Psychologische Besonderheiten geriatrischer Patienten 2012

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Psychologische Besonderheiten geriatrischer Patienten
PD Dr. Bernhard Kulzer
Forschungsinstitut FIDAM
Diabetes Akademie Bad Mergentheim
Diabetes im Alter: Veränderte Therapieziele
§ Es ist eine ärztliche Aufgabe, unter Berücksichtigung des biologischen Alters des
Patienten, seiner Begleiterkrankungen und seiner Beschwerden sowie des sozialen
Umfeldes, das individuelle Therapieziel zu definieren und damit die einzelnen
Therapiemaßnahmen festzulegen.
§ Als globale und allgemein anerkannte Therapieziele gelten die Förderung und der Erhalt
der Lebensqualität und des allgemeinen Wohlbefindens des Patienten.
§ Je nach Lebensalter treten die Ziele der Reduktion diabetesassoziierter
Komplikationen und Begleiterkrankungen und einer Verlängerung der
Lebenserwartung in den Hintergrund.
§ Der Ausdehnung der „behinderungsfreien Lebenszeit“ … kommt … eine ganz
besondere Bedeutung zu. Dies betrifft speziell den „geriatrischen Patienten“ mit Diabetes
mellitus.
Memo: Prävalenz des Diabetes nach Altersgruppen
Zwei Drittel aller Menschen mit
Aber: Selbständiges Leben mit Diabetes
Diabetes älter als 60 Jahre
bis ins hohe Alter ist eher die Regel
Pflegequote:
Anteil der Menschen, die
pflegebedürftig sind im Sinne
des Pflegeversicherungsgesetzes
Zeyfang, A. Diabetes und Geriatrie, Deutscher Gesundheitsbericht
Diabetes 2012, 134 – 139; GEDA 2009
www.statistik.bayern.de/statistikdesmonats/00420.php
Diabetes im Alter: Lebensqualität
Forschungsverbund DIAB-CORE
(Diabetes Collaborative Research of Epidemiologic Studies)
(Mit freundlicher Genehmigung, Dr.Schunk)
Diabetes im Alter: Körperliche Lebensqualität
SF-12 Körperlicher Summenscore
55,0
50,0
Kein Diabetes
45,0
Diabetes
40,0
35,0
45-49
50-54
55-59
60-64
65-69
70-74
Altersgruppen
• Die körperliche Lebensqualität von Personen mit Diabetes ist in allen Altersgruppen niedriger als bei
Personen ohne Diabetes.
• Der Effekt von Diabetes auf der körperlichen Subskala (SF-12 KSK) beträgt:
- 4,1 Punkte [95% KI: -4,8; -3,4].
(mit freundlicher Genehmigung, Dr.Schunk)
Diabetes im Alter: Psychische Lebensqualität
PSK-12 Seelischer Summenscore
55,0
50,0
Kein Diabetes
45,0
Diabetes
40,0
35,0
45-49
50-54
55-59
60-64
65-69
70-74
Altersgruppen
• Die HRQL von Personen mit Diabetes ist in allen Altersgruppen niedriger als bei Personen ohne Diabetes,
verstärkt in jüngeren Altersgruppen.
• Auf der psychischen Subskala (SF-12 PSK) ist der Diabetes-Effekt nur bei Frauen signifikant:
- 2,6 Punkte [95% KI: -3,5; -1,7].
(mit freundlicher Genehmigung, Dr.Schunk)
Diabetes im Alter: Einfluss der Insulintherapie
P= <.0001
(mit freundlicher Genehmigung, Dr.Schunk)
Männer und Frauen
P= 0.0039
Männer
Frauen
Lebensqualität
im höheren Lebensalter
§ Ältere Menschen
- können häufig mit kurzfristigen
Spannungen und Kritik leichter umgehen
- verschwenden weniger Energie
auf unlösbare Probleme
§ Häufigkeit negativer Emotionen
- gehen bis zum 60. Lebensjahr zurück,
steigen dann leicht wieder an
- Episoden positiver Befindlichkeit werden
stabiler, Episoden negativer Befindlichkeit
werden instabiler
§ Höherer Grad an Differenzierung
- der emotionalen Befindlichkeit im höheren Alter
Carstensen LL, Pasupathi M, Mayr U, Nesselroade JR. Emotional Experience in Everyday Life Across
the Adult Life Span. J Pers Soc Psych, 2000; 79 (4): 644 - 655
Einbuße der Lebensqualität durch Hypoglykämien
ACCORD2
ADVANCE1
p<0,001
12
9
6
3
0,4
0,7
0
Pro 100 Patienten pro Jahr
15
p<0,001
12
9
6
3,1
3
1,0
0
Standard Intensiv
Schwere hypoglykämische Ereignisse
15
Schwere hypoglykämische Ereignisse
Schwere hypoglykämische Ereignisse
Pro 100 Patienten pro Jahr
VADT3
Pro 100 Patienten pro Jahr
15
p<0,01
12
12,0
9
6
4,0
3
0
Standard Intensiv
1: Gerstein et al. N Engl J Med 2008; 358(24): 2545-59.
2: Patel et al. N Engl J Med 2008; 358(24): 2560-72.
3: Duckworth et al. N Engl J Med 2009; 360(2): 129-39.
Standard Intensiv
Schwere Hypoglykämien und Mortalität:
ACCORD Studie
Für spezifische Risikofaktoren (wie Alter, Rauchen, kardiovaskuläre Vorerkrankungen, EKGVeränderungen, Albumin und Kreatinin-Ratio etc.) adjustieres Mortalitätsrisiko.
Bonds et al, BMJ 2010, 340:b4909
Schwere Hypoglykämien und Mortalität: VADT Studie
Duckworth et al. N Engl J Med 2009; 360: 129-39.
Hypoglykämien im höheren Lebensalter
§ Hypoglykämien: passagerer kardialer Stressor,
gefährlich für ältere Menschen mit KHK 1
§ Verminderte Elastizität der Koronararterien:
Erhöhtes Risiko bei Hypoglykämien für kardiale
Ischämie 1
§ Hyperkaliämie als Konsequenz der Ausschüttung
von Katecholaminen: Erhöhtes Risiko für kardiale
Arrhytmien 1
Euglykämie
Hypoglykämie
§ EKG: Verlängertes QT-Intervall – starker Prädiktor
für „sudden death“ 1
§ Verdoppeltes Mortalitätsrisiko bei Patienten mit Diabetes, KHK
und schweren Hypoglyämien (2-Jahreskatamnese) 2
1 Frier BM, Schernthaner G, Heller SR. Hypoglycemia and Cardiovascular Risks.Diabetes Care, 2011, 34 (2): S132 - 137
2 Svensson AM, McGuire DK, Abrahamsson P, Dellborg M. Association between hyper and hypoglycaemia and 2 year
all-cause mortality risk in diabetic patients with acute coronary events. Eur Heart J 2005; 26:1255–1261
Hypoglykämien im höheren Lebensalter
§ Verminderte autonome Aktivierung bei
Hypoglykämien: Geringere Intensität
der Symptome
§ Absenkung der glykämischen Schwellen
für autonome und neuroglykopenische
Symptomen: verkleinertes Zeitfenster
zur Hypoglykämiebehandlung
§ Angleichung der glykämischen
Schwellen für autonomen und
neuroglykopenischen Symptome
§ Erschwerte Unterscheidbarkeit: TIA / Apoplex, koronare Ischämie
Zammit NN, Frier BM. Hypoglycaemia in Type 2 Diabetes and in Elderly People (2007).
In: Frier BM, Fisher M (Eds): Hypoglycaemia in Clinical Practice, 239 – 264, Chichester: Wiley & Sons
Hypoglykämie und Demenz bei Typ 2 Diabetes
(27 Jahre Follow up)
Hypoglykämiehäufigkeit
und Demenz
Inzidenz Demenz
20
16,95
2,5
15
2
10,34
10
%
%
1,8
1,5
1,94
1,26
1
5
0,5
0
0
ohne Hypo
mit Hypo
Adj. OR 1.44 (1,25-1,66)
Whitmer et al. JAMA 2009
1 Hypo 2 Hypo 3 Hypo
Diabetes ist ein Riskofaktor für Demenz
Hassing
*
ns
Luchsinger
Xu
*
*
ns
Mc Knight
ns
Peila
ns
Brayne
*
*
*
*
*
Ott
ns
0
1
2
3
Odd ratio bzw. Hazard ratio
Alzheimer
Biessels et al. Lancet Neurology 2006
Vaskuläre Demenz
4
5
Abbau kognitiver Leistungen und Demenzrisiko bei Menschen
mit Diabetes: Metaanalyse prospektiver Studien
§ Auswertung von 25 Studien mit 8.656 Menschen
mit Diabetes
§ Follow-up‘s zwischen 2 und 18 Jahren
§ Untersuchungen mit standardisierten und validen kognitiven
Leistungstests
Abfall kognitiver Leistungen:
Vergleich Diabetiker – Nicht-Diabetiker
Alter
MiniMentalStateTest
ZahlenSymbolTest
Follow-up
(Jahre)
Risiko für die Abnahme kognitiver Leistungen:
Vergleich Diabetiker – Nicht-Diabetiker
Mini-Mental-State
Examination
(MMSE)
Zahlen-SymbolTest (DSS)
Risiko für Entwicklung einer künftigen Demenz:
Vergleich Diabetiker – Nicht-Diabetiker
Alter
Follow-up
(Jahre)
N/A: keine Angaben vorhanden
HR: Hazard Ratio: Verhältnis der Ereignisse in einem Beobachtungszeitraum zwischen zwei Gruppen
(Nicht-Diabetiker / Diabetiker)
RR: Relative Risk:
Verhältnis von Wahrscheinlichkeiten von Ereignissen bei zwei Bedingungen:
WSK für Demenz bei Vorliegen eines Diabetes vs WSK für Demenz ohne Diabetes
Risiko für Entwicklung einer künftigen Demenz:
Vergleich Diabetiker – Nicht-Diabetiker
Schlussfolgerungen der Autoren:
§ Prospektive Studien zeigen:
- stärker ausgeprägte Defizite kognitiver Leistungen bei Diabetikern
- ca. 1.5 fach erhöhtes Risiko für künftigen Abbau kognitiver Leistungen
- ca. 1.6 fach erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer künftigen Demenz
§ Übereinstimmende Ergebnisse trotz unterschiedlicher Studiendesigns
und Messinstrumente
§ Assoziation zwischen Diabetes und Abbau kognitiver Leistungen
unabhängig vom Vorliegen einer Depression
§ Assoziation zwischen Diabetes und Abbau kognitiver Leistungen
assoziiert mit klinischen Markern von Hyperglykämie,
wenig Evidenz für Zusammenhang mit Unterzuckerungen
Kognitive Leistungsfähigkeit und Alter
Lindenberger et al. Die Berliner Altersstudie. 3. Aufl. 2010. Akademie Verlag
Einfluss des Diabetes auf die kognitive Leistungsfähigkeit
bei hochbetagten Menschen
§ Populationsbasierte Stichprobe:
Menschen zwischen dem 85. und 90. Lebensjahr
§ Längsschnittstudie (jährliche Untersuchungen)
§ n = 500 Probanden ohne Diabetes, n = 90 Probanden mit Diabetes
§ Erfassung globaler kognitiver Fähigkeiten sowie Aufmerksamkeit,
Gedächtnis, Geschwindigkeit der Informationsverarbeitung
Standardisierte Tests zur Erfassung kognitiver Fähigkeiten
Stroop-Test: Aufmerksamkeitsleistungen
Mini-Mental State Examination (MMSE):
Globale Erfassung kognitiver Fähigkeiten
Zahlen-Symbol-Test (DSS):
Geschwindigkeit der Informationsverarbeitung
Ergebnisse (1):
(Sekunden für 40 Items)
Stroop-Test:
§ Betagte Menschen
mit Diabetes:
Diabetiker
NichtDiabetiker
- Schlechtere
Aufmerkmerksamkeitsleistungen
- Langsamere Informationsverarbeitung
Zahlen-Symbol-Test
(Anzahl richtiger Zuordnungen
in 60 Sekunden)
NichtDiabetiker
Diabetiker
- Gedächtnis und globale
kognitive Fähigkeiten:
keine Unterschiede
Ergebnisse (2):
§ Verschlechterung aller kognitiven Leistungen
innerhalb der 5 –jährigen Beobachtungszeit,
unabhängig vom Diabetes
§ Abnahme der globalen kognitiven Fähigkeiten
in 5 Jahren um ca. 15 % (MMSE-Punkte)
§ Kein beschleunigter Abbau bei allen kognitiven
Fähigkeiten bei Menschen mit Diabetes
§ Wichtigster Risikofaktor für beschleunigten
Abbau: Aufgetretener Schlaganfall
Schlussfolgerungen der Autoren:
§ Im Lebensalter zwischen 55 und 75 Jahren:
Diabetes und ausgeprägte Hyperglykämie erhöht die Wahrscheinlichkeit,
- dass sich der Abbau kognitiver Fertigkeiten beschleunigt
- dass sich eine Demenzerkrankung entwickelt
Normnahe BZ-Einstellung sinnvoll
§ Bei hochbetagten Patienten:
Geringere Bedeutung des Diabetes und der Hyperglykämie
für den Verlauf kognitiver Leistungen
Moderate metabolische Therapieziele sinnvoll
Psychische Störungen bei geriatrischen Patienten
Ursachen psychischer Störungen im Alter
§ Erhöhtes Krankheitsrisiko und
verlängerte Krankheitsdauer
- körperliche Erkrankungen
- Stoffwechselentgleisungen
- Multimorbidität
- Nebenwirkungen von Medikamenten
§ Erschwerte Lebensbedingungen
- Ungünstige Wohnsituation/
Verkehrsanbindung
- Schlechtere Kontakt- und Freizeitgelegenheiten als Ursache für soziale Isolation
- Eingeschränkte ökonomische Ausstattung
(vor allem bei älteren Frauen)
§ Verlustsituationen des höheren
Lebensalters
- Verlust der körperlichen Unversehrtheit
- Austritt aus dem Berufsleben
- Verlust von Bezugspersonen
- Verlust von Zielvorstellungen und
Zukunftserwartungen
§ Erworbenes kognitives
Ausgangsniveau
- In frühen Lebensjahren häufig
eingeschränkte AusbildungsTrainingsmöglichkeiten für intellektuelle
Fähigkeiten
Diagnostische Zuordnung psychischer Störungen im Alter
§ Erschwerte Grenzziehung „pathologisch“ vs „gesund“
- Psychische Störungen zeigen bei Menschen im höheren Lebensalter
eine andere Symptomatik als bei jüngeren Erwachsenen
- ICD-Diagnosekriterien für psychische Erkrankungen gelten für das
gesamte Erwachsenenalter, keine eigenen Kriterien für alte Menschen
§ Konfundierung von Altersvorgängen mit Kriterien für
psychische Störungen
- Gefahr: Behandlungsbedürftige psychische Störung wird als
„Altererscheinung“ betrachtet
- Gefahr: Alter Mensch mit „zugespitzten“ Persönlichkeitszügen
wird als „psychisch krank“ eingeordnet
Gerontopsychiatrische Störungen
§ Organisch begründbare Erkrankungen
- z.B. dementielle Erkrankungen, Delir
§ Endogene, psychotische Erkrankungen
- z.B. Schizophrenie, im Alter auftretende Wahnerkrankungen
§ Nicht-psychotische Erkrankungen
- z.B. Angststörungen, Depression, Abhängigkeitserkrankungen
Häufigkeit psychischer Störungen im Alter (70 – 100)
Diagnosen
Prävalenz in %
• Demenz
13.9
• Depression insgesamt
9.1
Major depression
5.4
Dysthmia
2.0
Demenz mit Depression
1.0
Depressive Anpassungsstörung
0.7
• Depression: Subklinische Symptomatik
17.8
• Angststörung
10.2
• Schizophrene / paranoide Störung:
0.7
Helmchen, H., Baltes, M.M. et al. Psychische Erkrankungen im Alter.
In K.U. Mayer & P. Baltes (Hrsg.), Die Berliner Altersstudie, 185 – 220, Berlin: Akademie Verlag
Psychische Störungen: Unterschiedliche Verteilung
nach Lebensabschnitten
Jugendalter
Frühes
Erwachsenenalter
Mittleres
Erwachsenenalter
Alter
• Prävalenz psychischer
Störungen über 65 J.:
ca. 25%
• Zunahme von Demenzerkrankungen
• Gesamtmorbidität
vergleichbar mit
jüngeren Altersgruppen
- Substanzabhängigkeit
- Depressive Störungen
- Angststörungen
Zusätzlich erhöhtes Risiko:
- Psychotische Erkrankungen
(z.B. Schizophrenie)
- Demenzen
- Depressive Störungen
- Angststörungen
Häufigste psychische Störungen im Alter:
Demenz und Depression
25
21,5
20
15
11,8
10
5
7,9
4,8
0
keine
Depression
Depression
5 Jahresprävalenz
Katon et al. Gen Intern Med 2010
Inzidenz
% bzw. Inzidenz pro 1000 Patjanhre
% bzw. Inzidenz pro 1000 Patjanhre
Depression und Demenzrisiko bei Diabetes:
(5 Jahres Follow-up)
3
2,69
2,5
1,83
2
1,5
1
1
1
0,5
0
keine
Depression
unadjustiert
Depression
adjustiert
Besonderheiten der Depression im höheren Lebensalter
§ Ausgeprägte Fluktuation der Symptomatik
§ Abnahme der Major Depression,
Zunahme subklinischer Depressivität
§ Überlagerung
der depressiven Symptomatik
durch kognitive Störungen
§ Dominanz somatische Symptome
§ Achtung: Suicidalität !
Hautzinger C. (2000). Depression im Alter. Weinheim: Beltz
Suizid im Alter: Epidemiologie
- Trotz sinkender Suizidraten: Fallzahlen pro 100.000 Personen nehmen mit
steigendem Alter zu 1
- Nicht berücksichtigt: „verdeckte“ / „stille“ Suizide:
Verweigerung der Nahrung und Getränke, Medikamente
1 Deutsches Bündnis gegen Depression e.V.
Im Gespräch mit suizidalen älteren Menschen beachten
- Hinweise auf Suizidalität ernst nehmen,
nicht dramatisieren, aber suizidale Gedanken
und Absichten offen ansprechen
- Nicht-wertendes Gesprächsverhalten, Verständnis zeigen
- Arzt verständigen
- Lebensgeschichtliche Zusammenhänge verstehen
und einbeziehen
- Möglichkeit der Unterstützung im sozialen Umfeld erkunden
(Bezugspersonen, soziale Dienste, medizinische Hilfen)
- Angebot zur Fortsetzung des Gesprächskontakts machen
(Ängste ansprechen, Hilfsmöglichkeiten aufzeigen)
Wenn das Altwerden zur Last wird – Suizidprävention im Alter.
Hrsg: Arbeitsgruppe ‚Alte Menschen‘, Nationales Suizidpräventionsprogramm für Deutschland
Abgrenzung Depression - Demenz
Für depressive Störungen sprechen:
Für eine beginnende bzw.
manifeste Demenz sprechen: 1
§ Frühmorgentliches Erwachen mit
grüblerisch – pessimistischem Denken
§ Umkehrung des Schlaf-WachRhythmus
§ Antriebsminderung
§ Unkooperatives, misstrauisches,
ungeselliges Verhalten
§ Traurigkeit, Niedergeschlagenheit,
Hoffnungslosigkeit, Suizidgedanken
§ Flacher Affekt,
emotionale Labilität,
fluktuierende Stimmungszustände
Bei Vorliegen einer depressiven Symptomatik muss mit einer Unsicherheit
von bis zu 25% gerechnet werden 2
1 Hautzinger C. (2000). Depression im Alter. Weinheim: Beltz
2 Neher, K.M. & Sowarka, D. (1993): Ergebnisse einer Follow-up-Studie mit dementiell und depressiv
Erkrankten. Zeitschrift für Gerontopsychologie und –psychiatrie, 6, 1137-147
Abgrenzung
Abgrenzung Depression
Depression -- Demenz
Demenz
Für depressive Störungen sprechen:
Für eine beginnende bzw.
manifeste Demenz sprechen: 1
§ Depressive Episoden in der
Vorgeschichte
§ Keine Hinweise für Psychopathologie
und Depression in der Vorgeschichte
§ Unauffällige neurologische Symptomatik,
in der Regel keine Beeinträchtigung:
- Aufmerksamkeitsspanne, Orientierung
- Sprache
- Steuerung von Handlungsabläufen
- Mustererkennung und -reproduktion
§ Neurologische Symptomatik
§ Klagsame Haltung zu subjektiv erlebten
kognitiven Defiziten
§ Bemühungen, kognitive Defizite
zu verbergen
1 Hautzinger C. (2000). Depression im Alter. Weinheim: Beltz
§ Reduzierte Wachheit, eingeschränkte
Konzentration und Aufmerksamkeit
§ Desorientierung, Verwirrtheit,
Vergesslichkeit Bemühungen, kognitive
Defizite zu verbergen
Angst bei geriatrischen Patienten
Angststörungen im Alter: Epidemiologie
§
Prävalenz (6 Mon.): ca. 10%
§
Häufigste Angststörung: Generalisierte Angststörung (GAS)
§
Keine überzeugenden Belege für eine erhöhte Prävalenz von Angststörungen
bei Menschen mit Diabetes 2
§
Diabetesspezifische Ängste – auch bei älteren Menschen mit Diabetes:
- Angst vor Unterzuckerungen
- Angst vor Folgekomplikationen 2
1
1
1 Beekman ATF, Bremmer MA, Dorly JH et al. Anxiety disorders in later life: a report from the longitudinal
aging study Amsterdam. Int J Geriatr Psychiat 1998; 13: 717-726
2 Evidenzbasierte Leitlinie „Psychosoziales und Diabetes mellitus“. Diab Stoffw 2003; 12: 35-58
Erschwerte Definition von Angststörungen im Alter
§ Fehlende Diagnosekriterien für
pathologische Angstformen im Alter
- z.B. fehlende diagnostische Abgrenzung
zu beeinträchtigter Befindlichkeit
§ Zweiseitige „zirkuläre Verleugnung
von Ängsten“
- Von Seiten des Patienten: Angst wird bagatellisiert
- Von Seiten des Behandlers: Inadäquate Urteilsprozesse
§ Hohes Ausmaß an Komorbidität
- von Angststörungen untereinander
- mit weiteren psychischen Störungen (z.B. Depression, Demenz)
Behandlung psychischer Störungen bei Menschen ab 65
Anteil (in %) mit Kontakten zu Nervenärzten und Psychotherapeuten
Nervenärzte
Psychotherapeuten
GEK-Report ambulant-ärztliche Versorgung 2007, Schwerpunkt: Ambulante Psychotherapie
Behandlung psychischer Störungen bei Menschen ab 65
Behandlung psychischer Störungen bei Menschen ab 65
Was kann man tun? Prävention von Demenz und
minimaler kognitiver Beeinträchtigungen (MCI)
Unspezifisch
n Verringerung des Risikos zerebrovaskulärer Erkrankungen
n Gute Blutdruck-, Blutzucker- und Blutfettwerte
n Beibehaltung von geistig anregenden Tätigkeiten
n Bewegung
Spezifisch
n ???
Was kann man tun? Balance zwischen Anforderungen
und verbliebenen Fähigkeiten
Einfache Therapien
Realistische Therapieziele
• Safety first
Spezielle Schulung
• Strukturierte Geriatrische
Schulung (SGS)
Technische Hilfsmittel
• Erinnerungshilfen
• Telemedizin
Erfolgreiche Strategie mit dem Älter werden umzugehen:
Selektion, Optimierung und Kompensation
Der 80-jährige Arthur Rubinstein ist in
Interviews gefragt worden, wie er immer noch
ein so guter Konzertpianist sein könne.
Er habe sein Repertoire verringert – also eine
Wahl getroffen (Selektion). Außerdem übe
er diese Stücke mehr als früher. Das ist die
Optimierung. Und weil er die ausgewählten
Stücke nicht mehr so schnell wie früher spielen
konnte, hat er noch einen Kunstgriff
angewendet: Vor besonders schnellen
Passagen verlangsamte er sein Tempo; im
Kontrast erschienen diese Passagen dann
wieder ausreichend schnell. Das ist eine Form
der Kompensation.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit !
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