Leitbild für die Wohnungsentwicklung bis 2025 - Kurzfassung Veranlassung und landesplanerische Vorgaben Anfang 2002 ließ die Gemeinde Ammersbek ein „Leitbild für die Wohnungsentwicklung bis 2010“ (auf der Datenbasis von 1994) erstellen, das schwerpunktmäßig die baulichen Entwicklungpotenziale im sogen. Achsenzwischenraum, also in den Ortsteilen Hoisbüttel-Dorf, Rehagen-Schäferdresch und Bünningstedt betrachtete. Ende 2008 hatte der Gemeinderat wegen veränderter Voraussetzungen beschlossen, die als Neubaugebiete vorgesehenen Acker- und Grünflächen im Ortsteil Lottbek nicht zu bebauen und dieses durch Flächennutzungsplanänderung zu sichern. Das Innenministerium hatte daraufhin geraten, das alte „Leitbild Wohnungsentwicklung“ dafür fortzuschreiben. Die Landesplanung schreibt derzeit den Landesentwicklungsplan (LEP) 2011 bis 2025 fort, der den Rahmen absteckt, innerhalb dessen die Kommunen Wohnungsbau zulassen dürfen. Den Umfang bestimmen die kommunalen Vertretungen. Ammersbek ist weder Mittelzentrum wie Ahrensburg, noch Unterzentrum wie Bargteheide, aber liegt im Ordnungsraum Hamburg. Der LEP betont, dass Ordnungsräume bereits eine hohe Verdichtung aufweisen, so dass konkurrierende Flächenansprüche z.B. für Wohnen, Landwirtschaft und Naherholung besonders sorgfältig gegeneinander abgewogen werden müssen, „um die wirtschaftliche Entwicklungsdynamik zu stärken und gleichzeitig die Lebensqualität zu sichern“. Ziele Ammersbeks Entwicklung soll nicht mehr vor allem über Quantität, sondern durch die Qualität des Wohnens und Lebens in Ammersbek definiert sein. Für eine nachfrageorientierte und sozial verträgliche bauliche Entwicklung berücksichtigt Ammersbek mit der Leitbildfortschreibung insbesondere folgende Ziele: • Die Innenentwicklung hat Vorrang vor der Außenentwicklung. Neue Wohnungen sind vorrangig auf bereits erschlossenen Flächen im Innenbereich zu errichten. • Vor Ausweisung neuer unerschlossener Bauflächen ist das Ausschöpfen von Innenverdichtungs- und Konversionspotenzialen zu prüfen. • Die Bestandentwicklung hat Vorrang vor Wohnungsneubau. • Bei Ausweisung neuer Wohngebiete werden Erschließungskosten und Folgekosten für die soziale und technische Infrastruktur dargelegt und berücksichtigt. • Bei der Weiterentwicklung des Wohnungsbestandes wird die Funktionsfähigkeit des Naturhaushaltes und die Sicherung und Entwicklung von Freiflächen und Grünzäsuren berücksichtigt. • Zukünftig nicht mehr baulich genutzte Flächen werden entsiegelt und rekultiviert oder renaturiert, so dass die Böden natürliche Funktionen erfüllen können. • Flächenüberangebote und konkurrierende Ausweisungen von Wohnbauflächen zu Nachbarkommunen sind durch abgestimmte Planung zu vermeiden. Zusätzlich sollen die Gewässer und ihre Uferbereiche für den vorbeugenden Binnenhochwasserschutz von weiterer Bebauung frei gehalten werden. Grundlagen 1. Wohnungsbestand Ammersbek hat einen Bestand von 4437 Wohnungen, gut 62 % in Ein- und Zweifamilienhäusern. In einem Haushalt leben durchschnittlich 2,1 Personen, gut ein Drittel sind Ein-Personen-Haushalte; jeder Ammersbeker lebt im Schnitt auf 45,4 m2. WohnungsBestand 31.12.1994 WohnungsBestand 31.12.2000 WohnungsBestand 31.12.2008 Anstieg 1994 bis 2008 Anstieg 1994 bis 2008 in % Rehagen/Schäferdresch 1043 1073 1099 56 5% Bünningstedt 182 188 190 8 4% Hoisbüttel-Dorf 586 663 738 152 26% Summe Ortsteile im Achsenzwischenraum 1811 1924 2027 216 12% Lottbek 1289 1634 1813 524 41% Daheim/ Heimgarten 532 570 597 65 12% Summe Ortsteile in Ordnungs-/ Achsenraum 1821 2204 2410 589 32% Ammersbek gesamt 3632 4128 4437 805 22% Ortsteil Tab. 1: Wohnungsentwicklung in Ammersbek Der Wohnungsbestand in Ammersbek ist in den letzten 15 Jahren um über 22 % angestiegen, während die Bevölkerung im gleichen Zeitraum nur um 7,5% zunahm. 2. Demografische Entwicklung Abb. 1: Einwohnerentwicklung in Ammersbek bis 2008 (Daten: Statistikamt Nord) Die Bevölkerungszunahme schwächt sich seit 2002 ab. Von 2008 bis 2025 wird für Ammersbek durch Geburtenrückgang und Abnahme der Zuzüge ein Einwohnerrückgang um 4,5% prognostiziert (Abb.5). In Stormarn dagegen steigt die Bevölkerung bis 2015 oder 2020 noch leicht an, der Zuwachs konzentriert sich auf zentrale Orte mit Schulen, Arbeits- und Ausbildungsplätzen, Autobahn- und Bahnanschlüssen. Abb. 4: Bevölkerungsstrukturentwicklung nach Altersgruppen in Ammersbek 1990 bis 2008 Auch die Bevölkerungsstruktur ändert sich. Insbesondere wird es einen deutlichen Rückgang der 30 bis 45-Jährigen und einen hohen Anstieg der über 75-Jährigen geben. Dies senkt den allgemeinen Bedarf an Einfamilienhäusern. Die Einwohnerentwicklung von Ammersbek von 1990 bis Ende 2008 zeigt die für Stormarn erwartete Entwicklung schon als Tendenz. 3. Wohnungsmarktprognosen Abb. 5: Einwohnerentwicklung bis 2025 ohne (A) und mit Bevölkerungsrückgang (B) sowie korrespondierende Wohnungsentwicklung (untere Kurve). Ammersbek und seine Nachbarkommunen erhöhten in den 90er Jahren mit zahlreichen neuen Wohnbaugebieten in kurzer Zeit die Einwohnerzahl. 94% der Kommunen Schleswig-Holsteins versuchten bis 2005 durch Bauland für Ein- und Zweifamilienhäuser ihre Bevölkerung zu halten und warben konkurrierend um junge Familien. Die Ausweisung vieler großer Baugebiete führte laut Investitionsbank zu einem Überangebot an Neubauparzellen. Als besonders problematisch sieht sie das immer größere Angebot an Gebrauchteinzelhäusern der Baujahre 1950 bis 1970, die umso schwerer verkäuflich sind, je mehr Neubauten in derselben Gemeinde angeboten werden. Der Neubaubedarf, der in den 90er Jahren hoch war, aber seit 2004 zurück geht, wird laut Wohnbedarfsprognose des Innenministeriums ab 2010 weiter abnehmen. Auch Hamburg, das seit 2001 mit seiner Baupolitik dem Abwandern seiner Bürger in das Umland entgegen wirkt, auch mit Neubaugebieten in Ammersbeks Nachbarschaft, wird nach neuen Prognosen ab 2020 nicht mehr wachsen, so dass weniger Menschen ins Umland drängen. Die Bertelsmannstiftung nimmt für 2025 rund 8900 Einwohner in Ammersbek an (4,5% Schrumpfung gegenüber 2008). Für die Wohnungsentwicklung ergibt sich bis 2025 aber trotzdem ein örtlicher Neubaubedarf von 10 Wohnungen (Abb. 5, Trendvariante B), hervorgerufen durch die Zunahme der Ein- und Zwei-Personenhaushalte. Verliefe die Bevölkerungsentwicklung in Ammersbek ohne Schrumpfung weiter wie seit 1990, ergäbe sich ein örtlicher Neubaubedarf von 210 Wohnungen. Konsequenzen Die bisherige auf Wachstum ausgerichtete Entwicklung kann sich nicht fortsetzen, da sich ab 2015 oder 2020 auch in der bisherigen Wachstumsregion Stormarn der Bevölkerungsrückgang bemerkbar macht. Bereits heute ist eine sensible Planung unumgänglich, wenn attraktive Wohnbedingungen langfristig aufrecht erhalten werden sollen und Infrastrukturkosten dabei auf weniger Schultern verteilt werden müssen. Ammersbek muss sich die Frage stellen, ob mit mehr Wohnungsbau zukünftig mehr Einwohner zu gewinnen sind. Die Einwohnervorausberechnungen und die Konzentration der Bevölkerungszunahme Stormarns auf Mittel- und Unterzentren deuten darauf hin, dass für Ammersbek sogar Anstrengungen notwendig sein würden, die Zahl der Einwohner in etwa auf dem Niveau von 2001 bis 2004 zu halten. Sinkt die Zahl der Bevölkerung, hilft es nicht, wenn die Orte in Konkurrenz untereinander immer mehr Wohnraum ausweisen. Notwendig ist dagegen die Steigerung der Attraktivität des vorhandenen Wohnraums und des Wohnumfeldes für Familien. Kommunen müssen auch rechtzeitig auf den Anstieg der Bevölkerungsanteile im Seniorenalter reagieren und Wohnraum, altengerecht und/oder betreut, für Senioren schaffen. Altengerechter Wohnraum zum selbstbetimmten Wohnen muss in fußläufiger Entfernung (Richtwert in Ahrensburg: bis 800m Umkreis) von Bahn- oder BusStationen, Ärzten und Einkaufsmöglichkeiten geschaffen werden. Eine weitere Notwendigkeit ist die Bestandsförderung, weil der zukünftige Bedarf verstärkt über bestehenden, aber modernisierten Wohnraum gedeckt werden muss. Fachleute befürchten ab 2020 im Hamburger Umland viele leer stehende ältere Häuser im Siedlungskern, weil die Neubauten des Siedlungsrandes attraktiver sind. Vor dem Hintergrund der sinkenden Nachfrage kann der örtliche Wohnbaubedarf in Ammersbek bis 2025 mit folgendem Nachverdichtungspotenzial gedeckt werden: • • • • • • Unbebaute, aber bebaubare Flächen im Innenbereich Umwandlung von (Gebäude)brachen (Flächenkonversion) Schließung von Baulücken Erhöhung der Grund- und Geschossflächenbegrenzung in B-Plänen Bauen in zweiter Baureihe und Teilung großer Grundstücke Sanierung und Neubau im Bestand Zusätzliche Wohnbauflächen im Außenbereich sind entbehrlich. Neue Baugebiete im Außenbereich würden zu Leerständen im Siedlungskern und damit zu Werteverfall und Senkung der Wohnattraktivität führen, aber auch zu vermeidbaren Investitionen für Infrastruktur. Wohnungsentwicklung in den Ortsteilen Die Ortsteile Hoisbüttel-Dorf, Rehagen/Schäferdresch und Bünningstedt liegen im sogen. Achsenzwischenraum, wo nach landesplanerischer Vorgabe bislang ein Entwicklungsrahmen für Wohnbebauung von maximal 10% zulässig war. Die Ortsteile Daheim/Heimgarten und Lottbek sind Siedlungsschwerpunkte, deshalb war die bauliche Entwicklung nicht begrenzt, und die Wohnbebauung nahm von Ende 1994 bis Ende 2008 in Lottbek um 41% und in Daheim/Heimgarten um 12 % zu. Abb. 6: Einwohnerentwicklung in den fünf Ammersbeker Ortsteilen Lottbek: Wegen seiner Bedeutung als Verkehrsanbindung zu Hamburg ist Lottbek seit 1973 „besonderer Siedlungsraum“ und hat sich stark entwickelt, mit Folgen wie Verkehrserhöhung, Flächenversiegelung und Landschaftsverbrauch, sowie eine resultierende Reduzierung der Wohn- und Lebensqualität für die Einwohner. Die Landesplanung gebietet, auch für dicht besiedelte Wohngebiete, Freiräume mit hoher Aufenthaltsqualität zu erhalten. Die weitere Entwicklung darf daher nicht mehr auf Kosten der Landschaft und ihrer Naherholungsfunktion, der Landwirtschaft und der Gesundheit der Bürger betrieben werden. Die Zahl der KFZ auf der L225 hat sich zwischen 1987 und 2007 um rd. 70 % erhöht. Sie wird sich in absehbarer Zeit, durch fortgesetzte großflächige Bautätigkeit in der Nachbarschaft von Ammersbek, weiter erhöhen. Allein wegen dieser Verkehrsbelastung kann in Lottbek keine unbegrenzte Wohnbauentwicklung mehr stattfinden. Fast 50 % der zukünftigen Bauentwicklung kann innerhalb der bestehenden B-Pläne stattfinden. In Bahnhofsnähe existieren noch immer große Freiflächen, die mit Mehrfamilienhäusern, insbes. für barrierefreies, altengerechtes Wohnen bebaut werden können. Im engeren Einzugsbereich des Bahnhofs wird eine verdichtete Bauweise empfohlen. Der große Anteil der Häuser aus den 50er bis 70er Jahren macht die Modernisierung und energetische Sanierung oder den Neubau notwendig, hierbei sind auch die Geschosswohnungen westlich der U-Bahn genauer zu betrachten. Aus dem Wunsch vieler Grundstücksbesitzer nach rückwärtiger Bebauung ergibt sich weiteres Flächenpotential für Einfamilienhäuser. Zusätzlich ist Konversion von Flächen denkbar (Beispiel Garagenhöfe). Unter den veränderten demografischen Bedingungen sind große Wohnbauflächenreserven nicht mehr notwendig, die Flächen um den Wolkenbarg und das „Erdbeerfeld“ sollen für die wohnortnahe Erholung und die Landwirtschaft gesichert werden. Die Begrenzung der Zersiedelung und die Erhaltung der Pferdeweiden bewahrt die besondere Attraktivität Lottbeks für Familien mit Kindern. Daheim/Heimgarten: Daheim/Heimgarten ist weitgehend bebaut. Eine Erweiterung des Wohnungsbestandes kann noch durch weitere Lückenschließung am Eschenweg stattfinden sowie durch einzelne Grundstücksteilungen. Entwicklung ist hier vor allem qualitativ durch schrittweise Modernisierung und energetische Sanierung oder Neubau des vorhandenen Bestandes an Einfamilienhäusern möglich. Hoisbüttel-Dorf: Hoisbüttel-Dorf verzeichnete durch seine Funktion als Verwaltungsund geografisches Zentrum Ammersbeks im vergangenen Planungszeitraum eine Erhöhung des Wohnungsbestandes um 26%. Hierbei gab es auch Erweiterungen über den ehemaligen Siedlungszusammenhang hinaus (z.B. Krüterblöcken). Siedlungsentwicklung soll im Planungszeitraum bis 2025 durch Verdichtung der Innenbereiche stattfinden, insbesondere im Bebauungsplan B 10 „Im Dorfe Hoisbüttel“. Berücksichtigt werden soll die Schonung des umgebenden, hauptsächlich landwirtschaftlich geprägten Landschaftsschutzgebietes, deshalb ist, wie bereits im auslaufenden Leitbild „Wohnungsbauentwicklung 2010“ festgelegt, weiterhin keine Neuinanspruchnahme von unverbauter Landschaft vorgesehen. Bünningstedt: Bünningstedt mit Steenhoop ist der einzige Ortsteil Ammersbeks, dessen ursprünglicher Dorfcharakter noch erkennbar und deshalb zu erhalten ist. Daher soll der örtliche Bedarf ausschließlich durch Lückenbebauung und durch Flächenkonversion (z. B. nicht mehr genutzte landwirtschaftliche Gebäude) gedeckt werden. Als Innenverdichtungsmaßnahme ist primär die sozial- und naturverträgliche Bebauung des Gebietes am Schneiderberg vorgesehen. Rehagen/Schäferdresch: Hier gilt die schon im alten Leitbild angestrebte Entwicklung innerhalb bestehender B-Pläne in Form von Nachverdichtung/Lückenbebauung unter intensiver Berücksichtigung der Belange der Bewohner und ihrer sozialräumlichen Ansprüche. Da der Ortsteil über zahlreiche sehr große Grundstücke verfügt, von deren Besitzern bereits Teilungswünsche vorgetragen wurden, besteht noch ein umfangreiches Verdichtungspotenzial durch Bebauung in zweiter Baureihe, durchaus auch im Zusammenhang mit Neubau oder Sanierung der alten Häuser in der ersten Baureihe. Auch einzelne Baulücken und Baufenster sind noch vorhanden. Fazit Ammersbek muss seine bauliche Entwicklung in Bezug auf Demografie, Kommunalfinanzen, Generationengerechtigkeit, Klimawandel, Hochwasserschutz, Boden- und Naturschutz den veränderten Voraussetzungen anpassen. Eine Zunahme von Haushalten ist in Ammersbek längerfristig nicht mehr zu erwarten, Reserven für großflächige Wohnbauentwicklung werden daher entbehrlich. Der demografische Abwärtstrend macht sich insbesondere in der Altersgruppe der Immobilienersterwerber und Familiengründer bemerkbar. Wohnungsbau über den nachweislich geringen Bedarf hinaus, bringt daher keine jungen Familien nach Ammersbek. Um die Gemeinde als attraktiven Wohnort wettbewerbsfähig zu erhalten, ist es deshalb unerlässlich, die spezifischen grünen Wohnumfeldqualitäten zu sichern. Wohnbaubedarf entsteht zukünftig hauptsächlich durch die Zunahme der Ein- und Zweipersonenhaushalte und durch die steigenden Wohnflächenansprüche des Einzelnen, ohne dass dies zu einer Erhöhung der Einwohnerzahl führt. Der Anteil an Einwohnern im Seniorenalter steigt überproportional an. Bei der Planung neuen Wohnraums müssen deren Ansprüche für selbstbestimmtes Wohnen im vertrauten Umfeld verstärkt berücksichtigt werden. Die Sanierung und Modernisierung von altem Wohnbestand oder Abriss und Neubau ist das zentrale Gebot des neuen Planungszeitraums, denn dies reduziert den Landschaftsverbrauch und mindert die Gefahr von Leerständen und Werteverfall. Der abnehmende Wohnbaubedarf kann, auch über den örtlichen Bedarf hinaus, mit den noch nicht realisierten Baupotenzialen bestehender B-Pläne und durch moderate Innenverdichtung gedeckt werden.