Nationalbewegungen und Nationalismus in Europa

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1.
Sprache
stenographischen Berichten basierte auf der deutschen bersetzung. Die
Wahlen von 1897 brachten zum ersten Mal eine nichtdeutsche Mehrheit im
Reichsrat. Die formelle Gleichstellung der Sprachen in Rede und Protokoll
erfolgte erst 1917, ein Jahr bevor die meisten der im Reichsrat nunmehr
offiziell zugelassenen Sprachen zu Nationalsprachen wurden. Das bernationale Gebilde sterreich-Ungarn zerbrach nicht zuletzt an der Sprachenproblematik.
Im 19. Jahrhundert normierten national begeisterte Philologen die Sprachen ihrer Vlker. Was spter Hochsprache genannt wurde, entstand aus
einem Gemisch aus Standardisierung und Abgrenzung. Der estnische Nationalismus etwa war besonders stolz auf seine Sprachenabgrenzung gegenber den Deutschen, die in den Stdten wohnten. Die eigenstndige Bezeichnung fr „estnisch“ war jedoch sehr jung. Sie kam erst ab 1860 in Gebrauch. Die lndliche Bevlkerung Estlands bezeichnete sich bis dahin
berwiegend als maarahvas, d. h. Landleute. Auch in Russland war die Bezeichnung fr die vom Zaren beherrschte politische Einheit, die rossija, relativ jung. Sie entstand im 17. Jahrhundert. Russland selbst blieb das alte
rus, sein Bewohner der russkij. Der litauische Nationalismus war besonders
stolz auf seine Sprache, die angeblich die natrliche Sprache Litauens gewesen war. Tatschlich aber war der letzte litauische Großfrst, der noch
einigermaßen Litauisch sprechen konnte, in dem Jahr gestorben, als Kolumbus Amerika entdeckt hatte.
Vom Kriterium Sprache aus gesehen bildeten Belgien und die Schweiz
Testflle des Nationsverstndnisses. 1830 bzw. 1848 entstanden, waren
beide Staaten kulturell und sprachlich ußerst heterogen. In Belgien lebten
franzsischsprachige Wallonen und Flamen zusammen, in der Schweiz
deutsch-, franzsisch-, italienisch- und rtoromanisch sprechende Bevlkerungsteile. Von einer gemeinsamen Sprache oder gar Abstammung konnte
keine Rede sein. Belgien bildete bis zur Franzsischen Revolution die sterreichischen Niederlande. Die Schweiz war ein loser Staatenbund von
mchtigen und weniger mchtigen Kantonen. An der Frage, ob beide, Belgien und die Schweiz, Nationalstaaten waren, schieden sich die Geister.
1836 meinte die franzsische „Encyclopdie nouvelle“, Belgien besitze
keine Geschichte, sei ein buntes Konglomerat von kleinen Einheiten ohne
ein eigenes Gravitationszentrum. Geschichte sei in Belgien immer die Geschichte von anderen, nmlich Spaniern, Franzosen und Hollndern, gewesen. Selbst den Namen des eigenen Landes habe man sich von den alten
Galliern geborgt. Fr Sprachnationalisten, Abstammungsanhnger und erst
recht fr Rassenationalisten stellten Belgien und die Schweiz in sich widersprchliche Gebilde dar, die es eigentlich gar nicht geben konnte. Den nationalen Charakter der Staaten bejahten dagegen die Vertreter der Staatsbrgernation. Sobald die Zugehrigkeit zu einem Staatsverband und staatsbrgerliche Rechte das Kriterium des Nationalen bildeten, waren auch Belgien
und die Schweiz Nationen.
Nationalbewegungen vernderten die Sprachenlandschaft, die sie vorfanden. Im Zentrum des Sprachnationalismus stand die Vorstellung der Nationalsprachen. Ein besonders drastisches Beispiel hierfr bildet das Neuhebrisch, das Ivrit, das 1948 zur offiziellen Sprache des israelischen Staates
wurde. Die Arbeit der Nationalbewegungen an der Nationalsprache konnte
Die Normierung von
Sprachen
Belgien und die
Schweiz als Testflle
Nationalsprachen
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1.
Nation als Identittsformel
an ltere Institutionen anknpfen. Die Normierung und Standardisierung
von Hochsprachen geschah in Akademien wie der 1582 gegrndeten „Academia della Crusea“ in Florenz, der 1635 gegrndeten „Academie Franaise“ oder der 1713 gegrndeten „Real Academia Espanola“. In England,
wo es keine Akademie gab, wirkte das „King’s English“ in die gleiche Richtung. Das Neu-Norwegisch mit einer eigenen Schriftsprache wurde in den
1850er Jahren von dem Linguisten Ivar Aasen (1813 – 1896) aus verschiedenen westnorwegischen Dialekten entwickelt. Die andere Schriftsprache,
das Buch-Norwegisch oder Bokml, war unter der stdtischen Bevlkerung
verbreitet.
Generell galt: Die Nationalsprachen orientierten sich an der Bildungssprache der Eliten. ber das ffentliche Schulwesen und die Verwaltung
wurde sie zur Landessprache. Die Nationalbewegungen leiteten aus dem
Sprachkriterium mehrere Forderungen ab: Die Forderung nach dem Recht,
seine eigene Sprache sprechen zu drfen und bei Behrden in der eigenen
Sprache reden zu drfen und angesprochen zu werden, teilten alle Sprachnationalisten. Dieses Recht war ihnen so wichtig wie das Recht auf die freie
Ausbung der Religion. Die Sprachengemeinschaft blieb lange wichtiger
als die staatliche Gemeinschaft, die diese Rechte einschrnkte oder gar verweigerte.
b. Abstammung
Der Rassenbegriff
Ethnizitt
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Unter allen Kriterien, die zur Behauptung nationaler Identitt herangezogen
wurden, spielte die Abstammung langfristig die bedeutsamste und auch die
gewaltttigste Rolle. Auf die biologische Abstammung beriefen sich die Rassenationalisten des 20. Jahrhunderts mit ihrer Auslese und Ausmerze. Tatschlich aber besaß Abstammung im 19. Jahrhundert noch eine weitere Bedeutung und war noch nicht auf den spteren Biologismus des Rassenationalismus festgelegt. In den Debatten um die Berechtigung und das Wesen
des Adels spielte der Begriff der „Race“, eine große Rolle. Rhrte die Stellung des Adels von seiner Abstammung oder von seinen Verdiensten um
das Gemeinwohl her? Der wrttembergische Liberale Moritz von Mohl
(1802 – 1888) forderte 1848 die Abschaffung des Erbadels, denn erst wenn
der Adel aufgehoben sei, „erst dann, wenn es nur noch ein Volk, keine zwei
verschiedenen Raen mehr gibt“, werde „die Freiheit wahrhaft und fest gegrndet sein“. Der stndische ,Racen‘-Begriff umfasste neben der Abstammung noch die gemeinsame sprachliche und kulturelle Herkunft. Ursprnglich soziokulturell aufgeladen weitete sich der Begriff der Race unter dem
Einfluss des Sozialdarwinismus immer weiter auf das gesamte Volk aus.
Seine stndisch-kulturellen Merkmale traten in den Hintergrund. Gleichzeitig verengte sich das Abstammungskriterium auf die biologisch-genetische
Seite der Ahnenfolge.
Aber auch in der modernen Nationalismusforschung wurde die Zugehrigkeit zu einer gemeinsamen Ethnie als harter Kern der Konstruktion nationaler Identitt behauptet. Ethnizitt oder ethnicity wird heute als der geteilte
1.
Abstammung
Glaube an die gemeinsame Abstammung, nicht als biologisch-rassische
Identitt gesehen. Sie ist gebunden an eine historische (nicht biologische)
Erinnerung, die individuell angeeignet wurde. Ethnicity ist das „quartet of
myths, memories, values and symbols“. Sie besteht in „characteristic forms
or styles and genres of certain historical configurations of populations“ (Anthony D. Smith).
Die ethnische Zugehrigkeit bildete gleichsam den harten Kern der so genannten objektiven Nationskriterien, die im 19. Jahrhundert von dem subjektiven Merkmal des Selbstbekenntnisses abgegrenzt wurden. Die Stammeszugehrigkeit galt als objektiv und eindeutig. Wichtig war im Zeitalter
der romantischen Vlkerpsychologie, dass der Glaube an die gemeinsame
Abstammung genauso integrierend wirkte wie eine wirkliche Genealogie.
Er legitimierte gleichzeitig Zwangshomogenisierungen mit Blick auf eine
zuknftige homogene nationale Gesellschaft. Die ethnische Homogenitt
bestimmte auch den Blick in die Geschichte. Das „heil’ge Land Tirol“ sollte
historisch immer von Tirolern bewohnt worden sein. Die Tiroler feierten
den Aufstand gegen Napoleon als ihren Nationalmythos. Tatschlich richtete sich der Aufstand in erster Linie gegen die bayerische Besatzung Tirols.
Außerdem kmpften unter den Tiroler Aufstndischen Deutsche, Italiener
und Ladinischsprechende. Von einer ethnisch-sprachlichen Homogenitt
der Tiroler Aufstndischen konnte keine Rede sein. hnlich verhielt es sich
mit dem erfolgreichen griechischen Aufstand von 1822 gegen die trkische
Herrschaft, der ebenfalls zur Grndungslegende einer homogenen Nation
wurde. Neben den Griechen stellten Albaner, die so genannten Sulioten,
die grßte Gruppe der Kmpfer.
Gleichzeitig bildete die Abstammung schon frh ein Argument gegen andere Vlker. In Osteuropa begrndete die Vorstellung des „allgemeinen Slawentums“ die Oberhoheit bestimmter ethnischer Gruppen ber andere. Die
Slowaken und die Slowenen sahen in ihren Vlkern die reinste Verkrperung des Slawentums. Beide Vlker sollten Reste eines slawischen Urvolkes
darstellen, worin sie sich vorteilhaft von ihren Nachbarn unterschieden.
Wie wenig wirksam solche ethnischen Großannahmen freilich noch in der
Praxis waren, zeigte die Haltung Russlands. St. Petersburg verweigerte den
Westslawen seine Untersttzung unter Hinweis auf deren Katholizismus
und westlichen Liberalismus. Umgekehrt bewog das Modernittsgeflle von
West nach Ost tschechische Nationalisten wie Karel Havlček (1821 –
1856), an der Selbststndigkeit und Unverbundenheit der einzelnen slawischen Nationen festzuhalten, die untereinander weder Ehre noch Schmach
teilten. Der Begriff der Slawen sollte der Erd- und Volkskunde, nicht aber
der Politik vorbehalten bleiben.
Die ethnische Selbststilisierung betraf seit der Romantik vor allem die
Landbevlkerung. Sie galt als urtmlich, rein, unverflscht und als Urbild
des Volkes. Was dabei als Volk definiert und gefeiert wurde, spiegelte freilich oftmals den Erziehungswillen des stdtischen Brgertums. Hinter der
historischen Stilisierung der schwbischen Landbevlkerung mit ihren urtmlichen Volksliedern verbarg sich ein ausgeprgter kulturnationaler Erziehungswille der stdtischen Nationalbewegung. Volkslieder entstanden in
den Stdten und nicht auf dem Land, wo Kirchenliedgut vorherrschte.
Volkslieder bildeten die Art und Weise ab, wie sich stdtische Liberale die
Aufwertung der
Landbevlkerung in
den Nationalbewegungen
15
1.
Nation als Identittsformel
Der Stammesbegriff
Rassismus,
Rassenation und
„Rassenreinheit“
16
Landbevlkerung vorstellten. Pointiert gesagt heißt das: „Volkslieder waren
Lieder, die das einfache Volk nicht sang“ (Dieter Langewiesche). Dieser Zusammenhang war auch andernorts zu beobachten. Deutsche in baltischen
Stdten und finnische Schweden entdeckten im 19. Jahrhundert die nationalen Qualitten ihrer umgebenden Landbevlkerung.
Gegenber der Vorstellung einer gemeinsamen Abstammung eines Volkes wies der Stammesbegriff eine grßere Flexibilitt auf. Mehrere Stmme
bildeten zusammen ein Volk, ohne dass sie unter sich gleich sein mussten.
Die Rede von den vielen deutschen Stmmen und dem einen deutschen
Volk – die Weimarer Reichsverfassung sprach vom „deutschen Volk einig
in seinen Stmmen“ – erleichterte die Integration von Partikularismen, die
ihre Eigenheit weiter behielten. Im Kaiserreich wurden so aus den Staatsvlkern Bayern und Sachsen Stmme, die zum deutschen Volk gehrten. Die
Wappen am Berliner Reichstag versinnbildlichten den integrativen Sinn der
Stammessemantik im nationalen Zeitalter. Diese Semantik erlaubte es auch
den Juden, ihre nationale Zugehrigkeit als besonderer Stamm eines Volkes
zu artikulieren.
Doch Abstammungen, Stmme und Rassen lagen nie rein, sondern immer nur vermischt vor. berall gab es nationale Minderheiten, die von nationalen Mehrheiten beherrscht wurden: die Iren von den Briten, die Rumnen und Slowaken von den Ungarn, die Bretonen von den Franzosen, die
Tschechen, Dnen, Polen und Franzosen von den Deutschen. Fr die Radikalnationalisten definierte die Rassengemeinschaft eine Nation strker als
die Abstammungsgemeinschaft. Die gemeinsame Abstammung traf noch
keine Aussage ber die rassische Herkunft. Sptestens seit 1890 wurden
rassische Doktrinen zum festen Bestandteil der Kolonialpolitik der europischen Mchte. Sie rechtfertigten die berlegenheit der europischen Kolonialmchte. Aber auch im Innern wurde die Rassedoktrin zum Herrschaftsmittel gegenber Minderheiten. In vielen Rasselehren erschienen die Germanen als die eigentlich zur Herrschaft berufenen Menschen. Durch Joseph
Arthur Comte de Gobineaus (1816 – 1882) „Essay sur l’ingalit des races
humaines“ von 1853 und Houston Stewart Chamberlains (1855 – 1927)
„Die Grundlagen des XIX. Jahrhunderts“ von 1899 drang diese berzeugung in brgerliche Schichten aller europischen Staaten ein. Der germanischen Rassenation gehrte die Zukunft, wenn sie sich – wie Stewart Chamberlain nicht mde wurde zu betonen – rein erhielte. Die Rassereinheit
und die nationale Einheit wurden so verhngnisvoll miteinander verknpft.
Reinheit wurde zum Signum von Einheit, wie der Spruch des Wiener alldeutschen Antisemiten Georg von Schnerer (1842 – 1921) „Durch Reinheit
zur Einheit!“ verdeutlichte. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts verbreitete
sich die berzeugung, dass den Germanen langfristig die Befhigung zur
Herrschaft zukomme. Das bezogen viele auf England, das in seinem Rechtssystem germanische Eigenheiten bewahrt habe. Andere dagegen, Chamberlain vorneweg, bezogen es auf Deutschland. Wissenschaftlich verbrmt hielt
der Rassegedanke Einzug in die Bildungssttten des Brgertums, vorzugsweise die Universitten. Die Vorstellung des rassisch reinen Kollektivs lebte
von der Abgrenzung gegen imaginre Feinde, zumal von der Abgrenzung
gegen die Juden, die diese Reinheit zu gefhrden schienen. Die Vorstellung
der Rassereinheit richtete sich mit besonderer Vehemenz gegen die Juden.
1.
Kulturnation
Mit dem rassischen Nationskriterium breitete sich der Antisemitismus in
den brgerlichen Trgerschichten des Liberalismus aus. Die rassische Ausgrenzung richtete sich vor allem gegen die Juden. Sie waren seit den 1860er
Jahren Gegenstand der so genannten Judenfrage, der jewish question oder
question juive. Diese Debatten wurden in allen europischen Staaten gefhrt. berall ging es darum, ob Juden Mitglieder einer Nation sein konnten
oder ob sie eine eigene Nation darstellten. In Deutschland stellte dies Heinrich von Treitschke in seinem berchtigten Artikel „Unsere Aussichten“ von
1879 in Frage. Diese Kontroverse wurde auch in England, Frankreich, Italien
und sterreich-Ungarn ausgetragen.
Heinrich von Treitschke (1834 – 1896), deutscher Nationalist
Als Sohn eines schsischen Generals 1834 geboren, studierte Treitschke in Bonn
und Leipzig. Er lehrte Geschichte an den Universitten Leipzig (1859), Freiburg
i. Br. (1863), Kiel (1866), Heidelberg (1867) und ab 1874 in Berlin. Treitschke
war der Herausgeber der „Preußischen Jahrbcher“ (1866 – 1889) und nationalliberaler, spter konservativer Reichstagsabgeordneter von 1871 bis 1884.
Treitschke vertrat eine borussische Sichtweise auf den deutschen Nationalstaat
und unterstrich die Bedeutung und Sendung Preußens fr das Reich (Deutsche
Geschichte im 19. Jahrhundert, 5 Bde., 1879 – 1894). Er setzte auf den preußischen Staat als Motor der liberalen Entwicklung. Dabei war er auch bereit, parlamentarische Rechte aufzugeben. Treitschke war der wirkmchtigste Vertreter
des Professorennationalismus. 1879 griff er ffentlich die deutschen Juden an
(Heinrich von Treitschke: Unsere Aussichten, in: Preußische Jahrbcher 44
(1879), S. 559 – 576, 572 f.):
Die Zahl der Juden in Westeuropa ist so gering, dass sie einen fhlbaren Einfluss
auf die nationale Gesittung nicht ausben knnen; ber unsere Ostgrenze aber
dringt Jahr fr Jahr aus der unerschpflichen polnischen Wiege eine Schaar strebsamer hosenverkaufender Jnglinge herein, deren Kinder und Kindeskinder dereinst Deutschlands Brsen und Zeitungen beherrschen sollen. Die Einwanderung
wchst zusehends, und immer ernster wird die Frage, wie wir dies fremde Volksthum mit dem unseren verschmelzen knnen. […] Was wir von unseren israelitischen Mitbrgern zu fordern haben, ist einfach: sie sollen Deutsche werden, sich
schlicht und recht als Deutsche fhlen – unbeschadet ihres Glaubens und ihrer
alten heiligen Erinnerungen, die uns allen ehrwrdig sind. Denn wir wollen
nicht, dass auf die Jahrtausende germanischer Gesittung ein Zeitalter deutschjdischer Mischkultur folge.
Nationalismus und
Antisemitismus
E
c. Kulturnation
Im brgerlichen 19. Jahrhundert verbanden sich Vorstellungen von Identitt
vor allem mit kulturellen Wertbezgen. Das Kriterium der Teilhabe an einer
gemeinsamen Kultur fr die Zugehrigkeit zur Nation war in denjenigen Lndern besonders einflussreich, in denen sich das Nationalbewusstsein nicht
mit Traditionen historischer Staatlichkeit verknpfte, vor allem also in
Deutschland, Italien und in Ost- und Sdosteuropa. Die kulturelle Identitt
sollte denjenigen festen Orientierungspunkt abgeben, den in Westeuropa der
Staat dargestellt hatte. Kulturelle Leistungen, besonders in der Literatur, den
Knsten und den Wissenschaften, konstruierten einen gemeinsamen Wertbe-
Die Nation als
kulturelle Einheit
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