Large Tick Assets: impliziter Spread und optimale Tick Size Seminararbeit aus Finanz- und Versicherungsmathematik Wintersemester 2013/2014 Bettina Ferscha Inhaltsverzeichnis 1 Abstract 2 2 Grundlegende Begriffe 3 3 Der Zusammenhang zwischen Spread und Voltatilität bei Small Tick Assets 4 3.1 Theorie nach Madhaven, Richardson und Roomans . . . . . . . . . . . 4 3.2 Theorie nach Wyart, Bouchaud, Kockelkoren, Potters und Vettorazzo . 5 4 Das 4.1 4.2 4.3 4.4 4.5 Modell mit Unsicherheitszonen 7 Der effiziente Preis, der letzt gehandelte Preis und die Unsicherheitszonen 7 Die Dynamik des Transaktionspreises . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Bid-Ask-Spread . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Bedeutung des Modells und des Parameters η . . . . . . . . . . . . . . 10 Statistische Schätzer für η und die Volatilität . . . . . . . . . . . . . . . 10 5 Die Relation zwischen Spread und Volatilität bei Large Tick Assets: empirischer Ansatz 12 5.1 Definition der Variablen und eine erste graphische Analyse . . . . . . . 12 5.2 Lineare Regression . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 6 Die Relation zwischen Spread und Volatilität bei Large Tick Assets: theoretische Betrachtungsweise 16 7 Veränderung des Tick Values 17 7.1 Effekte der Veränderung des Tick Values . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 7.2 Optimaler Tick Value . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 8 Schlusswort 21 9 Literaturverzeichnis 22 1 1 Abstract Die folgende Seminararbeit beschäftigt sich mit einer speziellen Art von Assets, nämlich Large Tick Assets. Die Besonderheit der Large Tick Assets im Gegensatz zu den Small Tick Assets liegt darin, dass der effektive Spread der Größe eines Ticks entspricht. Wir werden uns daher mit dem so genannten impliziten Spread genauer auseinander setzen, mit dessen Hilfe wir die Tick Size von Large Tick Assets sinnvoll definieren können. Zu diesem Zweck wird das Modell mit Unsicherheitszonen vorgestellt, denn es ermöglicht, sehr einfach den impliziten Spread zu beschreiben. Neben dem Spread und der Tick Size werden auch einige andere wichtige Eigenschaften, wie beispielsweise die Volatilität untersucht. Es wird sich zeigen, dass zwischen dem Spread und der Volatilität ein interessanter Zusammenhang besteht. Es werden zunächst zwei Theorien für Small Tick Assets vorgestellt, die diese Relation beschreiben. Die Ergebnisse dieser Studien können wir dann später auch in abgeänderter Form auf Large Tick Assets anwenden. Schlussendlich werden wir uns mit den Auswirkungen von Veränderungen einzelner Parameter auseinander setzen. Insbesondere interessiert uns, welchen Effekt eine Erhöhung oder Senkung des Tick Values auf die verschiedenen Marktgrößen hat und wie dieser Parameter optimal gewählt werden kann. 2 2 Grundlegende Begriffe Zunächst sollen einige wichtige Quantitäten, die für das Studium von Wertpapiern und deren Kursentwicklung unumgänglich sind, kurz erläutert werden. Eine besonders wichtige Kenngröße stellt die Tick Size dar. Unter der Tick Size versteht man die kleinste Preisänderung eines Wertpapierkurses. Man kann sich darunter die minimal zulässige Schrittweite auf der Stufenleiter eines Kurses vorstellen. Die Tick Size wird von der jeweiligen Börse festgesetzt und kann nach Art des Wertpapieres und nach dem aktuellen Kurs variieren. Meist wählt man die kleinste verfügbare Währungsstückelung, also 1 Cent oder 1 Penny. Die Empfindung, ob ein Asset eine große oder kleine Tick Size hat, hängt auch stark von anderen Parametern wie dem Tick Value, dem Preis, der eigenen Handelsstrategie oder der gehandelten Menge ab. Eng verbunden mit der Tick Size ist der Tick Value. Er entspricht dem in Geld gemessenen Gegenwert einer Veränderung um einen Tick. Der Tick Value kann auch abhängig vom Preis sein, wie es beispielsweise bei den Aktien, die am Euronext Paris gehandelt werden, der Fall ist: Aktien mit Preisen von 0 bis 9,999 Euro haben einen Tick Value von 0,001 Euro, während der Tick Value aller Aktien über 10 Euro 0,005 Euro entspricht. Die Wertänderung eines Wertpapiers berechnet sich durch die Multiplikation des Tick Values mit der Anzahl der Ticks. Eine weitere wichtige Größe, die in dieser Arbeit noch genauer studiert wird, ist der Bid-Ask-Spread. Hierbei handelt es sich um die Differenz zwischen dem Bidkurs (Geldkurs), dem maximalen Preis, zu dem Marktteilnehmer bereit sind, ein Wertpapier zu kaufen, und dem Askkurs (Briefkurs), dem niedrigsten Preis, zu dem Verkäufer bereit sind, Aktien zu verkaufen. Bei Large Tick Assets entspricht der Bid-Ask-Spread in etwa einem Tick, wohingegen der Spread von Small Tick Assets aus mehreren Ticks besteht. Es wird daher auf den nachfolgenden Seiten der implizite Spread vorgestellt, mit dessen Hilfe wir die Tick Size der Large Tick Assets sinnvoll darstellen können. Auch die Volatilität soll im Folgenden von großer Bedeutung sein. Sie ist ein Maß für die Schwankung eines Wertpapieres und steht in engem Zusammenhang mit dem Spread, wie sich in dieser Arbeit zeigen wird. Eine hohe Volatilität bedeutet eine starke Schwankung des Wertpapierkurses, wohingegen eine niedrige Schwankung auf einen stabilen Wertpapierkurs hinweist. 3 3 Der Zusammenhang zwischen Spread und Voltatilität bei Small Tick Assets Bevor wir uns nun tatsächlich mit den Large Tick Assets auseinander setzen, sollen hier 2 Ansätze, die die Relation zwischen dem Spread und der Volatilität für Small Tick Assets beschreiben, vorgestellt werden. Diese Theorien können wir später auf die Large Tick Assets in abgeänderter Form anwenden. 3.1 Theorie nach Madhaven, Richardson und Roomans Ausgegangen wird von der Existenz eines echten bzw. effizienten Preises für die Aktie. Wir betrachten den bekannten Preis pi nach dem i-ten Handel und nehmen zusätzlich an, dass alle Transaktionen das gleiche Volumen haben. Es gilt dann: pi+1 − pi = ξi + θi ξi ist hier eine unabhängig, gleichverteilte Zufallsvariable mit Erwartungswert 0 und Varianz v 2 . ξi ist eine so genannte Schockkomponente, sie modelliert plötzlich auftretende Ereignisse, die zu einer Veränderung in Angebot und Nachfrage führen. i repräsentiert das Vorzeichen des i-ten Handels und wir nehmen an, dass die i unabhängig voneinander sind. Theta ist ein deterministischer Parameter, der durch den Handelseinfluss bestimmt wird. Marktmacher stellen nun einen Bid- und Askpreis ai und bi : ai = pi + θ + φ, bi = pi − θ − φ φ ist ein Extrakompensator, der Verarbeitungskosten sowie das Risiko der Schockkomponente deckt. Ist φ=0, dann ist der Preis angemessen. Denn dann sind die Kosten der Marktorder aus nachträglicher Sicht betrachtet (also ai −pi+1 und pi+1 −bi ) gleich 0. Der Spread ist nun die Differenz zwischen dem Bid- und Askpreis. Wir erhalten daher: S = a − b = 2(θ + φ) 4 Unter Vernachlässigung der Schockkomponente ist die Varianz pro Handel für den effizienten Preis gegeben durch 2 σtr = E[(pi+1 − pi )2 ] = θ2 + ν 2 ∼ θ2 und σtr ∼ θ Durch Einsetzen in die Spreadgleichung ergibt sich folgende Relation: S ∼ 2σtr + 2φ Auf diesen Zusammenhang zwischen Volatilität und Spread werden wir später bei der Untersuchung der Large Tick Assets noch einmal zurückkommen. 3.2 Theorie nach Wyart, Bouchaud, Kockelkoren, Potters und Vettorazzo Für diese Theorie wird die Dichotomie zwischen Marktmachern und Marktteilnehmern ausgenutzt. Während Marktmacher geduldige Händler sind, die Limitordern bevorzugen, auf die Ausübung der Aktien warten und sich daher aber auch einer höheren Volatilität aussetzen, sind Marktteilnehmer hingegen ungeduldige Händler, die Marktordern und daher auch sofortige Ausübung der Wertpapiere bevorzugen, das Volatilitätsrisiko ist in diesem Fall nicht so hoch. Betrachten wir nun eine typische Markmacherstrategie so ist der durchschnittliche Gewinn und Verlust gegeben durch S c − σtr 2 2 wobei S der durchschnittliche Spread und c eine Konstante ist, die abhängig von der Art des Wertpapieres zwischen 1 und 2 liegt. Dieser Profit bzw. Verlust entspricht demnach den durchschnittlichen Kosten einer Marktorder. Nachdem aber jeder Agent frei zwischen Markt- und Limitordern wählen kann, hat dies eine Stabilisation des Marktes und somit auch den gleichen Preis für beide Orderarten zur Folge, nämlich 0. 5 Durch Umformen der obigen Formel erhalten wir somit folgenden Zusammenhang zwischen dem Spread und der Volatilität: S ∼ cσtr Auch diese Relation wird uns in der späteren Untersuchung noch nützlich sein. 6 4 Das Modell mit Unsicherheitszonen Um nun die vorgestellten Theorien zwischen der Volatilität und dem Spread auf Large Tick Assets anwenden zu können, müssen wir den Spread dieser speziellen Assets genauer definieren. Wie schon zuvor erwähnt, ist die Besonderheit der Large Tick Assets, dass der effektive Bid-Ask-Spread genau der Größe eines Ticks entspricht. Daher wollen wir den so genannten impliziten Spread definieren. Dies gelingt uns mit Hilfe des Modells mit Unsicherheitszonen. Bei diesem Modell handelt es sich um ein statistisches Modell für Transaktionszeiten und -dauern, wobei nur Transaktionen, die zu einer Preisänderung führen, beachtet werden. Das Modell repräsentiert am Markt häufig beobachtete Fakten und spiegelt diese wider. Der Aufbau des Modells ist sehr einfach. Es seien sowohl der Bid- als auch der Askpreis eines Assets gegeben. Nun hat aber jeder Marktteilnehmer auf Grund unterschiedlicher Einflüsse eine Meinung über den Wert des Assets, die nicht unbedingt mit dem tatsächlichen Preis übereinstimmt. Der Marktkonsens über den Wert des Assets wird als effizienter Preis bezeichnet. Es gibt allerdings eine gewisse Unsicherheit über den Wert des effizienten Preises und Marktteilnehmer sind eher zögerlich bezüglich Preisveränderungen. Daher kommt es nur dann zu einer Preisveränderungen, wenn einige Käufer und Verkäufer überzeugt sind, dass der effiziente Preis zu weit vom letzt gehandelten Preis entfernt ist. Wir können also daraus schließen, dass wenn ein Handel stattfindet, der zu einer Preisveränderung führt, der effiziente Preis vor dem Handel sehr nahe an dem neuen potenziellen Transaktionspreis gelegen haben muss. 4.1 Der effiziente Preis, der letzt gehandelte Preis und die Unsicherheitszonen Der effiziente Preis Xt zur Zeit t wird durch einen Ito-Prozess modelliert: Z Xt = X0 + t Z au du + 0 t σu− dWu 0 X0 ist der effiziente Preis zum Zeitpunkt t = 0 und Wt eine an die Filtration Ft adaptierte Brown’sche Bewegung ist. au ist ein bezüglich der Filtration F progressiv messbarer und lokal beschränkter Prozess und σu ein adaptierter rechtsstetiger und linksseitig beschränkter Prozess. Pt sei der letzt gehandelte Preis zum Zeitpunkt t. Für die Definition der Unsicherheitszonen sei α der Tick Value und η ein Parameter mit 0 < η ≤ 1 . Die Unsicherheitszonen sind nun Intervalle der Länge 2ηα um den Wert α/2. 7 4.2 Die Dynamik des Transaktionspreises Die Dynamik des Transaktionspreises lässt sich gut als Funktional des letztgehandelten Preises Pt , des effizienten Preises Xt und den Unsicherheitszonen darstellen: Theorem 1 Sei t0 eine beliebige Zeit und Pt0 der letztgehandelte Preis. Sei τtu0 der erste Zeitpunkt nach t0 , an dem Xt die Unsicherheitszone über Pt0 überschreitet, sodass der Wert Pt0 + α/2 + ηα angenommen wird. Sei τtd0 der erste Zeitpunkt nach t0 , an dem Xt die Unsicherheitszone unter Pt0 unterschreitet, sodass der Wert Pt0 − α/2 − ηα angenommen wird. Dann kann zu keiner Zeit t > t0 eine Transaktion zu einem höheren (bzw. niedrigeren) Preis als Pt0 vor τtu0 (bzw. τtd0 ) stattfinden. Ist τtu0 < τtd0 (bzw. τtu0 > τtd0 ) so ist der neue Transaktionspreis zur Zeit τtu0 (bzw.τtd0 ) Pt0 + α (bzw. Pt0 − α). Durch Abbildung 1 soll Theorem 1 veranschaulicht werden. Abbildung 1: Die blaue Kurve stellt den effizienten Preis dar, die schwarze stufenweise Linie den letztgehandelten Preis. Die Unsicherheitszonen sind durch rot gestrichelte Linien rund um den grün gekennzeichenten Wert α/2 markiert. Wie in Abbildung 1 ersichtlich ändert sich der Transaktionspreis genau dann um einen Tick, wenn der effiziente Preis zu weit vom letzt gehandelten Preis entfernt ist, also wenn der effiziente Preis die Unsicherheitszone über oder unter dem letzt gehandelten Preis verlässt. 8 4.3 Bid-Ask-Spread Da wir uns in dieser Arbeit mit Large Tick Assets beschäftigen, ist der Spread bekanntlich konstant und gleich einem Tick. Wir formulieren somit Theorem 2. Theorem 2 Der Bid-Ask-Spread ist konstant und gleich dem Tick Value α. Der Bid-Ask-Spread hat nun die Form [b, b + α]. Betrachten wir die Unsicherheitzone in diesem Intervall, so repräsentiert diese jenen Wertebereich des effizienten Preises, wo sowohl Transaktionen zum besten Bid als auch zum besten Ask ausgeführt werden können. Sie beschreibt also in natürlicher Weise den Spread, weshalb wir im Folgenden die Größe der Unsicherheitszone, also 2ηα, als impliziten Spread annehmen. Für gegebenen Bid-Ask-Spread können wir nun 3 Bereiche für die Werte des effizienten Preises definieren: • Verkaufszone: (b − α/2 − ηα, b + α/2 − ηα) • Kauf-/Verkaufszone: [b + α/2 − ηα, b + α/2 + ηα] • Kaufzone: (b + α/2 + ηα, b + 3α/2 + ηα) Abbildung 2: Bid- und Askpreis sind gegeben (100 und 101). Der Bid-Ask-Spread (=α) ist also 1. Die weiße Unsicherheitszone innerhalb des Bid-Ask-Spreads stellt die Kaufund Verkaufszone dar. Der rot gestrichelte Bereich darüber ist die Kaufzone und der rot gestrichelte Bereich unterhalb die Verkaufszone. 9 4.4 Bedeutung des Modells und des Parameters η Das Modell mit den Unsicherheitszonen ist sehr einfach aufgebaut und leicht verständlich. Zur Konstruktion benötigen wir lediglich wenige Parameter wie den zuletzt gehandelten Preis Pt und den Parameter für die Unsicherheitszonen η. Dennoch, trotz Einfachheit des Modells, werden alle Fakten des Marktes akkurat reproduziert. Der Parameter η wird sich als sehr wichtig erweisen, da er einen großen Einfluss auf diverse Martkgrößen hat. So wird beispielsweise die Kauf- und Verkaufszone durch den Parameter η bestimmt. Ist η klein, so haben wir eine hohe Mittelwertrückkehr des Preises und die Kauf- und Verkaufszone ist sehr klein. Liegt η jedoch nahe an 1/2, so hat die Kauf- und Verkaufszone die Größe eines Ticks und somit ist die Tick Size, wie wir später sehen werden, optimal. Des weiteren repräsentiert η die Aversion der Marktteilnehmer gegen eine Preisveränderung. Bei einer großen Tick Size stehen die Marktteilnehmer einer Veränderung des Preises um einen Tick skeptisch gegenüber. Daher kommt es nur dann zu einer Veränderung, wenn sie tatsächlich überzeugt sind, dass eine Preisänderung Sinn macht. Der effiziente Preis Xt muss die Barriere α/2 + ηα überschreiten bzw. α/2 − ηα unterschreiten, sodass es zur Veränderung des Transaktionspreises kommt. Ist nun η klein, so bedeutet das, dass ein kleiner Prozentsatz des Tick Values ausreicht, um eine Preisänderung zu bewirken. In diesem Fall ist der Tick Value also sehr groß. Wie schon zuvor erwähnt, spielt η eine wichtige Rolle hinsichtlich des impliziten Spreads (=2ηα). Dieser wird allerdings im nächsten Kapitel noch genauer untersucht. 4.5 Statistische Schätzer für η und die Volatilität Für die Schätzung von η benötigen wir einerseits die Anzahl der aufeinanderfolgenden (a) alternierenden Preissprünge um jeweils einen Tick im Zeitraum [0, t] (=Nα,t ) sowie andererseits die Anzahl der aufeinanderfolgenden Preissprünge um jeweils einen Tick (c) in dieselbe Richtung im Zeitraum [0, t] (=Nα,t ). Ein Schätzer für η auf dem Intervall [0, t] ist dann gegeben durch: (c) Nα,t η̂α,t = (a) 2Nα,t 10 Den Schätzer für die Volatilität können wir leicht mit Hilfe des effizienten Preises Xt berechnen. Dieser lässt sich nämlich wie folgt darstellen: Xti = Pti − sign(Pti − Pti−1 )(1/2 − η)α wobei Pti der Transaktionspreis zum Zeitpunkt ti ist. Durch Einsetzen der Schätzers η̂ in obige Gleichung erhalten wir: bt = Pt − sign(Pt − Pt )(1/2 − η̂α,t )α X i i i i−1 Der Schätzer für die Varianz σ 2 , basierend auf den geschätzten Werten des effizienten Preises auf dem Intervall [0, t], lässt sich nun berechnen durch: 2 σd [0,t] = X bt − X bt )2 (X i i−1 ti ≤t 11 5 Die Relation zwischen Spread und Volatilität bei Large Tick Assets: empirischer Ansatz Wir wollen nun den Zusammenhang zwischen dem Spread und der Volatilität bei Large Tick Assets untersuchen. Im vorherigen Kapitel haben wir mit Hilfe des Modells mit Unsicherheitszonen feststellen können, dass der konventionelle Spread sehr gut durch den impliziten Spread für Large Tick Assets beschrieben werden kann. In dieser Zone (mit Breite 2ηα) sind nämlich sowohl Kauf- als auch Verkaufsordern möglich sind. Wir werden daher die in Kapitel 3 vorgestellten Theorien bezüglich des Zusammenhangs zwischen Spread und Volatilität auf den impliziten Spread der Large Tick Assets und die Volatilität übertragen. 5.1 Definition der Variablen und eine erste graphische Analyse Wir wollen nun die Theorie von Madhaven et. al aufgreifen und im Folgenden die Beziehung Impliziter Spread ∼ Volatilität pro Handel + Konstante untersuchen. Wir haben bereits einen Schätzer für die Varianz σ 2 für denqeffizienten Preis kennen 2 gelernt und können diesen nun benutzen. Wir erhalten σ̂ = σd [0,t] . Ist M die Menge aller Transaktionen im Intervall [0, t], dann ist die Volatilität pro √ Handel gegeben durch σ̂/ M . Wir erinnern uns, dass bei Madhaven et al. folgende Relation galt: S ∼ 2(σtr + φ) Angewandt auf unser Problem ergibt sich somit: σ ηα ∼ √ + φ M Ab jetzt werden wir allerdings keinen Unterschied zwischen den wahren und geschätzten Werten machen und daher das Dach weglassen. 12 Anhand einiger Daten wollen wir feststellen, ob diese Relation tatsächlich korrekt ist. Zu diesem Zwecke wurden 10 verschiedene Futures, unterschiedlicher Assetklassen und an unterschiedlichen Börsen gehandelt, über einen Zeitraum von 7 Monaten beoachtet. Es handelt sich bei allen Kontrakten um Large Tick Assets, also Assets mit einem Spread, der in etwa einem Tick entspricht. In der nachfolgenden Tabelle 1 wird neben Informationen über die Kontrakte, den für uns interessanten Tick Value, den durchschnittlichen Handel pro Tag, den durschnittlichen Werten von η auch der Prozentsatz jener Handel angegeben, bei denen beobachtet wurde, dass der Spread vor dem Handel genau einem Tick gleicht (=#S). Tabelle 1 13 Um einen ersten Eindruck von der Relation zwischen dem impliziten Spread und der Volatilität zu bekommen, wollen wir zunächst in Abbildung 3 ein Koordinatensystem betrachten, in das die gesammelten Daten eingetragen sind. Wir vernachlässigen vor√ erst die Konstante φ und betrachten die Gesamtheit aller Punkte (ηα M ,σ), wobei jeder Punkt ein Asset pro Tag repräsentiert. Zur besseren Übersicht verwenden wir √ √ hier nicht (ηα,σ M ), sondern (ηα M ,σ). √ In Abbildung 3 ist bereits deutlich zu erkennen, dass zwischen σ und ηα M ein linearer Zusammenhang besteht, denn die Punkte derselben Futures liegen auf einer Gerade. Abbildung 3 5.2 Lineare Regression Mittels linearer Regression wollen wir die Abhängigkeit der beiden Marktgrößen genauer beschreiben. Die Konstante φ soll auch wieder berücksichtigt werden. Sie beinhaltet unter anderem Verwaltungskosten. Gleicht der Spread nicht exakt einem Tick, so machen die Marktmacher einen kleinen Gewinn. Wir nehmen im Folgenden an, dass √ die Konstante proportional zum durchschnittlichen täglichen Spread (S M ) ist. Wir suchen nun also drei Konstanten p1 , p2 , p3 , sodass die Gleichung √ √ σ = p1 ηα M + p2 S M + p3 14 (1) erfüllt ist. Wir erhalten, nach Ausführung der Analyse, folgende Werte für die einzelnen Assets: Tabelle 2 Die Werte des Bestimmtheitsmaßes R2 deuten daraufhin, dass die lineare Approximation sehr gut ist. Wir können bei den Werten p1 und p2 aus Tabelle 2 einen deutlichen Trend erkennen. Die Werte p1 liegen allesamt sehr nahe am Wert 1, die Werte p2 nahe an 0,10. Der Parameter p3 , ein zufälliger Fehler, ist vernachlässigbar, wie in der nächsten Abbildung erkenntlich ist. Wir betrachten wieder die Gesamtheit aller Punkte, diesmal aber unter Berücksichtigung der Regressionsparameter p1 und p2 , also die √ √ Punkte (p1 ηα M ,σ − p2 S M ). Man kann in Abbildung 4 erkennen, dass nun alle Punkte sehr nahe an der 1. Winkelhalbierenden liegen. Abbildung 4 15 6 Die Relation zwischen Spread und Volatilität bei Large Tick Assets: theoretische Betrachtungsweise Empirisch haben wir bereits deutlich gesehen, dass ein Zusammenhang zwischen dem Spread und der Volatilität besteht. Wir wollen diese in der empirischen Studie gewonnenen Ergebnisse nun auch theoretisch belegen. Dazu bedienen wir uns der Tatsache, dass der Gewinn der Marktmacher der Verlust der Marktteilnehmer ist und umgekehrt. Wir berechnen also die erwarteten Kosten einer Marktorder relativ zum effizienten Preis einer Marktorder. Wir erinnern uns, an das Modell mit den Unsicherheitszonen und betrachten eine Marktorder, die zu einem Preisanstieg zur Zeit t führt. Xt sei der effiziente Preis zum Transaktionszeitpunkt t und dieser liege in der Bid-Ask-Zone. Daraus folgt, dass der Preis der Marktorder Pt = Xt + α/2 − ηα gewesen sein muss. Nach dieser Transaktion gibt es zwei Möglichkeiten: • Der nächste Transaktionspreis ist Pt − α. Das ist genau dann der Fall, wenn der effizienter Preis die Grenze Xt − 2ηα unterschritten hat. Die Wahrscheinlichkeit 1 . dafür beträgt 1+2η • Der nächste Transaktionspreis ist Pt + α. Das ist genau dann der Fall, wenn der effiziente Preis die Grenze Xt +α überschritten hat. Die Wahrscheinlichkeit dafür 2η . beträgt 1+2η Zusammengefasst ergibt sich somit der erwartete Gewinn bzw. Verlust einer Marktorder durch: (Xt + α/2 − ηα) − ( 1 2η (Xt − 2ηα) + (Xt + α)) = α/2 − ηα 1 + 2η 1 + 2η Im Falle von Small Tick Assets sollte der erwartete Preis einer Marktorder 0 sein. Bei Large Tick Assets ist das jedoch nicht der Fall, der erwartete Preis beträgt α/2 − ηα. Dies entspricht genau dem Verlust der Marktteilnehmer. Bei Wyart et. al haben wir gesehen, dass der durchschnittliche Gewinn einer Marktmacher Strategie gegeben ist √ durch: α/2 − σ/ M . Setzen wir diese beiden Terme gleich, so erhalten wir genau die bekannte Relation: σ ηα ∼ √ M 16 7 Veränderung des Tick Values Der Tick Value hat große Bedeutung am Aktienmarkt. Er ist einer der wichtigsten Parameter, um den Markt zu regulieren. Daher ist es für Marktdesigner und Marktregulatoren eine schwierige Aufgabe einen geeigneten Tick Value zu wählen und zu fixieren. Die zahlreichen Effekte, die eine Veränderung dieses Parameters bewirkt, sind gründlich zu bedenken. Ist nämlich der Tick Value zu klein, so ist er sowohl für Marktmacher als auch für Marktteilnehmer nicht signifikant. Dies stellt eine Schwierigkeit für Marktmacher da, wenn es darum geht, die Bid- und Askpreise festzusetzen. Ein weiterer Nachteil bei zu kleiner Wahl des Tick Values ist, dass Orderbücher unstabil werden, da Marktteilnehmer die Preise ihrer Limitordern verändern, um so an Priorität zu gewinnen. Da Marktteilnehmer aber nur zu einigen wenigen Zeilen des Orderbuchs Zugang haben, sind diese nicht mehr zuverlässig oder es wird weniger Liquidität bereitgestellt und es kann kein vernünftiger Preis festgesetzt werden. Ein zu großer Tick Value hingegen verhindert, dass sich der Preis frei bewegen kann. Nun bedeutet eine Änderung des Tick Values auch immer eine Veränderung anderer Marktquantitäten wie beispielsweise der Handeslanzahl, der Liquidität oder des Spreads. Der erste Schritt des Marktdesigners ist daher festzulegen, welche Effekte erwünscht sind und wie diese erreicht werden können. Erst im zweiten Schritt kann schließlich über die Umsetzung nachgedacht werden. 7.1 Effekte der Veränderung des Tick Values Wir wollen folgende Variablen vor und nach Veränderung des Tick Values näher untersuchen: die Volatilität σ, die Anzahl der Transaktionen pro Tag M , das gehandelte Volumen V pro Tag sowie die Regressionsparameter p1 und p2 und η. Im Folgenden kennzeichnet eine Variable mit Index 0 den Wert vor der Veränderung des Tick Values, die Variable ohne Index den Wert nach der Veränderung. • Die Parameter α0 und α werden fixiert. • Die Volatilität σ sowie das Handelsvolumen V verändern sich nicht. Also: σ = σ0 , V = V0 • Die Regressionsparameter p1,0 und p2,0 sind bekannt, p1 und p2 vorerst unbekannt. Wir können allerdings auf Grund unserer vorherigen empirirschen Studie annehmen, dass p1 ∼ p1,0 ∼ 1 und p2 ∼ p2,0 , p2 ∈ [0, 0.1] 17 • Die Anzahl der Transaktionen M ist abhängig von α0 und α. • Der Paramter η0 ist bekannt, η hingegen unbekannt. Nachdem die Volatilität vor und nach der Veränderung des Tick Values gleichbleibt, also σ = σ0 , können wir in die bereits bekannte Gleichung (1) einsetzen und erhalten: p p √ √ p1 ηα M + p2 α M = p1,0 η0 α0 M0 + p2,0 α0 M0 Wir dürcken uns η aus und stellen die Veränderung der Transaktionen M als ein Funktional der Veränderung des Tick Values dar, so ergibt sich folgende Relation: η∼ p1,0 η0 + p2,0 p1 α0 1−β/2 p2 − α p1 Typische Werte für β sind 1 und 1/2. Wir können drei verschiedene Prognosen erstellen, abhängig von der Wahl der Parameter p1 und p2 . Für die erste Version nehmen wir an, dass p1 = p1,0 und p2 = p2,0 woraus folgt: VERSION 1 p2,0 α0 1−β/2 p2,0 η ∼ η0 + − p1,0 α p1,0 (2) Wir können weiter vereinfachen und setzen p1 = p1,0 = 1 und p2 = p2,0 = 0.1: VERSION 2 η ∼ (η0 + 0.1) α 1−β/2 0 α − 0.1 (3) Wählen wir schließlich p1 = p1,0 = 1 und p2 = p2,0 = 0 so erhalten wir: VERSION 3 η ∼ η0 α 1−β/2 0 α (4) Wir können also den Parameter η abhängig von der Veränderung des Tick Values bestimmen. An einem Beispiel wollen wir zeigen, dass derartige Prognosen sinnvoll sind. Der Tick Value des Boblkontrakts wurde am 25. Juni 2009 verdoppelt. 12 Tage vor der Veränderung des Tick Values wurde eine Prognose mit der 1. Version für β = 1 und β = 1/2 erstellt. 18 Abbildung 5: Abbildung 5 zeigt, dass eine derartige Prognose sehr gute Ergebnisse für den Wert η liefert. 7.2 Optimaler Tick Value Einen optimalen Tick Value zu finden, ist keine einfache Aufgabe. Diverse Marktmacher und Marktteilnehmer haben unterschiedliche Meinungen bezüglich eines optimalen Wertes. Wir versuchen dennoch, eine Definition zu erarbeiten. Nachdem wir uns mit Large Tick Assets befassen, sind zwei wesentliche Faktoren wichtig: • Der durchschnittliche Preis einer Limitorder ist gleich dem durchschnittlichen Preis einer Marktorder, und zwar 0. • Der Spread ist stabil und hat annähernd die Größe eines Ticks. Diese Definition erscheint sehr sinnvoll, da sie sowohl für Marktmacher als auch Marktteilnehmer von Vorteil ist. Es gibt keine impliziten Kosten und wenn der Tick dem Spread gleicht keine lückenhaften Orderbücher, die zur Verringerung der Liquidität führen können. Es ist nun leicht ersichtlich, dass der Tick Value optimal ist, wenn η = 1/2. Setzen wir diesen Wert nämlich in die Formel des impliziten Spreads (=2ηα) ein, so erhalten wir genau α. Der Spread entspricht also genau dem Tick Value. Ist dies der Fall, so ist auch die Tick Size optimal. Diese Tick Size ist dann für jedes Asset optimal, wohingegen der optimale Tick Value von den Eigenschaften des Assets abhängig ist. 19 Wir können mit diesem Wissen sehr einfach den optimalen Tick Value berechnen. Dazu formen wir die Gleichungen (2), (3), (4) nach α um und setzen für η 1/2 ein und erhalten schließlich wieder 3 Versionen: VERSION 1 α ∼ α0 η0 p1,0 + p2,0 p1,0 /2 + p2,0 VERSION 2 α ∼ α0 η0 + 0.1 0, 6 1 1−β/2 (5) 1 1−β/2 (6) VERSION 3 1 α ∼ α0 (2η0 ) 1−β/2 20 (7) 8 Schlusswort Wir wollen das Erarbeitete noch einmal kurz zusammenfassen: Da der Bid-Ask-Spread der Large Tick Assets der Größe eines Ticks entspricht, arbeiteten wir mit dem impliziten Spread, den wir mit Hilfe des Modells mit den Unsicherheitszonen konstruierten. Wir konnten so die Ergebnisse bezüglich der Relation zwischen der Volatilität und dem Spread für Small Tick Assets auf die Large Tick Assets anwenden. Dass diese Relation tatsächlich auch für Large Tick Assets gültig ist, konnten wir sowohl empirisch zeigen, als auch durch theoretische Überlegungen belegen. Schließlich beobachteten wir die Effekte, die die Veränderung des Tick Values auf diverse Marktgrößen, speziell auf η, hat. Wir überlegten, welcher Tick Value nun optimal sei und kamen zu dem Ergebnis, dass dies der Fall ist, wenn η = 1/2 ist. 21 9 Literaturverzeichnis Dayri, K., Rosenbaum, M., 2013, Large Tick Assets: implicit spread and optimal tick size Madhavan, A., Richardson, M., and M. Roomans, 1997, Why do security prices change? A transaction-level analysis of NYSE stocks Wyart, M., Bouchaud, J.P., Kockelkoren, J., Potters, M., and M. Vettorazzo,2008, Relation between bid-ask spread, impact and volatility in double auction markets 22