Klinische Anwendung und Indikationen Systemkomponenten

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Spezielle neurochirurgische
Maßnahmen
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28 Navigation und intraoperative Magnet­resonanztomografie
innerhalb des Arbeitsraumes in x-, y- und z-Koordinaten
beschrieben werden kann, hergestellt. Die Referenzklemme wird fest mit dem Patienten bzw. mit der relevanten
Körperregion verbunden. Das Instrument kann ein einfacher Zeiger sein, aber es kann auch ein beliebiges anderes chirurgisches Instrument oder aber auch der Fokus
des Operationsmikroskops sein. Das Mikroskop muss
dafür den Fokusabstand an die Navigation übertragen
können. Damit wird das Operationsfeld einschließlich
des zur Operation gelagerten Patienten digitalisiert. Die
Bilder des Patienten liegen im Operationssaal in Form
eines dreidimensionalen Datensatzes vor, in dem jeder
Bildpunkt ebenfalls in x-, y- und z-Koordinaten beschrieben werden kann.
Systemkomponenten
In der Neurochirurgie haben sich die optischen Systeme
weitgehend als Standard der Navigationssysteme etabliert.
Zur Ortung der Referenzklemme und des Instruments
wird eine stereoskopische Kamera eingesetzt. Die Instru­
mente verfügen dabei über passive, Licht reflektierende
oder aktive, Licht emittierende Marker, welche die Kamera
im Raum orten kann. Der Navigationscomputer muss
die Beziehung zwischen den Markern und der Spitze des
Instruments kennen und berechnet daraus in Echtzeit die
Position des Instruments in Relation zum Patienten und
kann dessen Position im dreidimensionalen Navigations-
Abb. 28-1 Komponenten eines integrierten neurochirurgischen
­ P-Saals mit intraoperativer Magnet­resonanztomografie. Durch die
O
Systemintegration ist sowohl das Navigationssystem als auch das
Mikroskop an deckenmontierten Stativen befestigt und die Arbeitsstation des Navigationssystems in einen Nebenraum ausgelagert:
Der Touchscreen-Monitor (1) dient als Anzeige und Bedienfeld der
Navigation. Im Hintergrund ist die stereoskopische Kamera (2),
welche die reflektierenden Marker der unterschiedlichen Instrumente im Raum ortet, zu erkennen. Im Bild finden sich die Referenzklemme (3), die mit der Kopfhalterung fest verbunden ist und
die mit MRT- und Naviga­tions­markern ausgestattete Kopfspule (4),
datensatz darstellen (Abb. 28-1). Voraussetzung ist die
vorherige Registrierung oder Korrelation der realen Koordinatensysteme mit dem Koordinatensystem des Bilddatensatzes. Ein Monitor dient der lokalisationsbezogenen
intraoperativen Darstellung der prä- oder intraoperativ
gewonnen Bilddaten und Informationen. Darüber hinaus
ermöglichen die meisten Systeme eine Informationseinblendung in das Head-up-Display des Mikroskops. Der
Funktionsumfang und die Möglichkeiten der Bilddarstellung hängen von der jeweiligen Programmierung ab und
können zwischen einzelnen Systemen erheblich variieren.
Klinische Anwendung und Indikationen
Die klinische Anwendung teilt sich auf in die Vorbereitung außerhalb des Operationssaales (Bilddatenakquisition, -übertragung, Vorbereitung und Planung) und im
OP (Installation des Systems, Registrierung) sowie die
eigentliche intraoperative Anwendung (Übertragung der
Zugangsplanung, intraoperative Orientierung).
Bilddatenakquisition, Vorbereitung und Planung
Abhängig vom Hersteller und der verwendeten Software
kann sich die Reihenfolge der einzelnen Schritte unterscheiden. Als Grundlage für die Navigation dient ein
Volumendatensatz, der eine Registrierung der Bilddaten
mit der Patientenanatomie ermöglicht. Darüber hinaus
die eine automatische Registrierung des Patienten ermöglicht. Im
roten Kreis auf dem Boden, welcher den 5-Gauss-Bereich markiert,
steht der MR-­Tomograf (5). Innerhalb des roten Bereichs ist nur die
Verwendung von speziell abgeschirmten Geräten und nichtmagnetischen Instrumenten erlaubt. In das Operationsmikroskop (6) können
Informationen aus der Navigation, z. B. Tumorkonturen, eingeblendet werden. Der OP-Tisch befindet sich in der OP-Position (links). Zur
Durchführung einer intraoperativen Magnetresonanztomografie wird
er um 90° gedreht und an die Tischaufnahme des MR-Tomografen
angeschlossen. Die Tischplatte mit der Kopfhalterung und dem Patienten wird dann in die Gantry des Tomografen geschoben (rechts).
Moskopp, Wassmann: Neurochirurgie. ISBN: 978-3-7945-2442-6. © Schattauer GmbH
sollte ein Datensatz vorhanden sein, welcher die optimale
Darstellung der pathologischen Prozesse oder wichtiger anatomischer Strukturen sowie Risikostrukturen
ermöglicht. Außerdem ist die Integration funktioneller
und metabolischer Bilddaten, welche dann zur Planung
und Durchführung der Operation herangezogen werden
können, möglich. Als Datenquelle kommen alle dreidimensionalen Untersuchungsverfahren, deren Daten in
digitaler Form vorliegen, in Betracht. Für die kranielle Navigation bei Gehirntumoren wird in der Regel die
MRT aufgrund der guten Darstellung der intrakraniellen
Pathologien eingesetzt. Eine CT kann ebenfalls auch als
alleiniger Datensatz Verwendung finden.
Weitere Untersuchungsverfahren wie Positronenemissionstomografie (PET) oder PET-CT sowie funktionelle MRT, 3-D-Rotationsangiografie, Sonografie oder die
transkranielle Magnetstimulation werden in der Regel in
Kombination mit MRT oder CT eingesetzt, um spezielle Informationen zu ergänzen. Die einzelnen Datensätze
werden in ein einheitliches Koordinatensystem transferiert (fusioniert). In diesem können der Tumor sowie
andere wichtige Strukturen segmentiert (eingezeichnet)
werden, um dann gezielt angezeigt zu werden. Zusätzlich
zu den bildgebenden diagnostischen Verfahren können
auch dreidimensional zugeordnete funktionelle Daten,
z. B. aus der navigierten transkraniellen Stimulation, in
die intraoperative Navigation integriert werden. Der so
vorbereitete Navigationsplan muss dann an den Navigationscomputer übertragen werden.
Installation und Registrierung des Systems
Ist der Patient für die Operation gelagert, erfolgt die
­Installation einer Referenzklemme am Operationsfeld,
also in der Regel an der Kopfklemme. Dabei wird auf
eine feste Fixierung geachtet, damit sich die räumliche
Beziehung der Referenzklemme zum Patienten nicht mehr
verschiebt.
Bei der spinalen Navigation wird aufgrund der fehlenden festen Verbindung von Zielorgan (Wirbelsäule)
und Operationstisch die Referenzklemme in der Regel an
einem Dornfortsatz befestigt, damit eine feste räumliche
Beziehung zwischen der Referenzklemme und dem OP-Situs hergestellt ist.
Danach werden Datensatz und Patient registriert.
Dem Navigationsrechner wird mitgeteilt, wo sich das reale Koordinatensystem des Patienten in Bezug auf das
virtuelle Koordinatensystem der Bilddaten befindet, indem beide zur Deckung gebracht werden. Durch diesen
zentralen Schritt wird die intraoperative Navigation erst
ermöglicht.
Die unterschiedlichen Methoden beruhen letztlich alle
auf einer Korrelation identischer Punkte in beiden Koor-
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dinatensystemen. Dies ist erreicht, sobald mindestens drei
Punkte, die nicht auf einer Geraden liegen, miteinander
korreliert worden sind (Abb. 28-2). Zur Registrierung können unterschiedliche Verfahren angewandt werden (Raabe
et al. 2002). Zu den häufigsten gehören folgende:
„„Bei der Oberflächenregistrierung wird mit dem Zeiger
die Hautoberfläche abgetastet; aus der Abtastung berechnet der Navigationscomputer ein virtuelles Kopfmodell und gleicht dieses mit der Oberfläche des Navigationsdatensatzes ab.
„„Spezielle, am Patienten angebrachte Marker (Fiducials) oder auch anatomische Landmarken, die sowohl
im Bilddatensatz als auch am Patienten sichtbar sind,
können mit einem Zeiger angesteuert werden.
„„Bei der intraoperativen Bildgebung kann der intraoperativ gewonnene Datensatz auch automatisch registriert
werden, indem Marker in den Aufnahmen in einer festen Relation zu Markern, welche für die stereoskopische
Kamera sichtbar sind, stehen und so die Korrelation der
Koordinatensysteme hergestellt wird.
Analog gibt es auch für die spinale Navigation alle drei
Verfahren, wobei hier mit Knochenoberfläche oder am
Knochen fixierten Markern registriert wird. Analog zu
der automatischen Registrierung am Kopf kann auch ein
intraoperativ gewonnener Volumendatensatz eines Wirbelsäulenabschnittes automatisch registriert werden.
Von der Genauigkeit dieses Arbeitsschrittes hängt ganz entscheidend die Abweichung ab, mit der eine intraoperative Lokalisation
möglich ist. Daher sollte diesem Arbeitsschritt besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden.
Intraoperative Anwendung
Sobald die Registrierung mit ausreichender Genauigkeit
durchgeführt ist, kann die Navigation intraoperativ zur
besseren Orientierung verwendet werden, um z. B. den
Zugang oder die Lage und Größe der Kraniotomie festzulegen. Im weiteren Verlauf kann die Darstellung der
aktuellen Position eines navigierten Instruments (z. B. des
Mikroskop-Fokuspunktes) auf den Bilddaten jederzeit zur
Orientierung genutzt werden (Abb. 28-3). So können normale oder pathologische Strukturen lokalisiert und der
Fortschritt der Operation wie das Erreichen der bildgebenden Signale der Tumorränder verfolgt werden.
Indikationen
Die Indikationen zur Navigation haben sich in den letzten
Jahren in dem Umfang erweitert, in dem die Navigation
in die operative Routine der Neurochirurgie eingebunden
wurde und der notwendige Zeitaufwand sich verringerte.
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Spezielle neurochirurgische
Maßnahmen
28.1 Neuronavigation
28 Navigation und intraoperative Magnet­resonanztomografie
Spezielle neurochirurgische
Maßnahmen
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a
c
b
d
Abb. 28-2 Einsatz der Neuronavigation am Beispiel eines
Teratoms im III. Ventrikel bei einem 5 Jahre alten Jungen. Mit dem
Pointer werden anatomische Strukturen auf den OP-Situs übertragen (a). Schwarz dargestellt sind der Sinus sagittalis superior und
die einmündenden Brückenvenen, grün der Gyrus precentralis. Der
Pointer zeigt auf den Handknopf. Die Position des Pointers wird auf
dem Bildschirm der Navigation (b) in unterschiedlichen Ebenen,
Dennoch gehören zu den Hauptindikationen der Neuronavigation Operationen an der Schädelbasis, von kleinen, tief gelegenen Läsionen (z. B. Kavernomen), in der
Nähe eloquenter Areale und bei intraaxialen Tumoren.
­Hilfreich kann die Methode aber bei allen Operationen
sein, bei d
­ enen eine intraoperative Orientierung anhand
der üblichen Bilder schwierig ist. Auch in der spinalen
Neurochirurgie wird die Neuronavigation zunehmend
eingesetzt, hier vor allem bei spinalen Instrumentierungen, um die Insertion von Schrauben (z. B. Pedikelschrauben) zu führen.
hier mit einer virtuellen Verlängerung der Spitze dargestellt. Der
Handknopf ist auf den T2-gewichteten Sequenzen gut zu erkennen.
Beim Blick durch das Operationsmikroskop (c) sieht man durch den
gespaltenen Balken auf den Tumor, dessen Konturen lila eingeblendet werden (d). Die Position des Fokuspunktes wird auf dem
Navigationsbildschirm (d) mit der blauen Spitze dargestellt. Das
Sichtfeld wird mit dem Kreis angezeigt.
Fehlerquellen und Limitationen
Keine Neuronavigation kann die Kenntnis der Neuroanatomie ersetzen. Die Verantwortung für den Eingriff
liegt allein beim Operateur. Er vergewissert sich, dass die
Angaben des Navigationssystems korrekt sind und kennt
Limitationen sowie Fehler der Methode.
Die Beachtung folgender Punkte trägt zur Optimierung
der Genauigkeit bei (Spetzger et al. 2002):
„„Kleben der Fiducial-Marker: möglichst weit über die
Operationsregion verteilt mit der Läsion im Zentrum,
intraoperative Zugänglichkeit der Marker berücksichti-
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28.1 Neuronavigation
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Oberflächenpunkten möglichst weit verteilt akquirieren, Genauigkeit an anatomischen Landmarken prüfen;
„„intraoperativ: Plausibilität der Navigation immer wieder prüfen, gegebenenfalls Landmarken im sterilen Feld
zur Nachreferenzierung definieren (cave: stellt besten­
falls die initiale Genauigkeit wieder her!).
CAVE Die wichtigste Fehlerquelle der Neuronavigation und
gleichzeitig auch die grundsätzliche Limitation der Methode bestehen in der Veränderung der anatomischen Verhältnisse durch
die Operation selbst, die sich auf den zur Navigation verwendeten
Bildern naturgemäß nicht widerspiegelt.
Dieser Fehler wird allgemein mit dem Begriff »Brainshift«
bezeichnet und kann ein erhebliches Ausmaß annehmen.
Eine Korrektur ist letztlich nur durch Methoden der intraoperativen Bildgebung möglich.
Abb. 28-3 Intraoperative Navigation mit dem Mikroskop (Bild-
schirm des VectorVision® -Navigationssystems, Brainlab): Auf dem
Bildschirm des Navigationsrechners ist der Blick durch das Okular
des Operationsmikroskops auf das Operationsfeld mit eingeblendeter Kontur des Tumors und der Pyramidenbahn sichtbar (Fenster links oben). Die Kontur wird dem Operationssitus überlagert
und der am Mikroskop eingestellten Vergrößerung in der Größe
angepasst. Voraussetzung ist hierbei die präoperative Planung mit
Segmentierung der anatomischen oder funktionellen Strukturen in
der Planungssoftware. Die gestrichelten Linien zeigen die maximale Ausdehnung der Struktur auf einer parallel zur Fokusebene
verlaufenden Fläche. Der Fokuspunkt des Mikroskops ist auf der
Kortexoberfläche. Diese wölbt sich nach der Duraeröffnung vor,
wodurch schon zu Begin der Resektion ein Brainshift entsteht. Gut
zu erkennen ist dies auf den senkrecht zur Fokusebene, durch den
Fokuspunkt verlaufenden Rekonstruktionsebenen des MRT-Volumendatensatzes mit blau segmentiertem Tumor und grün segmentierter Pyramidenbahn. Der Fokuspunkt des Mikroskops wird durch
die blaue Spitze angezeigt. Der Kreis zeigt das Gesichtsfeld des
Operateurs (entspricht nicht dem Bildausschnitt). In den Rekonstruktionen ist der Fokus über 1 cm vom Kortex entfernt. Dieser
Brainshift kommt durch die mechanische Entlastung im Bereich der
Raumforderung zustande.
gen (Lagerung), ausreichende Anzahl, Farbmarkierung
zum Erkennen von Verschiebungen;
„„Import der Bilddaten: Patientenidentität und Seitenkonvention überprüfen;
„„Datenvorbereitung: sorgfältige Definition der Marker(-Mitte) und gegebenenfalls Tumorkonturen im
Datensatz, genaue Rekonstruktion der Hautoberfläche;
„„Systemaufbau: Referenzrahmen/Gelenkarm (Nullpunkt) unverschieblich an der Kopfhalterung bzw. am
Operationsfeld fixieren, Kameraposition bei optischen
Systemen optimieren;
Alternative Verfahren
Als Alternativen zur Neuronavigation stehen die verschiedenen Verfahren zur intraoperativen Bildgebung und vor
allem die klassische Stereotaxie zur Verfügung. Bei der
Stereotaxie ist die kontinuierliche intraoperative Anwendung zur interaktiven Orientierung mit einem größeren
Aufwand verbunden, wegen der dabei notwendigen Einstellung des Zielbügelsystems. Daher bestehen für beide
Methoden eher getrennte Indikationsbereiche, und die
klassische rahmengebundene Stereotaxie wird auf längere
Sicht wohl auf spezialisierte Indikationen, wie funktionelle Eingriffe, beschränkt werden (s. Kap. 26).
Einordnung der Methode und
praktische Überlegungen
Einordnung
Obwohl sich die Methode der Neuronavigation zunehmend in der klinischen Routine durchsetzt, ist die Datenlage so, dass die Anwendung nicht zum Standard für
bestimmte Operationen erklärt werden kann. So haben
eigene Daten in einer vergleichenden Untersuchung zum
Outcome von Glioblastomoperationen ohne und mit Anwendung der Neuronavigation (Wirtz et al. 2000a) eine
Steigerung der Resektionsradikalität bei den navigierten
Operationen ergeben, allerdings ohne ein signifikant besseres Outcome. Darüber hinaus werden in der Literatur
die Vorteile der Neuronavigation bei unterschiedlichen
Indikationen dargestellt, ohne dass »harte« Daten dafür
vorgelegt würden. Lediglich bei der Operation von kleinen, tief liegenden Läsionen (insbesondere Kavernomen)
Moskopp, Wassmann: Neurochirurgie. ISBN: 978-3-7945-2442-6. © Schattauer GmbH
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Maßnahmen
„„Referenzierung: auf Markerverschiebungen achten, bei
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