Entscheidungen im 16. Jahrhundert 1. Martin Luther – Die neue Lehre

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Entscheidungen im 16. Jahrhundert
1. Martin Luther – Die neue Lehre
Ein Film von Massimo Sani & Enzio Pecora
Beitrag: S. Demmelhuber, V. Eklkofer, E. Glaser, H. Lauffer, K. Tjaden, W. Stadtmüller
Inhalt
Luthers Ablassagitation
Luthers Veröffentlichung seiner 95 Thesen gegen
den Ablasshandel am 31. Oktober 1517 gilt als
Beginn der Reformation. Ob der Mönch, der seit
1513 Bibelexegese an der Universität Wittenberg
lehrte, seine Thesen tatsächlich an der Wittenberger Schlosskirche anschlug, ist umstritten und
vielleicht auf eine missverstandene Überlieferung zurückzuführen. In jedem Fall versandte er
seine Kritik am Sündenfreikauf an Erzbischof Albrecht II. von Mainz. Dieser hatte dank üppiger
Finanzhilfen des Bankhauses Fugger zahlreiche
kirchliche Ämter angehäuft. Die Rückzahlung
des Kredites ermöglichte ihm der Papst höchstpersönlich, indem er den Verkauf von Ablässen
auf mehrere Jahre hin gestattete. Gegen diesen
Missstand wandte sich Luther und erwartete eigentlich eine akademische Disputation. Doch es
kam anders.
Luther unter Anklage
Der Dominikanerorden in Rom erhob Anklage
gegen Luther. Auf dem Reichstag von Augsburg
lehnte Luther 1518 einen Widerruf ab. Dass die
Zeit reif für Erneuerungen war zeigt die Tatsache, dass kurz nach Luther auch in der Schweiz
die Reformation begann. Das Zeitklima des Humanismus, die Erschütterung des tradierten
Weltbildes durch die Erkenntnisse des Kopernikus und die Entdeckung Amerikas bereiteten den
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Boden für solche Entwicklungen. Hinzu kam die
Erfindung des Buchdrucks durch Johannes Gutenberg, die erst die Vervielfältigung und weite
Verbreitung von Schriftgut möglich machte.
Luther geht in die Offensive
1520 veröffentlichte Luther drei reformatorische
Programmschriften:
•
"An den christlichen Adel deutscher Nation"
•
"Von der babylonischen Gefangenschaft der
Kirche"
•
"Von der Freiheit eines Christenmenschen"
Darin äußerte er die Forderung nach der wahren
Kirche als Gemeinschaft der Gleichgestellten
und Freien, nicht als der Gefangenen in einem
perfekten Herrschaftssystem, in dem die kirchliche Hierarchie alle Wahrheit und alles Heil vermittelt. Rom reagierte streng: Als der Augustinermönch sich nicht von seinen als ketzerisch eingestuften Sätzen distanzierte, wurde er exkommuniziert. Luther verbrannte die päpstliche Bulle,
die ihm den Bann androhte.
Der Reichstag zu Worms
1521 wurde Luther wurde unter dem Versprechen eines freien Geleits zum Reichstag nach
Worms zitiert, wo er am 18. April seinen großen
Auftritt hatte und den Widerruf seiner Lehre erneut verweigerte.
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Schulfernsehen
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Schon wenige Tage später verließ Luther Worms
wieder, da das sichere
Geleit nur noch drei Wochen gelten sollte. Während in Worms die Ächtung Luthers, die auch
die Verbrennung seiner Schriften beinhaltete,
vorbereitet wurde, griff der Landesherr des Reformators in das Geschehen ein. Kurfürst Friedrich III. der Weise von Sachsen ließ Luther auf
dem Heimweg ohne Vorwarnung kidnappen und
versteckte ihn unter dem Namen "Junker Jörg"
auf der Wartburg bei Eisenach. Das Wormser
Edikt vom 8. Mai 1521 gegen Luther und seine
Schriften blieb ohne Wirkung.
Die lutherische Lehre breitet sich aus
Auf der Wartburg begann Luther die Bibel ins
Deutsche zu übersetzen, 1534 waren die Arbeiten abgeschlossen. 1522 kehrte er nach Wittenberg zurück. Im Bauernkrieg 1524/25 stand er
auf Seiten des Adels. 1525 heiratete er die ehemalige Nonne Katharina von Bora. Luthers Lehre
breitete sich rasant aus, schon deshalb, weil sich
einflussreiche Fürsten dazu bekannten. Die Anhänger der Reformation nannte man Protestanten. Ein blutiger konfessioneller Konflikt begann.
Luthers Lehre entstand in der
Auseinandersetzung mit der alten Kirche
Innerhalb der Lehrtradition galt, dass der Mensch
durch gute Werke an seinem Heil mitwirken könne. Dagegen setzte Luther seine Auffassung von
der Rechtfertigung: Allein die Gnade Gottes verhelfe dem Menschen zu seinem Heil.
Die Sendung erläutert die Anschauung der alten
Kirche am Beispiel der Wallfahrt zur schönen
Maria in Regensburg und eines - zur Rettung der
Verstorbenen gestifteten - Arme-Seelen-Altars.
In den Gemeinden, die sich zu Luther bekannten,
wurden die Kirchen ausgeräumt, die Altäre und
Statuen der Heiligen fortgeschafft. Die Sendung
zeigt, wie der Marienaltar der Kirche in Kalbensteinberg hinter einer Tafel mit einer Christusdarstellung verborgen wird.
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Luther bestritt die Kompetenz des Papstes, Glaubensfragen zu entscheiden. Aber trotzdem kam
er ohne Autorität nicht aus. Bald übernahmen die
Fürsten das geistliche Regiment. Das Grabmahl
eines sächsischen Landesherrn in Coburg zeigt
exemplarisch, wie von nun an der Fürst seine
Stellung in der Gemeinde versteht.
Fakten
Die Krise im Spätmittelalter
"Die Reformation", schreibt der Historiker Richard van Dülmen im Standardwerk Reformation
als Revolution (dtv 1977), "ist ein Produkt der allgemeinen Krise des Feudalismus und Antwort
auf den tief greifenden Strukturwandel der spätmittelalterlichen Gesellschaft, der bereits zu
Ende des 14. Jahrhunderts einsetzte und im 16.
Jahrhundert zu einer neuen gesellschaftlichen
Formation führte".
Das Aufkommen
der Geld-Ware-Beziehung hatte die
spätmittelalterliche
Sozialordnung geradezu zersetzt. Je
stärker sich der
Welthandel entwickelte (zunächst in
Unteritalien durch den überseeischen Verkehr
mit dem Orient, mit Konstantinopel und Ägypten,
von hier aus nach Norden sich ausdehnend) desto mehr Kapital kam in Umlauf.
Motor des Frühkapitalismus war nicht mehr der
handwerksmäßige Zunftmeister, der bei der beschränkten Zahl seiner Gesellen nur zu bescheidenem Wohlstand gelangen konnte, sondern der
Kaufmann. So verwundert es nicht, dass es allmählich zu einer stärkeren sozialen Differenzierung kam. Neben immer reicher werdenden Bürgern begannen sich die unteren, am Rande des
Existenzminimums lebenden Schichten zu vergrößern.
Mit dem Frühkapitalismus erstarkte auch der Nationalismus: Je mächtiger des Gemeinwesen,
dem man angehörte, umso größer war die Aussicht auf Gewinn. Die Territorialfürsten, vor allem
diejenigen, in deren Herrschaftsbereich wirtschaftliche Knotenpunkte lagen, förderten das
aufkommende Machtdenken nach Kräften und
versuchten, aus ihren zufällig ererbten oder eroberten Gebieten einen einheitlichen Staat zu
formen.
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In der Landwirtschaft war die spätmittelalterliche
Agrarkrise, die von der verheerenden Pest des
14. Jahrhunderts ausgelöst worden war, noch
längst nicht überwunden. Dennoch verstärkte
sich im Zuge der Nationalisierung der Druck der
Landesherren auf die Bauern.
Die aufkommende Nationalität traf die auf Universalität ausgerichtete mittelalterliche Kirche
mit voller Wucht. Nicht nur Kaiser, Reich, auch
die Kirche begann ihre integrative Funktion einzubüßen. Die mittelalterliche Ordnung und die
alte Einheit von Gesellschaft, Herrschaft und Religion waren in Frage gestellt! Als Reflex auf diese Entwicklungen begann sich in der Bevölkerung ein besonderes Krisenbewusstsein auszuprägen, das mit einer intensiven Heilserwartung
einherging. Das Bedürfnis nach Gnade, Rechtfertigung und Erlösung wuchs. Formen extremer
Frömmigkeit bestimmten das tägliche Leben.
Wallfahrt und Ablass dokumentierten dies.
Ablass
Unter bestimmten Voraussetzungen konnten die
Gläubigen zu dieser Zeit die Vergebung begangener Sünden erlangen. Dabei mussten Bußwerke geleistet werden, die nach der hochmittelalterlichen Kanonistik auch durch Geld oder Almosen
abgelöst werden konnten. Daneben gab es seit
dem 11. Jahrhundert die Möglichkeit, durch gemeinnützige Werke (z. B. Teilnahme an einem
Kreuzzug, Beitrag zum Bau einer Kirche) einen
Nachlass (Ablass) zeitlicher Sündenstrafen zu erlangen.
Die Scholastik (besonders Thomas von Aquin; †
1274), hatte die Lehre entwickelt, dass die Kirche
aus dem Wirken Christi und der Heiligen einen
unausschöpflichen Schatz von Verdiensten (thesaurus ecclesiae) besitze, aus dem sie Gläubige
eine Gegenleistung für erbrachte Werke zur Verfügung stellen könne. Die Verteilung der Gnadenmittel nahmen die Päpste in Anspruch, v.a. die
Gewährung vollkommener Ablässe. Ablasserwerb
war hauptsächlich in dazu privilegierten Kirchen
möglich, die ihrerseits zur Erlangung solcher
päpstlicher Privilegien erhebliche Mittel aufwandten.
Seit dem von Papst Bonifaz VIII. 1300 erstmals
abgehaltenem Jubeljahr (Heiliges Jahr) in Rom
bot der Besuch römischer Kirchen an den päpstlich angeordneten Jubeljahrs-Terminen besondere Möglichkeiten zur Gewinnung von Ablässen. Es
konnte dabei nicht ausbleiben, dass die finanzielle
Seite der Ablassgewährung und des Ablasserwerbs immer mehr in den Vordergrund trat und
dass sich dabei im Bewusstsein der einfachen
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Gläubigen die sachlichen und die kausalen Zusammenhänge verschoben.
So war unter dem Volk des Spätmittelalters die
Meinung verbreitet, dass auch der außerhalb der
Bußsakramente erworbene Nachlass von zeitlichen Sündenstrafen die Möglichkeit für die Gewinnung der Absolution eröffnen könne. Es traten
auch Prediger auf, die in übertriebener Weise den
Ablasserwerb propagierten, um die kirchlichen
Einnahmen zu erhöhen.
Zwar galt die alte Ordnung nicht nur auf Erden,
sondern auch im Himmel weiter, aber die feudale
Kirche verlor als Orientierungshilfe an Kraft. Ausbeuterische Finanzpraktiken unterstrichen diesen
Eindruck.
Am Ende stand die Reformation. Sie war mit der
Emanzipation des Bürgertums, dem Territorialstaat und der allgegenwärtigen Heilserwartung
eng verknüpft. Die Sehnsucht nach dem Heil
wurde mit einer Rechtfertigung im Glauben befriedigt und die alte Herrschaftskirche zerstört.
Bald schon erkannten die Territorialfürsten die
Reformation als Mittel zur Machterweiterung und
zur Disziplinierung der Bevölkerung ihres Herrschaftsbereichs.
Martin Luther: Vom Gang ins Kloster
zur Ablassagitation
Martin Luther wurde am 10. November 1483 als
zweites Kind der Eheleute Hans und Margarethe
Luther in Eisleben in Thüringen geboren. Sein
Vater war zunächst, wie auch der Großvater und
Urgroßvater, Bauer, wurde dann aber mit 23
Jahren Bergmann. 1484 zog die Familie in das
nahe Mansfeld um, wo es der Vater zu bescheidenem Wohlstand brachte. Luther wuchs mit
zahlreichen Geschwistern auf. Er besuchte zunächst die Schule in Mansfeld, ging dann für ein
Jahr nach Magdeburg und beschloss seine
Schulzeit auf der Pfarrschule St. Georg in Eisenach, wo er bei einer Familie Cotta untergebracht
war. Da Luther ein sehr guter Schüler war, ermöglichte ihm der Vater das Studium.
1501 immatrikulierte sich Luther
an der Universität
in Erfurt, die zu jener Zeit im Reich
einen
hervorragenden Ruf hatte.
1505 erhielt er mit
ausgezeichnetem
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Ergebnis den Magister. Die Eltern waren glücklich und setzten große Hoffnungen in ihren Sohn,
den sie sich als berühmten Rechtsgelehrten
wünschten.
An dieser Stelle setzt der Film ein. Während eines Gewitters gelobte Luther in Todesangst auf
dem Weg von Mansfeld nach Erfurt, Mönch zu
werden. Luther trat in den Bettelorden der Augustiner (Kloster Erfurt) ein und erhielt 1507 seine Priesterweihe. Mit 25 Jahren hielt er seine
erste Vorlesung als Professor der Theologie an
der neu gegründeten Universität in Wittenberg.
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che, die Größe und Macht des Papstes demonstrieren sollte. Der Ablasshandel wurde gut durchorganisiert, es gab sogar einen Ablasskommissar. Auf dem Wege nach Rom floss jedoch
ein Teil der eingenommenen Gelder auch in andere Kanäle.
In Deutschland zog der Dominikanermönch Johann Tetzel als Ablassprediger durch das Land.
In seiner 27. These spottet Luther: "Sobald das
Geld im Kasten klingt, die Seele aus dem Feuer
springt."
Luther litt unter großen Glaubensqualen . "Wie
finde ich sündiger Mensch einen gnädigen Gott?"
Er kam zu der Auffassung, dass Gott jedem einzelnen Menschen die Gnade des Glaubens vermittle. Die Gerechtigkeit Gottes ist nicht als Verdienst des Glaubenden zu erwerben, sondern ist
die Barmherzigkeit Gottes.
Um das Jahr 1500 wurden die Menschen durch
Kriege, Seuchen, Pest und Hunger ständig mit
dem Tod konfrontiert. Sie hatten Angst vor Gottes Gericht, dem "Leben nach dem Tod" und erhofften Antwort und Hilfe von der Kirche. Durch
den Kauf von Reliquien, durch Wallfahrten,
durch "gute Taten" suchten sie ihr Heil zu finden.
Zu dieser Zeit war die Kirche verweltlicht. Die
Päpste, die Kirchenvertreter, lebten schon lange
nicht mehr nach dem Vorbild ihres Religionsgründers Jesus Christus. Ihre Hofhaltung, ihr luxuriöser Lebensstil verschlang große Summen
an Geldern. Als besonders ergiebige Einnahmequelle erwies sich der Handel mit Ablässen. Mit
Ablass war der Nachlass einer Sündenstrafe gemeint, vorausgesetzt, der Sünder beichtete, tat
Buße und spendete zusätzlich Geld für einen guten Zweck. Seinen Höhepunkt erreichte dieser
Ablasshandel, als der Papst den Bau des Petersdomes in Angriff nahm, den Bau einer Kir© Bayerischer Rundfunk
Luther empfand den Ablasshandel als großen
Skandal. Voller Zorn verfasste er seine 95 Thesen, in denen er die Kirche scharf kritisierte. Am
31. Oktober 1517 legte er die Thesen der Öffentlichkeit vor. Das war das Signal für die Veränderung des christlichen Europas. Von der ersten
Wittenberger Ausgabe der Thesen ist heute kein
Original mehr vorhanden.
Auszug aus den 95 Thesen
These 1
Da unser Herr und Meister Jesus Christus
spricht: Tut Buße, wollte er, dass das ganze Leben der Gläubigen Buße sein soll.
These 27
Eine falsche Lehre predigen die, welche sagen,
dass sobald der Groschen im Kasten klingt, die
Seele aus dem Fegefeuer auffahre.
These 32
Wer durch Ablassbriefe meint, seiner Seligkeit
gewiss zu sein, der wird ewiglich verdammt sein
samt seinen Lehrmeistern.
These 86
Warum erbaut der Papst, dessen Vermögen
heute fürstlicher ist als das der reichsten Geldfürsten, nicht lieber von seinen eigenen Geldern,
wenigstens diese eine St.-Peterskirche?
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Ob Luther, wie im Film, die Thesen wirklich an
das Hauptportal der Schlosskirche zu Wittenberg
geheftet hat, ist heute umstritten. Doch nicht nur
Martin Luther protestierte gegen den Ablasshandel, zur gleichen Zeit gab es zahlreiche Spottbilder und Flugblätter, die das Thema behandelten.
Luther hatte in Deutschland manche Gleichgesinnten, doch war er der Mann, der am heftigsten
für seine Anschauung kämpfte.
Die Legende vom Thesenanschlag
Zwar muss Geschichte in der Schule zuweilen in
bildhafter Vereinfachung geschildert werden, aber
es erscheint dennoch sinnvoll, die Schüler mit der
Legende vom Thesenanschlag vertraut zu machen. In unzähligen Publikationen liest man, wie
der Mönch Luther, mittags kurz vor zwölf Uhr, zur
Schlosskirche ging und dort an den Nordeingang
das Plakat mit den 95 Thesen anschlug. Die
Hammerschläge des rebellischen Mönchs hätten
gleichsam bis nach Rom gedröhnt. Das Bild hatte
sich fest eingeprägt, keiner kam mehr auf den
Gedanken, das Ereignis zu hinterfragen. Die allgemein bekannte Überlieferung stützte sich auf
einen Augenzeugenbericht, einen handgeschriebenen Text, der vermutlich von Luthers Famulus
Johannes Schneider aus Eisleben, Agricola genannt, verfasst wurde. In dieser lateinischen Aufzeichnung hieß es bei der Beschreibung der Ereignisse des 31. Oktober 1517: "... wie ich bezeugen kann" - lateinisch "me teste" . Daraus schlossen die Historiker, dass Agricola persönlich anwesend war. Erst 1961 stellte der Lutherforscher
Hans Volz fest, dass "me teste" gar nicht im Text
steht, sondern "modeste", also "in bescheidener
Weise". Folglich heißt die Stelle in der Handschrift
richtig: "Im Jahre 1517 legte Luther in Wittenberg
an der Elbe nach altem Universitätsbrauch gewisse Sätze zur Disputation vor, jedoch in bescheidener Weise und ohne damit jemanden beschimpft oder beleidigt haben zu wollen."
Hinzu kommt, dass der Doktor der Theologie Luther die Thesen wohl kaum selbst angeschlagen
hätte, sondern der Pedell, und zwar nicht nur bei
einer, sondern bei allen Kirchen der Stadt. So verlangte es der Brauch, wenn einer der Gelehrten
die Kollegen zur Disputation einlud. Sicher ist nur,
dass Luther an diesem Tag seine Schrift an den
für den Ablasshandel verantwortlichen Kurfürsten
von Mainz, Erzbischof Albrecht, abschickte Luther
jedenfalls hat an keiner Stelle seines Werkes, in
keinem seiner Briefe, nirgendwo in seinen autobiographischen Notizen behauptet, die Thesen
selbst angeschlagen zu haben.
Mehr dazu bei G. Prause. Niemand hat Kolumbus ausgelacht. Fälschungen und Legenden der
Geschichte richtig gestellt. München, 1988, S.
79-91.
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Der Konflikt mit dem Papst
Durch die Erfindung des Buchdrucks durch Johannes Gutenberg (um 1397-1486) war die
Voraussetzung für die schnelle Verbreitung und
Veröffentlichung von Luthers Schriften gegeben.
Heute könnte man sagen, dass damit das Zeitalter der Massenmedien begonnen hat.
Neben den 95 Thesen verfasste Luther zahlreiche weitere Schriften in deutscher Sprache, die
sich mit Kirche und Papst auseinandersetzten
und öffentlich diskutiert wurden:
•
"Von den guten Werken"
•
"An den christlichen Adel deutscher Nation,
von des christlichen Standes Besserung"
•
"Von der babylonischen Gefangenschaft der
Kirche"
•
"Von der Freiheit eines Christenmenschen"
Luther zweifelte die Autorität des Papstes an und
vertrat die Ansicht, dass auch Konzile irren könnten. Er lehnte die Gemeinschaft der Heiligen ab
und brach mit der Marienverehrung. Nicht die
Aussagen der Kirchenväter sollten für den Menschen verbindlich sein, sondern "allein die Heilige Schrift".
Luther verbreitete seine Meinung in seinen Vorlesungen an der Universität, in seinen Predigten
und in öffentlich veranstalteten Streitgesprächen
mit seinen Gegnern, z.B. mit Johannes Eck,
Stadtpfarrer und Professor in Ingolstadt. Einer
seiner engsten Freunde wurde Philipp Melanchthon aus Tübingen.
Aus dem unbekannten Mönch war inzwischen ein
in Europa bekannter Prediger und Gelehrter geworden, den der Papst nicht übergehen konnte.
Luther rechnete schon damit, als Ketzer ver5
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bannt zu werden. Auf Anweisung des Papstes
Leo X. wurde Luther am 12. Oktober 1518 erstmals in Augsburg von Kardinal Cajetan verhört.
In vier Verhören widerrief Luther nicht einen seiner Sätze.
Im Juni 1520 schließlich erließ der Papst eine
Bulle, die die Thesen als ketzerisch verurteilte
und den Bann androhte, sollte Luther nicht innerhalb einer Frist von 60 Tagen seine Lehre widerrufen. Darüber hinaus ließ man seine Schriften
verbrennen. Als Gegenschlag verbrannte Luther
seinerseits mit Freunden am 10. Dezember 1520
in Wittenberg päpstliche Gesetzestexte wie auch
die Bannandrohungsbulle. Die Antwort des Papstes darauf war der Kirchenbann, d. h. Luther
wurde aus der Kirche ausgeschlossen.
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empfangen. Darunter waren Ulrich von Hutten,
Franz von Sickingen und Georg von Frundsberg. Dieser war der Führer der kaiserlichen
Landsknechte und soll den Ausspruch getan haben: "Mönchlein, Mönchlein, du tust einen
schlimmen Gang, dergleichen ich in mancher
Schlacht nicht getan."
Vor dem Kaiser und dem Reichstag wurde Luther
aufgefordert, sich von seinen Schriften loszusagen. Luther erbat sich Bedenkzeit. Am 18. April
1521 verteidigte er ausführlich seine Lehre und
weigerte sich, auch nur ein Wort zu widerrufen.
"Wenn ich nicht überwunden werde durch die
Zeugnisse der Schrift und durch zwingende Beweise (denn ich glaube weder dem Papst noch
den Konzilien allein, weil feststeht, dass sie sich
oft geirrt und sich selbst widersprochen haben),
kann und will ich nicht widerrufen. Denn gegen
das Gewissen zu handeln, ist weder sicher noch
heilsam. Gott helfe mir. Amen." (Schwandner, Erlebnis Geschichte 7, Oldenbourg Verlag 1986)
Der Kaiser verhängte über Martin Luther die
Reichsacht, da er sich gegen die tausendjährige
christliche Überlieferung stelle. Luther war vogelfrei. Auf der Rückreise von Worms nach Wittenberg wurde Luther von Soldaten seines Landesherrn Friedrich der Weise zum Schein überfallen und auf die Wartburg verschleppt. Der sächsische Kurfürst unterstützte ihn und versteckte
ihn zunächst als "Junker Jörg".
Reichtags zu Worms,
Luther auf der Wartburg
Mit Hilfe der Gelder des Bankhauses Fugger in
Augsburg war am 28. Mai 1519 Karl V. zum römischen Kaiser gewählt worden. Nach mittelalterlichem Recht war der Kaiser verpflichtet, über
den vom Papst gebannten Ketzer Luther die
Reichsacht zu verhängen, ihn für vogelfrei zu erklären. Jedermann konnte ihn straffrei verfolgen,
sogar töten.
Der junge Kaiser berief im Jahr 1521 einen
Reichstag nach Worms. Ihm war daran gelegen,
die durch Luther gefährdete Einheit des Reiches
und des Glaubens zu erhalten. Unter Vorsitz des
Kaisers sollte die Versammlung der geistlichen
und weltlichen Herrscher Martin Luther richten.
Daneben sollte Luther nochmals die Möglichkeit
gegeben werden, seine Sache selbst zu vertreten. Bei seinem Eintreffen in Worms wurde er
mit großem Jubel von der Bevölkerung, seinen
Freunden, von Fürsten, Rittern und Bischöfen
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Luther mangelte es an nichts in seinem Versteck,
aber er litt unter der Abgeschiedenheit und stürzte sich in seine Arbeit. Ein reger Briefwechsel
verband ihn mit seinen Freunden und Anhängern. Dann begann er mit der erstmaligen Übersetzung des Neuen Testamentes vom griechischen Urtext in die deutsche Sprache. Luther benötigte für diese Mammutleistung knapp drei Monate. Durch die Möglichkeit des Buchdrucks wurden Luthers Predigten und Schriften, wie auch
seine Bibelübersetzung rasch im Reich bekannt.
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1522 begann Luther mit der Übersetzung des Alten Testamentes. Noch hatte es keine einheitliche deutsche Sprache gegeben, sondern nur vielerlei Mundarten. Luther hatte dem Volk "aufs
Maul geschaut" und seine Texte in einer klaren,
allgemein verständlichen, kraftvollen Sprache
geschrieben. Seine Bibel wurde für Jahrhunderte
das Lesebuch des deutschen Volkes und wurde
die Grundlage für eine gemeinsame deutsche
Sprache.
Bauernkrieg, Kirchenspaltung
und letzte Jahre Luthers
Luther und seine Anhänger begannen nach und
nach, dem evangelischen Glauben auch äußerlich Gestalt zu geben. Zunächst wurde eingeführt, die Predigt in deutscher Sprache in den
Mittelpunkt des Gottesdienstes zu stellen. Der
Zölibat wurde abgeschafft, Kirchen geräumt,
Mönche und Nonnen verließen ihre Klöster. Luther selbst heiratete mit 42 Jahren die ehemalige
Nonne Katharina von Bora, die zur Zeit der
Eheschließung 26 Jahre alt war. Das Abendmahl
konnte nach Wahl in der alten oder neuen Form
genommen werden. Der Gemeindegesang im
Gottesdienst wurde eingeführt. Luther dichtete
zahlreiche Kirchenlieder, die auch heute noch zu
den beliebtesten gehören.
Nach dem Auftreten Luthers in Worms spaltete
sich die christliche Kirche. Anhänger und Gegner
Luthers standen sich gegenüber, aus religiöser
Überzeugung, aber auch aus rein politischem
Machtstreben. Hinzu kamen interkonfessionelle
Gegner, Schwarmgeister, religiöse Eiferer. Einer
von ihnen war Thomas Müntzer, ein Priester
aus Stolberg, der sich an die Spitze der revoltierenden sächsisch-thüringischen Bauern stellte.
Im Laufe des Mittelalters hatten die Bauern viele
ihrer Rechte an die weltlichen und geistlichen
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Grundherren abgeben müssen. Sie wehrten sich
gegen der Druck der Obrigkeit und fühlten sich
gerade durch Luthers Schrift "Von der Freiheit eines Christenmenschen" in ihren Forderungen bestätigt, von Abgaben und Diensten befreit zu
werden. Ihre Forderungen fassten sie in 12 Artikeln zusammen. Doch ließen weder geistliche
noch weltliche Herren mit sich verhandeln. Also
rotteten sie sich zusammen und griffen Schlösser, Burgen und Klöster an. Von seinen Gegnern
wurde Luther vorgeworfen, er sei verantwortlich
für die Bauernunruhen, er zerstöre Gottes
christliche Ordnung. Er versuchte, beide Seiten
zum Einlenken zu bringen, vergeblich. Zornig,
verzweifelt, enttäuscht schrieb er "Wider die
Mordischen und Reubischen Rotten der
Bawren". Er sah seine Lehre missverstanden.
Die Landsknechtsheere der Fürsten waren den
Bauern an Waffen und Kampfkraft weit überlegen. In mehreren blutigen Schlachten wurden die
Bauernhaufen vernichtet.
Die Reformation Martin Luthers hatte weite Teile
des deutschen Reichsgebietes erfasst. Immer
wieder kam es zu politischen und religiösen Unruhen zwischen katholischen und protestantischen Fürsten und Reichsstädten. Doch Luthers
Hauptthemen waren bis zu seinem Tod weniger
die politischen Gegensätze, bedingt durch religiöse Streitereien, als die wissenschaftliche Arbeit
und die Verkündigung seiner Lehre in seinen
Predigten.
Mit Freunden und Fachkollegen überarbeitete er
die gesamte Bibelübersetzung, die 1534, mit
wunderschönen Holzschnitten ergänzt, erschien.
Aber auch dieser Text wurde wieder und wieder
überarbeitet und erschien 1546 in dritter Fassung.
Luther hielt bis zu drei Predigten pro Woche und
lehrte auch weiterhin an der Universität in Wittenberg. Luther starb am 18. Februar 1546 auf
einer Reise nach Eisleben an Erschöpfung und
Schwäche. Tausende von Zuhörern nahmen an
der Trauerfeier in der Schlosskirche in Wittenberg teil. Dicht neben der Kanzel wurde Luther
beerdigt.
Erst im Augsburger Religionsfrieden 1555
wurden beide christlichen Religionen einander
gleichgestellt, der religiöse Besitzstand wurde
geregelt. Die Bestimmungen erlaubten den protestantischen Fürsten, in ihren Ländern die Reformation nach ihrem Ermessen durchzusetzen die Untertanen müssen sich dieser Entscheidung
beugen (cuius regio, eius religio).
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Grundzüge des Antisemitismus
im Abendland und in Deutschland
zur Reformationszeit
Im 2. Jh. n. Chr. wächst die Zahl antijüdischer
Schriften (Adversos-Judeos-Literatur), die den
Versuch einer Bekehrung der Juden durch Kontaktverbote ersetzen. 315 untersagt Konstantin
der Große den Übertritt zum Judentum bei Androhung der Todesstrafe. Im Folgenden erneuern
zahlreiche Konzilsbeschlüsse das Verbot des
Kontakts zwischen Christen und Juden.
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Im 14. Jh. wird das Judenregal zur Geldquelle
der Landesherren und Städte. Juden müssen
eine empfindliche Kopfsteuer an den Kaiser entrichten. Als 1348/1349 die Pest wütet, werden
die Juden beschuldigt, Brunnen vergiftet zu haben. Eine ungeheure, blutige Judenverfolgung
bricht aus, der alleine in Straßburg 2000 und in
Mainz 6000 Juden durch Verbrennen, Aufhängen, Rädern zum Opfer fallen. Ihr Besitz wird geplündert, Schuldbriefe werden für ungültig erklärt. König Karl VI. deckt den Völkermord an
den Juden wider besseres Wissen und in der
Hoffnung auf reiche Beute.
Der religiös motivierte christliche Antisemitismus
wird zum universalen und dauerhaften Bestandteil des christlichen Lehrgebäudes. Anlass ist die
Weigerung der Juden, in Christus den erwarteten
Messias zu erkennen und einzugestehen, daß
die katholische Kirche als auserwähltes wahres
Volk Israel die Juden heilsgeschichtlich abgelöst
hat.
Die Juden werden als Christusmörder und durch
die Propheten verfluchte Glaubensleugner gebrandmarkt. Kirchenvater Gregor von Nyssa
(ca. 330-395) geißelt sie als "Prophetentöter,
Streiter wider Gott, Gotthasser, Gesetzesübertreter, Feinde der Gnade, dem Glauben ihrer Väter
entfremdet, Advokaten des Teufels".
Die religiöse Ausgrenzung setzt sich im Alltag
fort. Dabei wechseln Phasen relativer Toleranz
und Koexistenz mit Phasen blutiger Repression
und Austreibung ab. Seit 614 dürfen ungetaufte
Juden im Frankenreich keine öffentlichen Ämter
bekleiden. Ab 629 werden Verfolgungen, gewaltsame Austreibungen und Zwangstaufen berichtet. Um 800 gewähren die Karolinger den Juden
königlichen Schutz (Judenregal). Trotz eingeschränkter Rechte dürfen sie Handel treiben,
Grund- und Hausbesitz erwerben. Die relative Sicherheit ist durch Abgaben und Schutzgelder
teuer erkauft. Das Judenregal wird zu einer wichtigen Einnahme zuerst des Königs und später der
Territorialfürsten und Stadthoheiten. Im 11. Jh.
leben Christen und Juden weitgehend harmonisch zusammen in den Städten. Juden erhalten
das Bürgerrecht auf Zeit und werden zur Stadtverteidigung und zur Erhaltung der Befestigungen verpflichtet.
Anitjüdischer Fanatismus breitet sich mit dem
ersten Kreuzzug (1096) aus. Die Lage verschlimmert sich bis zum zweiten Kreuzzug (1146). Der
Abt und Kreuzzugsprediger Bernhard von Clairveaux (ca. 1090-1153) versucht zumindest,
christliche Ausschreitungen einzudämmen.
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Aus der Luft gegriffene Gräuelgeschichten von
angeblichen Ritualmorden (der "hl. Simon von
Trient") nehmen überhand. Im 14. und 15. Jh.
werden Juden als Urheber von Epidemien, als
Brunnenvergifter, Hostienschänder und Ritualmörder gebrandmarkt, gehetzt und getötet. Vielerorts entlädt sich dieser Judenhass in Verbrennungen und Ermordungen.
Mit dem Ende der Pest fördern Städte, Fürsten
und der Kaiser die Rückkehr der Juden, eine Zeit
erbarmungsloser Auspressung folgt. Juden dürfen keinen Grundbesitz erwerben und Häuser nur
noch pachten. Der Kaiser befreit die christlichen
Schuldner von ihrer Rückzahlungspflicht und
lässt sich diese Dienste reichlich entlohnen. Austreibungen und Rückholungen wechseln sich ab,
Zwangstaufen werden erpresst, wobei die Täuflinge ihren gesamten "sündig erworbenen" Besitz
abgeben müssen.
Zunächst zum Schutz der Juden gegen christliche Übergriffe bilden sich im ausgehenden Mittelalter in den Städten eigene, durch Pforten abgeschlossene Ghettos aus. Den Judengemeinden stand der Judenmeister (zumeist der Rabbiner) vor. In der Gemeinde waren alle Handwerke
vertreten.
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Das 4. Laterankonzil von 1215 hatte den Juden
die Ausübung christlicher Berufe verboten, Zünfte und Gilden blieben ihnen verschlossen; außerhalb der Judengemeinde durften sie kein Handwerk betreiben oder Kaufmann werden. Daher
blieb ihnen neben dem Trödelhandel nur der
Geldwechsel und Pfand- bzw. Geldverleih. Hinzu
kam, dass die Kirche ein strenges kanonisches
Zinsverbot erlassen hatte. Der Übergang zur
Geldwirtschaft bedingte jedoch einen steigenden
Kapitalbedarf, den nur jüdische Bankiers decken
konnten. Da drohende Austreibungen, Judensteuern oder Schuldentilgungsedikte ein immenses Finanzrisiko darstellten, nahmen jüdische
Geldverleiher teils enorme Zinsen. Dieser Wuchervorwurf schuf böses Blut.
Viele Juden waren in Geldgeschäften äußerst
versiert und stiegen zu Finanziers
und Finanzberatern der Höfe auf.
Der schnell wachsende Reichtum
vieler
jüdischer
Geldverleiher schürte Neid und Habgier und trug
viel zum Antisemitismus des Spätmittelalters bei.
Unangefochten konnten die Juden den Beruf des
Arztes ausüben. Viele der berühmten und gefragten Ärzte waren Juden. Kaiser, Könige und
Fürsten vertrauten diesen Gelehrten durch die
Jahrhunderte ihre Gesundheit an.
Schon auf dem
4. Laterankonzil hatte Papst
Innozenz
III.
für die Juden
eine
eigene
Kleidung verlangt, die sie
von den Christen unterscheiden sollte. Das
Konzil von 1267 machte für Deutschland den Judenhut, eine gelbe helmartige Kopfbedeckung
mit langem Helmknopf verbindlich. 1451 zwingt
Kardinal von Cues (1401-1464) den Juden
einen am Gewand aufgenähten gelben Ring als
diskriminierende Kennzeichnung auf. Wegen des
unsicheren Lebens, dauernder Pogromgefahr
und der sozialen und kulturellen Ächtung wanderte seit dem 15. Jh. ein Großteil der Juden
nach Osteuropa aus, wo sich im Jiddischen wesentliche Elemente spätmittelalterlicher deutscher Dialekte bewahrten.
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Luther und die Juden
Luthers zwiespältiges Verhältnis zu den Juden
kippt im Laufe seines Lebens von anfangs versöhnlicher Bekehrungshoffnung in einen zuletzt
unnachsichtigen, gewaltbereiten Vernichtungswillen. Im Unvermögen des Reformators, die Juden
als eigenständig unantastbare kulturelle und religiöse Gruppe in Deutschland zu akzeptieren, in
den radikalen verbalen Anwürfen, in der Forderung nach einer Lösung der Judenfrage sind die
Grundzüge dessen angelegt, was 400 Jahre später in die Katastrophe des Holocaust münden
wird.
Luthers Epoche ist judenfeindlich. Antisemitische
Vorurteile, Judenhass und antijüdische Ausschreitungen haben in Deutschland und im Christentum eine lange Tradition. Die Juden werden
geächtet, verspottet, sozial und beruflich ausgegrenzt. Sie leben im Getto, erdulden diskriminierende Kennzeichnungen wie Judenhut und Judenfleck. Vertreibungen und Sonderbesteuerungen sind an der Tagesordnung.
In den 20er Jahren des 16. Jhs. setzt Luther auf
die Bekehrung der Juden zum christlichen
Glauben. Versöhnliche Züge überwiegen. Luthers Schriften zeigen ein für die Zeit überaus
einfühlsames und erstaunlich scharfes Verständnis jener gesellschaftlichen Missstände, die zur
Ausgrenzung der Juden führen:
Juden sind die allerelendsten Leute auf Erden,
werden schier an allen Enden vertrieben und
werden doch nicht frömmer, bleiben für und für
wie sie sind. An wenig Orten und Städten leidet
man sie, sie müssen ineinander stecken. Ich wolt
ihr fünfzig in diese Stuben nehmen, dass sie sich
drinnen behülfen. Zu Frankfurt am Main sind ihr
sehr viel, haben eine Gassen inne, da stecken
alle Häuser voll. Müssen gelbe Ringlin an Mänteln und Kleidern vorne tragen, dabei man sie
kennet. Haben weder Häuser noch Äcker, die ihr
eigen sind, allein bewegliche oder fahrende Güter. Keiner darf auf Häuser oder Äcker leihen, allein auf Fahrnis.
In seiner Schrift "Dass Jesus Christus ein geborener Jude sei" vom Februar 1523 entwirft Luther
Elemente einer Theologie, die Juden zum Glauben an Christus bewegen soll. Er wendet sich in
Deutlichkeit gegen Zwangstaufen und die antijüdische Gräuelpropaganda von angeblichen Ritualmorden (Lügenzeitungen). Gewalt gegen Juden lehnt Luther ab, da sie nicht nur mit dem
christlichen Glauben, sondern auch mit dem angestrebten Ziel der Bekehrung unvereinbar ist:
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Schulfernsehen
Aber nu wir sie nur mit Gewalt treiben und gehen
mit Lügenzeitungen um, geben ihnen Schuld, sie
müssen Christen Blut haben, dass sie nicht stinken, und weiß nicht, was des Narrenwerk mehr
ist, dass man sie gleich für Hunde hält. Was sollten wir Gutes an ihnen schaffen? Item dass man
ihnen verbietet, unter uns zu arbeiten, hantieren
und andere menschliche Gemeinschaft zu haben, da mit man sie zu wuchern treibt, wie solt
sie das bessern? Wil man ihnen helfen, so muss
man.... christlicher Liebe Gesetz an ihnen üben
und sie freundlich annehmen, mit lassen werben
und arbeiten, damit sie Ursach und Raum gewinnen, bei und umb uns zu sein, unser christlich
Lehre und Leben zu hören und zu sehen.
In den 30er und 40er Jahren wird der Ton schärfer, die Haltung aggressiver. Alle Hoffnung auf
die Bekehrung der Juden hat sich zerschlagen.
Luther muss diese Tatsache als persönliche
Schmach und Kränkung empfunden haben. Anders lässt sich die hoch emotionalisierte Brutalität seiner Äußerungen schwer erklären.
Entlarvend auch, wie der Reformator seine eigene Abwendung und Verurteilung als göttliches
Verdikt maskiert. In der jüdischen Diaspora will
er den historischen und heilsgeschichtlichen Beweis dafür erkennen, dass Gott selbst das "Volk
der Christusmörder und Glaubensleugner" in alle
Ewigkeit verdammt habe:
Die armen, blinden, verstockten Jüden rühmen
die Gerechtigkeit des Gesetzes, welchs sie doch
nicht halten können. Ja, sie lästern Gott mit solchem Eifer überm Gesetz, welches sie außer
dem gelobten Land nicht halten sollen. Summa,
dies Argument können die Juden nicht solvieren,
müssens wohl ungebissen lassen, denn es
schlägt sie zu Boden wie der Donner, nämlich:
Sie sollen Ursach zeigen, warum sie nu über
fünfzehenhundert Jahr verlassen, ein Volk ohn
Regiment, ohn Gesetz, ohn Propheten, ohn
Tempel. Da können sie kein ander Ursach anzeigen denn ihre Sünde.
Schließlich schließt Luther die Juden aus der
Heilsordnung Gottes aus. Als Zauberer, Unbekehrbare, Gotteslästerer und Schädlinge sinnen
sie auf Mord und haben ihr Bleiberecht in der
christlichen Gemeinschaft verloren. Die wahre
Kirche von ihner sündigen Gegenwart zu reinigen, heißt Gottes Werk verrichten:
Als man einmal von den Juden sprach, sagte er:
Die Juden haben ihr Zauberei gleich sowohl als
andere Zäuberer. Sie denken: Gerät es uns, so
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stehts wohl mit uns; wenn nicht, so ist es um ein
Christen getan! Denn sie achten eines Christen
wie eines Hundes. (...) Wie es also unmuglich
ist, daß die Elster ihr Hüpfen lässt, die Schlang
ihr Stechen etc. als wenig lassen die Juden ihr
Lauern, Christen den Tod zu bringen. Dennoch
sitzen sie bei uns in großen Ehren. Wenn ich wär
anstatt der Herren zu Frankfurt, wollt ich alle Juden zusammenfordern und sie fragen, warum sie
Christum ein Hurenkind heißen, sein Mutter ein
Hure. Kunnten sie das probieren [= beweisen,
plausibel machen], so wollte ich ihn tausend Gulden schenken. Könnden sie aber nicht, wollte ich
ihnen die Zung zum Nacken herausreißen. In
summa: Man soll die Juden nicht bei uns leiden,
man soll weder essen noch trinken mit ihnen.
1543 kulminieren Luthers antijüdische Affekte in
den Schriften "Von den Juden und ihren Lügen"
und "Vom Schem Hamphoras und vom Geschlecht Christi".
Am 4. Januar erscheint die erste Schmähschrift
"Von den Juden und ihren Lügen". Darin behauptet Luther, die "Juden würden nicht nur die Sprüche der Schrift verdrehen und lästern, sondern
auch Christus als Zauberer und seine Mutter als
Hure verleumden und allen Christen fluchen,
dass Gott sie totschlagen. Sie hielten die Christen gefangen , "lassen uns arbeiten im Nasenschweiß ... sitzen sie dieweil hinter dem Ofen,
faulenzen, pompen und braten Birn ... haben uns
und unser Güter gefangen durch ihren verfluchten Wucher, spotten dazu und speien uns an."
Schließlich gibt Luther konkrete Vorschläge, was
man "mit diesem verworfen, verdammten Volk
der Jüden" tun solle. Ihre Synagogen solle man
niederbrennen, "und solchs soll man tun, unserm
Hern und der Christenheit zu Ehren", da sie darin
"Christum und uns belügen, lästeren, fluchen,
anspeien und schänden". Aus dem gleichen
Grund solle man ihre Häuser zerstören, ihre Bücher und die Bibel konfiszieren, den Rabbinern
das Lehren verbieten. Auch das "Geleit und die
Straße" soll man ihnen versagen, "denn sie haben nichts auf dem Lande zu schaffen", den Wucher verbieten und zu diesem Zweck alle ihre
Barschaft und Wertsachen in Verwahrung nehmen. Die Jugendlichen müsse man zu ehrlicher
Arbeit zwingen oder noch besser gleich des Landes verweisen, da zu befürchten sei, dass die
der Arbeit Ungewohnten den Christen schaden
würden. "Drum immer weg mit ihnen." Es sei ein
großes Unrecht der Fürsten, wenn sie den Juden
gegen Geld ihren Schutz liehen, und sie müssten
alles daran setzen, dass "wir alle der unleidli-
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chen, teuflischen Laste der Jüden entladen werden." Jeder einzelne Christ solle sich vor Augen
halten, dass jeder Jude Jesus verfluche und seinen eigenen Tod wünsche, um seinen Besitz zu
erlangen: "Und ich sollte mit solch einem verteufelten Maul essen, trinken oder reden, so möchte
ich aus der Schüssel oder Kannen mich voller
Teufel fressen und saufen". Wer den Juden dulde, dulde seine Gotteslästerung und mache sich
mitschuldig.
Die politische Zersplitterung Deutschlands im
Spätmittelalter spiegelte sich in einer bunten
Vielzahl regionaler Schriftdialekte, Kanzlei-, Geschäfts-, Urkunden- und Zunftidiome; eine über
den Sondersprachen und Dialekten angesiedelte
einheitliche Literatursprache fehlte.
Am 28. März erscheint, als Ergänzung des antisemitischen Pamphlets vom 4. Januar, die
Schrift "Vom Schem Hamphoras und vom Geschlecht Christi". Im ersten Teil geht es um die
Widerlegung der jüdischen Behauptung, Jesus
habe seine Wunder mit der magischen Formel
"Schem Hamphoras" vollbracht und sei deshalb
als Betrüger zu Recht gehängt worden. Der zweite Teil ist der Diskrepanz zwischen den beiden
Stammbäumen Jesu in den Evangelien gewidmet. Es gebe sie nicht wirklich, sie werde nur
von den verblendeten Juden falsch verstanden.
Es "ist aber von Gott selbs verdammt all ihr Verstand, Glosse und Auslegung in der Schrift, als
eitel Wahnsinn, Blindheit, Raserei". Vornehmste
Aufgabe der christlichen Hebraisten müsse es
also sein, die Schrift von der "jüdischen Judaspisse" zu reinigen.
Da im Zentrum der neuen religiösen Anschauungen Luthers die Gewissheit stand, dass der Glaube einzig aus der biblischen Offenbarungsquelle
schöpfen kann, musste die Heilige Schrift jedem
Christen zugänglich sein: Das Wort Gottes sollte
zu allen, nicht nur zu den Gelehrten unmittelbar
sprechen.
Luthers Schrift findet allgemein wenig Zustimmung, sie wird "als schweinisch und kotig" verurteilt. Dennoch erfolgen in Kursachsen und Hessen neue judenfeindliche Verordnungen.
Luthers Bibelübersetzung
Dieser Umstand setzte der Buchkultur enge
Grenzen und beschränkte allgemein die Wirksamkeit schriftlicher und insbesondere literarischer Entwicklungen. Große Teile der Bevölkerung waren von einer aktiven Teilnahme am
schriftgebundenen kulturellen Leben weitgehend
ausgeschlossen.
Zwar lagen bereits im Spätmittelalter 14 hochdeutsche und 4 niederdeutsche Bibelübertragungen vor, die jedoch nur für gelehrte, am hypotaktisch verschachtelten lateinischen Satzbau und
theologischer Begrifflichkeit geschulte Leser
tauglich waren. Das "evangelische" Postulat der
Allgemeinverständlichkeit erfüllte keine der
Übertragungen.
Beide Schriften nach: Luther-Chronik. Daten zu
Leben und Werk zusammengestellt von Andrea
van Dülmen. München 1983 (dtv 3253), S.281ff.
Am erbärmlichsten Kapitel deutscher Geschichte, am Holocaust, haben über die Jahrhunderte
viele Anstifter und Brandleger mitgeschrieben.
Zu den geistigen Wegbereitern der millionenfachen Verbrechen am jüdischen Volk zählt auch
Martin Luther. Wer immer nach ihm die Juden
als Volksschädlinge verleumdete und ihre gewaltsame Austreibung, die Verbrennung ihrer
Synagogen, die Reinigung des Glaubens und der
Rasse forderte, er konnte sich auf den Reformator berufen.
Luther als Übersetzer, Lyriker, Musiker
Die deutsche Kultur- und Sprachgeschichte hat
durch Luthers Bibelübersetzung und die Schaffung des evangelischen Kirchenliedes entscheidende, bis auf den heutigen Tag nachwirkende
Impulse erfahren.
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Fußend auf einer breit verständlichen Verkehrssprache, die sich während des ausgehenden 15.
Jhs. im Siedlungsgebiet östlich der Saale aus
süddeutschen, ostfränkischen, mitteldeutsch-thüringischen und niederdeutschen Mundarten herausgeformt hatte, machte sich Luther in den Jahren von 1522 bis 1534 daran, eine Eindeutschung der Heiligen Schrift zu schaffen, die
dem Volk die eigenständige, durch keine vermit11
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telnden Instanzen verzerrte Bibellektüre ermöglichen sollte. Einen neuen, eigenen Weg wählend,
ließ er die lateinische Vulgata hinter sich und
übertrug den Text aus den griechischen und hebräischen Quellen in eine Sprache, die allen
Volksschichten ungeachtet ihrer Vorbildung geläufig war. Sein kraftvolles, fließendes Bibeldeutsch, das sich oftmals weit von der wörtlichen
Vorlage entfernte, war die Sprache der Handwerker, Bauern, Marktweiber, war anschaulich, konkret, voller Sprichwörter und plastischer, oft drastischer Sprachbilder: "Man muss die Mutter im
Haus, die Kinder auf den Gassen, den gemeinen
Mann auf dem Markt drum fragen, und denselbigen auf das Maul sehen, wie sie reden und darnach dolmetschen; da verstehen sie es denn und
merken, dass man deutsch mit ihnen redet".
Die erste Auflage des Neuen Testaments, das
Luther in nur elf Wochen übersetzt hatte, erschien im September 1522. Die vermutlich 3.000 bis
5.000 Exemplare waren ein überwältigender Erfolg und so rasch ausverkauft, dass der Verleger
bereits im Dezember nachdrucken musste.
Was die eigentliche Qualität der Bibelübertragung Luthers ausmacht, verdeutlicht der Vergleich einer hochdeutschen Übersetzung des 23.
Psalms von 1518 mit der Lutherbibel von 1545.
"Der herr regieret mich und mir geprist nichts,
und an der stat der waide, da satzt er mich. Er
hat mich gefüret auf dem wasser der widerpringung, er bekertet mein sel. Er fürt mich auss auf
die steig der gerechtigkait, umb seinen namen.
Wann ob ich gen in der mitte des schatten des
todes, ich fürcht nit die üblen ding, wann du bist
bei mir. Dein ruot und dein stab, die selben haben mich getröstet."
Bei Luther lautet diese Stelle:
"Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln.
Er weidet mich auf einer grünen Auen und führet
mich zum frischen Wasser. Er erquicket meine
Seele, er führet mich auf rechter Straße, umb
seines Namens willen. Und ob ich schon wandert
im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück, denn du
bist bei mir, dein Stecken und dein Stab trösten
mich."
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ten, hielt Luther entgegen: "Wer nicht singen und
sagen will, das ist ein Zeichen, dass er nicht
gläubet."
Die Liebe des Reformators zur Musik verdeutlichen zahlreiche Passagen aus den Tischgesprächen:
Die beste Erquickung für einen betrüben Menschen ist die Musik, selbst wenn sie nur auf irgendeine Weise ertönt. (…)
Wer die Musicam verachtet, sprach D.M.L., wie
denn alle Schwärmer tun, mit denen bin ich nicht
zufrieden. Denn die Musica ist ein Gabe und Geschenke Gottes, nicht ein Menschengeschenk.
So vertreibt sie auch den Teufel und machet die
Leut fröhlich. Man vergisset dabei alles Zorns,
Unkeuschheit, Hoffart und anderer Laster. Ich
gebe nach der Theologie der Musica den nähesten Platz und höchste Ehre. Und man siehet, wie
David und alle Heiligen ihre gottseeligen Gedanken in Vers, Reim und Gesänge gebracht haben,
wie es denn heißt: Wenn Friede ist, regiert die
Musik.
Luther ruft 1523 nicht nur dazu auf "fromme
geistliche Gesänge zu schaffen"; als sachverständiger Musiker, Sänger und Lautenspieler
schafft er im evangelischen Kirchenlied einen
neuen, prägenden Typus religiöser, zugleich pastoraler und propagandistischer Lyrik. Bislang
konnte Luther als Verfasser von 31 Choraltexten
und Komponist von 17 Melodien sicher nachgewiesen werden.
Er deutschte lateinische Vorlagen ein, formte sie
nach seinen Bedürfnissen um und schrieb neue
Strophen. Dadurch konnte das Kirchenlied im reformierten Gottesdienst zunehmend Gewicht als
Ausdruck der Gemeinschaft und Träger der neuen Lehre gewinnen. Ein Grundgedanke war auch
hier, dem "gemeinen Mann" den Inhalt der Psalmen und des Schriftwortes näherzubringen und
im Sinne des allgemeinen Priestertums durch
den Gesang aktiv in die Messfeier einzubinden.
Viele dieser Luther-Lieder werden - nahezu unverändert - bis heute im Gottesdienst gesungen:
Ein feste Burg ist unser Gott , Aus tiefster Not
schrei ich zu dir , Vom Himmel hoch da komm
ich her (ungesichert).
Luther als Musiker
Während Reformatoren wie Calvin, Zwingli oder
Karlstadt jede Art von Musik in der Kirche ablehnten und zur Zerstörung der Orgeln aufforder-
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Bedeutsam für die Entwicklung der Kirchenmusik
wurden die Luther-Schriften "Von Ordnung Gottesdienst in der Gemeinde" (1524) und "Die
Deutsche Messe" (1526).
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Luther als Fabeldichter
Mit dem Streben nach religiöser Erneuerung geht
im Denken Luthers das Bemühen um praktische
Lebensklugheit einher. In der Fabel findet er ein
Medium, das diesen Zweck ebenso unterhaltsam
wie belehrend erfüllt. So geht Luther daran, die
Fabeln Äsops für Kinder und einfache Menschen verständlich und nutzbringend aufbereiten.
Erzählung und Lehre sind deutlich getrennt, wobei die Tierbeispiele zum Instrument ethisch-moralischer Erziehung werden.
Unter dem Titel "Etliche Fabeln aus Esopo / von
D.M.L. verdeutscht / sampt einer schönen Vorrede / von rechtem Nutz und Brauch desselben
Buchs / jederman wes Standes er auch ist / lustig
und dienlich zu lesen. Anno M.D.XXX" erscheinen die Fabeln erstmals 1557 im fünften Band
der Jenaer Lutherausgabe.
Als Vorlage dient das deutsche Fabelbuch des
Humanisten Heinrich Steinhöwel, dem er 13
Motive entnimmt und in knappe, gedrängte Prosa bringt.
Aesop
Heinrich Steinhöwel
Als Vater der abendländischen Fabel gilt Aesop
(griech. Aisopos). Fabelhaft ist auch die Gestalt
des Dichters: angeblich lebte er um die Mitte des
6. Jhs. v. Christus in Thrakien. Auf der Insel Samos fristete er zunächst das Leben eines Sklaven, wurde dann aber freigelassen, kam zu
großem Ansehen und avancierte schließlich zum
Gesandten des Königs Kroisos. In dessen Dienst
wurde er getötet.
Eigene Bücher hinterließ Aesop nicht. Im dritten
Jh. v. Chr. sammelte Demetrios von Phaleron Fabeln, die unter dem Namen Aesops kursierten.
Überliefert ist eine griechische Versbearbeitung
äsopischer Tierfabeln des Babrios aus dem zweiten nachchristlichen Jahrhundert.
Im Mittelalter sind die Tierfabeln des "Meister
Esopus" allen Klosterschülern in der lateinischen
Fassung des Fabeldichters Phäedrus (1. Jh. n.
Chr.) vertraut.
Der Arzt und Humanist Heinrich Steinhöwel
(1412 - 1478) übersetzte mehr als 140 Fabelmotive aus der lateinischen Fabelsammlung Corpus
fabularum aesopicarum ins Deutsche . 1480 erscheint seine gedruckte und mit mehr als 100
Holzschnitten versehene Sammlung bei Johann
Zeidler in Ulm, wird in viele Sprachen übersetzt
und immer wieder neu aufgelegt.
Luther prangert die Derbheit der Fabeln Steinhöwels an. Voller Zoten und Unzüchtigkeiten sei dieser "deutsche schändliche Esopus", von Säuen
geschrieben und für das Wirtshaus und Frauenhaus geeignet. Der Reformator setzt sich zum
Ziel, die Fabeln Steinhöwels zu "läutern" und zu
"fegen", um "feine, reine und nützliche Fabeln"
vorzulegen, die man "ohne Sünde lachend annehmen kann".
Vom Kranich und Wolffe
Sie sollen "zur Warheit betrügen" und dabei alle
Stände gleichermaßen ansprechen:
Nicht allein aber die Kinder / sondern auch die
grossen Fuersten und Herrn / kan man nicht bas
(= besser) betriegen / zur Warheit / und zu irem
nutz / denn das man inen (= die Fürsten) die
Narren die Warheit sagen / dieselbigen koennen
sie leiden und hoerren / sonst woellen oder koennen sie / von keinem Weisen die Warheit leiden.
(...) Und das ich ein Exempel gebe der Fabeln
wol zu gebrauchen / wenn ein Hausvater uber
Tisch wil Kurtzweil haben / die nuetzlich ist / kan
er seib Weib / Kind / Gesind / fragen / Was bedeutet diese Fabel?
Da der Wolff eins mals ein Schaf geiziglich (=
gierig) fras / bleib im ein bein im halse uber
zwerch (= quer) stecken / davon er grosse Not
und Angst hatte / Und erbot sich gros Lohn und
Geschenck zu geben / wer im hülffe. Da kam der
Kranich / und sties seinen langen Kragen dem
Wolff in den Rachen / und zoch das Bein eraus.
Da er aber das verheissen Lohn foddert (= fordert) / sprach der Wolff / Wiltu noch Lohn
haben / Dancke du Gott / das ich dir den Hals
nicht abgebissen habe / du soltest mir schencken (= ein Geschenk dafür machen) /das du lebendig aus meinem Rachen komen bist.
Um sein Ziel - Erziehung zu Kunst und Lebensweisheit - zu erreichen, formuliert er die Lehren
seiner Fabeln sehr konkret und anschaulich, wobei er sich oft sprichwörtlicher Wendungen bedient. Nutzwert, Verständnis und Klarheit haben
oberste Priorität.
Diese Fabel zeigt: Wer den Leuten in der Welt
wil wol thun / der mus sich erwegen (= darauf
gefasst machen) Undanck zu verdienen / Die
Welt lohnet nicht anders / denn mit Undanck /
wie man spricht. Wer einen vom Galgen erlöset /
Dem hilft derselbige gern dran.
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Vom Hunde im Wasser
Es lieff ein Hund durch ein Wasserstrom / und
hatte ein stück Fleisch im Maule / Als er aber
den schemen (= das Spiegelbild) vom Fleisch im
Wasser sieht / wehnet (= glaubt, meint) er / es
were auch Fleisch / und schnappet girig darnach.
Da er aber das Maul auffthet (= öffnete) / empfiel
(= entfiel) im das stück Fleisch / und das Wasser
fürets weg. Also verlor er beide / das Fleisch und
schemen.
Lehre: Man sol sich benügen (= genügen) lassen
an dem / das Gott gibt. Wem das wenige verschmahet (Wer ... gering achtet, verschmäht) /
dem wird das Grösser nicht / Wer zu viel haben
wil / der behelt zu letzt nichts / Mancher verleuret
/= verliert) das gewisse / uber dem ungewissen.
Zitiert nach: Adalbert Elschenbroich (Hg.) Die
deutsche und lateinische Fabel in der Frühen
Neuzeit. Bd. 1. Ausgewählte Texte. Tübingen
1990, S. 71-88.
Zeittafel
1483
10. November, Luther zu Eisleben geboren
1497-1501
Luther in Eisenach
1501
Studium an der Universität Erfurt
1505
Luther erhält den Magister, Eintritt in Augustinerkloster zu Erfurt
1508
Luther kommt an die Universität Wittenberg
1510/1511
Romreise Luthers
1512
Luther wird Doktor der Theologie
1517
Tetzels Ablasshandel - Luther schlägt am 31.10.
die 95 Thesen an
1518
Reichstag zu Augsburg
Luther vor Cajetan
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1519
Luthers zweite Verantwortung vor Miltitz, Karl V.
wird Deutscher Kaiser, Disputation Luthers zu
Leipzig mit Dr. Eck, Melanchton tritt an Luthers
Stelle
1520
Schriften Luthers:
• "An den christlichen Adel deutscher Nation,
von den christlichen Standes Besserung”
• "Von der babylonischen Gefangenschaft der
Kirche”
• "Von der Freiheit eines Christenmenschen”
Verbrennung der Bannbulle (10.12.)
1521
Luther auf dem Reichstag zu Worms (17./18.4.),
Wormser Edikt, Luther auf der Wartburg, Reichsacht über Luther, Übersetzung des Neuen Testaments auf der Wartburg
1522
Erste gedruckte Ausgabe von Luthers Übersetzung des NT, Luther verlässt die Wartburg und
eilt nach Wittenberg (Bilderstürmer), Abschaffung der Messe und Gottesdienst in deutscher
Sprache. Austeilung des Abendmahls unter beiderlei Geschlecht
1523
Abermalige, vergebliche Bannbulle gegen Luther
1524
Luther entsagt dem Mönchsstand, erstes evangelisches Gesangbuch mit 18 Luther-Liedern,
Schreiben Luthers an die Bürgermeister und
Ratsherren, Philipp der Großmütige erklärt sich
für die Reformation, Bauernkrieg
1525
Schlacht bei Frankenhausen, Ende des Bauernkrieges, Tod Friedrichs des Weisen, Einführung
der Reformation in Preußen, Luthers Heirat mit
Katharina v. Bora, Luthers Schrift "Wider die räuberischen und mörderischen Bauern”, Luther gegen Erasmus: "Vom unfreien Willen”.
1526
Einführung der Reformation in Hessen, Schutzund Trutzbündnis zu Torgau
1529
Reichstag zu Speyer, Aufkommen des Namens
"Protestanten”, Erneuerung des Wormser Edikts,
Ausarbeitung von 17 Glaubensartikeln durch Luther und andere zu Schwabach, Religionsgespräch zu Magdeburg
14
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Schulfernsehen
1530
Reichstag zu Augsburg, Luther übergibt die
Schwabacher Artikel zu Torgau, Luther auf Coburg, Übergabe des evanglischen Glaubensbekenntnisses (25. Juni), Augsburgische Konfession, Apologie der Evangelischen
1534-36
Münstersche Unruhen, Münster erobert, Ende
des Reichs der Wiedertäufer (Johann von Leyden, Knipperdolling)
1532
Reichstag zu Nürnberg, erster Religionsfriede
1536/37
Erneuerung des Schmalkaldischen Bundes und
Abfassung der Hauptartikel (Schmalkalische Artikel) der christlichen Religion durch Luther.
1534
Luthers vollständige Bibelübersetzung erscheint
18.2.1546
Tod Luthers zu Eisleben (10.12.)
Didaktische Hinweise
Die Sendung ist für den Einsatz im Religionsunterricht wie auch im Geschichtsunterricht ab der 7.
Klasse der Mittelschule und der entsprechenden Jahrgangsstufe der Realschule und des
Gymnasiums bestimmt.
Anregungen I
Die Klasse fertigt eine Zeitleiste an, in die die wichtigsten Ereignisse der Lutherzeit eingetragen
werden.
Besuch einer katholischen und einer evangelischen Kirche und Vergleich der Ausgestaltung beider
Räume.
Betrachten und Deuten alter Illustrationen (Holzschnitte, Gemälde)
•
zu mittelalterlichen Höllenbildern, zum Tod, zu Gott und dem Weltgericht (Welche Vorstellungen
hatten die Menschen von Gott? Welches Bild mache ich mir von Gott?)
•
zum Bauernaufstand (Wie werden die Bauern dargestellt?)
Deuten eines Kirchenliedes aus Wittenberg (1534). Wie wird im Liedtext Luthers Leben sichtbar?
Kirchenlied aus Wittenberg
Aus tiefer Not schrei ich zu dir, Herr Gott erhör mein Rufen.
Dein gnädig Ohren kehr zu mir und meiner Bitt sie öffne,
denn so du willst das sehen an,
was Sünd und Unrecht ist getan,
wer kann, Herr, von dir bleiben?
Bei dir gilt nichts denn Gnad und Gunst, die Sünde zu vergeben,
es ist doch unser Tun umsonst auch in dem besten Leben.
Vor dir niemand sich rühmen kann,
des muss dich fürchten jedermann
und deiner Gnade leben.
Darum auf Gott will hoffen ich, auf mein Verdienst nicht bauen;
auf ihn mein Herz soll lassen sich und seiner Güte trauen,
die mir zusagt sein wertes Wort;
das ist mein Trost und treuer Hort,
des will ich allzeit harren.
Psalm 130, Martin Luther, Wittenberg 1534.
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Schulfernsehen
Schulfernsehen
Interpretation von Luther-Liedern im Kirchengesangbuch. Ist ihre Aussage auch heute noch für mich
gültig?
Aus Luthers Liedtexten einzelne Strophen auswählen, die als Eingangswort zur Religionsstunde
vorgetragen werden können.
Collagen anfertigen zu einem
•
Fürbittengebet,
•
zu den 10 Geboten,
•
zum Glaubensbekenntnis.
Betrachten einer Textseite mit Illustrationen der Lutherbibel.
Gestalten einer alten Handschrift mit einem Bibeltext oder einem Liedvers. Zeichnen des
Anfangsbuchstabens einer Textzeile.
Tabelle erstellen: Was heißt katholisch - was heißt evangelisch?
Zeichnen einer Europakarte mit den Grenzen des Reiches der Habsburger.
Zeichnen einer mittelalterlichen Konfessionskarte Mitteleuropas.
Wie erklären sich in Deutschland auch heute noch evangelische bzw. katholische Gebiete? Wie
änderte sich Deutschland nach der Wende 1989/90?
Spurensuche: Warum bin ich evangelisch bzw. katholisch?
Was unterscheidet heute Katholiken und Protestanten? (Gelebte Religion in der Familie, in der
Schule, bei Festen)
Wie können wir in der Schule einen ökumenischen Gottesdienst gestalten?
Anregungen II
Einstieg
Katholische und evangelische Schüler sitzen zusammen in einer Klasse. Der Religionsunterricht ist
getrennt. Seit wann gibt es innerhalb der Christenheit verschiedene “Bekenntnisse”? Aktivierung des
Vorwissens der Schüler über Martin Luther.
Tafelanschrift: Martin Luther - Die neue Lehre
Einsatz des Films, 1. Abschnitt
Die alte Ordnung
Arbeitsaufgaben
Wie sah es in einer mittelalterlichen Stadt aus?
Das Bildmaterial des Films wird ausgewertet (Stadtmauer, Wehrgänge, Kirchen als dominierende
Gebäude, enge Straßen, Fachwerkhäuser, wenige Brunnen, Ställe im Hinterhof etc.).
Wie war es um Sauberkeit und Hygiene bestellt?
Der Text des Films wird ausgewertet (Abfall und Schmutzwasser verunreinigen die Straßen. Man
wohnt eng zusammen, Schweine, Ziegen, Hühner werden in den Hinterhöfen gehalten, Krankheiten
brechen aus. Seuchen verbreiten sich rasch).
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Schulfernsehen
Schulfernsehen
Der Tod, ein alltägliches Erlebnis?
Interpretation des im Film gezeigten Gemäldes “Der Tod und das Mädchen” (Bilder 1 und 2 von Hans
Baldung Grien).
Einsatz des Films, 2. Abschnitt
Das Kloster, der sichere Weg zum Heil?
Unterrichtsgespräch / Fragen zum inhaltlichen Verständnis
Warum ging Luther ins Kloster ?
Wie sah Luthers Leben im Kloster aus?
Tafelanschrift: Luthers Frage: Wie bekomme ich einen gnädigen Gott?
Einsatz des Films, 3. Abschnitt
Der Gerechte lebt aus dem Glauben
Arbeitsaufgaben
Bildbeschreibung und Interpretation des des Weimarer Altars von Lucas Cranach.
1. Bildbeschreibung
Der Mensch wird von Tod und Teufel verfolgt
(Bild 1).
Die Mitte bildet das Kreuz, an dem Christus
hängt (Bild 2)
.
Unterm Kreuz steht Luther, der die Menschen vertritt (Bild 3).
Ein Gnadenstrahl fällt herunter vom Kreuz auf die Gläubigen.
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2. Bildinterpretation
Christus hat durch seinen Tod am Kreuz alle Sünden auf sich genommen und die Menschen
gerechtfertigt.
Erarbeitung
Gott verzeiht dem Menschen, der an ihn glaubt.
Tafelanschrift
Luthers Antwort: Der barmherzige Gott rechtfertigt uns durch den Glauben.
Einsatz des Films, 4. Abschnitt
Der Konflikt mit Papst und Kaiser
Rollenspiel
Ein Schüler preist als “Tetzel” die päpstlichen Ablassbriefe an. Ein zweiter Schüler warnt als “Luther”
die Gläubigen vor dem Ablasskauf.
Einsatz des Films, 5. Abschnitt
Elemente der neuen Lehre
Erarbeitung
Luther prüft die Lehrmeinungen der alten Kirche am Wortlaut der Bibel.
Arbeitsaufgaben
Im Film sind die Lehren der alten Kirche und die “neue Lehre” Luthers einander gegenübergestellt.
Die Schüler, in zwei Gruppen unterteilt, sammeln die Merkmale.
Tafelanschrift
Du sollst auf nichts fußen als allein auf dem Wort
Links
http://www.ekd.de/
Evangelische Kirche in Deutschland
http://www.ekd.de/themen/luther2017.html
Luther 2017
http://www.ekd.de/medien/film/martinluther/index.html
Luther-Informationen der Evangelischen Kirche in Deutschland
http://www.wittenberg.de/
Lutherstadt Wittenberg
© Bayerischer Rundfunk
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