Medikamentöse Behandlung von psychischen Störungen Informationsbroschüre für Betroffene und Angehörige www.psych.ch Vorwort Liebe Leserin, lieber Leser Um Ihre psychiatrische Behandlung so hilfreich wie möglich zu gestalten, ist es uns wichtig, Sie umfassend zu informieren und einzubeziehen. Die Behandlung mit Medikamenten ist in der Therapie psychischer Störungen nur einer von mehreren Bereichen, jedoch oft ein wichtiger. Diese Broschüre soll in leicht verständlicher Form die direkte ärztliche und therapeutische Beratung ergänzen. Sollten Sie Fragen haben, wenden Sie sich bitte direkt an die für Sie zuständigen Ärzte und Therapeuten. Auf den folgenden Seiten finden Sie zuerst Grundsätzliches zur Behandlung mit Medikamenten. Anschliessend werden die unterschiedlichen Arten von Psychopharmaka erklärt und deren Wirkungen und mögliche Nebenwirkungen erläutert. Von Patientinnen und Patienten häufig gestellte Fragen werden danach beantwortet. Der «persönliche» Teil der Broschüre gibt Ihnen die Möglichkeit, mittels Checkliste und Tabelle Notizen zur eigenen Behandlung und zu den Behandlungszielen einzutragen. Med.prakt. Michael Kammer-Spohn Leitender Arzt Klinik St.Pirminsberg Inhaltsverzeichnis Behandlungsgrundsätze 4 Recovery 5 Chemie für die Seele - warum Medikamente? 6 Übersicht der wichstigsten Medikamente 8 Andere Medikamente 10 Beantwortung häufig gestellter Fragen 12 Persönlicher Teil 16 Medikamentöse Behandlung 22 Wenn von Patienten, Ärzten, Therapeuten, Psychologen usw. gesprochen wird, sind immer Personen beiderlei Geschlechts gemeint. 2|3 Behandlungsgrundsätze Erkrankungen verstehen wir nach dem Bio-psycho-sozialen Modell als Störungen der Körper-Seele-Einheit mit Auswirkungen auf den ganzen Lebenskontext eines betroffenen Menschen. Daraus leitet sich ein wissenschaftlich-evidenzbasiertes umfassendes Verständnis von Krankheit bzw. Gesundheit mit entsprechenden präventiven, diagnostischen und therapeutischen Massnahmen ab. Diese schliessen neben der körperlichen (biologische) Dimension auch die seelische (psychische und geistige/spirituelle) sowie das Zusammenleben und Arbeiten (soziale) mit ein. bio Ursachen, Risikofaktoren, organmedizinische Aspekte Mensch sozial Familiäre, berufliche, gesellschaftliche sowie umweltbezogene Lebensbedingungen psycho Eigenheiten des Erlebens und Verhaltens, individueller Lebensund Bewältigungsstil Bio-psycho-soziales Krankheitsmodell Diagnostische und therapeutische Massnahmen orientieren sich in erster Linie an den Bedürfnissen der von Krankheit betroffenen Menschen und ihrem Umfeld. In den Psychiatrie-Diensten Süd wird beziehungs-, auftrags- und zielorientiert gearbeitet. Patienten werden als Experten im Erleben ihres Krankheitszustandes ernst genommen und zum Einbringen ihrer Erfahrungen und ihrer Vorstellungen in die Behandlung motiviert. Die Behandlung wird in partnerschaftlicher Zusammenarbeit geplant und vollzogen. Recovery Recovery (Gesundung) bedeutet, trotz individuellen und subjektiv erlebten Einschränkungen, das eigene Leben wieder befriedigend und hoffnungsvoll, selbstbestimmt und aktiv führen zu können, das eigene Leben wieder in den Griff zu bekommen. Beim Recovery-Ansatz bestimmt der Betroffene so weit wie möglich selbst, was ihm wichtig ist und was er braucht um ein befriedigendes Leben führen zu können. Die Behandlung passt sich dem Patienten, seinen Bedürfnissen und seinem Erleben an. Dabei geht es um eine möglichst selbstgewählte Unterstützung und Begleitung und weniger um eine passiv zu erduldende Behandlung. Der Recovery-Ansatz prägt zunehmend unseren Behandlungsalltag. In der Praxis bedeutet dies, dass Fachleute ständig prüfen, inwieweit Verantwortung und Mitbestimmung dem Patienten aktuell übertragen werden können. Auch wenn die Lage des Patienten desolat erscheint, halten die Fachteams konsequent an der Überzeugung und Hoffnung fest, dass es eine Möglichkeit gibt den Patienten zu erreichen und seine Ressourcen zu stärken und aufzubauen. 4|5 Chemie für die Seele Warum Medikamente? Die Behandlung von psychischen Störungen setzt sich aus verschiedenen Teilen zusammen. Den besten Behandlungserfolg ergibt sich meist dann, wenn verschiedene Behandlungsmethoden kombiniert werden. Medikamente können psychische Störungen und Erkrankungen wesentlich beeinflussen und lindern. Sowohl psychische Störungen wie auch körperliche Erkrankungen beeinflussen Stoffwechselvorgänge im Gehirn. Wahrnehmen, Fühlen und Denken sind dann durch die reduzierte Funktion des Nervensystems verändert. Psychopharmaka können diese Veränderungen zum Teil ausgleichen oder verringern. Durch sie kann die Ursache einer Störung oder einer Erkrankung behandelt oder die Symptome der Störung vermindert werden. So können betroffene Menschen Selbstheilungskräfte reaktivieren und neue Strategien entwickeln, um sich mit sich und ihrer Umwelt auseinanderzusetzen. Abhängig von den Symptomen einer Störung können gezielt Medikamente eingesetzt werden. Beispielsweise kann durch abgemilderte Ängste wieder Kontakt mit Menschen aufgenommen werden. Nutzloses Grübeln kann unterbleiben, und mit Konzentration kann man sich wieder Alltäglichem zuwenden. Der Schlaf kann sich normalisieren oder der Appetit kann sich verbessern. Der Körper kann sich wieder regenerieren und man fühlt sich wieder lebendiger. Gedanken können besser auf das Wesentliche konzentriert werden. Auswahl der Medikamente Zu Beginn einer psychiatrischen Behandlung ist eine ärztliche Beurteilung notwendig. Blutwerte werden ermittelt und ergänzende medizinische Untersuchungen schliessen an. Der behandelnde Arzt informiert sich über bisherige Erkrankungen, andere aktuelle Behandlungen und bestehende Untersuchungsergebnisse. Gelegentlich kann eine körperliche Erkrankung psychische Störungen verursachen. In diesem Fall ist die Behandlung dieser Krankheit sehr wichtig. Nachdem vom Arzt die wichtigsten Symptome und Informationen erfasst sind, werden von ihm geeignete Medikamente ausgewählt und vorgeschlagen. Bei deren Auswahl müssen viele verschiedene Faktoren beachtet werden: Medikamente ähnlicher Wirkung unterscheiden sich dennoch in der biochemischen Struktur, in der Dauer der Wirkung, in der Art der Ausscheidung aus dem Körper, in der Häufigkeit und Art von Nebenwirkungen, in der Verträglichkeit mit anderen Medikamenten und in anderen Punkten. Der Arzt orientiert sich bei der Verordnung am Wirkstoff, der für die biochemischen Wirkungen (und Nebenwirkungen) verantwortlich ist. Der Handelsname des Herstellers spielt eigentlich keine Rolle. Wenn bei einem neu erforschten Medikament der Patentschutz abläuft, können andere Firmen den selben Wirkstoff herstellen. Diese Medikamente nennt man dann Generika. Nachfolgend sind in Gruppen einige bekannte Medikamente und ihre Wirkstoffe mit in Klammer gesetzten Handelsnamen angegeben. 6|7 Übersicht der wichtigsten Medikamente Beruhigungsmittel Beruhigungsmittel vermindern auch Ängste und fördern zum Teil einen besseren Schlaf. Sie können müde machen oder ein Schweregefühl entstehen lassen. Angewandt werden Beruhigungsmittel bei Unruhe, Nervosität, Suizidgefährdung, aggressivem Verhalten, starken Ängsten oder Schlafstörungen. Nebenwirkungen können z.B. sein: Übermässige Müdigkeit, Schwindel, Mundtrockenheit, etc. Bei längerfristiger Anwendung kann bei einzelnen Präparaten eine Abhängigkeit entstehen. Bei uns gebräuchliche Beruhigungsmittel sind: Alprazolam (Xanax), Baldrian und andere Heilkräuter (Redormin/Relaxane), Chlorprotixen (Truxal), Diazepam (Valium, Psychopax), Levomepromazin (Nozinan), Lorazepam (Temesta), Pipamperon (Dipiperon), Pregabalin (Lyrica), Promazin (Prazine), Zolpidem (Stilnox). Andere Bezeichnungen von Beruhigungsmitteln sind: Schlafmittel, Hypnotika, Tranquilizer, Anxiolytika, niederpotente Neuroleptika oder Benzodiazepine. Antipsychotika Ein Antipsychotikum (früher wurde die Bezeichnung «Neuroleptika» verwendet) wird zur Behandlung bei psychotischen Symptomen eingesetzt. Unter einer Psychose versteht man Veränderungen des Wahrnehmens, Denkens, Fühlens, der Beziehung zur Umwelt. Die Ursachen können unterschiedlich sein. Angewandt werden Antipsychotika bei unrealistischen Gedanken, Wahrnehmungsstörungen, Verfolgungsängsten, Denkstörungen, Unruhe, Entscheidungsschwierigkeiten, Rückzug, Antriebsarmut, Störungen vom Gefühlserleben und der Stimmung. Nebenwirkungen können z.B. sein: Bewegungsstörungen oder Krämpfe, Bewegungsunruhe, Gewichtszunahme, Müdigkeit, Potenzstörungen, Zyklusstörungen, etc . Häufig angewandte Antipsychotika sind: Apipiprazol (Abilify), Clozapin (Leponex), Flupentixol (Fluanxol), Haloperidol (Haldol), Lurasidon (Latuda), Olanzapin (Zyprexa), Palperidon (Invega), Quetiapin (Seroquel), Risperidon (Risperdal), Sulpirid (Solian), Zuclopentixol (Clopixol). Antidepressiva Ein Antidepressivum (auch Stimmungsaufheller genannt) ist ein Medikament, das die Stimmung, den Antrieb und die Denkfähigkeit günstig beeinflusst. In der Regel setzt diese Wirkung langsam, bei regelmässiger Einnahme, innerhalb von zwei bis vier Wochen ein. Angewandt werden Antidepressiva bei Depressionen unterschiedlicher Ursache, bei chronischen Ängsten und bei chronischen Schmerzen. Bei Schlafstörungen und Unruhe können speziell beruhigende Antidepressiva verordnet werden. Nebenwirkungen können z.B. sein: Schwindel, Übelkeit, Kopfschmerzen (eher zu Beginn einer Behandlung), Mundtrockenheit, Müdigkeit, Veränderung von Potenz und sexuellem Erleben, Gewichtszunahme, etc. Gebräuchliche Antidepressiva sind: Agomelatin (Valdoxan), Amitriptylin (Saroten), Bupropion (Wellbutrin), Citalopram (Cipralex), Clomipramin (Anafranil), Duloxetin (Cymbalta), Fluoxetin, Fluvoxamin (Flox Ex), Johanniskraut (Rebalance), Memantin (Ebixa), Mianserin (Tolvon), Mirtazapin (Remeron), Paroxetin, Sertralin, Trazodon (Trittico), Trimipramin (Surmontil), Venlafaxin (Efexor). Stimmungsstabilisierende Medikamente Unter stimmungsstabilisierenden Medikamenten (auch Phasenprophylaktika genannt) werden Medikamente zusammengefasst, die bei ausgeprägten Wechseln der Stimmung und bei Anspannung stabilisierend wirken und die kurz oder länger dauernde starke Gefühlsschwankungen verhindern können. Angewandt werden stimmungsstabilisierende Medikamente bei manisch-depressiver Erkrankung, bei wiederkehrenden Depressionen, bei manisch angetriebenem Zustandsbild, bei Aggressivität und bei starker Impulsivität. Nebenwirkungen sind je nach Zustand sehr unterschiedlich und können z.B. sein: Müdigkeit, Gewichtszunahme, bei Überdosierung Vergiftungserscheinungen. Bei uns gebräuchliche stimmungsstabilisierende Medikamente sind: Lithium (Quilonorm oder Lithiofor), Carbamazepin (Tegretol), Valproinsäure (Depakine, Orfiril), Lamotrigin (Lamictal) oder Oxcarbamazepin (Trileptal). 8|9 Andere Medikamente Bei Suchterkrankungen werden unterschiedliche Medikamente eingesetzt. Bei Alkoholabhängigkeit und Abhängigkeit von Schmerz- oder Beruhigungsmitteln ist unter Umständen eine medikamentöse Entgiftungsbehandlung zur Vermeidung von lebensbedrohlichen Entzugssymptomen notwendig. Dabei werden Beruhigungsmittel, Epilepsiemedikamente, Neuroleptika und auch Vitaminpräparate eingesetzt. Der Entzug von illegalen Drogen ist in der Regel medizinisch unkomplizierter. Die teilweise subjektiv äusserst unangenehmen Entzugserscheinungen können durch den Einsatz von unterschiedlichen Medikamenten (Antidepressiva, Beruhigungsmittel, Blutdruckmedikamente, Drogenersatzstoffe) gemildert werden. Bei Gedächtnisstörungen oder anderen Symptomen einer Demenz (z.B. Alzheimer) können spezifische Medikamente eingesetzt werden. Bei Aufmerksamkeitsstörungen (ADHS) werden manchmal Stimulantien benutzt: Methylphenidat (Concerta, Focalin, Ritalin). Zur Behandlung von körperlichen Erkrankungen stehen unterschiedliche Medikamente zur Verfügung. Notwendige Medikamente, die zuvor eingenommen werden, werden nach ärztlicher Überprüfung weiterverordnet. Gelegentlich kann der Name des Präparats abweichen, wenn das Medikament durch eine andere Firma hergestellt wird (Generika). v.l. Nina Schlager, Assistenzärztin und Monika Filliger, Bereichsleiterin Koordinierte Intervention, Psychiatrie-Zentrum Rheintal 10 | 11 Beantwortung häuig gestellter Fragen Kann ich die Wirkung der Medikamente beeinflussen? Medikamente wirken besser, wenn man Vertrauen in die Behandlung hat. Wichtig ist ausserdem, dass Sie informiert sind, welche Medikamente Sie einnehmen, wie sie wirken und welche Risiken es gibt. Machen Psychopharmaka abhängig? Bei längerem Gebrauch können manche Beruhigungsmittel, vor allem Benzodiazepine, im medizinischen Sinn abhängig machen. Da diese jedoch sonst wenig Nebenwirkungen haben, ist eine vorübergehende Anwendung unter ärztlicher Aufsicht dennoch oft sinnvoll. Antipsychotika, Antidepressiva und Phasenverhütungsmittel machen nicht abhängig (im medizinischen Sinn). Ein plötzliches Weglassen über mehrere Tage kann jedoch manchmal erneute Krankheitssymptome oder Nervosität auslösen. Verändert sich meine Persönlichkeit, wenn ich Medikamente nehme? Auch wenn Sie Psychopharmaka einnehmen, bleiben Sie der gleiche Mensch. Die Medikamente sollen Ihnen vorübergehend helfen, störende oder krankhafte Veränderungen in Wahrnehmung, Gefühlen und Verhalten rückgängig zu machen. Das Risiko für bleibende Beeinträchtigungen ist bei den meisten Medikamenten sehr gering. Kann ich auch ohne Medikamente behandelt werden? Dies hängt von der Art der Störung und den damit verbundenen Symptomen ab. Manchmal ist eine Behandlung ohne Medikamente kaum erfolgversprechend, in anderen Fällen wiederum sollten möglichst wenig oder gar keine Medikamente genommen werden. Muss ich Medikamente nehmen? Nein, Sie entscheiden selbst. Dies gilt uneingeschränkt, wenn Sie sich freiwillig in Behandlung befinden. In einer Notfallsituation (Fremdgefährdung, Selbstgefährdung oder krankheitsbedingte starke gesundheitliche Gefährdung) kann durch die Ärzte entschieden werden. Auch in solchen Fällen können sie durch die Anfertigung einer Psychiatrischen Patientenverfügung vorausschauend Einfluss auf eine Behandlung nehmen. Muss ich die Medikamente regelmässig einnehmen? Ja. Damit die Medikamente wirken, ist in der Regel eine gewisse Konzentration des Wirkstoffs im Blut notwendig. Damit die Medikamente nicht nur Stunden wirken, ist eine regelmässige Einnahme in verordneter Menge (Dosierung) notwendig. Die Wirkung mancher Medikamente tritt manchmal stark verzögert ein (bis zu 6 Wochen bei Antidepressiva). Wie kann ich einen Überblick über die Medikamente behalten? Die Einnahme kann erleichtert werden, wenn die Medikamente nur ein oder zweimal am Tag genommen werden müssen und sie feste Zeiten einhalten. Wenn Sie mehrere Medikamente haben, kann für eine Woche die Medikation im Voraus zusammengestellt werden («Wochendosette», ein Schächtelchen, erhältlich in der Apotheke) Wie lange muss ich die Medikamente nehmen? Die Behandlungsdauer ist unterschiedlich. Bei plötzlichen Krisen reicht manchmal die kurzfristige Einnahme von Beruhigungsmitteln aus. Medikamente gegen Psychosen, Depressionen oder bei der manisch-depressiven Erkrankung sollten längerfristig (über Monate) genommen werden, eventuell kann die Dosis mit der Zeit reduziert werden. So wird das Risiko eines frühzeitigen Krankheitsrückfalls deutlich vermindert. Was bedeutet Adherence und Empowerment? «Adherence» bezeichnet das Ausmass der aktiven Zusammenarbeit von Arzt und Patient im Sinne einer gemeinsamen Entscheidungsfindung und Therapiezielvereinbarung. Als «Empowerment» bezeichnet man autonomiefördernde Massnahmen und Strategien, die im Sinne von Recovery eine selbstbestimmte Sorge um das eigene Wohlergehen ermöglichen. Der Begriff «Compliance» dagegen meint eher das (einseitige) Befolgen der ärztlichen Anordnungen. 12 | 13 Kann man die Medikamente einfach absetzen? Bei manchen Medikamenten gewöhnt sich der Körper an die Einnahme und es kommt zu Entzugserscheinungen beim Absetzen (insbesondere bei manchen Beruhigungsmitteln). In der Regel empfiehlt es sich bei den meisten Medikamenten, diese in Absprache mit Ihrem Arzt über eine gewisse Zeit in einer geringeren Dosierung einzunehmen (ausschleichen). Dies verhindert am ehesten eine rasche Rückkehr der ursprünglichen Störung oder Erkrankung, und Sie können sich körperlich wie auch psychisch daran gewöhnen, ohne Medikamente zu leben. Ist es gefährlich, gleichzeitig Alkohol oder Drogen einzunehmen? Generell sollen während des Klinikaufenthaltes Alkohol und Drogen nicht eingenommen werden. Alkohol wie auch illegale Drogen können die Symptomatik der psychischen Störung verstärken oder verfälschen, ausserdem kann die Wirkung von einzelnen Medikamenten verändert werden. Bei längerfristiger Einnahme von Psychopharmaka ist im Einzelfall und nach Rücksprache mit Ihrem Arzt ein gelegentlicher geringer Alkoholkonsum nicht generell auszuschliessen. Sie sollten jedoch in der Lage sein, die potentiellen Gefahren selbst einzuschätzen. Von einem Gebrauch von illegalen Drogen, auch Cannabis, raten wir generell ab. Darf ich Auto fahren, wenn ich Psychopharmaka einnehme? Bei manchen psychischen Störungen sind Konzentration, Aufmerksamkeit und Wachheit beeinträchtigt. Das Autofahren sollte dann generell unterlassen werden. Wenn Medikamente neu eingenommen werden, kann die Fahreignung beeinträchtigt werden. Klarheit über die momentane Fahrtüchtigkeit schafft im Einzelfall die Rücksprache mit Ihrem Arzt. Auf keinen Fall dürfen Sie Auto fahren, wenn Sie zusätzlich Alkohol getrunken haben. Wie gross sind die Risiken bei der Einnahme von Psychopharmaka? Medikamente, die eine biochemische, psychologische Wirkung im Körper entfalten, haben leider oft unerwünschte Nebenwirkungen. Die Aufgabe des Arztes ist es, das Risiko der Erkrankung mit dem Risiko der Behandlung (Medikamente) zu vergleichen und abzuwägen. Ein Kunstfehler wäre es, bei einer schweren Erkrankung, die für Betroffene oder Dritte eine Gefährdung darstellt, auf hilfreiche Medikamente aus Furcht vor Nebenwirkungen zu verzichten. Genauso falsch wäre es aber auch, bei einer Bagatellerkrankung das Risiko gefährlicher Nebenwirkungen einzugehen. Der Arzt ist in aller Regel über Wirkungsweise und mögliche Nebenwirkungen der eingesetzten Medikamente informiert und kann Patientinnen und Patienten umfassend beraten. Welches Medikament ist für mich am besten? Diese Frage sollten Sie Ihrem behandelnden Arzt stellen. Er wird sie sorgfältig und nach bestem Wissen und Gewissen beraten und unterstützen. Bei Fragen wenden Sie sich bitte direkt an unsere Fachleute: 081 303 66 66 Informations- und Triagestelle 058 228 67 00 Psychiatrie-Zentrum Rheintal, Heerbrugg 081 725 50 20 Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland, Trübbach 058 228 66 11 Psychiatrie-Zentrum Linthgebiet, Uznach 081 303 60 60 Klinik St.Pirminsberg, Pfäfers Weitere hilfreiche Informationen finden Sie in unseren Themenbroschüren: - Therapieangebote zur Behandlung von psychischen Störungen - Informationen für Angehörige - Informationen zum Klinikaufenthalt Diese können kostenfrei über die Psychiatrie-Zentren oder die Klinik St.Pirminsberg bezogen werden. 14 | 15 Persönlicher Teil Birgitta Nieberle, Psychologin, Psychiatrie-Zentrum Rheintal 16 | 17 Checkliste - Persönliche Behandlungsziele Die umfassende psychiatrische Behandlung soll Ihnen, soweit es möglich ist, in Ihrer derzeitigen Lebenssituation helfen. Es ist wichtig, dass Sie Ihre Wünsche und Ziele bezüglich Behandlung mitteilen können. So können wir gemeinsam eine auf Sie und Ihre Probleme zugeschnittene Behandlung erarbeiten. Die «Checkliste» soll Ihnen die Wahl der geeigneten Therapiebausteine sowie die Auswahl der Medikation erleichtern. Im Verlauf der Behandlung können dann positive Veränderungen besser erkannt werden. Bitte lesen und beatworten Sie zunächst die nachstehenden Fragen zu verschiedenen Lebensbereichen. Nach der Besprechung mit Ihrem behandelnden Arzt oder Therapeuten können Sie dann die vereinbarte Behandlung unter Punkt 11 eintragen. Lebensbereiche, in denen ich mir eine Veränderung wünsche 1. Förderung von Konzentration und Aufmerksamkeit Trennung von wichtigen und unwichtigen Dingen, besser entscheiden können Kontrolle über meine Gedanken und mein Denken Ein normales Tempo meiner Gedanken Abstand von drängenden, sich wiederholenden Gedanken (Grübeln) Eine verbesserte Funktion des Gedächtnisses Ja Ja Ja Ja Ja 2. Verbesserung der Wahrnehmung Zurückdrängen von Stimmen, die andere nicht hören können Bessere Unterscheidung zwischen Realität und Fantasie Zurückdrängen störender Gedanken und unangenehmer Sinnestäuschungen Ja Ja Ja 3. Entwicklung meiner Persönlichkeit Eigene Bedürfnisse besser wahrnehmen Verbesserung meines Selbstwertgefühls Mich besser von der Umgebung abgrenzen können (z.B. «Nein-Sagen») Verminderung von Suizidgedanken Ja Ja Ja Ja 4. Grundbedürfnisse Normalisierung von Schlaf, Appetit und Durst Normalisierung von sexuellem Antrieb und Bedürfnis Verbesserung der Lebensqualität (z.B. weniger Schmerzen) Ja Ja Ja 18 | 19 5. Gefühle Minderung von Angst Hoffnungs- und Zukunftsperspektive Angemessene Wahrnehmung und Ausdruck von Gefühlen Angemessene Stimmung finden, verbesserte Kontrolle über Gefühle Angemessener Umgang mit innerer Spannung Trauer und Abschied spüren und zulassen können Ja Ja Ja Ja Ja Ja 6. Antrieb Zunahme an Energie und Initiative Aktivität- und Ruhephasen haben ein ausgeglichenes Niveau Ja Ja 7. Suchtverhalten/zwanghaftes Verhalten Beendigung von Suchtmittelkonsum Psychische Stabilisierung für eine Langzeittherapie Zwanghaftes Verhalten aushalten/vermeiden Reduktion von Zwangsgedanken und Zwangshandlungen Ja Ja Ja Ja 8. Sozialverhalten Weniger Konflikte mit anderen Menschen bekommen Mehr in Ruhe gelassen werden Mutiger sein Ja Ja Ja 9. Aufenthalt in der Klinik Möglichst schnell entlassen werden Nicht wieder mit Polizei in die Klinik müssen Ja Ja 10. Weitere Themen und Wünsche 11. Analyse/Behandlung 20 | 21 Medikamentöse Behandlung Patient /in: Datum Medikament Behandlungszeit Meine Beobachtungen 22 | 23 Psychiatrie-Zentrum Rheintal Balgacherstrasse 202 9435 Heerbrugg Telefon 058 228 67 00 Telefax 058 228 67 32 [email protected] Psychiatrie-Zentrum Werdenberg-Sarganserland Hauptstrasse 27 9477 Trübbach Telefon 081 725 50 20 Telefax 081 725 50 25 [email protected] Psychiatrie-Zentrum Linthgebiet Zürcherstrasse 1, 8730 Uznach Telefon 058 228 66 11 Telefax 058 228 66 21 [email protected] Alpenstrasse 2, 8640 Rapperswil [email protected] Impressum Herausgeberin: St.Gallische Psychiatrie-Dienste Süd (PDS), Klosterweg, 7312 Pfäfers; Autoren: Med.prakt. Michael Kammer-Spohn und Thomas Lampert, Mitarbeitende der PDS; Gestaltung: Adicto GmbH, St.Gallen; Fotos: Daniel Ammann, Zürich und lizenzfreie ShutterstockBilder; Druck: Niedermann Druck AG, St.Gallen; Druck klimaneutral, CO2-Kompensation in Schweizer Klimaprojekten, www.swissclimate.ch, Zertifikat SC2014120802 PDS-01-04-002 Klinik St.Pirminsberg Psychiatrie, Psychotherapie, Suchtbehandlung Klosterweg 7312 Pfäfers Telefon 081 303 60 60 Telefax 081 303 69 90 [email protected]