricht.
Als Grundlage für die Analyse dient die von der Europäischen Stiftung zur Verbesserung der Lebensund Arbeitsbedingungen erstellte umfangreiche Datenbank mit Angaben über insgesamt 386 nach Artikel
13 abgeschlossene Vereinbarungen. Aus der Tatsache, daß eine Vereinbarung in die Datenbank aufgenommen bzw. nicht aufgenommen wurde, sollten keine Rückschlüsse gezogen werden. Es wurden alle
Anstrengungen unternommen, um einen möglichst vollständigen Erfassungsgrad zu gewährleisten, und
es ist mit Sicherheit davon auszugehen, daß die Datenbank Angaben über mehr als 95 Prozent der
Vereinbarungen nach Artikel 13 enthält. Da die Richtlinie jedoch keine gemeinschaftsweite Registrierung
der Vereinbarungen vorschreibt, ist eine Überprüfung auf Vollständigkeit nicht möglich. Eine Liste der
multinationalen Unternehmen und Unternehmensgruppen, auf die sich die Vereinbarungen beziehen, ist
im Anhang beigefügt. In einer geringen Zahl von Fällen (weniger als 2 Prozent) war die betreffende
Vereinbarung noch nicht ratifiziert. Das einzige Kriterium für die Aufnahme einer EBR-Vereinbarung
in die Datenbank ist das Vorliegen eines entsprechenden schriftlichen Textes. Auf eine Überprüfung, ob
sich eine bestimmte Vereinbarung mit den Bestimmungen des Artikels 13 im Einklang befindet, wurde
verzichtet.
Die Kodierung des Inhalts der einzelnen 386 Vereinbarungen in der Datenbank erfolgt mit Hilfe eines
Standardrasters. Für die Vereinbarungen wurden folgende Merkmale festgelegt und anschließend für die
Erstellung des vorliegenden Berichts untersucht:
•
•
•
•
•
•
•
die Art der Vereinbarung,
die Form und der Geltungsbereich der Vereinbarung,
die Rolle und Zuständigkeit des EBR,
die Zusammensetzung der Arbeitnehmerseite,
der engere Ausschuß, falls vorhanden,
Sitzungen des EBR,
Erleichterung der Tätigkeit der Arbeitnehmerseite und Einschaltung von Sachverständigen.
Carley und Hall konnten in einer früheren Untersuchung von 51 Vereinbarungen zur Einsetzung eines
EBR bereits erhebliche inhaltliche Abweichungen feststellen (Carley und Hall, 1996). Daher wird in
dem vorliegenden Bericht neben einer Analyse der Bestimmungen der einzelnen Vereinbarungen auch
die Frage aufgeworfen, ob diese Unterschiede allgemeinen Trends unterliegen und dabei bestimmte
Faktoren eine Rolle spielen, wie etwa das Herkunftsland des multinationalen Unternehmens, der
Wirtschaftszweig oder die Frage, bis zu welchem Grad die Vereinbarungen eine Beteiligung der
Gewerkschaften vorsehen.
• Herkunftsland: Zwischen den einzelnen Ländern des EWR bestehen Unterschiede hinsichtlich der
nationalen Systeme der Arbeitsbeziehungen im allgemeinen und in bezug auf die Strukturen und
Traditionen der Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer im besonderen. In dem Maße, wie die
Inhalte der Vereinbarungen von Merkmalen der nationalen Systeme der Arbeitsbeziehungen geprägt
sind, ist auch damit zu rechnen, daß sich Abweichungen in Abhängigkeit vom Herkunftsland der am
Abschluß der Vereinbarung beteiligten Unternehmen ergeben. Da dieser Einfluß in multinationalen
Unternehmen mit Sitz außerhalb Europas möglicherweise weniger deutlich zutage tritt, könnte man
in diesem Zusammenhang auch Unterschiede zwischen den Unternehmen aus Europa und den außereuropäischen Unternehmen erwarten. Für die vorliegende Analyse wurden die Länder, in denen die
multinationalen Unternehmen (MNU) ansässig sind, in sieben Gruppen unterteilt. Dabei handelt es
sich um den nordeuropäischen Raum, den deutschsprachigen Raum einschließlich der Niederlande,
die Ländergruppe Frankreich/Belgien/Luxemburg, die Ländergruppe Vereinigtes Königreich/Irland,
die südeuropäischen Länder, Nordamerika und Asien. Die den einzelnen Gruppen zugeordneten Länder
weisen hinsichtlich der nationalen Systeme der Arbeitsbeziehungen mehr oder weniger große
Gemeinsamkeiten auf (siehe Kapitel 1).
2
Einleitung
• Sektor: Die branchenspezifischen Auswirkungen auf die Praxis der Arbeitsbeziehungen sind weniger
deutlich auszumachen als der Einfluß der verschiedenen nationalen Systeme. Es könnte jedoch sein,
daß die Beteiligung und der Politikansatz der Gewerkschaftsorganisationen auf der Ebene der Sektoren
— und in einigen Branchen auch der Einfluß der europäischen Arbeitgeberverbände — sektorenabhängige Unterschiede bezüglich des Inhalts der Vereinbarungen zur Folge haben. Eine Rolle spielt in
diesem Zusammenhang möglicherweise auch der sektorenspezifische Einfluß von Produktmärkten,
Arbeitsmärkten und Technologien auf die Gestaltung der Arbeitsbeziehungen.
• Beschäftigung: Forschungsergebnisse aus jüngster Zeit deuten darauf hin, daß sich Fragen im
Zusammenhang mit der Strategie und Struktur von MNU auf die Politik und Praxis im Bereich der
Arbeitsbeziehungen auswirken (Marginson und Sisson, 1994). Dementsprechend ist auch damit zu
rechnen, daß sich in Abhängigkeit von den Strukturmerkmalen der betreffenden Unternehmen, wie
etwa der Anzahl der Beschäftigten, Unterschiede im Hinblick auf den Inhalt der Vereinbarungen
ergeben.
• Unterzeichnungsdatum: Man könnte davon ausgehen, daß die Vereinbarungen im Laufe der Zeit stärker ins Detail gehen und einen formelleren Charakter annehmen, da Bestimmungen, die in früheren
Vereinbarungen noch innovativ waren entsprechend einer Lernkurve in späteren Vereinbarungen dann
bereits übliche Praxis sind. Hier ist insbesondere zu erwarten, daß Vereinbarungen aus der Zeit vor
September 1994 von den rechtsverbindlichen Bestimmungen der Richtlinie sowie auch von den
Bestimmungen anderer Vereinbarungen weniger stark beeinflußt sind wie Vereinbarungen, die nach
Verabschiedung der Richtlinie abgeschlossen wurden.
• Beteiligung der Gewerkschaften: Weitere qualitative Unterschiede hinsichtlich des Inhalts der
Vereinbarungen hängen möglicherweise mit der Frage zusammen, ob und in welchem Maße in den
Vereinbarungen ein Eingreifen der Gewerkschaften in die Arbeitsabläufe des EBR vorgesehen ist.
Erkennbar wird dies anhand der Identität der arbeitnehmerseitigen Unterzeichner der Vereinbarung
sowie an Bestimmungen zur Teilnahme von Gewerkschaftsfunktionären an den EBR-Sitzungen und
zur Rolle der Sachverständigen.
Neben einer Analyse der Merkmale der Vereinbarungen nach Artikel 13 in bezug auf die genannten
Fragen konzentriert sich das Interesse auch darauf, zu untersuchen, inwieweit sich diese Merkmale der
Organisation und Arbeitsweise des EBR auf die weitere Entwicklung dieses Gremiums auswirken. Man
kann hier einen Vergleich ziehen zwischen jenen EBR, deren Entwicklungspotential sich auf die rein
formale Seite der zu erfüllenden Aufgaben zu beschränken scheint, und jenen EBR, die offenbar das
Potential besitzen, sich zu ständig arbeitsfähigen Gremien zu entwickeln. Aufgrund des begrenzten
Charakters der formaljuristischen Bestimmungen der Richtlinie würde das im ersten Fall dazu führen,
daß der EBR etwa einmal im Jahr eine Sitzung abhält und ansonsten eine eher symbolische Rolle spielt.
Im zweiten Fall könnte sich der EBR dagegen innerhalb der MNU zu einer ständig arbeitsfähigen
Arbeitnehmervertretung entwickeln, die für ihre erfolgreiche Arbeit bei der Belegschaft und der
Unternehmensleitung gleichermaßen Respekt genießt.
Die in diesem Bericht enthaltene Analyse ist im Hinblick auf die Vervollkommnung der Unterrichtung
und Anhörung in multinationalen Unternehmen und Unternehmensgruppen innerhalb des EWR in dreierlei Hinsicht von Belang. Erstens ist festzustellen, daß sich die Verhandlungstätigkeit auf europäischer
Ebene durch den Abschluß der 386 EBR-Vereinbarungen nach Artikel 13 in einem bisher nicht gekannten Ausmaß ausgeweitet und intensiviert hat. Eine Bewertung der Ergebnisse dieses Prozesses im Hinblick
auf die Bestimmungen der Vereinbarungen nach Artikel 13 und die dabei festzustellenden Unterschiede
besitzt somit bereits einen gewissen Eigenwert, und sie versetzt Praxisvertreter in die Lage, die von ihnen
abgeschlossenen Vereinbarungen anhand bestimmter Kriterien mit anderen zu vergleichen. Außerdem
läßt sich anhand der Untersuchung des Inhalts der Vereinbarungen bewerten, inwieweit die darin enthaltenen Regelungen qualitativ von den rechtsverbindlichen Bestimmungen des Anhangs der Richtlinie
abweichen.
3
Verhandlungen zur Einsetzung Europäischer Betriebsräte
Zweitens entspricht die Zahl der nach Artikel 13 abgeschlossenen Vereinbarungen nicht mehr als einem
Drittel der multinationalen Unternehmen und Unternehmensgruppen, die in den Geltungsbereich der
Richtlinie 94/45/EG fallen, und es ist möglich, daß viele der verbleibenden Unternehmen jetzt
Vereinbarungen gemäß Artikel 5 und 6 abschließen werden. Für die Sozialpartner sowie für die betreffenden Unternehmensleitungen und Arbeitnehmervertreter wird eine Analyse der Bestimmungen der
Vereinbarungen nach Artikel 13 daher von Nutzen sein und ihr Konzept für die Verhandlungen nach
Artikel 6 entsprechend beeinflussen.
Durch den Beitritt des Vereinigten Königreiches zum Sozialprotokoll des Vertrags von Maastricht und
die im Dezember 1997 verabschiedete Richtlinie 97/74/EG des Rates, die die Einsetzung eines EBR oder
die Schaffung eines Verfahrens zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer jetzt für alle 18 EWRLänder vorsieht, sind drittens nun weitere multinationale Unternehmen und Unternehmensgruppen dazu
verpflichtet, die Bestimmungen dieser neuen Richtlinie einzuhalten. Der Grund dafür ist die Einbeziehung
der Arbeitnehmer im Vereinigten Königreich in die Anwendung der von der Richtlinie vorgesehenen
Beschäftigungsschwellen. Davon betroffen sind schätzungsweise mehr als 120 Unternehmen mit Sitz
im Vereinigten Königreich und außerdem rund 180 Unternehmen oder Unternehmensgruppen mit Sitz
innerhalb und auch außerhalb des EWR. Über einen Zeitraum von zwei Jahren, d. h. bis Dezember 1999,
haben die Unternehmensleitungen und die Arbeitnehmervertreter dieser multinationalen Unternehmen
aufgrund einer dem Artikel 13 ähnlichen Bestimmung die Möglichkeit, freiwillige Vereinbarungen abzuschließen.
4
Kapitel 1
Die beteiligten Unternehmen
1.1 Herkunftsland
Bisher haben Unternehmen mit Sitz in 25 Ländern Vereinbarungen über die Einsetzung eines EBR gemäß
Artikel 13 der Richtlinie von 1994 abgeschlossen. In einigen wenigen Fällen (2 Prozent), zu denen sowohl
Joint-ventures als auch einige zu 100 Prozent im Besitz der Muttergesellschaft befindliche Betriebe zählen,
handelt es sich um Unternehmen mit Sitz in mehr als einem Land. 60 Prozent der Vereinbarungen entfallen auf multinationale Unternehmen mit Sitz in den 17 Ländern des EWR, für die die Richtlinie gilt.
Tabelle 1.1 Herkunftsland der Vereinbarungen nach Artikel 13
Land
%
Anzahl
Belgien
Dänemark
Deutschland
Finnland
Frankreich
Griechenland
Irland
Island
Italien
Liechtenstein
Luxemburg
Niederlande
4
2
23
4
11
—
1
—
4
—
1
5
17
6
89
14
42
—
3
—
14
—
2
18
Land
%
Anzahl
Norwegen
Österreich
Portugal
Spanien
Schweden
EWR 17
1
2
—
1
6
63
7
7
—
3
22
244
Schweiz
Vereinigtes Königreich
Japan
USA
Übrige Länder
5
15
4
15
1
19
58
14
59
5
Basis: Alle Vereinbarungen, N = 386.
NB: Die Summe der Prozentzahlen beträgt mehr als 100, und die absoluten Zahlen ergeben insgesamt
395. Das ist darauf zurückzuführen, daß es sich in neun Fällen um Unternehmen mit Sitz in mehr
als einem Land handelt.
5
Verhandlungen zur Einsetzung Europäischer Betriebsräte
Weitere 20 Prozent der Vereinbarungen wurden von Unternehmen abgeschlossen, die ihren Sitz in
anderen, nicht in den Geltungsbereich der Richtlinie fallenden europäischen Ländern haben, und
die übrigen 20 Prozent von nichteuropäischen multinationalen Unternehmen. Es wird also deutlich,
daß die Richtlinie auch außerhalb der 17 Länder, die sie ursprünglich verabschiedet haben, von
großer Bedeutung ist.
Von den 155 Vereinbarungen, die multinationale Unternehmen mit Sitz außerhalb der 17 EWR-Länder
abgeschlossen haben, wurde der Standort der europäischen Unternehmenszentrale im Sinne der Richtlinie
in einem von drei Fällen (32 Prozent der Vereinbarungen) bestimmt. Die Länder Deutschland, Belgien
und Frankreich sind dabei am häufigsten genannt worden. Von den 24 in den USA ansässigen MNU,
die den Standort ihrer europäischen Unternehmenszentrale angegeben haben, wurde beispielsweise in
sechs Fällen Deutschland, in sieben Fällen Frankreich und in fünf Fällen Belgien angeführt.
64 Prozent der Vereinbarungen entfallen auf multinationale Unternehmen mit Sitz in den vier Ländern
Frankreich, Deutschland, Vereinigtes Königreich und USA. Den größten Anteil mit 23 Prozent erreichen dabei die Unternehmen, die in Deutschland ansässig sind, gefolgt von Unternehmen mit Sitz im
Vereinigten Königreich und in den USA (jeweils 15 Prozent) und Unternehmen mit Sitz in Frankreich
mit 11 Prozent. Auf in Schweden ansässige Unternehmen entfallen 6 Prozent der Vereinbarungen und
auf Unternehmen mit Sitz in der Schweiz und in den Niederlanden jeweils 5 Prozent.
Bis zu welchem Grad die in den Geltungsbereich der Richtlinie von 1994 fallenden multinationalen
Unternehmen von der Möglichkeit des Abschlusses von Vereinbarungen nach Artikel 13 Gebrauch
gemacht haben, läßt sich anhand eines Vergleichs mit der vom EGI aufgestellten Liste der in der EBRRichtlinie berücksichtigten Unternehmen verdeutlichen (ETUI, 1995). Dort sind 1 144 Unternehmen
aufgeführt, die Tochtergesellschaften in mindestens zwei der betreffenden 17 EWR-Länder haben und
den in der Richtlinie geforderten Beschäftigungsschwellenwerten Genüge leisten. Da die Datenbank der
Stiftung zwar Angaben über Vereinbarungen, nicht aber über Unternehmen enthält, dürfen hier generell
keine vorschnellen Schlüsse gezogen werden. In einer Minderheit der Fälle haben die Unternehmen
mehrdimensionale EBR-Vereinbarungen abgeschlossen, die für unterschiedliche internationale
Geschäftsbereiche gelten (siehe Kapitel 3). Wie sich jedoch bei einer genauen Prüfung der Datenbank
zeigt, ergibt sich daraus kein großes Problem, da dies höchstens 20 Unternehmen bei insgesamt 386
Vereinbarungen betrifft. Es ist somit davon auszugehen, daß ungefähr jedes dritte in den Geltungsbereich
der Richtlinie fallende Unternehmen Vereinbarungen nach Artikel 13 abgeschlossen hat. Trotz des
Abbildung 1.1 Häufigkeitsrate der abgeschlossenen Vereinbarungen nach ausgewählten Ländern
Öst
erre
i
Bel ch
g
Dän ien
em
Fin ark
Fra nland
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nig
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h
US
A
All Japan
eL
änd
er
Häufigkeitsrate
in %
Basis: Alle Vereinbarungen, N = 386.
6
Die beteiligten Unternehmen
Widerstands der Arbeitgeber gegenüber der Richtlinie wurde nach deren Verabschiedung von einem
beträchtlichen Teil der MNU offenbar relativ schnell erkannt, daß sich aus dem Zustandekommen von
EBR-Vereinbarungen Vorteile ergeben können.
In Abhängigkeit vom Herkunftsland treten bei dieser „Häufigkeitsrate“ einige deutliche Unterschiede
zutage. Während sie in Frankreich, Deutschland und Italien etwa dem für die 17 EWR-Länder ermittelten Durchschnittswert entspricht, liegt sie in Finnland, Schweden und Norwegen mit 40 bis 50 Prozent
deutlich darüber. Die Spitzenposition belegt Belgien, wo mehr als drei Viertel der in den Geltungsbereich
der Richtlinie fallenden Unternehmen eine entsprechende Vereinbarung getroffen haben. Erheblich niedriger mit höchstens 20 Prozent ist diese Häufigkeitsrate in Dänemark, in den Niederlanden und in Spanien.
Für den übrigen Teil Europas läßt sich noch feststellen, daß im Vereinigten Königreich die Hälfte der
Unternehmen, die den Bestimmungen der Richtlinie genügen, Vereinbarungen abgeschlossen haben, so
daß die Häufigkeitsrate dort merklich höher ist als in Frankreich oder in Deutschland. Möglicherweise
kommt darin das bei den im Vereinigten Königreich ansässigen Unternehmen bestehende Interesse zum
Ausdruck, Vereinbarungen außerhalb des in der Richtlinie festgeschriebenen Verfahrens für das besondere Verhandlungsgremium abzuschließen, das im September 1996 in Kraft trat. Außerdem könnte hier
auch eine Rolle spielen, daß im Vereinigten Königreich, wo es keinerlei Traditionen für die Tätigkeit
von Betriebsräten gibt, freiwillige Vereinbarungen bevorzugt werden. Im außereuropäischen Raum entspricht die Anzahl der US-amerikanischen Unternehmen, die Vereinbarungen abgeschlossen haben, dem
allgemeinen Durchschnitt von etwa einem Drittel, während die Häufigkeitsrate in den multinationalen
Unternehmen mit Sitz in Japan einen Wert von über 40 Prozent erreicht.
Für die nachfolgende Analyse wurden die Länder, in denen sich die jeweiligen Unternehmenszentralen
befinden, in sieben Gruppen unterteilt, die sich hinsichtlich der nationalen Systeme der Arbeitsbeziehungen
durch mehr oder weniger homogene, auffällige Merkmale auszeichnen. Es handelt sich dabei um folgende Ländergruppen: Nordeuropa (Dänemark, Finnland, Schweden und Norwegen); deutschsprachiger Raum und Niederlande (Österreich, Deutschland, Niederlande und die Schweiz); die Gruppe
Frankreich, Belgien, Luxemburg; Vereinigtes Königreich und Irland; Südeuropa (Italien, Spanien);
Nordamerika (Kanada, USA) und Asien, wobei der letztgenannten Gruppe auch jeweils ein MNU aus
Südafrika und Australien zugeordnet wurde. Ein entscheidendes Kriterium für diese Einteilung ist die
Frage, ob sich innerhalb der Unternehmen auf nationaler Ebene bereits Strukturen für die Unterrichtung
und Anhörung der Arbeitnehmer etabliert haben, deren Bestand durch die geltenden Gesetze oder durch
grundlegende Vereinbarungen garantiert ist. Durch das Vorhandensein von Betriebsratsstrukturen unterAbbildung 1.2 Vereinbarungen nach Ländergruppen
Deutschsprachiger Raum, Niederlande
33 %
Nordeuropa
12 %
Frankreich, Belgien,
Luxemburg
16 %
Südeuropa
4%
Asien
4%
Nordamerika
16 %
Vereinigtes Königreich, Irland
15 %
Basis: Alle Vereinbarungen, N = 386.
7
Verhandlungen zur Einsetzung Europäischer Betriebsräte
scheiden sich die Ländergruppen Frankreich/Belgien/Luxemburg, deutschsprachiger Raum/Niederlande,
Nordeuropa und Südeuropa, wo derartige Systeme existieren, von den Gruppen Vereinigtes
Königreich/Irland, Nordamerika und Asien, wo dies nicht der Fall ist. Innerhalb der Ländergruppen, in
denen Betriebsräte bestehen, handelt sich im deutschsprachigen Raum einschließlich Niederlande, in
Nordeuropa und in Südeuropa um reine Arbeitnehmervertretungen, in Frankreich/Belgien/Luxemburg
dagegen um gemischt besetzte Gremien. Ein zweites hervorstechendes Merkmal betrifft die Form, in
der sich die Arbeitnehmervertretung innerhalb des Unternehmens darstellt. Während den Gewerkschaften
in den deutschsprachigen Ländern und in den Niederlanden keine direkte repräsentative Rolle innerhalb
der Unternehmen zukommt, zeichnen sich die Arbeitsbeziehungen auf Unternehmensebene in
Frankreich/Belgien/Luxemburg und in den südeuropäischen Ländern durch eine Verzahnung von
Gewerkschaft und Arbeitnehmervertretung aus. Dagegen stützt sich die Arbeitnehmervertretung in den
nordeuropäischen Ländern und, falls sie existiert, auch im Vereinigten Königreich und Irland hauptsächlich auf die Gewerkschaften. Das gleiche gilt für Nordamerika, wobei Fälle, wo überhaupt keine Gewerkschaftsorganisation besteht, dort erheblich öfter auftreten als in Irland oder im Vereinigten Königreich.
In den asiatischen Ländern und vor allem in Japan spielen schließlich verschiedene Formen betrieblicher Gewerkschaftsorganisationen die vorherrschende Rolle.
1.2 Wirtschaftszweig
Bei einer Aufschlüsselung der Vereinbarungen nach einzelnen Wirtschaftszweigen zeigt sich die dominierende Stellung des verarbeitenden Sektors. Während auf diesen Bereich 80 Prozent und auf andere
Branchen des produzierenden Gewerbes weitere 6 Prozent der Vereinbarungen entfallen, ergibt sich für
die im Dienstleistungssektor abgeschlossenen Vereinbarungen nur ein Anteil von 13 Prozent. 35 Prozent,
also mehr als ein Drittel der Vereinbarungen, sind dem Bereich der Metallverarbeitung zuzuordnen,
gefolgt von der chemischen Industrie mit 17 Prozent und der Lebensmittel- und Getränkeindustrie einschließlich Tabakverarbeitung mit 12 Prozent. Innerhalb des Dienstleistungssektors wurden die meisten
Vereinbarungen in den Bereichen Finanzdienstleistungen und sonstige Dienstleistungen (einschließlich
Beherbergungs- und Gaststättengewerbe) abgeschlossen. Die entsprechenden Anteile betragen jeweils
5 Prozent.
Unterschiede zwischen den einzelnen Sektoren ergeben sich, wenn man die Anzahl der abgeschlossenen EBR-Vereinbarungen der Anzahl der Unternehmen gegenüberstellt, die innerhalb des betreffenden
Sektors in den Geltungsbereich der Richtlinie fallen. Als Ansatzpunkt für einen annähernden Vergleich
dient hier wiederum die vom Europäischen Gewerkschaftsinstitut (EGI) erstellte Liste von Unternehmen.
Während der Bereich der Metallverarbeitung zwar die größte Anzahl an Vereinbarungen aufweist, fallen dort aber auch erheblich mehr Unternehmen in den Geltungsbereich der Richtlinie als in den anderen Sektoren. Daraus ergibt sich für die Metallverarbeitung eine Häufigkeitsrate von 38 Prozent, die den
Gesamtdurchschnitt, der ein Drittel beträgt, nur geringfügig übersteigt. Etwas deutlicher über dem
Durchschnitt liegt die Häufigkeitsrate in der Lebensmittel- und Getränkeindustrie sowie in der chemischen Industrie mit jeweils 45 Prozent. Für den Bereich Textil- und Bekleidungsindustrie einschließlich
Ledergewerbe wurde dagegen eine merklich niedrigere Rate von etwa 20 Prozent ermittelt. Insgesamt
läßt sich feststellen, daß die Häufigkeitsrate im verarbeitenden Gewerbe mit 20 Prozent fast doppelt so
hoch ist wie im Dienstleistungsgewerbe, wo lediglich 20 Prozent erreicht wurden. Im letztgenannten
Bereich zeigt sich außerdem eine beträchtliche Diskrepanz zwischen den Banken und
Finanzdienstleistungen, die eine Häufigkeitsrate von über 25 Prozent erreichen, und dem Handel, wo
nur jedes zehnte in Frage kommende Unternehmen eine Vereinbarung abgeschlossen hat. In den
Abweichungen zwischen dem produzierenden Gewerbe und den Dienstleistungsbereichen widerspiegeln sich die großen Unterschiede in der Zahl der Gewerkschaftsmitglieder und in der gewerkschaftlichen Organisation innerhalb dieser weitgefaßten Unterbereiche der Volkswirtschaft. Auch das
8
Die beteiligten Unternehmen
differenzierte Bild, das sich bei einer Gegenüberstellung der einzelnen Sektoren ergibt, ist wahrscheinlich ein Ausdruck der unterschiedlichen Entwicklungstrends in bezug auf die Mitgliederzahl und den
Organisationsgrad der Gewerkschaften, wobei hier auch sektorenspezifische Unterschiede in der
Unternehmenspolitik der MNU und, wie Rivest (1996) anführt, die Organisationsstrategien der einzelnen europäischen Industriegewerkschaftsverbände eine Rolle spielen könnten. Insgesamt ist die sektorenbezogene Analyse eine Methode, die zu einer Reihe neuer Erkenntnisse führen kann, da die Quellen
auf dem Gebiet der Arbeitsbeziehungen bezüglich möglicher sektorenspezifischer Differenzierungen
weniger fundiert sind als im Hinblick auf die Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern.
Tabelle 1.2 Vereinbarungen nach Sektor
Sektor
%
Anzahl
Bergbau und Ölgewinnung
Chemische Industrie, Herstellung von Gummi- und Kunststoffwaren
Lebensmittel- und Getränkeindustrie, Tabakverarbeitung
Metallverarbeitung
Papierindustrie
Textil- und Bekleidungsindustrie, Ledergewerbe
Sonstiges verarbeitendes Gewerbe
Baugewerbe und Versorgungsbetriebe
Handel
Finanzdienstleistungen
Verkehr und Nachrichtenübermittlung
Sonstige Dienstleistungen
[nicht zugeordnet]
3
17
12
35
4
3
8
3
1
5
2
5
[1]
11
65
47
137
14
11
30
13
5
20
6
18
[9]
Basis: Alle Vereinbarungen, N = 386.
Unterschiede lassen sich auch feststellen, wenn man die Häufigkeit des Abschlusses von Vereinbarungen
in den einzelnen Sektoren einem Ländervergleich unterzieht. In den nordeuropäischen Ländern entfallen neun von zehn Vereinbarungen auf das verarbeitende Gewerbe, während der allgemeine Durchschnitt
nur 80 Prozent beträgt. Besonders groß ist die Konzentration dort im Bereich der Metallverarbeitung,
wo 48 Prozent aller Vereinbarungen abgeschlossen wurden. In der Ländergruppe deutschsprachiger
Raum und Niederlande entspricht der Prozentsatz der Vereinbarungen im verarbeitenden Gewerbe dem
länderübergreifenden Durchschnittswert, wobei die Anzahl der Vereinbarungen in der chemischen
Industrie relativ hoch und in der Lebensmittel- und Getränkeindustrie vergleichsweise niedrig ist. Die
Gruppe Frankreich/Belgien/Luxemburg erreicht bei den im verarbeitenden Sektor abgeschlossenen
Vereinbarungen nur einen Anteil von 65 Prozent. Dementsprechend entfällt dort eine relativ größere
Zahl von Vereinbarungen auf die Bereiche Baugewerbe und Versorgungsbetriebe sowie auf die
Dienstleistungsbranchen und dort vor allem auf die Banken und Finanzdienstleistungen. In den südeuropäischen Ländern wurden 93 aller Vereinbarungen im verarbeitenden Gewerbe abgeschlossen, so daß
die übrigen Bereiche kaum ins Gewicht fallen. Bei 77 Prozent und damit knapp unter dem allgemeinen
Durchschnitt liegt der Anteil der auf das verarbeitende Gewerbe entfallenden Vereinbarungen im
Vereinigten Königreich und in Irland, wobei dort eine relativ starke Konzentration in der Lebensmittelund Getränkeindustrie und eine im Vergleich erheblich geringere Zahl in der Metallverarbeitung festzustellen ist. Bei den Unternehmen mit Sitz in Nordamerika sind 90 Prozent der Vereinbarungen dem
verarbeitenden Sektor zuzuordnen. Auch dort kommt der Lebensmittel- und Getränkeindustrie ein relativ großer Stellenwert zu.
9
Verhandlungen zur Einsetzung Europäischer Betriebsräte
1.3 Beschäftigung
Die Belegschaftsgröße des Unternehmens oder Unternehmensbereichs innerhalb des EWR wurde in 30
Prozent der Fälle (117 Vereinbarungen) angegeben oder im Anhang vermerkt. In den meisten Fällen
beziehen sich diese Angaben sowohl auf die Gesamtbeschäftigung in der EU bzw. im EWR als auch auf
die Zahl der Arbeitnehmer in den einzelnen Ländern, auf die sich die Geschäftstätigkeit der Unternehmen
erstreckt. Die Wahrscheinlichkeit, daß die Vereinbarungen Beschäftigungsdaten enthalten, ist bei
Unternehmen mit Sitz in Europa doppelt so groß wie bei Unternehmen, die in Nordamerika oder Asien
ansässig sind. Da in den meisten Fällen keine entsprechenden Informationen vorliegen, läßt sich nur
schwer schlußfolgern, durch welche Merkmale Vereinbarungen in großen und kleinen MNU per se
gekennzeichnet sind. Günstiger ist es, wenn man anhand der Daten die Merkmale von Vereinbarungen
zwischen MNU, die sich hinsichtlich der Gesamtbeschäftigung voneinander unterscheiden, entsprechend
vergleicht und gegenüberstellt.
Abbildung 1.3 Häufigkeitsrate der abgeschlossenen Vereinbarungen nach ausgewählten Sektoren
Ber
gba
Che
uu
mis
nd
che
Öl
Ind
ustr
Leb
ie u
ens
sw.
mit
tel/
Get
rän
Me
ke
tall
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Pap
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e
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usw
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gun gewer
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Fin
anz
Han
die
del
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eist
ung
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usw
.
Ver
keh
r
All
eS
ekt
ore
n
Häufigkeitsrate
in %
Basis: Alle Vereinbarungen, N = 377.
NB: Bei neun der erfaßten Vereinbarungen und bei 59 der erfaßten Unternehmen erfolgte keine
Zuordnung nach Sektor.
Die Zahlen zur Gesamtbeschäftigung verdeutlichen die großen Unterschiede hinsichtlich der Größe
der multinationalen Unternehmen, die EBR-Vereinbarungen abschließen. In 9 der 117 Fälle, die
Beschäftigungsdaten für den EWR enthalten, beschäftigen die Unternehmen zwischen 1 000 und 2 000
Arbeitnehmer und überspringen damit knapp die in der Richtlinie festgelegten Beschäftigungsschwellenwerte. Mehr als 50 000 Arbeitnehmer im EWR haben dagegen 21 Unternehmen (19 Prozent),
von denen 6 mindestens 100 000 Arbeitnehmer beschäftigen. Der Medianwert der Beschäftigung im
EWR beträgt für diese 177 Unternehmen im Vergleich dazu 13 145. Zum Zwecke der weiteren Analyse
wurde eine Einteilung in „kleine“ (weniger als 5 000 Arbeitnehmer im EWR), „mittlere“ (mindestens
5 000 aber weniger als 10 000 Arbeitnehmer) und „große“ Unternehmen (mehr als 10 000 Arbeitnehmer)
vorgenommen. Bei einem Fünftel der Gesamtzahl handelt es sich demnach um kleine Einheiten, ein ähnlich großer Anteil entfällt auf die Kategorie der mittleren Unternehmen, und die übrigen drei Fünftel sind
große Unternehmen.
10
Die beteiligten Unternehmen
Tabelle 1.3 Belegschaftsgröße im EWR, Aufschlüsselung nach globalen Regionen anhand des
ursprünglichen Unternehmenssitzes
(in %)
Region
Kleine
Unternehmen
Mittlere
Unternehmen
Große
Unternehmen
Europa
Übrige Länder
14
54
18
15
67
31
Alle Länder
19
18
63
Basis: Vereinbarungen, über die Angaben zur Beschäftigung im EWR vorliegen, N = 117.
Kleine Einheiten in bezug auf die Beschäftigung im EWR sind bei den in Nordamerika und Asien ansässigen multinationalen Unternehmen häufiger anzutreffen als bei Unternehmen, deren Zentrale sich in
Europa befindet. Während von den nichteuropäischen Unternehmen 54 Prozent der Kategorie der kleinen Einheiten zuzuordnen sind, liegt dieser Anteil bei den europäischen Unternehmen nur bei 14 Prozent.
Auf die großen Einheiten entfallen dagegen zwei Drittel der Unternehmen mit Sitz in Europa, aber nur
ein Drittel der nichteuropäischen Unternehmen. Sektorenspezifische Unterschiede lassen sich in dieser
Hinsicht kaum feststellen. Dort, wo die Vereinbarungen für einen international operierenden Unternehmensbereich gelten (siehe Kapitel 3), ist der Anteil der kleinen Einheiten bei den multinationalen
Unternehmen etwas größer und der Anteil der großen Einheiten etwas geringer als dort, wo sich der
Geltungsbereich auf die gesamte Unternehmensgruppe erstreckt. Da sich aus dem unterschiedlichen
Geltungsbereich bezüglich der Unternehmensstruktur keine nennenswerten Größendifferenzen ergeben,
liegt die Vermutung nahe, daß Vereinbarungen auf Unternehmensbereichsebene durchaus von
Unternehmen getroffen werden können, die im EWR eine sehr hohe Beschäftigungszahl erreichen.
11
Kapitel 2
Die Art der Vereinbarung
2.1 Unterzeichnungsdatum
Nur 7 Prozent der Vereinbarungen (26 Fälle) datieren aus der Zeit vor Verabschiedung der EBR-Richtlinie
im September 1994. Da sich das Datum in der von der Stiftung eingerichteten Datenbank in einigen
wenigen Fällen auf die letzte Überarbeitung einer Vereinbarung oder auf die formelle Festschreibung
einer bereits vor September 1994 etablierten Gepflogenheit bezieht, stellt diese Zahl eine Unterbewertung
des Anteils der vor Verabschiedung der Richtlinie unterzeichneten EBR-Vereinbarungen dar. Weitere
10 Prozent der Vereinbarungen sind dann in den zwölf Monaten nach Annahme der Richtlinie, also bis
September 1995, abgeschlossen worden, und mehr als drei Viertel, d. h. 78 Prozent, in den folgenden
zwölf Monaten bis September 1996, dem letztmöglichen Zeitpunkt für die Einsetzung von EBR nach
Abbildung 2.1. Unterzeichnungsdatum
Jahr bis August 1996
45 %
Jahr bis September 1995
10 %
Vor September 1994
7%
Keine Zuordnung
5%
Basis: Alle Vereinbarungen, N = 386.
September 1996
33 %
13
Verhandlungen zur Einsetzung Europäischer Betriebsräte
Artikel 13. Jede dritte Vereinbarung datiert direkt vom September 1996. (In 5 Prozent der Fälle ließ sich
das Datum der Unterzeichnung nicht ermitteln.)
Die vor September 1994 unterzeichneten Vereinbarungen wurden bekanntlich zum weitaus größten Teil
von Unternehmen mit Sitz in Frankreich und Deutschland getroffen, die allein fast drei Viertel (73
Prozent) der Gesamtzahl ausmachen. Ein ebenso hoher Anteil, d. h. annähernd ein Viertel bzw. 73 Prozent
der Vereinbarungen aus der Zeit vor September 1994, entfällt auf die Wirtschaftszweige der
Metallverarbeitung und der chemischen Industrie. Die aus dieser Frühphase stammenden Vereinbarungen
wurden mit einer Ausnahme in großen multinationalen Unternehmen abgeschlossen.
2.2 Arbeitnehmerseitige Unterzeichner
In der Richtlinie wird den Gewerkschaften keine spezielle Rolle bei Verhandlungen zur Einsetzung von
EBR oder im Zusammenhang mit deren Tätigkeit zugewiesen. Allerdings ergibt sich aus den
Bestimmungen des Artikels 13 ein gewisser Spielraum bezüglich der Verfahrensweise für Verhandlungen,
die zwischen der Unternehmensleitung und bereits bestehenden Arbeitnehmervertretungen — d. h. entweder Gewerkschaften oder in einigen Ländern auch zentrale Betriebsräte, die sich im wesentlichen auf
die Tätigkeit von Arbeitnehmervertretern stützen — zu führen sind. Anhand der Angaben über die arbeitnehmerseitigen Unterzeichner der Vereinbarungen, die zum größten Teil — d. h. in 94 Prozent der Fälle
— vorliegen, läßt sich ablesen, inwieweit Gewerkschaften und zentrale Betriebsräte an Verhandlungen
zur Einsetzung von EBR beteiligt sind.
Tabelle 2.1 Arbeitnehmerseitige Unterzeichner
Art der Unterzeichner
%
Internationale Gewerkschaftsorganisation
Nationale Gewerkschaftsorganisation aus einem Land
Nationale Gewerkschaftsorganisationen aus zwei oder mehr Ländern
Alle Arten von Gewerkschaftsorganisationen
Nationale Betriebsräte aus einem Land
Nationale Betriebsräte aus zwei oder mehr Ländern
Arbeitnehmerseitige EBR
Alle Arten von Betriebsräten
Besondere Verhandlungsgremien
Arbeitnehmervertreter
32
18
14
45
17
9
9
34
8
37
Basis: Vereinbarungen, bei denen sich die Identität der Unterzeichner feststellen läßt, N = 364.
NB:
Addiert man die Prozentzahlen, so ergibt sich eine Summe von über 100 %, was darauf zurückzuführen ist, daß die Vereinbarungen auch die Unterschrift von mehreren Arten von arbeitnehmerseitigen Unterzeichnern tragen können.
45 Prozent der Vereinbarungen, über die Informationen vorliegen, tragen die Unterschrift von
Gewerkschaftsorganisationen. Die Tatsache, daß jede dritte Vereinbarung (32 Prozent der Gesamtzahl)
von europäischen und internationalen Gewerkschaftsorganisationen unterzeichnet wurde, bringt deren
organisatorische und koordinierende Rolle beim Abschluß freiwilliger EBR-Vereinbarungen zum
Ausdruck. Ebenfalls 32 Prozent der Vereinbarungen wurden von nationalen Gewerkschaften aus einem
14
Die Art der Vereinbarung
oder mehreren Ländern unterzeichnet, wobei hier auch jene 19 Prozent enthalten sind, die zugleich die
Unterschrift einer internationalen Gewerkschaftsorganisation tragen. Nationale Betriebsräte oder zum
betreffenden Zeitpunkt bereits bestehende arbeitnehmerseitige Betriebsräte auf europäischer Ebene waren
Unterzeichner von 34 Prozent aller Vereinbarungen. Darunter fallen auch jene 19 Prozent der Fälle, in
denen sowohl Gewerkschaftsorganisationen als auch Betriebsräte die Unterschrift geleistet haben. Da
die zentralen Betriebsräte in bestimmten Ländern, wie etwa Österreich und Deutschland, häufig in starkem Maße von Gewerkschaften beeinflußt werden, ist davon auszugehen, daß die Gewerkschaften zum
Teil auch an jenen Vereinbarungen mitgewirkt haben, die ausschließlich mit Betriebsratsvertretern abgeschlossen wurden.
Bereits etablierte Arbeitnehmervertretungen in Form von Gewerkschaften oder Betriebsräten haben
insgesamt zwei Drittel der Vereinbarungen unterzeichnet. Darüber hinaus ist es möglich, daß Vertreter
von Gewerkschaften oder Betriebsräten auch an jenen 5 Prozent der Vereinbarungen beteiligt waren, die
ausschließlich von einem „besonderen Verhandlungsgremium“ abgeschlossen wurden. Während 26
Prozent der Vereinbarungen nur die Unterschrift von Gewerkschaften tragen, sind Betriebsratsvertreter
die alleinigen Unterzeichner in 21 der Fälle. In weiteren 19 Prozent leisteten sowohl Gewerkschaftsorganisationen als auch Betriebsratsvertreter und in einigen Fällen auch nicht näher bezeichnete
„Arbeitnehmervertreter“ die Unterschrift. Die bedeutende koordinierende Rolle der internationalen
Gewerkschaftsorganisationen kommt darin zum Ausdruck, daß jede zweite Vereinbarung entweder von
den internationalen Gewerkschaftsorganisationen selbst oder von bereits eingesetzten Arbeitnehmervertretern in zwei oder mehr Ländern unterzeichnet wurde. Weniger stark verbreitet ist dies dagegen in
jenen 17 Prozent der Fälle, wo die Unterschrift von bereits eingesetzten Arbeitnehmervertretern
(Gewerkschaften oder Betriebsräte) aus einem einzigen Land geleistet worden ist.
Abbildung 2.2 Vereinbarungen, die mit Vertretern aus einem einzigen Land abgeschlossen wurden
Gewerkschaft/Betriebsrat,
2 oder mehr Länder
49 %
Gewerkschaft/Betriebsrat,
nur 1 Land
17 %
Sonstige
8%
nur Arbeitnehmervertreter
26 %
Basis: Vereinbarungen, bei denen sich die Identität der Unterzeichner feststellen läßt, N = 364.
Eine gewisse Besorgnis bei den Gewerkschaften hat die Tatsache ausgelöst, daß Vereinbarungen zum
Teil mit nicht näher bezeichneten „Arbeitnehmervertretern“ abgeschlossen werden. Das betrifft
37 Prozent der Vereinbarungen, die jedoch auch jene 11 Prozent der Fälle umfassen, in denen
Gewerkschaftsorganisationen oder nationale bzw. europäische Betriebsratsvertreter ebenfalls ihre
Unterschrift geleistet haben. Der Anteil der Vereinbarungen, die von den MNU ausschließlich mit nicht
näher bezeichneten Arbeitnehmervertretern abgeschlossen wurden, beträgt somit nur 26 Prozent.
15
Verhandlungen zur Einsetzung Europäischer Betriebsräte
Tabelle 2.2 Arbeitnehmerseitige Unterzeichner nach Herkunftsland
(in %)
Herkunftsland
Nur
Gewerkschaft
Nur
Gewerkschaft/
Nur ArbeitSonstige
Betriebsrat
Betriebsrat nehmervertreter
Nordeuropa
21
9
12
42
17
Deutschsprachiger
Raum, Niederlande
7
49
15
17
13
Frankreich, Belgien,
Luxemburg
62
—
25
10
3
Vereinigtes Königreich,
Irland
32
8
24
32
4
Südeuropa
79
7
14
—
—
Nordamerika
17
12
19
44
9
Asien
13
6
38
44
—
Alle Länder
26
21
19
26
9
Basis: Vereinbarungen, bei denen sich die Identität der Unterzeichner feststellen läßt, N = 364.
Betrachtet man nun die Unterschiede nach Herkunftsland, so läßt sich feststellen, daß die Vereinbarungen
in der Ländergruppe, die den deutschsprachigen Raum und die Niederlande umfaßt, im Vergleich zu den
übrigen Regionen weniger häufig von Gewerkschaftsorganisationen und dafür in stärkerem Maße von
nationalen Betriebsräten unterzeichnet wurden. Das ist darauf zurückzuführen, daß in diesen Ländern
ein anderes System der Arbeitnehmervertretung auf Unternehmensebene besteht. Die ausschließliche
Beteiligung von nicht näher bezeichneten Arbeitnehmervertretern am Abschluß der Vereinbarungen
findet in den nichteuropäischen MNU doppelt so große Verbreitung wie in den MNU mit Sitz in Europa.
Innerhalb der in Europa ansässigen MNU sind derartige Fälle am häufigsten in den nordeuropäischen
Ländern anzutreffen, wo auch der Anteil der Vereinbarungen, die von einem besonderen Verhandlungsgremium unterzeichnet wurden, am größten ist. Die MNU mit Sitz in Südeuropa haben dagegen keine
der Vereinbarungen mit nicht näher bezeichneten Arbeitnehmervertretern abgeschlossen. Vereinbarungen, die von bereits eingesetzten Arbeitnehmervertretern aus einem einzigen Land unterzeichnet
wurden, sind in der aus dem deutschsprachigen Raum und den Niederlanden bestehenden Ländergruppe
am stärksten verbreitet.
Ein differenziertes Bild ergibt sich auch bei einem Vergleich der Wirtschaftszweige. Internationale
Gewerkschaftsorganisationen lassen sich in der Lebensmittel- und Getränkeindustrie, in der Textil- und
Bekleidungsindustrie, im Baugewerbe sowie im Finanzsektor häufiger als Unterzeichner der Vereinbarungen feststellen als in der chemischen Industrie oder in der Metallverarbeitung. Vereinbarungen mit
nationalen Betriebsräten sind besonders stark in der chemischen Industrie verbreitet, wobei die in den
MNU mit Sitz in Deutschland getroffenen Übereinkünft nach einer Einigung zwischen Arbeitgebern und
Gewerkschaften auf Branchenebene erzielt wurden. Die chemische Industrie ist außerdem der Sektor,
in dem Vereinbarungen mit bereits eingesetzten Arbeitnehmervertretern aus einem einzigen Land am
häufigsten anzutreffen sind, während in der Lebensmittel- und Getränkeindustrie nur wenige Vereinbarungen auf diese Weise zustande kamen. Vereinbarungen, die ausschließlich mit nicht näher bezeichneten Arbeitnehmervertretern abgeschlossen wurden, finden die größte Verbreitung in den Sektoren
Bergbau und Ölgewinnung, chemische Industrie und Papierindustrie und sind besonders selten in den
Bereichen Baugewerbe und Versorgungsbetriebe, Textil- und Bekleidungsindustrie und Finanzdienstleistungen anzutreffen.
16
Die Art der Vereinbarung
Bei einem Größenvergleich der multinationalen Unternehmen zeigt sich, daß die Vereinbarungen in den
großen Einheiten häufiger von bereits eingesetzten Arbeitnehmervertretern und insbesondere von internationalen Gewerkschaftsorganisationen unterzeichnet wurden als in den mittleren oder kleinen Einheiten.
Dagegen sind nicht näher definierte Arbeitnehmervertreter als Unterzeichner der Vereinbarungen in den
kleinen und mittleren Einheiten stärker verbreitet als in den großen Unternehmen.
Vereinbarungen aus der Zeit vor September 1994 wurden häufiger von Gewerkschaften mit Sitz in einem
Land unterzeichnet als Vereinbarungen, die danach zustande kamen.
2.3 Anwendbares innerstaatliches Recht
Wenn bei auftretenden Problemen bezüglich der Auslegung oder Anwendung der Vereinbarungen nationales Recht zur Anwendung kommt, ist die Frage, welches innerstaatliche Recht dann gilt, in 60 Prozent
der Vereinbarungen geregelt. Derartige Festlegungen sind bei Unternehmen mit Sitz in Belgien, Frankreich
(wenn nach nationalem Recht ein Eintrag der Vereinbarung erforderlich ist), Norwegen und Japan am
häufigsten (drei Viertel aller Fälle) und in Italien am seltensten (ein Viertel aller Fälle) anzutreffen. Von
den multinationalen Unternehmen mit Sitz außerhalb jener 17 EWR-Länder, die die Richtlinie verabschiedet haben, wird in den meisten Fällen die Anwendung der innerstaatlichen Rechtsvorschriften
Belgiens, Frankreichs, Deutschlands und Irlands angegeben.
Während die Frage, welches innerstaatliche Recht gegebenenfalls zur Anwendung kommt, in 62 Prozent
der nach September 1994 unterzeichneten Vereinbarungen geregelt ist, beträgt der entsprechende Anteil
bei den aus der Zeit davor datierenden Vereinbarungen nur 39 Prozent. Dies deutet darauf hin, daß die
Vereinbarungen im Laufe der Zeit offenbar einen zunehmend formellen Charakter annehmen.
17
Die Form und der Geltungsbereich
der EBR-Vereinbarungen
Kapitel 3
3.1 Zusammensetzung
Für die Zusammensetzung des EBR stehen zwei grundlegende Modelle zur Verfügung:
• das „deutsche“ Modell einer reinen Arbeitnehmervertretung, die bilaterale Gespräche mit der Unternehmensleitung führt, und
• das „französische“ Modell eines gemischt besetzten Gremiums aus Vertretern der Unternehmensleitung
und Arbeitnehmervertretern, in dem der geschäftsführende Direktor in der Regel den Vorsitz führt.
Abbildung 3.1 Zusammensetzung der EBR
Gemischt besetztes Gremium
69 %
Reine Arbeitnehmervertretung
31 %
Basis: Vereinbarungen, bei denen sich die Struktur des Gremiums feststellen läßt, N = 374.
19
Verhandlungen zur Einsetzung Europäischer Betriebsräte
Obwohl im Anhang der Richtlinie eine reine Arbeitnehmervertretung entsprechend dem „deutschen“
Modell vorgesehen ist, hält sich nur ein Drittel der Vereinbarungen daran, während in zwei Dritteln die
Einsetzung eines gemischt besetzten Gremiums nach dem „französischen“ Modell angestrebt wird. Das
„deutsche“ Modell findet die größte Verbreitung in MNU mit Sitz in Südeuropa sowie in den
„Traditionsländern der Betriebsräte“ Deutschland, Niederlande und Österreich, wobei es jedoch auch in
diesen „traditionellen Ländern“ nicht in allen Fällen zur Anwendung kommt. Untersucht man die übrigen
Regionen, dann läßt sich eine nennenswerte Zahl von EBR-Strukturen, die dem „deutschen“ Modell
folgen, nur noch in MNU mit Sitz in den nordeuropäischen Ländern feststellen. Die Vereinbarungen der
in der Ländergruppe Frankreich/Belgien/Luxemburg ansässigen MNU zielen dagegen fast ausnahmslos
auf die Einsetzung eines gemischt besetzten Gremiums ab, und auch in den MNU mit Sitz in den
Ländergruppen Vereinigtes Königreich/Irland, Nordamerika und Asien, wo es auf nationaler Ebene keine
Gesetzesvorschriften zur Einsetzung von Betriebsräten gibt, sind zum überwiegenden Teil gemischt
besetzte Gremien anzutreffen. Interessant ist in diesem Zusammenhang noch die Feststellung, daß
immerhin 40 Prozent der MNU mit Sitz im deutschsprachigen Raum und in den Niederlanden ebenfalls
die Einsetzung von gemischt besetzten Gremien vereinbart haben.
Tabelle 3.1 Zusammensetzung der EBR nach Ländergruppen
(in %)
Gemischt
besetztes Gremium
Reine
Arbeitnehmervertretung
Nordeuropa
Deutschsprachiger Raum, Niederlande
Frankreich, Belgien, Luxemburg
Vereinigtes Königreich, Irland
Südeuropa
Nordamerika
Asien
66
42
97
89
29
96
93
34
58
3
11
71
4
7
Alle Länder
69
31
Basis: Vereinbarungen, die entsprechende Angaben enthalten, N = 374.
Für die Entscheidung einer beträchtlichen Minderheit von Unternehmen mit Sitz in den „Traditionsländern
der Betriebsräte“ zugunsten des „französischen“ Modells eines gemischt besetzten Gremiums gibt es
mindestens zwei Interpretationsmöglichkeiten. Zum einen läßt sich schlußfolgern, daß die nationalen
Modelle in diesen Ländern, die den Arbeitnehmervertretern relativ starke Anhörungsrechte gewähren,
angesichts der neuen Konsultationsmechanismen auf europäischer Ebene Gefahr laufen, verwässert zu
werden. Zum anderen könnte man vermuten, daß die Arbeitnehmervertreter auf nationaler Ebene jetzt
bestrebt sind, die Rechte, die sie bereits gegenüber multinationalen Unternehmensgruppen mit Sitz in
ihrem Land durchgesetzt haben, durch die Einsetzung eines europaweiten Forums mit relativ weniger
starken Anhörungsrechten zu schützen.
Innerhalb der verschiedenen Sektoren sind gemischt besetzte Gremien am häufigsten in den Bereichen
Lebensmittel- und Getränkeindustrie einschließlich Tabakverarbeitung und Finanzdienstleistungen
anzutreffen. Reine Arbeitnehmervertretungen finden dagegen die größte Verbreitung in der Metallverarbeitung, in der Papierindustrie und im Verkehrswesen. Außerdem fällt auf, daß die Tendenz zur
Einsetzung von Gremien, die ausschließlich aus Arbeitnehmervertretern bestehen, in der untersten
Größenklasse der MNU am stärksten ausgeprägt ist.
Nicht überraschend ist die Feststellung, daß die Einsetzung von EBR als reine Arbeitnehmervertretungen
am häufigsten in jenen Vereinbarungen vorgesehen ist, die seitens der Arbeitnehmer nur von bereits
20
Die Form und der Geltungsbereich der EBR-Vereinbarungen
eingesetzten Betriebsratsvertretern unterzeichnet wurden. Dagegen finden dort, wo die arbeitnehmerseitigen Unterzeichner ausschließlich Gewerkschaftsorganisationen waren, die gemischt besetzten
Gremien die größte Verbreitung.
Tabelle 3.2 Zusammensetzung der EBR nach ausgewählten Sektoren
Gemischt
besetztes Gremium
(in %)
Reine
Arbeitnehmervertretung
Bergbau und Öl
Chemie
Lebensmittel, Getränke, Tabak
Metallverarbeitung
Papierindustrie
Textil- und Bekleidungsindustrie
Baugewerbe, Versorgungsbetriebe
Finanzdienstleistungen
55
72
89
63
57
73
69
82
45
28
11
37
43
27
31
18
Alle Sektoren
69
31
Basis: Vereinbarungen, die entsprechende Angaben enthalten, N = 370.
3.2 Geographischer Geltungsbereich
Mehr als zwei Drittel der EBR-Vereinbarungen gelten auch für Tochterunternehmen außerhalb der
Länder, auf die sich der Anwendungsbereich der Richtlinie von 1994 erstreckt. So umfassen 244
Vereinbarungen (63 Prozent) auch Betriebe im Vereinigten Königreich. Ausdrücklich ausgeschlossen
wird dies nur von sieben MNU, deren Sitz sich in fünf Fällen in der Ländergruppe deutschsprachiger
Raum/ Niederlande und in zwei Fällen in Nordamerika befindet. Der Umstand, daß das Vereinigte
Königreich vom Geltungsbereich der Richtlinie ausgenommen war, scheint also die Unternehmen in der
überwältigenden Zahl der betreffenden Fälle nicht daran gehindert zu haben, dort ansässige
Tochterunternehmen in den Geltungsbereich der EBR-Vereinbarungen mit einzubeziehen.
Für Betriebe in der Schweiz, in einem oder mehreren Ländern Mitteleuropas sowie in einem oder mehreren Ländern Osteuropas gelten die EBR-Vereinbarungen in 19, 15 bzw. 5 Prozent der betreffenden
Fälle. Der Trend zur Ausdehnung des Geltungsbereichs der EBR-Vereinbarungen auf Betriebe in Mittelund Osteuropa ist am stärksten in den MNU mit Sitz im deutschsprachigen Raum und in den Niederlanden
ausgeprägt. In 4 Prozent der Fälle kommen die EBR-Vereinbarungen auch in der Türkei und in außereuropäischen Ländern zur Anwendung. Darüber hinaus haben zwei MNU Vereinbarungen getroffen, die
weltweit gelten.
21
Verhandlungen zur Einsetzung Europäischer Betriebsräte
Tabelle 3.3 Geltungsbereich außerhalb EWR 17
Betriebe in ...
Vereinigtes Königreich
Schweiz
Tschechische Republik
Ungarn
Polen
Mitteleuropa
Slowakei
Russische Föderation
Slowenien
Bulgarien
Osteuropa
Türkei
Anzahl der Fälle
%
244
72
23
20
16
59
9
4
4
2
19
4
63
19
6
5
4
15
2
1
1
1
5
1
Basis: Alle Vereinbarungen, N = 386.
3.3 Geltungsbereich hinsichtlich der Unternehmensstruktur
Eine wichtige Rolle bei der Untersuchung des Geltungsbereichs der EBR-Vereinbarungen spielt auch
die Frage, ob sich dieser auf die gesamte Unternehmensgruppe oder auf einen international operierenden Unternehmensbereich bezieht. Während 78 Prozent aller Vereinbarungen die Unternehmensgruppe
als Ganzes umfassen, gelten 15 Prozent nur auf Unternehmensbereichsebene. In 7 Prozent der Fälle ist
die Schaffung einer zweidimensionalen Struktur vorgesehen, die sowohl die Unternehmensgruppe als
auch die Ebene der Unternehmensbereiche umfaßt.
Abbildung 3.2 Geltungsbereich hinsichtlich der Unternehmensstruktur
nur gesamte
Unternehmensgruppe
78 %
gesamte Unternehmensgruppe
und Unternehmensbereiche
7%
nur Unternehmensbereiche
15 %
Basis: Alle Vereinbarungen, N = 386.
Eindimensionale EBR-Strukturen auf der Ebene des international operierenden Unternehmensbereichs
sind am häufigsten in den nichteuropäischen MNU anzutreffen, wo man sich in fast vier von zehn Fällen
für einen solchen Ansatz entschieden hat. Dies könnte darauf zurückzuführen sein, daß diese außerhalb
Europas ansässigen Unternehmen innerhalb Europas nicht über eine integrierte Struktur der Konzern-
22
Die Form und der Geltungsbereich der EBR-Vereinbarungen
leitung verfügen. Die international operierenden Geschäftsbereiche berichten dort in erster Linie an die
Zentrale im Heimatland des Unternehmens, so daß es zwischen den Geschäftsbereichen innerhalb Europas
nur selten zu einem Informationsaustausch kommt. Bei den in Europa ansässigen MNU sind EBRStrukturen auf der Ebene des international operierenden Unternehmensbereichs am häufigsten in MNU
mit Sitz im Vereinigten Königreich und Irland anzutreffen, wobei dort zweidimensionale Strukturen auf
Ebene der Unternehmensgruppe und des Unternehmensbereichs genauso weit verbreitet sind wie eindimensionale Regelungen, die sich auf einen international operierenden Geschäftsbereich beziehen. EBRStrukturen auf der Ebene des international operierenden Unternehmensbereichs sind am seltensten in
MNU mit Sitz im deutschsprachigen Raum und in den Niederlanden anzutreffen.
Tabelle 3.4 Geltungsbereich hinsichtlich Unternehmensstruktur nach Ländergruppen
(in %)
Nur gesamte
Unternehmensgruppe
Nur einzelne
Unternehmensbereiche
Beide
Ebenen
Nordeuropa
Deutschsprachiger Raum, Niederlande
Frankreich, Belgien, Luxemburg
Vereinigtes Königreich, Irland
Südeuropa
Nordeuropa
Asien
83
87
85
74
86
54
75
9
6
12
12
7
42
19
9
6
3
14
7
4
6
Alle Länder
78
15
7
Basis: Vereinbarungen, die entsprechende Angaben enthalten, N = 382.
Tabelle 3.5 Geltungsbereich hinsichtlich Unternehmensstruktur nach ausgewählten Sektoren
(in %)
Nur gesamte
Unternehmensgruppe
Nur einzelne
Unternehmensbereiche
Beide
Ebenen
Bergbau und Ölgewinnung
Chemie
Lebensmittel, Getränke, Tabak
Metallverarbeitung
46
91
79
69
46
6
17
21
9
3
4
10
Papierindustrie
Textil- und Bekleidungsindustrie
Baugewerbe, Versorgungbetriebe
Finanzdienstleistungen
71
64
100
84
21
18
5
7
18
11
Alle Sektoren
78
15
7
Basis: Vereinbarungen, die entsprechende Angaben enthalten, N = 377.
In den Vereinbarungen lassen sich auch einige interessante sektorenspezifische Unterschiede erkennen.
Sämtliche Vereinbarungen im Baugewerbe und fast alle Vereinbarungen in der chemischen Industrie
beziehen sich auf die gesamte Unternehmensgruppe. EBR-Strukturen auf der Ebene des international
operierenden Unternehmensbereichs sind insbesondere in den Sektoren Bergbau und Ölgewinnung sowie
Textil- und Bekleidungsindustrie verbreitet. Die Textil- und Bekleidungsindustrie ist außerdem der
23
Verhandlungen zur Einsetzung Europäischer Betriebsräte
Wirtschaftszweig mit dem größten Anteil an zweidimensionalen Strukturen, während im Bergbau und
in der Ölgewinnung die eindimensionalen Strukturen auf Unternehmensbereichsebene am häufigsten
anzutreffen sind. Ferner ist die Tendenz zur Schaffung eindimensionaler Strukturen auf der Ebene des
international operierenden Unternehmensbereichsbei Vereinbarungen in der Metallverarbeitung besonders stark ausgeprägt. Wie bereits in Kapitel 1 ausgeführt wurde, führen Unterschiede in der Belegschaftsgröße zu keinen nennenswerten Differenzierungen bei der Häufigkeit von unternehmensbereichsbezogenen EBR-Strukturen.
24
Kapitel 4
Rolle und Zuständigkeit des EBR
4.1 Rolle des EBR
Gemäß der Richtlinie ist die länderübergreifende Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer
eine wesentliche Voraussetzung für die Gültigkeit einer Vereinbarung nach Artikel 13. Dementsprechend finden sich in allen Vereinbarungen mit einer Ausnahme Festlegungen, wonach das
Ziel des EBR in der Unterrichtung und Anhörung besteht, wobei der Begriff der Anhörung zumeist als
„Dialog“ oder als „Meinungsaustausch“ definiert wird. 14 Prozent der Vereinbarungen enthalten noch
weitere Angaben zur Rolle des EBR, und in 7 Prozent der Fälle wird der Begriff der Anhörung dahin
gehend konkretisiert, daß die Arbeitnehmervertreter ausdrücklich die Möglichkeit erhalten, zu
Vorschlägen der Unternehmensleitung offiziell ihre Meinung zu äußern und Stellung zu nehmen. In 6
Prozent der Fälle wird dem betreffenden EBR eine noch aktivere Rolle zugewiesen: Während er in 4
Prozent der Vereinbarungen das Recht erhält, eigene Empfehlungen und Vorschläge zu unterbreiten,
kann er in 2 Prozent der Fälle auch Verhandlungen zu bestimmten Fragen führen. In Vereinbarungen
von nichteuropäischen MNU wird den EBR eine solche aktivere Rolle seltener gewährt. Innerhalb der
MNU mit Sitz in Europa ist eine aktivere Rolle des EBR am häufigsten in Vereinbarungen der Ländergruppe
Frankreich/Belgien/Luxemburg und am seltensten in Südeuropa vorgesehen.
Tabelle 4.1 Aufgaben der EBR
(in %)
Unterrichtung und Anhörung
Meinungsäußerung/Stellungnahmen
Unterbreitung von Empfehlungen
Verhandlungsführung
99
7
4
2
Basis: Alle Vereinbarungen, N = 386.
25
Verhandlungen zur Einsetzung Europäischer Betriebsräte
Insgesamt ist festzustellen, daß der Handlungsspielraum, der den Arbeitnehmervertretern im EBR gewährt
wird, die von der Richtlinie festgesetzten Grenzen nicht überschreitet. Das Anliegen der EBR besteht
also in der Unterrichtung und Anhörung. Die von einigen europäischen Unternehmerverbänden vor
Einführung der Richtlinie geäußerte Befürchtung, die Einrichtung von EBR würde innerhalb der MNU
sehr schnell Möglichkeiten für Verhandlungen auf europäischer Ebene eröffnen, haben sich nur in einer
geringen Anzahl von Fällen bestätigt. Allerdings waren diese Befürchtungen nicht ganz unbegründet,
was sich daran zeigt, daß jene sieben Vereinbarungen, die dem EBR eine gewisse Verhandlungsrolle
zubilligen, ausnahmslos vor Verabschiedung der Richtlinie im September 1994 abgeschlossen wurden.
4.2 Zuständigkeit
Mit Ausnahme von sechs Fällen wurde in allen Vereinbarungen festgelegt, für welche Fragen der EBR
zuständig sein sollte. Die hier angegebenen Themenbereiche sind als Veranschaulichung des Spektrums
von Fragen zu betrachten, die gemäß den Vereinbarungen in den Zuständigkeitsbereich der EBR fallen,
und nicht als eine erschöpfende Auflistung von Aufgaben, mit denen sich ein EBR möglicherweise befassen könnte. Wichtig ist in diesem Zusammenhang die Feststellung, daß sich die Vereinbarungen insofern voneinander unterscheiden, als sie die Themen, für die der EBR zuständig sein sollte, mehr oder
weniger ausführlich angeben.
Abbildung 4.1 Zuständigkeit der EBR
%
Basis: Vereinbarungen, die entsprechende Angaben enthalten, N = 380.
NB: Themen, die von EBR am häufigsten behandelt werden (und die in über 5 % der Vereinbarungen
Erwähnung finden).
1 = Wirtschaftliche und finanzielle Lage
2 = Beschäftigung/soziale Angelegenheiten
3 = Geschäftslage/Produktion/Absatz
4 = Investitionstätigkeit
8 = Verlagerungen/Fusionen/Verkleinerung
von Unternehmen/ Betriebsschließungen/
Massenentlassungen
9 = Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz
5 = Neue Arbeitsverfahren/Technologien
10 = Umweltschutz
6 = Unternehmensstruktur
11 = Ausbildung
7 = Organisation
12 = Chancengleichheit
26
Rolle und Zuständigkeit des EBR
Hinsichtlich einer begrenzten Zahl von Kernfragen, die in den Gesprächen zwischen Arbeitnehmervertretern und Unternehmensleitung zu berücksichtigen und zu erörtern sind, lassen sich zwischen den
einzelnen Vereinbarungen kaum Abweichungen feststellen. Das betrifft beispielsweise den Meinungsaustausch zur wirtschaftlichen und finanziellen Lage und zu Beschäftigungs- und anderen sozialen Fragen,
der in rund neun von zehn Vereinbarungen Erwähnung findet. Mehr als zwei Drittel der Vereinbarungen
verweisen in diesem Zusammenhang auch auf die Unterrichtung über die Geschäfts-, Produktions- und
Absatzlage und über Investitionsentscheidungen. In dieser Hinsicht schlagen sich die subsidiären
Vorschriften der Richtlinie, die diese Fragen in den Vordergrund stellen, deutlich in den Vereinbarungen
nieder. Überraschend ist jedoch, daß dies nicht auch für die potentiell strittige Frage der Produktionsverlagerungen, Fusionen, Verkleinerung von Unternehmen, Betriebsschließungen und Massenentlassungen gilt, die insbesondere 1997 bei der Schließung des Renault-Werks in Vilvoorde im
Mittelpunkt des Interesses stand. Trotz der besonderen Hervorhebung dieser Frage in den subsidiären
Vorschriften der Richtlinie findet sie nur in etwa der Hälfte der Vereinbarungen Erwähnung. Ähnlich
verhält es sich mit Änderungen der Organisationsstruktur des Unternehmens, auf die nur in knapp über
der Hälfte der Fälle Bezug genommen wird.
Die Tatsache, daß die Einführung neuer Arbeits- und Fertigungsverfahren nach Angabe von knapp über
der Hälfte der Vereinbarungen in den Zuständigkeitsbereich der EBR fällt, bringt zum Ausdruck, daß
den betrieblichen Arbeitnehmervertretern auf nationaler und örtlicher Ebene in diesen Fragen in letzter
Zeit verstärkt ein Mitspracherecht gewährt wird. In mehr als einem Drittel der Unternehmen wurde das
Thema Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz, das in der europäischen Gesetzgebung auf dem Gebiet
der Arbeitsbedingungen eine große Rolle spielt, in die Vereinbarungen aufgenommen. Auch das Thema
Ausbildung und Umwelt findet in einer beträchtlichen Minderheit der Vereinbarungstexte Erwähnung.
Von besonderem Interesse ist schließlich, daß in wenigen Fällen auch auf die Zuständigkeit des EBR für
Fragen der Chancengleichheit verwiesen wird.
Obwohl Kernfragen, wie etwa die wirtschaftliche und finanzielle Lage sowie Beschäftigungs- und soziale
Themen, in den meisten Vereinbarungen Erwähnung finden, lassen sich in Abhängigkeit vom
Herkunftsland des MNU bedeutende Abweichungen feststellen. Die größten Unterschiede ergeben sich
dabei zwischen den MNU mit Sitz in Südeuropa und den in Asien ansässigen Unternehmen. So wird
beispielsweise die wirtschaftliche und finanzielle Lage bei den MNU mit Sitz in Südeuropa in allen
Vereinbarungen erwähnt, während die in Asien ansässigen Unternehmen nur in sieben von zehn Fällen
auf diesen Punkt verweisen. Ähnlich verhält es sich mit den beschäftigungsrelevanten und sozialen
Themen, auf die in Südeuropa in allen Vereinbarungen, in den asiatischen Unternehmen aber nur in etwas
mehr als der Hälfte der Fälle Bezug genommen wird. In den anderen Fragen sind die Unterschiede in
Abhängigkeit vom Herkunftsland der MNU sogar noch größer. Die deutlichste Abweichung läßt sich
beim Thema Ausbildung feststellen, das bei den MNU aus Südeuropa in zwei Dritteln der Vereinbarungen
enthalten ist, während es bei den MNU mit Sitz in Asien in nicht einmal 5 Prozent der Vereinbarungen
Erwähnung findet.
Insgesamt läßt sich hier ein eindeutiger Trend erkennen. Von den zwölf Themenbereichen, die bei der
Analyse der Vereinbarungstexte berücksichtigt wurden, sind sieben am häufigsten in den Vereinbarungen
der MNU mit Sitz in Südeuropa enthalten. Auf weitere drei Themen wird am häufigsten in den
Vereinbarungen von MNU aus dem deutschsprachigen Raum und den Niederlanden verwiesen. Das
geringste Spektrum an Diskussionsthemen ergibt sich rein formell betrachtet offenbar für die EBR in
den MNU mit Sitz in Asien, wo sechs der zwölf berücksichtigten Themen seltener genannt werden als
in allen anderen Ländergruppen.
Man sollte aus diesen Ergebnissen jedoch keine vorschnellen Schlüsse ziehen. Die Erwähnung eines
bestimmten Themas in einer Vereinbarung gibt nicht unbedingt darüber Auskunft, welche Bedeutung
ihm von den unterzeichnenden Parteien beigemessen wird, und sie gewährt natürlich auch keinen Einblick
in die tatsächliche Praxis in einem EBR. In Vereinbarungen von MNU mit Sitz in den nordeuropäischen
27
Verhandlungen zur Einsetzung Europäischer Betriebsräte
Ländern wird beispielsweise auf einige der aufgelisteten Themen seltener Bezug genommen als in den
übrigen europäischen MNU. Die Tatsache, daß etwa die Frage Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz
dort nur in einer von fünf Vereinbarungen Erwähnung findet, ist aber mit großer Sicherheit kein Indiz
dafür, daß dieses Thema in den meisten Fällen als unbedeutend betrachtet wird. Dieser geringe Anteil
könnte vielmehr darauf hindeuten, daß das Thema Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz in
Nordeuropa einen ganz normalen Bestandteil des Meinungsaustauschs zwischen Arbeitnehmervertretern
und Unternehmensleitung darstellt. Als zweite Begründung ließe sich dieses Phänomen aber auch als
ein Anzeichen dafür werten, daß die Sozialpartner in den nordeuropäischen Unternehmen bei Fragen des
Gesundheitsschutzes und der Sicherheit am Arbeitsplatz nicht die europäische sondern die örtliche Ebene
als das angemessene Diskussionsforum betrachten. Der andere Extremfall betrifft die große Häufigkeit,
mit der viele dieser Fragen in den Vereinbarungen von MNU mit Sitz in Südeuropa erwähnt werden.
Die Fülle von formellen Festlegungen zur Zuständigkeit der EBR könnte dort entweder auf einen Mangel
an langjähriger Erfahrung mit Verfahren zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer hindeuten
oder aber ein Ausdruck des fehlenden Vertrauens zwischen den Sozialpartnern sein.
4.3 Ausschluß bestimmter Themen
In 48 Prozent, also in fast der Hälfte der Vereinbarungen nach Artikel 13, sind Regelungen enthalten,
wonach bestimmte Themen vom Zuständigkeitsbereich des EBR ausgeschlossen sind. Neun von zehn
dieser 185 Vereinbarungen schließen z. B. jene Fragen aus, die bereits auf örtlicher oder nationaler Ebene
behandelt werden. Bezogen auf die Gesamtzahl der Vereinbarungen ergibt das einen Anteil von 42
Prozent.
Gemäß der Logik des Richtlinientextes kommt in diesen Vereinbarungen also eine Art
„Subsidiaritätsprinzip“ zur Anwendung. Zu den spezifischen Themen, die ausdrücklich ausgeschlossen
sind, zählen in erster Linie Fragen der Bezahlung und des Arbeitsentgelts, die in 19 Prozent der
Vereinbarungen nicht in den Zuständigkeitsbereich des EBR fallen. Derartige Regelungen bringen eindeutig die Absicht zum Ausdruck, die Verfahren im Zusammenhang mit den Tarifverhandlungen von
den Verfahren der Unterrichtung und Anhörung klar zu trennen. In einem geringeren Teil der
Vereinbarungen werden auch Arbeitsstreitigkeiten, politische Fragen und persönliche Angelegenheiten
ausgeschlossen.
Tabelle 4.2 Ausschluß bestimmter Themen
(in %)
Themen, die auf örtlicher oder nationaler Ebene behandelt werden
Lohn- und Gehaltsfragen
Arbeitsstreitigkeiten
Persönliche Angelegenheiten
Politische Angelegenheiten
42
19
4
7
5
Basis: Alle Vereinbarungen, N = 386.
Die größte Verbreitung finden Ausschlußklauseln in Vereinbarungen von MNU mit Sitz im Vereinigten
Königreich/in Irland und in den nichteuropäischen Ländern. Dies kann daran liegen, daß es dort auf
nationaler Ebene keine bereits etablierten praktischen Beispiele für die Betätigung von Betriebsräten
gibt, so daß die Verhandlungsparteien möglicherweise größeren Wert darauf legen, alle Fragen, die nicht
in den Zuständigkeitsbereich eines EBR fallen sollten, genau zu benennen. Insbesondere könnten davon
Fragen der Bezahlung und des Arbeitsentgelts betroffen sein, zumal im Vereinigten Königreich und in
28
Rolle und Zuständigkeit des EBR
Abbildung 4.2 Ausschluß bestimmter Themen
All
eL
änd
er
As
ien
No
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rik
a
Sü
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a
No
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g
Kö Ve
nig rei
rei nig
ch, tes
Irla
nd
%
Basis: Alle Vereinbarungen, N = 386.
Irland sowie in den nordamerikanischen Ländern auf dem Gebiet der Arbeitsbeziehungen zwischen dem
Recht auf Unterrichtung und Anhörung einerseits und dem Recht auf Verhandlungen andererseits in
institutioneller Hinsicht eine deutliche Trennung vorgenommen wird. Im Gegensatz dazu sind Regelungen,
wonach der EBR bestimmte Themen nicht behandeln darf, in Vereinbarungen von MNU mit Sitz in
Südeuropa am seltensten anzutreffen.
Bei einer Gegenüberstellung der Wirtschaftszweige zeigt sich, daß der Ausschluß eines oder mehrerer
spezifischer Themen von der Behandlung im EBR am häufigsten im Verkehrswesen und am seltensten
im Bereich Baugewerbe und Versorgungsbetriebe vereinbart wurde. Außerdem gibt es bei den MNU
erhebliche Unterschiede zwischen den großen Unternehmen einerseits und den mittleren und kleineren
Einheiten andererseits. Während in der erstgenannten Gruppe nur jedes dritte Unternehmen bestimmte
Themen von der Tagesordnung ausdrücklich ausschließt, ist dies in der letztgenannten Gruppe in zwei
Dritteln der Vereinbarungen der Fall.
Darüber hinaus sind Ausschlußklauseln in Vereinbarungen, die von Betriebsratsvertretern unterzeichnet wurden, am seltensten enthalten und in Fällen, wo „Arbeitnehmervertreter“ (entweder als alleinige
Unterzeichner oder zusammen mit bereits eingesetzten Vertretern) die Unterschrift geleistet haben, am
häufigsten anzutreffen. Ferner lassen sich Unterschiede auch in Abhängigkeit vom Unterzeichnungsdatum
feststellen. So sind die Regelungen bezüglich des Ausschlusses bestimmter Themen in Vereinbarungen,
die vor September 1994 zustande kamen, entschieden weniger strikt als in Vereinbarungen aus der Zeit
nach Verabschiedung der Richtlinie, die sich offenbar stärker auf das von der Richtlinie vorgegebene
„Themenspektrum“ konzentrieren.
29
Kapitel 5
Die Zusammensetzung des EBR
Die Anzahl und Zusammensetzung der Arbeitnehmervertreter in den nach Artikel 13 eingesetzten EBR
und die Art und Weise ihrer Auswahl und Benennung sind in den einzelnen Vereinbarungen sehr unterschiedlich geregelt. Das gilt auch für die allerdings nicht in allen Vereinbarungen behandelte Frage,
inwieweit Gewerkschaftsfunktionäre und/oder weitere Personen, wie etwa Gäste, Beobachter oder
Sachverständige an den EBR-Sitzungen von Rechts wegen oder auf Einladung teilnehmen können.
Obwohl fast überall andere Systeme und Formeln vorgesehen sind, wie Carley und Hall (1996) in einer
früheren Analyse von 51 Vereinbarungen bereits feststellen konnten, lassen sich hinsichtlich der Ähnlichkeiten und Abweichungen zwischen den einzelnen Vereinbarungen dennoch gewisse Grundmuster
erkennen.
5.1 Anzahl und geographische Verteilung der Arbeitnehmervertreter
Die Anzahl der Arbeitnehmervertreter in einem EBR läßt sich in rund zwei Dritteln der Fälle ermitteln.
In den meisten anderen Vereinbarungen wird zwar eine Formel zur Bestimmung der Anzahl der
Arbeitnehmervertreter aufgestellt, aber es werden entweder keine Angaben zur Verteilung nach Ländern,
Belegschaftsgrößen, Betriebsart oder Berufsgruppe gemacht, oder es wird keine Gesamtzahl genannt.
Von den 248 Vereinbarungen, für die sich die Anzahl der Arbeitnehmervertreter berechnen läßt, umfaßt
der einzusetzende EBR in 18 Prozent der Fälle höchstens zehn Arbeitnehmervertreter. In den meisten
EBR (51 Prozent) ist die Arbeitnehmerseite mit 11 bis 20 Mitgliedern vertreten und in weiteren 25 Prozent
mit 21 bis 30 Mitgliedern. Mehr als 30 Arbeitnehmervertreter wurden in lediglich 6 Prozent der Fälle
ermittelt. Während die drei kleinsten EBR jeweils nur drei Mitglieder haben, umfaßt das größte dieser
Gremien 70 Mitglieder. Insgesamt werden die subsidiären Vorschriften der Richtlinie, die eine Anzahl
von mindestens drei und höchstens 30 Arbeitnehmervertretern vorsehen, in über 90 Prozent der
Vereinbarungen eingehalten.
Die Einsetzung eines EBR mit zehn oder weniger Mitgliedern wurde am häufigsten von MNU mit Sitz
in Südeuropa, in der Ländergruppe deutschsprachiger Raum/ Niederlande und in Asien und am selten-
31
Verhandlungen zur Einsetzung Europäischer Betriebsräte
sten in MNU mit Sitz in der Ländergruppe Frankreich/Belgien/Luxemburg und in Nordamerika vereinbart. Große EBR mit mehr als 30 Mitgliedern sind dagegen besonders stark in MNU mit Sitz in Frankreich,
Belgien oder Luxemburg konzentriert, was damit zusammenhängen könnte, daß man es für notwendig
hielt, die Anhängerschaften der zahlreichen verschiedenen Gewerkschaften in Frankreich zufriedenzustellen. Bei einer diesbezüglichen Untersuchung der Wirtschaftszweige wird deutlich, daß kleine EBR
am häufigsten in der Papier- und in der Textilindustrie anzutreffen sind, während große EBR in der chemischen Industrie die größte Verbreitung finden. Nicht überraschend ist die Feststellung, daß in dieser
Frage auch die Belegschaftsgröße der betreffenden multinationalen Unternehmen eine bedeutende Rolle
spielt. Während die EBR in keinem der kleinen Unternehmen und nur in 12 Prozent der mittleren
Unternehmen mehr als 20 Mitglieder haben, trifft dies bei den großen multinationalen Unternehmen auf
60 Prozent der Fälle zu. Darüber hinaus ist zu beobachten, daß die Einsetzung eines EBR mit höchstens
zehn Mitgliedern dort am wahrscheinlichsten ist, wo die entsprechenden Vereinbarungen mit Vertretern
von Betriebsräten oder mit bereits eingesetzten Arbeitnehmervertretern aus einem einzigen Land abgeschlossen wurden.
Abbildung 5.1 Anzahl der Arbeitnehmervertreter in den EBR
3-10
18 %
11-20
51 %
30+
6%
21-30
25 %
Basis: Vereinbarungen, bei denen sich die Anzahl der Arbeitnehmervertreter berechnen läßt, N = 248.
Die 248 Vereinbarungen enthalten auch Angaben zur geographischen Verteilung der EBR-Mitglieder.
Bei der Interpretation der Zahlen ist jedoch Vorsicht geboten, da es zwischen den einzelnen Ländergruppen
Abweichungen hinsichtlich der Verfügbarkeit dieser Daten gibt. Während bei den MNU mit Sitz in den
südeuropäischen Ländern 87 Prozent der Vereinbarungen und bei den im Vereinigten Königreich oder
in Irland ansässigen MNU 80 Prozent der Vereinbarungen Informationen zur geographischen Verteilung
der EBR-Mitglieder enthalten, trifft dies bei den MNU mit Sitz in den nordeuropäischen Ländern und
in Asien nur auf die Hälfte der Vereinbarungen zu.
In 87 Prozent dieser EBR sind Arbeitnehmer aus Deutschland vertreten. An zweiter Stelle folgt Frankreich
mit 78 Prozent und an dritter Stelle, obwohl es vom Geltungsbereich der Richtlinie ausgenommen ist,
das Vereinigte Königreich mit 68 Prozent. Erwähnung verdient in diesem Zusammenhang auch die
Anzahl von EBR-Mitgliedern aus den Ländern Südeuropas, die selbst dann relativ hoch ist, wenn man
berücksichtigt, daß für 87 Prozent, d. h. für 13 der 15 Vereinbarungen von MNU mit Sitz in diesen
Ländern Daten vorliegen. So sind in 60 Prozent der vereinbarten EBR Mitglieder aus Italien und aus
Spanien vertreten, in 30 Prozent Mitglieder aus Portugal und in 24 Prozent der Fälle Mitglieder aus
32
Die Zusammensetzung des EBR
Griechenland. Neben der Vertretung einzelner Länder ist in einem kleinen Teil der Vereinbarungen auch
vorgesehen, für mehrere Benelux- und nordeuropäische Länder nur einen Vertreter zu entsenden. Wenn
man nur jene Länder betrachtet, die nicht in den Geltungsbereich der Richtlinie fallen und vom Vereinigten
Königreich einmal absieht, dann kommen die meisten Vertreter aus der Schweiz, gefolgt von den Ländern
Mitteleuropas.
Tabelle 5.1. Arbeitnehmervertretung in EBR nach Ländern
Anzahl der Vereinbarungen
mit Arbeitnehmervertretung
Österreich
Anteil (in %) der Vereinbarungen
mit Arbeitnehmervertretung
91
37
136
55
Dänemark
65
26
Finnland
46
19
Frankreich
194
78
Deutschland
216
87
Griechenland
48
20
Irland
66
27
Italien
148
60
Luxemburg
23
9
Niederlande
140
56
Norwegen
59
24
Portugal
75
30
Spanien
149
60
76
31
Benelux
9
4
Nordeuropa
7
3
42
17
Vereinigtes Königreich
169
68
Tschechische Republik
14
6
Ungarn
11
4
Polen
7
3
Slowakei
7
3
Mitteleuropa
3
1
Türkei
6
2
Belgien
Schweden
Schweiz
Basis: Vereinbarungen, die Angaben über Arbeitnehmervertreter enthalten, N = 248.
5.2 Sitzverteilung
Die Art der Sitzverteilung ist in 84 Prozent der Vereinbarungen festgelegt. Betrachtet man nur die vor
September 1994 abgeschlossenen Vereinbarungen, dann liegt dieser Anteil dort nur bei 65 Prozent. In
den Vereinbarungen, die entsprechende Angaben enthalten, erfolgt die Sitzverteilung in den weitaus
meisten Fällen nach einer Variante der beiden folgenden Methoden: a) nach einer einheitlichen Rate, die
33
Verhandlungen zur Einsetzung Europäischer Betriebsräte
den betreffenden Ländern oder Betrieben jeweils die gleiche Anzahl von Sitzen zuweist, und b) anhand
der Belegschaftsgröße in den betreffenden Ländern oder Betrieben.
In 35 Prozent der Vereinbarungen werden die Sitze nach einer einheitlichen Rate verteilt. Während man
sich in zwei von fünf dieser Fälle ausschließlich auf diese Methode stützt, wird dieses Prinzip in den verbleibenden drei von fünf Fällen noch durch die Gewährung garantierter oder zusätzlicher Sitze für ein
oder mehrere Länder oder Betriebe ergänzt. Das kann in der Regel dazu dienen, Betrieben im Heimatland
des Unternehmens zusätzliche Sitze zu gewähren, weil dort die meisten Arbeitnehmer beschäftigt sind,
oder aber Betrieben in Ländern, wo eventuell bestehende Beschäftigungsschwellenwerte nicht übersprungen werden (siehe weiter unten), sowie verschiedenen Unternehmensbereichen einer multinationalen Unternehmensgruppe eine bestimmte Zahl von Sitzen zu reservieren. Im überwiegenden Teil der
Vereinbarungen (62 Prozent) ist jedoch eine Sitzverteilung entsprechend der Belegschaftsgröße festgelegt. In drei Vierteln dieser Fälle werden die Sitze ausschließlich auf der Grundlage der Belegschaftsgröße
zugewiesen, während in dem verbleibenden Viertel eine Gewährung zusätzlicher oder garantierter Sitze
für bestimmte Länder oder Betrieb vorgesehen ist.
Tabelle 5.2 Grundlage für die Verteilung der Sitze im EBR
(in %)
Alle Arten der Sitzverteilung anhand einer einheitlichen Rate
Ausschließlich anhand einer einheitlichen Rate
Einheitliche Rate, jedoch mit garantierten/zusätzlichen Sitzen für ein oder mehrere Länder
Alle Arten der Sitzverteilung entsprechend der Belegschaftsgröße
Ausschließlich anhand der Belegschaftsgröße
Anhand der Belegschaftsgröße, jedoch mit garantierten/zusätzlichen Sitzen für ein
oder mehrere Länder
Alle Arten der garantierten/zusätzlichen Sitzzuweisung
Sonstige Verfahren
35
14
21
62
47
15
36
2
Basis: Vereinbarungen mit Angabe des Prinzips der Sitzverteilung, N = 325.
Insgesamt ist die Gewährung zusätzlicher oder garantierter Sitze für bestimmte Länder oder Betriebe in
36 Prozent der Vereinbarungen vorgesehen. In 14 Prozent der Fälle wird durch das Verfahren der
Sitzverteilung sichergestellt, daß die verschiedenen Unternehmensbereiche innerhalb einer multinationalen Unternehmensgruppe oder die verschiedenen Branchen, in denen sich das Unternehmen betätigt,
entsprechend vertreten sind. In 5 Prozent der Vereinbarungen basiert die Sitzverteilung darauf, daß
zwischen verschiedenen Arten von Betrieben, wie etwa Produktionsstandorten und Verkaufs- oder
Vertriebsstandorten, unterschieden wird, und in lediglich 3 Prozent der Fälle soll sie dazu dienen, die
Vertretung verschiedener im Unternehmen tätiger Berufsgruppen sicherzustellen.
Fast jede zweite Vereinbarung (44 Prozent) sieht vor, daß Betriebe in bestimmten Ländern nur dann eine
Direktvertretung im EBR erhalten, wenn deren Beschäftigtenzahl einen feststehenden Schwellenwert
übersteigt. Am weitesten verbreitet sind in diesem Zusammenhang Mindestgrößen von 100 oder 150
Arbeitnehmern, die zu gleichen Teilen in zwei Dritteln dieser Fälle zur Anwendung kommen. Ansonsten
werden zumeist niedrigere Schwellenwerte festgelegt, wie z. B. 50 Arbeitnehmer in 14 Prozent und weniger als 50 Arbeitnehmer in weiteren 11 Prozent der betreffenden Fälle. Eine Mindestgröße von mehr als
150 Arbeitnehmern ist in 5 Prozent der Vereinbarungen mit entsprechenden Angaben vorgesehen. Mit
Hilfe derartiger Schwellenwerte soll möglicherweise vermieden werden, daß Länder, in denen sich nur
Verkaufsstandorte befinden, automatisch im EBR vertreten sind.
34
Die Zusammensetzung des EBR
Abbildung 5.2 Beschäftigungsschwellenwerte für Vertretung im EBR
Kein Schwellenwert
56 %
Mindestens 150
Arbeitnehmer
2%
Keine Angaben
3%
Weniger als 100
11 %
100-150 Arbeitnehmer
28 %
Basis: Alle Vereinbarungen, N = 386.
Gemäß den subsidiären Vorschriften der Richtlinie erhält jedes der sieben EWR-Länder, in dem sich ein
Betrieb des multinationalen Unternehmens befindet, mindestens einen Sitz, wobei die weitere
Sitzverteilung dann entsprechend der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer erfolgt. Es werden jedoch
keine Schwellenwerte hinsichtlich der Belegschaftsgröße von Betrieben in diesen Ländern festgelegt.
Während sich das in der Mehrzahl der Vereinbarungen übernommene Prinzip der Sitzverteilung nach
Belegschaftsgröße somit also im Einklang mit dieser Verfahrensweise befindet, stellt die in einem nicht
unerheblichen Teil der Vereinbarungen nach Artikel 13 vorgesehene Sitzzuweisung an Länder und
Betriebe anhand eines Beschäftigungsschwellenwerts eine Abweichung von den Bestimmungen der
Richtlinie dar.
Untersucht man nun die Unterschiede im Verfahren der Sitzverteilung in Abhängigkeit von den einzelnen Unternehmensarten, dann läßt sich feststellen, daß Varianten des Verfahrens der pauschalen
Sitzzuweisung am häufigsten in Unternehmen mit Sitz im deutschsprachigen Raum und in den
Niederlanden anzutreffen sind, während die Methode der Sitzverteilung entsprechend der
Belegschaftsgröße in Vereinbarungen von Unternehmen in der Ländergruppe Frankreich/Belgien/
Luxemburg und in Nordamerika die größte Verbreitung findet. Beschäftigungsschwellenwerte für die
Sitzzuweisung an Länder oder Betriebe wurden am häufigsten von Unternehmen der Ländergruppe
Frankreich/Belgien/Luxemburg und am seltensten von britischen oder irischen Unternehmen vereinbart.
Bei einem Vergleich der einzelnen Sektoren wird deutlich, daß die Sitzverteilung anhand einer einheitlichen Rate bei Unternehmen in den Branchen Papierindustrie und Druckgewerbe sowie Baugewerbe
und Versorgungsbetriebe am weitesten verbreitet ist. Außerdem ist der Bereich Baugewerbe und
Versorgungsbetriebe auch der Sektor, wo am häufigsten Beschäftigungsschwellenwerte vereinbart wurden. Die Anzahl der Beschäftigten und die Frage, ob die Vereinbarungen für die gesamte
Unternehmensgruppe oder nur für bestimmte Unternehmensbereiche gelten, hat kaum Auswirkungen
auf das Verfahren der Sitzverteilung, wobei natürlich Formeln mit einer bereichs- oder sektorenspezifischen Dimension dort erheblich häufiger anzutreffen sind, wo die Vereinbarungen gesonderte Regelungen
für die Unternehmensgruppe und die Ebene der Unternehmensbereiche enthalten.
35
Verhandlungen zur Einsetzung Europäischer Betriebsräte
5.3 Auswahl der Arbeitnehmervertreter
Unter den Mitgliedern des EBR befinden sich in allen Fällen nichthauptberufliche („Laien-“) Vertreter,
die Arbeitnehmer des multinationalen Unternehmens oder der multinationalen Unternehmensgruppe sein
müssen. Nach Maßgabe der subsidiären Vorschriften der Richtlinie sind diese Arbeitnehmervertreter
entsprechend den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften oder Gepflogenheiten zu wählen oder zu benennen. In fast allen Vereinbarungen wird dargelegt, nach welchem bzw. nach welchen Verfahren dies zu
erfolgen hat, wobei sich hier drei verschiedene Varianten abzeichnen. Die erste Variante besteht darin,
gemäß der Richtlinie entsprechend den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten
zu verfahren. In einer zweiten Variante ist vorgesehen, die Vorgehensweise bei der Auswahl der
Arbeitnehmervertreter im Rahmen einer nachfolgenden Einigung oder Absprache festzulegen, während
die dritte Variante spezifische Methoden der Wahl oder Benennung dieser Vertreter vorsieht, die in der
Praxis mit den nationalen Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten der betreffenden Länder durchaus übereinstimmen können. Es besteht auch generell die Möglichkeit, daß innerhalb einer Vereinbarung
in verschiedenen Ländern verschiedene Methoden zur Anwendung kommen. Außerdem können die alternativen Verfahren bei der Auswahl der Arbeitnehmervertreter in einigen oder allen Ländern als primäre
Methode oder als zusätzliches Mittel dienen. In den folgenden Ausführungen werden die hier genannten Aspekte im einzelnen erläutert.
Tabelle 5.3 Verfahren zur Auswahl der Arbeitnehmervertreter
(in %)
Alle Verfahren gemäß einzelstaatlichen Rechtsvorschriften/Gepflogenheiten
Gemäß einzelstaatlichen Rechtsvorschriften/ Gepflogenheiten in allen Ländern
Gemäß einzelstaatlichen Rechtsvorschriften/ Gepflogenheiten in einigen Ländern
und anhand von spezifischen Methoden in anderen Ländern
Durch nachfolgende Einigung oder Absprache
Spezifische Methoden insgesamt
Anwendung spezifischer Methoden in allen Ländern
Anwendung spezifischer Methoden in einigen Ländern und anderer Verfahren
in anderen Ländern
Sonstige Verfahren
Keine Angaben
63
50
13
4
40
25
16
1
5
Basis: Alle Vereinbarungen, N = 386.
In jeder zweiten Vereinbarung ist festgelegt, daß die Vertreter in allen betreffenden Ländern entsprechend den jeweiligen einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten gewählt oder
benannt werden. In weiteren 13 Prozent ist darüber hinaus noch ein weiteres Verfahren vorgesehen,
wobei die beiden Verfahren jeweils nur in einigen und in keinem Fall in allen betreffenden Ländern zur
Anwendung kommen. Von der zweiten Variante, bei der das Verfahren zur Auswahl der Arbeitnehmervertreter im Rahmen einer nachfolgenden Einigung oder Absprache zu bestimmen ist, wird weniger häufig Gebrauch gemacht. Sie kommt als einzig mögliches Verfahren lediglich in 4 Prozent und in
Kombination mit anderen Verfahren in weiteren 2 Prozent der Vereinbarungen zur Anwendung. In einem
Viertel aller Fälle ist dagegen vorgesehen, die Arbeitnehmervertreter in allen betreffenden Ländern mit
Hilfe spezifischer Methoden zu wählen oder zu benennen. Darüber hinaus werden in weiteren 16 Prozent
der Vereinbarungen neben dieser dritten Variante noch andere Verfahren angegeben, wobei jedes
Verfahren nur für einige, nicht aber für alle Länder gilt. Weitere Methoden, die hier nicht näher unter-
36
Die Zusammensetzung des EBR
sucht werden, kommen in 1 Prozent der Fälle zur Anwendung, während 5 Prozent der Vereinbarungen
zur Verfahrensweise bei der Auswahl der Arbeitnehmervertreter keine Angaben enthalten.
Jene Vereinbarungen, die spezielle Methoden zur Wahl oder Benennung von Arbeitnehmervertretern
vorsehen, verweisen in diesem Zusammenhang am häufigsten auf die Entsendung durch nationale
Betriebsräte (64 Prozent), die Benennung durch Gewerkschaften (45 Prozent) und die Direktwahl innerhalb der Belegschaft (40 Prozent). Darüber hinaus werden in 7 Prozent der Fälle noch weitere Methoden
angegeben. In einer beträchtlichen Anzahl von Vereinbarungen (37 Prozent) sind zwei oder mehr
Auswahlverfahren vorgesehen. Dabei ist festzustellen, daß sich die Verfahren je nach Land voneinander unterscheiden und daß in den einzelnen Ländern jeweils bestimmte Methoden bevorzugt werden
können. In nahezu 30 Prozent der Vereinbarungen mit Festlegungen zur Benennung von Arbeitnehmervertretern durch die Gewerkschaften — und in einigen der betreffenden Länder sogar in knapp
über 60 Prozent der Fälle — stellt diese Methode das primäre oder einzig mögliche Auswahlverfahren
für alle von der Vereinbarung erfaßten Länder dar. Dagegen kommt sie in lediglich 3 Prozent der Fälle
nur dann zur Anwendung, wenn andere Verfahren nicht praktikabel sind. Bei den Vereinbarungen, die
eine Benennung der Arbeitnehmervertreter durch die nationalen Betriebsräte vorsehen, ist diese Methode
in knapp über der Hälfte der Vereinbarungen — und in einigen der betreffenden Länder in rund 40 Prozent
der Fälle — das primäre oder einzig mögliche Verfahren für alle erfaßten Länder, während sie in lediglich 2 Prozent der Fälle ein subsidiäres Verfahren darstellt. Insgesamt ist festzustellen, daß bei der Auswahl
der Arbeitnehmervertreter in vier von fünf Vereinbarungen, die dafür spezielle Methoden festlegen, in
einigen oder allen Ländern primär auf bereits bestehende Formen der Arbeitnehmervertretung, d. h. auf
Gewerkschaften oder nationale Betriebsräte, zurückgegriffen wird.
Die Direktwahl von Arbeitnehmervertretern durch die Belegschaft stellt dagegen in den meisten Fällen
nur ein subsidiäres Verfahren dar, das dann zur Anwendung kommt, wenn andere Verfahren nicht möglich sind (57 Prozent der betreffenden Fälle). Regelungen, wonach die Direktwahl das primäre oder einzig mögliche Verfahren darstellt, gelten in zwei Dritteln der betreffenden Fälle für alle Länder im
Geltungsbereich der jeweiligen Vereinbarung und in einem Drittel der betreffenden Fälle nur für einige
dieser Länder. Bezogen auf die Gesamtzahl der Vereinbarungen, die spezifische Methoden zur Auswahl
der Arbeitnehmervertreter vorsehen, sind Direktwahlen in rund einem von sechs Fällen (15 Prozent) das
primäre oder einzig mögliche Verfahren.
Die Auswahl von Arbeitnehmervertretern entsprechend den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften oder
Gepflogenheiten wurde am häufigsten von Unternehmen mit Sitz in Nordeuropa sowie im deutschsprachigen Raum und den Niederlanden vereinbart, während die Anwendung spezifischer Methoden in
Unternehmen mit Sitz in der Ländergruppe Frankreich/Belgien/Luxemburg stärker verbreitet ist.
Regelungen, die eine Kombination mehrerer Verfahren vorsehen, finden sich vor allem in Vereinbarungen
von Unternehmen aus dem Vereinigten Königreich oder aus Irland. Als Ursache dafür kommt entweder
das Nichtvorhandensein allgemeingültiger Rechtsvorschriften in Frage oder aber die Tatsache, daß die
Verwendung mehrerer Verfahren den Bestimmungen der grundlegenden Vereinbarungen für die
Arbeitnehmervertretung in diesen Ländern entspricht. Untersucht man nun jene Vereinbarungen, die
eine Auswahl mit Hilfe spezifischer Methoden vorsehen, dann ist die Benennung der Vertreter durch die
Gewerkschaften besonders häufig in Unternehmen mit Sitz in Nordeuropa, in der Ländergruppe
Frankreich/Belgien/Luxemburg und in den südeuropäischen Ländern anzutreffen, während diese
Auswahlmethode in Unternehmen im deutschsprachigen Raum und in den Niederlanden sowie in
Nordamerika am seltensten vereinbart wurde. Dieses differenzierte Bild ist ein Ausdruck der nationalen
Unterschiede in den Strukturen der Arbeitnehmervertretung auf Unternehmensebene. Das Verfahren der
Entsendung von Vertretern durch die nationalen Betriebsräte findet dagegen in Vereinbarungen von
Unternehmen mit Sitz im deutschsprachigen Raum und in den Niederlanden aber auch in nordamerikanischen Unternehmen eine besonders große Verbreitung. Ferner läßt sich feststellen, daß eine Direktwahl
der Arbeitnehmervertreter am häufigsten in Vereinbarungen von Unternehmen mit Sitz im Vereinigten
Königreich/in Irland und in Nordamerika vorgesehen ist.
37
Verhandlungen zur Einsetzung Europäischer Betriebsräte
Bei einer Gegenüberstellung der einzelnen Sektoren ergeben sich hinsichtlich der vereinbarten
Auswahlverfahren nur wenige nennenswerte Unterschiede. Die Verwendung mehrerer Verfahren wurde
besonders häufig von Unternehmen in der Lebensmittel- und Getränkeindustrie, in der Papierindustrie,
im Bereich Baugewerbe und Versorgungsbetriebe sowie im Bereich der Finanzdienstleistungen vereinbart. Deutlicher ist der Differenzierungsgrad dagegen in bezug auf die in den betreffenden Vereinbarungen
genannten spezifischen Methoden. Hier läßt sich feststellen, daß die Benennung der Vertreter durch die
Gewerkschaften die größte Verbreitung in Vereinbarungen in der Textil- und Bekleidungsbranche findet, während man die Benennung durch nationale Betriebsräte am häufigsten in der chemischen Industrie
und die Direktwahl am häufigsten im Bereich der Finanzdienstleistungen antrifft. Darüber hinaus ist zu
beobachten, daß die Häufigkeit von Regelungen, die eine Benennung durch die Gewerkschaften vorsehen, in erheblichem Maße von der Unternehmensgröße abhängt: Während dieses Auswahlverfahren
bei den kleinen Unternehmen nur in 9 Prozent der Vereinbarungen mit Angaben über spezifische Methoden
genannt wird, beträgt der entsprechende Anteil in den mittleren Unternehmen bereits 33 Prozent und in
den großen Unternehmen immerhin 70 Prozent.
Eine Auswahl entsprechend den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften oder Gepflogenheiten ist in
Vereinbarungen, die vor September 1994 zustande kamen, deutlich seltener vorgesehen als in den
Vereinbarungen aus der Zeit nach Verabschiedung der Richtlinie (37 Prozent gegenüber 57 Prozent).
Dagegen wurde ein Auswahlverfahren im Rahmen einer nachfolgenden Einigung oder Absprache oder
die Anwendung spezifischer Methoden vor September 1994 häufiger vereinbart, was den Einfluß der
subsidiären Vorschriften der Richtlinie auf spätere Vereinbarungen verdeutlicht. Auch die Benennung
der Vertreter durch die Gewerkschaften findet in Vereinbarungen, die vor September 1994 unterzeichnet wurden, eine größere Verbreitung als in Vereinbarungen aus der Zeit nach Verabschiedung der
Richtlinie.
5.4 Externe Teilnehmer
Neben den nichthauptberuflichen („Laien-“)Vertretern umfaßt die Arbeitnehmerseite in einem Drittel
der EBR auch weitere Personen, die als externe Vertreter an den Sitzungen teilnehmen. Hinsichtlich der
Identität dieser Personen und in bezug auf die Frage, ob sie an den Sitzungen von Rechts wegen oder
auf Einladung teilnehmen, ergibt sich ein sehr differenziertes Bild. In 17 Prozent der Vereinbarungen
schließt die Arbeitnehmerseite auch externe Vertreter ein, die Vollmitglieder des EBR sind. Dabei handelt es sich in neun von zehn Fällen um Gewerkschaftsfunktionäre, die jeweils zur Hälfte internationalen oder nationalen Gewerkschaften angehören. 21 Prozent der Vereinbarungen enthalten dagegen
Bestimmungen, wonach externe Vertreter, die formell betrachtet keine Mitglieder sind, an den EBRSitzungen von Rechts wegen teilnehmen können. Dieses Recht wird in der Hälfte dieser Fälle
Gewerkschaftsfunktionären eingeräumt, wobei Vertreter internationaler Gewerkschaftsorganisationen
dabei fast doppelt so häufig genannt werden wie Vertreter nationaler Gewerkschaften. Die Unterscheidung
zwischen externen Teilnehmern als Vollmitglieder des EBR und externen Vertretern, die von Rechts
wegen an den Sitzungen teilnehmen, wird jedoch offenbar nur aus formellen Gründen vorgenommen
und hat keine nennenswerten Konsequenzen.
Gemäß den subsidiären Vorschriften der Richtlinie kann sich die Arbeitnehmerseite im EBR durch
„Sachverständige“ unterstützen lassen (siehe Kapitel 8). Die Teilnahme dieser „Sachverständigen“ an
den EBR-Sitzungen erfolgt in 10 Prozent der Vereinbarungen von Rechts wegen, zum größeren Teil
jedoch auf Einladung (siehe weiter unten). „Beobachter“ (aus Betrieben in Ländern, die nicht im EBR
vertreten sind), „Gäste“ oder „sonstige Personen“ erhalten das Recht auf Teilnahme in 7 Prozent der
Fälle. Zu den insgesamt 33 Prozent der Vereinbarungen, nach denen die externen Vertreter entweder
Vollmitglieder des EBR sind oder von Rechts wegen an den Sitzungen teilnehmen können, zählen auch
38
Die Zusammensetzung des EBR
jene 23 Prozent der Fälle, wo dieser Personenkreis Gewerkschaftsfunktionäre mit einschließt. Ferner ist
mit sehr großer Sicherheit davon auszugehen, daß die Erwähnung der Kategorien „Sachverständige“,
„Beobachter“ und „Gäste“ in einem beträchtlichen Teil der übrigen Fälle die Beteiligung von
Funktionären internationaler oder nationaler Gewerkschaften zur Folge hat.
Tabelle 5.4 Teilnahme externer Vertreter als Vollmitglieder des EBR oder von Rechts wegen
(in %)
Vollmitglieder
Teilnahme an EBR-Sitzungen von Rechts wegen
Teilnahme externer Vertreter von Rechts wegen (insgesamt)
Davon:
Internationale Gewerkschaftsfunktionäre
Nationale Gewerkschaftsfunktionäre
Nicht näher bezeichnete Gewerkschaftsfunktionäre
Gewerkschaftsfunktionäre (insgesamt)
Sachverständige
Beobachter
Gäste/Sonstige Teilnehmer
17
21
33
14
12
2
23
10
2
5
Base: Alle Vereinbarungen, N = 386.
Eine bedeutend größere Zahl von Vereinbarungen enthält Bestimmungen, wonach externe Vertreter an
den EBR-Sitzungen auf Einladung teilnehmen können, und zwar auf Einladung der Arbeitgeberseite
allein oder auf gemeinsame Einladung der Arbeitgeber und der Unternehmensleitung. Zu den insgesamt
69 Prozent der Vereinbarungen, die derartige Einladungen ermöglichen, zählen auch jene 49 Prozent,
wo für externe Vertreter weder eine Vollmitgliedschaft im EBR noch ein Recht auf Teilnahme an dessen Sitzungen vorgesehen ist. Am häufigsten finden sich in diesem Zusammenhang Bestimmungen zur
Einladung von „Sachverständigen“, die in der Hälfte der Vereinbarungen enthalten sind. Die Möglichkeit
einer Einladung von „Gästen“ und Beobachtern wird in 16 bzw. 7 Prozent der Fälle eingeräumt. Auf
Gewerkschaftsfunktionäre wird in 18 Prozent der Fälle verwiesen, wobei die Erwähnung der Kategorien
„Sachverständige“, „Beobachter“ und „Gäste“ wiederum dazu führen dürfte, daß Funktionäre internationaler und nationaler Gewerkschaften auch in anderen Fällen zu den Sitzungen eingeladen werden. In
fast jeder fünften Vereinbarung (18 Prozent) ist eine Beteiligung externer Vertreter weder von Rechts
wegen noch auf Einladung vorgesehen.
Tabelle 5.5 Externe Teilnahme am EBR auf Einladung
(in %)
Teilnahme externer Vertreter auf Einladung (insgesamt)
Davon:
Internationale Gewerkschaftsfunktionäre
Nationale Gewerkschaftsfunktionäre
Nicht näher bezeichnete Gewerkschaftsfunktionäre
Gewerkschaftsfunktionäre (insgesamt)
Sachverständige
Beobachter
Gäste/sonstige Teilnehmer
69
10
9
3
18
51
7
16
Basis: Alle Vereinbarungen, N = 386.
39
Verhandlungen zur Einsetzung Europäischer Betriebsräte
Eine Beteiligung externer Vertreter von Rechts wegen — d. h. entweder als Vollmitglieder des EBR
oder aufgrund des ihnen gewährten Rechts auf Sitzungsteilnahme — ist von den Unternehmen mit Sitz
in der Ländergruppe Frankreich/Belgien/Luxemburg, im Vereinigten Königreich/in Irland und in den
südeuropäischen Ländern häufiger vereinbart worden als von Unternehmen, die in Nordeuropa, im
deutschsprachigen Raum einschließlich Niederlande oder außerhalb Europas ansässig sind. Regelungen
zur Einladung externer Sitzungsteilnehmer finden dagegen die größte Verbreitung in Vereinbarungen
von Unternehmen aus der Ländergruppe, die den deutschsprachigen Raum und die Niederlande umfaßt.
Am seltensten ist die Beteiligung externer Vertreter von Rechts wegen oder auf Einladung in
Vereinbarungen der Unternehmen mit Sitz in Nordamerika und Asien vorgesehen. Von den in Asien
ansässigen MNU beinhaltet beispielsweise nur eine Vereinbarung Bestimmungen für eine Beteiligung
externer Vertreter von Rechts wegen. Gewerkschaftsfunktionäre erhalten das Recht auf Beteiligung am
EBR am häufigsten in MNU aus Südeuropa, gefolgt von den Unternehmen aus dem Vereinigten Königreich
und aus Irland.
Tabelle 5.6 Externe Teilnehmer nach Herkunftsland
(in %)
Teilnahme
externer
Vertreter
von Rechts wegen
Teilnahme
von Gewerkschaftsfunktionären
von Rechts wegen
Teilnahme
externer
Vertreter nur
auf Einladung
Keine
externen
Teilnehmer
Nordeuropa
32
17
51
17
Deutschsprachiger Raum,
Niederlande
29
18
57
15
Frankreich, Belgien,
Luxemburg
43
30
39
18
Vereinigtes Königreich,
Irland
46
39
40
14
Südeuropa
60
53
27
13
Nordamerika
25
13
47
28
6
-
71
24
33
23
49
18
Herkunftsland
Asien
Alle Länder
Basis: Alle Vereinbarungen, N = 386.
Innerhalb der einzelnen Wirtschaftszweige ist eine Beteiligung externer Vertreter am EBR von Rechts
wegen am häufigsten in der Lebensmittel- und Getränkeindustrie, in der Textil- und Bekleidungsindustrie
und bei den Finanzdienstleistungen anzutreffen, wo auch die Wahrscheinlichkeit, daß Gewerkschaftsfunktionäre von Rechts wegen beteiligt werden, am größten ist. Am seltensten finden sich Bestimmungen
für externe Teilnehmer im Bereich Bergbau und Ölgewinnung, in der chemischen Industrie und in der
Metallverarbeitung. Eine Beteiligung externer Vertreter auf Einladung wurde besonders häufig in der
chemischen Industrie, in der Metallverarbeitung und in der Papierindustrie vereinbart. Die Branche, die
insgesamt den geringsten Spielraum für eine Beteiligung externer Vertreter bietet, ist der Bereich Bergbau
und Ölgewinnung. Bestimmungen für die Beteiligung externer Vertreter von Rechts wegen sind darüber
hinaus in EBR-Vereinbarungen von großen Unternehmen mit höherer Wahrscheinlichkeit enthalten als
in Vereinbarungen von mittleren oder kleinen Unternehmen, die im Gegensatz dazu eher eine Beteiligung
auf Einladung vorsehen. Außerdem läßt sich noch feststellen, daß die Möglichkeit einer Beteiligung
externer Vertreter von Rechts wegen in den kleinsten EBR mit zehn oder weniger Mitgliedern seltener
gegeben ist als in den größeren Gremien.
40
Die Zusammensetzung des EBR
Vereinbarungen, die vor September 1994 zustande kamen, enthalten genauso häufig Bestimmungen zur
Einbeziehung externer Teilnehmer als Vollmitglieder des EBR wie Vereinbarungen aus der Zeit danach,
sehen aber weitaus seltener eine Teilnahme an EBR-Sitzungen von Rechts wegen oder auf Einladung
vor. Die Möglichkeit einer Beteiligung externer Vertreter von Rechts wegen ist außerdem dann erheblich
häufiger gegeben, wenn die Vereinbarung von Gewerkschaften unterzeichnet wurde. Vereinbarungen,
in denen Betriebsratsvertreter die Unterschrift geleistet haben, enthalten dagegen eher Bestimmungen
für eine Teilnahme auf Einladung. Darüber hinaus ist die Frage der externen Teilnahme insgesamt in
Vereinbarungen, die von Gewerkschaften oder Betriebsräten aus einem einzigen Land unterzeichnet
wurden, weniger häufig geregelt als dort, wo bereits eingesetzte Arbeitnehmervertreter aus zwei oder
mehr Ländern am Abschluß der Vereinbarung beteiligt waren. Am seltensten findet man Bestimmungen
für die Beteiligung externer Vertreter am EBR in Vereinbarungen mit nicht näher bezeichneten
Arbeitnehmervertretern.
Tabelle 5.7 Externe Teilnehmer nach ausgewählten Sektoren
(in %)
Sektor
Teilnahme
Teilnahme
Teilnahme
Keine
externer
von Gewerkschaftsexterner
externen
Vertreter
funktionären
Vertreter nur Teilnehmer
von Rechts wegen von Rechts wegen auf Einladung
Bergbau und Ölgewinnung
18
9
18
64
Chemische Industrie usw.
20
14
61
20
Lebensmittel- und
Getränkeindustrie
60
47
32
9
Metallverarbeitung
22
9
55
23
Papierindustrie
29
7
50
21
Textilindustrie usw.
58
58
42
—
Baugewerbe usw.
46
31
39
15
Finanzdienstleistungen usw.
60
45
30
10
Alle Sektoren
33
23
49
18
Basis: Alle Vereinbarungen, in denen sich der Wirtschaftszweig bestimmen läßt, N = 377.
Insgesamt läßt sich feststellen, daß das Ausmaß der Einbeziehung von Gewerkschaftsfunktionären in
die Tätigkeit des EBR im krassen Widerspruch zu den subsidiären Vorschriften der Richtlinie steht.
Während dort vorgesehen ist, daß die Arbeitnehmerseite des EBR nur solche Vertreter umfaßt, die
Arbeitnehmer des betreffenden multinationalen Unternehmens oder der multinationalen Unternehmensgruppe sind und die sich von nicht näher bezeichneten „Sachverständigen“ unterstützen lassen können,
enthalten 23 Prozent der nach Artikel 13 abgeschlossenen Vereinbarungen Bestimmungen, wonach
Funktionäre internationaler und nationaler Gewerkschaftsorganisationen entweder Vollmitglieder des
EBR werden können oder von Rechts wegen die Möglichkeit haben, an EBR-Sitzungen teilzunehmen.
Darüber hinaus ist in weiteren 14 Prozent der Vereinbarungen eine Teilnahme auf Einladung vorgesehen, während sich in einer unbekannten Zahl zusätzlicher Fälle die Möglichkeit ergibt, daß sich unter
den „Sachverständigen“, „Gästen“ oder „Beobachtern“, die von Rechts wegen oder auf Einladung an
den Sitzungen teilnehmen können, ebenfalls Gewerkschaftsfunktionäre befinden. Vereinbarungen von
Unternehmen mit Sitz in Nordamerika, die in der Regel keine eindeutigen Bestimmungen zugunsten
einer Beteiligung von Gewerkschaftsfunktionären am EBR enthalten, befinden sich hier offenbar am
weitesten im Einklang mit den subsidiären Vorschriften der Richtlinie.
41
Kapitel 6
Der engere Ausschuß
6.1 Die Einsetzung eines engeren Ausschusses
Die Einsetzung eines engeren Ausschusses oder eines Büros ist in 62 Prozent aller Vereinbarungen vorgesehen. In den subsidiären Vorschriften der Richtlinie wird empfohlen, daß der EBR einen engeren
Ausschuß oder ein Büro einsetzt, sofern die Anzahl seiner Mitglieder dies rechtfertigt. Dementsprechend
sind engere Ausschüsse unter den größeren EBR häufiger anzutreffen als unter den kleinen. Während
zwei Drittel der EBR mit mehr als 20 Mitgliedern einen engeren Ausschuß eingesetzt haben, trifft dies
Abbildung 6.1 Einsetzung eines engeren Ausschusses nach Heimatländern
All
eL
änd
er
As
ien
No
rda
me
rik
a
No
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bur
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g
tes
Kö
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rei
c
Irla h,
nd
Sü
deu
rop
a
%
Basis: Alle Vereinbarungen, die entsprechende Angaben enthalten, N = 382.
43
Verhandlungen zur Einsetzung Europäischer Betriebsräte
Abbildung 6.2 Einsetzung eines engeren Ausschusses nach ausgewählten Sektoren
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tun
gen
All
eS
ekt
ore
n
%
Basis: Alle Vereinbarungen, die entsprechende Angaben enthalten, N = 377.
bei den EBR mit weniger als 10 Mitgliedern nur auf ein Drittel der Fälle zu. Der diesbezügliche Einfluß
der Richtlinie wird auch daran deutlich, daß in den vor September 1994 abgeschlossenen Vereinbarungen
die Einsetzung eines engeren Ausschusses in nicht einmal 40 Prozent der Fälle vorgesehen ist.
Engere Ausschüsse finden die größte Verbreitung in EBR von multinationalen Unternehmen mit Sitz in
den nordeuropäischen Ländern, während sie in MNU mit Sitz in Südeuropa, die sich durch einen besonders hohen Anteil von EBR mit höchstens 10 Mitgliedern auszeichnen (siehe Kapitel 5), am seltensten
anzutreffen sind. Darüber hinaus ist die Wahrscheinlichkeit, daß der EBR einen engeren Ausschuß einsetzt, in MNU mit Sitz in Nordamerika und in Asien etwas größer als in den nicht in Skandinavien ansässigen europäischen MNU.
Bei einer Untersuchung der sektorenspezifischen Unterschiede wird deutlich, daß engere Ausschüsse
am häufigsten in EBR der Branchen Metallverarbeitung, Baugewerbe und Versorgungsbetriebe sowie
Bergbau und Ölgewinnung anzutreffen sind. Am wenigsten stark verbreitet sind sie in der chemischen
Industrie, obwohl der Anteil der größeren EBR mit mindestens 30 Mitgliedern dort am höchsten ist (siehe
Kapitel 5). Außerdem läßt sich noch feststellen, daß sich die Wahrscheinlichkeit der Einsetzung eines
engeren Ausschusses mit zunehmender Belegschaftsgröße der MNU erhöht.
Weitere Unterschiede in der Häufigkeit von engeren Ausschüssen ergeben sich in Abhängigkeit von der
Art des betreffenden EBR. Engere Ausschüsse sind dort, wo sich der EBR ausschließlich aus
Arbeitnehmervertretern zusammensetzt, stärker verbreitet als in den gemischt besetzten Gremien, was
damit zusammenhängen könnte, daß auf seiten der reinen Arbeitnehmervertretung ein größerer Bedarf
an einer solchen ständig arbeitsfähigen Struktur besteht, um sich auch zwischen den EBR-Sitzungen mit
der Unternehmensleitung austauschen zu können. Es läßt sich auch feststellen, daß eine von Rechts
wegen garantierte Anwesenheit externer Teilnehmer einschließlich Gewerkschaftsfunktionären an EBRSitzungen häufiger in jenen EBR anzutreffen ist, die über einen engeren Ausschuß verfügen. Ferner enthalten Vereinbarungen, die von bereits eingesetzten Arbeitnehmervertretern (Gewerkschaften oder
Betriebsräten) aus einem einzigen Land unterzeichnet wurden, seltener Bestimmungen zur Einsetzung
eines engeren Ausschusses als Vereinbarungen, bei denen bereits eingesetzte Vertreter aus mindestens
zwei Ländern die Unterschrift geleistet haben.
44
Der engere Ausschuß
6.2 Engerer Ausschuß als gemischt besetztes oder
rein arbeitnehmerseitiges Gremium
Entsprechend der Zusammensetzung des EBR können sich auch die engeren Ausschüsse entweder als
gemischt besetzte Gremien aus Unternehmensleitung und Arbeitnehmern oder als rein arbeitnehmerseitige Gremien konstituieren. Zum weitaus größten Teil (71 Prozent) bestehen diese Ausschüsse jedoch
nur aus Vertretern der Arbeitnehmerseite. Während der engere Ausschuß dort, wo bereits der EBR eine
reine Arbeitnehmervertretung ist, in neun von zehn Fällen ausschließlich Vertreter der Arbeitnehmerseite
umfaßt, setzt er sich bei den gemischt besetzten EBR häufiger, d. h. in sechs von zehn Fällen, aus
Vertretern der Unternehmensleitung und der Arbeitnehmerseite zusammen.
In den meisten Ländergruppen handelt es sich bei den von den EBR der dort ansässigen MNU eingesetzten engeren Ausschüssen in der Mehrzahl der Fälle um reine Arbeitnehmervertretungen. Eine
Ausnahme bilden dabei die EBR von multinationalen Unternehmen mit Sitz in den nordeuropäischen
Ländern und im Vereinigten Königreich/in Irland, wo gemischt besetzte Gremien genauso zahlreich
anzutreffen sind wie engere Ausschüsse, denen ausschließlich Arbeitnehmervertreter angehören. Bei
einem Vergleich der Wirtschaftszweige zeigt sich, daß engere Ausschüsse in der Metallverarbeitung
häufiger als in anderen Sektoren die Form von reinen Arbeitnehmervertretungen annehmen. Gemischt
besetzte engere Ausschüsse finden die größte Verbreitung in der Lebensmittel- und Getränkeindustrie.
Tabelle 6.1 Struktur des engeren Ausschusses nach Ländergruppen
(in %)
Gemischte Besetzung
Nur
(Unternehmensleitung/ Arbeitnehmer
Arbeitnehmer)
Nordeuropa
Kein engerer
Ausschuß
40
44
16
9
49
42
Frankreich, Belgien, Luxemburg
15
44
41
Vereinigtes Königreich, Irland
28
27
45
Südeuropa
13
27
60
Nordamerika
14
51
35
Asien
24
47
29
Alle Länder
18
44
38
Deutschsprachiger Raum, Niederlande
Basis: Alle Vereinbarungen, N = 386.
Betrachtet man nun die Unterschiede in Abhängigkeit von der Art der EBR-Vereinbarung, dann wird
deutlich, daß der engere Ausschuß dort, wo Betriebsratsvertreter die Unterschrift geleistet haben, fast
immer die Form einer reinen Arbeitnehmervertretung annimmt. Gemischt besetzte engere Ausschüsse
finden dagegen dann die größte Verbreitung, wenn die Vereinbarung mit nicht näher bezeichneten
„Arbeitnehmervertretern“ abgeschlossen wurde. Außerdem führt die Art der Besetzung des engeren
Ausschusses auch zu Unterschieden in der Verbreitung von Bestimmungen, nach denen externe Vertreter
an EBR-Sitzungen teilnehmen können. Eine solche Beteiligung — sowohl von Rechts wegen als auch
auf Einladung — ist weitaus wahrscheinlicher, wenn der engere Ausschuß nur aus Vertretern der
Arbeitnehmerseite besteht.
45
Verhandlungen zur Einsetzung Europäischer Betriebsräte
6.3 Aufgaben des engeren Ausschusses
Zu den Aufgaben von engeren Ausschüssen zählen am häufigsten die Aufstellung der Tagesordnung (in
drei Vierteln aller Fälle), die Vorbereitung und Organisation der EBR-Sitzungen sowie Fragen der
Kommunikation, Kontaktpflege und Koordinierung (in mehr als 50 Prozent der Fälle). Über 40 Prozent
der engeren Ausschüsse sind für die Protokollführung oder die Verfassung von Mitteilungen im Anschluß
an die EBR-Sitzungen verantwortlich. Vier der in Tabelle 6.2 aufgeführten Aufgaben könnte man auch
als Beweis dafür werten, daß die Arbeitnehmervertreter bis zu einem gewissen Grad „tatsächliche“
Entscheidungsbefugnisse haben und dauerhaft ihren Einfluß geltend machen können. Diese Aufgaben
sind: Einberufung außerordentlicher Sitzungen, Entgegennahme von Informationen und Anhörung in
besonderen Situationen, Entgegennahme von Informationen und Anhörung auf regulärer Basis sowie
Verwaltung des Budgets für den EBR. Bei den ersten beiden Punkten handelt es sich um Aufgaben, die
sich auf außergewöhnliche Situationen beziehen. Während die engeren Ausschüsse für die Einberufung
außerordentlicher Sitzungen in 35 Prozent der Fälle vollständig oder teilweise verantwortlich sind, werden sie nach Angabe der Vereinbarungen in 28 Prozent der Fälle beim Eintreten außergewöhnlicher
Situationen unterrichtet und angehört. Zur Entgegennahme von Informationen und Konsultation auf
regulärer Basis und zur Verwaltung des Budgets für den EBR sind die engeren Ausschüsse dagegen nicht
so häufig befugt.
Tabelle 6.2 Aufgaben des engeren Ausschusses
(in %)
Kommunikation/Kontaktpflege/Koordinierung
Vorbereitung und Organisation der EBR-Sitzungen
Festlegung der Tagesordnung
Festlegung von Zeit und Ort der EBR-Sitzungen
Protokollführung/Verfassung von Erklärungen
Verwaltung des Budgets
Entgegennahme von Informationen und Konsultation in besonderen Situationen
Entgegennahme von Informationen und Konsultation auf regulärer Basis
Einberufung außerordentlicher EBR-Sitzungen
Sitzverteilung im EBR
Auswahl von Sachverständigen/Beratern
Verstärkte Verbreitung von Informationen
Sonstige
52
58
74
26
44
6
28
11
35
3
22
11
13
Basis: Vereinbarungen, in denen ein engerer Ausschuß vorgesehen ist, N = 238.
Deutliche Unterschiede bei den Aufgaben der engeren Ausschüsse ergeben sich in Abhängigkeit vom
Herkunftsland des Unternehmens. Die regelmäßige Entgegennahme von Informationen und Konsultation,
die Verwaltung des Budgets und Aufgaben im Zusammenhang mit außerordentlichen Sitzungen fallen
am häufigsten in den Verantwortungsbereich der engeren Ausschüsse in den EBR von multinationalen
Unternehmen mit Sitz im deutschsprachigen Raum und in den Niederlanden. Darüber hinaus sind die
engeren Ausschüsse in dieser Ländergruppe auch für die Festlegung von Zeit und Ort der EBR-Sitzungen
und für Fragen in Verbindung mit der Auswahl von Sachverständigen häufiger verantwortlich als in den
anderen Regionen. In den EBR von multinationalen Unternehmen mit Sitz in den nordeuropäischen
Ländern gehören die Entgegennahme von Informationen auf regulärer Basis und die Verwaltung des
Budgets in einem Viertel der Fälle zu den Aufgaben des engeren Ausschusses. Am seltensten erhalten
engere Ausschüsse Entscheidungsbefugnisse oder dauerhaften Einfluß dagegen in den EBR der multinationalen Unternehmen mit Sitz in der Ländergruppe Vereinigtes Königreich/Irland.
46
Der engere Ausschuß
Innerhalb der einzelnen Wirtschaftszweige sind engere Ausschüsse, die bestimmte Entscheidungsbefugnisse haben und dauerhaft ihren Einfluß geltend machen können, am häufigsten bei EBR in der
Metallverarbeitung anzutreffen, während engeren Ausschüssen das Recht auf Unterrichtung in außergewöhnlichen Situationen sowie Rechte im Zusammenhang mit außerordentlichen Sitzungen mit größter Wahrscheinlichkeit in der Lebensmittelindustrie gewährt werden. Dagegen erhalten engere Ausschüsse
bei EBR im Finanzsektor eher weniger häufig Entscheidungsbefugnisse oder dauerhafte Einflußmöglichkeiten. Außerdem ist in der chemischen Industrie die Gewährung des Rechts auf regelmäßige
Unterrichtung weniger stark verbreitet. Hinsichtlich der Belegschaftsgröße ist festzustellen, daß sich
sämtliche engeren Ausschüsse, die das Recht auf regelmäßige Unterrichtung haben und zur Verwaltung
des Budgets befugt sind, in größeren Unternehmen befinden.
Tabelle 6.3 Entscheidungsbefugnisse des engeren Ausschusses
Entgegennahme
spezifischer
Informationen
Ständige
Entgegennahme von
Informationen
Einberufung
außerordentlicher
Sitzungen
27
12
28
15
47
44
40
41
—
12
12
15
—
7
13
7
—
3
24
5
—
8
8
4
7
2
16
5
6
28
11
35
Verwaltung
des Budgets
Nordeuropa
Deutschsprachiger Raum,
Niederlande
Frankreich, Belgien,
Luxemburg
Vereinigtes Königreich,
Irland
Südeuropa
Nordamerika
Asien
Alle Länder
(in %)
Basis: Vereinbarungen, in denen ein engerer Ausschuß vorgesehen ist, N = 238.
In Abhängigkeit von der Art des EBR lassen sich ebenfalls einige Unterschiede erkennen. EBR, die sich
ausschließlich aus Arbeitnehmervertretern zusammensetzen, haben entschieden häufiger einen engeren
Ausschuß mit bestimmten Entscheidungsbefugnissen und gewissen dauerhaften Einflußmöglichkeiten
als EBR, die sich als gemischt besetzte Gremien konstituiert haben. Dies liegt höchstwahrscheinlich
daran, daß den engeren Ausschüsse von EBR in den nordeuropäischen Ländern sowie im deutschsprachigen Raum und den Niederlanden eine andere Rolle zukommt als in den übrigen Ländergruppen.
Außerdem ist zu beobachten, daß die regelmäßige Unterrichtung und die Verwaltung des Budgets nur
in jenen EBR-Vereinbarungen in den Aufgabenbereich des engeren Ausschusses fallen, die von bereits
eingesetzten Arbeitnehmervertretern (Gewerkschaften oder Betriebsräten) unterzeichnet wurden. Von
nicht näher bezeichneten Arbeitnehmervertretern abgeschlossene EBR-Vereinbarungen sehen für den
engeren Ausschuß keine derartigen Rechte vor, obwohl in diesen Fällen Aufgaben im Zusammenhang
mit außerordentlichen Sitzungen stärker verbreitet sind als in Vereinbarungen mit bereits eingesetzten
Arbeitnehmervertretern.
Abschließend läßt sich noch feststellen, daß Vereinbarungen, die nach Verabschiedung der Richtlinie
unterzeichnet wurden, detailliertere Angaben zu den Aufgaben und Rechte des engeren Ausschusses enthalten als Vereinbarungen aus der Zeit vor September 1994. Diese konzentrieren sich dabei in der Regel
lediglich auf die vier Tätigkeiten Kommunikation und Kontaktpflege, Vorbereitung und Organisation
von EBR-Sitzungen, Erstellung der Tagesordnung sowie Entgegennahme von Informationen und
Konsultation in besonderen Situationen.
47
Kapitel 7
EBR-Sitzungen
Dieses Kapitel enthält Ausführungen
• zur Häufigkeit der Sitzungen des Europäischen Betriebsrats (EBR),
• zu den Bestimmungen der Geschäftsordnung in bezug auf die Sitzungsleitung, den Ablauf der Sitzungen,
die Protokollführung sowie
• zu den Rahmenbedingungen, wie etwa Bereitstellung von Sprachendiensten, Vorkehrungen zur
Wahrung der Vertraulichkeit und Schutz der Arbeitnehmervertreter im EBR.
7.1 Planmäßige Sitzungen
87 Prozent der Vereinbarungen sehen pro Jahr eine planmäßige Sitzung vor und befinden sich damit im
Einklang mit den subsidiären Vorschriften der Richtlinie. In den übrigen 13 Prozent der Fälle werden
planmäßige Sitzungen öfter einberufen, und zwar in aller Regel zweimal jährlich. Am häufigsten wurde
die Einberufung von mehr als einer Sitzung pro Jahr von den MNU mit Sitz in den nordeuropäischen
Ländern und am seltensten von den MNU mit Sitz in Südeuropa und Nordamerika vereinbart.
In dieser Hinsicht läßt sich ein deutlicher Unterschied zwischen dem produzierenden Gewerbe und dem
Dienstleistungssektor feststellen. So finden EBR-Sitzungen in dem letztgenannten Bereich mit größerer
Wahrscheinlichkeit mehr als einmal im Jahr statt als in Branchen, die dem erstgenannten Bereich zuzuordnen sind. Insbesondere in der chemischen Industrie und im Bereich Baugewerbe und Versorgungsbetriebe tritt der EBR äußerst selten mehr als einmal im Jahr zu einer Sitzung zusammen. Dagegen sieht
im Dienstleistungssektor jede vierte Vereinbarung - und damit doppelt so viele Vereinbarungen wie im
Gesamtdurchschnitt - mehr als zwei Sitzungen pro Jahr vor, wobei derartige Regelungen besonders häufig im Bereich der Finanzdienstleistungen anzutreffen sind. Möglicherweise liegt das daran, daß die
MNU im Dienstleistungssektor aufgrund des überdurchschnittlich großen Umfangs an länderübergrei-
49
Verhandlungen zur Einsetzung Europäischer Betriebsräte
fender Kommunikation die EBR als ein Gremium betrachten, das über die Ländergrenzen hinaus zur
Erhöhung des sozialen Zusammenhalts innerhalb des Unternehmens beitragen kann.
Tabelle 7.1 Planmäßige Sitzungen nach Ländergruppen
(in %)
Eine Sitzung pro Jahr
Zwei Sitzungen pro Jahr
Nordeuropa
Deutschsprachiger Raum, Niederlande
Frankreich, Belgien, Luxemburg
Vereinigtes Königreich, Irland
Südeuropa
Nordamerika
Asien
75
87
85
88
93
95
88
25
13
15
12
7
5
12
Alle Länder
87
13
Basis: Alle Vereinbarungen, N = 386.
Tabelle 7.2 Planmäßige Sitzungen nach ausgewählten Sektoren
Bergbau und Ölgewinnung
Chemische Industrie
Lebensmittel, Getränke, Tabak
Metallverarbeitung
Papierindustrie
Textil- und Bekleidungsindustrie
Baugewerbe, Versorgungsbetriebe
Finanzdienstleistungen
Alle Sektoren
(in %)
Eine Sitzung
Zwei Sitzungen
100
96
91
87
86
83
100
75
—
5
9
13
14
17
—
25
87
13
Basis: Vereinbarungen, die entsprechende Angaben enthalten, N = 377.
Während von den vor September 1994 unterzeichneten Vereinbarungen 24 Prozent mehr als eine Sitzung
pro Jahr vorsehen, trifft dies bei den Vereinbarungen aus der Zeit nach Verabschiedung der Richtlinie
nur auf 12 Prozent der Fälle zu.
7.2 Außerordentliche Sitzungen
81 Prozent der Vereinbarungen sehen die Möglichkeit vor, außerordentliche Sitzungen einzuberufen.
Solche zusätzlichen Sitzungen können dann stattfinden, wenn „außergewöhnliche Situationen“ eingetreten sind oder wenn beide Seiten sie für notwendig und nützlich halten. Am seltensten sind außerordentliche Sitzungen in Vereinbarungen von MNU mit Sitz im Vereinigten Königreich oder in Irland
vorgesehen. Innerhalb der einzelnen Sektoren wurde die Möglichkeit der Einberufung außerordentlicher
Sitzungen am häufigsten in der chemischen Industrie und in der Textil- und Bekleidungsindustrie vereinbart. Darüber hinaus lassen sich Unterschiede auch hinsichtlich des Unterzeichnungsdatums feststellen. In Vereinbarungen, die nach September 1994 abgeschlossen wurden, sind Bestimmungen zur
Einberufung außerordentlicher Sitzungen mit größerer Wahrscheinlichkeit enthalten als in Vereinbarungen aus der Zeit davor. Die subsidiären Vorschriften der Richtlinie haben sich also offenbar auch
in dieser Hinsicht ausgewirkt.
50
EBR-Sitzungen
Bei den Unterschieden, die sich aus der Struktur des EBR ergeben, spielt vor allem die Frage der Existenz
eines engeren Ausschusses eine Rolle. So sind Bestimmungen zur Einberufung außerordentlicher
Sitzungen häufiger in jenen Vereinbarungen enthalten, die auch die Einsetzung eines engeren Ausschusses
vorsehen. Durch die Regelung dieser beiden Fragen werden die betreffenden EBR in stärkerem Maße
in die Lage versetzt, sich als ständig arbeitsfähige Gremien zu etablieren.
Diese außerordentlichen Sitzungen können auf verschiedene Art und Weise stattfinden, und zwar a) in
Form einer vollständigen EBR-Plenarsitzung, b) als Sitzung des engeren Ausschusses und/oder c) als
ein Zusammentreffen der Mitglieder des engeren Ausschusses mit Vertretern der Belegschaftsmitglieder
jener Bereiche, die von den zur Diskussion stehenden Entscheidungen der Unternehmensleitung berührt
werden. In ungefähr einem Viertel der betreffenden Vereinbarungen sind je nach Sachlage verschiedene
Arten von außerordentlichen Sitzungen vorgesehen. Von den insgesamt 314 Vereinbarungen, in denen
die Frage der außerordentlichen Sitzungen geregelt ist, beinhalten 65 Prozent die Möglichkeit einer
Einberufung des gesamten EBR. Zusätzliche Zusammenkünfte der Unternehmensleitung mit dem engeren Ausschuß sind in rund 20 Prozent der Fälle und Sitzungen des engeren Ausschusses zusammen mit
Vertretern der betreffenden Tochterunternehmen in ebenfalls 20 Prozent der Vereinbarungen vorgesehen. Darüber hinaus werden in 11 Prozent der Vereinbarungen noch weitere Verfahrensweisen angeführt. In Vereinbarungen, die nach Verabschiedung der Richtlinie zustande kamen, ist die
Wahrscheinlichkeit, daß in Abhängigkeit von der zu erörternden Frage verschiedene Möglichkeiten der
Konstituierung von außerordentlichen Sitzungen zur Auswahl gestellt werden, größer als in
Vereinbarungen aus der Zeit vor September 1994.
Tabelle 7.3 Verfahren zur Einberufung außerordentlicher Sitzungen nach Ländergruppen
(in %)
Ausschließlich
durch
Unternehmensleitung
Ausschließlich
durch
Arbeitnehmerseite
Gemeinsames
Verfahren
Nordeuropa
29
23
69
Deutschsprachiger Raum,
Niederlande
18
27
69
Frankreich, Belgien, Luxemburg
Vereinigtes Königreich, Irland
Südeuropa
Nordamerika
Asien
57
53
15
45
54
39
25
15
23
15
55
53
85
51
62
Alle Länder
36
27
62
Basis: Vereinbarungen, die außerordentliche Sitzungen vorsehen, N = 314.
Das Verfahren zur Einberufung außerordentlicher Sitzungen ist in 62 Prozent der betreffenden Fälle so
geregelt, daß die Unternehmensleitung und die Arbeitnehmervertreter gemeinsam darüber entscheiden,
ob aufgrund einer außergewöhnlichen Situation eine außerordentliche Sitzung einzuberufen ist. 36 Prozent
der Vereinbarungen berechtigen die Unternehmensleitung zur Einberufung solcher Sitzungen, während
die Arbeitnehmervertreter in 27 Prozent dazu befugt sind. In ungefähr einem Viertel der betreffenden
Vereinbarungen sind darüber hinaus Festlegungen über alternative Verfahren zur Einberufung außerordentlicher Sitzungen enthalten, die jeweils in Abhängigkeit von der Art der eingetretenen Situation zur
Anwendung kommen. Untersucht man die Frage, in welchem Ausmaß die Unternehmensleitung das
Recht hat, die Einberufung außerordentlicher Sitzungen einseitig zu beschließen, dann lassen sich deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen Herkunftsländern erkennen. Während dieses Recht besonders häufig in Vereinbarungen von MNU mit Sitz in den Ländergruppen Frankreich/Belgien/Luxemburg,
51
Verhandlungen zur Einsetzung Europäischer Betriebsräte
Vereinigtes Königreich/Irland sowie in den nichteuropäischen Ländern gewährt wird, sind derartige
Regelungen in den MNU mit Sitz in Südeuropa und in der Ländergruppe deutschsprachiger Raum/
Niederlande am seltensten anzutreffen. In diesem Zusammenhang spielt offenbar die Frage eine Rolle,
inwieweit die nationalen Systeme der Unterrichtung und Anhörung auf Strukturen basieren, die sich ausschließlich aus Arbeitnehmervertretern zusammensetzen. Ferner läßt sich feststellen, daß die
Arbeitnehmervertreter in Vereinbarungen, die nach Verabschiedung der Richtlinie unterzeichnet wurden, häufiger das Recht zur Einberufung außerordentlicher Sitzungen erhalten als in Vereinbarungen,
die vor diesem Zeitpunkt zustande kamen.
7.3 Sitzungsleitung
Die Frage, wer bei den gemeinsamen Sitzungen von Arbeitnehmern und Unternehmensleitung den Vorsitz
führt, kann sich einerseits auf den Ablauf und die Ergebnisse der Sitzung auswirken und bringt andererseits zum Ausdruck, auf welcher Basis die Beziehungen zwischen Unternehmensleitung und
Arbeitnehmern innerhalb des Unternehmens stehen. In 54 Prozent aller Fälle werden die EBR-Sitzungen
stets von der Unternehmensleitung und in 17 Prozent ausschließlich von Arbeitnehmervertretern geleitet. Ein gemeinsamer Vorsitz oder die Anwendung eines Rotationsprinzips sind in 8 Prozent der
Vereinbarungen vorgesehen. In einem beträchtlichen Teil der Fälle (21 Prozent) ist die Frage der
Sitzungsleitung nicht geregelt.
Bei einem Vergleich der einzelnen Ländergruppen lassen sich in diesem Zusammenhang bedeutende
Unterschiede feststellen. Die größte Diskrepanz besteht dabei zwischen den EBR in multinationalen
Unternehmen mit Sitz in Ländern, wo von Arbeitnehmern geleitete Betriebsratssitzungen unbekannt sind
(z. B. in den Ländergruppen Frankreich/Belgien/Luxemburg, Vereinigtes Königreich/Irland sowie in
den nichteuropäischen Ländern), und den EBR der im deutschsprachigen Raum und in den Niederlanden
ansässigen MNU. In der letztgenannten Ländergruppe werden die Sitzungen in 40 Prozent aller EBR
von Arbeitnehmervertretern geleitet. Fälle, in denen die Frage des Vorsitzes nicht geregelt ist, häufen
sich vor allem in den MNU mit Sitz im deutschsprachigen Raum und in den Niederlanden sowie in den
Nord- und südeuropäischen Ländern. Es ist jedoch durchaus möglich, daß die Sitzungen in einem Teil
dieser Fälle ebenfalls von Arbeitnehmervertretern geleitet werden, zumal man dies im deutschsprachigen Raum und in den Niederlanden fast als selbstverständlich betrachtet.
Tabelle 7.4 Vorsitz in Sitzungen nach Ländergruppen und Art des Gremiums
(in %)
Unternehmensleitung
Arbeitnehmer
Gemischt/
rotierend
Keine
Angaben
Nordeuropa
Deutschsprachiger Raum,
Niederlande
49
11
11
29
18
40
9
33
Frankreich, Belgien, Luxemburg
Vereinigtes Königreich, Irland
Südeuropa
Nordamerika
Asien
Art des Gremiums:
Gemischtes Gremium
Arbeitnehmervertretung
82
86
33
73
94
7
4
—
7
6
3
5
—
13
—
8
5
67
7
—
72
14
8
39
8
8
12
39
Alle Länder
54
17
8
21
Basis: Alle Vereinbarungen, N = 386.
52
EBR-Sitzungen
Zwischen der Frage, ob sich der EBR als gemischt besetztes Gremium aus Vertretern der
Unternehmensleitung und der Arbeitnehmer oder als reine Arbeitnehmervertretung konstituiert, und den
Regelungen bezüglich der Sitzungsleitung besteht ein eindeutiger Zusammenhang. Während die Unternehmensleitung in den gemischt besetzten Gremien in annähernd drei von vier Fällen den Vorsitz führt,
gilt dies in EBR, die ausschließlich Arbeitnehmervertreter umfassen, nur in 15 Prozent der Fälle. In den
letztgenannten EBR werden dagegen annähernd 40 Prozent der Sitzungen von Arbeitnehmervertretern
geleitet. Diesem Trend entspricht auch die Feststellung, daß EBR, in denen Vertreter der Arbeitnehmerseite
den Vorsitz führen, dort entschieden häufiger anzutreffen sind, wo die Vereinbarung von Betriebsratsvertretern unterzeichnet wurde.
Der zentralen Unternehmensleitung, die in der Mehrzahl der EBR den Vorsitz führt, erwachsen daraus
möglicherweise gewisse Vorteile, die sich jedoch in einer nicht unerheblichen Anzahl von Fällen insofern wieder ausgleichen, als die Arbeitnehmerseite das Recht erhält, einen oder mehrere Vertreter aus
ihrer Mitte in ein offizielles Amt, wie z. B. das des EBR-Sekretärs, zu wählen. Von den 215 EBR, in
denen die Unternehmensleitung den Vorsitz führt, ist dies in knapp 60 Prozent der Fälle vorgesehen. So
läßt sich für die Lebensmittel- und Getränkeindustrie und den Bereich der Finanzdienstleistungen, wo
der Anteil der EBR, in denen die Unternehmensleitung den Vorsitz führt, überdurchschnittlich hoch ist,
auch eine überdurchschnittlich große Anzahl von Arbeitnehmern feststellen, die innerhalb des EBR in
ein offizielles Amt gewählt wurden und somit ein entsprechendes Gegengewicht bilden.
7.4 Festlegung der Tagesordnung
Der weitaus größte Teil der Vereinbarungen (86 Prozent) enthält Bestimmungen hinsichtlich der
Festlegung der Tagesordnung. Deutlich niedriger ist dieser Anteil in den MNU mit Sitz in der Ländergruppe, die den deutschsprachigen Raum und die Niederlande umfaßt, und in den nordeuropäischen
Ländern. Das hängt höchstwahrscheinlich mit einer weiteren diesbezüglichen Erkenntnis zusammen, die
darin besteht, daß Regelungen zur Festlegung der Tagesordnung dort, wo die EBR-Sitzungen von
Arbeitnehmervertretern geleitet werden, weniger häufig anzutreffen sind als in Fällen, wo die
Unternehmensleitung den Vorsitz führt. EBR, deren Sitzungen von Arbeitnehmern geleitet werden, haben
vielfach eine Geschäftsordnung, die auch Bestimmungen zur Frage der Tagesordnung enthält. Möglicherweise hält man es in diesen Fällen für selbstverständlich, daß die Tagesordnung von der Arbeitnehmerseite
festgelegt wird, und sieht daher keine Notwendigkeit, dies in den Vereinbarungen festzuschreiben.
Unterschiede lassen sich auch hinsichtlich des Unterzeichnungsdatums erkennen. Vereinbarungen, die
nach September 1994 abgeschlossen wurden, enthalten mit größerer Wahrscheinlichkeit Bestimmungen
zur Festlegung der Tagesordnung als Vereinbarungen aus der Zeit davor.
Tabelle 7.5 Bestimmungen zur Festlegung der Tagesordnung
Bestimmungen
enthalten
(in %)
Zuständigkeit
UnternehmensArbeit- Gemeinsames
leitung
nehmer
Verfahren
Nordeuropa
Deutschsprachiger Raum,
Niederlande
Frankreich, Belgien, Luxemburg
Vereinigtes Königreich, Irland
Südeuropa
Nordamerika
Asien
74
2
7
65
78
98
91
80
95
82
2
8
15
6
13
17
11
2
0
6
3
0
65
88
76
68
79
65
Alle Länder
86
8
5
73
Basis: Alle Vereinbarungen, N = 386.
53
Verhandlungen zur Einsetzung Europäischer Betriebsräte
Von größerer Bedeutung ist hier die Frage, wie sich die Zuständigkeiten für die Tagesordnung für EBRSitzungen auf die beiden Seiten verteilen. Wer zur Festlegung der Tagesordnung befugt ist, hat auch
einen entscheidenden Einfluß auf die Arbeitsweise des Gremiums. In fast drei von vier Vereinbarungen
(73 Prozent der Gesamtzahl) entscheiden die Unternehmensleitung und die Arbeitnehmervertreter gemeinsam über die Tagesordnung. In 8 Prozent der Fälle ist dafür die Unternehmensleitung zuständig, wobei
eine solche Regelung vor allem in jenen Vereinbarungen enthalten ist, die mit nicht näher bezeichneten
Arbeitnehmervertretern abgeschlossen wurden. Die Festlegung der Tagesordnung durch die Arbeitnehmerseite ist in 5 Prozent aller Fälle vorgesehen, und zwar vor allem in jenen Vereinbarungen, die
arbeitnehmerseitig ausschließlich von Betriebsratsvertretern unterzeichnet wurden. Dieser Gruppe lassen sich wahrscheinlich auch jene Vereinbarungen zuordnen, die zwar keine Bestimmungen zur
Tagesordnung enthalten, aber eine Sitzungsleitung durch die Arbeitnehmer vorsehen (siehe oben).
7.5 Protokollführung
Die Protokollführung ist in 65 Prozent aller freiwilligen EBR-Vereinbarungen geregelt. Am häufigsten
wurden derartige Bestimmungen von den MNU mit Sitz in Asien, in Nordamerika, im Vereinigten
Königreich und in Irland vereinbart, während sie in MNU mit Sitz im deutschsprachigen Raum und den
Niederlanden sowie in den nordeuropäischen Ländern die geringste Verbreitung finden. Bestimmungen
bezüglich der Protokollführung sind außerdem in jenen EBR, deren Sitzungen von Arbeitnehmervertretern
geleitet werden, entschieden seltener anzutreffen als dort, wo die Unternehmensleitung den Vorsitz führt.
Möglicherweise halten es die Unterzeichner von EBR-Vereinbarungen in Unternehmen mit Sitz im
deutschsprachigen Raum und in den Niederlanden sowie in den nordeuropäischen Ländern hier wiederum für selbstverständlich, daß die in ihren Ländern bestehende langjährige Praxis der Tätigkeit von
Betriebsräten auch auf europäischer Ebene Berücksichtigung finden wird, und sehen deshalb keine
Notwendigkeit, dies in den Vereinbarungen festzuschreiben.
Abbildung 7.1 Erstellung von Sitzungsprotokollen
All
eL
änd
er
As
ien
No
rda
me
rik
a
No
rde
uro
De
pa
u
Ra tsch
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Ve
Lu lgie
rei
xem n,
nig
bur
tes
g
Kö
nig
rei
c
Irla h,
nd
Sü
deu
rop
a
%
Basis: Alle Vereinbarungen, N = 386.
Die Zuständigkeit für die Protokollführung ist in fast drei von vier Fällen so geregelt, daß die
Sitzungsprotokolle im Rahmen eines gemeinsamen Verfahrens erstellt werden. In 20 Prozent der
Vereinbarungen fällt diese Aufgabe ausschließlich in den Verantwortungsbereich der Unternehmens-
54
EBR-Sitzungen
leitung, während in den verbleibenden 6 Prozent der Fälle allein die Arbeitnehmervertreter dafür zuständig sind. Regelungen, nach denen ausschließlich die Unternehmensleitung für die Protokollführung verantwortlich ist, finden eine überdurchschnittlich große Verbreitung in Vereinbarungen der MNU mit Sitz
im Vereinigten Königreich/in Irland und in Asien. Auch bei einem Vergleich der einzelnen Sektoren
ergeben sich merkliche Unterschiede. In der Lebensmittel- und Getränkeindustrie sowie in der chemischen Industrie fällt die Protokollführung häufiger als in anderen Sektoren in den Verantwortungsbereich
der Unternehmensleitung, während gemeinsame Verfahren entsprechend seltener zur Anwendung kommen. Für die Metallverarbeitung läßt sich dagegen feststellen, daß Bestimmungen, wonach allein die
Unternehmensleitung für die Protokollführung zuständig ist, dort die geringste Verbreitung finden,
während das gemeinsame Verfahren eine größere Rolle spielt.
Tabelle 7.6 Verantwortlichkeiten für Protokollführung nach Ländergruppen
(in %)
Unternehmensleitung
Arbeitnehmer
Gemeinsames
Verfahren
Nordeuropa
16
12
72
Deutschsprachiger Raum, Niederlande
14
9
77
Frankreich, Belgien, Luxemburg
15
4
81
Vereinigtes Königreich, Irland
30
2
67
Südeuropa
11
11
78
Nordamerika
19
9
72
Asien
35
-
65
Alle Länder
20
6
74
Basis: Vereinbarungen, die entsprechende Angaben enthalten, N = 248.
Tabelle 7.7 Verantwortlichkeiten für Protokollführung nach ausgewählten Sektoren
(in %)
Nur Unternehmensleitung
Nur
Arbeitnehmer
Gemeinsames
Verfahren
Bergbau und Ölgewinnung
Chemische Industrie
Lebensmittel, Getränke, Tabak
Metallverarbeitung
Papierindustrie
Textil- und Bekleidungsindustrie
Baugewerbe, Versorgungsbetriebe
Finanzdienstleistungen
11
30
38
13
40
14
8
8
3
20
-
89
62
54
84
40
100
100
86
Alle Sektoren
20
6
74
Basis: Vereinbarungen, die entsprechende Angaben enthalten, N = 245.
Während Regelungen, nach denen die Protokollführung alleinige Aufgabe der Unternehmensführung
ist, mit größerer Wahrscheinlichkeit in jenen Vereinbarungen enthalten sind, die mit nicht näher bezeichneten Arbeitnehmervertretern abgeschlossen wurden, ist eine alleinige Zuständigkeit der Arbeitnehmerseite am häufigsten dort vorgesehen, wo die Vereinbarungen die Unterschrift von Betriebsratsvertretern tragen. Die Struktur des EBR im weiteren Sinne spielt in diesem Zusammenhang ebenfalls
55
Verhandlungen zur Einsetzung Europäischer Betriebsräte
eine Rolle. In Gremien mit einem engeren Ausschuß werden die Sitzungsprotokolle entschieden seltener von der Unternehmensleitung und entsprechend häufiger gemeinsam erstellt. Das gemeinsame
Verfahren findet außerdem in Vereinbarungen aus der Zeit nach Verabschiedung der Richtlinie eine
größere Verbreitung als in Vereinbarungen, die vor September 1994 unterzeichnet wurden.
Die Berücksichtigung von Fragen der Sitzungsleitung, der Festlegung der Tagesordnung und der
Protokollführung in den einzelnen Geschäftsordnungen deutet insgesamt darauf hin, daß die Aufteilung
der Verantwortlichkeiten und die gemeinsamen Verfahren eine größere Rolle spielen als einseitige Rechte
der Unternehmensleitung. Viele der Vereinbarungen enthalten also offenbar ein beträchtliches Potential
für eine Zusammenarbeit der beiden Seiten.
7.6 Bereitstellung von Dolmetschern und Übersetzern
Bei Veranstaltungen mit Vertretern aus mehreren Ländern besteht nach wie vor eine erhebliche Sprachbarriere. So wird in den ersten Berichten über die Tätigkeit der EBR häufig auf den „Babylon-Effekt“
verwiesen und insbesondere zum Ausdruck gebracht, daß eine grenzübergreifende Zusammenarbeit von
Arbeitnehmervertretern aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse nicht zustande kommt. Somit ist die
Frage, inwieweit Übersetzungsdienstleistungen zur Verfügung gestellt werden, von entscheidender
Bedeutung für eine reibungslose Arbeitsweise der EBR.
Der Einsatz von Übersetzern und/oder Dolmetschern ist in 75 Prozent der Vereinbarungen vorgesehen.
Darin enthalten sind sowohl jene 53 Prozent der Fälle, in denen in alle betreffenden Sprachen übersetzt
und/oder gedolmetscht wird, als auch jene 19 Prozent, wo man sich dabei auf die wichtigsten Sprachen
beschränkt. (6 Prozent der Vereinbarungen enthalten keine Angaben zur Anzahl der jeweiligen Sprachen.)
Während in der Mehrzahl der Fälle eine Übersetzung in alle Sprachen vorgesehen ist und dies eine große
Hilfe für die Arbeitnehmervertreter bei der Entwicklung der Zusammenarbeit darstellt, werden in fast
jedem fünften Fall keine Übersetzungsdienste bereitgestellt und in einem weiteren Fünftel nur die wichtigsten Sprachen abgedeckt. Es ist also davon auszugehen, daß die Sprachbarriere in einer nicht unerheblichen Minderheit der EBR nach wie vor ein Hindernis darstellt. Im schlimmsten Fall kann das dazu
führen, daß einzelne Belegschaftsvertreter aus bestimmten Ländern aufgrund mangelnder Verständigungsmöglichkeiten ausgegrenzt werden.
Tabelle 7.8. Bereitstellung von Sprachendiensten nach Ländergruppen
(in %)
Festlegung auf eine
(Unternehmens-)
Sprache
Bereitstellung
von Sprachendiensten insgesamt
Alle
betreffenden
Sprachen
Begrenzung
auf bestimmte
Sprachen
81
51
12
53
64
40
21
30
Nordeuropa
Deutschsprachiger
Raum, Niederlande
Frankreich, Belgien,
Luxemburg
Vereinigtes Königreich,
Irland
Südeuropa
Nordamerika
Asien
92
68
22
18
91
80
77
88
67
74
54
53
19
6
15
35
35
—
48
59
Alle Länder
78
53
19
35
Basis für Angabe der Sprache: Alle Vereinbarungen, N = 386.
56
EBR-Sitzungen
In einem Drittel (35 Prozent) der Vereinbarungen wurde für die EBR-Sitzungen die Verwendung einer
einzigen Unternehmenssprache festgelegt, die in drei von vier dieser Fälle Englisch ist. Die in einer Reihe
von Fällen ebenfalls vorgesehenen Übersetzungs- und/oder Dolmetscherdienste stellen hier eine Übergangslösung dar, die nur so lange gilt, bis die Arbeitnehmervertreter die Unternehmenssprache im erforderlichen Umfang beherrschen. Inwiefern es sich dabei um einen Trend handelt, der sich in Anbetracht
der hohen Kosten von Sprachendiensten noch ausweiten wird, ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch
unklar.
7.7 Rücklauf von Informationen
Damit sich die EBR als ständig arbeitsfähige Gremien etablieren können, müssen die Arbeitnehmer und
ihre Vertreter innerhalb des Unternehmens, die nicht dem EBR angehören, über den Inhalt und die
Ergebnisse der EBR-Sitzungen einen entsprechenden Rücklauf erhalten. Wenn sich ein großer Teil der
Belegschaft nicht darüber im klaren ist, worin die Rolle und die Bedeutung des EBR besteht, dann läuft
dieses Gremium Gefahr, als unbedeutende Struktur von geringem Einfluß betrachtet zu werden.
Insbesondere die Arbeitnehmervertreter müssen ihrer Rolle gerecht werden und die Belegschaft über die
Arbeit des EBR informieren.
Bestimmungen zur Weiterverbreitung von Informationen aus den EBR-Sitzungen sind in zwei Dritteln
aller Vereinbarungen enthalten, während in einem Drittel der Fälle diese Frage keine Erwähnung findet.
Vergleicht man dabei die MNU nach den jeweiligen Herkunftsländern, dann ergeben sich frappierende
Unterschiede. Am häufigsten ist die Informationsverbreitung in Vereinbarungen von MNU mit Sitz im
Vereinigten Königreich/in Irland und in den nichteuropäischen Ländern geregelt, während man bei den
in Südeuropa ansässigen MNU derartige Bestimmungen nur in einem Drittel der Vereinbarungen antrifft.
Darüber hinaus finden sich Bestimmungen zum Informationsrücklauf vor allem in jenen Vereinbarungen,
die von nicht näher bezeichneten Arbeitnehmervertretern — entweder allein oder zusammen mit bereits
eingesetzten Vertretern — unterzeichnet wurden, was wiederum am häufigsten in den MNU mit Sitz im
Vereinigten Königreich/in Irland und in den nichteuropäischen Ländern der Fall ist. Wo keine bereits
Abbildung 7.2 Bestimmungen zum Informationsrücklauf nach Ländergruppen
As
ien
No
De
rde
uts
uro
chs
pa
pra
chi
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Nie Rau
Fra
der m,
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Irla h,
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Sü
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rop
a
No
rda
me
rik
a
All
eL
änd
er
%
Basis: Alle Vereinbarungen, N = 386.
57
Verhandlungen zur Einsetzung Europäischer Betriebsräte
Abbildung 7.3 Bestimmungen zum Informationsrücklauf nach ausgewählten Sektoren
All
eS
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ust
rie
Ba
uge
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Fin
rbe
anz
die
nst
leis
tun
gen
%
Basis: Vereinbarungen, die entsprechende Angaben enthalten, N = 377.
etablierten Strukturen der Arbeitnehmervertretung für die gesamte Belegschaft vorhanden sind, werden
Regelungen zum Informationsrücklauf also offenbar häufiger in den Vereinbarungen festgeschrieben.
Ein differenziertes Bild ergibt sich auch, wenn man die einzelnen Wirtschaftszweige miteinander vergleicht. Bestimmungen zur Informationsverbreitung sind in der Textil- und Bekleidungsindustrie sowie
im gesamten Dienstleistungssektor häufiger als in den übrigen Branchen des produzierenden Gewerbes
anzutreffen. Im Bereich Baugewerbe und Versorgungsbetriebe ist diese Frage dagegen nur in einer
Minderheit der Fälle Gegenstand der Vereinbarungen.
Während die Gewährleistung des Informationsrücklaufs vor September 1994 nur in knapp über einem
Viertel der Vereinbarungen Berücksichtigung fand, ist diese Frage seit der Verabschiedung der Richtlinie
häufiger geregelt. Der Einfluß der subsidiären Vorschriften der Richtlinie kommt also auch hier deutlich zum Ausdruck.
Die Verfahren der Weiterverbreitung von Informationen sowie der Adressatenkreis dieses
Informationsrücklaufs sind von Unternehmen zu Unternehmen sehr verschieden. Dennoch lassen sich
bei den betreffenden 254 Vereinbarungen hinsichtlich der Kommunikation zwischen dem EBR und der
Belegschaft fünf typische Formen erkennen. Diese Kommunikationsformen, die sich gegenseitig nicht
ausschließen, werden in der folgenden Auflistung drei verschiedenen Prozessen zugeordnet:
(A)
Verteilung einer gemeinsamen Erklärung oder eines Berichts, eines Protokolls oder einer
Mitteilung —
(A 1) direkt an die gesamte Belegschaft
(A 2) an Arbeitnehmer- und/oder Gewerkschaftsvertreter im gesamten Unternehmen
(B)
Für den Informationsrücklauf sind nur die Arbeitnehmervertreter im EBR verantwortlich —
(B 3) direkte Übermittlung der Informationen an die gesamte Belegschaft
(B 4) Übermittlung der Informationen an Arbeitnehmer- und/oder Gewerkschaftsvertreter im
gesamten Unternehmen
(C 5) Verteilung einer gemeinsamen Erklärung oder eines Berichts, eines Protokolls oder einer
Mitteilung an die gesamte Unternehmensleitung.
58
EBR-Sitzungen
Tabelle 7.9 Informationsverbreitung
(in %)
Empfänger:
Unternehmensleitung
Empfänger:
Belegschaft
Empfänger:
Arbeitnehmergremien
A 1:
A 2:
C 5:
9
23
25
25
6
7
4
2
Mitteilungen
17
8
Alle
51
37
B 3:
B 4:
21
18
Informationsmodus
A:
Gemeinsame Kanäle:
Protokolle
Erklärungen
Berichte
B:
Arbeitnehmervertreter
31
Basis: Vereinbarungen, mit Angaben zum Informationsrücklauf, N = 254.
Das Muster A 1 ist in der Hälfte der Vereinbarungen vorgesehen und findet besonders große Verbreitung
in den MNU mit Sitz im Vereinigten Königreich/in Irland und in Asien. Das Muster A 2, nach dem in
mehr als einem Drittel der Vereinbarungen verfahren wird, ist besonders häufig in MNU mit Sitz in
Frankreich/Belgien/Luxemburg und in Nordamerika anzutreffen. Die Muster B 3 und B 4, die in knapp
über 20 Prozent bzw. in etwas weniger als 20 Prozent der Fälle gewählt wurden, sind vor allem in
Vereinbarungen der MNU mit Sitz im deutschsprachigen Raum und in den Niederlanden vorgesehen
und befinden sich im Einklang mit den subsidiären Vorschriften der Richtlinie.
Das Muster C 5, das in 30 Prozent der Vereinbarungen gewählt wurde, findet die größte Verbreitung in
den MNU mit Sitz in Frankreich/Belgien/Luxemburg und im außereuropäischen Raum. In Anbetracht
der Eindringlichkeit, mit der einige Arbeitgeberverbände auf das Potential des EBR zur Stärkung des
länderübergreifenden Zusammenhalt verweisen, erstaunt es vielleicht, daß die Unterrichtung der einzelnen Bereiche der Unternehmensleitung in den verschiedenen Ländern über die Sitzungen des EBR in
den anderen Regionen keine besondere Berücksichtigung findet.
Zwischen den einzelnen Sektoren gibt es weniger deutliche Abweichungen. Während die Muster A 1
und A 2 am weitaus häufigsten in der Lebensmittel- und Getränkeindustrie anzutreffen sind, finden die
Muster B 3 und B 4 in der chemischen Industrie die größte Verbreitung.
7.8 Bestimmungen zur Vertraulichkeit
Eine der Fragen, über die sich die Unternehmensleitung im Hinblick auf die Tätigkeit des EBR die
Größten Sorgen macht, ist die Vertraulichkeit von unternehmensinternen Informationen, die den Arbeitnehmervertretern in den Sitzungen zugänglich gemacht werden. In Artikel 8 der Richtlinie werden die
Arbeitnehmervertreter dazu verpflichtet, Informationen, die ihnen von der Unternehmensleitung als
vertraulich mitgeteilt werden, nicht weiterzugeben. Bei einer Untersuchung der freiwilligen Vereinbarungen deutet sich an, daß es den zentralen Unternehmensleitungen gelungen ist, eine breite Palette
von restriktiven Vertraulichkeitsbestimmungen durchzusetzen. 88 Prozent der Vereinbarungen enthalten diesbezügliche Regelungen.
59
Verhandlungen zur Einsetzung Europäischer Betriebsräte
Die Vereinbarungen beinhalten in fast allen Fällen (84 Prozent) eine allgemeine Klausel, die von den
EBR-Mitgliedern verlangt, als vertraulich mitgeteilte Informationen auch entsprechend vertraulich zu
behandeln. In 8 Prozent der Fälle werden die Angehörigen des EBR allgemein zur Diskretion verpflichtet.
In Übereinstimmung mit der Richtlinie ist in knapp über der Hälfte der Vereinbarungen (52 Prozent)
vorgesehen, daß die Vertraulichkeitsbestimmungen nach Ablauf des Mandats eines EBR-Mitglieder weiterhin ihre Gültigkeit behalten. In 22 Prozent der Fälle wird ausdrücklich festgelegt, daß auch Sachverständige zur Vertraulichkeit verpflichtet sind. 20 Prozent der Vereinbarungen sehen für den Fall eines
Verstoßes gegen diese Bestimmungen entsprechende Sanktionen vor. In einer Minderheit der Fälle wurden restriktivere Maßnahmen vereinbart. So erhält die Unternehmensleitung beispielsweise in 24 Prozent
der Vereinbarungen gemäß der Richtlinie das Recht, bestimmte Arten von Informationen nicht weiterzuleiten, während in 7 Prozent der Vereinbarungen die Weiterverbreitung von Informationen aus dem
EBR noch dadurch eingeschränkt wird, daß auch Sitzungsprotokolle und Berichte den Vertraulichkeitsbestimmungen unterliegen.
Tabelle 7.10 Vertraulichkeitsbestimmungen
(in %)
Vertraulichkeit
geregelt
Art der Vertraulichkeitsklausel
A
B
C
D
E
Nordeuropa
77
75
21
30
50
17
Deutschsprachiger Raum,
Niederlande
88
84
24
22
53
4
Frankreich, Belgien,
Luxemburg
79
77
18
25
40
12
Vereinigtes Königreich,
Irland
95
93
42
25
70
39
Südeuropa
80
65
7
15
22
29
Nordamerika
100
98
67
37
60
37
Asien
100
100
29
24
71
59
88
84
27
22
52
20
Alle Länder
Basis: Alle Vereinbarungen, N = 386.
A = Als vertraulich mitgeteilte Informationen
B = Vertrauliche Sitzungsprotokolle/Berichte und/oder Recht auf Einbehaltung von
Informationen
C = Geltungsbereich auch für Sachverständige
D = Verpflichtung zur Vertraulichkeit nach Ablauf des Mandats
E = Sanktionen bei Verstößen
In Abhängigkeit vom Herkunftsland ergeben sich in der Häufigkeit von Vertraulichkeitsklauseln deutliche Unterschiede. Während sie bei den in Nordamerika und Asien ansässigen MNU in allen Vereinbarungen und bei den MNU mit Sitz im Vereinigten Königreich/in Irland in fast allen Vereinbarungen
enthalten sind, findet man sie bei den MNU mit Sitz in den nordeuropäischen Ländern, in der Ländergruppe
Frankreich/Belgien/Luxemburg und in den südeuropäischen Ländern nur in vier von fünf Fällen. Fast
immer anzutreffen sind Vertraulichkeitsbestimmungen auch in jenen Vereinbarungen, die mit nicht näher
bezeichneten Arbeitnehmervertretern abgeschlossen wurden. In ausschließlich von Gewerkschaften
unterzeichneten Vereinbarungen ist dies im Vergleich dazu seltener der Fall.
60
EBR-Sitzungen
Außerdem läßt sich feststellen, daß Vertraulichkeitsbestimmungen, die stärker ins Detail gehen und einen
restriktiveren Charakter haben, am häufigsten von MNU aus nichteuropäischen Staaten und aus der
Ländergruppe Vereinigtes Königreich/Irland vereinbart wurden. Das könnte einerseits daran liegen, daß
es in diesen Ländern im nationalen Rahmen keine Erfahrungen auf dem Gebiet der Unterrichtung und
Anhörung von Arbeitnehmern gibt und sich daher zwischen den beiden Seiten noch kein entsprechendes Vertrauen bilden konnte. Andererseits könnten hier aber auch die unterschiedlichen Traditionen der
Unternehmensführung eine Rolle spielen: In den angelsächsischen Ländern wird den Rechten der
Aktionäre höchste Priorität eingeräumt, und die Arbeitnehmer haben innerhalb der Unternehmen keine
formaljuristischen treuhänderischen Rechte, die ihnen in den Systemen der Unternehmensführung auf
dem europäischen Kontinent dagegen in mehr oder weniger großem Umfang zugebilligt werden.
Der Einfluß der Richtlinie auf den Inhalt der freiwilligen Vereinbarungen macht sich auch im Hinblick
auf die Bestimmungen zur Vertraulichkeit bemerkbar: So enthalten nicht einmal die Hälfte der Vereinbarungen aus der Zeit vor September 1994 derartige Klauseln, die zudem weniger ins Detail gehen und
weniger restriktiv sind als in den Vereinbarungen, die nach Verabschiedung der Richtlinie abgeschlossen wurden.
7.9 Schutz der Arbeitnehmervertreter im EBR
Artikel 10 der Richtlinie legt fest, daß die dem EBR angehörenden Arbeitnehmer während der Ausübung
ihres Mandats bei Sanktionen seitens der Unternehmensleitung den gleichen Schutz genießen, der nach
den einschlägigen innerstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten zur Anwendung kommt.
Entsprechende Bestimmungen finden sich in 59 Prozent der Vereinbarungen. Gemäß der Richtlinie ist
in ungefähr der Hälfte der Vereinbarungen (49 Prozent) vorgesehen, daß den Vertretern der
Arbeitnehmerseite der gleiche Schutz zuteil wird, den sie auch nach den nationalen Rechtsvorschriften
und landesüblichen Gepflogenheiten genießen. 19 Prozent der Vereinbarungen enthalten als Alternative,
die jedoch in der Regel eine Ergänzung darstellt, noch eine Bestimmung, wonach den Arbeitnehmervertretern aus der Ausübung ihrer Funktion keine Vor- oder Nachteile erwachsen dürfen.
Bestimmungen zum Schutz der Arbeitnehmervertreter wurden am häufigsten von den MNU mit Sitz in
Südeuropa und in Nordamerika und am seltensten von den MNU mit Sitz in der Ländergruppe
Frankreich/Belgien/Luxemburg vereinbart. Bei einer Gegenüberstellung der Wirtschaftszweige zeigt
sich, daß diese Bestimmungen in der Lebensmittel- und Getränkeindustrie relativ stark verbreitet sind,
während man sie in der chemischen Industrie, in der Textil- und Bekleidungsbranche und im Baugewerbe
relativ selten antrifft. Untersucht man die Unterschiede im Hinblick auf die Struktur des EBR, dann stellt
sich heraus, daß diese Bestimmungen mit deutlich größerer Wahrscheinlichkeit in jenen EBR vereinbart
wurden, die einen engeren Ausschuß einsetzen und eine Sitzungsleitung durch Vertreter der
Arbeitnehmerseite vorsehen. In Vereinbarungen, die von nicht näher bezeichneten Arbeitnehmervertretern
unterzeichnet wurden, trifft man Bestimmungen zum Schutz der Arbeitnehmer interessanterweise genauso
oft an wie dort, wo bereits eingesetzte Vertreter die Unterschrift geleistet haben. Außerdem ist der Schutz
der Vertreter der Arbeitnehmerseite nach Verabschiedung der Richtlinie häufiger in den Vereinbarungen
festgeschrieben worden als in der Zeit vor September 1994.
61
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gen
Basis: Alle Vereinbarungen, N = 377.
62
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Verhandlungen zur Einsetzung Europäischer Betriebsräte
Abbildung 7.4 Schutz der Arbeitnehmer, die dem EBR angehören
%
Basis: Alle Vereinbarungen, N = 386.
Abbildung 7.5 Schutz der Arbeitnehmer nach ausgewählten Sektoren
%
Erleichterung der Tätigkeit
der Arbeitnehmerseite und
Einschaltung von Sachverständigen
Kapitel 8
Dieses Kapitel beschäftigt sich mit der Frage, bis zu welchem Grad den Vertretern der Arbeitnehmerseite
im EBR in den Vereinbarungen das Recht gewährt wird, vorbereitende Sitzungen und Folgesitzungen
abzuhalten und sich von Sachverständigen beraten zu lassen. Ferner enthält es Ausführungen zu den
Bestimmungen hinsichtlich der Verwaltungsausgaben des EBR.
8.1 Vorbereitende Sitzungen und Folgesitzungen
Da die meisten EBR nur einmal im Jahr eine Sitzung abhalten, können vorbereitende Sitzungen und
Folgesitzungen für die Arbeitnehmerseite von großem Nutzen sein. Insbesondere vorbereitende Sitzungen
bieten den Arbeitnehmervertretern die Chance, sich im Vorfeld der Gespräche mit der Unternehmensleitung über bestimmte Fragen zu einigen oder gemeinsame Strategien zu entwickeln, während in den
Folgesitzungen Gelegenheit ist, nachträgliche Betrachtungen über die erhaltenen Informationen anzuAbbildung 8.1 Vorbereitende Sitzungen und Folgesitzungen
Nur vorbereitende
Sitzungen
63 %
Keine Regelung
15 %
Vorbereitende Sitzungen
und Folgesitzungen
22 %
Basis: Alle Vereinbarungen, N = 386.
63
Verhandlungen zur Einsetzung Europäischer Betriebsräte
stellen und diese entsprechend zu reflektieren. In den Bestimmungen des Anhangs der Richtlinie sind
zwar vorbereitende Sitzungen, aber keine Folgesitzungen vorgesehen.
Die weitaus meisten EBR (85 Prozent) haben das Recht, vorbereitende Sitzungen ohne das Beisein der
Unternehmensleitung abzuhalten. Folgesitzungen sind dagegen weniger verbreitet und nur in 22 Prozent
der Vereinbarungen vorgesehen. In lediglich drei Fällen (weniger als 1 Prozent) ermöglichen die
Vereinbarungen zwar Folgesitzungen, aber keine vorbereitenden Sitzungen.
Die Durchführung vorbereitender Sitzungen wurde von fast allen MNU mit Sitz in den nordeuropäischen Ländern, aber von nicht einmal 80 Prozent der MNU mit Sitz im deutschsprachigen Raum und in
den Niederlanden vereinbart. Letzteres könnte mit einer weiteren Tendenz zusammenhängen, die darin
besteht, daß Bestimmungen über vorbereitende Sitzungen in Vereinbarungen, die nur von Betriebsratsvertretern unterzeichnet wurden, seltener enthalten sind. Man könnte daraus schließen, daß Strukturen
für die Durchführung von vorbereitenden Sitzungen in diesen Fällen bereits existieren. Sektorenspezifische
Unterschiede lassen sich hinsichtlich der Bestimmungen über vorbereitende Sitzungen kaum feststellen.
Die Möglichkeit, vorbereitende Sitzungen abzuhalten, steht auch im Zusammenhang mit Aspekten der
Struktur und Arbeitsweise des EBR. Regelungen zur Durchführung solcher Sitzungen sind dort stärker
verbreitet, wo die Einsetzung eines engeren Ausschusses vereinbart wurde und wo an den EBR-Sitzungen
auch externe Vertreter teilnehmen können. Erheblich seltener sind sie dagegen dann anzutreffen, wenn
die Festlegung der Tagesordnung und die Verfassung der Sitzungsprotokolle einzig und allein das Recht
der Unternehmensleitung ist.
Ein weniger einheitliches Bild ergibt sich hinsichtlich der Folgesitzungen. Am häufigsten finden sich
dazu entsprechende Bestimmungen in Vereinbarungen der MNU mit Sitz im Vereinigten Königreich
und in Irland, während bei den in Südeuropa ansässigen MNU keine Vereinbarung eine solche Möglichkeit
vorsieht. Innerhalb der einzelnen Wirtschaftszweige sind Folgesitzungen in der Lebensmittel- und
Getränkeindustrie sowie im Bereich der Finanzdienstleistungen relativ weit verbreitet und in der chemischen Industrie sowie in der Textil- und Bekleidungsbranche am seltensten anzutreffen.
Hinsichtlich der Struktur und Arbeitsweise des EBR werden Folgesitzungen mit deutlich größerer
Wahrscheinlichkeit in jenen Gremien durchgeführt, die einen engeren Ausschuß eingesetzt haben, was
auf ein Potential für dauerhafte Aktivitäten auch zwischen den EBR-Sitzungen hindeutet. Sie finden
außerdem eine größere Verbreitung, wenn die Arbeitnehmerseite allein für die Aufstellung der
Tagesordnung zuständig ist, und sind besonders selten dann anzutreffen, wenn Tagesordnung und
Protokollführung ausschließlich in den Aufgabenbereich der Unternehmensleitung fallen. Allerdings
läßt sich eine größere Häufigkeit von Folgesitzungen auch dort feststellen, wo die Unterzeichner der
Vereinbarung nicht näher bezeichnete „Arbeitnehmervertreter“ umfassen. Das deutet darauf hin, daß
Folgesitzungen in Unternehmen, die nicht über etablierte Strukturen der Arbeitnehmervertretung verfügen, eine Rolle bei der Bereitstellung des entsprechenden Informationsrücklaufs spielen können.
Der Einfluß der subsidiären Vorschriften der Richtlinie zeigt sich daran, daß die Aufnahme von
Bestimmungen über vorbereitende Sitzungen, allerdings nicht über Folgesitzungen, bei den
Vereinbarungen seit September 1994 inzwischen zur üblichen Praxis geworden ist. Obwohl auch die
meisten früheren Vereinbarungen die Durchführung vorbereitender Sitzungen vorsehen, beträgt der entsprechende Anteil nur 65 Prozent. Folgesitzungen waren in der Zeit vor Verabschiedung der Richtlinie
eine große Ausnahme und wurden nur in 10 Prozent der Fälle vereinbart.
64
Erleichterung der Tätigkeit der Arbeitnehmerseite und Einschaltung von Sachverständigen
8.2 Sachverständige
Innerhalb der Vereinbarungen getroffene Regelungen bezüglich der Einschaltung externer Sachverständiger zur Beratung und Erstellung von Berichten spielen eine wichtige Rolle. Auf diese Weise
wird sichergestellt, daß die Arbeitnehmerseite der EBR über die entsprechenden Voraussetzungen für
ihre Arbeit verfügt. In den subsidiären Vorschriften der Richtlinie heißt es dazu: „Der Europäische
Betriebsrat und der engere Ausschuß können sich durch Sachverständige ihrer Wahl unterstützen lassen, sofern dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist.“ Die Rolle von Sachverständigen war
bereits Gegenstand des Kapitels 5, wo Regelungen erörtert wurden, die eine Teilnahme externer Vertreter
an den EBR-Sitzungen von Rechts wegen oder auf Einladung ermöglichen. In etwa vier von fünf
Vereinbarungen ist eine Teilnahme externer Vertreter an den EBR-Sitzungen vorgesehen, wobei in vielen Fällen auch ausdrücklich von „Sachverständigen“ die Rede ist.
78 Prozent der Vereinbarungen gewähren der Arbeitnehmerseite die Möglichkeit, externe Sachverständige
hinzuzuziehen. Eine Begrenzung auf höchstens einen Sachverständigen ist in 17 Prozent aller Vereinbarungen vorgesehen. In den meisten Fällen finden sich dagegen entweder keine speziellen Bestimmungen
zur Anzahl der Sachverständigen (29 Prozent), oder es wird ausdrücklich die Möglichkeit eingeräumt,
zwei oder mehr Sachverständige einzuschalten (31 Prozent).
Tabelle 8.1 Möglichkeit der Einschaltung von Sachverständigen nach Ländergruppen
(in %)
Anzahl
Vorgesehen
ein
Sachverständiger
zwei oder
mehr Sachverständige
keine
Angaben
zur Anzahl
87
15
28
44
81
15
23
43
Nordeuropa
Deutschsprachiger Raum,
Niederlande
Frankreich, Belgien,
Luxemburg
Vereinigtes Königreich,
Irland
Südeuropa
Nordamerika
Asien
71
24
38
9
79
67
75
77
13
7
19
24
40
27
41
30
26
33
15
23
Alle Länder
78
17
32
28
Basis: Alle Vereinbarungen, N = 386.
In vier von fünf Vereinbarungen, die diesbezügliche Bestimmungen enthalten, finden sich Regelungen,
die eine Teilnahme dieser Sachverständigen an den Vollsitzungen der EBR ermöglichen. (Das entspricht
einem Anteil von 59 Prozent an der Gesamtzahl der Vereinbarungen.) Wie bereits im Kapitel 5 festgestellt wurde, ist eine Teilnahme auf Einladung stärker verbreitet als eine Teilnahme von Rechts wegen:
In drei von vier der betreffenden Fälle bedarf es einer Einwilligung seitens der Unternehmensleitung.
Ganz allgemein läßt sich feststellen, daß dort, wo eine Einschaltung externer Sachverständiger vereinbart wurde, in neun von zehn Fällen auch eine Teilnahme externer Vertreter an den EBR-Sitzungen von
Rechts wegen oder auf Einladung vorgesehen ist. Darüber hinaus — in einigen Fällen aber auch anstelle
dessen — können die Vereinbarungen Bestimmungen enthalten, die externen Sachverständigen eine
Teilnahme an Sitzungen des engeren Ausschusses (in 11 Prozent der Fälle) und an vorbereitenden
Sitzungen ermöglichen. So ist beispielsweise die Möglichkeit einer Beteiligung externer Sachverständiger
65
Verhandlungen zur Einsetzung Europäischer Betriebsräte
an Sitzungen des engeren Ausschusses in 11 Prozent der Vereinbarungen vorgesehen. Dies entspricht
knapp einem Fünftel der EBR, die über einen solchen engeren Ausschuß verfügen. In mehr als einem
Viertel dieser Fälle bedarf es dazu einer Einwilligung seitens der Unternehmensleitung. Regelungen, die
eine Teilnahme externer Vertreter an vorbereitenden Sitzungen ermöglichen, sind in 42 Prozent der
Vereinbarungen enthalten, wobei es jedoch sein könnte, daß die Präsenz von Sachverständigen in diesen Sitzungen in der Praxis ein deutlich größeres Ausmaß erreicht. Die Aufnahme spezifischer Regelungen
in die Vereinbarungen ist nur dann möglich, wenn die Kosten für eine Beteiligung von Sachverständigen
an vorbereitenden Sitzungen von der Unternehmensleitung übernommen werden (siehe weiter unten).
Die größte Verbreitung finden Bestimmungen zur Einschaltung externer Sachverständiger in Vereinbarungen, die von MNU mit Sitz in den nordeuropäischen Ländern abgeschlossen wurden. Am schwächsten ist diese Tendenz dagegen in Südeuropa ausgeprägt. Während sämtliche derartigen Übereinkünfte,
die dort zustande kamen, eine Teilnahme von Sachverständigen an den Vollsitzungen des EBR vorsehen, wird die Möglichkeit einer Beteiligung an vorbereitenden Sitzungen aber nur in den seltensten Fällen
eingeräumt. Vereinbarungen, die eine Teilnahme von Sachverständigen an Vollsitzungen des EBR vorsehen, sind in MNU mit Sitz in der Ländergruppe Frankreich/Belgien/Luxemburg am wenigsten stark
verbreitet (zwei Drittel aller betreffenden Fälle). Bei der Ermöglichung einer Teilnahme von Sachverständigen an den vorbereitenden Sitzungen stehen die MNU mit Sitz im Vereinigten Königreich und
in Irland an der Spitze. Darüber hinaus läßt sich feststellen, daß Angaben zur Anzahl der Sachverständigen,
die von der Arbeitnehmerseite zu Rate gezogen werden können, sowie Bestimmungen, nach denen nur
ein Sachverständiger eingeschaltet werden darf, in Vereinbarungen von MNU mit Sitz in der Ländergruppe
Frankreich/Belgien/Luxemburg am häufigsten anzutreffen sind, wobei Regelungen zur Beschränkung
auf lediglich einen Sachverständigen auch in Vereinbarungen von MNU mit Sitz in Nordamerika und
Asien im Vergleich zu den übrigen Regionen relativ große Verbreitung finden. Deutlich geringer ist die
Wahrscheinlichkeit einer Festschreibung der Anzahl der von der Arbeitnehmerseite einzuschaltenden
Sachverständigen dagegen in Vereinbarungen, die von MNU mit Sitz in Nordeuropa, im deutschsprachigen Raum und den Niederlanden sowie in den südeuropäischen Ländern abgeschlossen wurden.
Tabelle 8.2 Möglichkeit der Einschaltung von Sachverständigen nach ausgewählten Sektoren
(in %)
Anzahl
Vorgesehen
ein
Sachverständiger
zwei oder mehr
keine
SachverAngaben
ständige
zur Anzahl
Bergbau und Öl
46
28
9
9
Chemie
71
5
26
40
Lebensmittel, Getränke, Tabak
81
13
43
25
Metallverarbeitung
79
21
31
27
Papierindustrie
86
22
22
42
Textil- und Bekleidungsindustrie
75
37
—
38
Baugewerbe, Versorgungsbetriebe
92
16
46
30
Finanzdienstleistungen
80
17
31
29
Alle Sektoren
78
17
31
29
Basis: Alle Vereinbarungen, N = 386.
Untersucht man nun die Unterschiede zwischen den einzelnen Sektoren, so ergibt sich der geringste
Spielraum für eine Einschaltung von Sachverständigen im Bereich Bergbau und Ölgewinnung. Am wei-
66
Erleichterung der Tätigkeit der Arbeitnehmerseite und Einschaltung von Sachverständigen
testen verbreitet sind Regelungen bezüglich des Hinzuziehens externer Sachverständiger dagegen in
Vereinbarungen im Baugewerbe und in den Versorgungsbetrieben, wo zudem auch die Möglichkeit,
zwei oder mehr Sachverständige zu Rate zu ziehen, häufiger festgeschrieben wurde als in den übrigen
Wirtschaftszweigen. Bestimmungen zur Begrenzung auf lediglich einen Sachverständigen sind am häufigsten in der Textil- und Bekleidungsindustrie anzutreffen.
Bei der Frage der Einschaltung von Sachverständigen spielen noch andere Merkmale der Struktur und
Tätigkeit der EBR eine Rolle. So ist diese Tendenz in EBR, die über einen engeren Ausschuß verfügen,
stärker ausgeprägt als dort, wo ein solches Gremium nicht existiert. Bei Vorhandensein eines engeren
Ausschusses wird Sachverständigen auch eher die Möglichkeit eingeräumt, an vorbereitenden Sitzungen
teilzunehmen, während Regelungen zur Begrenzung auf ausschließlich einen Sachverständigen in diesen Fällen weniger häufig anzutreffen sind. Außerdem findet das Hinzuziehen von Sachverständigen
auch dort eine stärkere Verbreitung, wo vorbereitende Sitzungen stattfinden und wo die Durchführung
von Folgesitzungen vorgesehen ist. Insgesamt deuten diese Merkmale darauf hin, daß sich in bestimmten EBR ein Trend zur Professionalisierung abzeichnet.
Die Auswirkungen der Richtlinie treten auch in diesem Bereich deutlich zutage. Vereinbarungen, die
seit Verabschiedung der Richtlinie abgeschlossen wurden, enthalten häufiger Bestimmungen hinsichtlich der Einschaltung von Sachverständigen und deren Teilnahme an verschiedenen Arten von Sitzungen
als Vereinbarungen, die aus der Zeit vor September 1994 datieren.
8.3 Verwaltungsausgaben
Nach Maßgabe der subsidiären Vorschriften der Richtlinie gehen die Verwaltungsausgaben des EBR zu
Lasten der zentralen Leitung. Lediglich zehn der insgesamt 386 Vereinbarungen enthalten keine entsprechende Regelung, wohingegen in den übrigen Fällen (97 Prozent aller Vereinbarungen) eine Übernahme der Verwaltungsausgaben des EBR durch die Unternehmensleitung festgelegt worden ist. In 86
Prozent der Vereinbarungen hat die Unternehmensleitung die Reise- und Aufenthaltskosten zu tragen,
und in drei von vier Fällen wird den Arbeitnehmervertretern auch eine bezahlte Freistellung zur Teilnahme
an den Sitzungen gewährt. Wie in Kapitel 7 bereits ausgeführt wurde, sorgt die Unternehmensleitung in
78 Prozent der EBR für die Bereitstellung der Dolmetscher- und Übersetzungsdienste. Außerdem übernimmt die Unternehmensleitung bei einer Einschaltung von Sachverständigen in vier von fünf Fällen
(d. h. in 61 Prozent aller Vereinbarungen) die Kosten für mindestens einen Sachverständigen, wobei sich
diese Fälle zu gleichen Teilen auf die Kostenübernahme für einen Sachverständigen und die Kostenübernahme für zwei oder mehr Sachverständige verteilen.
Darüber hinaus werden in einem geringeren Anteil der Vereinbarungen noch weitere Aspekte der
Verwaltungsausgaben der EBR spezifiziert. 55 Prozent der betreffenden Fälle (d. h. 45 Prozent aller
Vereinbarungen) enthalten spezifische Regelungen, wonach die Unternehmensleitung die Kosten für
vorbereitende Sitzungen zu tragen hat, wobei dies de facto wahrscheinlich noch in einer Reihe von weiteren Unternehmen der Fall ist, da die vorbereitenden Sitzungen fast immer unmittelbar vor den
Vollsitzungen des EBR durchgeführt werden und sich der Sitzungsort in der Regel in der Nähe des
Sitzungsortes für die Vollsitzung befindet. Eine finanzielle Unterstützung der fortlaufenden Tätigkeit
der Arbeitnehmervertreter in den EBR wird in 5 Prozent der Vereinbarungen gewährt. 22 Prozent der
Vereinbarungen legen fest, daß die Kosten für die Unterstützung der Arbeitnehmerseite durch
Sekretariatstätigkeiten und in technischen Fragen zu Lasten der Unternehmensleitung gehen. Außerdem
erhalten einige oder alle Arbeitnehmervertreter in 19 Prozent der Vereinbarungen auch einen Anspruch
auf bezahlte Freistellung zur Wahrnehmung von Aufgaben im EBR, die über die Teilnahme an den
Sitzungen hinausgehen. Nach Maßgabe von 10 Prozent der Vereinbarungen verfügt der EBR über ein
eigenes Budget mit eigener Haushaltskontrolle.
67
Verhandlungen zur Einsetzung Europäischer Betriebsräte
Tabelle 8.3 Verwaltungsausgaben nach Ländergruppen
(in %)
A
B
C
D
E
F
G
H
81
85
38
19
23
53
17
23
52
75
31
21
27
33
10
23
Nordeuropa
Deutschsprachiger Raum,
Niederlande
Frankreich, Belgien,
Luxemburg
Vereinigtes Königreich,
Irland
Südeuropa
Nordamerika
Asien
97
95
69
30
21
41
13
36
88
73
78
70
95
80
88
100
56
47
43
47
19
13
30
29
40
13
25
18
32
13
35
12
5
7
8
—
9
26
18
12
Alle Länder
74
86
45
23
26
35
10
22
Basis: Alle Vereinbarungen, N = 386.
A = bezahlte Freistellung zur Sitzungsteilnahme
C = vorbereitende Sitzung
E = Einschaltung von mehr als einem
Sachverständigen
G = Budget
B = Reise-/Aufenthaltskosten
D = Einschaltung eines Sachverständigen
F = Ausbildungsmaßnahmen für
Arbeitnehmervertreter
H = Sekretariatskosten und technische
Unterstützung
Eher überraschend ist die Feststellung, daß Bestimmungen zur Kostenübernahme bei Ausbildungsmaßnahmen für Arbeitnehmervertreter nur in 35 Prozent der Vereinbarungen enthalten sind. Wo dies
der Fall ist, beziehen sich solche Regelungen zumeist auf die Verbesserung der Sprachkenntnisse
(22 Prozent aller Vereinbarungen). Eine Übernahme der Kosten für Ausbildungsmaßnahmen auf dem
Gebiet Wirtschaft und Finanzen sowie zu unternehmensspezifischen Themen ist jeweils nur in 5 Prozent
aller Vereinbarungen geregelt.
Tabelle 8.4 Verwaltungskosten nach ausgewählten Sektoren
A
B
C
D
E
F
G
(in %)
H
Bergbau und Öl
Chemie
Lebensmittel und Getränke
Metallverarbeitung
Papierindustrie
Textilindustrie usw.
Baugewerbe, Versorgungsbetriebe
Finanzdienstleistungen
73
83
68
68
100
67
69
90
82
94
82
81
100
100
85
80
27
57
53
39
36
42
38
60
27
30
15
27
29
33
23
45
9
38
20
24
14
25
31
20
18
28
35
36
21
33
38
35
—
6
6
12
—
17
15
10
18
23
18
22
—
17
31
25
Alle Sektoren
73
85
44
23
26
34
10
22
Basis: N = 386.
A = bezahlte Freistellung zur Sitzungsteilnahme
C = vorbereitende Sitzung
E = Einschaltung von mehr als einem
Sachverständigen
G = Budget
68
B = Reise-/Aufenthaltskosten
D = Einschaltung eines Sachverständigen
F = Ausbildungsmaßnahmen für
Arbeitnehmervertreter
H = Sekretariatskosten und technische
Unterstützung
Erleichterung der Tätigkeit der Arbeitnehmerseite und Einschaltung von Sachverständigen
Verglichen mit anderen Ländergruppen sind Bestimmungen zur Übernahme der Verwaltungsausgaben
durch die Unternehmensleitung in Vereinbarungen von MNU mit Sitz im deutschsprachigen Raum und
in den Niederlanden etwas weniger stark verbreitet, während die MNU mit Sitz in der Ländergruppe
Frankreich/Belgien/Luxemburg hier den größten Anteil erreichen. Das gleiche gilt auch für Regelungen,
wonach die Unternehmensleitung die Kosten für vorbereitende Sitzungen zu tragen hat, die wiederum
am häufigsten in Vereinbarungen der Ländergruppe Frankreich/Belgien/Luxemburg und am seltensten
in der Ländergruppe deutschsprachiger Raum/ Niederlande sowie in den nordeuropäischen Ländern
anzutreffen sind. Auch hinsichtlich des Anteils der Vereinbarungen, die eine Erstattung der Aufwendungen
für Sekretariatstätigkeiten und technische Unterstützung für den EBR vorsehen, steht die Ländergruppe
Frankreich/Belgien/Luxemburg an der Spitze, während die Wahrscheinlichkeit derartiger Übereinkünfte
bei den MNU mit Sitz im Vereinigten Königreich und Irland sowie in den nichteuropäischen Ländern
am geringsten ist. Regelungen zur Übernahme der Ausbildungskosten finden die stärkste Verbreitung
in Vereinbarungen von MNU mit Sitz in den nordeuropäischen Ländern und sind am seltensten in
Vereinbarungen von MNU mit Sitz in Südeuropa und Asien anzutreffen.
Es zeichnet sich die Tendenz ab, daß in jenen EBR, wo der Vorsitz von einem Vertreter der
Arbeitnehmerschaft und nicht von der Unternehmensleitung geführt wird, auch ein breiteres Spektrum
der Verwaltungsausgaben zu Lasten der Unternehmensleitung geht. In Fällen, wo die Arbeitnehmerseite
den Vorsitz führt und/oder ein engerer Ausschuß besteht, ist die Wahrscheinlichkeit größer, daß sowohl
die Kosten für Sachverständige als auch die Aufwendungen für Sekretariatstätigkeiten und technische
Unterstützung erstattet werden und daß der EBR über ein eigenes Budget verfügt. Ferner enthalten die
Vereinbarungen in diesen EBR auch häufiger Bestimmungen, die eine Übernahme sämtlicher
Ausbildungskosten für Arbeitnehmervertreter vorsehen. Diese Erkenntnisse sind ein weiteres Anzeichen
dafür, daß in einigen EBR ein Trend zur Professionalisierung besteht.
69
Kapitel 9
Schlußfolgerungen
Der Artikel 13 der Richtlinie 94/45/EG des Rates hat die zwischen Unternehmensleitung und
Arbeitnehmervertretern auf europäischer Ebene geführten Verhandlungen zur Einsetzung Europäischer
Betriebsräte in erheblichem Maße beeinflußt. Gemäß den Bestimmungen dieses Artikels wurden im
Zeitraum bis zum 22. September 1996 annähernd 400 freiwillige Vereinbarungen abgeschlossen, so daß
ungefähr jedes dritte der in den Geltungsbereich der Richtlinie fallenden multinationalen Unternehmen
von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht hat. In dem vorliegenden Bericht, der sich auf die Datenbank
der Europäischen Stiftung und die darin enthaltenen umfangreichen Angaben über 386 Vereinbarungen
nach Artikel 13 stützt, wurden die wichtigsten Bestimmungen dieser Texte untersucht, und es wurde
Versucht, innerhalb dieser erheblich voneinander abweichenden Regelungen bestimmte einheitliche
Muster aufzuzeigen.
Um die gewonnenen Erkenntnisse und die damit verbundenen Folgen einer allgemeinen Beurteilung zu
unterziehen, befaßt sich dieses Schlußkapitel mit drei Fragestellungen. Als erstes wird untersucht, in
welchem Maße sich die Bestimmungen der Vereinbarungen nach Artikel 13 und die im Anhang der
Richtlinie enthaltenen rechtsverbindlichen Regelungen zur Einsetzung eines EBR qualitativ voneinander unterscheiden. Es wird der Frage nachgegangen, inwieweit sich die verhandlungsführenden Parteien
beim Abschluß der Vereinbarungen an die subsidiären Vorschriften der Richtlinie gehalten haben und
bis zu welchem Grad sie davon abgewichen sind. Ein besonders hervorstechendes Merkmal ist in diesem Zusammenhang die Rolle, die den Gewerkschaften sowohl bei der Aushandlung der Vereinbarungen
als auch im Rahmen der Tätigkeit der EBR zugewiesen wird. Zweitens soll anhand der in den vorausgehenden Kapiteln gewonnenen Erkenntnisse gezeigt werden, welche wesentlichen Unterschiede sich
zwischen den Vereinbarungen in Abhängigkeit von dem Land, in dem die betreffenden MNU ansässig
sind, vom Wirtschaftszweig und von der Beschäftigungsgröße ergeben. Aus der Beurteilung des wesentlichen Charakters der in den Vereinbarungen nach Artikel 13 enthaltenen Bestimmungen lassen sich
dann drittens einige Fragen bezüglich der künftigen Entwicklung der EBR erörtern.
71
Verhandlungen zur Einsetzung Europäischer Betriebsräte
9.1 Vereinbarungen nach Artikel 13 und Anhang der Richtlinie
In einer bedeutenden Anzahl der Fälle lassen sich zwischen den nach Artikel 13 abgeschlossenen
Vereinbarungen und den Bestimmungen des Anhangs der Richtlinie inhaltliche Abweichungen feststellen, die vier Punkte betreffen. Dies betrifft die Rolle der Gewerkschaften, das Ausmaß der Anwendung
gemeinsamer Verfahren bezüglich der Arbeitsweise des EBR, die Einbeziehung von Betrieben in Ländern
außerhalb jener EWR-Staaten, die der Richtlinie zugestimmt haben, und Fragen des Geltungsbereichs
der Vereinbarungen hinsichtlich der Unternehmensstruktur. Dennoch haben sich die subsidiären
Vorschriften der Richtlinie in vielen Fällen erheblich auf den Inhalt der Vereinbarungen ausgewirkt, die
seit September 1994 in zunehmendem Maße weitreichende und detaillierte Bestimmungen enthalten.
Eine Rolle der Gewerkschaften bei Verhandlungen zur Einsetzung eines EBR oder bei der Tätigkeit dieses Gremiums ist in den Bestimmungen des Anhangs nicht vorgesehen, wobei sich in der Praxis der
Arbeitsbeziehungen in Europa jedoch ein anderes Bild bietet. Wie sich anhand der Vereinbarungen nach
Artikel 13 zeigt, sind Gewerkschaften in erheblichem Maße nicht nur am Abschluß der Vereinbarungen
selbst, sondern auch an den Arbeitsabläufen des EBR beteiligt. Fast jede zweite Vereinbarung wurde
direkt von Gewerkschaften unterzeichnet. Da weitere Vereinbarungen die Unterschrift von zentralen
Betriebsräten tragen, die in Österreich und Deutschland auch von Gewerkschaften beeinflußt werden,
ist mit Sicherheit davon auszugehen, daß Gewerkschaften in bis zu zwei Dritteln aller Fälle maßgeblich
an den Verhandlungen zur Einsetzung des EBR beteiligt waren. Hinsichtlich der Arbeitsabläufe im EBR
läßt sich feststellen, daß Gewerkschaftsfunktionäre in annähernd einem von vier Fällen entweder
Vollmitglieder sind oder das Recht auf Teilnahme an den Sitzungen haben, während in weiteren
Vereinbarungen die Möglichkeit einer Einladung zu diesen Sitzungen vorgesehen ist. Ferner kann man
davon ausgehen, daß es sich bei den „Sachverständigen“ oder „Gästen“, die von der häufig vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch machen, von Rechts wegen oder auf Einladung an den Sitzungen teilzunehmen, in vielen Fällen ebenfalls um Gewerkschaftsfunktionäre handelt. Wie im letzten Abschnitt noch
ausgeführt wird, dürften die Folgen dieses Eingreifens der Gewerkschaften in die Arbeitsabläufe des
EBR von entscheidender Bedeutung für die Frage sein, ob sich die EBR zu aktiven Gremien entwickeln,
die jederzeit handlungsfähig sind und ihren Einfluß geltend machen können, oder ob sie nur eine rein
formelle oder symbolische Rolle spielen.
Das in den rechtsverbindlichen Regelungen des Anhangs der Richtlinie vorgesehene Modell, wonach
sich der EBR ausschließlich aus Vertretern der Arbeitnehmerseite zusammensetzt, ist in nicht einmal
einem Drittel der Vereinbarungen vorgesehen. In den meisten Fällen wird dagegen die Einsetzung eines
gemischt besetzten Gremiums angestrebt, dem neben Arbeitnehmervertretern auch Vertreter der Unternehmensleitung angehören. Dieses Prinzip der gemeinsamen Verantwortung kommt in den betreffenden EBR-Vereinbarungen dann auch bei anderen Fragen zur Anwendung, wie etwa bei den Verfahren
zur Einberufung außerordentlicher Sitzungen, bei der Festlegung der Tagesordnung, bei der Protokollführung und bei der Weiterverbreitung von Informationen über den Inhalt und die Ergebnisse der EBRSitzungen an andere Arbeitnehmervertreter und an die Allgemeinheit der Belegschaftsmitglieder. Fälle,
in denen die Arbeitnehmerseite für diese Fragen zuständig ist, konzentrieren sich erwartungsgemäß in
jenen EBR, die reine Arbeitnehmervertretungen darstellen. Ein weiterer diesbezüglicher Unterschied
betrifft die Einsetzung von engeren Ausschüssen, die in rein arbeitnehmerseitigen Gremien häufiger
anzutreffen ist als in gemischt besetzten EBR. Auch innerhalb der EBR, die sich als gemischt besetzte
Gremien konstituieren, lassen sich in der Mehrzahl der Fälle Unterschiede erkennen. Während vielfach
für die Arbeitsabläufe dieser EBR offenbar gemeinsame Verfahren angestrebt werden, fällt auf, daß ein
geringerer Teil dieser Vereinbarungen in Fragen der Festlegung der Tagesordnung, bei der Verfassung
der Sitzungsprotokolle und insbesondere bei der Einberufung außerordentlicher Sitzungen auch einseitige Rechte für die Unternehmensleitung vorsieht.
72
Schlußfolgerungen
Nach den Bestimmungen des Anhangs umfaßt der EBR Arbeitnehmervertreter aus Betrieben in Ländern,
die in den Geltungsbereich der Richtlinie fallen. Es ist jedoch festzustellen, daß nahezu alle Unternehmen
mit Betrieben im Vereinigten Königreich eine Vertretung der dortigen Belegschaft im EBR vereinbart
haben, obwohl das Vereinigte Königreich aufgrund des nicht erfolgten Beitritts zum Protokoll über die
Sozialpolitik des Vertrags von Maastricht vom Geltungsbereich der Richtlinie ausgenommen war. Zu
den weiteren Ländern außerhalb dieses Geltungsbereichs, die in einem geringeren Teil der Vereinbarungen
mit einbezogen wurden, zählen vor allem die Schweiz, gefolgt von den Ländern Mitteleuropas. Eine
Abweichung ganz anderer Art von den Bestimmungen des Anhangs betrifft jene nicht unerhebliche
Minderheit der Vereinbarungen, die vorsehen, daß für Betriebe in einem Land innerhalb des Geltungsbereichs der Richtlinie bei Unterschreitung eines festgelegten Beschäftigungsschwellenwerts kein automatischer Anspruch auf Vertretung im EBR besteht.
Eine vierte Art der Abweichung von dem in der Richtlinie vorgesehenen Modell ist die in annähernd
einem Viertel der Vereinbarungen vorgesehene Einsetzung von EBR-Strukturen auf der Ebene des international operierenden Unternehmensbereichs. In zwei Dritteln dieser Fälle wurde anstelle einer einheitlichen Struktur für die gesamte Unternehmensgruppe, wie sie in den subsidiären Vorschriften festgelegt
wurde, eine eindimensionale Struktur für die Ebene der Unternehmensbereiche eingesetzt. In dem verbleibenden Drittel dieser Fälle bestehen dagegen neben dem EBR für die gesamte Unternehmensgruppe
noch Strukturen für die Ebene der Unternehmensbereiche. Die Entscheidung für die Einsetzung solcher
unternehmensbereichsbezogenen Strukturen steht offenbar im Zusammenhang mit den internationalen
Leitungsstrukturen der betreffenden MNU — eine Überlegung, die in besonderem Maße die außerhalb
Europas ansässigen MNU betrifft. Inwieweit sich durch eindimensionale EBR-Strukturen auf der Ebene
des international operierenden Unternehmensbereichs die Möglichkeit bietet, bei Fragen, die nicht nur
einzelne Unternehmensbereiche sondern die gesamte Unternehmensgruppe betreffen, eine effektive
Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer zu gewährleisten, muß sich noch erweisen.
Bei einer Gegenüberstellung der vor September 1994 unterzeichneten Vereinbarungen mit jenen
Vereinbarungen, die nach Verabschiedung der Richtlinie abgeschlossen (oder verlängert) wurden, ist
jedoch deutlich zu erkennen, daß die im Anhang der Richtlinie enthaltenen Vorschriften in anderen
Punkten mittlerweile den Maßstab bilden, an dem sich die Verhandlungsparteien orientieren. Im Hinblick
auf bestimmte zentrale Fragen hat die Verabschiedung der Richtlinie bei den Vereinbarungen zu einem
größeren Maß an Konformität geführt. So läßt sich z. B. feststellen, daß jene wenigen Vereinbarungen,
die dem EBR eine gewisse Verhandlungsrolle zubilligen, ausnahmslos aus der Zeit vor September 1994
stammen, während sämtliche in der Folgezeit unterzeichneten Vereinbarungen die Rolle des EBR im
Sinne der Richtlinie auf die Unterrichtung und Anhörung eingrenzen. Auch die Durchführung von jährlich zwei Sitzungen ist mit größerer Wahrscheinlichkeit in Vereinbarungen aus der Zeit vor September
1994 vorgesehen als in Vereinbarungen, die nach Verabschiedung der Richtlinie zustande kamen. Ein
weiterer Unterschied betrifft die Aufnahme formaljuristischer Bestimmungen in die Vereinbarungen,
die nach Verabschiedung der Richtlinie deutlich zugenommen hat. Spezifische Bestimmungen zu Fragen
in bezug auf die Zuständigkeit des EBR, die Auswahl der Arbeitnehmervertreter, die Verfahren bei
Sitzungen und die Vertraulichkeit von Informationen sind stets mit größerer Wahrscheinlichkeit in jenen
Vereinbarungen anzutreffen, die aus der Zeit nach September 1994 stammen. Nach einer ersten Durchsicht
der nach Artikel 6 abgeschlossenen Vereinbarungen deutet sich bereits an, daß sich diese formaljuristische Dichte nach Inkrafttreten der Artikel 5 und 6 noch weiter erhöht hat (EBRB, 1997). Die Bestimmungen
der Richtlinie haben sich also auf den Inhalt der in der Folgezeit ausgehandelten Vereinbarungen deutlich ausgewirkt.
73
Verhandlungen zur Einsetzung Europäischer Betriebsräte
9.2 Unterschiede in Abhängigkeit von der Art des Unternehmens
Wie sich in der vorgenommenen Analyse gezeigt hat, ergeben sich in Abhängigkeit vom Herkunftsland
des betreffenden MNU, von der Branche, in der dieses Unternehmen tätig ist, und von der Anzahl der
beschäftigten Arbeitnehmer Unterschiede in der Häufigkeit des Abschlusses von Vereinbarungen sowie
Abweichungen in bezug auf deren Inhalt. Die „Häufigkeitsrate“ des Abschlusses von Vereinbarungen
nach Artikel 13 bezogen auf die Anzahl der in den Geltungsbereich der Richtlinie fallenden multinationalen Unternehmen bewegt sich innerhalb jener Länder, wo jeweils mehr als 20 dieser Unternehmen
ansässig sind, zwischen 15 und 55 Prozent, während dieses Spektrum bei einem Vergleich der einzelnen Sektoren von 10 Prozent bis 50 Prozent reicht. Warum von der Möglichkeit des Abschlusses von
EBR-Vereinbarungen nach Artikel 13 in einigen Ländern und Sektoren erheblich häufiger Gebrauch
gemacht wurde als in anderen, ist eine Frage, die sich nur mit Hilfe weiterer Untersuchungen beantworten läßt.
Die deutlichsten Unterschiede sind in Abhängigkeit von der Ländergruppe festzustellen, in denen das
jeweilige Unternehmen ansässig ist. Wie in Kapitel 1 ausgeführt wurde, lassen sich diese Unterschiede
auf bestimmte hervorstechende Merkmale zurückführen, durch die sich die Arbeitsbeziehungen in den
betreffenden Ländern auszeichnen. Eines dieser Merkmale betrifft die Frage, ob sich innerhalb der
Unternehmen auf nationaler Ebene bereits Strukturen für die Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer etabliert haben, deren Bestand durch die geltenden Gesetze oder durch grundlegende Vereinbarungen garantiert ist. Durch das Vorhandensein von Betriebsratsstrukturen unterscheiden sich die
Ländergruppen Frankreich/Belgien/Luxemburg, deutschsprachiger Raum/Niederlande, Nordeuropa und
Südeuropa, wo derartige Systeme existieren, von den Gruppen Vereinigtes Königreich/Irland,
Nordamerika und Asien, wo dies nicht der Fall ist. Dort, wo diese Strukturen bereits vorhanden sind,
ergeben sich weitere länderspezifische Abweichungen hinsichtlich der Zusammensetzung der Betriebsräte. In dieser Hinsicht besteht ein erheblicher Unterschied zwischen den eigenständigen Arbeitnehmergremien in der Ländergruppe deutschsprachiger Raum/ Niederlande und den gemischt besetzten Gremien
in der Ländergruppe Frankreich/Belgien/Luxemburg. In Vereinbarungen der MNU aus dem Vereinigte
Königreich/Irland und Nordamerika, wo es auf nationaler Ebene keine bereits etablierten Betriebsratsstrukturen und somit keine praktischen Erfahrungen auf diesem Gebiet gibt, sind Regelungen zum
Ausschluß bestimmter Themen von der Erörterung im EBR sowie formal Bestimmungen für die
Sitzungsleitung, die Verfassung der Sitzungsprotokolle und die Verbreitung der Sitzungsergebnisse mit
größerer Wahrscheinlichkeit anzutreffen als in Vereinbarungen von Unternehmen aus europäischen
Ländern, in denen bereits entsprechende Betriebsratsstrukturen bestehen. Darüber hinaus werden gemeinsame Verfahren von MNU aus dem Vereinigte Königreich/Irland und aus den nichteuropäischen Ländern
seltener vereinbart als von Unternehmen, die auf dem europäischen Kontinent ansässig sind. Bestimmte
Vorrechte der Unternehmensleitung sind in der erstgenannten Gruppe entsprechend stärker verbreitet.
Eine Rolle spielen hier auch die Exklusivrechte der Aktionäre im System der Unternehmensführung im
Vereinigten Königreich/in Irland und Nordamerika, die dazu führen, daß die Vereinbarungen von MNU
aus diesen beiden Ländergruppen besonders häufig Vertraulichkeitsbestimmungen enthalten.
Ein zweites hervorstechendes Merkmal der nationalen Systeme der Arbeitsbeziehungen betrifft die Form,
in der sich die Arbeitnehmervertretung innerhalb des Unternehmens darstellt. Hier kann man unterscheiden zwischen den ausschließlich aus Arbeitnehmervertretern bestehenden Betriebsräten in der
Ländergruppe deutschsprachiger Raum/ Niederlande, wo den Gewerkschaften keine direkte repräsentative Rolle innerhalb der Unternehmen zukommt, den Strukturen in den Ländergruppen Frankreich/Belgien/
Luxemburg und Südeuropa, wo den Gewerkschaften formal eine solche Rolle gewährt wird, und den
Betriebsräten der nordeuropäischen Länder, deren Tätigkeit auf der Vertretung durch Gewerkschaften
basiert. Die entsprechenden Systeme im Vereinigten Königreich/in Irland und in Nordamerika zeichnen
sich dadurch aus, daß sich die Strukturen der Arbeitnehmervertretung dort, wo sie vorhanden sind, fast
immer auf Gewerkschaften stützen. Dementsprechend sind Vereinbarungen, die von Betriebsratsvertretern
74
Schlußfolgerungen
abgeschlossen wurden, im deutschsprachigen Raum und in den Niederlanden am weitesten verbreitet,
während man von Gewerkschaften unterzeichnete Vereinbarungen dort am seltensten antrifft. Vereinbarungen, in denen nicht näher bezeichnete Arbeitnehmervertreter die Unterschrift geleistet haben, findet
man dagegen am häufigsten bei MNU aus der Ländergruppe Vereinigtes Königreich/Irland und aus den
nichteuropäischen Ländern. Auch die Verfahren zur Auswahl der Arbeitnehmervertreter im EBR bringen
— sofern sie angegeben wurden — diese Unterschiede zum Ausdruck. Die Direktwahl findet in diesem
Zusammenhang die größte Verbreitung in den MNU aus dem Vereinigte Königreich/aus Irland und aus
den nichteuropäischen Ländern. Für Gewerkschaftsfunktionäre ist eine Vollmitgliedschaft im EBR oder
eine Teilnahme an den Sitzungen von Rechts wegen am häufigsten in MNU mit Sitz in Südeuropa, in der
Ländergruppe Frankreich/Belgien/Luxemburg und im Vereinigten Königreich/in Irland vorgesehen. In den
Vereinbarungen der außerhalb Europas ansässigen MNU sind Bestimmungen über die Beteiligung externer
Vertreter einschließlich Gewerkschaftsfunktionären am EBR am seltensten anzutreffen.
Bei den festgestellten sektorenspezifischen Unterschieden treten einheitliche Trends weniger deutlich
zutage, wobei Vergleiche zwischen den einzelnen Wirtschaftszweigen auch durch die relativ geringe
Zahl von Vereinbarungen in einigen Branchen erschwert werden. Für einige Sektoren lassen sich zwischen den Vereinbarungen aber dennoch einige eindeutige inhaltliche Unterschiede erkennen. Die deutlichsten Kontraste bestehen zwischen den drei Branchen Lebensmittel- und Getränkeindustrie einschließlich Tabakverarbeitung, chemische Industrie sowie Textil- und Bekleidungsindustrie
einschließlich Ledergewerbe. Die Lebensmittel- und Getränkeindustrie zeichnet sich durch eine verhältnismäßig hohe „Häufigkeitsrate“ aus, d. h. relativ viele der in den Geltungsbereich der Richtlinie fallenden Unternehmen haben eine Vereinbarung abgeschlossen. Dort ist, verglichen mit den anderen
Sektoren (mit Ausnahme der Textil- und Bekleidungsindustrie), auch die Wahrscheinlichkeit am größten, daß sich unter den Unterzeichnern der Vereinbarungen eine internationale Gewerkschaftsorganisation
befindet und daß für Gewerkschaftsfunktionäre eine Vollmitgliedschaft im EBR sowie eine Beteiligung
von Rechts wegen vorgesehen ist. Die EBR in der Lebensmittel- und Getränkeindustrie nehmen außerdem häufiger als in anderen Sektoren die Form eines gemischten Gremiums an, und in Fällen, wo die
Einsetzung eines engeren Ausschusses vorgesehen ist, handelt es sich dabei auch mit größerer
Wahrscheinlichkeit als in anderen Branchen um ein gemischt besetztes Gremium. Die Textil- und
Bekleidungsindustrie zeichnet sich durch eine vergleichsweise niedrige „Häufigkeitsrate“ aus, wobei die
Vereinbarungen wie in der Lebensmittel- und Getränkeindustrie mit höherer Wahrscheinlichkeit als in
den anderen Sektoren von Vertretern internationaler Gewerkschaftsorganisationen unterzeichnet wurden und häufiger eine Beteiligung von Gewerkschaftsfunktionären an EBR von Rechts wegen vorsehen.
Darüber hinaus ist die Textil- und Bekleidungsindustrie die Branche, in der zweidimensionale Regelungen
für EBR auf Ebene der Unternehmensgruppe und auf Unternehmensbereichsebene am weitesten verbreitet sind. In der chemischen Industrie ist die „Häufigkeitsrate“ wie in der Lebensmittel- und
Getränkeindustrie relativ hoch. Im Gegensatz zu den beiden anderen Sektoren finden sich dort
Betriebsratsvertreter häufiger und internationale Gewerkschaftsorganisationen seltener unter den
Unterzeichnern der Vereinbarungen als dies in den anderen Wirtschaftszweigen der Fall ist — eine
Tendenz, in der sich die Konzentration von Vereinbarungen im Bereich der chemischen Industrie auf
die Ländergruppe deutschsprachiger Raum/ Niederlande widerspiegelt. Für externe Personen einschließlich Gewerkschaftsfunktionäre ist eine Beteiligung an EBR-Sitzungen von Rechts wegen in
Vereinbarungen der chemischen Industrie seltener vorgesehen als in den meisten anderen Sektoren,
während man Bestimmungen über eine Beteiligung dieses Personenkreises auf Einladung dort am häufigsten antrifft. Regelungen für außerordentliche Sitzungen finden in Vereinbarungen der chemischen
Industrie eine geringere Verbreitung als in den anderen Wirtschaftszweigen. In fast allen Vereinbarungen
der chemischen Industrie ist die Einsetzung eines EBR ausschließlich für die Ebene der gesamten
Unternehmensgruppe vorgesehen. Insgesamt läßt sich feststellen, daß Bestimmungen für ein Eingreifen
der Gewerkschaften in die Arbeitsabläufe des EBR in der chemischen Industrie offenbar weniger häufig vereinbart wurden als in den Bereichen Lebensmittel- und Getränkeindustrie sowie Textil- und
Bekleidungsindustrie.
75
Verhandlungen zur Einsetzung Europäischer Betriebsräte
Eine Erklärung für diese Unterschiede könnte darin bestehen, daß auf Sektorenebene im nationalen und
europäischen Rahmen unterschiedliche Strategien für die Aushandlung von Vereinbarungen nach Artikel
13 entwickelt wurden (Rivest, 1996). Möglicherweise werden die scheinbaren sektorenspezifischen
Unterschiede aber auch durch eine Konzentration der Vereinbarungen auf bestimmte Ländergruppen
verursacht. Wie sich bei einer genaueren Untersuchung der Daten gezeigt hat, könnte dies in der chemischen Industrie durchaus der Fall sein, während es in der Lebensmittel- und Getränkeindustrie sowie
in der Textil- und Bekleidungsbranche aber unwahrscheinlich ist. Um diese Frage eindeutig zu klären,
bedarf es weiterer Untersuchungen.
Bei Schlußfolgerungen über den Einfluß der Belegschaftsgröße ist Vorsicht geboten, da die Beschäftigung
im EWR nur für eine begrenzte Zahl der betreffenden MNU ermittelt werden konnte. Außerdem zeichnen sich die nichteuropäischen MNU, über die Daten vorliegen, hinsichtlich der Beschäftigung im EWR
durch einen höheren Anteil von kleinen Einheiten (1 000 bis 5 000 Arbeitnehmer) aus als die Unternehmen mit Sitz in Europa, so daß die scheinbar beschäftigungsabhängigen Unterschiede zum Teil auch
mit länderspezifischen Unterschieden zwischen diesen beiden Arten von MNU zusammenhängen könnten. Wenn man diese Einschränkung mit in Betracht zieht, dann betreffen die beschäftigungsabhängigen Unterschiede in erster Linie die bereits etablierten Strukturen der Arbeitnehmervertretung
(Gewerkschaften oder Betriebsräte), denen in den großen MNU mit mindestens 10 000 Arbeitnehmern
ein erheblich höherer Stellenwert zukommt als in den kleinsten Einheiten. Vereinbarungen, die von
Betriebsrats- oder Gewerkschaftsvertretern unterzeichnet wurden, sind daher in den großen MNU entsprechend häufiger anzutreffen. Außerdem enthalten die Vereinbarungen dort häufiger Bestimmungen,
die für externe Vertreter einschließlich Gewerkschaftsfunktionäre eine Vollmitgliedschaft im EBR oder
eine Teilnahme an EBR-Sitzungen von Rechts wegen vorsehen.
9.3 Perspektiven
Die in dieser Analyse der Vereinbarungen nach Artikel 13 gewonnenen Erkenntnisse sind auch von
Bedeutung für weitere Verhandlungen zur Einsetzung von EBR nach Artikel 5 und 6. Eine wesentliche
Veränderung, die das Verfahren für Vereinbarungen nach Artikel 6 von der zuvor üblichen Praxis unterscheidet, besteht darin, daß zu diesem Zweck ein besonderes Verhandlungsgremium einzusetzen ist, in
dem Gewerkschaftsorganisationen formal keine Rolle zugewiesen wird. In Anbetracht der maßgeblichen Einflußnahme von Gewerkschaften auf die Aushandlung von Vereinbarungen nach Artikel 13 und
auf die Arbeitsabläufe der dabei eingesetzten EBR ist die Frage von Bedeutung, inwieweit es den
Gewerkschaften gelingen wird, durch eine koordinierende und maßgebliche Mitarbeit im besonderen
Verhandlungsgremium auch in den nach Artikel 6 eingesetzten EBR eine entsprechende formelle Präsenz
zu erlangen.
Darüber hinaus sind die Erkenntnisse von Bedeutung für die künftige Entwicklung der EBR. Während
es in der Praxis zwar zu Abweichungen von den in den Vereinbarungen enthaltenen Regelungen kommen kann, werden diese formaljuristischen Bestimmungen dennoch eine Erleichterung und Straffung
der Tätigkeit der EBR zur Folge haben. Nach Schulten (1996) und gemäß den diesbezüglichen
Bemerkungen in der Einleitung ergeben sich hier zwei gegensätzliche und sich einander ausschließende
Szenarien: In jenen EBR, die sich auf die Durchführung einer jährlichen Sitzung beschränken und somit
offenbar eine weitgehend formelle und symbolische Rolle spielen, kommt es zwischen den Sitzungen
unter den Arbeitnehmervertretern nur selten oder überhaupt nicht zu einer selbständigen Kontaktaufnahme
und Zusammenarbeit. Andere EBR sind dagegen in der Lage, eine aktive Rolle zu entfalten, die darin
zum Ausdruck kommt, daß die Arbeitnehmerseite auch zwischen den Sitzungen nicht untätig bleibt und
ständig Kontakt zur Unternehmensleitung gehalten wird.
76
Schlußfolgerungen
Eine rein formelle oder symbolische Rolle der EBR ist dann um so wahrscheinlicher, wenn die
Vereinbarungen nur wenige oder überhaupt keine Bestimmungen enthalten, die neben den jährlichen
Sitzungen weitere Aktivitäten oder zusätzliche Möglichkeiten und eine gemeinsames Vorgehen der
Arbeitnehmer vorsehen. Dazu zählen Vereinbarungen, die keine Bestimmungen für außerordentliche
Sitzungen oder — bei größeren EBR — für die Einsetzung eines engeren Ausschusses enthalten, Vereinbarungen, die der Arbeitnehmerseite nicht das Recht einräumen, vorbereitende Sitzungen abzuhalten
oder an der Festlegung der Tagesordnung, an der Protokollführung und an der Weiterverbreitung von
Informationen über den Inhalt und die Ergebnisse der Sitzungen mitzuwirken, sowie Vereinbarungen,
die keine Beteiligung externer Vertreter an den Sitzungen des EBR vorsehen und somit der Arbeitnehmerseite keine Möglichkeit bieten, als Gegengewicht zur Unternehmensleitung unabhängige, externe
Berater und Sachverständige einzuschalten. Außerdem werden sich diese EBR wahrscheinlich dadurch
auszeichnen, daß sie innerhalb der multinationalen Unternehmensgruppe ins Abseits geraten und dort,
wo in den Betrieben des MNU auf nationaler oder lokaler Ebene bereits Arbeitnehmervertretungen vorhanden sind, keine intensiven Verbindungen zu diesen Strukturen unterhalten. Letzten Endes wird dies
dazu führen, daß solche EBR keinen nennenswerten Einfluß auf Entscheidungen der Unternehmensleitung
ausüben und daß sie von der Allgemeinheit der Belegschaftsmitglieder nicht als deren legitime Vertreter
anerkannt werden.
Aktive EBR werden sich dagegen mit höherer Wahrscheinlichkeit dann entwickeln, wenn die Vereinbarungen Bestimmungen zugunsten einer fortlaufenden Vertretung auf seiten der Arbeitnehmer und
regelmäßige Kontakte zwischen den beiden Seiten umfassen. Die Tatsache, daß derartige Regelungen
in einer Reihe von Vereinbarungen nach Artikel 13 enthalten sind, ist ein Anzeichen dafür, daß der Prozeß
der Schaffung innovativer Institutionen auf europäischer Ebene bereits begonnen hat. Zu diesen
Bestimmungen zählt z. B. die Einrichtung eines engeren Ausschusses, der das Recht hat, zwischen den
Plenarsitzungen Fragen von substantieller Bedeutung zu erörtern, und der an der Festlegung der
Tagesordnung, an der Verfassung der Sitzungsprotokolle und an der Verbreitung der Sitzungsergebnisse
entsprechend beteiligt ist. Weitere diesbezügliche Bestimmungen betreffen die Möglichkeit, daß ein
Vertreter der Arbeitnehmerseite eine ständige Funktion ausübt (z. B. Leitung der Sitzungen, zweiter
Vorsitzender bei Sitzungen oder Sekretär) oder gemeinsam mit einem anderen EBR-Mitglied bzw. selbständig außerordentliche Sitzungen einberuft. Von Bedeutung sind in diesem Zusammenhang auch
Bestimmungen, wonach die Arbeitnehmerseite externe Vertreter einschließlich Gewerkschaftsfunktionäre von Rechts wegen an den Sitzungen beteiligen kann, und die Unterstützung durch
Sachverständige in vorbereitenden Sitzungen, in Sitzungen des engeren Ausschusses sowie in den EBRVollsitzungen. Wahrscheinlich wird sich dieser Zuständigkeitsbereich nicht nur innerhalb des in den
subsidiären Vorschriften der Richtlinie vorgesehenen Spektrums bewegen, sondern darüber hinaus noch
weitere Aufgaben umfassen. Diese aktiven EBR unterhalten intensive Beziehungen zu den Arbeitnehmervertretungen auf nationaler und örtlicher Ebene innerhalb der MNU sowie auf sektoraler Ebene auch
außerhalb der multinationalen Unternehmensgruppe. Sie haben das Potential, neue Formen der länderübergreifenden Interessenvertretung der Arbeitnehmer, einschließlich gemeinsamer Stellungnahmen
oder Rahmenvereinbarungen zu Aspekten der Beschäftigungs- und Sozialpolitik, zu entwickeln und auf
diese Weise die Entscheidungen der Unternehmensleitung maßgeblich zu beeinflussen.
77
Anhang 1
Zusammenfassende Darstellung
der Ergebnisse
Der vorliegende Bericht enthält eine Analyse von 386 Vereinbarungen, die gemäß Artikel 13 der
Richtlinie über die Einsetzung eines Europäischen Betriebsrats abgeschlossen wurden. Als Grundlage
für diese Analyse dient die umfangreiche Datenbank der Europäischen Stiftung zur Verbesserung der
Lebens- und Arbeitsbedingungen.
Die Vereinbarungen wurden von multinationalen Unternehmen (MNU) mit Sitz in 25 Ländern
abgeschlossen. Fast zwei Drittel der Vereinbarungen entfallen auf Unternehmen mit Sitz in
Deutschland, Frankreich, dem Vereinigten Königreich und den USA.
Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern ergeben sich in der „Häufigkeitsrate“ des Abschlusses
dieser Vereinbarungen bezogen auf die Anzahl der in den Geltungsbereich der Richtlinie fallenden
Unternehmen. Sie ist in MNU mit Sitz im Vereinigten Königreich höher als in Frankreich oder
Deutschland.
Vier von fünf Vereinbarungen wurden in der Metallverarbeitung abgeschlossen. Die „Häufigkeitsrate“
in der Metallverarbeitung ist doppelt so hoch wie im Dienstleistungssektor.
Die weitaus meisten Vereinbarungen wurden in den zwölf Monaten bis September 1996
abgeschlossen. 7 Prozent der Vereinbarungen stammen aus der Zeit vor September 1994.
Nahezu die Hälfte der Vereinbarungen wurde von Gewerkschaftsorganisationen unterzeichnet,
während jede dritte Vereinbarung die Unterschrift von Betriebsratsvertretern trägt. Ein Viertel der
Vereinbarungen wurde ausschließlich von nicht näher bezeichneten Arbeitnehmervertretern
unterzeichnet.
Die Einsetzung eines Betriebsrates als reine Arbeitnehmervertretung ist in einem Drittel und die
Einsetzung eines gemischten Gremiums aus Vertretern der Unternehmensleitung und
Arbeitnehmervertretern in zwei Dritteln der Vereinbarungen vorgesehen.
79
Verhandlungen zur Einsetzung Europäischer Betriebsräte
Der geographische Geltungsbereich erstreckt sich in zwei von drei Vereinbarungen über die 17 EWRLänder hinaus auch auf Länder, für die die Richtlinie nicht gilt. Betriebe im Vereinigten Königreich
werden in fast allen Fällen in den Geltungsbereich des EBR mit einbezogen.
In einem Viertel der Vereinbarungen werden EBR-Strukturen auf der Ebene des international
operierenden Unternehmensbereichs eingerichtet, die in einer Minderzahl von Fällen parallel zur
Struktur auf der Ebene der Unternehmensgruppe bestehen.
Die dem EBR zugewiesene Rolle besteht in der Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer. Eine
Verhandlungsrolle des EBR ist nur in zwei Prozent der Fälle vorgesehen.
Die Zuständigkeit des EBR umfaßt in den meisten Vereinbarungen wirtschaftliche und finanzielle
sowie beschäftigungsrelevante und soziale Kernfragen. Eine Zuständigkeit für Fragen im
Zusammenhang mit Umstrukturierungs- und Rationalisierungsmaßnahmen ist nur der Hälfte der
Vereinbarungen vorgesehen.
In der Hälfte der Vereinbarungen werden bestimmte Fragen von der Erörterung im EBR
ausgeschlossen.
In neun von zehn Vereinbarungen umfaßt der einzusetzende EBR höchstens 30 Mitglieder.
In der Hälfte der Vereinbarungen ist für Betriebe in bestimmten Ländern eine Direktvertretung im
EBR nur dann vorgesehen, wenn sie eine bestimmte Mindestgröße in bezug auf die Beschäftigung
erreichen.
In einem Drittel der Vereinbarungen finden sich Bestimmungen über externe Mitglieder oder
Personen, die an den Sitzungen von Rechts wegen teilnehmen können. Dabei handelt es sich häufig
um Gewerkschaftsvertreter. In der Mehrzahl der Vereinbarungen ist eine Teilnahme externer Vertreter
auf Einladung vorgesehen.
Die Einsetzung eines engeren Ausschusses ist in sechs von zehn Vereinbarungen vorgesehen. Die
Mehrzahl dieser Gremien umfaßt ausschließlich Vertreter der Arbeitnehmerseite.
Die engeren Ausschüsse sind für Fragen der Koordination und Kontaktpflege sowie für die Festlegung
der Tagesordnung verantwortlich. In einer Minderzahl der Fälle ist auch die Entgegennahme von
Informationen auf regulärer Basis vorgesehen.
EBR-Sitzungen werden in fast allen Fällen einmal im Jahr einberufen. Zwei Sitzungen im Jahr werden
besonders häufig im Dienstleistungssektor abgehalten. In den meisten EBR-Sitzungen führen
Vertreter der Unternehmensleitung den Vorsitz.
Außerordentliche Sitzungen sind in vier von fünf Vereinbarungen vorgesehen.
Bei der Festlegung der Tagesordnung, bei der Verfassung der Sitzungsprotokolle und bei der
Weiterverbreitung von Informationen über die Ergebnisse der EBR-Sitzungen sind gemeinsame
Verfahren weit verbreitet.
Die Frage der Weiterverbreitung von Informationen an die Allgemeinheit der Belegschaftsmitglieder
ist nur in zwei Dritteln der Vereinbarungen geregelt. Bei der Informationsverbreitung lassen sich fünf
Grundmuster erkennen.
Der Einsatz von Übersetzern und Dolmetschern ist in über drei von vier EBR vorgesehen, wobei in
einem Fünftel nicht alle Sprachen abgedeckt werden.
Die Vertraulichkeitsbestimmungen der meisten Vereinbarungen befinden sich im Einklang mit den
subsidiären Vorschriften der Richtlinie.
80
Anhang 1: Zusammenfassende Darstellung der Ergebnisse
Vorbereitende Sitzungen der Arbeitnehmerseite finden große Verbreitung, während Folgesitzungen
seltener vorgesehen sind.
Die Arbeitnehmerseite erhält in vier von fünf Vereinbarungen die Möglichkeit, Sachverständige
einzuschalten. In einem von fünf Fällen wird die Anzahl auf einen Sachverständigen begrenzt.
Eine bezahlte Freistellung zur Teilnahme an den EBR-Sitzungen sowie die Übernahme der Reise- und
Aufenthaltskosten ist fast überall vorgesehen.
Bestimmungen zur generellen Kostenübernahme bei Ausbildungsmaßnahmen für
Arbeitnehmervertreter sind nur in einem Drittel der Vereinbarungen vorgesehen.
In vier Fragen lassen sich Abweichungen zwischen den Vereinbarungen nach Artikel 13 und den
subsidiären Vorschriften der Richtlinie feststellen: Diese Fragen betreffen das Ausmaß der
Beteiligung von Gewerkschaften, die große Verbreitung gemischt besetzter Gremien, die
Einbeziehung von nicht in den Geltungsbereich der Richtlinie fallenden Ländern sowie jene
Minderzahl von Fällen, in denen EBR-Strukturen auf der Ebene des Unternehmensbereichs eingesetzt
werden.
In anderen Punkten sind die Bestimmungen der Richtlinie bereits der Maßstab, an dem sich die
Verhandlungsparteien orientieren. Seit Verabschiedung der Richtlinie enthalten die Vereinbarungen in
wachsendem Maße detaillierte Bestimmungen und nehmen einen zunehmend formellen Charakter an.
Die Vereinbarungen weisen in Abhängigkeit vom Herkunftsland des betreffenden Unternehmens
deutliche inhaltliche Unterschiede auf, die mit hervorstechenden Merkmalen der nationalen Systeme
der Arbeitsbeziehungen in den verschiedenen Ländergruppen zusammenhängen.
Unterschiede ergeben sich auch zwischen den einzelnen Sektoren: Vereinbarungen in der
Lebensmittel- und Getränkeindustrie, in der chemischen Industrie sowie in der Textil- und
Bekleidungsbranche unterscheiden sich voneinander durch typische Merkmale.
Viele EBR besitzen das Potential, sich zu aktiven, ständig arbeitsfähigen Gremien zu entwickeln,
während sich andere möglicherweise auf eine symbolische Rolle beschränken, die über das Abhalten
einer jährlichen Sitzung nicht hinausgeht.
81
Anhang 2
Verzeichnis der Unternehmen,
die Vereinbarungen nach Artikel 13
abgeschlossen haben
Accor
APV
Adtranz
Aramark
Aer Lingus
ARBED
AGA
Arjo Wiggins Appleton
AGF
Asea Brown Boveri (ABB)
AGREVO
Assidoman
Ahlström Koncernen
ASW Holdings
Air Products Europe
Atlas Copco
Airbus
AXA
Albert Fisher Group
Babcock
Alcan Aluminium
Baker Hughes
Alcatel Alsthom
Barclays
Alfa Laval
BASF
Allianz
Bass
Allied Domecq
Bat Industries
Altana AG Group
Bau Holding
Alusuisse -Gonza Europe
Baxter
Amylum Group
Bayer
Antibioticos
BBL
Apple
Behr
83
Verhandlungen zur Einsetzung Europäischer Betriebsräte
Beiersdorf
Carrefour
Benckise Konzern
Carrier Europe
Bertelsmann
Caterpillar
Bicc Cables
Chargeurs International
Bilfinger & Berger
Ciba
Blue Circle Industries
Claas *
BMW
Clariant Companies
BNP
CLT *
Boc Group
Club Mediterranée
Boehler-Uddeholm
Coats Viyella Plc/Thread
Boehringer Ingelheim
Coats Viyella/Textiles
Bols Wessanen
Cockerill Sambre
Boots Contract Manufacturing
Colgate Palmolive
Bord na Móna
Compass Group
Borealis
Continental
Bouygues
Cooper Industries
BP Oil Europe
Corning
BPB
Courtaulds
Braas
Courtaulds Textiles
Braun Melsungen
CPC
Bridgestone / Firestone
Crédit Communal
British Airways
Crédit Lyonnais
British Steel
Daf Trucks
British Telecom
Daimler Benz Konzern
Bühler International
Dalli Werke Mäurestwirtz
Bull
Danfoss
Bunzl *
Danisco Group
Burda-Holding
Danone
Burelle
Danzer
Burgo
David S. Smith (Holdings)
Cabot Group
De La Rue
Campina Melkunie
Degussa
Canon
Delco Electronics Europe
Cardo Group
Delphi
Cargill
Delta
Carnaud Metal Box
Deutsche Bank-Gruppe
84
Anhang 2: Unternehmen, die Vereinbarungen nach Artikel 13 abgeschlossen haben
DHL Worldwide
General Motors *
Dillinger Hüttenwerke AG
General Motors Acceptance Corporation
DLW
Générale de Banque
DMC
Générale des Eaux
DOMO
Georg Fritzmeier
Dow Europe
Gerresheimer Group
Dupont
GKN
Duracell Batteries
Groep van roey
Dyckerhoff
Groupe Falke
Dynamit Nobel
Groupe Soparind
Dyno Industries
Gruener + Jahr
Electrolux
Grundig
Elf Aquitaine
Gruppo Snaidero
Elopak Group
Guinness
ENI
Hafslund Nycomed
Ericsson
Hager Electro
Eridana Beghin Say
Hamilton Standard
Eurocopter
Hans Schwarzkopf Gruppe
Europa Metalli
Hanson Brick
Fag Kugelfischer
Hanson Electrical
Felten & Guilleaume Energietechnik
Hebel
Ferrero
Heidelberger Druck Maschinen
Fiat
Heidelberger Zement
Ford Motor Co.
Hella Gruppe
Fortis
Henkel
Framatome
Herberts
Franke Gruppe
Hercules
Frantschach
Hewlett Packard
Freudenberg & Co.
Hitachi
Gallaher Ltd
Hochtief
Gama Holding
Hoechst
Gate Gourmet Group
HolderBank
Geberit *
Honda
GEC Alsthom
Hoogovens
Gehe
Howden
General Accident
HSBC Group
85
Verhandlungen zur Einsetzung Europäischer Betriebsräte
Hughes
Leica
ICI
Liebherr
ICL
Linde
ING
Linpac Plastic
Interbrew
L’Oréal
IPT
Lyonnaise des Eaux
ISS
Mahle
Italcementi
MAN
ITT Automotive Europe
Mann + Humel
ITT Canon
Mannesman
ITT Flygt
Marazzi
ITT Industries
Matra Marconi Space
Jefferson Smurfit Group
Mayr Melnhof
John Deere
McDonalds
Johnson Controls
Mead Packaging Europe
Kaefer
Merck
Kao Group
Merloni
KCI Konecranes International Group
Metsa serla
Kelloggs
Meyer
Kemira
Miroglio Group
Keramik Laufen Group
Mitsubishi Electric
Kimberly Clark
Mobil Chemical
KLM
Mobil Marketing + Refining
KM Europa Metal
Mobile Exploration + Producing
Knorr-Bremese Systeme
Modo Group
KNP Leykam
Myllykoski
Komatsu Europe Int
Natwest
Kone
Neste
Koninklijke Nedschroef Holding
Nestlé
Kraft Jacobs Suchard
NKT Holding
Kronos
Nokia Group
Krupp AG Hoesch-Krupp
Norsk Hydro
KSB
Norske Skogindustrier ASA
Kvaerner ASA
Norwich Union *
Laffarge Coppée
Nutricia
Lagardere
Oetker International
86
Anhang 2: Unternehmen, die Vereinbarungen nach Artikel 13 abgeschlossen haben
Orkla ASA
RMC
Otis
Roche
Outokumpu
Rothmans Int. Europe
Owens Corning
Rothmans International (RITP)
Panasonic/Matsusuita
RWE
Parmalat
RWE-DEA
Partek
Saffa
Paul Hartmann
Saint Gobain
Pauwels
Sandoz
Pearson*
Sandvik
Pechiney
Sanyo
Pepsico
Sara Lee Personal Products
Petrofina
Sara Lee Processed Meats Europe
Pharmacia UpJohn
SCA
Philip Morris Tobacco
Scandic Hotels
Philipp Holzmann
Scansped
Philips
Schering
Philips Petroleum
Schering Plough
Phoenix
Schiesser
Pilkington
Schmalbach-Lubeca
Pioneer
Schneider
Polimeri Europa
Schott
Preussag
Schweppes
Primagaz
Scottish and Newcastle
Procter and Gamble
Seagram
PSA Peugeot Citroën
Securicor
Randstad
SEW-International - SEW Eurodrive
Rank Xerox
SGS
Rauta Ruukki
Shell
Raychem *
Sibelco
Reckitt & Colman
Siemens
Redland *
Sigma Coatings
Renault
Skanska
RH
SKF
Rhone Poulenc
Société Générale
RJ Reynolds Int.
Solvay
87
Verhandlungen zur Einsetzung Europäischer Betriebsräte
Sony
Union Minière
Steigenberger Hotels
Unisource
Stena Line *
United Biscuits
Stora *
United Technologies Automative Europe
Strafors *
United Technologies Pratt + Whitney
Südsucker
UPM kymnene
Sulzer Holding
Usinor Sacilor
Sumitomo Rubber
Valmet
T&N
Vandemoortele TNT
Tarkett
VAW Aluminum
Tate & Lyle
VEBA-Konzern
TDK Recording Media Europe
Verlags Gruppe Passau
Tetra Laval *
VF Europe Jeans
Texaco
VHB Industrial Batteries
Thomson Consumer Electronic
Villeroy + Boch
Thomson CSF
Voith
Thomson Multimedia
Volkswagen
Thomson-DASA SAS
Volvo
TNT
Wartsila Diesel
Tomkins
Wella
Touristik Union International (TUI)
Whirl Pool
Tractebel
Wienerberger
Transport Development Group
Wilhelm Böllhof
Trelleborg
Winterthur
Triumph International
WMX
Tulip International
Zehnder
UCB
Zeneca
Unilever
Zumtobel
Union des Assurances de Paris
* Vereinbarung war im September 1996 noch nicht ratifiziert.
88
Literatur
Carley, M., und Hall, M., „Vergleichende Untersuchung der Vereinbarungen“, in: Soziales Europa —
Beiheft 5/95: „Überblick über bestehende Vereinbarungen über Unterrichtung und Anhörung in europäischen multinationalen Unternehmen“, Luxemburg, Amt für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaften, 1996
ETUI, European Works Councils: Inventory of Companies Affected by Council Directive No 94/95 of
22 September 1994, Brüssel, 1995
EWCB, „Artikel 6 Agreements — a preliminary review“, in: European Works Council Bulletin, Nr. 11,
September/Oktober 1997, S. 12-17
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89
Europäische Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen
Verhandlungen zur Einsetzung Europäischer Betriebsräte — Eine Analyse der Vereinbarungen nach
Artikel 13
Luxemburg: Amt für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaften
1999 — VIII, 89 S. — 21 x 29,7 cm
ISBN 92-828-6651-3
Preis in Luxemburg (ohne MwSt.): EUR 20
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