1 Photo- und Magnetobiologie 12 Für Lebewesen aus allen 5 Reichen der Organismen ist nachgewiesen worden, dass sie in der Lage sind, auf schwache magnetische Felder wie z.B. das Erdmagnetfeld (25 – 75 µT) zu reagieren. Abgesehen vom Ferrimagnetismus, der für die Magnetosomen-vermittelte Magnetotaxis von Bakterien verantwortlich ist, gibt es weitere Mechanismen der Magnetrezeption, die sich grob in drei Typen einteilen lassen: (i) (ii) (iii) Radikalpaar-Mechanismus Ion-Cyclotron-Resonanz-Mechanismus; Ion-Interferenz-Mechanismus Kohärenz-Mechanismus Radikalpaar-Mechanismus Kommen zwei Radikale für eine „kurze“ Zeit in enge räumliche Nachbarschaft, bilden sie ein Radikalpaar, in der eine Spinkopplung der beiden freien Elektronen vorliegt. Dies hat zur Folge, dass dem Radikalpaar entweder ein Singulett (= antiparallele Spins) oder aber ein Triplett-Zustand (= parallele Spins) zugeschrieben werden kann. Eine Voraussetzung für das Zustandekommen eines Radikalpaars ist, dass zumindest eins der beiden Radikale hyperfeine Kopplung zeigt. Hyperfeine Kopplung bedeutet, dass sich das Kernmagnetfeld und das magnetische Moment des Elektrons gegenseitig beeinflussen. Hyperfeine Interaktionen beeinflussen S? T Übergänge (= Systemübergang = intersystem crossing = ISC). Externe magnetische Felder beeinflussen ebenfalls S? T Übergänge. Mechanismen der Radikalpaarbildung A–B C+D E–H + F ? [A• B•] ? [C •+ D•– ] ? [E• F–H•] homolytische Spaltung eines Donors mit Eifachbindung Elektronentransfer, Radikalkationen und Radikalanionen intermolekularer Wasserstofftransfer Spinkonservierung (Wigner’s conservation rule) [A• B•] Da sich die beiden Elektronen der Einfachbindung A–B im Singulettzustand befinden, muss sich das entstehende Radikalpaar ebenfalls im Singulettzustand befinden. [C•+ D•– ] Befindet sich eins der beiden Donormoleküle im Triplettzustand, entsteht ein Radikalpaar im Tripletzustand. A–B ? S T ? T C+D Verbotene Prozesse T [A• B•] T • [E F–H•] ? A–B ? E–H + F Kovalente Bindungen sind stets im Singulettzus tand. Die Elektronen der A–B und E–H Bindungen müssen antiparallel sein (= Singulett) [C •+ D•– ] S •+ •– [C D ] T •+ •– [C D ] ? TC + D ? C + TD ? C+D In Elektrontransferprozessen werden zwar keine Bindungen erstellt, dennoch müssen die Spins erhalten bleiben. S 2 Entstehung eines Radikalpaares mit kationischen und anionischen Radikalen Abb. 1. Radikalpaarbildung am Beispiel einer Reaktion mit intermolekularem Elektronentransfer, d.h. Bildung von Radikalkationen und Radikalanionen. ISC = intersystem crossing (Systemübergang). B = magnetische Flussdichte. Hier wurde ein Beispiel gewählt, bei dem Singulett-Sauerstoff (1 O2 ) gebildet werden kann. Bei anderen Radikalpaaren muss das natürlich nicht unbedingt der Fall sein. Das Donormolekül besteht zunächst im Grundzustand (S0 ); nach Energiezufuhr (E) geht es in den ersten angeregten Singulettzustand (S1 ) über. Der Doppelpfeil deutet an, dass die Radikalpaare zwischen dem Singulett- und Tripplettzustand pendeln; dies geschieht im Nanosekundenbereich. Das Prinzip der Radikalpaarbildung und Radikalpaarzerfalls wird am Beispiel eines Elektronentransferprozesses erläutert. Weitere Beispiele finden sich in den Abb. 7-10. Das Donormolekül A–B geht nach Energiezufuhr in den angeregten Zustand über und bildet vom S1 -Zustand aus ein Radikalpaar, das zunächst im Singulettzustand existiert (Wigner’s conservation rule). Unter dem Einfluss der sehr schwachen Magnetfelder der Atomkerne (= hyperfeine Kopplung) kommt es zu Systemübergängen zwischen den Singulett- und Triple ttRadikalpaaren (spin flip). Ohne externes Magnetfeld sind die Energieniveaus der Triplettzustände minimal aufgespalten (degeneriert). In Gegegenwart von einem externen Magnetfeld kommt es zu einer Aufspaltung der Energieniveaus (= Zeeman-Effekt): 25% der Moleküle besitzen parallele Elektronenspins, die antiparallel zu den Magnetfeldlinien verlaufen (= T+1 ), während 25% parallel zu ihnen verlaufen und aus diesem Grund energetisch niedriger liegen (= T-1 ); 50% der Population haben Elektronenpaare mit antiparallelen Spins (T0 ). Die Singulett- und Triplett-Radikalpaare besitzen eine begrenzte Lebensdauer, die weitgehend von der Umgebung und den externen Magnetfeldern bestimmt wird. In Lösung sind Radikalpaare extrem instabil und kurzlebig; in Proteindomainen können sie aber unter Umständen relativ langlebeig sein und Halbwertszeiten von einigen hundert µs erreichen. 3 Zusammenhang zwischen Lebensdauer der Radikalpaare und Magnetfeldstärke Generell gilt folgende Regel: Je kurzlebiger die Radikalpaare sind, desto stärkere Magnetfelder werden benötigt, um das Gleichgewicht zwischen Singulett- und Triplett-Radikalpaaren zu verschieben. Liegt die Halbwertszeit von Radikalpaaren im Bereich von etwa 10 – 100 µs, kann bereits das schwache Erdmagnetfeld (25 – 75 µT) das Singulett-Triplett- mixing beeinflussen. Die Radikalpaare, die in den photosynthetischen Reaktionszentren von Bakterien und Pflanzen auftreten, sind so kurzlebig, dass das Erdmagnetfeld die Radikalpaare und somit die Photosyntheserate unmöglich beeinflussen können. Radikalpaare und Folgeprodukte Radikalpaare im Singulett- und Tripplettzustand haben verschiedene Schicksale, zeigen verschiedene Kinetiken und können unterschiedliche Folgeprodukte hervorbringen. Eins dieser Produkte kann eine biologische Reaktion auslösen; dabei ist zunächst irrelevant, ob ein Singulett- oder aber ein Triplett-Produkt die biologsche Reaktion auslöst. Ein Beispiel ist in Abb. 1 dargestellt. Eine nahe liegende Möglichkeit besteht z.B. darin, dass die Radikalpaare wieder das Ausgangsmolekül bilden (= Rekombination). Ohne externes Magnetfeld geschieht die Rekombination schneller vom Singulett-Radikalpaar als vom Triplett-Radikalpaar. Dies liegt daran, dass wegen des Zeeman- Effektes 50% der Moleküle (d.h. T+1 und T-1 ) nicht an der Rekombination teilhaben können, denn diese geschieht stets von T0 -Zustand aus (Abb. 1). Ein externes Magnetfeld bewirkt daher, dass effektiv weniger Moleküle an der Rekombination teilnehmen (sie werden quasi aus dem Verkehr gezogen). Experimentell kann das in dem System in Abb. 1 folgendermassen nachgewiesen werden: Das Triplett-Radikalpaar rekombiniert zu 1 A–B, indem es zunächst 3 A–B bildet, das mit Triplett-Sauerstoff (3 O2 ) reagiert und Singulett-Sauerstoff (1 O2 ) bildet. (Der molekulare Sauerstoff, den wir atmen, ist TriplettSauerstoff – eine grosse Ausnahme in der Natur.) Man kann die Rate der Singulett-Sauerstoffbildung messen, und findet, dass die Rate in Gegenwart eines Magnetfeldes sinkt, aber nicht den Wert = 0 annimmt. Der hier beschriebene Prozess läuft zum Beispiel im photosynthetischen Reaktionszentrum ab. Nach Lichtanregung entsteht das Radikalpaar S[Chl•+ PheoChl•-], das unter Einfluss eines externen Magnetfeldes das Singulett- Triplett- mixing je nach Stärke des Feldes mehr in Richtung Singulett- oder aber Triplettzustand verschiebt: S [Chl•+ PheoChl•-]? T [Chl•+ PheoChl•-]. Allerdings sind sehr starke Magnetfelder für diesen Effekt erforderlich, die mehrere Größenordnungen stärker als das Erdmagnetfeld sind. Das kT-Paradox Die thermische Energie eines frei beweglichen Atoms oder Moleküls beträgt 3/2 kT (bei Raumtemperatur etwa 10-21 J; k = Boltzmann-Konstante, T = absolute Temperatur in K). Damit ein physikalischer Reiz eine physikalische oder chemische Reaktion auslöst, muss er daher den Wert von kT überschreiten. Normalerweise ist dies in der Biologie auch der Fall. Z.B. überschreitet die Energie eines Photons, das von Rhodopsin absorbiert wird, kT um mehrere Grössenordnungen. In der Magnetbiolo gie gibt es ein ganz zentrales Problem, das unter dem Namen „kT-Paradox“ bekannt ist. Es besagt, dass der Energieinhalt des Erdmagnetfeldes oder auch stärkerer Felder in einem gegebenen Volumen um viele Grössenordnungen kleiner ist als der entsprechende thermische Energiegehalt. Da Magnetrezeption im Erdmagnetfeld aber eine unbestreitbare Tatsache ist, müssen physikalische Theorien der Magnetorezeption eine Erklärung für das kT-Paradox bereit halten. Für die Radikalpaartheorie ist dies in der Tat der Fall, weil das vom Magnetfeld beeinflusste Singulett-Triplett-mixing (Abb. 1-9) ein temperatuunabhängiger Prozess ist. 4 Das „kT Paradox“ erscheint nur deshalb als paradox, weil es normalerweise in verkürzter Form dargestellt wird. Damit ein schwaches Magnetfeld Singulett-Triplett-mixing weit unterhalb von kT beeinflussen kann, muss zunächst ein Radikalpaar generiert werden. Hierfür braucht man aber Energien, die über kT liegen. In den hier diskutierten Bispielen wird die Energie in Form von Photonen geliefert, deren Energieinhalt weit über kT liegt. Natürlich lassen sich zahlreiche andere Radikalpaare auch ohne Photonen generieren; aber auch in diesen Fällen braucht man dafür Energien, die deutlich über kT liegen. Worin besteht die magnetische Primärre aktion? Eine Konsequenz der Tatsache, dass magnetische Felder unterhalb der kT-Schwelle wirksam sind, ist, dass sie selber keine chemischen Reaktionen initiieren können. Chemische Reaktionen werden durch relativ große Energiebeträge ausgelöst, die in den Abb. 1 und 5-9 durch die senkrechten Pfeile dargestellt werden, die den Übergang von S0 nach S1 symbolisieren. Die Energiebeträge, die notwendig sind, um chemische Reaktionen zu initiieren können entweder in Form von thermischer Energie oder aber von Photonen geliefert werden. In Abb. 7 ist z.B. dargestellt, wie ein Photon der Wellenlänge 450 nm das Chromophor FAD in den angeregten Singulett-Zustand bringt ( S0 FAD ? S1 FAD*), von dem aus dann eine Reduktion erfolgt. Man spricht in diesem Fall davon, dass die photochemische Primärreaktion eine Photoreduktion ist. Der Energiebetrag des Photons (E = h c/λ) übersteigt um ein Vielfaches den Betrag von kT. Ein Magnetfeld könnte niemals eine solche chemische Primärreaktion in Gang setzen, weil die Energie des Magnetfeldes etwa 7 Grössenordnungen unter kT liegt. Alles, was das Magnetfeld bewirken kann, ist eine Verschiebung des Gleichgewichts zwischen Singulett- und Triplettzuständen. Weil aber die in Abb. 1 und 3-6 dargestellten Singulett- und Triplettzustände verschiedene Folgeprodukte hervorbringen, macht sich das Magnetfeld dadurch bemerkbar, dass es die Ausbeute für verschiedene Folgeprodukte beeinflusst. Eins der Folgeprodukte, sei es nun ein Singulett- oder alternativ ein Triplettprodukt, muss eine biologische Reaktion auslösen. Vom theoretischen Standpunkt ist es dabei zunächst gleichgültig, welches der beiden Produkte die biologische Reaktion auslöst. Das Bedeutsame an dem beschriebenen Mechanismus ist, dass Magnetfelder die Spinzustände der Radikalpaare beeinflussen, obwohl diese durch die thermische Energie der Umgebung permanent robuste Zusammenstöße erfahren (Brownsche Molekularbewegung). Man spricht daher von einer thermischen Entkopplung der magnetfeldbeeinflussten Spinzustände. Lebensdauer von Radikalpaaren Schwache magnetische Felder verursachen S ? T Interkonversion mit einer Frequenz von (γB0 /2π): B0 = magnetische Flussdichte, γ = gyromagnetisches Verhältnis des Elektrons (es gilt: µ = γ L; µ = magnetisches Dipolmoment eines magnetischen Kreisels, L = Drehimpuls eines magnetischen Kreisels). Die charakteristische Zeit für diesen Prozess ist daher: τST = (γB0 /2π )-1 ≈ 40.000/B 0 (Gl. 1) wobei τ ST in Nanosekunden und B0 in µT angegeben werden. Damit ein schwaches magnetisches Feld die Rekombinationsrate eines Radikalpaares beeinflussen kann, darf das Paar nicht schneller als τ ST rekombinieren oder gar weg diffundieren, denn dann könnten keine Folgeprodukte gebildet werden, die den biologischen Prozess auslösen (siehe oben). Die Zeitkonstanten für Rekombination, (kS)-1 und (kT )-1 (Abb. 6), dürfen daher nicht kleiner als τST 5 sein. Für magnetische Felder in der Größenordnung von 100 µT beträgt τ ST etwa 400 ns. Das Problem besteht nun darin, dass kleine Radikale in nicht-viskosen Medien bereits in 10 ns fort diffundieren. Damit schwache magnetische Felder einen biologischen Effekt erzielen können, muss also dafür gesorgt werden, dass man die Zeitspanne für ein Zusammentreffen von Radikalen erhöht. Dies kann auf verschiedene Weisen erreicht werden, z.B. (i) dadurch, dass eine Diffusion des Radikalpaars unterbunden wird und die Rekombination nicht allzu schnell ist, wie z.B. bei Elektronentransferprozessen in Proteinen (Abb. 6 und 7); (ii) dadurch, dass die Diffusion der Radikale unterbunden wird, z.B. weil sie an ein Protein oder eine Mizelle gebunden sind, (iii) dadurch, dass starke Coulomb-Kräfte geladene Radikale zusammen halten (Abb. 6). Dosisabhängigkeit: Ausbeute an Singulettzuständen und freien Radikalen Die Konversionsrate zwischen Singulett- und Triplett-Zuständen hängt von der ZeemanInteraktion ab. In einem Magnetfeld kommt es zu einer Aufspaltung der Energieniveaus (Absorptionslinien) (Zeeman-Effekt) (Abb. 2). Die Energiedifferent ∆E zwischen zwei Energiezuständen ist gegeben durch ∆E = g µ B B (Gl. 2) wobei g der Landé-Faktor (liegt zwischen 1 und 2; für freie Radikale ~ 2), B die magnetische Flussdichte und µ B das Bohr-Magneton (9.274 x 10-24 J T-1 ) ist. Das Bohr-Magneton ist das magnetisches Moment des Elektrons auf der innersten Bahn des Wasserstoff- Atoms und damit das kleinstes magnetisches Moment. Sein Wert beträgt: Der Drehimpuls des Elektrons ist . Die Energieunterschiede ∆E (Gl. 2) sind größenordnungsmäßig millionen mal kleiner als die Energie des Zustandes selbs und tausend mal kleiner als kT (300 K). Die Lebenszeiten und Spindynamik (spin flip) sind von der magnetischen Flussdichte abhängig und können bis zu einigen µs dauern. ISC (intersystem crossing = Systemübergang) wird ausserdem von der hyperfeinen Kopplung des MF mit den magnetischen Momenten der Kerne bestimmt. Radikalpaare im Singulett- oder Triplettzustand können rekombinieren (Abb. 1) oder aber zu freien Radikalen zerfallen, die ihrerseits weitere Folgereaktionen nach sich ziehen können (nicht dargestellt auf Abb. 1 und 5-9). Die Ausbeuten an Singulettzuständen und Radikalen hängen ganz kritisch von der magnetischen Flussdichte ab und zeigen eine komplexe Dosisabhängigkeit. Bei schwachen Feldern, die sich im Bereich der hyperfeinen Kopplung bewegen, kommt es zu einer Verminderung der Ausbeute an Singulett-Radikalpaaren; bei Erhöhung der magnetischen Flussdichte erhöht sich dagegen die Ausbeute (Abb. 3). Da sich die freien Radikale erhöhen, wenn sich die Singulett-Radikalpaare erniedrigen, ist die Kurve für die Dosisabhängigkeit von freien Radikalen (Abb. 4) gegenläufig zu der Kurve für die Ausbeute der Singulettzustände (Abb. 3). Schwache magnetische Felder beschleunigen die S? T Interkonversion und vergrößern so die Ausbeute an freien Radikalen. Starke Felder haben dagegen einen entgegengesetzten Effekt, d.h. die Ausbeute an freien Radikalen nimmt 6 wieder ab (Abb. 4). Die Begriffe „schwach“ und „stark“ sind relative Angaben, die immer auf die hyperfeinen Interaktionen zu beziehen sind (= Faktor a in Abb. 3). Für langlebige Radikalpaare kann ein schwaches magnetisches Feld Effekte in der Größenordnung von 10% – 40% erzielen. energy T+1 hyperfine interaction BAC T0 S degenerate: Zeeman splitting: spin flip of spin flip of S, T0, T+1, T-1 S and T0 BAC effect : spin flip of S, T0, T+1, T-1 T-1 magnetic flux density Abb. 2. Spinzustände in Abhängigkeit der magnetischen Flussdichte. Oberhalb der hyperfeinen Kopplung kommt es zu Zeeman-Aufspaltung. T+1 und T-1 können in diesem Bereich nicht an der S-T-Interkonversion und Rekombination teilnehmen. Unterhalb der hyperfeinen Kopplung (Interaktion) ist das System „degeneriert“ und alle vier Spinzustände, S, T0 , T+1 und T-1 , sind an der Spininterkonversion beteiligt (s. Abb. 1). Magnetische Wechselfelder BAC können allerdings Spinflip ermöglichen. Je nachdem, ob die magnetische Primärreaktion, die den biologischen Effekt auslöst, an den Singulettzustand oder den Triplettzusatnd bzw. an freie Radikale gekoppelt ist, können DosisResponse-Kurven den Kurvenverläufen in Abb. 3 (Singulett) oder aber in Abb. 4 (Triplettzustand und freie Radikale) ähneln. Allerdings muss an dieser Stelle betont werden, dass die Literatur momentan (Stand 2007) keine konkreten Hinweise gibt, weil DosisResponse-Kurven fehlen. 7 Abb. 3 Ausbeute an Singulett-Radikalpaaren in Abhängigkeit der magnetischen Flussdichte, die als Vielfaches a, der hyperfeinen Interaktion, dargestellt ist. LFE = low-field effect; ‚normal’ MFE = normale Magneteffecte im mT-Bereich (= Vielfaches des geomagnetischen Feldes). LFE können im Bereich des geomagnetischen Feldes sein. (nach Timmel und Henbest, 2003) free radical yield B 0 ~ hyperfine coupling low field effect S T interconversion 100 – 1000 µT ~ 3 – 30 MHz magnetic flux density, B0 modified after Hore 2003 Abb. 4. Abhängigkeit der Bildung freier Radikale von der magnetischen Flussdichte. Die Kurve verläuft gegenläufig zu der Ausbeute an Singulett-Radikalpaaren in Abb. 2: fällt diese, steigt entsprechend die Ausbeute an Folgeprodukten, da die freien Radikale aus Radikalpaaren entstehn. Schwache Felder erhöhen die Ausbeute an Radikalen, stärkere Felder erniedrigen sie. 8 S1FAD* + Trp e- ISC + + H rec om bin ati on 1 [FADH? hν B>0 Trp? ] 3[FADH ? 1products Trp? ] 3products biological effector S0 FAD Abb. 5. Radikalpaarbildung in Cryptochrom. Lichtinduzierter Elektronen- und Protonentransfer. TRP = Tryptophanrest des Apoproteins. FAD = Chromophore in Dunkelheit. Der Elektronen- und Protonendonor ist nicht bekannt (könnte z.B. NADH2 oder Methenyltetrahydrofolat (s. Abb. 6) sein). ISC = intersystem crossing (= Systemübergang). B = magnetische Flussdichte. Das Singulettradikalpaar kann via Rekombination direkt zum Grundzustand des FAD zurückkehren oder aber andere Singulettprodukte bilden. near-UV 2 Fl 2 FlH2 near-UV e blu PtH2 blu e, r ed Pt , UV arne PtH4 2 FlH. Galland & Tölle 2003 biological reactions Abb. 6. Photorezeptormodell für den Blaulichtrezeptor von Phycomyces. Das Flavinsemichinonradikal repräsentiert das biologische Effektormolekül. PTH4 = Redoxpartner, vermutlich Methenyltetrahydrofolat, der Protonen und Elektronen überträgt. 9 In-vivo Nachweis für die Existenz eines Radikalpaar-Mechanismus’ Der Spin- flip der Radikalpaare geschieht auf der Zeitskala von Nanosekunden. Das ISC kann daher durch magnetische Wechselfelder zerstört werden, die mit den Radikalpaaren in Resonanz sind. Dies geschieht durch die Einstrahlung von langwelligen elektromagnetischen Wellen, die Frequenzen von 0.1 bis 10 MHz besitzen (cm – m- Bereich). Voraussetzung für die inhibitorische Wirksamkeit dieser Strahlung ist, dass die elektromagnetischen Wellen die „richtige“ Orientierung zu den magnetischen Diplolen des Radikalpaares besitzen. Mit dieser Methode konnte man zeigen, dass in Rotkehlchen die Magnetorientierung über einen Radikalpaarmechanismus verlaufen muss. Im Auge der Rotkehlchen und anderen magnetsensitiven Zugvögeln sind Cryptochrome in der Retina lokalisiert, die nach Lichtanregung Radikalpaare bilden (Abb. 5, 6), die mit Erdmagnetfeld interagieren. Die Überlagerung mit langwelliger elektromagnetischer Strahlung zerstört die Interaktion mit den Radikalpaaren und bewirkt dadurch eine Desorientierung der Vögel. Würde die Magnetorientierung der Vögel auf einem Magnetit-basierten Mechanismus beruhen, würde die langwellige Strahlung keinen Effekt zeigen. Abb. 7. Magetische Wechselfelder (elektromagnetische Wellen im m-Bereich) können die magnetische Orientierung von Rotkehlchen inhibieren. Das Rotkehlchen sitzt in einem Trichter. Graue dicke Pfeile = geomagnetische Feldlinien (Frankfurt, Inklination = 70º). Wellenlinie: Breitband (0.1 - 10 MHz) oder Einzelfrequenz (7.0 MHz) magnetisches Wechselfeld. Die magnetischen Wechselfelder sind in Resonanz mit dem CryptochromRadikalpaar des Magnetrezeptors und interferieren mit der Singulett-Triplett-Interkonversion. Daher kommt es zu einer Desorientierung der Vögel, s. Abb. 5. Ritz et al. (2004) Nature 429, 177-180. 10 generation of a radical pair by photolysis S1[A-B] ISC energy T [A-B] T [A? ?B] hν products MF S[A? ?B] n ciatio disso n binatio recom S0A-B products‘‘ modified after Grissom 1995 Abb. 8. Bildung eines Radikalpaares durch Photolyse. Durch Homolyse (dissociation) entsteht ein Singulett-Radikalpaar. SP +A generation of a radical pair by light-induced electron transfer ele c tran tron sfe r energy S [P?+ A?- ] T [P?+ A?-] hν MF kT kS P TP modified after Hore 2003 Abb. 9. Bildung eines Radikalpaares durch lichtinduzierten Elektronentransfer 11 radical pair mechanism (A) 1 [A A-B .B.] ISC mf product 1 P* +B hν 1 [A+ 3 [A .B.] product‘‘ (B) .B-.] ISC mf 3 [A+ .B-.] P 1 FAD* hν + AH2 1 [FADH rc (C) . AH.] ISC 3[FADH . . AH ] mf FAD primary reaction ISC = intersystem crossing mf = magnetic field rc = recombination Abb. 10. Verschiedene Mechanismen der Bildung von Radikalpaaren. 12 B12 ethanolamine ammonia lyase Harkins and Grissom 1994 Abb. 11. Effekt starker magnetische Felder auf die Aktivität der B12-EthanolaminAmmonium- lyase, ein Beispiel für einen Radikalpaarmechanismus.