9.3 Modellgussspezifische Planung

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Modellgussspezifische Planung
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9.3 Modellgussspezifische Planung
In Kap. 8 wurden bereits die Vorteile der starren Kopplung zwischen Sattel und Pfeilerzahn beschrieben. Diese
ist mit Doppelkronen sehr gut realisierbar, denn alle Anforderungen an ein Halte- und Stützelement werden
durch die zirkuläre Umfassung in idealer Weise erfüllt.
Für die Gussklammer gilt, dass es sich nur um eine
bedingt starre Lagerung handelt, da im retentiven Teil im
Grunde federnde Elemente am Prothesenhalt mit beteiligt sind. Sowohl das Halteelement als auch der Stützanteil sind gegenüber der Doppelkrone wesentlich kleiner
und graziler. Diese strukturbedingte Schwäche der
Klammer erfordert zum Ausgleich einen erhöhten Planungsaufwand. So kommt neben der Überlegung, wo die
Stützlinien verlaufen, bei der klammerverankerten Prothese hinzu, dass man bedenken muss, wie die sog. Haltelinien gelegt werden sollen und wo genau die Kavitäten für die Abstützungselemente präpariert werden.
Haltelinien
Während der Kaufunktion treten neben den Druckbeanspruchungen auch immer vertikale, abziehende Kräfte
auf, welche die Prothese vom Lager lösen können. Diesen
abziehenden Kräften müssen Haltekräfte entgegengesetzt werden. Für den Halt der Modellgussprothese sind
primär die Retentionsarme der Klammern zuständig, die
in die Infrawölbungen eingreifen. Ihre Retentionskraft,
d. h. die zur Aufbiegung notwendige Kraft, sollte 5 – 10 N
betragen, um einen schädigenden Einfluss auf den Zahnhalteapparat des Klammerzahns durch horizontale Kippungen bei Ein- und Ausgliederung zu vermeiden. Die
retentiven Klammerteile sind die direkten Halteelemente.
Die gedachten Verbindungslinien der retentiven
Klammeranteile bezeichnet man als Haltelinien.
Haltelinien sollen durch den Schwerpunkt der Prothese
verlaufen.
Nur wenn die Haltelinien durch die Prothese gehen, ist
eine optimale Sicherung der Prothese gegen abziehende
Kräfte möglich. Die retentiven Klammeranteile wirken
nämlich nur dann gegen abziehende Kräfte, wenn sie in
der Einschubrichtung gegen den prothetischen Äquator
geführt werden. Dies ist bei dem Beispiel der Abb. 9.10 a
nicht der Fall: Hierbei handelt es sich um eine KennedyKlasse I mit anteriorem Restgebiss. Die Prothese ist sattelnah abgestützt, mesial liegen bis auf die Transversalverbindung keine Prothesenanteile. Die Haltelinien liegen somit peripher zur Prothese, peripherer (in diesem
Fall mesialer) als die Stützlinie. Zugbelastungen auf die
Sättel führen nun dazu, dass die retentiven Anteile nicht
gegen den Äquator geführt werden, sondern nach marginal rotieren und die Prothese sich löst.
Die Haltelinie muss also verlagert werden. Dies ist
möglich, indem mesial der Haltelinie zusätzliche Prothesenteile (hier: bei anteriorem Restgebiss Klammern
mit Abstützungselementen) konstruiert werden, die da-
Abb. 9.10 a – e Bilaterale Freiendsituation:
Erläuterung der Kippmeiderfunktion.
a Bei reiner sattelnaher Abstützung ist die
Prothese nur schlecht gegen Zugbelastung geschützt (H = Haltelinie).
b Eine zusätzliche anteriore Klammer erfüllt in idealer Weise die Kippmeiderfunktion mit dem Nachteil der Gefahr
der Überkonstruktion.
c Der Kompromiss liegt bei der sattelfernen Abstützung am sattelnahen Pfeilerzahn.
d Im Diametral- und Diagonalfall liegt
durch die beidseitigen ausgedehnten
Sättel immer eine Kippmeiderfunktion
vor.
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Aus Pospiech, P.: Die prophylaktisch orientierte Versorgung mit Teilprothesen (ISBN 9783131269416) © 2001 Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart
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Die Klammer als Halte- und Stützelement
9 Theorie der Modellguss-Klammerprothese
durch die angreifende Abzugskraft umlenken und somit
eine Kippmeiderfunktion bekommen (Abb. 9.10 b). Die
retentiven Anteile der sattelnahen Klammer werden somit gegen den Äquator geführt und können mit ihrer
ganzen Retentionskraft wirken.
Eine ebenfalls häufig beschriebene Alternative, um
Überkonstruktionen zu vermeiden, ist in Abb. 9.10 c dargestellt: Eine sattelferne Abstützung am sattelnahen Pfeiler als Regellösung, vorausgesetzt dass der Zahn eine hohe prothetische Wertigkeit hat. Bei Zähnen mit eingeschränkter Wertigkeit und fraglicher Prognose sollte
aber besser ein zusätzliches Halte- und Stützelement
konstruiert werden.
Diese Probleme treten nicht auf, wenn auf beiden Seiten Prothesensättel notwendig sind, z. B. bei einem zusätzlichen Frontzahnersatz. Wie das Beispiel zeigt,
bräuchten dann für die Haltefunktion sogar keine Auflagen vorhanden zu sein (Abb. 9.10 d): Mesial wie distal
befinden sich Prothesensättel. Wird der mesiale Sattel
auf Zug beansprucht, wird der Retentionsarm der handgebogenen Klammer wirksam gegen den Äquator geführt. Dies wäre bei einem alleinigen distalen Sattel und
dessen Zugbeanspruchung nicht der Fall. Hier aber wirkt
bei Zug auf den distalen Sattel der mesiale Prothesenkörper als Kippmeider: Er stoppt die Zugbewegung,
lenkt die Hebelverhältnisse um und die Klammer wirkt
retentiv, da sie wieder gegen die Suprawölbung des
Äquators geführt wird. Es sei hier aber noch einmal ausdrücklich betont, dass Klammern ohne Abstützungselement nur im Diagonal- oder Diametralfall indiziert sind
und in ihrer Indikation dem Resilienzteleskop entsprechen.
Lage der Kavitäten
für die Abstützungselemente
Aus dem oben Dargelegten ergeben sich auch die Richtlinien für die Planung der Lage der Kavitäten für Stützelemente:
쐌 Zunächst muss das größtmögliche dentale Unterstützungsfeld gesucht werden.
쐌 Unter Berücksichtigung der Wertigkeit der potenziellen Pfeiler und des Gesamtgebisses muss die Anzahl
der Klammerzähne festgelegt werden.
쐌 Zum Schluss wird entschieden, ob bei vorhandenen
Freiendsätteln sattelfern am sattelnahen Pfeiler abgestützt werden muss oder ob bereits andere Kippmeiderelemente durch die Planung entstanden sind.
Sattelferne oder sattelnahe Abstützung
Die Frage, ob sattelfern oder sattelnah abgestützt werden sollte, stellt sich primär dann, wenn eine Freiendsituation ohne zusätzlichen Frontzahnersatz vorliegt,
denn dann gilt es, zusätzlich eine Kippmeiderfunktion
zu integrieren, die bei einem anterioren Sattel bereits
automatisch vorhanden wäre. Auch bei diesem Konstruktionsdetail muss die Gesamtwertigkeit des Restgebisses mit Zähnen, Alveolarfortsatz und Schleimhäuten
berücksichtigt werden. So spielt neben dem Ort und der
Größe der Lasteinleitung ja auch die Länge des Freiendsattels eine Rolle (s. Abb. 8.24): Ein langer Sattel sinkt bei
sonst gleichen Verhältnissen weniger ein als ein kurzer,
d. h. – umgekehrt gedacht – dass er mehr Kraft aufnehmen kann.
So bietet die sattelferne Abstützung am sattelnahen
Pfeiler den Vorteil einer sparsamen Konstruktion. Nachteilig sind aber die größeren Freiheitsgrade des Sattels,
der zusätzliche, parodontalhygienisch ungünstig verlaufende kleine Verbinder und die stärkere mesiale Randeinlagerung des Sattels mit höherer Belastung des Alveolarfortsatzes.
Bei sattelnaher Abstützung hingegen ist kein zusätzlicher kleiner Verbinder notwendig und die Klammerkonstruktion ist einfach und übersichtlich. Zudem wird
durch die distale Abstützung am Zahn eine mesiale
Randeinsenkung des Sattels vermieden. Als nachteilig
werden allerdings eine stärkere Distalkippung des Pfeilers und auch die mangelhafte Kippmeiderfunktion bei
Zugbelastung der Prothese angesehen.
Böning empfiehlt deshalb aus seinen Untersuchungen folgernd die Lösung mit einer modifizierten Ringklammer, bei der sowohl ein mesiales als auch ein distales Abstützungselement vorgesehen wird, eine gute körperliche Fassung vorhanden ist und die Kippmeiderfunktion ebenfalls abgedeckt wird.
Anhand der Vielzahl der Einflussfaktoren wird auch
wiederum deutlich, dass es nicht so einfach ist, eine gut
funktionierende Modellgussprothese zu konstruieren.
Als Beispiele seien noch einmal 3 Fälle angeführt
(Abb. 9.11), die alle ihre Berechtigung haben, aber eben
stark von den anatomisch-physiologischen Gegebenheiten abhängig sind. Deshalb kann die Planung einer Modellgussprothese nicht vom Zahntechniker alleine
durchgeführt werden. Diese ist primär Aufgabe des
Zahnarztes, die er im Idealfall im kollegialen Gespräch
mit dem Zahntechniker zu lösen versucht.
Klammern und Frontzähne
Die Klammerverankerung an Frontzähnen ist meistens
eine schlechte Kompromisslösung. Einerseits ist eine
schlechtere Abstützungsmöglichkeit durch die Zahnanatomie bedingt: Der sich nach inzisal verjüngende
Zahn mit den kaum vorhandenen horizontalen Flächen
bietet sehr wenig Möglichkeit, um eine optimale axiale
Krafteinleitung zu erzielen. Deshalb muss die Anlage einer Kavität für das Stützelement sehr sorgfältig erfolgen.
Wenn noch ein Tuberkulum vorhanden ist, kann man die
bereits beschriebene bumerangförmige Kavitätenform
erreichen. Bei sehr flacher, tuberkulumloser Oralfläche
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Grenzen der Modellgussprothese
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wird man häufig nur noch ein Plateau präparieren können. In diesen Fällen bietet sich auch die inzisale Fassung
an, wobei dies naturgemäß ästhetische Beeinträchtigungen mit sich bringt. Dennoch darf auf eine Abstützung
nicht verzichtet werden.
Dasselbe gilt für die körperliche Fassung des Zahnes,
die wenigstens 180⬚ betragen muss. Der Zahn darf keine
Chance haben, sich aus der Klammer „herauswinden“ zu
können, um einem einseitigen Druck auszuweichen.
Klammern ohne körperliche Fassung wirken als kieferorthopädisches Gerät und sind ohne Indikation. Somit
ergeben sich für Frontzahnklammern meistens ästhetische Probleme, die bei der Anfertigung einer Modellgussprothese aber in Kauf genommen werden müssen.
Mit dem Patienten muss dies ausdrücklich und eindeu-
tig besprochen werden, um keine falschen Illusionen zu
wecken.
Klammerzähne müssen körperlich gefasst werden.
Beim Ersatz eines Einzelzahnes kann besser ganz auf eine
Belastung der der Lücke benachbarten Zähne verzichtet
werden. In diesen Fällen wird nur ein Zahn auf einem Basisbestandteil befestigt. Günstig sind naturgemäß solche
Situationen, in denen eine übermäßige Belastung nicht
erwartet wird. Dies sind z. B. Fälle mit knappem bis gar
keinem vertikalen Überbiss bzw. einem großen horizontalen Überbiss mit großer sagittaler Stufe.
9.4 Grenzen der Modellgussprothese
Einschränkungen bei der Klammerplanung
Einschränkungen bei der Indikation
Die Grenzen einer problemlosen Klammeranlage sind
erreicht, wenn es trotz sorgfältiger Vermessung der Modelle nicht gelingt, überall gleichmäßige Unterschnittsbereiche zu definieren. Teilweise muss man dann die
entsprechenden Korrekturen entweder durch subtraktive oder – wenn dies nicht realisierbar ist – auch durch
additive Maßnahmen durchführen. Ist eine Überkronung angezeigt, sollte dann aber der Schritt zum Teleskop gemacht werden, wenn es für den Patienten irgendwie erschwinglich ist. Die Anfertigung einer neuen Krone mit Verblendung und Klammeranlage ist mindestens
genauso aufwändig wie ein Zylinderteleskop, passt dabei längst nicht so gut und hat weiterhin die der Klammer inhärenten Schwächen in Stabilität und Ästhetik.
Wenn die Kieferrelation geändert werden muss, sind reine Modellgussprothesen nicht mehr indiziert. Die alleinige Klammeranlage ohne Korrektur der Zahnkontur
würde bei einer Bisshebung zwar die Sättel mit den Zähnen in Kontakt bringen, aber zumindest die Pfeilerzähne
hätten dann keinerlei Okklusionskontakt mehr. Statt einer Überkronung der betreffenden Zähne und der Planung einer Klammer ist bei solchen Fällen und umfangreichen Maßnahmen immer an eine Doppelkronenkonstruktion zu denken. Damit wird eine Lösung erzielt, die
alle Optionen auch für spätere Problemstellungen (Erweiterung, Extraktion etc.) offen hält.
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Abb. 9.11 a – c Konstruktionsmöglichkeiten zur Verankerung von Freiendsätteln.
a Modifizierte Ringklammer.
b Bonwill-Klammer.
c Back-Action-Klammer.
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