9. Kostenumlagen und Verrechnungspreise a. b. c. d. Grundlagen Grundmodell der pretialen Lenkung Alternativer Ansatz Kostenumlagen 1 a. Grundlagen ¾ Formale Ermittlung wurde diskutiert. Sie dienen der dezentralen Steuerung der Bereiche d.h. die Bereichsleiter haben selbst Entscheidungsrechte über Annahme oder Ablehnung von (innerbetrieblichen) Aufträgen Sie werden nach dem Abteilungsgewinn beurteilt, so dass sie jeden Auftrag annehmen werden, der bei den geltenden Verrechnungspreisen und Kostenumlagen einen positiven Beitrag zum Abteilungsgewinn liefert. ¾ Der Abteilungsgewinn kann budgetiert werden, d.h. auch negativ sein, wenn eine entsprechende Umlage erfolgt. 2 Vorgaben der Zentrale ¾Die Zentrale kann entweder die Verrechnungspreise zahlenmäßig vorschreiben oder die Methode festlegen, nach der die Bereichsmanager die Verrechnungspreise zu ermitteln haben im letzteren Fall muss kontrolliert werden, dass die vorgeschriebene Methode richtig benutzt wurde; damit nicht höhere Kosten infolge unwirtschaftlichen Arbeitens zu höheren Abteilungsgewinnen führen, umfasst die Kontrolle auch die Abweichungsanalyse auf der Basis budgetierter Kosten. 3 b. Grundmodell der pretialen Lenkung ¾ Einfachste Form einer divisionalen Unternehmung Unternehmen besteht aus einer Unternehmenszentrale (Z) und zwei Divisionen (A und B), die jeweils von einem Manager eigenverantwortlich geleitet werden Division B stellt ein Zwischenprodukt her, das von Division A in gleicher Menge weiterverarbeitet und am Absatzmarkt verkauft wird die Zentrale kann die von B anzuwendende Regel für die Festsetzung des Verrechnungspreises τ vorgeben und durchsetzen ¾ Koordinationsproblem: Welche Regel soll die Unternehmenszentrale der Division B für den Verrechnungspreis t vorschreiben, damit die im Eigeninteresse handelnden Bereichsleiter ihre Produktions‐ und Absatzentscheidungen so koordinieren, dass der Gesamtgewinn des Unternehmens maximiert wird? Literaturquelle: Hirshleifer, Jack: On the Economics of Transfer Pricing, Journal of Business,1956 4 Benchmark: Lösung bei zentraler Entscheidung ¾ Maximierungsproblem der Zentrale max G ( x ) = E A ( x ) − K A ( x ) − K B ( x ) x E A ( x ) : Erlösfunktion von Division A K A ( x ) : Weiterverarbeitungskosten von Division A K B ( x ) : Produktionskosten von Division B ¾ Optimalitätsbedingung G ' ( x ) = E ′A (x ) − K ′A ( x ) − K B′ ( x ) = 0 5 Lösung bei dezentraler Entscheidung ¾ Maximierungsproblem von Division B max GB ( x ) = τ ⋅ x − K B ( x ) x GB' ( x ) = τ − K B' ( x ) = 0 Optimalitätsbedingung daraus folgt: τ * = K 'B (x ) ¾ Maximierungsproblem von Division A max G A ( x ) = E A (x ) − K A ( x ) − τ ⋅ x x Optimalitätsbedingung G A' ( x ) = E A' ( x ) − K A' (x ) − τ = 0 Einsetzen von τ* für τ zeigt: Die Optimalitätsbedingung von A bei dezentraler Entscheidung stimmt mit der bei zentraler Entscheidung überein. ¾ Ergebnis: Optimaler Verrechnungspreis = Grenzkosten von B 6 Beispiel E A ( x ) = 150 x − x 2 , K A ( x ) = 20 x , K B ( x ) = 10 x + x 2 + F ¾ Zentrale Entscheidung: G = 120 x − 2 x 2 − F , G' = 120 − 4 x = 0 , ⇒ x* = 30 ¾ Dezentrale Entscheidung: A meldet einen Bedarf x an, B reagiert mit einem Verrechnungspreis: τ(x) = 10 + 2x A revidiert seinen Bedarf gemäß seiner Optimalitätsbedingung G A = 130 x − x 2 − τ ⋅ x , G ' A = 130 − 2 x − τ = 0 130 − τ 2 B passt seinen Verrechnungspreis an den neuen Bedarf an ⇒ x *A (τ ) = G B = τ ⋅ x − 10 x − x 2 − F , ⇒ x B* (τ ) = τ − 10 2 G ' B = τ − 10 − 2 x = 0 Bei x = 30, τ = 70 tritt ein Gleichgewicht ein. 7 Modifikation des Beispiels ¾ Das Zwischenprodukt kann in unbeschränkten Mengen an einem externen vollkommenen Markt zum Preis p pro Stück gekauft oder verkauft werden Problem: Soll die Zentrale den beiden Bereichen die unbeschränkte Nutzung des externen Marktes erlauben? Transferpreis bei unbeschränktem Marktzugang: Manager A kauft nur von Bereich B wenn τ≤p Manager B verkauft nur an Bereich A wenn τ≥p Konsequenz für die Zentrale: – Bei freiem Marktzugang beider Bereiche ist der einzig mögliche Transferpreis t=p – Andernfalls kommt kein interner Handel zustande. Ist freier Marktzugang optimal? 8 Entscheidungsproblem bei gegebenem Marktpreis ¾ Gesamtgewinn des Unternehmens G = G A + G B = 130 x A − x 2A − p ⋅ x A + p ⋅ x B − 10 x B − x B 2 − F Nettowert der Markttransaktionen ¾ Optimale Lösung G' A = 130 − p − 2 x A = 0 ⇒ G' B = p − 10 − 2 x B = 0 ⇒ 130 − p 2 p − 10 * xB = 2 x*A = ¾ Gewinnvergleich 2 ( 70 − p ) G ( x A ( p ), xB ( p )) = 1800 + − F > 1800 − F = G (x A (τ * ), xB (τ * )) 2 ¾ freier Marktzugang erhöht den Gewinn! 9 Wieso? altes Optimum neues Optimum Szenario 1 K B′ ( x *) < p p Szenario 2 K B′ ( x *) < p K B′ E ′A − K ′A xA x* K B′ E ′A − K ′A p xB x xB x* xA x 10 Zusammenfassung der Modellergebnisse ¾Existiert kein Markt für das Zwischenprodukt, entspricht der optimale Transferpreis den Grenzkosten des liefernden Bereichs ¾Existiert ein vollkommener Markt für das Zwischenprodukt, entspricht der optimale Transferpreis dem Marktpreis ¾Allgemeine Regel: Optimale Koordination wenn Verrechnungspreis = Opportunitätskosten des Zwischenproduktes 11 Modellkritik: Dilemma der pretialen Lenkung ¾ Will die Zentrale den Transferpreis optimal vorschreiben, muss sie dazu das optimale Produktionsprogramm ermitteln (τ(x)) Kennt sie das optimale Programm, kann sie den Managern auch gleich die Produktionsmengen vorschreiben, anstatt die Bereichsaktivitäten durch Verrechnungspreise zu koordinieren! Kennt die Zentrale die Kostenfunktionen der Abteilungen nicht, kann sie also nur die Regel der Verrechnungspreisermittlung vorschreiben, wird Bereich B versuchen, seine Grenzkosten zu übertreiben. Das ist schwer zu kontrollieren, auch wenn die Gesamtkosten ex post bestimmbar sind. 12 „Double Marginalization“ ¾ Im Beispiel war Bereich A Monopolist konjekturale Preis‐Absatz‐Funktion ¾ Bereich B könnte die Nachfrage von A in Abhängigkeit vom Verrechnungspreis τ als seine (B‘s) Preis‐Absatz‐Funktion auffassen und sich monopolistisch verhalten ¾ Beispiel: Lineare Preis‐Absatz‐Funktion pA(x) bei A, konstante Grenzkosten cA, cB bei beiden Bereichen ¾ Was passiert? Cournot‐Regel bewirkt, dass die um cA nach unten verschobene Grenzerlöskurve des A zur Preis‐ Absatz‐Funktion von B wird pB(x) hat die doppelte Steigung wie pA(x) auch B wendet die Cournotregel an. drastische Verminderung von Volumen und Gewinn beim Gesamtunternehmen + cA{ – + = Gesamtgewinn bei τ = cB = Gewinnsteigerung von B = Gesamtgewinneinbuße cA{ cB{ x c. Alternativer Ansatz (J.‐R. Schöndube) ¾ Die Zentrale legt nur fest, dass der Transferpreis je Mengeneinheit den Stückkosten des liefernden Bereiches an der Stelle der gehandelten Menge entsprechen muss, d.h. τ = KB(x)/x. Zielfunktion von A: G(x) = p(x) – KA(x) – x KB(x)/x (identisch mit der Zielfunktion der Zentrale) Zielfunktion von B ist identisch null. B ist indifferent zwischen allen Mengen und insofern bereit x = x* zu liefern. ¾ Diese Transferpreisregel bietet folgende Vorteile gegenüber dem Hirshleifer‐Modell der pretialen Lenkung: Geringere Informationsanforderungen. Es muss (lediglich) die Stückkostenfunktion von Bereich B bekannt sein, nicht aber die optimale Menge x*. Das Dilemma der pretialen Lenkung entfällt. Das Problem der Übertreibung der Grenzkosten von B entfällt, die Durchschnittskosten lassen sich retrospektiv relativ leicht kontrollieren. Fixkostenproblematik: Es ist stets sichergestellt, dass Bereich B nicht auf seinen Fixkosten „sitzen bleibt“. ¾ Wie im Hirshleifer‐Modell wird eine optimale Koordination der Bereichsentscheidungen erreicht. 14 d. Kostenumlagen ¾ In der Praxis ist es üblich, auch allgemeine Verwaltungskosten und sonstige Kosten, die die Bereiche nicht beeinflussen können nach bestimmten Schlüsseln auf die Bereiche zu verteilen. ¾ Das wirkt wie eine „Steuer“ auf die Schlüsselgröße und kann je nach Wahl der Schlüsselgröße zu Verzerrungen der Entscheidungen führen. Die Wirkung hängt davon ab, ob die Umlage einer Abteilung von der Performance anderer Abteilungen beeinflusst wird. 15 Isolierende vs. nicht‐isolierende Zurechnungsschemata ¾ Isolierendes Zurechnungsschema: Die Bezugsgröße wird so gewählt, dass die einer Abteilung zugerechneten Kosten nicht von Ergebnissen anderer Abteilungen abhängen. Beispiel: Raumnutzung, vorher festgelegte Kostenanteile Effekt: Jede Abteilung trägt ihr eigenes Risiko und behält ihre Chancen ¾ Nicht‐isolierendes Zurechnungsschema: Das Zurechnungsschema macht den eine Abteilung zugerechneten Kostenanteil vom Ergebnis anderer Abteilungen abhängig Beispiel: Umsatzanteil, Deckungsbeitragsanteil als Bezugsgröße Effekt: reduziert das individuelle Risiko der Abteilung, wer „Pech gehabt“ hat, erhält weniger Gemeinkosten aufgebürdet. ¾ beide Schemata motivieren das Management, die Inanspruchnahme von Gemeinkosten zu reduzieren, Anreizeffekte sind aber unterschiedlich Anreize unwirtschaftliches Verhalten anderer zu kontrollieren. 16