Mastzelltumore bei Hund, Katze und Pferd 1. Die Mastzelle und ihre Funktion Mastzellen wurden bereits 1878 von Paul Ehrlich beschrieben. Sie gehören zu den hämatopoetischen Zellen, wobei reife Mastzellen nur im Zielgewebe beobachtet werden. Ihre primären Lokalisationen sind dabei lockere Bindegewebe von immunkompetenten Oberflächen, z.B. Haut, Atemwege, Lunge und Darm. Mastzellen besitzen große Mengen von metachromatisch anfärbbarer Granula. Enthalten sind z.B. Heparin, Histamin, Serotonin und saure Proteasen. Zur wichtigsten Aufgabe der Mastzelle gehört die Beteiligung an immunologischen Abläufen. Bei der Immunantwort der Mastzelle kommt es durch die Bindung von IgE an den spezifischen FcεRezeptor, zur Entspeicherung der Granula und zur Neubildung von Zytokinen und Eicosanoiden. 2. Proliferation und Reifung von Mastzellen Für die Proliferation und Reifung von Mastzellen ist die Wechselwirkung zwischen einem Oberflächenrezeptor (ckit-Rezeptor) und seinem Wachstumsfaktor (=Stammzellfaktor „SCF“) von Bedeutung. Der c-kit-Rezeptor wird auf den Mastzellen exprimiert. SCF wird als membrangebundenes Protein von Endothelien und Stromazellen gebildet und kann auch in gelöster Form in das Interzellulargewebe abgegeben werden. Als Antwort der Mastzelle auf die Bindung von c-kit-Rezeptor mit SCF kommt es zur Proliferation, zur Chemotaxis, zur Differenzierung von Vorläuferzellen und zur vermehrten Bildung von Mediatoren. 3. Entstehung von Mastzelltumoren Bei einer humanen Mastzellleukämielinie und bei murinen Mastzelllinien zeigte sich, dass der c-kit-Rezeptor aktiviert wurde, ohne das dazu sein Wachstumsfaktor nötig war. Die Aktivierung des Rezeptors ließ sich auf einen Aminosäurenaustausch durch eine Punktmutation zurückführen. Bei einigen schlecht differenzierten kaninen Mastzelltumoren konnten ebenfalls Mutationen im c-kit-Rezeptor beobachtet werden. Beim Hund wird deshalb ein Zusammenhang zwischen schlechter Differenzierung und Mutation im c-kit-Rezeptor vermutet. Dieser Pathogenesemechanismus beim Pferd und bei der Katze ist noch nicht geklärt. 4. Mastzelltumore beim Pferd Bei dieser Tierart treten Mastzelltumore selten auf und sind meistens benigne. Lokalisiert sind solitär auftretende Tumore dabei vorzugsweise am Kopf und an den Gliedmaßen. Männliche Tiere scheinen häufiger betroffen zu sein als weibliche. Eine generalisierte Form tritt bei neugeborenen Fohlen auf, und wird mit der Urticaria pigmentosa des Menschen verglichen. Betroffene Fohlen zeigen bei der Geburt oder kurz danach multifokale Hautveränderungen, die oft mit Ulzeration und spontaner Abheilung einhergehen. 5. Mastzelltumore bei der Katze Bei Katzen werden vor allem zwei in ihrer Zellmorphologie unterschiedliche Formen unterschieden. Es gibt den Mastzelltumor mit mastzellspezifischer Differenzierung und den histiozytär differenzierten Mastzelltumor der vorzugsweise multizentrisch bei jungen (< 4 Jahren) Siamkatzen auftritt. Bei dieser Form kann es zu einer LABOR FÜR KLINISCHE DIAGNOSTIK GMBH & CO.KG Info 8/2003 Seite 1 Prinzregentenstr.3 • 97688 Bad Kissingen • Telefon: 0971/72020 • Fax: 0971/68546 • www.laboklin.de spontanen Regression kommen. Bei der Katze handelt es sich in der Mehrzahl der Fälle um eine benigne Veränderung. Nur Tumore mit deutlichen histologischen Malignitätsmerkmalen scheinen zu Rezidiven und Metastasen zu neigen. Primär viszerale Mastzelltumoren, ohne kutane Beteiligung, treten selten auf. 6. Mastzelltumore beim Hund Kutane Mastzelltumore gehören mit 7-21% mit zu den häufigsten Hauttumoren beim Hund. Prädisponiert sind Boxer, Golden Retriever, Staffordshire-Terrier und Boston-Terrier. Das Durchschnittsalter betroffener Tiere liegt zwischen 8-10 Jahren. Das klinische Erscheinungsbild kann sehr variabel sein. Die Tumoren treten solitär oder multipel, teils auch diffus auf. Es können reaktionslose Knoten, bzw. entzündliche, ulzerierte und gerötete Veränderungen auftreten. Die Tumore treten bevorzugt an den Gliedmaßen, Rumpf, Kopf und Perineum auf. Aufgrund der Mastzelldegranulierung können lokale Veränderungen (Rötung/ Ödematisierung/ Juckreiz) auftreten. Die Ausschüttung von Heparin kann zu lokalen Blutgerinnunsstörungen führen. Als systemisches paraneoplastisches Syndrom können bei Mastzelltumoren gastroduodenale Ulzera vorkommen. 7. Diagnosestellung bei Mastzelltumoren Eine schnelle und einfache Diagnose kann durch eine zytologische Untersuchung erfolgen. Im Rahmen einer histologischen Untersuchung kann bei Hunden dabei zusätzlich eine Graduierung des Tumors (Grad I-III, nach Patnaik et. al.) erfolgen. Bei einem (schlecht differenzierten) Grad III Tumor ist die Prognose ungünstig. 8. Klinische Einteilung der kaninen Mastzelltumoren laut WHO Stadium 1: Auf die Dermis beschränkt, ohne Veränderung der regionären Lymphknoten a) mit systemischen Symptomen b) ohne systemische Symptome Stadium 2: Auf die Dermis beschränkt, mit Lymphknotenmetastase a) mit systemischen Symptomen b) ohne systemische Symptome Stadium 3: Multiple Mastzelltumore der Dermis oder große, infiltrativ wachsende Einzeltumore mit oder ohne Lymphknotenmetastase a) mit systemischen Symptomen b) ohne systemische Symptome Stadium 4: Tumoren mit Fernmetastasen Tumorrezidiv mit Metastasen oder 9. Prognose von Mastzelltumoren beim Hund Die prognostische Beurteilung ist aufgrund des heterogenen Erscheinungsbildes und des variablen biologischen Verhaltens schwierig. Neben einer schlechten Differenzierung (Grad III) wirken sich die Lokalisationen an mukokutanen Übergängen, der Schleimhaut und an den Zehen ungünstig auf die Prognose aus. Ebenfalls als prognostisch schlecht zu beurteilen ist eine Einbeziehung des Knochenmarks oder viszeraler Organe. 10. Therapie von Mastzelltumoren Bei Vorliegen eines Mastzelltumors sollte eine weiträumige Entfernung des Tumors durchgeführt werden. Als adjuvante Therapiemaßnahmen sind in der Literatur Tumorbestrahlungen und Chemotherapien beschrieben. LABOR FÜR KLINISCHE DIAGNOSTIK GMBH & CO.KG Info 8/2003 Seite 2 Prinzregentenstr.3 • 97688 Bad Kissingen • Telefon: 0971/72020 • Fax: 0971/68546 • www.laboklin.de