Springer-Lehrbuch Prof. Dr.-Ing. Dietmar Gross studierte Angewandte Mechanik und promovierte an der Universität Rostock. Er habilitierte an der Universität Stuttgart und ist seit 1976 Professor für Mechanik an der TU Darmstadt. Seine Arbeitsgebiete sind unter anderen die Festkörper- und Strukturmechanik sowie die Bruchmechanik. Hierbei ist er auch mit der Modellierung mikromechanischer Prozesse befasst. Er ist Mitherausgeber mehrerer internationaler Fachzeitschriften sowie Autor zahlreicher Lehrund Fachbücher. Prof. Dr.-Ing.Wolfgang Ehlers studierte Bauingenieurwesen an der Universität Hannover, promovierte und habilitierte an der Universität Essen und war 1991 bis 1995 Professor für Mechanik an der TU Darmstadt. Seit 1995 ist er Professor für Technische Mechanik an der Universität Stuttgart. Seine Arbeitsgebiete umfassen die Kontinuumsmechanik, die Materialtheorie, die Experimentelle und die Numerische Mechanik. Dabei ist er insbesondere an der Modellierung mehrphasiger Materialen bei Anwendungen im Bereich der Geomechanik und der Biomechanik interessiert. Prof. Dr.-Ing. PeterWriggers studierte Bauingenieur- und Vermessungswesen, promovierte 1980 an der Universität Hannover und habilitierte 1986 im Fach Mechanik. Er war Gastprofessor an der UC Berkeley, USA und Professor für Mechanik an der TH Darmstadt. Ab 1998 war er Professor für Baumechanik und Numerische Mechanik an der Universität Hannover, und er ist seit 2008 Professor für Kontinuumsmechanik in der dortigen Fakultät für Maschinenbau. Seit 2008 steht er der Gesellschaft für Angewandte Mathematik und Mechanik sowie der German Association for Computational Mechanics als Präsident vor. Dietmar Gross · Wolfgang Ehlers Peter Wriggers Formeln und Aufgaben zur Technischen Mechanik 3 Kinetik, Hydrodynamik 9., bearbeitete und ergänzte Auflage 13 Prof. Dr.-Ing Dietmar Gross Festkörpermechanik Technische Universität Darmstadt Hochschulstraße 1 64289 Darmstadt Prof. Dr.-Ing. Peter Wriggers Institut für Kontinuumsmechanik Universität Hannover Appelstraße 9a 30167 Hannover Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Ehlers Institut für Mechanik (Bauwesen) Universität Stuttgart Pfaffenwaldring 7 70569 Stuttgart ISSN 0937-7433 ISBN 978-3-540-89098-0 e-ISBN 978-3-540-89099-7 DOI 10.1007/978-3-540-89099-7 Springer Heidelberg Dordrecht London New York Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1996, 1999, 2003, 2005, 2007, 2010 Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Einbandentwurf: WMXDesign GmbH, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem Papier Springer ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media (www.springer.com) Vorwort Dieser dritte Band schließt die Reihe der Aufgaben zum Grundkurs in Technischer Mechanik ab. Erfahrungsgemäß bereitet die Kinetik den Studenten besondere Schwierigkeiten, da neben den Kraftbegriff nun zusätzliche kinematische Größen treten, die untereinander und mit den Kraftgrößen richtig verknüpft werden müssen. Wir haben uns daher bemüht, durch zahlreiche rein kinematische Aufgaben Verständnis für die bei einer Bewegung maßgebenden geometrischen Größen und ihre Beschreibung in verschiedenen Koordinatensystemen zu wecken. Ebenso kann man nur durch Übung, d.h. durch selbständiges Bearbeiten von Aufgaben, Erfahrungen darüber sammeln, welche der kinetischen Grundgleichungen bei welcher Aufgabe am einfachsten zum Ziel führt. Häufig gibt es mehrere Lösungswege, und wir haben diese auch oft nebeneinandergestellt, damit der Leser selbst Vor- und Nachteile erkennen kann. Bewusst haben wir auf eine frühe Verwendung von Scheinkräften“ verzichtet, da un” zureichende Kenntnisse der Studierenden über Trägheitskräfte“ meist ” mehr zur Verwirrung als zum Verständnis beitragen. Die Aufgaben werden - wie auch schon im ersten und zweiten Band weitgehend formelmäßig gelöst, da das Aufstellen der Grundgleichungen und deren allgemeine Lösung zunächst wichtiger als reine Zahlenrechnungen sind. Für das Studium aller drei Bände möchten wir die Studierenden nochmals ermuntern, sich an den Aufgaben zunächst selbst zu versuchen und dabei unter Umständen auch andere Lösungswege einzuschlagen. Eine Aufgabensammlung ist nur ein Hilfsmittel beim Studium der Mechanik. Um zu einem tieferen Verständnis, insbesondere über die Herkunft und Anwendung der verschiedenen Sätze und Formeln zu gelangen, muss der Studierende auch Lehrbücher zur Hand nehmen. Unser Literaturverzeichnis nennt einige Titel. Die Aufgabensammlung geht zu einem guten Anteil auf unseren verstorbenen Kollegen Prof. Dr. Dr. h.c. Walter Schnell zurück, der auch bis zur 5. Auflage Mitautor war. Seine Handschrift ist an der vorliegenden 9. Auflage, welche wiederum verbessert und um weitere Aufgaben ergänzt wurde, immer noch zu erkennen. Dem Springer-Verlag danken wir für die gute Zusammenarbeit und die ansprechende Ausstattung des Buches. Wir wünschen ihm weiterhin eine freundliche Aufnahme bei der Leserschaft und sind für kritische Anmerkungen und Anregungen dankbar. Darmstadt, Stuttgart und Hannover, im Januar 2010 D. Gross W. Ehlers P. Wriggers Inhaltsverzeichnis Literaturhinweise, Bezeichnungen ............................. IX 1 Kinematik des Punktes ........................................... 1 2 Kinetik des Massenpunktes ...................................... 27 3 Bewegung des Massenpunktsystems .......................... 55 4 Kinematik des starren Körpers .................................. 67 5 Kinetik des starren Körpers ...................................... 85 6 Stoßvorgänge ....................................................... 131 7 Schwingungen....................................................... 151 8 Relativbewegung ................................................... 173 9 Prinzipien der Mechanik .......................................... 187 10 Hydrodynamik....................................................... 201 IX Literaturhinweise Lehrbücher Gross, D., Hauger, W., Schröder, J., Wall, W., Technische Mechanik, Band 3: Kinetik, 10. Auflage. Springer-Verlag, Berlin 2008 Gross, D., Hauger, W., Wriggers, P., Technische Mechanik, Band 4: Hydromechanik, 7. Auflage. Springer-Verlag, Berlin 2009 Hagedorn, P., Technische Mechanik, Band 3: Dynamik, 3. Auflage. Harri Deutsch, Frankfurt 2006 Bruhns, O. T., Elemente der Mechanik III: Kinetik, Shaker Verlag, Aachen 2004 Brommund, E., Sachs, G., Sachau, D., Technische Mechanik, 4. Auflage. Oldenbourg, München 2006 Hibbeler, R.C., Technische Mechanik 3: Dynamik, 10. Auflage. Pearson-Studium 2006 Magnus, K., Müller, H. H., Grundlagen der Technischen Mechanik, 7. Auflage. Teubner, Stuttgart 2005 Wriggers, P., Nackenhorst, U. u.a., Technische Mechanik kompakt, 2. Auflage. Teubner, Stuttgart 2006 Aufgabensammlungen Bruhns, O. T., Aufgabensammlung Technische Mechanik 3, Vieweg, Braunschweig 1999 Dankert, H, Dankert, J., Technische Mechanik, 4. Auflage. Teubner, Stuttgart 2006 Hauger, W., Lippmann, H., Mannl, V., Aufgaben zu Technische Mechanik 1-3. Springer-Verlag, Berlin 2008 Hagedorn, P., Aufgabensammlung Technische Mechanik, 2. Auflage. Teubner, Stuttgart 1992 Zimmermann, K., Technische Mechanik - multimedial, 2. Auflage. Fachbuch Verlag, Leipzig 2003 Bezeichnungen Bei den Lösungen der Aufgaben wurden folgende Symbole verwendet: ↑: A: ; Abkürzung für Bewegungsgesetz (Kräftesatz, Impulssatz) in Pfeilrichtung. Abkürzung für Momentensatz (Drallsatz) bezüglich des Punktes A mit vorgegebener Drehrichtung. Abkürzung für hieraus folgt. Kapitel 1 Kinematik des Punktes 1 2 Kinematik Die Lage eines Punkte P im Raum wird durch den Ortsvektor ds dr r(t) P beschrieben. Aus der Verschiebung dr des Punktes P in eine Nachbarlage während der Zeit dt folgt seine Geschwindigkeit dr v= = ṙ . dt r z y x s Bahn Die Geschwindigkeit ist stets tangential zur Bahn gerichtet. Mit der Bogenlänge s und |dr| = ds gilt für den Betrag der Geschwindigkeit v= ds = ṡ . dt Die zeitliche Änderung des Geschwindigkeitsvektors v(t) heißt Beschleunigung a= dv = v̇ = r̈ . dt Die Beschleunigung ist im allgemeinen nicht tangential zur Bahn gerichtet! Die Vektoren r, v und a lassen sich in speziellen Koordinatensystemen wie folgt darstellen: a) Kartesische Koordinaten mit den Einheitsvektoren ex , ey , ez : Bahn r = x ex + y ey + z ez , z v = ẋ ex + ẏ ey + ż ez , ez r P z exey a = ẍ ex + ÿ ey + z̈ ez . y x y x b) Zylinderkoordinaten mit den Einheitsvektoren er , eϕ , ez : P r = r er + z ez , z r z v = ṙ er + rϕ̇ eϕ + ż ez , ez ϕ a = (r̈ − rϕ̇2 ) er + (rϕ̈ + 2ṙϕ̇) eϕ + z̈ ez . x y eϕ er r Bahn y x 3 des Punktes c) Natürliche Koordinaten mit den Einheitsvektoren et und en in Richtung der Tangente bzw. der Hauptnormalen. M v = v et , a = v̇ et + ρ ρ 2 v en . ρ s Dabei sind: ρ ds dt dv at = v̇ = dt v2 an = ρ v = ṡ = Bahn en P et = Krümmungsradius (Abstand zwischen P und Krümmungsmittelpunkt M ), = Bahngeschwindigkeit, = Bahnbeschleunigung, = Normal- oder Zentripetalbeschleunigung. Anmerkung: Die beiden Komponenten der Beschleunigung liegen in der sogenannten Schmiegungsebene. Der Beschleunigungsvektor zeigt stets ins Innere“ der Bahn. ” Geradlinige Bewegung Weg Geschwindigkeit Beschleunigung x(t) , P 0 dx = ẋ , dt dv = v̇ = ẍ . a= dt v= x x(t) Kreisbewegung Für ρ = r = const und s = rϕ(t) erhält man in natürlichen Koordinaten Geschwindigkeit Bahnbeschleunigung v = rϕ̇ = rω , at = rϕ̈ = rω̇ , 2 Zentripetalbeschleunigung an = mit ω = ϕ̇ = Winkelgeschwindigkeit. v = rω 2 r P r ϕ(t) s(t) 4 Kinematische Grundaufgaben Ebene Bewegung in Polarkoordinaten Aus den Beziehungen für Zylinderkoordinaten folgen für z = 0, ϕ̇ = ω v = vr er + vϕ eϕ , a = ar er + aϕ eϕ mit Bahn vr = ṙ , Radialgeschwindigkeit Zirkulargeschwindigkeit vϕ = rω , Radialbeschleunigung ar = r̈ − rω 2 , Zirkularbeschleunigung aϕ = rω̇ + 2ṙω . y eϕ P r er ϕ x Anmerkung: Bei einer Zentralbewegung verschwindet die Zirkularbeschleunigung. Aus aϕ = rω̇ + 2ṙω = (r2 ω)· /r = 0 ergibt sich dann der Flächensatz“ (2. Keplersches Gesetz) r2 ω = const . ” Kinematische Grundaufgaben für geradlinige Bewegung Der Bewegungsanfang zur Zeit t0 sei durch den Anfangsweg x0 und die Anfangsgeschwindigkeit v0 gegeben. Gegeben Gesuchte Größen a=0 v = v0 = const , x = x0 + v0 t gleichförmige Bewegung a = a0 = const a = a(t) v = v0 + a0 t , x = x0 + v0 t + 12 a0 t2 gleichmäßig beschleunigte Bewegung t t v = v0 + a(t̄)dt̄ , x = x0 + v(t̄)dt̄ t0 a = a(v) a = a(x) v dv̄ t = t0 + = f (v) , a(v̄) v0 t0 x = x0 + t F (t̄)dt̄ t0 mit der Umkehrfunktion v = F (t) x x dx̄ v 2 = v02 + 2 a(x̄)dx̄ , t = t0 + = g(x) v(x̄) x0 x0 Die Umkehrfunktion liefert x = G(t) Anmerkungen: • Die Formeln lassen sich auch bei einer allgemeinen Bewegung anwenden, wenn man x durch s und a durch die Bahnbeschleunigung at ersetzt. Die Normalbeschleunigung folgt dann aus an = v 2 /ρ. • Falls die Geschwindigkeit als Funktion des Weges gegeben ist, folgt die Beschleunigung aus dv d v2 a=v = ( ) . dx dx 2 Geradlinige Bewegung 5 Aufgabe 1.1 Der Mindestabstand b zwischen zwei Kraftfahrzeugen soll so groß sein wie die Strecke, die das nachfolgende Fahrzeug innerhalb von ts = 2 s bei seiner jeweiligen Geschwindigkeit zurücklegt. a) Wie groß ist die Überholstrecke x1 ? b) Für welche Zeit tü befindet sich ein PKW (Länge l1 = 5 m, konstante Geschwindigkeit v1 = 120 km/h) mindestens auf der Überholspur, wenn er einen LKW (Länge l2 = 15 m, Geschwindigkeit v2 = 80 km/h) korrekt überholt? (Die Zeiten für das Wechseln der Spur sollen unberücksichtigt bleiben.) Lösung l1 b1 l2 x2 b2 l1 x1 zu a) Bei gleichförmiger Bewegung folgen die Mindestabstände mit 1 km/h = 1000 m/3600 s zu b1 = v1 ts = 120 200 ·2= m, 3, 6 3 b2 = v2 ts = 80 400 ·2= m. 3, 6 9 Die Überholstrecke beträgt daher x1 = b1 + l2 + x2 + b2 + l1 . Außerdem gilt x2 = v2 tü , x1 = v1 tü . Elimination von tü liefert x1 = zu b) tü = b1 + b2 + l1 + l2 = 1 − vv21 200 + 400 + 5 + 15 1180 3 9 = = 393, 33 m . 80 3 1 − 120 Für die Überholzeit ergibt sich damit x1 1180 · 3, 6 = = 11, 8 s . v1 3 · 120 A1.1 6 A1.2 Geradlinige Aufgabe 1.2 Zur Simulation schwereloser Zustände werden VakuumFallschacht-Anlagen benutzt. Ein solcher Schacht habe eine Tiefe von l = 200 m. Welche maximale Versuchszeit t1 und welche Versuchsstrecke x1 im freien Fall stehen zur Verfügung, wenn der Versuchskörper nach Durchfallen der Meßstrecke mit aII = −50 g auf v = 0 abgebremst wird? Lösung Da der Körper aus der Ruhelage losgelassen wird (x0 = v0 = 0), gilt mit aI = const = g für den freien Fall vI = gt , xI = g 2 t . 2 Beim Abbremsen folgen mit aII = −50 g für Geschwindigkeit und Weg vII = vII0 − 50 gt , xII = xII0 + vII0 t − 50 gt2 /2 . Versuchskörper x 11111 00000 00000 11111 00000 11111 00000 11111 00000 l 11111 00000 11111 00000 11111 00000 11111 00000 11111 00000 11111 00000 11111 t=0 (aI = g) x1 t = t1 (aII = −50 g) t = t2 Man beachte, dass die Integrationskonstanten xII0 und vII0 hier keine direkte physikalische Bedeutung haben. Für t = t2 muss gelten: vII (t2 ) = 0 ; vII0 = 50 gt2 , xII (t2 ) = l ; xII0 = l − vII0 t2 + 50 2 gt2 = l − 25 gt22 . 2 Aus den Übergangsbedingungen vI (t1 ) = vII (t1 ) ; gt1 = 50 g(t2 − t1 ) , xI (t1 ) = xII (t1 ) ; g 2 50 2 50 2 t1 = l − gt2 + 50 gt1 t2 − gt1 2 2 2 folgen durch Auflösen 100 l 100 · 200 t1 = = = 6, 32 s , 51 g 51 · 9, 81 x1 = xI (t1 ) = g 2 g 100 l 50 t1 = = l = 196 m . 2 2 51 g 51 Bewegung 7 Aufgabe 1.3 Eine U-Bahn legt zwischen 2 Stationen einen Weg von 3 km zurück. Aus der Anfahrbeschleunigung aA = 0, 2 m/s2 , der Bremsverzögerung aB = −0, 6 m/s2 und der Höchstgeschwindigkeit v ∗ = 90 km/h sollen der Anfahrweg, der Bremsweg, die Wegstrecke der gleichförmigen Bewegung und die Fahrzeit ermittelt werden. Lösung Aus der konstanten Beschleunigung aA folgt beim Anfahren ein Geschwindigkeitsverlauf vA = aA t . Mit der vorgegebenen Höchstgeschwindigkeit findet man die Anfahrtzeit v∗ 90 · 1000 = tA = = 125 s aA 3600 · 0, 2 und den Anfahrweg sA = 1 1 aA t2A = · 0, 2 · 1252 = 1563 m . 2 2 Beim Bremsen mit konstanter Verzögerung aB gilt für die Geschwindigkeit vB = v ∗ + aB t . Die Zeit tB bis zum Anhalten (vB = 0) wird daher tB = − v∗ 90 · 1000 =− = 41, 67 s , aB 3600 · (−0, 6) und der zughörige Bremsweg ergibt sich zu 1 90 · 1000 1 aB t2B = · 41, 67 − · 0, 6 · 41, 672 2 3600 2 = 1041, 75 − 520, 92 = 521 m . sB = v ∗ tB + Für die Fahrt mit konstanter Geschwindigkeit v ∗ bleibt dann ein Weg von s∗ = 3000 − sA − sB = 916 m . Hierzu gehört eine Zeit t∗ = s∗ 916 · 3600 = = 36, 64 s . v∗ 90 · 1000 Die Gesamtfahrzeit wird damit T = tA + t∗ + tB = 203, 31 s = 3, 39 min . A1.3 8 A1.4 Geradlinige Aufgabe 1.4 Ein PKW-Fahrer nähert sich mit einer Geschwindigkeit von v0 = 50 km/h einer Ampel. Sie springt auf “Rot“, wenn er noch l = 100 m entfernt ist. Die Rot- und Gelbphase dauert t∗ = 10 s. Der Fahrer möchte die Ampel gerade dann passieren, wenn sie wieder auf Grün wechselt. ” ” a) Mit welcher konstanten Beschleunigung a0 muss der Fahrer bremsen? b) Welche Geschwindigkeit v1 hat er auf Höhe der Ampel? c) Man zeichne die Diagramme a(t), v(t) und x(t). Lösung Bei konstanter Beschleunigung a0 gilt mit x(t = 0) = 0 v0 v = v0 + a0 t , x = v0 t + a0 t2 . 2 l x a) Aus der Bedingung x(t∗ ) = l folgt aus der 2. Gleichung 50 · 1000 2 2 m a0 = ∗2 (l − v0 t∗ ) = 2 100 − · 10 = −0, 78 2 . t 10 3600 s Das negative Vorzeichen zeigt an, dass der PKW verzögert wird! b) Mit der nun bekannten Bremsverzögerung ergibt sich aus der ersten Gleichung v1 = v(t∗ ) = 50 · = 6, 09 1000 − 0, 78 · 10 3600 a [m/s2 ] km m . = 21, 9 s h 10 t [s] -0,78 c) Integration der konstanten Beschleunigung liefert einen linearen Geschwindigkeitsverlauf, nochmalige Integration ein parabolisches Weg-ZeitDiagramm. 50 v [km/h] 21,9 x [m] 10 t [s] 100 10 t [s] Bewegung Aufgabe 1.5 Ein Fahrzeug bewegt sich gemäß dem dargestellten Geschwindigkeits-Zeit-Diagramm. 9 A1.5 v [m/s] 20 Man berechne die auftretenden Beschleunigungen, den zurückgelegten Weg und zeichne die Diagramme x(t), a(t), v(x) und a(x). 300 360 100 t [s] Lösung Zweckmäßig teilt man den Bewegungsablauf in 3 Zeitbereiche: t1 t2 0 t3 300 100 1. Bereich, 0 ≤ t1 a1 ): Aus v1 = a1 t1 v (100) a1 = 1100 = s1 = x1 (100) = 360 t [s] ≤ 100 s (Anfahren mit konstanter Beschleunigung folgen 20 100 = 1 2 1 5 m/s2 , a1 t21 , √ v1 (x1 ) = 2a1 x1 . x1 = · 15 (100)2 = 1000 m , 1 2 2. Bereich, 0 ≤ t2 ≤ 200 s (gleichförmige Bewegung): Aus v2 = 20 m/s = const findet man a2 = 0 , x2 = v2 t2 , s2 = x2 (200) = 20 · 200 = 4000 m . 3. Bereich 0 ≤ t3 ≤ 60 s (Bremsen mit konstanter Verzögerung a3 ): Aus v3 = 20 m/s + a3 t3 berechnen sich 20 = − 1 m/s2 , x3 = 20 t3 + 12 a3 t23 , a3 = − 60 3 √ s3 = x3 (60) = 20 · 60 − 12 · 13 (60)2 = 600 m , v3 = 400 + 2a3 x3 . Das Fahrzeug durchfährt insgesamt die Strecke s = s1 + s2 + s3 = 1000 + 4000 + 600 = 5600 m . a [m/s2 ] a1 300 360 100 5600 5000 a [m/s2 ] a3 5000 5600 a1 1000 t [s] x [m] a3 x [m] v [m/s] 20 1000 x [m] 100 300 360 t [s] 1000 5000 5600 10 A1.6 Geradlinige Aufgabe 1.6 Die Beschleunigung eines frei fallenden Körpers unter Berücksichtigung des Luftwiderstandes lässt sich näherungsweise durch a(v) = g − αv 2 beschreiben. Dabei sind g die Erdbeschleunigung und α eine Konstante. Gesucht ist die Fallgeschwindigkeit v(t) eines Körpers, der ohne Anfangsgeschwindigkeit losgelassen wird. Lösung Nach der Tabelle auf Seite 4 gilt für gegebenes a(v) v dv̄ t = t0 + . 2 v0 g − αv̄ Wenn wir die Zeitzählung mit t0 = 0 beginnen, so ergibt sich mit v(t0 ) = v0 = 0 v dv̄ dv̄ 1 v t= = 2 g − αv̄ α g g 0 0 ( α − v̄)( α + v̄) und nach Partialbruchzerlegung v 1 1 1 1 dv̄ t= + α g g g 2 α 0 α − v̄ α + v̄ g v g g 1 1 α +v − ln( = √ − v̄) + ln( + v̄) = √ ln . 2 gα α α 2 gα g 0 − v α Auflösen nach v liefert g √ α +v e2 gα t = g α −v ; v= √ g e2 gα t − 1 √ . α e2 gα t + 1 e2ϕ − 1 eϕ − e−ϕ = 2ϕ Mit der Hyperbelfunktion tanh ϕ = ϕ lässt sich −ϕ e +e e +1 das Ergebnis auch schreiben als v √ g tanh gα t . v= g α α Aus der letzten Darstellung erkennt man den Grenzwert lim v(t) = g/α , t t→∞ d.h. für große Zeiten fällt der Körper praktisch mit konstanter Geschwindigkeit (a = 0 ; v = g/α). Bewegung 11 Aufgabe 1.7 In einem Zylinder (Durchmesser d) bewegt sich ein Kolben infolge V0 d der Expansion der Gasfüllung. Die Bep0 schleunigung a des Kolbens ist dabei proportional dem jeweiligen Gasdruck p, d.h. a = c0 p, wobei für den Gasdruck das Gasl0 gesetz pV = const gelte. Der Ausgangszustand sei durch den Druck p0 , die Kolbenstellung l0 und die Anfangsgeschwindigkeit v0 = 0 vorgegeben. Wie groß ist die Kolbengeschwindigkeit v? Lösung Bei einer Kolbenauslenkung x herrscht nach dem Gasgesetz p0 V0 = pV bzw. p0 πd2 πd2 l0 = p (l0 + x) 4 4 V der Druck p l0 . l0 + x p = p0 x l0 Daraus folgt die Beschleunigung a(x) = c0 p = c0 p0 1 1 = a0 . 1 + x/l0 1 + x/l0 Dabei ist a0 = c0 p0 die Anfangsbeschleunigung bei x = 0. Nach der Tabelle auf Seite 4 berechnet sich bei gegebenem a(x) x v 2 = v02 + 2 x0 ; x a(x̄)dx̄ = 2 v= 0 a0 x dx̄ = 2l0 a0 ln 1 + 1 + x̄/l0 l0 2 l0 a0 ln 1 + x l0 a . v a0 2 4 6 8 x/l0 2 4 6 8 x/l0 Anmerkung: Da die Beschleunigung mit wachsendem x abnimmt, steigt die Geschwindigkeit immer langsamer an. A1.7 12 A1.8 Geradlinige Bewegung Aufgabe 1.8 Die Beschleunigung eines P Z Punktes P , der sich längs einer Geraden bewegt, sei zum Punkt Z gerichtet und x umgekehrt proportional zum Abstand x. Für t = 0 hat P den Abstand x0 = 2 m, die Geschwindigkeit v0 = 4 m/s und eine Beschleunigung a0 = −3 m/s2 . a) Man bestimme die Geschwindigkeit v1 im Abstand x1 = 3 m. b) In welchem Abstand x2 ist die Geschwindigkeit Null? Lösung Entsprechend der Aufgabenstellung ist a = −c/x, wobei sich die Konstante c aus den gegebenen Anfangswerten errechnet: c = −a0 x0 = −(−3) · 2 = 6 (m/s)2 . Mit dem nun bekannten a(x) ergibt sich für die Geschwindigkeit (vgl. Tabelle S. 4) x 2 v = v02 +2 a(x̄)dx̄ = v02 x +2 x0 ; x0 c x − dx̄ = v02 − 2c ln x̄ x0 v(x) = ± v02 − 2c ln x/x0 . zu a) Die Geschwindigkeit für x1 = 3 m folgt daraus zu 3 m + . v1 = (−) 16 − 12 ln = 3, 34 2 s zu b) Die Geschwindigkeit wird Null für v = 0 ; v02 −2c ln 2 x = 0 ; x2 = x0 ev0 /2c = 2 e4/3 = 7, 59 m . x0 Anmerkungen: • Das Geschwindigkeits-WegDiagramm ist symmetrisch zur x-Achse. • Die Bewegung kann auch im Bereich negativer x erfolgen. Wegen der Unstetigkeit bei x = 0 müssen dann neue Gleichungen unter Berücksichtigung der Richtungsänderung von a aufgestellt werden. v v0 1 x x0 1 2 ev0 /2c