4 Das Emotionale Feld: Entwicklung und Arbeitsabläufe

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Das Emotionale Feld:
Entwicklung und Arbeitsabläufe
Der Einstieg in die Entwicklung des Emotionalen Feldes geschieht durch szenische Imagination. Dabei stellen sich die Patienten nach Möglichkeit mit geschlossenen Augen eine problematische Szene vor, die sie in ihrem Alltag erlebt
haben. Aus Sicht der Kognitionspsychologie ähnelt dies der Erfahrung einer
Wahrnehmung, ereignet sich aber in Abwesenheit eines dazu passenden externen Stimulus (Kosslyn et al. 2006).
Imagination ist kein Vorgang, der in Isolation vom Körper geschieht. Die
meisten Forscher stimmen heute darin überein, dass die neuralen Prozesse, die
den multimodalen Wahrnehmungen zugrunde liegen, auch bei der Imagination
aktiv werden (Kosslyn et al. 2006). Imaginationsleistungen bedienen sich nicht
nur des motorischen Systems, sondern beziehen – genauso wie dies beim Wahrnehmen und Erkennen geschieht – den ganzen Körper mit ein. Die Imagination
lässt sich somit angemessen nur aus der Perspektive des Embodiment verstehen
und nimmt eine Schlüsselstellung innerhalb vieler Formen mentaler Simulation
ein (Barsalou 2008; Moulton u. Kosslyn 2009).
Die zweite Form der Emotionsaktivierung – sie ist in der gegenwärtigen Therapiepraxis neuartig – repräsentiert die Embodiment-Perspektive in geradezu
klassischer Weise. Es handelt sich dabei um die Darstellung der Emotionen mithilfe des Körpers. Dies ist günstig, wenn Patienten nicht über einen ausreichenden emotionalen Erfahrungsschatz verfügen, z. B. weil sie solche Emotionen systematisch vermeiden.
Unsere Embodiment-Techniken setzen nicht voraus, dass sich die Patienten in
entsprechende Vorstellungen, z. B. eine Beerdigung, hineinversetzen, damit eine
spezifische Emotion, wie z. B. Trauer, induziert wird. Dies hat den Vorteil, dass
nicht noch zusätzlich Nebenschauplätze aktiviert werden. Das willkürliche Herstellen von Körperhaltungen, Gesichtsausdrücken und Atemmustern reicht zu
diesem Zweck schon aus. In Kapitel 3 haben wir die entsprechenden »Emotionsmuster« beschrieben.
Bei unserem Vorgehen geschieht emotionale Aktivierung also auf zweierlei
Weise:
durch szenische Imagination und
yy
durch Einsetzen der Emotionsmuster, deren Embodiment-Techniken in Kayy
pitel 3 beschrieben sind.
Die eigentliche Arbeit im Emotionalen Feld ist in sieben Schritte gegliedert. Innerhalb dieser Schrittfolge kommen verhaltenstherapeutische Prinzipien der
Aufmerksamkeitslenkung, der Exposition und des Diskriminationslernens zur
Anwendung (▶ Abb. 4-1).
Hauke, Dall’Occhio: Emotionale Aktivierungstherapie (EAT) . ISBN: 978-3-7945-3067-0. © Schattauer GmbH
4 Das Emotionale Feld: Entwicklung und Arbeitsabläufe
Vorbereitung
Schritt I: Aufmerksamkeitslenkung
Schritt II: Exposition
Klinische Daten
Überlebensstrategie
Achtsamkeit und Körperfokus
Auswahl und Aktivierung
des Erlebens
einer Problemsituation
Schritt III: Diskrimination,
Exposition
Entwickeln des Emotionalen
Feldes
Schritt IV: Diskrimination
Unterscheiden primärer und
sekundärer Emotionen
Schritt V: Exposition
Schritt VI: Diskrimination,
Exposition
Schritt VII: Regulation
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Vertiefen der Arbeit mit
primären Emotionen
Vertrautwerden mit weiteren
Emotionen im Feld
Emotional Mastery
Abb. 4-1 Stufen der Emotionalen Aktivierungstherapie (EAT). Links die Prinzipien, die im
jeweiligen therapeutischen Schritt im Vordergrund stehen.
Die Patienten sollen lernen, die Fülle ihrer Gefühle gerade in problematischen
Situationen wahrzunehmen und zu benennen. Im unmittelbaren Erleben erfahren sie die Wirkungen primärer und sekundärer Emotionen sowie die Vielfalt
weiterer beteiligter Emotionen. Voraussetzung dafür ist das Aushalten unangenehmer bzw. oft vermiedener Gefühle. Weiterhin muss erlebt werden, wie sich
unterschiedliche Handlungsimpulse diverser Emotionen »anfühlen«, damit
auch ihr Kernthema zuverlässig erkannt werden kann. Im letzten Schritt geht es
um die Verbindung von Emotionen und Zielsetzungen. Das »Meistern von
Emotionen« (emotional mastery) umschreibt hier die Fähigkeit, Emotionen
funktional für das Entwickeln und Erreichen persönlicher Ziele in der behandelten Problemsituation einsetzen zu können.
Hauke, Dall’Occhio: Emotionale Aktivierungstherapie (EAT) . ISBN: 978-3-7945-3067-0. © Schattauer GmbH
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