Weitere Hilfsmittel zur professionellen Zahnreinigung

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5 Professionelle Zahnreinigung mit professionellem Handwerkszeug
Vorteile
Nachteile
• geringer Kraftaufwand bei der supragingivalen Zahnreinigung
• geringer Kraftaufwand bei der subgingivalen Wurzelreinigung
• überlegene Zugänglichkeit zu Furkationen
• ermüdungsfreies Arbeiten durch die nur leichte Berührung der
Einsätze zum Zahn
• Kühlwasser spült und reinigt die subgingivalen Taschenbereiche
• antibakterielle Wirkung durch Kavitation
• Zeitersparnis
• geringes Risiko, am Karpaltunnelsyndrom zu erkranken
• bei unsachgemäßer Anstellung der Einsätze zur Zahnoberfläche Verletzungsgefahr von Gingiva und Zahnhartgewebe
• durch den Sprühnebel Gefahr bakterieller Umfeldkontamination
• bei längerem Kontakt zur Zahnoberfläche Sensibilisierung
und Pulpenschädigung möglich
• eingeschränkte Taktilität zu allen Wurzeloberflächen
• Gefahr der Verschleppung von Bakterien in die parodontalen Gewebe (Bakteriämie)
• unvollständige Entfernung von Bakterien und deren zytotoxischen, kleinmolekularen Abbauprodukten sowie
von makromolekularen Lipopolysacchariden (Endotoxine)
aus Resorptionslakunen des nekrotisch veränderten
Wurzelzements
• mögliche Schädigung von Restaurationen
Weitere Hilfsmittel zur
professionellen Zahnreinigung
Der Erfolg karies- und parodontalprophylaktischer Behandlungsmaßnahmen ist neben der Belagsfreiheit eng
mit der gewebsverträglichen (biokompatiblen) Versorgung der Zähne verknüpft. Reizfaktoren, wie sie sich aus
Mängeln bei der kurativen Versorgung ergeben können,
gilt es von vornherein zu vermeiden. Iatrogene (griech.:
iatros, der Arzt; lat.: genere, erzeugen, verursachen) Fehler
wie zurückgelassene raue Zahnoberflächen oder überschüssige, unterschüssige und abstehende Füllungs- und
Kronenränder vernichten den Erfolg der PZR. Selbst winzige Mikroretentionen, von denen man vielleicht meint,
sie seien klinisch unbedeutend, bieten Millionen von Mikroorganismen geschützte Lebensräume und Vermehrungsmöglichkeiten. Nur eine präventionsgerechte Versorgung sichert den Erfolg der karies- wie parodontalprophylaktischen Anstrengungen in der Praxis. Zurückgelassene Reizfaktoren fördern die Belagsbildung. Sie
gefährden Zähne und Zahnhalteapparat. Die Beseitigung
von iatrogenen Reizfaktoren gehört zu den Aufgaben der
PZR. Marginale Irritationen durch Restaurationsränder lösen bei der Befunderhebung nach dem PSI den Code 2 aus
– mit entsprechenden behandlerischen Konsequenzen
(S. 41).
Reizfaktoren auf approximalen Zahnflächen und an Füllungen lassen sich im Oberkiefer- und Unterkiefer-Frontzahnbereich leicht mit handgeführten Streifen (Strips)
bearbeiten. Handelsübliche Finier- und Polierstreifen
sind mit Schleifkörpern unterschiedlicher Korngröße
belegt. Abhängig von deren Durchmesser variiert die
Schleifleistung. Ein grobes Korn besitzt eine hohe Schleifleistung und hinterlässt tiefe Rauigkeit (> 100 µm). Umgekehrt: Ein feines Korn besitzt eine geringe Schleifleistung und bewirkt geringe Rautiefen (< 10 µm). Das grobe
Korn kann Riefen und Kratzer von 100 tausendstel Millimeter und mehr in die Zahnoberfläche einschleifen, die
feine Körnung nur 1 Zehntel davon, nämlich weniger als
10 tausendstel Millimeter.
In der Mundhöhle sind die Schleif- und Politurergebnisse
von großer klinischer Bedeutung. Mikroorganismen mit
einer Größe von 1 tausendstel bis 7 tausendstel Millimeter nisten sich leichter auf aufgerauten als auf glatten
Zahnoberflächen ein.
MERKE
Die präventionsgerechte Bearbeitung von Zahnoberflächen darf keine Mikroretentionen zurücklassen. Sie fördern die Belagsbildung. Sie begünstigen die Entwicklung bakterieller Infektionen in
den Schlupfwinkeln des Gebisses.
Handgeführte Finier- und Polierstreifen
Die präventionsgerechte Reinigung von Zahnoberflächen
geschieht nach einfachen Regeln. Sie entsprechen in ihrer
Durchführung der Reihenfolge, wie sie die Industrie bei
der Veredelung von Oberflächen einsetzt: Der erste
Schritt beginnt mit dem groben Schleifen und Abtragen.
Ihm folgt das feinere Glätten bzw. Finieren. Den Abschluss
bildet die Politur.
Die Schleifleistung der im Dentalhandel erhältlichen Finier- und Polierstrips wird in der Regel ohne Angabe der
Korngröße, sondern mit Kennzeichnungen wie „grob“,
„mittel“, „fein“ und „x-fein“ bzw. „superfein“ deklariert
und zusätzlich farblich kodiert. Einige Hersteller machen
Angaben zur Körnung, wie z. B. bei den mit Aluminiumoxid-Partikeln belegten Kunststoffstreifen der Firma Kerr/
Hawe, CH 6925 Gentilino, Schweiz. Die Benennung ihrer
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Tabelle 5.10 Klinische Vor- und Nachteile des supra- und subgingivalen Scalings mit Ultraschallgeräten
Weitere Hilfsmittel zur professionellen Zahnreinigung
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Korngröße in tausendstel
Millimeter (µm)
Rauigkeit
Farbkodierung
Wirkung auf Approximalflächen
74–60 µm
grob
weiß
schleifend
40–37 µm
mittel
blau
finierend
13 µm
fein
gelb
finierend
3 µm
x-fein
rosa
polierend
Korngrößen und die ihnen zugeordneten Farbkodierungen erleichtern das kontrollierte und systematische Arbeiten (Tab. 5.11).
Eine Sonderform der Approximal-Strips sind gelochte Metallstreifen (Proflex Flexible Scaler, Densco). Sie sind nach
der Erfahrung des Autors für die klinische Arbeit unverzichtbar! Anders als die belegten Kunststoff-, Leinen- oder
Metallstreifen werden sie nicht zur Glättung und Politur
von Füllungsoberflächen eingesetzt. Der flexible Scaler
dient vielmehr, wie sein Name sagt, zum supragingivalen
„Abschuppen“ von instrumentell nicht erfassten, mineralischen Feinstablagerungen in den Zahnzwischenräumen.
Die Ausstanzungen in dem Lochstreifen wirken wie in
Serie geschaltete Mini-Hobel (Abb. 5.188). Die rechtwinkligen Kanten jedes Loches schaben bzw. hobeln weiche
und mineralisierte Zahnbeläge ab. Dies geschieht so lange,
bis die Auflagerungen auf den Zähnen abgetragen sind
und das Band die Glattfläche des Zahnschmelzes erreicht
hat (Abb. 5.189). Auf ihr angekommen, verlieren die Ausstanzungen ihre Hobelwirkung. Die Zunge ertastet die
perfekte Wirkung.
Die supragingivale Arbeit mithilfe des gelochten Metallbandes (Flexible Scaler) greifen die an anderer Stelle beschriebenen, maschinell in Hubwinkelstücken subgingival
anzuwendenden PER-IO-TOR-Einsätze (Dentatus, Schweden) auf. Sie hobeln nach der gleichen Grundüberlegung
die Mineralisationen auf subgingivalen Wurzeloberflächen ab, ohne den Zement abzutragen.
Während die handgeführten Finier- und Polierstreifen
selten Angaben zu ihrer Körngröße haben, sind die Korngrößen diamantierter Schleifkörper standardisiert. Dies
gilt sowohl für die Belegung rotierender Diamantschleifkörper als auch für die neueren, schwingenden
Feileneinsätze in Hubwinkelstücken. International hat
man sich auf eine Klassifikation der Korngrößen und
eine ihnen zugeordnete Farbkodierung geeinigt.
(Tab. 5.12).
Klinisches Vorgehen
Bei der Feinreinigung eng stehender Zahnzwischenräume
im Oberkiefer- und Unterkiefer-Frontzahnbereich kann
der Einsatz handgeführter Scaler oder maschinell betriebener Instrumenteneinsätze wie das EVA-System erschwert bis unmöglich sein. Der handgeführte Flexible
Scaler ist jedoch problemlos für diese Anwendungsbereiche geeignet. Der kurzgehaltene Lochstreifen wird mit
Abb. 5.188 u. 5.189 Proflex von Densco ist ein flexibler Scaler. Die
Kanten der Löcher wirken wie ein Hobel auf der Schmelzoberfläche.
einer leicht sägenden Bewegung durch den Kontaktflächenbereich in den Zahnzwischenraum geführt. Seine
aufgekantete Oberfläche spannt sich bogenförmig wie
Zahnseide um den Zahn. Waagerechte Hin- und Herbewegungen von wenigen Millimetern (2–3 mm) reinigen
und glätten den Approximalraum.
Auf die Glättung supragingivaler Rauhigkeiten muss ein
besonderes Augenmerk gelegt werden. Ihre Reinigung
und Glättung hat größte parodontalprophylaktische Bedeutung. Untersuchungen zur Haftung von Mikroorganismen an Füllmaterialien haben gezeigt, dass auf nicht polierten Oberflächen bis zu 50-mal mehr Bakterien haften
als auf polierten.
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Tabelle 5.11 Korngröße, Farbkodierung und Wirkung von Finier- und Polierstreifen
160
5 Professionelle Zahnreinigung mit professionellem Handwerkszeug
Korngröße in tausendstel
Millimeter (µm)
Rauigkeit
Farbkodierung
Wirkung
150 µm
supergrob
schwarz
schleifend
125 µm
grob
grün
schleifend
90–100 µm
mittel
weiß
schleifend
30–40 µm
fein
gelb
finierend
15 µm
extrafein
rot
finierend
8 µm
ultrafein
weiß
polierend
MERKE
Tabelle 5.13 Rotierende Schleif- und Polierkörper und ihr Bearbeitungszweck
Das erste Ziel der Karies-und Parodontalprophylaxe heißt, supra- und subgingivale Reizfaktoren
zu beseitigen.
Gereinigte und polierte supra- und subgingivale
Zahn- wie Füllungsoberflächen sind in schwer erreichbaren Zahnzwischenräumen (Zahnflächen „At
high Risk“) von größerer karies- und parodontalprophylaktischer Bedeutung als bukkal oder lingual polierte Zahnflächen und Füllungen. Sie zählen zu den kaum gefährdeten Zahnbereichen. Sie
sind Zahnflächen „At low Risk“.
Bearbeitungszweck
Schleif- und Polierscheiben1
Ausarbeitung von Kompositfüllungen
Zementüberschüsse adhäsiv befestigter Inlays
flammenförmige, montierte
Arkansassteine
Ausarbeitung von Kompositfüllungen
Zementüberschüsse
adhäsiv befestigter Inlays
Maschinell betriebene Hilfsmittel
Filzräder oder -kelche
Kunststoff- und Porzellaninlays
Hartmetallfinierer
Amalgamfüllungen
Goldinlays
Rotierende Polier- und Schleifkörper
Rotierende Schleif- und Polierinstrumente glätten bukkale, okklusale und linguale Zahnflächen. Ihre Drehbewegungen machen eine Reinigung der Approximalräume
wie auch die Bearbeitung subgingivaler Zahnflächen
über die Zahnfleischfurche hinaus unmöglich. Die gängigsten rotierenden Schleif- und Polierkörper für die Glättung von Füllungs- und Zahnoberflächen gibt Tab. 5.13
wieder.
Die Anwendungsregeln für rotierende Schleifkörper entsprechen den bereits beschriebenen Regeln für das Schleifen, Finieren und Polieren. Beste Ergebnisse werden erzielt, wenn man sie entsprechend ihrer Abrasionswirkung
von grob nach fein einsetzt.
Die Bearbeitung der Füllungs- oder Zahnoberflächen erfolgt bei langsamer bis mittlerer Umdrehungsgeschwindigkeit, d. h. zwischen 3000 und 6000 rpm
(engl.: rotations per minute, Umdrehungen pro Minute).
Der Polierkontakt ist während der Reinigung kurz, der
Andruck der Schleifkörper zum Zahn leicht, d. h. dem
Zahnbürstenandruck mit ca. 1,5 N Andrucksgewicht vergleichbar. Die empfohlene Kontaktzeit zum Zahn soll
nicht mehr als 2–3 Sekunden betragen. Die immer wieder
Schleif- und Polierkörper
Gummikelche oder -kegel
Amalgamfüllungen
Goldinlays
Zahnhartsubstanzen
Polierbürsten
1
Zahnhartsubstanzen
Englische Bezeichnung: „Disk“
kurz unterbrochenen Arbeitsbewegungen verhindern zusammen mit dem geringen Andruck die Entwicklung von
Reibungswärme sowie den unerwünschten Abrieb der
besonders fluoridreichen, oberflächlichen Zahnhartsubstanzen. Weitere Grundsätze zur Politur von Zahnoberflächen sowie ihre selektive, klinische Durchführung beschreibt das Kap. 7 (S.199 ff).
Schwingende Feileneinsätze in
Hubwinkelstück-Köpfen
Enge Zahnzwischenräume versperren sich dem Einsatz
von Handinstrumenten, Polier- und Schleifkörpern. Dennoch sind gerade diese Bereiche im Erwachsenenalter
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Tabelle 5.12 Auf die Körnung kommt es an: Schleifen, Finieren und Polieren mit diamantierten Schleifkörpern
Weitere Hilfsmittel zur professionellen Zahnreinigung
MERKE
Die neuartigen Feileneinsätze arbeiten mit Hubbewegungen anstatt mit Rotationsbewegungen.
Sie reinigen schwer zugängliche Zahnzwischenräume und subgingivale Wurzelflächen.
Die vielfältigen Möglichkeiten zum klinischen Einsatz der
Feilen drückt der Hersteller mit der Namensgebung seiner
Instrumente aus. Die Schweizer Firma Intensiv SA bietet
dementsprechend folgende Feileneinsätze an:
• Bevelshape-Feilen,
• Cavishape-Feilen,
• Proxoshape-Feilen,
• Rootshape-Feilen.
Die Feilensysteme Proxoshape und Rootshape sind geeignete Instrumenteneinsätze für die professionelle Reinigung und Politur von Interdentalräumen und subgingivalen Wurzeloberflächen. Bevelshape und Cavishape dienen
der grazilen Kavitätenpräparation und der perfekten
Randgestaltung von Präparationsgrenzen. Sie werden
hier nicht besprochen.
Proxoshape-Feilen
Die einseitig belegten Feilen tragen abgestufte Diamantkörnungen von 125 µm (Grün), 90 µm (Silber), 40 µm
(Gelb) bis 15 µm (Rot). In Hubwinkelköpfen sind sie
nach den Bedürfnissen des Behandlers entweder frei
drehbar gelagert (wie z. B. im KaVo INTRA-LUX-EVA
Kopf 61 LC mit einer Hubhöhe von 1,5 mm) oder sie
können in fest arretierten Positionen (wie z. B. im KaVo
INTRA LUX prepcontrol Kopf 61 LR mit 36 Feststellpositionen und einer Hubhöhe von 0,4 mm bzw. im KaVo
INTRA LUX PROFIN Kopf 61 LF mit 10 Feststellpositionen
und einer Hubhöhe von 1,0 mm) verwendet werden
(Abb. 5.191). Die flexiblen Proxoshape-Feilen sind eine
elegante Hilfe, um im Seitenzahnbereich Füllungsüberschüsse aus Amalgam- oder Kompositfüllungen abzutragen, Füllungen zu rekonturieren, Zementreste adhäsiv
befestigter Inlays zu entfernen sowie Zahnflächen zu reinigen. Frei drehbar oder fest arretiert gelagert passen sich
die flexiblen Feileneinsätze den konvexen Zahnformen an.
Klinisches Vorgehen
Die maschinelle Bearbeitung der Zahnzwischenräume mit
Feilen darf sich keineswegs nur auf supragingivale Zahnflächen beschränken. Aus parodontalprophylaktischer
Sicht muss sogar mehr Wert auf die Reinigung subgingivaler Zahnabschnitte gelegt werden. Während der Arbeitsbewegungen sollen die hin- und herschwingenden
Feileneinsätze langsam in den Zahnzwischenraum hineinund herausgeführt und an den Approximalflächen auf
und ab sowie schräg und vertikal bewegt werden. So
erfassen sie alle supra- wie subgingivalen Zahnbereiche.
Während die Feileneinsätze mit grober oder mittlerer
Diamantierung dem Zurückschleifen überschüssigen Füllungsmaterials oder Zements dienen, sind die Feilen mit
feinen und superfeinen Korngrößen von 30–15 tausendstel Millimeter (µm) zum Finieren bzw. Vorpolieren gedacht. Die abschließende Politur geschieht mit keilförmigen, der Anatomie des jeweiligen Zahnzwischenraumes
angepassten Kunststoff- oder Holzeinsätzen.
Einen zusätzlichen präventiven Schutz erreicht man,
wenn der Zahnzwischenraum vor der Politur mit einer
bakteriell wirksamen Politurpaste aufgefüllt wird. Besonders geeignet sind hierfür Polier- oder Zahnpasten, die
neben dem üblichen Fluoridanteil auch Backpulverzusätze enthalten, wie z. B. Parodontax, Madaus, Köln. Parodontax poliert nicht nur, sondern entwickelt durch seinen
Gehalt an Baking Soda eine zusätzlich schützende Wirkung im Zahnzwischenraum. Backpulver (Natriumhydrogencarbonat, Na+HCO3-) neutralisiert schädliche Säuren.
Na+HCO3- + H+ † Na+ + H2O + CO2
Damit wirkt es kariesprophylaktisch und milieuverändernd auf Karies auslösende Mutans-Streptokokken und
Laktobazillen. Sie sind als säureliebende (azidophile) Mikroorganismen in einem leicht angesäuerten Lebensraum
besonders stoffwechsel- und vermehrungsaktiv. Er wird
ihnen jedoch durch die Pufferkapazität von Na+HCO3genommen. Zugleich schafft das Salz Na+HCO3- in der
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besonders krankheitsgefährdete Zahnflächen – sie sind
Zahnflächen „At high Risk“! Ihr Schutz bedarf intensiver
Pflege, zu Hause wie im Rahmen der PZR.
Die Zahnzwischenräume sind Problembereiche ersten
Ranges. In Deutschland gehört das Zähneputzen zwar
zum Allgemeingut der Körperpflege, die Zahnzwischenraumpflege liegt jedoch immer noch weitgehend brach.
Weniger als 5% der Bevölkerung benutzen regelmäßig
Hilfsmittel zur Reinigung der Interdentalräume. Ohne
Zahnzwischenraumpflege bleiben aber von den 5 Flächen
eines Zahnes regelmäßig 2 Zahnflächen ungeputzt zurück,
das sind 40% der Gesamtzahnflächen!
Nicht gereinigte Zahnzwischenräume sind nicht nur ein
Hort Karies auslösender Mutans Streptokokken (Kristoffersson et al. 1984), sie bieten in gleicher Weise parodontopathogenen Mikroorganismen geschützte Vermehrungsräume. Dementsprechend sind Zahnerkrankungen
im Erwachsenengebiss überwiegend auf die Zahnzwischenräume begrenzt. Vor diesem Hintergrund kommt
der Reinigung der approximalen Risikoflächen höchste
Priorität zu.
Neu entwickelte Hubwinkelstück-Köpfe ermöglichen die
maschinelle Reinigung enger Zahnzwischenräume sowie
subgingivaler Wurzeloberflächen. Sie werden mit unterschiedlichen Feileneinsätzen bestückt. Je nach ihrer Indikation sind die Feilen spatelförmig flach und einseitig
belegt, keilförmig spitz und zweiseitig belegt oder nur
an ihren kissenförmig gewölbten Enden (Root Shape)
mit abgestuften Diamantkörnungen versehen.
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5 Professionelle Zahnreinigung mit professionellem Handwerkszeug
engen Geometrie des Zahnzwischenraums eine hypertone
Salzkonzentration. Sie hat Bakterien abtötende Wirkung auf supra- wie subgingivale Keime.
Der Politur schließt sich die kariesprophylaktische Einzelzahnflächen-Fluoridierung mit einem Fluoridlack oder
-gel an. Die Fluoridierung beendet jede professionelle
Reinigung des Zahnzwischenraumes. Als weitere Möglichkeit zur Karies- und Parodontalprophylaxe wird die
Touchierung der gereinigten Zahnflächen mit einem
Chlorhexidinlack (Cervitec von Vivacare, Liechtenstein)
empfohlen. Er wirkt antibakteriell.
Abb. 5.190 u. 5.191 Hubwinkelstücke lassen sich in Zahnzwischenräumen und auf subgingivalen Wurzeloberflächen einsetzen.
Wurzelzement, der frei von Bakterien und bakteriellen
Schadstoffen ist, schafft die biologischen Voraussetzungen
zur Regeneration parodontalen Gewebes. Um dieses Ziel
zu erreichen, erfordert die klassische Bearbeitung der
vielgestaltigen Wurzeloberflächen mit Handinstrumenten vom Behandler nicht nur Konzentration und Wissen,
sondern auch schlicht handwerkliche Geschicklichkeit.
Für ein Behandlungsergebnis, das der manuellen Instrumentierung gleichkommt, aber nicht so kräftezehrend ist,
propagieren einige Hersteller den Gebrauch maschinell
getriebener Feileneinsätze für die Wurzelglättung. Das
Rootsphape-Instrumentarium ist solch eine Neuerung (Intensiv Ca., Inc., CH-6962 Viganello-Lugano, Schweiz). Der
Feilensatz besteht aus 3 Feilen. Sie variieren in ihrer
Länge, ihrer Diamantierung und in der Flexibilität des
Feilenblattes. Ein Feilensatz ist 11 mm, ein zweiter 16
mm lang. Die Körnung der Diamentbelegung ist von mittel (40 µm) über fein (15 µm) nach ultrafein mit nur
2–4 µm abgestuft.
Das Feilenblatt kann flexibel oder starr sein (Abb. 5.190 u.
5.191). Die diamantierte Arbeitsfläche ist an der Spitze
der konisch zulaufenden Feilen angebracht und nach den
Seiten gerundet. Ihre Formgebung gleicht einem Kopfkissen, das auf der Spitze der Feile sitzt. Diese mit Bedacht
gewählte Form gewährleistet den dauernden Kontakt der
Diamantierung zur Wurzeloberfläche bei allen Arbeitsbewegungen. Anders als bei Küretten, deren Schneiden in
einem strengen Anstellwinkel zur Wurzeloberfläche gehalten werden müssen, ist dies bei den gerundeten Arbeitsflächen der Rootshape-Feilen nicht erforderlich.
Die Feilen kann man sowohl frei beweglich in dem EVAKopf 61 LA der Firma KaVo einspannen wie auch in individuell gewählten und dann fest arretierten Positionen
des EVA-Kopf 61 LR benutzen.
Die Hubhöhe in beiden Winkelköpfen ist auf 0,4 mm
begrenzt. Die geringen Schwingungen der Feilenspitze
erleichtern die Bearbeitung der Wurzeloberfläche. Zugleich vermeiden sie die Verletzung parodontaler Weichgewebe und minimieren durch ihre geringe Hubhöhe die
Gefahr, unwillentlich das Saumepithel am Boden einer
Zahnfleischtasche zu durchstoßen.
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Rootshape-Feilen
Weitere Hilfsmittel zur professionellen Zahnreinigung
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Klinisches Vorgehen
Die Hauptindikationen der Rootshape-Feilen liegen in der:
• subgingivalen Belagsentfernung,
• Wurzelreinigung.
PER-IO-TOR-Einsätze
Was im supragingivalen Interdentalraum das gelochte
Metallband des Proflex Flexible Scalers ist, sind für die
Wurzelreinigung und ihre zementschonende Glättung die
PER-IO-TOR-Einsätze. Sie wurden von Prof. Per Axelsson,
Karlstad, Schweden, entwickelt. Die zapfen- und spatelförmigen Instrumente tragen rechtwinklige Glättungsrillen. Ihre Kanten wirken auf der Wurzeloberfläche wie
miniaturisierte Hobel (Abb. 5.192). Vom Wurzelzement
abstehende Rauigkeiten tragen sie so lange ab, bis die
Glattflächen der PER-IO-TOR-Einsätze bündig dem Wurzelzement anliegen. Eine weitere Abhobelung des Wurzelzements ist dann nicht mehr möglich.
Abb. 5.192 PER-IO-TOR-Einsätze reinigen den Wurzelzement, ohne
ihn abzutragen.
Die PER-IO-TOR-Instrumente werden in frei drehbare
Hubwinkelstückköpfe (Intra Lux Profinkopf LF, Hubhöhe
1,0 mm, Firma KaVo) eingespannt. Die Hubgeschwindigkeit sollte oberhalb der Vibrationsschwelle liegen.
Empfehlenswert sind Schwingbewegungen zwischen
10 000 und 15000 rpm. Langsamere Hubzahlen spürt
der Patient als unangenehme Vibrationen. Der Andruck
gegen die Zahnwurzel soll ca 1,5 N nicht überschreiten.
Klinisches Vorgehen
Die zapfenförmigen Instrumente PER-IO-TOR 1 und 2 werden vertikal geführt. Ihr Einsatzbereich sind Wurzeleinziehungen und Wurzelfurkationen. Die Arbeitsrichtung
der spatelförmigen Einsätze PER-IO-TOR 3 und 4 erfolgt
dagegen waagerecht und schräge. Die Blattstärke des
Einsatzes PER-IO-TOR 3 ist besonders dünn und grazil
ausgeformt. Das Instrument eignet sich speziell zur Arbeit
in engen Zahnfleischtaschen und Zahnzwischenräumen.
PER-IO-TOR 4 ist für wenig konvexe Zahnflächen in zugänglichen Interdentalräumen gedacht.
Die für die PER-IO-TOR-Instrumente angegebene Schonung des Wurzelzements, verbunden mit der Aussage,
das darunter liegende Dentin nicht freizulegen, macht
ihren indikationsabhängigen Einsatz besonders für Patienten im Langzeit-Recall empfehlenswert. Eigene Erfahrungen hierzu bestehen nicht.
ZUSAMMENFASSUNG
Inwieweit subgingivales Ultraschall-Scaling und/
oder eine maschinell betriebene Wurzeloberflächenreinigung das manuelle Instrumentieren ersetzen können, ist klinisch wie wissenschaftlich
nicht entschieden. Ganz ohne Zweifel erleichtern
die neuen Behandlungsverfahren die manuelle
Wurzelbearbeitung. Eine kluge und indikationsabhängige Kombination der unterschiedlichen Behandlungsmethoden vermeidet die dogmatische
Einstellung: „Nur so ist es richtig.“ Die Anwendung
wissenschaftlich geprüfter, klinisch erprobter und
therapeutisch wirksamer Verfahren sichert in der
Praxis den größtmöglichen Nutzen für den
Patienten!
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Die Drehzahl bzw. Hubzahl liegt bei der maschinellen
Reinigung zwischen 10000 und 15000 rpm. Während
der Arbeit ist auf dauernde Wasserkühlung zu achten. Der
Andruck der Feilen gegen die Zahnwurzel entspricht in
etwa dem bekannten Zahnbürstenandruck von ca. 1,5 N.
Bei so kontrolliertem Andruck ist der Abrieb von der Wurzeloberfläche abhängig von der Korngröße der Diamantierung. Er beträgt pro Arbeitsgang bei einer Feile mit 40
tausendstel Millimeter Körnung rund 5 tausendstel Millimeter Wurzelzement, bei einer Feile mit 15 tausendstel
Millimeter Körnung rund 3 tausendstel Millimeter und bei
einer Feile mit 2–4 tausendstel Millimeter Körnung rund 1
tausendstel Millimeter Wurzelzement. Der Abtrag einer
mit gleichem Andruck geführten Kürette ist dem Abtrag
der Rootshape-Feilen annähernd vergleichbar (Hugo et al.
1997). Bei wiederholten subgingivalen Wurzelreinigungen
mit mittleren oder fein belegten Proxoshape-Feilen besteht die Gefahr, zu viel Zahnhartgewebe zu verlieren.
Um das zu vermeiden, sind im Recall nur Feilen mit der
feinsten Diamantierung (2–4 tausendstel Millimeter) zu
verwenden. Sie schonen den Wurzelzement.
Die Bearbeitung der Wurzeloberflächen erfolgt mit
wechselnden Arbeitsbewegungen. Sie werden, wenn
es die subgingivale und approximale Zugänglichkeit erlaubt, in alle Richtungen geführt, d. h. horizontal, vertikal
und diagonal. Während der Wurzelreinigung gewährleistet das kissenförmig gerundete Arbeitsende, dass die diamantierte Feilenfläche immer im Kontakt zur Zahnwurzel
steht. Die Diamantierung wie auch das flache und flexible
Feilenblatt sorgen dafür, dass morphologische Problemzonen der Wurzeloberfläche wie Furkationseinziehungen
und konkave Rillen gut erfasst werden. Vertiefte Zahnfleischtaschen lassen sich mit der lngeren Feilenform erreichen.
Der Autor setzt in seiner Praxis Rootshape-Feilen neben
der von ihm bevorzugten manuellen Instrumentierung an
schwer zugänglichen Approximalbereichen und/oder Furkationen im frei drehbaren Hubwinkelstück ein.
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