Bürgerinitiative Giftfreies-Gernsbach Stadtverwaltung und Gemeinderat Gernsbach Rathaus 76593 Gernsbach Gernsbach, den 07.06.2017 Sehr geehrte Damen und Herren, stellvertretend für die Bürgerinitiative Giftfreies-Gernsbach beantragen wir mit den eingereichten 2000 Unterschriften ein Bürgerbegehren zur Dekontaminierung des Pfleiderer Areals. Als Sprecher der Initiative stehen die folgenden Vertrauenspersonen zur Verfügung. • • • • Stefan Freundel, Uhlandstrasse 22, 76593 Gernsbach Frieder Kräuter, Haydnstrasse 11, 76593 Gernsbach Dieter Köhler, Friedrich-Abel-Strasse 27, 76593 Gernsbach Stefan Krieg, Baccarat-Strasse 68, 76593 Gernsbach I. Antrag Die Bürgerinitiative „Giftfreies Gernsbach“ will, dass der Gemeinderat der Stadt Gernsbach all seine zukünftigen Entscheidungen bezüglich des Pfleiderer Geländes dem Ziel unterordnet, das Areal zu dekontaminieren. Da dies bisher nicht der Fall war, beantragen wir einen Bürgerentscheid durchzuführen, der den Gemeinderat daraufhin verpflichtet. Den Gernsbacher Bürgern soll die nachfolgende Frage zur Entscheidung vorgelegt werden: „Ich möchte, dass das Pfleiderer-Gelände entgiftet (dekontaminiert) wird. Die Stadt Gernsbach soll hierzu alles Notwendige unternehmen, damit dieses Ziel erreicht werden kann.“ Ja ⃝ Nein ⃝ Seite 1 von 3 Bürgerinitiative Giftfreies-Gernsbach II. Begründung Die Firma Katz & Klumpp OHG imprägnierte etwa ab 1858 auf dem Pfleiderer Areal Holz Produkte mit Quecksilbersublimat, Steinkohlenteeröl, Arsen-haltigen Salzen und anderen umweltgefährdeten Substanzen. Mitte des 20. Jahrhunderts wurde diese Art der Holzbehandlung aufgegeben und ein Betonschwellenwerk errichtet. Im Rahmen des Standortumbaus gab es größere Erdbewegungen und der vergiftete Boden im Schadstoffzentrum wurde großflächig über das gesamte Areal verteilt. Ein von der Stadt Gernsbach in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten belegt, dass der jetzige Eigentümer des Grundstückes Rechtsnachfolger der Firma Katz & Klumpp OHG ist und damit für die Sanierung in Anspruch genommen werden kann. Verursacht durch das Inkrafttreten des Bundesbodenschutzgesetzes (BBodSchG) im Jahre 1998 wurden vom Umweltamt des Landratsamtes Rastatt eine Gefahrverdachtserkundung auf dem Gewerbegelände Pfleiderer eingeleitet. Hierbei ergab sich der Verdacht, dass der Boden und das Grundwasser weit über die Grenzwerte des BBodSchG verunreinigt sind. Die Firma Pfleiderer ließ darauf von einem Fachbüro (ARCADIS Consult GmbH) Untersuchungen durchführen und einen Sanierungsplan erarbeiten. Im April 2005 schloss das Umweltamt des Landratsamtes Rastatt eine mit Pfleiderer Infrastrukturtechnik GmbH & Co. KG abgestimmte und einvernehmliche „Vereinbarung“. Im Jahr 2009, als die Firmen LIDL und EDEKA den Optionskaufvertrag, den sie mit Pfleiderer 2004 abgeschlossen hatten, ließ Pfleiderer das Gelände von der Firma ARCADIS erneut untersuchen. Über 50 Bohrkerne wurden bis in den Felsuntergrund gesetzt und deren Schadstoffgehalt untersucht. Hierbei ergab sich, dass die gesetzlichen Grenzwerte bei den verschiedensten Giftstoffen, um über das Tausendfache überschritten, wurden. So beträgt z.B. der Grenzwert für Quecksilber in Wohngebieten 20 Milligramm pro KG Boden; im Schadstoffzentrum beträgt der gemessene Wert 14.000 Milligramm pro KG Boden. Selbst in Randbereichen befinden sich noch bis zu 1.600 Milligramm in den oberen Bodenbereichen. Seit einigen Jahren ist auch bekannt, dass der Felsuntergrund unterhalb des Pfleiderer Geländes nicht dicht, sondern brüchig ist. Damit kann Grundwasser versickern. Das vergiftete Grundwasser kann und entzieht sich damit der Entgiftung durch die Reinigungsanlage. Das von der Stadt 2016 um Stellungnahme gebetene Ökoinstitut Darmstadt kommt zum Ergebnis, dass die Dekontamination die richtige und auf Dauer billigste und nachhaltigste Lösung des Problems ist. Selbst bei Gefahrenabwehr, also das Gift bleibt für Jahrtausende vor Ort, muss die Vereinbarung (Sanierungsvereinbarung) aus 2005 in erheblichem Umfang nachgebessert werden. Die freiwillige Vereinbarung Umweltamt–Pfleiderer regelt nicht die Sanierung des Geländes, sondern ausdrücklich nur die Gefahrenabwehr. Die eigentliche Sanierung soll durch einen zukünftigen Investor erfolgen, der das Gelände kauft und bebaut. Anfänglich hat die Stadt Gernsbach eine Sanierung des Geländes gefordert. Da kein Investor dazu bereit war, nahm man die Forderung zurück und war mit einer Teilsanierung (Einhausung in ein Betonsilo) zufrieden. Als dies auch kein Investor erfüllen wollte, war die Stadt mit dem Verbleib der Giftstoffe auf dem Gelände einverstanden. Das Gift soll mit Parkplätzen überdeckelt und mit 2 Lebensmittelmärkten bebaut werden. An den Randbereichen soll das Gift durch Aufschüttungen von den Menschen ferngehalten werden. Über Jahrhunderte, wahrscheinlich sogar Jahrtausende, müsste das Grundwasser abgepumpt und gereinigt werden. Seite 2 von 3 Bürgerinitiative Giftfreies-Gernsbach Seit 20 Jahren gammelt das Giftproblem Pfleiderer vor sich her, geschehen ist nichts. Seit 1858 wirken die Umweltgifte des Pfleiderer-Areals auf die Umwelt und entfalten Gefahren für Mensch, Tier und Umwelt. Niemals wurde geprüft wie sich die Umweltgifte in den 150 Jahren auf andere Teile von Gernsbach auswirken. Weil Bürgermeister und Gemeinderat bisher nicht in der Lage waren das Problem zu lösen, soll der Bürger die Verantwortung übernehmen. Wir wollen, dass die Verantwortlichen des Umweltskandals zur Rechenschaft gezogen werden und das Gift wegkommt. Wir wollen keine Überdeckelung des Gifts durch Parkplätze, wir wollen keine 2 neue Lebensmittelmärkte. Es ist unverantwortlich über Tausende von Jahren unseren Nachkommen dieses Problem zu vererben. Es ist unverantwortlich unseren Kindern unkalkulierbare Risiken zu hinterlassen. III. Finanzielle Auswirkungen Zuständig für die Festlegung von Art und Umfang der Sanierung ist das Landratsamt Rastatt. Die Stadt Gernsbach muss auf die zuständige Behörde einwirken, dass die Anordnungen auf Dekontamination gegenüber dem Verursacher erlassen werden. Dazu bedarf es einer fachkundigen Rechtsvertretung und wissenschaftlichen Sachverstandes, der die notwendigen Sanierungsmaßnahmen formuliert. Umweltgutachten zur Formulierung des Sanierungszieles sind Aufgaben des Landratsamtes. Der Stadt Gernsbach entstehen hierbei keine Kosten. Die Kosten für die Stadt Gernsbach sind deshalb überschaubar. Sie dürften zwischen 20 und maximal 50.000 €, verteilt auf alle Instanzen, betragen. Die Kosten dürften beginnend ab 2017 anfallen und sich noch auf Folgejahre verteilen. Der Betrag 2017 kann aus den im Haushaltsplan auf mehrere Haushaltsstellen veranschlagten „Gerichts-, Anwalts-, Beratungs- und Prüfungskosten“ bestritten werden. Im Zweifel können auch die stark erhöhten veranschlagten Repräsentationskosten (40.000 €) für Deckung sorgen. Die notwendigen Mittel ab 2018 sind in den Haushaltsplan einzustellen. Wie die Erfahrungen aus den Rechenschaftsberichten der Vergangenheit zeigen, werden niemals alle im Verwaltungshaushalt veranschlagten Mittel benötigt, bleiben also übrig. Bei einem Volumen des Verwaltungshaushaltes von 41 Mio. € im Jahre 2017 sind dies mehr als Hunderttausend Euro. Desgleichen sind auch 2017 aufgrund der guten allgemeinen wirtschaftlichen Lage Steuermehreinnahmen zu erwarten. Auch diese Beträge können zur Finanzierung herangezogen werden. IV. Sonstiges Um die Kosten und den Aufwand für die Durchführung des Bürgerentscheides so gering wie möglich zu halten, sollte der Bürgerentscheid termingleich mit der Bundestagswahl stattfinden. Vertrauenspersonen der Bürgerinitiative Giftfreies Gernsbach: Stefan Freundel Uhlandstrasse 22 76593 Gernsbach Frieder Kräuter Haydnstrasse 11 76593 Gernsbach Dieter Köhler Friedrich-Abel-Str. 27 76593 Gernsbach Stefan Krieg Baccarat-Strasse 68 76593 Gernsbach Seite 3 von 3