82 4 Modellgussprothesen (Einstückgussprothesen) 4.1 Konstruktionsplanung der Prothese Nach der allgemeinen Vorbehandlung und Konsolidierung des Restgebisses muss die definitive Versorgung sorgfältig geplant und durchgeführt werden. Während die Doppelkrone automatisch alle Anforderungen an ein Halte- und Stützelement erfüllt, ist dies bei einer Modellgussklammer differenzierter zu betrachten. (Statt des sprachlich nicht exakten Begriffes der „Auflage“ wird im weiteren Verlauf von Abstützungselement oder Stützelement gesprochen, um deutlich zu machen, dass dieses wichtige Klammerelement nicht einfach aufliegt, sondern eher „einliegt“ und einer sorgfältigen Planung bedarf.) Auch hier ist es wieder unabdingbar, dass Zahnarzt und Zahntechniker Hand in Hand arbeiten. Dabei ist es Aufgabe des Zahnarztes, nach eingehender Beurteilung des Zustandes des Restgebisses und der Schleimhäute die Modellgussprothese zu planen, wobei die im theoretischen Teil (Kap. 8 u. 9) aufgeführten Überlegungen zu berücksichtigen sind. Der Zahntechniker muss dann die vorgegebene Konstruktion umsetzen. Die häufig angewandte Praxis, den Zahntechniker, der die individuellen Verhältnisse in der Mundhöhle nicht kennt, die Prothese konstruieren zu lassen, ist falsch. Denn dann werden nur mechanische und technische Gesichtspunkte berücksichtigt, während biologische und physiologische Aspekte zwangsläufig völlig außer Acht gelassen werden. Die moderne Modellgussprothese bezieht alle Faktoren mit ein und erfordert gegenseitiges Verständnis von Zahnarzt und Zahntechniker im Bemühen, auch eine „nur“ klammerverankerte Prothese dem Patienten so anzufertigen, dass sie wirklich inkorporiert werden kann. Die Konstruktionsplanung der Modellgussprothese ist die Aufgabe des Zahnarztes. Studienmodelle Nach der ersten präprothetischen Phase werden noch einmal Alginatabformungen durchgeführt und Studienmodelle erstellt. Diese sollten so getrimmt sein, dass die Basisflächen parallel zur Kauebene verlaufen und dass die Rückseite der Modelle senkrecht zur Basisebene steht. Die Modelle werden aus Superhartgips hergestellt, um Abrasionen während der Vermessung und Planung weitgehend zu vermeiden. Es empfiehlt sich auch, ein- gefärbten Gips zu verwenden, da bei weißem Gips die Konturen nur sehr schwer erkennbar sind. Diagnostische Vermessung und Planung Wahl der Pfeilerzähne und Lage der Kavitäten für die Abstützungselemente Die Festlegung der Lage der Abstützungselemente wird durch die prothetische Wertigkeit der potentiellen Klammerzähne mitbestimmt. Auch in ihrer Prognose fragliche Zähne wie Molaren mit Furkationsbefall oder isoliert stehende Prämolaren beeinflussen die Gestaltung der Halte- und Stützelemente. Daneben sollten die angreifenden Hebelkräfte bei Freiendsituationen berücksichtigt werden. Es ist eine Kunst, einerseits ein solides parodontales Unterstützungsfeld herzustellen, andererseits aber auch Überkonstruktionen mit zu vielen Halte- und Stützelementen und kleinen Verbindern zu vermeiden. Das hat 2 Gründe: 1. Technische Gründe Je weniger Elemente bei der Prothese konstruiert werden, desto einfacher ist ein passgenauer Guss herzustellen. 2. Prophylaktische Gründe Eine Vielzahl von Elementen führt zu vermehrten Schmutznischenbildungen, die zu einer größeren Plaqueakkumulation an Hart- und Weichgeweben sowie der Prothese führen, da die Selbstreinigung eingeschränkt ist. Zum anderen sind komplizierte Formen für den Patienten schwieriger zu säubern. Prothesen sind so einfach wie möglich zu konstruieren. Folgende Grundregeln (Ausnahmen möglich) müssen unter der Voraussetzung beachtet werden, dass alle Pfeiler geeignet sind: 쐌 Die Sattelabstützungselemente sollten so weit wie möglich auseinander liegen, um ein großes parodontales Unterstützungsfeld zu schaffen, was die Widerstandshebel möglichst vergrößert und die Angriffshebel verkleinert. Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus Pospiech, P.: Die prophylaktisch orientierte Versorgung mit Teilprothesen (ISBN 9783131269416) © 2001 Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Allgemeines Abb. 4.1 a Aufgrund schlechter Klammerplanung ist der gekippte Molar weiter abgesunken. b Isoliert stehende Prämolaren sollten axial belastet werden, was am besten mit 2 Stützelementen zu erreichen ist. 쐌 Schaltlücken werden sattelnah abgestützt, weil dies parodontalprophylaktisch günstiger ist, wenn kein kleiner Verbinder zusätzlich das Parodontium kreuzt. 쐌 Freiendsituationen werden ggf. zusätzlich sattelfern abgestützt, da die Stützelemente dann Kippmeiderfunktion bekommen. 쐌 Gekippte Pfeilerzähne und isoliert stehende Prämolaren werden ebenfalls mit mesialen und distalen Abstützungen versehen, um eine möglichst axiale Belastung zu erreichen (Abb. 4.1). ben ist. Ziel ist es dann, bei allen Pfeilerzähnen einen möglichst gleichmäßigen Unterschnitt bezüglich der Einschubrichtung zu erhalten. Dies führt im Idealfall zu gleichmäßigen Retentionskräften und damit zur gleichmäßigen Horizontalbelastung der Pfeiler beim Ein- und Ausgliedern der Prothese. Auch die zahnlosen Anteile müssen vermessen werden. Stark unter sich gehende Bereiche am zahnlosen Alveolarfortsatz oder an Knochenkanten können das Einsetzen einer Prothese unmöglich machen. Für die weitere Planung und Kommunikation mit dem Zahntechniker ist es zweckmäßig, die zunächst festgelegte Einschubrichtung festzuhalten, wobei sich 3 Methoden anbieten: 쐌 Tripodisierung. Am Modell werden oral 3 weit auseinander liegende Fadenkreuzmarkierungen angebracht. Diese sollten so platziert sein, dass sie mit einem Blick erfassbar sind (Abb. 4.3 a). Wenn die Einschubrichtung wiedergefunden werden soll, muss das Modell dann nur so lange gekippt werden, bis die Spitze des Suchers nur noch durch Parallelverschiebung an diese Punkte anzulegen ist. 쐌 Strichmarkierungen am Sockel. Eine weitere Möglichkeit besteht im Anbringen senkrechter Striche an den glatt getrimmten Modellrändern (Abb. 4.3 b). Der Nachteil ist, dass diese Markierungen nicht alle auf einen Blick zu erfassen und deshalb häufig nur umständlich wieder zu finden sind. 쐌 Fixierung mittels Übertragungsstift. Dabei wird der Vermessungsstab des Parallelometers mit einem alten, dünn mit Vaseline bestrichenen Rosenbohrer getauscht. Im Zentrum des Modells wird ein Loch von ca. 4 mm Durchmesser und 5 mm Tiefe gebohrt, mit Palavit G oder Pattern Resin halb gefüllt und der in der Einschubrichtung fixierte Rosenbohrer abgesenkt. Durch die Vaselineisolierung ist er wieder herausnehmbar, sodass das Modell leicht transportiert werden kann. Der Aufwand bei dieser Methode ist zwar etwas größer, dafür ist das Wiederauffinden der Einschubrichtung erleichtert (Abb. 4.3 c). Erst nach definitiver Festlegung der Stützpunkte können die Klammern konstruiert werden. Festlegung der Einschubrichtung Um rationeller zu arbeiten, ist es zweckmäßig, die Vermessung und Planung einer Modellgussprothese immer nach demselben Schema (s. Auf einen Blick) durchzuführen. Für die diagnostische Vermessung geht man zunächst von der Nulllage aus (Abb. 4.2), d. h. die Einschubrichtung wird senkrecht zur Kauebene gewählt, weil dies auch für den Patienten am leichtesten zu handha- Abb. 4.2 Erster Vermessungsschritt: Aufsuchen der günstigsten Einschubrichtung ausgehend von der Nulllage. Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus Pospiech, P.: Die prophylaktisch orientierte Versorgung mit Teilprothesen (ISBN 9783131269416) © 2001 Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart 83 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Konstruktionsplanung der Prothese 84 4 Modellgussprothesen Abb. 4.3 a Tripodisierung des Modells: Auf einen Blick sind alle 3 Markierungen zu erfassen. b Festgelegte Einschubrichtung durch 3 senkrechte Strichmarkierungen am Modellsockel, die allerdings nicht auf einen Blick erkennbar sind. c Prinzipdarstellung der Fixierung der Einschubrichtung mittels eines zentral im Modell fixierten Rosenbohrers. c Einzeichnen des prothetischen Äquators Der Vermessungsstift des Parallelometers wird mit einer Bleistiftmine vertauscht. In der festgelegten Einschubrichtung wird der prothetische Äquator an den ausgewählten Klammerzähnen eingezeichnet (Abb. 4.4 a). Bei geteilten Klammern, bei denen der Retentionsarm von vestibulär-apikal an den Zahnhals herangeführt wird, muss zusätzlich die größte Vorwölbung im Bereich des Alveolarfortsatzes markiert werden (Abb. 4.4 b). Festlegen der Konstruktion des retentiven Klammerarms Nachdem der Äquator eingezeichnet wurde, wird das jeweilige Retentionsfeld festgelegt. Dorthin wird der retentive Klammerarm gelegt. Dieser kann durchaus auch oral zu liegen kommen, z. B. häufig bei den 2. Molaren des Unterkiefers (Abb. 4.5 a). Das reziproke Element wird dann auf dem Äquator verlaufend auf der jeweils anderen Seite des Zahns angelegt. Die Klammer darf den Zahn nicht schädigen, d. h. Horizontalkräfte auf den Zahn müssen weitgehend vermieden werden. Im Front-/Eckzahnbereich werden bevorzugt geteilte Klammern verwendet, da sie unter ästhetischen Gesichtspunkten als günstiger betrachtet werden (Abb. 4.5 b). Dies führt allerdings zu Abstrichen bei der körperlichen Fassung der Pfeilerzähne. Im Prämolarenund Molarenbereich sollten in der Regel die robusteren umfassenden Klammern Anwendung finden. Die Unterschnittstiefe wird bei der kraftvermessenen Klammer (Bios-/Rapidflex-System) mit einem speziellen Messgerät ermittelt, dem sog. „Scribt-O-Meter“ (Degussa) oder „Parameter“ (Bego) (Abb. 4.6). Das Klammerende wird auf dem Modell mit einem senkrechten Strich markiert; der gemessene Unterschnittswert der Klammerspitze wird auf dem Modell notiert. Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus Pospiech, P.: Die prophylaktisch orientierte Versorgung mit Teilprothesen (ISBN 9783131269416) © 2001 Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. b a Abb. 4.4 a Einzeichnen des prothetischen Äquators. b Einzeichnen der größten Vorwölbung vom Alveolarfortsatz im Bereich des Klammerzahnes: Dies muss aufgrund der Lage des Klammerarms von geteilten Klammern im Vestibulum berücksichtigt werden. Abb. 4.5 a Festlegen der Lage der Spitze des retentiven Arms: Ein Drittel seiner Länge sollte unterhalb des prothetischen Äquators verlaufen. Der Retentionsarm kann auch oral zu liegen kommen. b Lage der Klammerspitze einer geteilten Klammer. Abb. 4.6 a An der Klammerspitze wird die Unterschnittstiefe vermessen und als erste Zahl auf dem Modellrand vermerkt. b Messspitze des Unterschnittstiefenmessgerätes Scribt-O-Meter. Folgende Aspekte müssen zur Festlegung der Klammerspitze berücksichtigt werden: 쐌 Der Mindestsicherheitsabstand zur marginalen Gingiva sollte 1 mm sein. 쐌 Ein Drittel des retentiven Klammerarmes muss im Unterschnitt liegen. 쐌 Der Pfeilerzahn muss gut gegen Horizontalbewegungen gesichert sein (körperliche Fassung) (Abb. 4.7). Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus Pospiech, P.: Die prophylaktisch orientierte Versorgung mit Teilprothesen (ISBN 9783131269416) © 2001 Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart 85 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Konstruktionsplanung der Prothese 86 4 Modellgussprothesen a Dann wird der Weg zwischen Klammerspitze und Abstützungselement gemessen (Abb. 4.8); bei geteilten Klammern ist dies die freie, aus dem Kunststoffsattel herausragende Klammerlänge. Auch dieser Wert wird auf dem Modell notiert. Anhand einer Referenztabelle wird die erforderliche Kürzung des Wachsprofils für die kraftvermessene Klammer abgelesen (Abb. 4.9). Auch dieser Wert wird als dritte Zahl auf dem Modell markiert (Abb. 4.10). b Subtraktive und additive Maßnahmen Um eine ideale Klammerverankerung erzielen zu können, werden in der Regel mehr oder weniger umfangreiche Vorbereitungsmaßnahmen an den Pfeilerzähnen notwendig sein (Abb. 4.11). Diese sollten ebenfalls zuvor am Gipsmodell durchgeführt werden, um ein Gefühl für die individuelle Situation des jeweiligen Patienten zu bekommen. Diese Maßnahmen sind mit den Vorbereitungen einer Implantatschablone vergleichbar: Je besser sie durchgeführt werden, desto besser ist auch das Ergebnis. Die „Vorbehandlung“ des Gipsmodells sollte in idealer Weise erfolgen, auch wenn dies bei der klinischen Umsetzung nicht hundertprozentig nachvollzogen werden kann. Zumindest ist aber der ideale Weg schon aufgezeigt, was die klinische Entscheidungsfindung und die weitere Vorgehensweise am Patienten vereinfacht. Abb. 4.8 a Hilfsmittel zur Bestimmung der Länge des retentiven Klammerarms vom Stützelement bis zur Spitze. b Vermessungsgerät in Aktion auf dem halben Weg zum Stützelement. c Die Messung wird an der Auflage beendet. d Längenbestimmung des retentiven Armes einer geteilten Klammer: Es wird der Weg von der Klammeranlage am Zahn bis zum Eintritt in den Sattelkunststoff gemessen. c 쑺 Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus Pospiech, P.: Die prophylaktisch orientierte Versorgung mit Teilprothesen (ISBN 9783131269416) © 2001 Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart d Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Abb. 4.7 Mit der Klammer sollte eine möglichst gute körperliche Fassung erzielt werden. Abb. 4.9 Referenztabelle: Anhand der Unterschnittstiefe und der Klammerarmlänge kann jetzt genau die erforderliche Kürzung des Klammerprofils abgelesen werden. Abb. 4.10 Alle 3 Daten sind auf dem Modellsockel vermerkt. Von oben nach unten: Unterschnittstiefe, Klammerarmlänge und Profilkürzung. Abb. 4.11 Approximalbereich eines Prämolaren: Für eine gute Passung und Funktion sollte die Führungsfläche vergrößert werden. Abb. 4.12 Eine sichere körperliche Fassung kann auch mit einer geteilten Klammer bei entsprechender Konstruktion und Planung von Führungsflächen verwirklicht werden. Die sorgfältige Planung und „Vorbehandlung“ am Studienmodell erleichtert die rasche klinische Umsetzung. Subtraktive Maßnahmen Zu den subtraktiven Maßnahmen zählen die Konturierung der Zähne und die Präparation der Kavitäten für die Stützelemente. Die Konturierung umfasst die Präparation von Führungsflächen (s. Abb. 4.12), die Separierung von Zähnen bei Klammern innerhalb der geschlossenen Zahnreihe, die Beseitigung von überhängenden Schmelzwülsten und störenden Schmelzkanten sowie die Verbesserung von Retentionsfeldern. Durchführung 1. Präparation von Führungsflächen Durchführung Führungsflächen für die Kippmeiderfunktion: Führungsflächen werden immer an den Pfeilerzähnen klammer- oder sattelnah angelegt. Sie dienen der Sicherung gegen abziehende Kräfte und sollten so lang wie möglich sein. Je mehr zueinander parallele Flächen vorhanden sind, desto mehr „Friktion“ entwickelt die Gesamtprothese und sie ist somit gegen abkippende Kräfte stabilisiert (Abb. 4.12). Führungsflächen müssen sehr gut geplant und erst am Studienmodell geübt werden. Solche Kippmeiderführungsflächen werden in der Regel nur an Seitenzähnen angelegt, da bei Frontzähnen die Kontur zu stark verändert wird, was zu ästhetischen Einbußen führt. Alle durchgeführten Maßnahmen müssen am Modell genauestens eingezeichnet werden, wobei ein roter Farbstift verwendet werden sollte. Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus Pospiech, P.: Die prophylaktisch orientierte Versorgung mit Teilprothesen (ISBN 9783131269416) © 2001 Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart 87 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Konstruktionsplanung der Prothese 88 4 Modellgussprothesen (Kippmeider-)Führungsflächen stabilisieren die Prothese gegen abziehende und kippende Kräfte. Sie werden in der Regel an Seitenzähnen angelegt. Durchführung Für die Präparation der Führungsflächen eignen sich große Sof-Lex-Scheiben. Es können aber auch Diamanten mit großem Durchmesser (große Auflagefläche) oder Proxoshape-Feilen verwendet werden. Führungsflächen für die reziproke Wirkung: Diese Form der Führungsfläche ist schwieriger zu verwirklichen, da die Zähne sich oberhalb des Äquators nach okklusal verjüngen. Ziel ist ein permanentes Widerlager beim Aufbiegen des retentiven Armes während des Ein- oder Ausgliederns der Prothese, das Ausweichbewegungen des Zahnes vom retentiven Element weg verhindert (Abb. 4.13). 2. Separieren (Öffnen der Approximalräume) b Abb. 4.14 a Sichere Fassung der Klammerzähne und ausreichender Platz für die Heranführung mit dem kleinen Verbinder. b Schon eine geringe Präparation schafft ausreichend Platz für den kleinen Verbinder und führt im Sinne von Führungsflächen auch zur weiteren Stabilität der Prothese. Durchführung Werden Klammern innerhalb der geschlossenen Zahnreihe geplant, müssen Zugänge für die kleinen Verbinder geschaffen werden, um diese harmonisch an den Zahn heranzuführen, z. B. bei der doppelten E- oder BonwillKlammer (Abb. 4.14). Dabei werden lediglich die dem Verbinder zugewandten oralen Höcker etwas abgeflacht. Dieses Öffnen der Approximalräume kann gut mit SofLex-Scheiben durchgeführt werden. Die Approximalkontakte müssen aber auf jeden Fall erhalten bleiben. 3. Beseitigung störender Schmelzanteile und Konturen Durchführung Es werden solche Schmelzanteile an Zähnen entfernt, die die Einschubrichtung der Prothese stören sowie Schmutznischen und ein unästhetisches Erscheinungsbild verursachen können. Bei Klammerzähnen muss ggf. durch Schleifmaßnahmen sichergestellt werden, dass Abb. 4.13 Reziproke Wirkung: Bis zur Überwindung des prothetischen Äquators sollte der Klammerzahn stabilisiert sein. Ungünstig (links): Während des Ausgliederns verliert der orale Klammerarm den Kontakt zum Zahn. Günstig (rechts): Durch Schaffung einer Führungsfläche wird der Kontakt des oralen Klammerarmes am Zahn erhalten. Er bildet somit ein Widerlager, es resultieren nur vertikale Kräfte. Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus Pospiech, P.: Die prophylaktisch orientierte Versorgung mit Teilprothesen (ISBN 9783131269416) © 2001 Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Führungsflächen mit reziproker Wirkung stabilisieren den Zahn gegen Horizontalschübe beim Einund Ausgliedern der Prothese. a Konstruktionsplanung der Prothese 89 5. Kavitäten für die Abstützungselemente Abb. 4.15 Zwei Drittel des retentiven Klammerarmes liegen in der Suprawölbung, ein Drittel unterhalb des prothetischen Äquators. bei umfassenden Klammern zwei Drittel der retentiven Klammerarme oberhalb des Äquators verlaufen und nur ein Drittel der Klammerarmlänge im Unterschnitt liegt (Abb. 4.15). 4. Verbesserung von Retentionsfeldern Durchführung Insbesondere bei UK-Eckzähnen, aber auch bei gekippten Seitenzähnen kann es notwendig werden, bukkal eine kleine Mulde an idealer Stelle einzuschleifen, um den Unterschnitt zu verbessern. Dazu hat sich eine Arkansaskugel bewährt. Bei gleicher Unterschnittstiefe können auch die Inklinationen der Retentionsfelder unterschiedlich sein. Anzustreben ist dabei ein langsam ansteigendes Feld (Abb. 4.16): Es vermeidet ein abruptes Einschnappen der Klammer in den Unterschnitt und der Klammerarm liegt bei gleicher Unterschnittstiefe weiter marginal und deshalb unter ästhetischen Gesichtspunkten günstiger (vgl. auch Abb. 9.7). Die Präparation der Kavitäten für die Stützelemente erfolgt zum Schluss. Dazu müssen auch die vorhandene Verzahnung und Okklusionskontakte berücksichtigt werden. Bei einer innigen Verzahnung müssen die Modelle noch einmal in den Artikulator gebracht werden, um dort die Okklusionskontakte mit Okklusionsfolie anzuzeichnen. Stützelemente dienen nicht nur der Abstützung der Prothese, sondern auch der Lagesicherung des belasteten Zahns, da Abstützungselement und kleiner Verbinder immer einen Winkel haben sollten, der kleiner ist als 90⬚ (Abb. 4.17 ). Dies ist insbesondere bei Front- und Eckzähnen wichtig, da die Abstützungselemente oft an den schräg abfallenden Oralflächen konstruiert werden müssen (s. auch weiter unten den Abschnitt Additive Maßnahmen). Diese werden mit einem umgekehrten Kegel präpariert (Abb. 4.18). Eine weitere Möglichkeit stellt die Präparation von Aufnahmen für inzisale Krallen dar. Diese haben allerdings häufig ästhetische Einbußen zur Folge (Abb. 4.19). Die Kavitäten für die Abstützungselemente im Seitenzahnbereich werden löffelförmig präpariert (Abb. 4.20). Zunächst wird mit einem großen kugelförmigen Diamanten (ISO-Größe 023) die Hauptkavität geschliffen; diese wird dann mit einem kleineren Kugeldiamanten (ISO-Größe 014) im Zentrum leicht nach apikal versenkt. Scharfe Kanten und Übergänge sollten vermieden werden, da dies gusstechnische Probleme mit sich bringt und das Erzielen passgenauer Klammern erschwert. Im Mund ist alles rund. Abb. 4.16 Ein langsam ansteigendes Inklinationsfeld (links) ist günstig für die Ein- und Ausgliederung. Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus Pospiech, P.: Die prophylaktisch orientierte Versorgung mit Teilprothesen (ISBN 9783131269416) © 2001 Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Durchführung 90 4 Modellgussprothesen Abb. 4.17 Stützelement und kleiner Verbinder bilden einen Winkel, der kleiner als 90⬚ ist, um eine möglichst axiale Pfeilerbelastung zu gewährleisten. Abb. 4.18 Schematische Darstellung der Präparation für eine palatinale Auflage an Frontzähnen, um eine gute axiale Belastung und Fassung der Pfeilerzähne zu gewährleisten. Durchführung Dimensionen der Kavitäten: Die Abstützungselemente erfüllen die wesentliche Aufgabe der Lagesicherung der Klammer sowie der Abstützung der Prothese bei Kaulast. Deshalb müssen sie ausreichend stark dimensioniert sein. Die Stärke der Abstützungselemente sollte 1,2 – 1,5 mm betragen. Als Richtmaß für die Ausdehnung in bukkooraler Richtung wird ein Drittel der entsprechenden Zahnbreite bzw. auch die Hälfte des vestibulooralen Höckerabstands angegeben. Dies entspricht einer Ausdehnung von 2 – 3 mm. In mesiodistaler Richtung sollten die Abstützungselemente 2,5 – 3 mm lang sein. Generell gilt, dass alle Schleifmaßnahmen bei nichtgefüllten Zähnen nur im Schmelz stattfinden dürfen und der Schmelz anschließend poliert und fluoridiert werden muss. Bei Verwendung von Diamanten wird nur mit einem Feinkorndiamanten (roter Ring) präpariert, was den anschließenden Polituraufwand in Grenzen hält. Additive Maßnahmen Additive Maßnahmen werden erst dann in Erwägung gezogen, wenn alle subtraktiven Maßnahmen vollständig abgeschlossen sind. Beim Studienmodell werden additive Maßnahmen als diagnostisches Wax-up mit einem harten Wachs ausgeführt. Dazu zählen adhäsive Kompositergänzungen, adhäsiv befestigte Metallführungsflächen und gefräste Kronen. Abb. 4.20 Löffelförmiges Aussehen einer klassischen Kavität für ein Stützelement im Seitenzahnbereich: Wichtig sind die nach zentral gerichtete Vertiefung und abgerundete Übergänge. 1. Adhäsive Kompositergänzungen In der Regel werden additive Kompositergänzungen an Frontzähnen durchgeführt, um eine Optimierung der Palatinalflächen zu erzielen. Dazu muss aber wiederum zunächst die Relation zu den Antagonisten berücksichtigt werden. Wenn ausreichend Platz vorhanden ist, ergibt sich damit eine gute Möglichkeit, sichtbare inzisale Abstützungselemente zu vermeiden. Durchführung Die gewünschte Form der Kontur wird aufgewachst und das Abstützungselement bereits ausmodelliert. Darüber wird eine 1 mm starke Polyethylenfolie tiefgezogen (s. Herstellung der Tiefziehfolien) (ganzer Zahnkranz!). Mit Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus Pospiech, P.: Die prophylaktisch orientierte Versorgung mit Teilprothesen (ISBN 9783131269416) © 2001 Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Abb. 4.19 Klassische Form der Auflage an Zahn 43: ein mesialer Grip. Konstruktionsplanung der Prothese 91 Abb. 4.21 Schematische Darstellung der Schaffung einer Modellationshilfe für eine additive Maßnahme, um im Frontzahnbereich eine palatinale Abstützungsmöglichkeit zu schaffen. dieser Folie als Schablone kann dann im Mund der Kompositaufbau sehr leicht durchgeführt werden. Bei Verwendung hoch visköser Komposite empfiehlt es sich, auf dem Modell zusätzlich einen „Druckstempel“ aus Gips herzustellen, da die Folie zu weich ist, um Druck auf das Komposit auszuüben (Abb. 4.21). Eine freie Druckausübung mit dem Finger garantiert hingegen nicht den Erhalt der ausmodellierten Form. Ziel ist es, nach der Entfernung der Folie möglichst wenig schleifen zu müssen. 2. Adhäsiv befestigte Metallführungsflächen Durchführung Wenn die notwendige additive Maßnahme eine gewisse Größenordnung übersteigt und ein zu großer Kompositanteil auf Zug belastet wird, empfiehlt sich eine adhäsiv befestigte Metallergänzung aus einer Kobalt-Chrom-Molybdän-Legierung. Die Präparation des Zahns entspricht dann der, die auch seit langen Jahren erfolgreich für Adhäsivbrücken vorgenommen wird: Zentrale Bohrung von 1 mm Tiefe, approximale Rille von 0,5 mm Durchmesser und als Begrenzung eine seichte Hohlkehlpräparation von 0,5 mm Tiefe. 3. Gefräste Kronen Durchführung Wenn die Indikation zur Überkronung vorliegt, bieten sich auch gefräste Kronen an (Abb. 4.22). Es empfiehlt sich aber vielleicht, dann gleich parallelgefräste Tele- skopkronen herzustellen, die leichter passgenau anzufertigen sind. Diese können mit abgestützten und kraftvermessenen Klammern durchaus kombiniert werden. Wahl des großen Verbinders Die Auswahl der Transversalverbindung richtet sich im Oberkiefer nach der Verteilung des Restgebisses, nach anatomischen Gegebenheiten (unterschiedliche Resilienzen) sowie nach den Vorgaben des Patienten (Würgereiz). Hier stehen das Transversalband, die Hufeisenverbindung, die skelettierte Platte und die Vollplatte zur Auswahl. Im Unterkiefer ist der Sublingualbügel mit seinen Modifikationen die Regel. Vestibulärbügel sind höchst selten indiziert. Die zunächst geplanten Verbinder sind auf dem Modell einzuzeichnen (Abb. 4.23). Wichtigstes Kriterium ist insbesondere im Unterkiefer, dass der obere Rand der Transversalverbindung den Sicherheitsabstand von 4 mm zur marginalen Gingiva einhält. Einzeichnen der kleinen Verbinder Nach Festlegen des großen Verbinders werden auch die kleinen Verbinder eingezeichnet, die möglichst geradlinig und auf kürzestem Weg verlaufen sollten. Einzeichnen der Sattelretentionen Das Einzeichnen der Sattelretentionen komplettiert die diagnostische Vermessung. Auch wenn dies müßig erscheint, so wird doch der Blick noch einmal auf die zahnlosen Anteile gelenkt. Hier fallen ggf. noch Besonderheiten auf, die evtl. bisher übersehen worden sind, wie unter sich gehende Bereiche, noch nicht verheilte Extraktionswunden mit Restalveolen oder Schleimhautwucherungen, -kapuzen etc. Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus Pospiech, P.: Die prophylaktisch orientierte Versorgung mit Teilprothesen (ISBN 9783131269416) © 2001 Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Abb. 4.22 Klassisches Beispiel einer gefrästen Krone im Seitenzahnbereich mit langer Führungsfläche und 2 Auflagen. 4 Modellgussprothesen Abb. 4.23 a Auf dem Studienmodell vom Zahnarzt eingezeichnete vorläufige Konstruktion im Oberkiefer. Auf einen Blick Konstruktionsplanung der Prothese Ziel Fahrplan für die 2. Phase der klinischen Vorbereitung des Restgebisses. b Konstruktionszeichnung im Unterkiefer: Diese Modelle dienen zur Kommunikation mit dem Techniker und Patienten. 쐌 쐌 쐌 쐌 쐌 Materialien 쐌 쐌 쐌 쐌 Superhartgipsmodelle (Oberkiefer und Unterkiefer), Vermessungsgerät, Aufwachsinstrumentarium, Präparationsinstrumentarium. Durchführung 쐌 Festlegung der Einschubrichtung, ausgehend von der Nulllage, 쐌 Gewährleistung der reproduzierbaren Einstellung der Modelle, 쐌 쐌 쐌 쐌 쐌 Einzeichnen des prothetischen Äquators, Festlegung der Retentionsfelder, Festlegen des retentiven Klammerarmes, Vermessung der retentiven Klammerarme nach dem Bios-/Rapidflex-System, Eintragen der Werte auf dem Modellrand: – Unterschnittstiefe, – Klammerarmlänge, – Kürzung des Klammerprofiles, subtraktive Maßnahmen: – Führungsflächen, – Öffnen von Approximalräumen, – Beseitigung störender Schmelzanteile und Konturen, – Verbesserung von Retentionsfeldern, – Kavitäten für die Stützelemente, additive Maßnahmen, Wahl des großen Verbinders, Wahl der kleinen Verbinder, Einzeichnen der Sattelretentionen. 4.2 Klinische Umsetzung der Planung und definitive Abformung Planungsgespräch mit dem Patienten Vor der Durchführung der endgültigen Vorbereitung des Restgebisses für die Aufnahme einer Modellgussprothese werden mit dem Patienten die Überlegungen und die Planung der Prothese am Studienmodell noch einmal durchgesprochen. Insbesondere wenn sichtbare Klammeranteile unvermeidlich sind, muss das dem Patienten noch einmal dargelegt werden. Je nach Patient und Situation sollte man sich in schwierigen Fällen den Behandlungsplan vom Patienten in der Karteikarte unterschreiben lassen. Das Studienmodell sollte in jedem Fall zur Dokumentation der Planung aufbewahrt werden. Remotivation und professionelle Zahnreinigung Je nach der bisherigen Vorbehandlungsdauer ist der Patient schon mehr oder weniger fest ins Prophylaxeprogramm eingebunden. In vielen Fällen wird es aber so sein, dass eine intensive präprothetische Therapie nicht notwendig war, sondern dass nach Zahnverlust bei ansonsten problemloser Restbezahnung eine Prothese eingegliedert werden muss. Deshalb ist es günstig, die Remotivation und professionelle Zahnreinigung im Rahmen dieser Sitzung durchzuführen. Anhand des Modells wird mit dem Pa- Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus Pospiech, P.: Die prophylaktisch orientierte Versorgung mit Teilprothesen (ISBN 9783131269416) © 2001 Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 92