Dossier Russlanddeutsche - Bundeszentrale für politische Bildung

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Dossier
Russlanddeutsche
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Dossier: Russlanddeutsche (Erstellt am 24.07.2017)
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Einleitung
Vor 80 Jahren begann mit dem NKWD-Befehl Nr. 00439 am 25. Juli 1937 die "Deutsche Operation".
Ihr fielen viele deutschstämmige Sowjetbürger zum Opfer, deren Vorfahren vor allem im 18. und 19.
Jahrhundert auf Einladung der russischen Monarchen in Russland eine neue Heimat gefunden hatten.
Bereits Zar Peter I. warb in einem Manifest aus dem Jahr 1702 um deutschstämmige Offiziere für die
Modernisierung seiner Streitkräfte. Doch erst ab 1763 mit dem "Kolonistenbrief" der Zarin Katharina
II. und seiner Neuauflage 1804 unter Zar Alexander I. kamen zahlreiche Deutsche als Siedler nach
Russland. Mit ihrer eigenen Sprache, Kultur und ihren Traditionen stellten sie im Zarenreich eine
besondere Bevölkerungsgruppe dar. Durch ihre politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Leistungen
wurden sie zu einem wichtigen Kapitel der russländischen Geschichte.
Mit dem Ersten Weltkrieg änderte sich die Situation für viele treue deutschstämmige Untertanen, eine
Zeit der Unterdrückung begann. Während der Sowjetzeit verstärkten sich die Repressionen und
mündeten in politisch-ethnisch motivierte Säuberungsaktionen, bei denen alleine zwischen 1937 und
1938 aufgrund des Befehls "Deutsche Operation" mindestens 52.000 Russlanddeutsche verurteilt und
erschossen wurden. Bis Ende 1941 wurden rund 900.000 nach Zentralasien und Sibirien deportiert.
Die Marginalisierung und Unterdrückung ging weiter und endete auch nicht mit Stalins Tod. In den
folgenden Jahrzehnten wurde den meisten Ausreisewilligen die Ausreise aus der Sowjetunion
verweigert.
Mit der Liberalisierung unter Gorbatschow Mitte der 1980er Jahre veränderte sich die Lage
grundlegend. In der Folge kamen gut 2,3 Millionen sogenannte russlanddeutsche (Spät-)Aussiedler
im Rahmen von Artikel 116, Abs. 1 des Grundgesetzes sowie §§ 1 und 6 des
Bundesvertriebenengesetzes und Flüchtlingsgesetzes von 1953 zurück in ihre "historische Heimat".
Dieses Dossier wirft einen Blick auf wichtige Etappen ihrer Geschichte und soll schrittweise ausgebaut
werden.
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Inhaltsverzeichnis
1.
Geschichte der Russlanddeutschen ab Mitte der 1980er Jahre
4
2.
Nationalitätenpolitik gegenüber der deutschen Minderheit in der Sowjetunion von 1917 bis zur
Perestrojka
9
3.
Die "Deutsche Operation"
18
4.
Von der Anwerbung unter Katharina II. bis 1917
24
5.
Redaktion
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Geschichte der Russlanddeutschen ab
Mitte der 1980er Jahre
Von Jannis Panagiotidis
18.7.2017
Dr. Jannis Panagiotidis (geb. 1981) ist Juniorprofessor
für die Migration und Integration der Russlanddeutschen
am Institut für Migrationsforschung und
Interkulturelle Studien (IMIS) der Universität
Osnabrück. Er promovierte 2012 am Europäischen
Hochschulinstitut (EUI) in Florenz. Zu seinen
Forschungsschwerpunkten gehört die zeitgenössische
Migrationsgeschichte, mit einem thematischen Fokus
auf der vergleichenden Analyse von Migrationsregimen
und einem geographischen Fokus auf Deutschland,
Osteuropa und Israel. Momentan arbeitet er an einer deutschsprachigen Monographie zur
Geschichte der Aussiedlermigration.
Seit Mitte der 1980er Jahre kamen gut 2,3 Millionen russlanddeutsche (Spät-)Aussiedler aus
der ehemaligen Sowjetunion nach Deutschland. Heute ist die heterogene Großgruppe ein Teil
der diversen bundesdeutschen Migrationsgesellschaft.
1.12. 1988: Im Grenzdurchgangslager stehen Ausiedler vor dem Speiseraum Schlange. Das Durchgangslager ist bei
einer täglichen Aufnahme von bis zu 900 Menschen hoffnungslos überfüllt. (© picture-alliance/dpa)
Die Russlanddeutschen sind heute eine der größten Zuwanderergruppen in der bundesdeutschen
Gesellschaft. Seit Beginn der Perestroika Mitte der 1980er Jahre und bis in die Gegenwart kamen gut
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2,3 Millionen (Spät-)Aussiedler – Russlanddeutsche und ihre oft anderen Ethnien des sowjetischen
Vielvölkerreichs entstammenden Angehörigen – aus der ehemaligen Sowjetunion nach Deutschland.
Davon emigrierten gut 450.000 in der Zeit ab 1987, als die Sowjetunion ihre Ausreisebestimmungen
lockerte, bis zum Zerfall der UdSSR Ende 1991. Weitere 1,8 Millionen folgten bis Mitte der 2000er
Jahre. Die Masse der Russlanddeutschen siedelte also in einem bemerkenswert kurzen Zeitraum
von nicht einmal zwanzig Jahren aus der UdSSR bzw. den GUS-Staaten in die Bundesrepublik über.
Entsprechend identifizierten sich in der Russischen Föderation laut Volkszählung von 2010 nur noch
gut 400.000 Menschen als Deutsche, in Kasachstan ca. 180.000 (Stand 2009). Bei der letzten
sowjetischen Volkszählung von 1989 waren es noch um die zwei Millionen gewesen.
Emigration von Minderheiten aus der späten UdSSR
Die massenhafte Aussiedlung der Deutschen aus der zerfallenden UdSSR und ihren Nachfolgestaaten
war kein singuläres Phänomen. Auch Angehörige anderer nationaler Minderheiten machten sich ab
Ende der 1980er Jahre auf den Weg: sowjetische Juden und ihre Angehörigen verließen das Land in
großer Zahl in Richtung Israel, USA und auch nach Deutschland. Pontische Griechen und
Ingermanländische Finnen, die in den 1940er Jahren ein ähnliches Verfolgungsschicksal wie die
Russlanddeutschen erlitten hatten, gingen nach Griechenland bzw. Finnland. Auch innerhalb des
Gebiets der (ehemaligen) UdSSR fanden solche Migrationen "ethnischer Entmischung" statt, etwa
wenn Russen aus den ab 1991 unabhängigen Staaten Zentralasiens in die Russische Föderation
emigrierten. In allen diesen Bewegungen kamen politische, ökonomische und nationale
Migrationsmotive zusammen.
Parallel zu der entstehenden Emigrationsbewegung gab es in der Perestroika-Zeit auch Versuche, die
Rechte der Russlanddeutschen innerhalb des sowjetischen Staates zu stärken. Hierfür stand
insbesondere die 1989 gegründete Organisation "Wiedergeburt", deren Ziel es war, die 1941
abgeschaffte Autonome Republik der Wolgadeutschen wiederherzustellen. Eine ähnliche
innersowjetische Rückkehrbewegung gab es auch unter den Krimtataren, die 1944 kollektiv aus ihren
angestammten Siedlungsgebieten deportiert worden waren und denen genau wie den
Russlanddeutschen auch in der Zeit nach Stalin die Rückkehr verweigert wurde. Während den
Krimtataren jedoch eine umfassende Mobilisierung gelang und sie in vielen Fällen durch eigenmächtige
Übersiedlung auf die Krim Fakten schufen, bemühten sich die Vertreter der Russlanddeutschen trotz
mehrjähriger Anstrengungen vergeblich um die Wiedererrichtung der Wolgarepublik und die Rückkehr
in die alte Heimat. Eine rasant zunehmende Zahl deutscher Sowjetbürger wartete diese Möglichkeit
auch vor dem Hintergrund der sich verschlechternden wirtschaftlichen Lage gar nicht ab und emigrierte
stattdessen in die "historische Heimat", nach Deutschland.
Rechtliche Grundlagen der Aussiedlung nach Deutschland
Die Bundesrepublik nahm die Russlanddeutschen, wie auch die Angehörigen anderer deutscher
Minderheiten in Osteuropa, bei Nachweis ihrer "deutschen Volkszugehörigkeit" als sogenannte
Aussiedler (ab 1993: Spätaussiedler) auf. Dies geschah auf Grundlage von Artikel 116, Abs. 1 des
Grundgesetzes sowie §§ 1 und 6 des Bundesvertriebenengesetzes (BVFG), welche in der
Nachkriegszeit für die Aufnahme und Einbürgerung der über zwölf Millionen deutschen Vertriebenen
und Flüchtlinge aus den deutschen Ostgebieten und Osteuropa entstanden waren. Die Aussiedler
als "Nachzügler" dieser Vertreibungen hatten hiernach Anspruch auf die deutsche Staatsbürgerschaft
sowie auf eine Reihe von finanziellen und anderen Integrationshilfen, beispielsweise Sprachkurse.
Die Bundesregierung postulierte auch nach Beginn der großen Aussiedlungsbewegung aus Osteuropa
ab 1987 wiederholt, dass das "Tor" für die Aussiedler offen bleibe. Gleichzeitig bemühte sie sich aber
darum, den Zustrom einzudämmen und zu kontrollieren. Um spontane Übersiedlungen zu verhindern,
mussten Aussiedler ab 1990 ihren Aussiedlungsantrag von ihrem Heimatland aus stellen. Im selben
Jahr bat der Aussiedlerbeauftragte der Bundesregierung, Horst Waffenschmidt, die "lieben Landsleute"
in der Sowjetunion darum, es sich mit der Aussiedlung gut zu überlegen. Das "Gesamtkonzept
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Russlanddeutsche" von Januar 1992 formulierte als Ziel, dass "möglichst viele der über zwei Millionen
Russlanddeutschen … in der GUS bleiben" sollten. Hierzu finanzierte die Bundesregierung auch eine
Reihe von – weitgehend erfolglosen – Projekten in der ehemaligen Sowjetunion, die die
Russlanddeutschen zum Bleiben ermuntern sollten. Zu den Kontrollmaßnahmen gehörte auch die
Festlegung einer jährlichen Aussiedlerquote von maximal 220.000 Personen durch das
Kriegsfolgenbereinigungsgesetz von Ende 1992, sowie die Einführung eines obligatorischen
Sprachtests im Jahr 1996, in dessen Folge die Aussiedlerzahlen deutlich zurückgingen.
Russlanddeutsche in der Bundesrepublik
Die Aussiedlung in die Bundesrepublik Deutschland war für viele Russlanddeutsche mit einer Erfahrung
verbunden, die sich treffend als "doppelte Fremdheit" beschreiben lässt. Auf den Punkt gebracht wird
dieser Erfahrung mit dem oft zitierten Satz "dort waren wir die Deutschen (bzw. die Faschisten), hier
sind wir die Russen". In der Sowjetunion blieben die Russlanddeutschen trotz des durch Deportation
und Verbannung erlittenen Verlusts der deutschen Sprache über ihre Namen und aufgrund des
Nationalitätenvermerks im Inlandspass als Deutsche identifizierbar. In Deutschland wurden sie
hingegen aufgrund des Gebrauchs der russischen Sprache als "Russen" identifiziert, oft in
diskriminierender Absicht.
Auch verlief die An
Junge Spätaussiedler in Angermünde (Brandenburg) werden im Qualifizierungs- und Trainingszentrum am praktischen
Beispiel über das Berufsbild eines Elektroinstallateurs informiert. (© picture-alliance, ZB)
kunft und Eingliederung in der Bundesrepublik nicht so reibungslos, wie sich dies Politik und auch die
Aussiedler selbst gewünscht hatten. Ein Grund hierfür war die Reduzierung der Eingliederungshilfen
und Sprachkurse zu einem Zeitpunkt, als sie angesichts zurückgehender Deutschkenntnisse vieler
Aussiedler und einer zunehmend schwierigeren Integration in den Arbeitsmarkt am meisten benötigt
wurden. Bei den Integrationsproblemen der Russlanddeutschen standen Phänomene von
"Ghettobildung", Jugendkriminalität, Arbeitslosigkeit und sozialer Deklassierung im Mittelpunkt. Gründe
dafür waren migrationsbedingte Entwurzelung, mangelnde Sprachkenntnisse und mit dem
bundesdeutschen Arbeitsmarkt nicht kompatible Qualifikationen. Besonders die "mitgenommene"
Generation jugendlicher Russlanddeutscher galt als problematische Gruppe.
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Gut 20-25 Jahre nach der Ankunft der Masse der russlanddeutschen Spätaussiedler gestaltet sich
ihre ökonomische Integration jedoch alles in allem recht positiv. Die Erwerbslosenquote und
Abhängigkeit von Transferleistungen ist zwar gegenüber der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund
erhöht. Das durchschnittliche Einkommen russlanddeutscher Haushalte liegt aber fast auf dem
"einheimischen" Niveau. Dies wird in vielen Fällen durch das Zusammenlegen im Familienverband
mehrerer relativ niedriger Einkommen erreicht – von Männern überdurchschnittlich oft aus Tätigkeiten
im sekundären Sektor (produzierendes Gewerbe, Baugewerbe), von Frauen oft aus geringfügiger
Beschäftigung. Gleichzeitig muss man die Heterogenität der Lebenslagen betonen: die
Einkommensstreuung russlanddeutscher Haushalte entspricht in etwa der der Bevölkerung ohne
Migrationshintergrund. Sie umfasst Einkommen am Existenzminimum genauso wie eine breite
Mittelschicht und einen relativ kleinen Anteil hoher Einkommen. "Die" Integration der
Russlanddeutschen gibt es also nicht.
Diesem uneinheitlichen Befund ist es auch geschuldet, dass es im öffentlichen Diskurs heutzutage
fundamental gegensätzliche Wahrnehmungen der sozialen und kulturellen Integration der
Russlanddeutschen gibt.
Heterogene Großgruppe
Einerseits gelten sie als "unauffällige" und vorbildlich integrierte Migrantengruppe. Andererseits gibt
es insbesondere seit den Demonstrationen anlässlich des "Falls Lisa" – der angeblichen
Vergewaltigung eines russlanddeutschen Mädchens in Berlin durch "Flüchtlinge" im Januar 2016 –
und den Erfolgen der Alternative für Deutschland (AfD) bei verschiedenen Landtags- und
Kommunalwahlen in einigen russlanddeutsch geprägten Stadtvierteln wieder einen verstärkten
öffentlichen Fokus auf vermeintliche russischsprachige "Parallelgesellschaften" an bestimmten Orten
wie auch in der medialen Sphäre des Fernsehens und des Internets. Beide Konstellationen –
unauffällige Integration und fortbestehende Segregation – beschreiben die Realität unterschiedlicher
Milieus innerhalb der Großgruppe "russlanddeutsche Spätaussiedler". Diese Großgruppe ist
angesichts ihrer Größe, den unterschiedlichen mitgebrachten Voraussetzungen der einzelnen
Menschen und der Diversität der sozioökonomischen Lebenslagen notwendigerweise heterogen.
Mit dieser Heterogenität, welche sich in der inzwischen erwachsenen zweiten und der
heranwachsenden dritten Generation noch verstärken wird, sind die Russlanddeutschen heute zu
allererst Teil der diversen bundesdeutschen Migrationsgesellschaft. Der Gebrauch der russischen
Sprache und der Konsum russischer Lebensmittel hat hier genauso Platz wie die Assimilation in die
bundesdeutsche Mittelklasse bei gleichzeitigem mehr oder weniger stark ausgeprägtem Bewusstsein
um die eigene "andere" Herkunft, oder auch die "segmentierte Integration" in religiös definierten
Gemeinschaften. Genauso wie bei anderen migrantischen Gruppen gilt es bei den Russlanddeutschen
diese Vielfalt der Erfahrungen und Lebensentwürfe stets zu berücksichtigen, um unzutreffende
homogenisierende Interpretationen ihrer Gegenwart zu vermeiden.
Unabhängig von ihrer jeweiligen Lebenssituation und gesellschaftlichen Position äußert die große
Mehrzahl der Russlanddeutschen – wie auch der Spätaussiedler insgesamt – die Absicht, dauerhaft
in Deutschland zu bleiben. Permanente Rückwanderung findet nur in zahlenmäßig geringem Umfang
statt. Vereinzelt knüpfen Russlanddeutsche auch an ältere Migrationstraditionen an und emigrieren
nach Kanada oder Südamerika. Und insbesondere Angehörige der zweiten Generation partizipieren
an "normaler" individueller Bildungs- und Berufsmobilität. Die Zeiten, in denen die Russlanddeutschen
wie im Zweiten Weltkrieg zum Objekt kollektiver Zwangsmigration werden oder wie in den 1980er und
1990er Jahren massenhaft umsiedeln, gehören aber der Vergangenheit an.
Dieser Text ist unter der Creative Commons Lizenz veröffentlicht. by-nc-nd/3.0/
de/ (http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/de/)
Der Name des Autors/Rechteinhabers soll wie folgt genannt werden: by-ncnd/3.0/de/ Autor: Jannis Panagiotidis für bpb.de
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Nationalitätenpolitik gegenüber der
deutschen Minderheit in der
Sowjetunion von 1917 bis zur
Perestrojka
Von Alfred Eisfeld
18.7.2017
Dr. Dr. h.c. Alfred Eisfeld ist 1951 (Siedlung Uwa, ASSR
Udmurtien) geboren. Seine Ausbildung absolvierte er an
der Ludwig-Maximilians-Universität München. Dort
promovierte er zum Dr. phil., Historiker der Länder Ost- und
Sudosteuropas. Er ist Vorsitzender der Wissenschaftlichen
Kommission für die Deutschen in Russland
und der GUS. Seine Forschungsschwerpunkte sind:
Geschichte Russlands und der UdSSR, Nationalitätenpolitik
der UdSSR, Geschichte und Kultur der
Russlanddeutschen, Zivilbevölkerung in der Zeit des
Ersten und Zweiten Weltkrieges, deutschsowjetische/
russische Beziehungen.
Nach der Machtergreifung der Bolschewiki wurde die deutsche Bevölkerung der Sowjetunion
systematisch unterdrückt, deportiert und zwangsarbeitsmobilisiert. Um 1990 kommt es zu
massenhaften Ausreise. Die "Russlanddeutschen" wurden bis heute nicht vollständig
rehabilitiert.
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Zwangsumsiedlung deutscher Sowjetbürger aus dem europäischen Teil der UdSSR Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/
Die Nationalitätenpolitik der sowjetischen Führung war eine Ansammlung von Maßnahmen, die eine
möglichst umfassende Nutzung der Ressourcen bei gleichzeitiger Umerziehung der Bevölkerung
entsprechend den aktuellen Beschlüssen der obersten Parteigremien anstrebten. Sie ist als Politik
bezüglich einer ethnischen Gruppe zu verstehen, bestand aus politischen, administrativen, juristischen,
ökonomischen, kulturellen u.a. Programmen und Maßnahmen. Sie wurde auf die Kurzformel "Der
Form nach national, dem Inhalt nach sozialistisch" gebracht, wobei es auf den Inhalt ankam.
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Eine Wolgadeutsche Gerberei in den 1920er Jahren. (© picture-alliance/akg)
"Kriegskommunismus" und Hungersnot
So wurden die für die Rote Armee während des russischen Bürgerkrieges (1917-1922) zum großen
Teil zwangsmobilisierten Wolgadeutschen nach Beendigung der Kampfhandlungen in Einheiten der
"Deutschen Arbeitsbrigade" (1.668 Mann) im Bestand der "2. Revolutionären Arbeitsarmee" zum
Eisenbahn- und Straßenbau eingesetzt. Diese Arbeitsbrigade bestand aus 3 Regimentern. Für jedes
davon wurden 1000 Fuhrwerke mobilisiert. Die Mannschaften und die Fuhrwerke fehlten folglich bei
der Landbestellung, was wiederum zu einer Verringerung der Aussaat und einem erheblichen
Ernteausfall führte. Im März-April 1921 kam es landesweit zu Bauernaufständen, auch im Autonomen
Gebiet der Wolgadeutschen. Die Rote Armee hat diese unter Einsatz von Artillerie und
Maschinengewehren niedergeschlagen. Allein beim Sturm der Kolonie Mariental kamen ca. 550 Bauern
ums Leben. Im Kanton Marxstadt wurden 286 Aufständische hingerichtet.
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Halbverhungerte Kinder im Wolgagebiet 1921. (© picture-alliance/akg)
Die Regierung zog zwangsweise Lebensmittel ein, darunter auch Saatgetreide. Durch den Bürgerkrieg
und die Politik des "Kriegskommunismus" war die Landwirtschaft ruiniert. Es brach eine Hungersnot
aus, der ca. 150.000 Wolgadeutsche zum Opfer fielen, etwa 26,5% der wolgadeutschen Bevölkerung.
Im Juli 1922 bekamen, nach offiziellen Angaben der Verwaltung des Gebiets, 91% der Bevölkerung
Lebensmittelhilfe von der "Verwaltung des Amerikanischen Hilfswerks" (A.R.A.) und dem
Internationalen Kinderhilfsfonds. In der Region Altaj hungerten im Sommer 1921 41% der Bevölkerung.
Zur Hungersnot kam es auch im Südural, in der Südukraine und im Nordkaukasus. Hier kam Hilfe von
der A.R.A. und der Mennonitischen Hungerhilfe.
Erste Auswanderungsversuche der Deutschen
Es folgte eine Umverteilung der landwirtschaftlichen Nutzflächen, in deren Ergebnis deutsche und vor
allem mennonitische Siedlungen einen großen Teil ihrer Flächen verloren. Die verbliebenen Felder
reichten für eine rationale (über den Eigenbedarf zum Überleben hinaus) Wirtschaftsführung vielfach
nicht mehr aus. Zudem wurde Menschen anderer Volkszugehörigkeit Land in deutschen und
mennonitischen Siedlungen zugeteilt. Die Vereinigte Staatliche Politische Verwaltung (OGPU) hatte
zwecks der Sowjetisierung des Dorfes vorgeschlagen: "unverzüglich mit der Ausweisung ins Ausland
der unerwünschten Elemente aus den Reihen der Mennoniten zu beginnen". Dem 1922 registrierten
"Verband der Bürger holländischer Herkunft" gelang es nicht nur nennenswerte Hilfe zu bekommen,
sondern auch die Auswanderung von ca. 21 800 Mennoniten aus der UdSSR in den Jahren 1923-1929
zu organisieren.
Die sogenannte Neue Ökonomische Politik (NEP), die kurzzeitig eine Liberalisierung der Wirtschaft
bedeutete, war nur eine kurze Auszeit von der Enteignungspolitik der Bolschewiki. Bereits ab 1928
wurde die Enteignung der Bauern und die Kollektivierung der Landwirtschaft energisch fortgesetzt. So
wurde auf dem I. Kongress der Kolchose-Mitglieder der Autonomen Sozialistischen Sowjetrepublik
(ASSR) der Wolgadeutschen im Dezember 1929 beschlossen, das gesamte Eigentum der Bauern,
einschließlich Kleinvieh, Geflügel und Hausrat zu kollektivieren. Dagegen haben sich Bauern in mehr
als 30 Siedlungen der Kantone Frank und Kamenka aufgelehnt. Der Widerstand wurde von bewaffneten
Truppen der Geheimpolizei "Vereinigte staatliche Verwaltung" (OGPU) niedergeschlagen.
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Die Kollektivierung der Landwirtschaft hat binnen kurzer Zeit in allen deutschen Siedlungsgebieten
eine Auswanderungsbewegung aufkommen lassen. Landwirtschaftliche Betriebe wurden unter Wert
verkauft oder auch einfach aufgegeben. Das Land konnten allerdings nur 5.750 Personen verlassen.
Mehrere Tausend Auswanderungswillige wurden aus der Umgebung von Moskau, wo sie auf die
Auswanderungsgenehmigung warteten, zwangsweise in ihre Siedlungsgebiete oder gleich nach
Sibirien abtransportiert.
Liquidierung der wohlhabenden Bauern ("Kulaken")
Am 30. Januar 1930 beschloss das Zentralkomitee der Kommunistischen Allunions-Partei
(Bolschewiki) – kurz ZK der WKP(B), wie sich die Kommunistische Partei in der Sowjetunion von
1925-1952 nannte, die durchgehende Kollektivierung und die Liquidierung der wohlhabenden Bauern
("Kulaken") als Klasse. Zum 1. Februar 1930 wurden in der ASSR der Wolgadeutschen bereits 476
Personen verhaftet. Zur Durchsetzung der Enteignung und Kollektivierung der Landwirtschaft trafen
in der Wolgarepublik 318 Industriearbeiter ein. Laut Plan sollten "aktive Konterrevolutionäre" (570
Bauernwirtschaften) verhaftet, 1.600 Familien aus dem Gau Untere Wolga ausgewiesen, 280 Familien
aus der Wolgarepublik ausgesiedelt und 4.900 Familien in "Kulakensiedlungen" der OGPU in
Kasachstan und Sibirien eingewiesen werden. Im Verlauf der Kampagne wurden 1930-31 insgesamt
24.202 Personen, d.h. 3,7 % der Bevölkerung aus der Wolgarepublik verbannt. Die durchgehende
Kollektivierung der Landwirtschaft kostete in der Wolgarepublik über 55.000 Menschen das Leben,
mehr als 100.000 sind vor dem Hunger in andere Landesteile geflohen.
Holodomor
Noch schlimmer waren die Ukraine und der Nordkaukasus betroffen, deren Bevölkerung am Verlassen
ihrer Siedlungsgebiete durch Straßensperren der OGPU und des Militärs gehindert wurde. Die von
der Sowjetregierung wissentlich herbeigeführte Hungersnot kostete mehrere Millionen Menschen das
Leben und wird in der Ukraine als "Holodomor" (1932/33), als Genozid, bezeichnet. Hilfe kam aus dem
Ausland. Aus ideologischen Gründen wurde die Hungerhilfe aus Deutschland als "Hitler-Hilfe"
apostrophiert und deren Entgegennahme ab 1934 als konterrevolutionäre Handlung mit dem Tod
bestraft.
Die Trennung des Staates von der Kirche und der Kirche von der Schule sollte die Heranbildung eines
neuen, sozialistischen Menschen möglich machen. Die Geistlichen wurden mit hohen Steuern belegt,
ihnen wurden die Bürgerrechte aberkannt und jegliche pastorale und erzieherische Betätigung
verboten.
Der größte Teil der Lehrer und der Bildungsschicht hat ihre Wohnorte während des Bürgerkriegs
verlassen, wurde des Amtes enthoben oder starb den Hungertod (1921-22, 1923-24, 1932-33). Allein
in der ASSR der Wolgadeutschen fehlten 1924 ca. 2000 Lehrer. Das machte sich beim Bildungsstand
unmittelbar bemerkbar. Waren vor dem Ersten Weltkrieg 80 % der wolgadeutschen Kinder des Lesens
und Schreibens kundig, so fiel deren Anteil 1920 auf 41,8 %, 1928 auf 38,6 %. Der Aufbau eines
sozialistischen Schulwesens und die Heranbildung systemkonformer Lehrer trugen nur langsam
Früchte. Im Herbst 1940 konnten erst ca. 72 % der Schüler genügende Lernleistungen vorweisen.
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Erste Deutsche Siedlungsgebiete werden liquidiert
Der Versuch, die deutsche Bevölkerung durch eine deutschsprachige Verwaltung (deutsche nationale
Rayons und Dorfräte) zu "Sowjetmenschen" zu erziehen, wurde für die Ukraine bereits 1935 von der
WKP(B) als gescheitert beurteilt. Danach folge die Verhaftung zahlreicher Partei- und
Verwaltungsfunktionäre. Lehrer, Journalisten, Schriftsteller wurden verhaftet und als "Volksfeinde"
hingerichtet oder zu langjähriger Lagerhaft verurteilt.
Nach Abschluss der "Großen Säuberung" (1937-1938)wurden alle deutschen Schulen außerhalb der
Wolgarepublik in "Sowjetschulen gewöhnlichen Typs" umgewandelt. Im Oktober 1938 wurden die
deutschen nationalen Rayons im Gebiet Orenburg und in der Region Altaj aufgelöst und am 19. Februar
1939 beschloss das ZK der WKP(B) alle, nicht nur die deutschen, nationalen Dorfräte und Rayons
außerhalb der Wolgarepublik "als künstlich geschaffene" in "gewöhnliche" umzuwandeln, in denen nur
noch russisch als Amtssprache galt.
Misstrauen und Repressionen
Mit Inkrafttreten des Gesetzes über die allgemeine Wehrpflicht am 1. September 1939 wurden die
deutschen Rekruten entsprechend ihrem Geburtsort in Zuverlässigkeits-Kategorien eingeteilt. Der
ersten Kategorie wurden die Wolgadeutschen, der 2. Kategorie die in grenznahen Regionen (Ukraine,
Weißrussland, Gebiet Leningrad) und der 3. in anderen Regionen Geborene zugerechnet. Die
Wolgadeutschen wurden als Zuverlässige zum Wehrdienst auf allgemeiner Grundlage einberufen und
konnten in allen Waffengattungen, auch in Grenznähe eingesetzt werden. Rekruten der Kategorie 2
wurden, wie auch Letten, Esten, Litauer, Bulgaren, Griechen, Türken und Rumänen aus den
grenznahen Regionen, zum Wehrdienst nicht eingezogen, sondern nur erfasst, alle anderen deutschen
Rekruten wurden für die inneren Wehrbezirke eingezogen.
Das Misstrauen gegen die deutsche Zivilbevölkerung war seit dem Ende des 19. Jahrhunderts manifest
und führte nicht nur während des Ersten Weltkrieges zu Deportationen. Im Zuge der Kollektivierung
wurden mehrere Tausend Deutsche aus der Ukraine in den sogenannten "Kulakensiedlungen" der
OGPU in der Nordregion (Archangelsk) und Zentralkasachstans (Karlag) verbannt. 1935-1936 wurden
15.000 polnische und deutsche Familien aus Wolhynien nach Kasachstan "umgesiedelt", ihnen
mussten 1936 weitere polnische und deutsche Familien aus einem 7,5 km breiten Grenzstreifen folgen.
1939 wurden dann Menschen aus grenznahen Landkreisen der West- und Südukraine deportiert,
Familienangehörigen der 1937-38 während des "Großen Terrors" Repressierten verschiedener
Volkszugehörigkeit. Im Juni 1940 wurden- alle Deutschen aus der Stadt und dem Gebiet Murmansk
zwangsweise an einen anderen Ort gebracht.
Deportation aller Deutschen
Nach Ausbruch des deutsch-sowjetischen Krieges kam das Misstrauen der sowjetischen Führung
gegen die gesamte deutsche Bevölkerung, auch der Wolgadeutschen, in vollem Umfang zum Tragen.
Ende Juli 1941 wurden die deutschstämmigen Soldaten und Unteroffiziere von der Front abgezogen
und in Baubataillone, ab Herbst in Arbeitskolonnen der KGB-Vorgängerorganisation
"Volkskommissariat für innere Angelegenheiten" (NKWD) überstellt. Mitte August befahl das
Oberkommando der Roten Armee die Deportation aller Deutschen von der Halbinsel Krim. Am 26.
August ordnete der Militärrat der Leningrader Front die "unbedingte Evakuierung der deutschen und
finnischen Bevölkerung aus den stadtnahen Rayons der Stadt Leningrad" und der Militärrat der Südfront
der Deutschen aus den Gebiet Dnepropetrovsk an. Das ZK der WKP(B) und der Volkskommissarenrat
der UdSSR fassten den Beschluss "Über die Umsiedlung der Deutschen aus der Republik der
Wolgadeutschen, den Gebieten Saratow und Stalingrad". Im Erlass des Obersten Sowjets der UdSSR
vom 28. August 1941 wurde behauptet: "Laut genauen Angaben, die die Militärbehörden erhalten
haben, befinden sich unter der in den Wolgarayons wohnenden deutschen Bevölkerung Tausende
und Abertausende Diversanten und Spione, die nach dem aus Deutschland gegebenen Signal
Explosionen in den von den Wolgadeutschen besiedelten Rayons hervorrufen sollen."
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Im Laufe des Herbstes fand die Deportation aller Deutschen (per 25. Dezember 1941: 894.626
Personen) aus dem europäischen Teil der UdSSR, aus Georgien, Armenien und Aserbaidschan statt.
18.600 Männer aus der Ostukraine wurden sofort in Lager des Gulag im Ural überstellt. Das Misstrauen
reichte so weit, dass auch im Ural, in Kasachstan und Usbekistan Deutsche aus den Hauptstädten
und Gebietszentren in entlegenere Gegenden umgesiedelt wurden.
Sondersiedlung ohne Rückkehrrecht
Unter zum Teil chaotischen Bedingungen wurden die ca. 900.000 deportierten Deutschen in Regionen
mit hohem Arbeitskräftebedarf eingewiesen. Am 10. Januar 1942 wurde die Mobilisierung von 120.000
deutschen Männern im Alter von 17 bis 50 Jahren für die Arbeitskolonnen für die Dauer des Krieges
angeordnet. Im Beschluss des Staatlichen Verteidigungskomitees vom 14. Februar 1942 war die Rede
schon von allen Männern dieses Alters. Im Oktober 1942 wurde das Alter der zusätzlich zu
mobilisierenden Deutschen erweitert auf von 15 bis 55 Jahren und gleichzeitig die Mobilisierung von
Frauen im Alter zwischen 16 und 45 Jahren, die nicht schwanger waren und keine Kinder unter 3
Jahren hatten, befohlen.
Das vorrangige Ziel des Staates war es nun, die Deportierten und Arbeitsmobilisierten dauerhaft an
ihre Einsatzorte zu binden. Diesem Ziel diente die Bindung der Arbeitskräfte an ihre Betriebe auch
nach der Auflösung der Arbeitskolonnen des Gulag, die Einführung des Regimes der Sondersiedlungen
des NKWD (Februar 1944) und der Erlass des Präsidiums des Obersten Sowjets der UdSSR vom 24.
November 1948. Dieser Erlass bezeichnete die Deutschen und anderen deportierten Völkern
zugewiesenen Wohnorte für ewige Zeiten ohne Rückkehrrecht in die früheren Siedlungsgebiete. Das
unerlaubte Entfernen wurde mit 20 Jahren Zwangsarbeit bedroht.
Eine Lockerung des Regimes der Sondersiedlung begann 1954 (für Minderjährige, Ordensträger,
Kommunisten, Fachleute ausgewählter Berufe u.a.). Die Aufhebung des Regimes der Sondersiedlung
wurde vom Obersten Sowjet der UdSSR am 13. Dezember 1956 beschlossen. Zugleich wurde aber
ein Verbot auf die Rückkehr in die Siedlungsgebiete der Vorkriegszeit verhängt. Jeder deportierte, für
die Arbeitskolonnen mobilisierte oder repatriierte Deutscher musste vor seiner Entlassung aus der
Sondersiedlung eine entsprechende Erklärung unterschreiben. Das Rückkehrverbot wurde für die
Ukraine durch Regierungsbeschlüsse 1956 und 1958 bekräftigt.
Teilrehabilitierung und Sesshaftmachung
Vor dem Rückzug der deutschen Truppen aus der besetzten Ukraine wurden ca. 350.000
"Volksdeutsche" "heim ins Reich" geholt. Nach Kriegsende "repatriierten" sowjetische Behörden über
210.000 von ihnen von polnischem, tschechischen und deutschem Gebiet und verbrachten sie in
Sondersiedlungen des NKWD. Da diese Personen 1944 die deutsche Staatsangehörigkeit bekamen,
galten sie als besonders gefährlich und standen bis zur Vollendung des 70. Lebensjahrs unter operativer
Überwachung der Sicherheitsbehörden.
Das bei der Deportation konfiszierte Eigentum aller Deportierten wurde nicht erstattet und blieb
endgültig verloren. Die gegen die Wolgadeutschen 1941 erhobenen Anschuldigungen der Kollaboration
mit dem Feind wurden bei der Teilrehabilitierung durch das Dekret des Obersten Sowjets der UdSSR
vom 29. August 1964 als pauschal und unbegründet fallen gelassen. Sie sollten aber, wie alle anderen
Deutschen, weiterhin in den Verbannungsorten bleiben. Diesem Ziel dienten mehrere Kampagnen der
KPdSU zur Sesshaftmachung in den Gebieten der Zwangsansiedlung, insbesondere auch nach der
formellen Aufhebung des Rückkehrverbots 1972.
In den Jahren 1989-1990 wurde immerhin unter Einbeziehung der Gesellschaft "Wiedergeburt"
versucht, Deutsche für die Rückkehr an die Wolga und in fünf Gebiete der Ukraine zu gewinnen, da
die demographische Entwicklung zu einer fortschreitenden Überalterung und einem akuten
Arbeitskräftemangel in ehemals deutschen Siedlungen geführt hatte. Sowohl die ukrainische, als auch
die russische Regierung haben diese Bemühungen der regionalen Verwaltungen zum Scheitern
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Dossier: Russlanddeutsche (Erstellt am 24.07.2017)
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gebracht.
Systematische Benachteiligung der Deutschen Bevölkerung
Auf den Gebieten Bildung und Kultur fiel die deutsche Bevölkerung im Vergleich mit den anderen
Völkern der UdSSR auf einen der hinteren Plätze zurück. In Kasachstan lebte 1989 ca. die Hälfte aller
Deutschen. 4,83 % der deutschen Bevölkerung Kasachstans hatte eine abgeschlossene
Hochschulbildung, 8,4 % besaßen nicht einmal einen Grundschulabschluss. Für die russische
Bevölkerung sahen diese Werte wie folgt aus: 10,9 % bzw. 5,1 %. In der kasachischen Bevölkerung
- 10,3 % bzw. 6 %. Von zahlreichen Studiengängen (Jura, zivile Luftfahrt, Journalistik, internationale
Beziehungen, Medizin u.a.) waren die Deutschen landesweit ausgeschlossen. Für die übrigen wurde
die Anzahl deutscher Studenten durch ein Quotensystem niedrig gehalten.
Deutsch hatte seine Rolle als Sprache der Wissenschaft und der täglichen Kommunikation weitgehend
verloren. Ein Rückzugsort waren Glaubensgemeinschaften, die in ihrer Tätigkeit bis in die Mitte der
1980er Jahre unter behördlichem Druck standen. Laienkunst-Kollektive wurden in kompakten
Siedlungsgebieten als Instrument der ideologischen Erziehung zugelassen. Das Repertoire musste
vorab abgestimmt werden.
Auswanderungsbewegung und massenweise Ausreise
Die Unzufriedenheit in Teilen der Bevölkerung, vor allem der "Repatriierten", die Verwandte in
Deutschland hatten, ließ schon während des Bestands des Regimes der Sondersiedlung eine
Auswanderungsbewegung aufkommen. 1955 waren beim Suchdienst des Deutschen Roten Kreuzes
ca. 130.000 Ausreisewillige registriert. Zu Beginn der 1970er Jahre kam es zur Bildung eines
Netzwerkes von Ausreisewilligen, die ihren Wohnsitz in den baltischen Republiken, in Sibirien,
Kasachstan, Kirgisien und Usbekistan hatten. Dieses Netzwerk hat Sitzstreiks in Moskau und Tallinn,
Unterschriftensammlungen u.a. öffentlichkeitswirksame Aktionen durchgeführt. Das ZK der KPdSU
reagierte darauf 1974 mit dem Beschluss "Über Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeit unter den
Bürgern der UdSSR deutscher Nationalität" und 1984 mit dem Beschluss "Über Gegenmaßnahmen
zu den Propagandakampagnen im Westen rund um die Frage der Lage der Bürger deutscher
Nationalität". Die Propaganda und teilweise auch repressiven Maßnahmen der KPdSU und der
staatlichen Organe konnten nach der Unterzeichnung der Schlussakte der KSZE und der schrittweisen
Öffnung der UdSSR keine entscheidende Wirkung mehr erzielen.
Die 1986 eingeleitete Politik der Glasnost' und Perestroika machte das landesweite Anwachsen einer
Bewegung für die vollständige Rehabilitierung der Deutschen und die Wiederherstellung der
Autonomen Republik an der Wolga möglich. Fehlendes Vertrauen in die Handlungsfähigkeit des
Systems und die 1987 erfolgte Änderung des Gesetzes der UdSSR über die Ein- und Ausreise waren
entscheidend für die massenweise Ausreise der "Russlanddeutschen" nach Deutschland.
Nach der Auflösung der UdSSR (8. Dezember 1991) und dem Zusammenbruch der zentral gelenkten
Planwirtschaft spielten Versorgungsengpässe, ausbleibende Lohnzahlungen, bewaffnete Konflikte im
Nord- und Südkaukasus sowie in Mittelasien, eine zunehmende Islamisierung und die Verdrängung
der "nicht titularen" Bevölkerung aus den nach Souveränität und Homogenisierung strebenden
Nachfolgestaaten der UdSSR eine zunehmende Rolle bei der Entscheidung nach möglichst
umgehender Auswanderung nach Deutschland. Wer dies nicht konnte, suchte für sich eine neue Bleibe
in Russland oder der Ukraine.
Dieser Text ist unter der Creative Commons Lizenz veröffentlicht. by-nc-nd/3.0/
de/ (http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/de/)
Der Name des Autors/Rechteinhabers soll wie folgt genannt werden: by-nc-
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Dossier: Russlanddeutsche (Erstellt am 24.07.2017)
nd/3.0/de/ Autor: Alfred Eisfeld für bpb.de
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Dossier: Russlanddeutsche (Erstellt am 24.07.2017)
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Die "Deutsche Operation"
Der NKWD-Befehl Nr. 00439 vom 25. Juli 1937
Von Alfred Eisfeld
18.7.2017
Dr. Dr. h.c. Alfred Eisfeld ist 1951 (Siedlung Uwa, ASSR
Udmurtien) geboren. Seine Ausbildung absolvierte er an
der Ludwig-Maximilians-Universität München. Dort
promovierte er zum Dr. phil., Historiker der Länder Ost- und
Sudosteuropas. Er ist Vorsitzender der Wissenschaftlichen
Kommission für die Deutschen in Russland
und der GUS. Seine Forschungsschwerpunkte sind:
Geschichte Russlands und der UdSSR, Nationalitätenpolitik
der UdSSR, Geschichte und Kultur der
Russlanddeutschen, Zivilbevölkerung in der Zeit des
Ersten und Zweiten Weltkrieges, deutschsowjetische/
russische Beziehungen.
Die "Deutsche-Operation" war der Beginn einer Reihe von Repressivmaßnahmen des
kommunistischen Regimes, die als "nationale Linien" bezeichnet wurden. Faktisch waren es
politisch-ethnische Säuberungsaktionen – denn die meisten der Inhaftierten wurden
anschließend erschossen.
Das "Volkskommissariat des Inneren" (NKWD) der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken
(UdSSR), das aus der Geheimpolizei "Vereinigte staatliche politische Verwaltung" (OGPU)
hervorgegangen war, erließ am 25. Juli 1937 den Befehl mit der Nummer 00439. Der Befehl leitete
die "Operation zur Ergreifung von Repressivmaßnahmen an deutschen Staatsangehörigen, die der
Spionage gegen die UdSSR verdächtig sind" ein. Es sollte die erste von einer ganzen Reihe "nationaler
Operationen" werden, die faktisch politisch-ethnische Säuberungsaktionen des kommunistischen
Regimes waren. Denn die meisten der Inhaftierten wurden anschließend erschossen.
Vor der Machtergreifung der Bolschewiki
Im Verlauf des Ersten Weltkriegs war die deutsche Bevölkerung des Russischen Reiches zahlreichen
Repressionen der Regierung und der militärischen Führung ausgesetzt. Diese reichten vom Verbot
der deutschen Sprache und der Umbenennung deutscher Ortschaften über die Sequestrierung und
Zwangsversteigerung von Wirtschaftsunternehmen und bäuerlichen Besitzes bis zur Deportation von
ca. 500.000 deutschen Untertanen des Russischen Reiches aus den polnischen Gouvernements, aus
Wolhynien, Podolien, den Ostseeprovinzen und anderen Gouvernements an der Westgrenze
Russlands.
Repräsentanten der deutschen Bevölkerung (Abgeordnete der Russischen Staatsduma,
Funktionsträger politischer Parteien, Vertreter auf kommunaler und regionaler Verwaltungsebene,
Intellektuelle, Geistliche, Unternehmer, Vertreter freier Berufe) haben sich schon während des Ersten
Weltkrieges, erst recht aber nach dem Sturz der Monarchie und der Ausrufung einer Republik, gegen
die Diskriminierung der Deutschen und für deren gleichberechtigte Teilnahme am öffentlichen Leben
der noch zu schaffenden demokratischen und rechtstaatlichen Republik Russland eingesetzt.
Allgemeines Wahlrecht, Gleichheit aller Bürger vor dem Gesetz ungeachtet ihrer Religion und
Volkszugehörigkeit, Bürgerrechte und Schutz des Eigentums waren die zentralen Forderungen, auf
die sich deutsche Lutheraner, Katholiken und Mennoniten im Frühjahr und Sommer 1917 verständigt
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Dossier: Russlanddeutsche (Erstellt am 24.07.2017)
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hatten.
Die Machtergreifung der Bolschewiki in der Hauptstadt Petrograd und deren Ausweitung auf weite
Teile des Landes im Verlauf eines mehrjährigen Bürgerkrieges führten zum Abbruch des
Demokratisierungsprozesses. Das Russische Reich verwandelte sich nicht vom Zarenreich zur
Demokratie, sondern zu einer "Diktatur des Proletariats" mit der Bolschewistischen Partei als
Avantgarde. Das Endziel sollte die Weltrevolution sein.
Durchsetzung der Sowjetmacht
Die Sowjetmacht wurde in den deutschen Siedlungen gegen den Willen der Bevölkerung durchgesetzt.
Aus Mitgliedern der bolschewistischen Partei bestehende bewaffnete Sonderabteilungen (Tschasti
osobogo naznatschenija, TschON) und territoriale Einheiten der Roten Armee sorgten für die
Durchsetzung der Beschlüsse des Rats der Volkskommissare und unterdrückten aufkommenden
Widerstand. Loyalität oder Unterstützung des Regimes konnte damit jedoch nicht erreicht werden. Auf
Seiten der Sowjetmacht gab es zwar deutsche und österreichische Kriegsgefangene, die freiwillig in
Sowjetrussland zurückblieben und sich für den Aufbau des Sozialismus einsetzten. Die Agitation dieser
"Internationalisten", die der deutschen Bevölkerung des Landes fremd waren, erwies sich jedoch als
wenig wirkungsvoll.
Am 5. April 1922 wurde auf Betreiben des Zentralbüros der deutschen Sektionen beim Zentralkomitee
der Kommunistischen Allunions-Partei (Bolschewiki) – wie sich die Kommunistische Partei der
Sowjetunion (KPdSU) von 1925-1952 nannte, abgekürzt: ZK WKP(B) – in Moskau eine "Deutsche
Kultur- und Wirtschaftsgesellschaft" gegründet, unter deren Dach an verschiedenen Orten gegründete
Hilfsvereine zusammengeführt werden sollten. (1917 wurde in Moskau am 20.-22. April und 10.-12.
September auf Initiative von Prof. Karl Lindemann Kongresse von Vertretern der deutschen
Bevölkerung des Russischen Reiches durchgeführt, auf denen Zukunftsperspektiven diskutiert und
Programme beschlossen wurden.) Als das ZK der WKP(B) sah, dass es diese Vereine, vor allem die
in der Ukraine, nicht unter seine Kontrolle bringen konnte, wurde die Idee aufgegeben, einen III.
Kolonistenkongress durchzuführen. Stattdessen wurden lokale und regionale Konferenzen parteiloser
deutscher Bauern durchgeführt, die von den Bolschewiki vorbereitet und geleitet wurden.
Beobachtung aller "Deutschländer"
Mit dem Rundbrief Nr. 7/37 "Über den deutschen Aufklärungsdienst und dessen Bekämpfung" vom 9.
Juli 1924 hat die Geheimpolizei OGPU reichsdeutsche Firmen und Bürger der Spionage bezichtigt.
Gleichzeitig wurde die Behauptung aufgestellt, die deutsche Bevölkerung sei die wichtigste Quelle
zum Abschöpfen von nachrichtendienstlichen Informationen. Deshalb wurde eine genaue
Beobachtung "aller deutschländischen (germanischen) Kolonistenvereine, Schulen, Klubs,
Wohlfahrtsgesellschaften zwecks Aufdeckung ihrer Verbindungen mit Vertretungen im Ausland, dem
Deutschen Roten Kreuz u.a. angeordnet". Auffallend an dieser Anordnung ist, dass Vereine deutscher
Sowjetbürger als "deutschländische", d.h. ausländische bezeichnet wurden. Damit wurde auf
deutschfeindliche Unterstellungen aus der Zeit kurz vor und während des Ersten Weltkrieges
zurückgegriffen.
Ein Jahr später hieß es in einem Bericht "Über die deutsche konterrevolutionäre Tätigkeit in der UdSSR"
bereits, die Deutschen seien als dem Kommunismus und der UdSSR feindselige Bevölkerungsschicht
die größte Gefahr. "Die deutschen Kolonien sind die Basis für die antisowjetische Politik der Deutschen
und der Politik der Sprengung von innen heraus".
Eine Bestätigung dafür sah man darin, dass in den 1920er - Anfang der 1930er Jahre der deutsche
Anteil an Mitgliedern der kommunistischen Partei, des Jugendverbandes Komsomol und anderen
sowjetischen Organisationen sehr niedrig war, unter der Lehrerschaft Träger der kommunistischen
Ideologie fehlten, die Gemeinden zusammenhielten und die Geistlichen unterstützten, die deutschen
und mennonitischen Bauern sich der Kollektivierung der Landwirtschaft widersetzen und während der
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Dossier: Russlanddeutsche (Erstellt am 24.07.2017)
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Hungersnot 1932-1933 Unterstützung aus Deutschland bekamen.
Zwischen Einbindung, Ausgrenzung und Verfolgung: Wolgadeutsche Kavalleristen der Roten Armee (die deutsche
Eskadron des 31. Kavallerieregiments in Gomel, um 1931). (© picture-alliance/akg)
Verhaftungen in der Ukraine
Nach der Machübernahme durch Hitler äußerte der sowjetische Außenminister Litwinow am 7. März
1933 dem deutschen Botschafter von Dirksen gegenüber "größte Zurückhaltung" bezüglich der
Regierungsbeteiligung der NSDAP. Aus Hitlers "Mein Kampf" und Rosenbergs "Zukunftsweg deutscher
Außenpolitik" hat die sowjetische Führung geschlussfolgert, dass Deutschland sich die Lostrennung
der Ukraine von Russland zum Ziel gesetzt habe und die deutsche Bevölkerung dafür
instrumentalisieren werde.
Am 25. September 1933 berichtete der Chef der OGPU der Ukraine bereits darüber, dass die Tätigkeit
von deutschen Faschisten in Industriebetrieben und Militäreinheiten aufgedeckt und in deutschen
Siedlungen der Gebiete Odessa, Donezk, Dnepropetrovsk, Kiew 69 aufständische Zellen und
Organisationen enttarnt worden sein. Allein im Gebiet Odessa seien davon 22 Kolonien betroffen
gewesen. Insgesamt wurden 1934 ca. 4.000 Russlanddeutsche in der UdSSR verhaftet.
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Dossier: Russlanddeutsche (Erstellt am 24.07.2017)
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Verhaftungen in der Wolgadeutschenrepublik
Auch in der Autonomen Sozialistischen Sowjetrepublik (ASSR) der Wolgadeutschen, die als Hort einer
im Entstehen begriffenen sozialistischen deutschen Nation galt, wurden bis zum 15. Januar 1935 185
Personen als "faschistisches Element" inhaftiert. Im Verlauf der Jahre 1935 und 1936 hat das
Volkskommissariat für innere Angelegenheiten (NKWD) als Nachfolgeorganisation der OGPU
wiederholt und in verschärfter Form über angeblich enttarnte Spionagetätigkeit und die Vorbereitung
von Sturmabteilungen in deutschen Siedlungen berichtet, die im Falle eines deutsch-sowjetischen
Krieges im Rücken der Roten Armee Sabotageakten durchführen sollten. Im Frühjahr 1936 wurden
insgesamt 123 österreichische und deutsche Emigranten verhaftet, die zum Teil seit dem Ersten
Weltkrieg in der Ukraine zurückblieben, sich dort aktiv an der Errichtung der Sowjetmacht beteiligten
und führende Positionen in der Natiionalitätenpolitik inne hatten. Das NKWD machte daraus einen
"Nationalen Verband der Deutschen in der Ukraine". In einem zweiten Dokument war bereits von einer
angeblich vorhandenen "Deutschen Front" die Rede.
Diese Entwicklung fand statt vor dem Hintergrund zunehmender internationaler Spannungen
(Spanischer Bürgerkrieg, japanische Expansion im Fernen Osten) und der Vernichtung der
innerparteilichen Opposition gegen Stalin, die als Trotzkisten gebrandmarkt wurden. Auf der
Plenarsitzung des ZK der WKP(B) am 3. März 1937 wurde eine Resolution über "Ergebnisse von
Sabotage, Diversionen und Spionage japanisch-deutsch-trozkistischer Agenten" gefasst, womit die
WKP(B) und das NKWD auf die Verstärkung der repressiven Politik gegen jegliche "antisowjetischen"
Erscheinungen eingestimmt wurden. Es wurde die "Große Säuberung" vorbereitet.
NKWD-Befehl 00439 – "Deutsche-Operation"
Schließlich wurde am 25. Juli der Befehl des NKWD der UdSSR Nr. 00439 herausgegeben, der vorsah,
binnen drei Tagen alle deutschen Staatsangehörigen, die in Rüstungsbetrieben arbeiteten oder früher
gearbeitet hatten, so wie alle deutschen Staatsangehörigen, die bei der Bahn beschäftigt waren, zu
erfassen. Ab dem 29. Juli sollten sie alle binnen fünf Tagen verhaftet werden. Unverzüglich sollte auch
das Umfeld aller Reichsdeutschen erfasst und mit der sorgfältigen operativen Überprüfung begonnen
werden. Deutsche Konsulate meldeten der Botschaft Moskau zahlreiche Verhaftungen von
reichsdeutschen Ingenieuren und Facharbeitern, die am 31. Juli 1937 stattfanden. Am 26. Juli wurden
die Spitzenfunktionäre der Wolgarepublik, die sich auf der Parteikonferenz vom 1.-4. Juni für die
Enttarnung von "Volksfeinden" einsetzten, selbst als solche verhaftet. Sie gehörten angeblich einer
"faschistischen, nationalistischen Untergrundorganisation" an. Darunter waren auch alle Mitglieder
des Gebietsparteikomitees.
NKWD-Befehl Nr.00447 – "Kulaken-Operation"
Am 30. Juli 1937 folgte der Befehl des NKWD der UdSSR Nr. 00447, mit dem die sogenannte KulakenOperation eingeleitet wurde. Nach diesem Befehl folgten "nationale" Operationen gegen Polen,
Koreaner, Letten, Esten, Finnen, Griechen, Iraner, Chinesen, Rumänen, Bulgaren und Mazedonier
unabhängig davon, ob diese ausländische Staatsbürger waren oder Sowjetbürger. Alle diese
Operationen richteten sich angeblich gegen die jeweilige Spionage. Sie sollten bis Ende 1937
abgeschlossen werden, wurden aber auf Beschluss des Politbüros der WKP(B) vom 31. Januar 1938
bis zum 15. April 1938 verlängert.
Die "Deutsche Operation" hatte ursprünglich die Verhaftung deutscher Reichsangehöriger zum Ziel,
die als Fachleute in Rüstungsbetrieben und im Transportwesen beschäftigt waren. Deren Anzahl erwies
sich wegen der bereits vorher erfolgter Verhaftungen und der Rückkehr bzw. Ausweisung von
Reichsangehörigen als relativ gering. Deshalb forderte der Volkskommissar des Innern der Ukraine,
I. Leplewskij, bereits am 4. August 1937 mit der Verhaftung der "Gefolgsleute" ("nizowka") der
verhafteten Reichsdeutschen zu beginnen. Unter "Gefolgsleuten" verstand das NKWD Personen
jeglicher Volks- und Staatszugehörigkeit, mit denen verhaftete Reichdeutsche dienstlich oder privat in
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Dossier: Russlanddeutsche (Erstellt am 24.07.2017)
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Kontakt standen. Spezielle Kategorien bildeten Besucherinnen und Besucher der deutschen Konsulate
Charkow, Kiew und Odessa, ehemalige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter deutscher Firmen,
Empfängerinnen und Empfänger der Hungerhilfe, Angehörige der Selbsschutzabteilungen der Jahre
1918-1919, Soldaten des Ersten Weltkrieges jeglicher Volkszugehörigkeit, die in deutscher oder
österreichischer Gefangenschaft waren sowie Menschen, die mit Verwandten im Ausland Briefwechsel
hatten. Berücksichtigt man, dass auch in der "Kulaken-Operation" Tausende von ehemals
wohlhabenden deutschen Bäuerinnen und Bauern unterdrückt wurden, wird klar, dass potentiell jeder
deutsche
Sowjetbürger gefährdet war.
NKWD-Praktiken
Die inzwischen zahlreichen Forschungen über den "Großen Terror" legten die Haftursachen,
Haftbedingungen und die Verhörmethoden offen. Den Ausgangspunkt bildeten Datenbanken, in denen
auffällig gewordene Personen erfasst waren. Verhörprotokolle und Protokolle von
Gegenüberstellungen wurden systematisch gefälscht, körperliche Gewalt bis zur Ermordung wurde
von hochrangigen NKWD-Funktionären praktiziert und von Untergebenen gefordert. Wenn
Schuldgeständnisse nicht erreicht werden konnten, wurden fabrizierte "Zeugenaussagen" von
regimetreuen Arbeitskollegen oder Nachbarn herangezogen.
Die Intensität der Festnahmen und die Anzahl der zum Erschießen bzw. zur Lagerhaft zu verurteilenden
Deutschen hing vor allem von Befehlen vorgesetzter NKWD-Amtsträger ab. Ab Mitte November hielt
sich der stellvertretende Volkskommissar der UdSSR L. N. Bel'skij in Donezk auf. Am 19. November
1937 hat er entsprechend dem Befehl Nr. 00439 zum Tod durch Erschießen 94 Personen und 16 zu
10 Jahren Lagerhaft, am 21. November 150 Personen zum Tode und 5 zu 10 Jahren Lagerhaft, am
23. November 155 zum Tode und 1 Person zu 10 Jahren Lagerhaft verurteilt.
Im Februar 1938 hielt sich der NKWD-Chef N. Jeschow in der Ukraine auf. Daraufhin bekam die
Verhaftungswelle eine neue Dynamik. In allen Landkreisen wurden "aufständische" Gruppen
aufgespürt. Von Januar bis September 1938 wurden 201 "deutsch-faschistische Organisation" enttarnt
und 9.317 Personen verhaftet.
Repressionen nicht nur gegen Deutsche
Die russischen Historiker N. Ochotin und A. Roginskij kamen in ihren Untersuchungen zum Schluss,
dass 1937-1938 ca. 69-73.000 Deutsche verurteilt wurden, davon nach dem "Deutschen Befehl"
76,17% zum Tod durch Erschießen. In der Region Krasnodar lag dieser Anteil bei 96,1 %, im Gebiet
Nowosibirsk bei 96,3 %, im Gebiet Orenburg bei 96,8 %.
Von einigen Forschern wird bezweifelt, dass die Repressionen gegen die deutschen Sowjetbürger
aufgrund der "Deutschen Linie" (Befehl Nr. 00439) erfolgt seien. Berücksichtigt man die Einstellung
der Parteiführung und der Sicherheitsorgane den Deutschen gegenüber seit 1922, insbesondere die
Befehle und "Orientierungen" des NKWD betreffend der Bekämpfung der deutschen Konterrevolution
und Spionage, die Kriterien für die karteimäßige Erfassung, so bleibt für solche Zweifel kein Raum. In
den Protokollen der "Dwojka" (Volkskommissar des Innern der UdSSR und der Generalstaatsanwalt
der UdSSR) über die Bestätigung des von Gebiets-Trojkas (NKWD-Chef, Gebietsparteisekretär,
Staatsanwalt des Gebiets) vorgeschlagenen Strafmaßes (Tod durch Erschießen, Lagerhaft) wurde die
jeweilige "Linie" genannt. Dies trifft auch auf die Korrespondenz der 8. Abteilung des NKWD der UdSSR
mit den NKWD-Verwaltungen in den Republiken, Regionen und Gebieten zu. Fest steht auch, dass
Deutsche nicht nur nach der "Deutschen Linie", sondern auch als Kulaken und nach anderen nationalen
Linien verfolgt wurden. Nach der "Deutschen Linie" wiederum, wurden auch Russen, Ukrainer, Polen,
Juden u.a. unterdrückt.
Ab 1954 fand die Überprüfung aller Verfahren gegen die wegen konterrevolutionärer Verbrechen
verurteilten Lagerinsassen statt. In den 1960er Jahren setzten sich Angehörige von zum Tode
Verurteilten für deren Rehabilitierung ein. Bei erneuter Prüfung der Akten und der Zeugenbefragung
kam die Justiz zur Feststellung, dass die Verfahren der Jahre 1937-1938 unter grober Verletzung der
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Dossier: Russlanddeutsche (Erstellt am 24.07.2017)
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geltenden Rechtsnormen und ohne Nachweis der Schuld durchgeführt wurden. Solche Verfahren
wurden mangels eines Straftatbestands eingestellt und die Opfer postum rehabilitiert.
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Der Name des Autors/Rechteinhabers soll wie folgt genannt werden: by-ncnd/3.0/de/ Autor: Alfred Eisfeld für bpb.de
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Dossier: Russlanddeutsche (Erstellt am 24.07.2017)
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Von der Anwerbung unter Katharina II.
bis 1917
Von Viktor Krieger
18.7.2017
Dr. Viktor Krieger wurde 1959 im Gebiet Dschambul,
Kasachstan, geboren. Er studierte in Nowosibirsk und
promovierte über deutsche Siedler in Kasachstan zur
Zarenzeit an der Akademie der Wissenschaften in AlmaAta. 1991 siedelte er nach Deutschland über. 1992-93
war er im Generallandesarchiv Karlsruhe beschäftigt.
Zurzeit freiberuflicher Historiker und Lehrbeauftragter des Historischen
Seminars an der Universität Heidelberg. Seine Forschungsschwerpunkte sind:
Geschichte und Kultur der Russlanddeutschen im Kontext der multikulturellen
und -konfessionellen Vielvölkerstaaten Russland und die Sowjetunion,
insbesondere in Zentralasien seit Ende des 19. Jh. bis heute.
Mit dem "Kolonistenbrief" von 1763 begann die Anwerbung von Siedlern, die vor allem im
unteren Wolga- und Schwarzmeergebiet angesiedelt wurden. Die Kolonisten kamen
mehrheitlich aus den deutschen Gebieten. Sie wurden schrittweise zu treuen Untertanen des
Zarenreichs. Nichtsdestotrotz wurde die deutsche Minderheit mit dem Beginn des Ersten
Weltkrieges zunehmend unterdrückt.
Unter Russlanddeutschen sind hauptsächlich Nachkommen der handwerklich-bäuerlichen
Einwanderer aus Zentraleuropa zu verstehen, in erster Linie aus den deutschen Kleinstaaten, die im
18. und 19. Jahrhundert zur Urbarmachung vor allem im unteren Wolga- und im Schwarzmeergebiet
angesiedelt wurden. Sie kamen in ein Reich, das im Laufe der territorialen Expansion seit dem 15.
Jahrhundert sein Staatsgebiet um das 52fache vergrößerte und letztendlich ein Sechstel der
Landfläche der Erde umfasste. Die Kolonisierung der eroberten und zum Teil unbewohnten Territorien
stellte für den russischen Staat jahrhundertelang eine andauernde Herausforderung dar.
Erste Einwerbung von Siedlern für das russische Reich unter Zarin
Katharina II.
Gemäß dem Vorbild anderer europäischer Mächte (Österreich, Preußen) entschloss sich die russische
Kaiserin Katharina II., eine Politik der "Peuplierung" in Angriff zu nehmen. Unbewohnte und dünn
besiedelte Gebiete sollten durch zuverlässige neue Untertanen besiedelt und bewirtschaftet werden.
Die Anwerbung von ausländischen Kolonisten vollzog sich mit abwechselnder Intensität und
unterschiedlichen geographischen Schwerpunkten fast ein Jahrhundert lang – ausgehend vom
richtungweisenden Einladungsmanifest vom 22. Juli 1763. Mit ihrem Manifest, das in mehrere
Sprachen übersetzt und in ganz Europa verbreitet wurde, sicherte sie ausländischen Siedlern
zahlreiche Rechte zu und versprach vielerlei Vergünstigungen: Fahrt zum gewählten Wohnort auf
Staatskosten, unentgeltliche Zuteilung von Land, freie Steuerjahre, innere Selbstverwaltung, Befreiung
von Militärdienst und militärischer Einquartierung, Berufs- und Religionsfreiheit, Recht auf
Rückwanderung usw. Dem Manifest wurde ein Verzeichnis (Register) der "in Russland freien und zur
Besiedlung bequemen Ländereien" in mehreren Gouvernements beigelegt.
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Dossier: Russlanddeutsche (Erstellt am 24.07.2017)
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Einwerbung vor allem in den deutschen Gebieten erfolgreich
Um die erforderlichen Einwandererzahlen zu erreichen, beauftragte die russische Seite ab 1764
verstärkt private Agenten (Anwerber, Berufer), die auf eigenes Risiko operierten und für jeden
angeworbenen Kolonisten einen Festbetrag erhielten. Diese erhielten das Recht, mit potentiellen
Interessenten individuelle Verträge zu schließen. Alles in allem warben sie fast die Hälfte aller bis 1774
nach Russland ausgewanderten Personen (insgesamt 14.960) ein. Es zeigte sich rasch, dass das
Angebot der russischen Kaiserin vor allem in den deutschen Fürstentümern und freien Reichsstädten
auf fruchtbaren Boden fiel: Nicht zuletzt die staatliche Zersplitterung und die schwache Zentralmacht
verhinderten eine wirksame Unterbindung der Werbeaktivitäten.
Bis 1774, dem Jahr des Anwerbestopps, folgten 30.623 Ausländer den Versprechungen der russischen
Herrscherin. Die meisten Auswanderer stammten aus Westfalen (27%), Hessen (17%), Preußen und
Norddeutschland (18%), Sachsen (13%), aus dem Elsass, Baden und anderen deutschen Ländern.
Kleinere Gruppen kamen aus der Schweiz, Holland, Schweden und Dänemark. Von Anfang an haben
die zuständigen russischen Behörden die im Einladungsmanifest versprochene freie Ortswahl
unterlaufen, vor allem wurde eine Niederlassung in Städten verhindert. Man lenkte die Einwanderer
größtenteils in die Gegend um Saratow; dort entstanden auf beiden Seiten der Wolga 66 evangelische
und 38 katholische Mutterkolonien. Unter den 1769 hier registrierten 23.109 Siedlern gab es 12.145
Männer und 10.964 Frauen bei einer Durchschnittsgröße einer Familie von 3,59 Personen. Erst nach
1775 verzeichnete man einen Bevölkerungszuwachs, und 1788 betrug die Gesamtzahl der
Wolgakolonisten schon 30.962 Personen (15.607 Männer und 15.355 Frauen, Familiengröße: 6,47),
um sich 1816 mit erfassten 60.746 Kolonisten beinahe zu verdoppeln (Familiengröße: 7,28). Zudem
entstanden kleinere Siedlungsgruppen und einzelne Kolonien im Umkreis von St. Petersburg, im
Gouvernement Tschernigow (heute in der Ukraine), in Livland, im Gebiet Woronesch (Riebensdorf)
und unweit von Zarizyn, des gegenwärtigen Wolgograd (Herrnhuter-Kolonie Sarepta).
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Deutsche Auswanderung nach Russland von 1763 bis Mitte des 19. Jahrhunderts. Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/ (bpb,
mr-kartographie)
Fortsetzung der Kolonisationspolitik mit ausländischen Siedlern unter
Zar Alexander I.
Die Anwerbung von ausländischen Kolonisten wurde zu Beginn des 19. Jh. verstärkt. Dieses Mal war
das Ziel Gebiete am Schwarzen Meer zu erschließen. Nach den Erfahrungen mit dem Siedlungswerk
an der Wolga – man hat zunächst mehr auf die Anzahl, auf die Masse der Kolonisten und weniger auf
ihre Eignung geachtet, deshalb hatten die dortigen Siedler große Anfangsschwierigkeiten gehabt –
legte die Regierung nun strenge Auswahlkriterien an: Laut dem Erlass des Zaren Alexander I. vom
20. Februar 1804 sollte eine Einreise in erster Linie erfahrenen und vermögenden Landwirten sowie
auf dem Land unentbehrlichen Handwerkern gestattet werden. Die Einwanderer kamen nun
größtenteils aus Westpreußen (Mennoniten) und Württemberg, ferner aus Baden, dem Elsass und
der Pfalz.
Im Gegensatz zum zusammenhängenden Ansiedlungsgebiet der Deutschen an der Wolga in einer
fast menschenleeren Gegend kam es jetzt zur Bildung mehrerer Kolonistenbezirke und
Einzelsiedlungen mit insgesamt 181 Mutterkolonien, die sich verstreut in der heutigen Südukraine, in
Moldawien (ehem. Bessarabien) und im Transkaukasus in einer multinationalen Umgebung mit
russischen, ukrainischen, tatarischen, georgischen u.a. Bauern befanden. In dieser Periode der
ausländischen Kolonisation wanderten zwischen 50.000 und 55.000 Europäer, vornehmlich Deutsche,
in das Russische Reich ein.
Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal zu dem Siedlungswerk im unteren Wolgagebiet stellte die
Emigration aus religiösen Gründen dar. Das betraf v.a. die Mennoniten aus dem Raum um Danzig und
aus Westpreußen, die wegen ihrer religiös-pazifistischen Überzeugungen zunehmend wirtschaftlich
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bedrängt wurden und seit 1789 in mehreren Wellen nach Russland auswanderten. Eine andere Gruppe
der religiösen Auswanderer bildeten die württembergischen Pietisten; letztere zogen in sog. Harmonien
oder Verbindungen gen Osten, bis zum Kaukasus, um dort die "Wiederkunft Christi und die Aufrichtung
seines tausendjährigen Reiches" zu erleben. Allein 1817 traten 5.508 Personen in 963 Familien aus
Württemberg in mehreren Harmonien den beschwerlichen Weg nach Russland an, auf Schiffen (sog.
Ulmer Schachtel) Donau abwärts, über Galatzbis nach Ismail und Odessa. Mehr als 1.000 Einwanderer,
darunter zahlreiche Kleinkinder, starben unterwegs, v.a. in den Quarantänen beider letzten Städte, da
etwa in Galatz die Pest herrschte. Ein Teil der Kolonisten blieb im südrussischen Raum; letztendlich
gelang es 2.629 Personen oder ca. 500 Familien trotz behördlicher Widerstände in den Transkaukasus
durchzukommen.
1819: Ende der planmäßigen Einwerbung von Ausländern
1819 beendete die Regierung offiziell die Einwerbung. Danach erfolgen nur noch vereinzelt
Genehmigungen zu weiteren agrarischen Einwanderungen mit einigen – wenn auch wesentlich
eingeschränkten – Privilegien, so etwa 1851 und 1859 für ca. 200 Familien preußischer Mennoniten,
die Land im Gouvernement Samara an der Wolga zugewiesen bekamen. Auch nach dem Abschluss
der Besiedlungs- und Urbarmachungspolitik mit ausländischen Kolonisten zogen zahlreiche agrarische
Einwanderer ins Land, doch geschah es auf anderer gesetzlicher Grundlage und sie mussten sich auf
eigene Kosten einrichten. Das betraf unter anderem die sog. Wolhyniendeutschen. Es handelte sich
um deutsche Kolonisten aus den polnischen Gouvernements des Russischen Reiches, die dort seit
dem 18. Jahrhunderts aufs Staats- oder Privatland im Rahmen des selbständigen polnischen Staates
oder durch Besiedlungsmaßnahmen im Herzogtum Warschau bis 1815 und später angesiedelt wurden.
Vor allem nach dem zweiten polnischen Aufstand 1863-64, angesichts der dort herrschenden
innenpolitischen Spannungen, zeigten sie erhöhte Weiterwanderungsbereitschaft, vor allem in die
westrussischen Gouvernements Wolhynien (als Siedlungsschwerpunkt), Podolien und Kiew. 1886
zählte man allein in Wolhynien schon 93.964 deutsche Bauern, die vorwiegend auf gepachtetem Land
wirtschafteten.
Treue Untertanen des Zarenreichs mit Sonderverwaltung
Das gesamte Kolonisationsunternehmen mit ausländischen Bauern und Handwerkern verlief bis ins
kleinste Detail unter Kontrolle und auf Anweisungen der russischen Regierung. Die Beamten
bestimmten nicht nur die Standorte der künftigen Dörfer und ihre Gemarkungen, sondern erstellten
auch Musterpläne für Siedlungen und einzelne Familienhöfe. Mit der Ablegung des Treueeides wurden
die Kolonisten in den russischen Untertanenverband aufgenommen. Ihre Nachkommen fungierten
somit bis zum Ende des Zarenreichs als russische Staatsbürger.
Durch einen neu geschaffenen Kolonisten-Stand wurden die Einwanderer von ihren russischen,
ukrainischen oder tatarischen Nachbarn abgegrenzt und einer staatlichen Sonderverwaltung
(Vormundschaftskanzlei) in St. Petersburg mit Fürsorgekontoren in Saratow und später in Odessa
unterstellt. Die Einführung des Deutschen als Amts- und Schulsprache stellte ein nahezu
unüberwindbares Hindernis zum Erlernen der russischen Sprache dar. Zum einen folgte es den
Versprechungen im Einladungsmanifest, dass sich die Siedler ihrer Muttersprache in der Schule, beim
Gottesdienst und in der Verwaltung bedienen dürfen. Zum anderen war es etwa bis Mitte des 19. Jh.
eine gängige Praxis im russischen Vielvölkerreich, dass zahlreiche Ethnien ihre Muttersprache relativ
frei sprechen und schreiben konnten. Und, schließlich, die sprachliche Abschottung der
eingewanderten Europäer geschah von Amts wegen, um unter anderem den befürchteten Einfluss
des Protestantismus und Katholizismus auf orthodoxe Bauern zu vermeiden. Ständische Schranken
und konfessionelle Unterschiede spielten im Zarenreich ebenfalls eine stark trennende Rolle.
Konfessionsverschiedene Ehen waren eine Ausnahme; Kinder aus Mischehen mit Russen mussten
orthodox getauft und erzogen werden.
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Schrittweise Anpassung der Neuankömmlinge
An der Wolga und im Schwarzmeerraum erwartete die Siedler aus Zentraleuropa eine fast baumlose
Steppe, wo ein ausgesprochen kontinentales Klima mit extremen Temperaturschwankungen und
geringen Niederschlägen herrschte. Es dauerte Jahrzehnte, bis sich die Neuankömmlinge an die
ungewöhnlichen klimatischen und Bodenbedingungen in ihren Wohnorten angepasst haben und eine
den gegebenen Umständen angemessene Wirtschaftsweise entstanden ist. Neben eher ungünstigen
Naturbedingungen machten sich die mangelnde Eignung vieler angeworbener Kolonisten und die
planerischen Inkonsequenzen der russischen Behörden bemerkbar. Die hohe Sterblichkeit während
des Transports zu den Ansiedlungsgebieten und in der Anfangszeit hemmte die demographische und
wirtschaftliche Entwicklung der Gemeinden sehr.
In den 1780er Jahren fand die wohl wichtigste Änderung in der inneren Agrarverfassung der deutschen
Siedler an der Wolga statt: aus fiskalischen Gründen wurde der Übergang von dem im Gesetz aus
dem Jahr 1764 vorgeschriebenen Minoratsrecht, d.h. dem erblichen und unteilbaren Landbesitz, zur
russischen Umverteilungsgemeinde, dem sogenannten "mir", eingeleitet. Demnach trat nun die
Gemeinde als Besitzer des Ackerlandes und der Weidewiesen auf. Dieser Landbesitz wurde
entsprechend der Zahl der männlichen "Seelen" periodisch umverteilt. Naturgemäß verringerten sich
mit wachsender Bevölkerungszahl die Landanteile der einzelnen Wirte, und so entstand eine breite
Schicht von Mittel- und Armbauern, Bauern, die nur geringe Überschüsse produzierten und sich durch
gewerbliche Nebenbeschäftigungen wie dem Erzeugen von Sarpinka (Baumwolltextilien) einen
Zusatzverdienst aufbauen mussten. Nichtsdestotrotz entwickelte sich das deutsche Ansiedlungsgebiet
an der Wolga zu einer der wichtigsten getreideproduzierenden Regionen im Russischen Reich.
Die im Schwarzmeergebiet angesiedelten Bauern durften das erbliche Eigentumsrecht behalten: das
einmal zugewiesene Grundstück ging ungeteilt an nur einen Erben über. Diese Agrarverfassung
brachte zahlreiche Landlose hervor, die sich gezwungen sahen, neues Land zu erwerben oder zu
pachten. Andererseits entstand dadurch eine starke unternehmerische Schicht von exportorientierten
Weizenproduzenten und Herstellern von landwirtschaftlichen Geräten.
Weitere Eingliederung in das russische Staatswesen
Die Niederlage im Krimkrieg (1853-1856) verdeutlichte den gravierenden gesellschafts-politischen
Rückstand des autokratischen Russland und gab den entscheidenden Anstoß zu tiefgreifenden
Reformen. Dabei handelte es sich in erster Linie um die Lösung der Bauernfrage und hier vor allem
um das System der Leibeigenschaft, die eine wirtschaftliche und insgesamt gesellschaftliche
Weiterentwicklung des Staates behinderte. Die Verkündung des kaiserlichen Manifests über die
Befreiung der Bauern von der Leibeigenschaft am 19. Februar 1861 führte in der Folgezeit zu einer
Reihe von Maßnahmen, angefangen mit der Einführung der ländlichen Selbstverwaltung
(Landschaftseinrichtungen, russ. semstwo) im Jahr 1864, der anschließenden Universitäts-, Presse-,
Zensur- und Rechtsreform bis zur Einführung der allgemeinen Wehrpflicht im Jahr 1874 – alles wichtige
Schritte auf dem Weg zur Formierung eines modernen Staatswesens.
Nach und nach kamen alle Gruppen der Landbevölkerung mit besonderem Status unter die allgemeine
Verwaltung, so 1871 auch die einstigen Kolonisten. Seither bildete die deutsche Landbevölkerung,
nun offiziell als "Siedler-Eigentümer bzw. Ansiedler-Landbesitzer (ehemalige Kolonisten)" bezeichnet,
einen integralen Teil des russischen Bauernstandes. Der Schriftverkehr mit den Behörden musste
fortan zwar auf Russisch erfolgen, aber das Gemeinde- und Alltagsleben war davon kaum betroffen.
Historisch gewachsene Kolonistenbezirke oder Landkreise – auf Russisch nun wolost genannt – mit
mehreren Siedlungen blieben erhalten und besaßen nach wie vor einen hohen Grad an lokaler
Selbstverwaltung. Der Unterricht in der Dorf- oder Kirchenschule verlief – trotz einiger Änderungen –
weiterhin auf Deutsch und konfessionelle Schranken wirkten auch künftig trennend. All diese Umstände
erklären die im Wesentlichen erhalten gebliebenen sprachlichen und kulturellen Merkmale der
Ansiedler bis zum Ende der Monarchie.
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Das Alltagsleben der Kolonisten
Das Alltagsleben der Kolonisten war von einer tiefen Frömmigkeit und religiösen Überzeugung geprägt.
Die Pastoren und Padres genossen großes Vertrauen und Autorität im Siedlermilieu. Viele Einwanderer
gingen aus religiösen Gründen nach Russland, was später nicht selten zu Gemeindespaltungen, zur
Bildung von Stunden- und Brüderkreisen (auch unter den russischen und ukrainischen Bauern) und
schließlich zur Ausbreitung des Baptismus und Adventismus führte. Das Schulwesen der deutschen
Siedler war von Anfang an stark konfessionell geprägt; die Dorfschule bereitete die Jugendlichen in
erster Linie auf die Konfirmation beziehungsweise Firmung vor. Bei allen Unzulänglichkeiten konnten
diese kirchlichen Schulen den meisten Kindern das Lesen beibringen; von den Knaben wurden
zusätzlich Schreibfähigkeiten und Kenntnisse im Rechnen erwartet. Erst kurz vor dem Ersten Weltkrieg
entstanden in den größeren Kolonien private und staatliche Knaben- und Mädchengymnasien, Realund Kommerzschulen und andere Typen von Mittelschulen. Auf diese Zeit, vorzugsweise seit dem
Übergang zur konstitutioneller Monarchie im Jahr 1905 ("Oktobermanifest"), gehen die Anfänge der
schöngeistigen Literatur und der historischen Heimatkunde zurück. Zugleich erlebte das nationale
deutschsprachige Presse- und Verlagswesen seine erste Blüte.
Abschaffung der Sonderverwaltung und erste Rechtsbeschränkungen
Die Abschaffung ihrer Sonderstellung hat die deutschen Siedler aus der erzwungenen Isolation befreit
und damit eine ungeahnte wirtschaftliche und soziokulturelle Dynamik ausgelöst – man vergleiche nur
die Bevölkerungszahl oder die Größe des Landbesitzes zu Zeiten der staatlichen Sonderverwaltung
mit solchen aus dem Jahr 1914. Ihr gesamter Landbesitz wuchs von etwa 2,1 Millionen ha im Jahr
1864 auf ca. 8 Millionen ha. Fast die Hälfte der landwirtschaftlichen Maschinen und Geräte im damaligen
Schwarzmeergebiet wurden von Betrieben in ehemaligen deutschen Kolonien oder solchen mit
russlanddeutschen Inhabern hergestellt. In den Händen deutscher Siedler an der Wolga lagen wichtige
Industriezweige wie die Mühlen- oder Textilindustrie. In der russischen Wein- und Cognacproduktion
spielten die schwäbischen Kolonien im Transkaukasus eine beispielgebende Rolle.
Gerade diese rasanten Entwicklungen, vor allem im Schwarzmeergebiet, sowie eine schnelle
Verbreitung des protestantischen Glaubens (Stundismus) unter der russischen und ukrainischen
Landbevölkerung, gekoppelt mit der Angst vor militärischer und wirtschaftlicher Potenz des ebenfalls
1871 gegründeten Deutschen Reiches, führte an der Jahrhundertschwelle zu erbitterten
Pressekampagnen gegen russische Staatsbürger deutscher Herkunft, zu hastigen Russifizierungsmaßnahmen
und verschiedenen einschränkenden Bestimmungen.
Gründung von Tochterkolonien und erste Auswanderung nach Übersee
Von den kurz vor dem Ersten Weltkrieg geschätzten 2,4 Mio. Deutschen im Russischen Reich zählten
ungefähr zwei Drittel zu den Nachkommen der einstigen "ausländischen Kolonisten"; davon lebten
etwa 550.000 an der Unteren Wolga und 530.000 im Schwarzmeergebiet, vornehmlich in den einstigen
Kolonistenbezirken, ferner in Wolhynien, im Nordkaukasus und verstreut in einzelnen Siedlungen im
ganzen Reich. Weitere 550.000 Deutsche wurden in polnischen Provinzen (damals im Russischen
Reich), im Baltikum (Deutschbalten) und in den Städten (St. Petersburg, Moskau) gezählt.
Der Landmangel und das nach der Überwindung der Anpassungsschwierigkeiten zunehmende
Bevölkerungswachstum führten zu fortwährenden Auszügen aus den Mutter- oder Altkolonien und zur
Gründung von zahlreichen sog. Tochterkolonien, vorerst in den benachbarten Gebieten und seit 1882
verstärkt im Ural, in Sibirien und Zentralasien. Die mit der Einführung des Militärdienstes entstandene
Auswanderungstendenz dauerte mit unterschiedlicher Intensität bis zum Ersten Weltkrieg und einige
Jahre darüber hinaus an. Zielorte waren in all den Jahren bezeichnenderweise nicht das Herkunftsland
Deutschland, sondern die USA, Kanada und lateinamerikanische Staaten (v.a. Argentinien und
Brasilien). Dort konnten die vorwiegend bäuerlichen Ausreisewilligen billiges Land erwerben und darauf
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hoffen, ihre traditionelle Wirtschafts- und Lebensweise zu behalten und weiterzupflegen.
Die Weiterwanderung bis hin zur Emigration stellte in der Geschichte der russlanddeutschen Minderheit
stets ein bewährtes Mittel dar, den als unzumutbar und bedrückend empfundenen sozioökonomischen
oder politischen Bedingungen des Heimatortes bzw. -landes zu entkommen. Ein zusätzlicher, bei
weitem nicht unbedeutender Nebeneffekt bestand darin, dass der Wegzug der ländlichen
Überbevölkerung das gerade im ausgehenden Zarenreich aufkeimende soziale Konfliktpotenzial zu
entschärfen vermochte. Auch aus diesem Grund nahmen deutsche Siedler in den turbulenten Jahren
der ersten russischen Revolution 1905-1907 an den überall im Land aufflammenden Agrarunruhen
kaum Anteil.
Herausbildung eines gruppenbezogenen Selbstverständnisses
Für die Aktivitäten in den ländlichen Verwaltungsorganen, eingeführt im Zuge der "Großen Reformen"
der 1860er Jahre, waren die Erfahrungen der deutschen Siedler, die sie jahrzehntelag bei der Ausübung
der Verantwortlichkeiten auf der Dorf- und (Amts)Bezirksebene gesammelt hatten, von herausragender
Bedeutung. Nicht von ungefähr waren sie vor allem in den bäuerlichen Selbstverwaltungsorganisationen
der Kreis-Semstwo stets überproportional vertreten. Dasselbe galt auch für die gemischtnationalen
Amtsbezirke. Dies bot die Voraussetzung für verschiedene Amtsausübungen in Gouvernementsbehörden
sowie als Abgeordnete bis hin zur Reichsduma (Parlament). Typisch war in diesem Sinne die Tätigkeit
von Peter L(o)uck, der 1866 bis 1891 ohne Unterbrechung der Vorsitzende des Kamyschiner SemstwoKreis-Amtes im Gouvernement Saratow war. Als weiteres Beispiel kann Andreas Widmer aus
Bessarabien angeführt werden, der mehr als drei Jahrzehnte in der Landschaft Akkerman wirkte und
als Duma-Abgeordneter die Interessen seiner Landsleute im russländischen Parlament vertrat.
Insgesamt zeichneten sich die Deutschen in Russland durch ausgeprägte Zarentreue,
Reichspatriotismus und Loyalität zu der vorherrschenden sozialen und politischen Ordnung aus. Von
der Führungsschicht des Staates wurden sie bis Ende des 19. Jh. als systemstabilisierend betrachtet.
Beziehungen zu der Heimat der "Urväter" waren in dieser Zeit kaum vorhanden, und waren dann
weniger politischer als vielmehr kultureller Natur. Vor allem die deutsche Muttersprache und die als
deutsche Tugenden empfundenen Eigenschaften wie Fleiß, Sparsamkeit, Nüchternheit,
Rechtschaffenheit, Ordnungsliebe und dergleichen galt es zu bewahren und weiter zu pflegen.
Unter den im Vergleich zur alten Heimat Deutschland völlig anderen politischen, sozialen,
geographischen und klimatischen Bedingungen begann sich allmählich ein neues gruppenbezogenes
Selbstverständnis herauszubilden. Das kennzeichnete vor allem die in einem kompakten
Siedlungsgebiet lebenden Wolgadeutschen mit ihrem starken Zusammengehörigkeitsgefühl.
Allerdings hatte sich im Zarenreich noch keine übergreifende nationale Identität herausgebildet; man
nannte sich nach den jeweiligen geographischen Siedlungsgebieten etwa als deutsche
Wolgakolonisten bzw. Wolgadeutsche, Schwarzmeerdeutsche (oder südrussische Kolonisten), auch
Bessarabien- und Krimdeutsche, südrussische Mennoniten, Kaukasus- oder auch Wolhyniendeutsche.
Nicht minder wichtig war die konfessionelle Zugehörigkeit; oft verstand man sich in erster Linie als
Katholik, Lutheraner, Baptist oder Mennonit und nur dann eben als ein Deutscher.
Ungeachtet der sich besonders seit dem Ende des 19. Jahrhunderts häufenden diskriminierenden
Maßnahmen im wirtschaftlichen und sprachlich-kulturellen Bereich sowie einer wachsenden
deutschfeindlichen Stimmungsmache führte das entstandene nationale Selbstverständnis und bewusstsein der ehemaligen Kolonisten mit ihrer traditionell verwurzelten Hochachtung der
Gesetzestreue und Pflichterfüllung zu einer eindeutigen Parteinahme zugunsten des Russischen
Reiches im Ersten Weltkrieg: Zehntausende Schwarzmeer- und Wolgadeutsche kämpften als
russische Soldaten an der Front gegen Deutschland und seine Verbündeten. Im Verlauf des Krieges
mussten sie ungerechtfertigte Beschuldigungen über ihre angebliche Unzuverlässigkeit, ihren
mangelnden Patriotismus oder sogar heimliche Sympathien mit dem Feind erdulden und wurden
zusätzlich durch die gesetzlichen Schritte zur Liquidierung ihres Landbesitzes maßlos enttäuscht. Das
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führte zur enthusiastischen Begrüßung der bürgerlichen Februarrevolution 1917, die anstelle der
Monarchie die demokratische Republik ausrief und alle nationalen und konfessionellen
Beschränkungen aufhob.
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Der Name des Autors/Rechteinhabers soll wie folgt genannt werden: by-ncnd/3.0/de/ Autor: Viktor Krieger für bpb.de
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Redaktion
18.7.2017
Herausgeber
Bundeszentrale für politische Bildung/bpb, Bonn © 2017
Verantwortlich gemäß § 55 RStV: Thorsten Schilling
Redaktion bpb
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Matthias Jung
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