PRODUKTREPORT Modellieren und trocknen der Keramik mit heisser Luft SCHICHT UM SCHICHT ZUM ERFOLG Ein Beitrag von Paul Giezendanner, Sarnen/Schweiz Seit nahezu 30 Jahren verfolgt der Autor ein immer gleiches Anwendungskonzept wenn es um die Reproduktion von naturidentischen keramischen Verblendungen geht. Der Erfolg soll nicht davon abhängig gemacht werden ob als Trägerelement Metall, Zirkon, Alu-Oxyd oder ein feuerfester Stumpf Verwendung findet. Nach Meinung des Autors sind die meisten im Angebot stehenden Keramiksortimente, von welchem Hersteller auch immer, so variantenreich aufgebaut, dass sie den Möglichkeiten des Anwenders kaum Grenzen setzen. Er zeigt hier, wie man mit Hilfe der richtigen Anmischflüssigkeit, einer ausgeklügelten Schichtungsphilosophie und einem speziellen Heissluftgerät naturgetreue, ästhetische Arbeiten herstellen kann. Es ist der Mensch, der das Limit vorgibt, selten die Keramik. Daher sollten wir versuchen, durch die routinemässige Anwendung eines Verarbeitungskonzepts den Standard zu perfektionieren und dabei die persönlichen Fähigkeiten permanent zu verbessern. Die Schichtungsphilosophie des Autors wird seit Jahren erfolgreich auf den verschiedensten Trägerelementen (Metall, Zirkon, Alu-Oxyd, feuerfesten Stümpfen) angewandt und ist demzufolge auch nicht vom verwendeten Material abhängig. Durch eine jahrelange Erfahrung, Weiterentwicklung und Optimierung des Handlings konnte die heute praktizierte Form dieser Schichttechnik perfektioniert werden. Um diese Technik umsetzen zu können, sind allerdings verschiedene Aspekte zu berücksichtigen. Beherrscht man diese Schichttechnik, wodurch das Licht variantenreich reflektiert wird und damit eine keramische Restauration zum Leben erweckt, ist dies ein Teil des Erfolgs bei der Herstellung von ästhetisch hochwertigem, festsitzendem Zahnersatz. Der Zahntechniker muss also imstande sein, die keramischen Massen so aufeinander zu legen, dass eine klare Trennung auch nach dem Brand erhalten bleibt. Das Verarbeitungskonzept besteht im Wesentlichen aus drei Elementen. Der Autor hat sich hierbei vor allem mit der Anmischflüssigkeit, einem Heissluftgerät und der speziellen Schichtungsphilosophie befasst (Abb. 1 bis 3). Doch zuerst einmal wollen wir die Besonderheiten des Heissluftgerätes genauer betrachten. Das Heissluftgerät Seit nahezu 30 Jahren und praktisch unverändert steht es damals wie heute im Mittelpunkt der Schichttechnik – das Heissluftgerät – frei nach dem Motto „Never change a win- 2 Swiss Dental Community – 1. Jahrgang 2/08 Abb. 1 Heissluftgerät (nach P. Giezendanner) Abb. 3 Schichtungsphilosophie (nach P. Giezendanner) Abb. 2 Anmischflüssigkeit (nach P. Giezendanner) PRODUKTREPORT Abb. 4 Bei beiden Brennproben handelt es sich um ClearMassen. Hier sieht man wie unterschiedlich die Brennergebnisse ausfallen können Abb. 5 Mit der Schichttechnik nach P. Giezendanner erreicht man ein homogenes Brandergebniss Abb. 6 Die konventionell geschichtete Keramik kann inhomogen erscheinen und mit Luft durchsetzt sein (schwarze Punkte), wodurch sie trübe erscheint Abb. 7 Die Objekte werden auf dem Brenngutträger in der Trocknungskammer des Heissluftgerätes bis zur vollständigen Trocknung belassen ning team!“. Dennoch ist das Gerät keinesfalls vergleichbar mit dem vielgeliebten Haarfön, der an vielen keramischen Arbeitsplätzen seinen Dienst tut. Dem ist bei weitem nicht so. Das in unserem Verarbeitungskonzept eingebundene Heissluftgerät hat mit einem Haarfön in etwa so viel zu tun wie ein Formel 1 Rennwagen mit einem normalen Auto. Zugegebenermassen kann man mit beiden Fahrzeugen von A nach B fahren die Frage stellt sich aber nach dem „Wie“. erreicht man, dass sich die darauf folgenden keramischen Massen mit der zuvor aufgetragenen Masse nicht vermischen. Es muss der Schichtkeramik zugestanden werden langsam und vollständig auf dem Brenngutträger zu trocknen. Unkontrolliertes Verdampfen der verwendeten Flüssigkeit, welcher Art auch immer, kann die aufgebauten Mikrostrukturen innerhalb der Keramik zerstören und eine Trübung nach dem Brennprozess verursachen (Abb. 4 bis 6). Der Haarfön produziert eine Menge warmer Luft, wirbelt jedoch dabei viel Staub auf, wodurch er für das Schichten von Keramik nicht unbedingt geeignet ist. Papiertücher zum Absaugen der überschüssigen Flüssigkeit zum Beispiel sind genau so ungeeignet, da sie zu Verformungen des Aufbaus oder zum Zerfall der Schichtungsstrukturen führen können. Der Zweck des Heissluftgeräts besteht darin während des Schichtungsprozesses die Keramik über eine Luftaustrittsdüse mit extrem heisser Luft und niedrigem Luftdruck zu verdichten und lediglich die Oberfläche anzutrocknen. Somit Um das zu verhindern, wird das geschichtete Objekt mit dem Brenngutträger in die eigens dafür vorgesehene Trocknungskammer des Heissluftgeräts gestellt (Abb. 7). Während die Objekte in der Kammer langsam und schonend trocknen, kann an der Luftaustriebsdüse des Geräts bereits die nächste Arbeit in Angriff genommen werden. Normalerweise wird für den Trocknungsprozess der Werkstücke der offene Brennofen verwendet, was aber den logistischen Ablaufprozess der Arbeit stört und den Brennofen unnötig besetzt. 1. Jahrgang 2/08 – Swiss Dental Community 3 PRODUKTREPORT Abb. 8 Schon am Randbereich des Wassertropfens ist die grosse Oberflächenspannung vom Wasser ersichtlich 9 8 Abb. 9 Luft wird unvermeidlich im Wasser gebunden 10 Abb. 10 Bei der Modellierflüssigkeit von P. Giezendanner sind keine Lufteinschlüsse zu erkennen 11 Abb. 11 Stark reduzierte Oberflächenspannung 12 Abb. 12 Schlechtes Brandergebnis mit Wasser 13 Abb. 13 Gutes Brandergebnis mit der Spezialflüssigkeit von P. Giezendanner Die Anmischflüssigkeit Bei der Verarbeitung keramischer Verblendmaterialien werden oftmals schon beim Anmischen und bei der Auswahl der Anmischflüssigkeiten unbeabsichtigt Fehler begangen, die sich beträchtlich auf das ästhetische Erscheinungsbild der gebrannten Arbeit auswirken. Was wir brauchen ist eine Flüssigkeit welche die Oberflächenspannung des Wassers reduziert und die Verarbeitungszeit verlängert. Dadurch wird beim Anmischen der Keramik weniger Luft in die Masse eingebunden, die Viskosität erhöht, die Geschmeidigkeit der angemischten Keramik verbessert und das Austrocknen der Objekte verhindert (Abb. 8 bis 11). Grundsätzlich sollte nicht mit Wasser gearbeitet werden, da reines Wasser eine zu grosse Oberflächenspannung hat und Luft bindet, wodurch unter anderem ein viskoses und homogenes Auftragen erschwert wird, es zu Lufteinschlüssen in der Keramik kommt und das Erscheinungsbild trübt (Abb. 12 und 13). Über die Langzeitmodellierbarkeit der besonderen Flüssigkeit wird die „Versprödung“ während des Schichtungsprozesses verhindert was die Rissbildung, die oft schon beim Entfernen der Objekte aus dem Arbeitsmodell provoziert wird, praktisch auf Null reduziert. Die additive Modellierbarkeit erleichtert das Gestalten von natürlich wirkenden Zahnformen und Okklusio- 4 Swiss Dental Community – 1. Jahrgang 2/08 nen bereits im keramischen Schichtungsprozess. Gerade bei dem Einsatz dieser speziellen Flüssigkeit ist es unerlässlich, dass das fertige Werkstück langsam und schonend im Heissluftgerät getrocknet wird. Sonst kann das gerade aufgebaute keramische Material explosionsartig vom Gerüst abspringt. Schichtungsphilosophie Die optischen Effekte des natürlichen vitalen Zahns sind von vielen Faktoren, wie zum Beispiel der Reflektion und der Lichtdurchlässigkeit (Opazität oder Tranluzenz) abhängig. Natürliche Zähne lassen einfallendes Licht hindurch und reflektieren es an den Grenzen zwischen den Schichten sowie den unterschiedlichen Zahnhartsubstanzen. Unsere Aufgabe besteht nun darin, mit einem von der Zahnsubstanz völlig unterschiedlichen Material einen naturnahen Eindruck zu erschaffen. Dafür ist es notwendig, sich mit der zur Verfügung stehenden Keramikmasse intensiv auseinander zu setzen. Mit Hilfe des vom Autor entwickelten Anwendungskonzepts ist es möglich, die keramischen Massen so aufeinander zu schichten, dass das einfallende Licht möglichst variantenreich reflektiert, gebrochen, hindurch gelassen oder transportiert wird. PRODUKTREPORT Abb. 14 und 15 Unterkieferzähne mit Metallkeramikkornen zu restaurieren, bedeutet schon alleine wegen der reduzierten Dimensionen immer eine Herausforderung 16 17 Abb. 16 und 17 Das Heissluftgerät nach P. Giezendanner Ziel des Verarbeitungskonzepts ist es, Zahnersatz mit ästhetischen und optischen Eigenschaften ähnlich denen des natürlichen Zahns herzustellen (Abb. 14 und 15). Resümee Zusammenfassend lassen sich die Vorteile des Heissluftgeräts wie folgt beschreiben (Abb. 16 und 17): K Mit dem Heissluftgerät lassen sich keramische Schichten in ihrer Stärke und Position präzise und definiert erarbeiten, wodurch das Reflektionsverhalten der verblendeten Krone erhöht und das natürliche Erscheinungsbild der Krone verbessert wird K Der Ofen wird für das effektive Brennen freigehalten und nicht durch das Trocknen der Objekte blockiert K Der Einsatz einer speziellen Langzeitflüssigkeit ist ein Eckpfeiler im Anwendungskonzept und dank des Heissluftgeräts unproblematisch K Die Keramik wird langsam und kontinuierlich getrocknet, wodurch Trübungen durch ein unkontrolliertes Verdampfen der Anmischflüssigkeit verhindert, die Brillanz der Verblendung erhöht, Rissbildungen minimiert und das Schrumpfungsverhalten verbessert wird K Der logistische Ablauf während des Schichtungsprozesses wird optimiert und die Effizienz gesteigert Die verbesserte Ästhetik, die multifunktionale Anwendung des Gerätes und die Effizienzsteigerung sollten genug Argumente für die finanzielle Investition in dieses Anwendungskonzept liefern. Der Beweis, dass das Anwendungskonzept auf völlig unterschiedlichen Trägergerüsten auch wirklich funktioniert, sowie Erklärungen zur Schichttechnik, werden in einer der nächsten Ausgabe der „Swiss Dental Community” erscheinen. Hier zeigt der Autor anhand verschiedener Arbeiten, wie er mit Hilfe seines Anwendungskonzeptes zu einem natürlich ästhetischen Ergebnis kommt. K Zur Person Paul Giezendanner betreibt seit 1980 ein zahntechnisches Labor in Sarnen/Obwalden in der Schweiz. Das Labor ist Mitglied der „dental excellence – international laboratory group“ und hat sich keiner Spezialisierung unterworfen. Zitat von Paul Giezendanner: „Nur wer die Gesamtheit der Probleme auf sich wirken lässt ist in der Lage im Einzelfall die gesammelten Erfahrungen anzuwenden und umzusetzen.“ Im Weiteren ist Paul Giezendanner als Referent und Kursleiter tätig und zeigt sich als Autor verantwortlich für diverse Publikationen in mehreren Fachzeitschriften. Kontaktadresse Giezendanner Dentaltechnik • Paul Giezendanner • Poststrasse 5 • 6060 Sarnen Fon +41 41 6603938 • Fax +41 41 6686 72 • www.giezendanner-dental.ch 1. Jahrgang 2/08 – Swiss Dental Community 5