Einflussfaktoren, Motivation und Anreize zum Rauschtrinken

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Risikoverhalten und Risikolagen
junger Frauen und Männer
- am Beispiel des Rauschtrinkens Vortrag von Florian Beulich im Rahmen der
BIBB/ DJI Tagung „Neue Jugend? Neue Ausbildung?“
am 29.10.2009
Darin: Einige Ergebnisse aus dem Forschungsprojekt
„Einflussfaktoren, Motivation und Anreize zum
Rauschtrinken bei Jugendlichen“
(im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit)
Workshop 1: Ausgangsfrage
Wie gut sind Jugendliche auf die
(neuen) Herausforderungen in der
heutigen Gesellschaft vorbereitet?
Risiken des Aufwachsens…
• Erhöhte Entwicklungsanforderungen:
– Verwirrende Vielfalt von Entwicklungsoptionen
– Pluralität von Werten
– Hohe Leistungsanforderungen der Berufswelt
Insb. biographische Übergänge bedeuten
große Herausforderungen/ Risiken
• Mangelnde Orientierungshilfe durch
Erwachsene („Erziehungsunsicherheit“)
Jugendliche sind mehr auf sich selbst
gestellt!
…und riskantes Verhalten
• Statistische Untersuchungen (KiGGS,
BZgA, HBSC, ESPAD) belegen hohe
Prävalenzen riskanter Verhaltensweisen
bei jungen Menschen
• Insb. hinsichtlich Alkoholkonsum bzw.
„binge drinking“
…und riskantes Verhalten
Entwicklungspsychologische Perspektive:
• Riskantes Verhalten ist „normaler“ Bestandteil
kindlicher und jugendlicher Entwicklung
• Es ist funktional für die Bewältigung
verschiedener Entwicklungsanforderungen
• Insb. „Räusche“ eignen sich hervorragend für
identitätsstiftende Grenzerfahrungen und zur
Gemeinschaftsbildung (subjekt. Perspektive)
Perspektivwechsel „Risiko“
• „Risiko“ erfährt in der Gesellschaft
ambivalente Bedeutungen
– Problematisierung vs. Notwendigkeit
Risiken einzugehen
• Riskantes Verhalten als „Normalität“ in
der „Erwachsenenwelt“ stellt auch eine
Integrationsanforderung dar!
Zum Forschungsdesign
Theoretische Ausgangspunkte:
• Akteursperspektive: Jugendliche als
Handelnde
• Subjektive Sinnhaftigkeit dieses
Handelns
• Erst über die Rekonstruktion dieses
subjektiven Sinns ist ein Zugang zum
Phänomen des Rauschtrinkens möglich
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Anliegen 1:
„…einseitige Problematisierung und
Idealisierung zu vermeiden, um
differenzierte Bilder zeichnen zu
können, die den Einzelfällen gerecht
werden“ (Holzwarth 2007:53)
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Anliegen 2:
Einen realistischen Zugang zum
Rauschtrinken zu finden, der das
Trinken in den lebensweltlichen
Zusammenhängen der Jugendlichen
belässt, und es in diesen Kontexten
versucht zu begreifen
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Anliegen 3:
Einen Zugang zu finden, der die bereits
existierende Forschung zu „Jugend und
Rauschtrinken“ (KiGGS-Studie, HBSCStudie (WHO), ESPAD-Studie,
Drogenaffinitätsstudie der BZgA) um
qualitative Daten ergänzt.
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Forschungsdesign und Datenerhebung
• Leitfadengestützte qualitative Interviews:
– 3 ExpertInnen der Mobilen Jugendarbeit
– Je 15 rauscherfahrene Mädchen und Jungen
• Variationsbreite des Samples:
–
–
–
–
Ländlicher bzw. mittel- und großstädtischer Raum
Alter 12-17J.
Schultypen: HS, RS, Gym., BVJ, BS)
Mit und ohne Migrationshintergrund
Interviewsituation und -strategie
• Hohe Motivation/ Bereitschaft (!) der
angefragten Jugendlichen, an einem solchen
Interview teilzunehmen
• Offene, vertrauensvolle Gespräche
• Narrativer Einstieg und Vertiefungsfragen und
nachfolgend u.a. lösungsorientierte Fragen
(z.B. nach Ausnahmen, Interventionsmustern)
• Gesprächsdauer: 45 - 120 min.
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Datenanalyse
Auswertung nach der Grounded
Theory (Glaser/Strauss)
Konzentration auf:
• Bewältigungsmuster/ Lösungsansätze
• Präventionsvorstellungen
• Genderaspekte
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Ergebnisse: Jugendkultur
Rauschtrinken als jugendkulturelles
Phänomen:
• Bedeutung der Gruppe
• Entwicklung einer Vielzahl von Regeln
und Ritualen
• Inszenierungen
• Sozialräumliche Aneignungsprozesse
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Ergebnisse: Motivationen
Motivationen zum Rauschtrinken:
• Spaß haben
• Enthemmung
• „Frustsaufen“
• Aggressionssteigerung/ Immunisierung
Ergebnisse: Intentionen
Das Motiv des kontrollierten
Kontrollverlusts
Dabei ist die zentrale Intention
die Minimierung negativer Konsequenzen
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Ergebnisse: Bewältigungsmuster
–
–
–
–
–
–
–
Austarieren des Konsums („nicht übertreiben“)
Delegieren von Verantwortung (Aufpassen)
Umorientieren (anderes wird wichtiger)
Normalisieren („die Erwachsenen trinken ja auch“)
Anerkennung organisieren („viel vertragen“)
Distanzierung („es geht auch ohne Alkohol“)
Hilferufe („ich schaff das nicht alleine“)
Subjektperspektive
Subjektive
Standorte
Bewältigungsmuster
Intentionen
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Zusammenfassung/ Fazit
• Risiko- und Bewältigungsverhalten
• Gruppe als Risiko- und Schutzraum
zugleich
• Unterscheidung von „normaler“ bzw.
gelingender Bewältigung und
„maladaptiven“ Verhaltensweisen
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Gesundheitswissenschaftliche
Perspektive
a) Kinder und Jugendliche als gesundheitliche
‚Seismografen’
„Sie spiegeln in ihrer Befindlichkeit die sozialen,
ökonomischen, ökologischen, kulturellen und politischen
Befindlichkeiten der ganzen Gesellschaft wider. Sie zeigen
uns spontan und unverstellt, wie ihre Lebenswelt und
Umwelt auf sie wirken und wo sie diese Umwelt
herausfordert und überfordert“ (Kolip u. a. 1995, 16).
b) Rauschtrinken als Versuch Kohärenz
herzustellen (→ Salutogenese-Konzept)
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Jugendkulturelle Perspektive
• Rausch-Erfahrungen stehen für den
‚freien Fluss’ in der Phase des
Übergangs von der Kindheit zum
individuellen Lebensprojekt.
• Sie haben zentrale Bedeutung sowohl
für die eigene Identitätsentwicklung als
auch für die soziale Integration
(Gruppe).
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Leitthese
Jugendliche müssen u.a. Risiken
eingehen bzw. sich „riskant verhalten“,
um Risikokompetenz zu erlangen.
Diskussion
• Wie risikokompetent sind Jugendliche
wirklich?
• Wo brauchen sie Unterstützung und wie
kann diese aussehen?
→ Wie können Jugendliche im Speziellen darin
unterstützt werden, innerhalb heutiger
Herausforderungen Kohärenzgefühl zu
entwickeln?
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