Interview mit Dipl.-Ing. Dr. Peter Holzer, Donau-Universität Krems am 15. Juni 2010 „Future Building“ und „COMET“ stehen für Forschungsprogramme auf hohem Niveau in Zusammenarbeit von Wirtschaft und Wissenschaft. Welche Schwerpunkte - der Start war im September 2009 - sind für die nächsten 4 Jahre geplant? Das COMET Programm, das österreichische Exzellenzprogramm der Technologieforschung, fördert den Aufbau von Kompetenzzentren, die sich mit einem von Wirtschaft und Wissenschaft gemeinsam definierten Forschungsprogramm beschäftigen. Ziel dieser Kooperation zwischen Wirtschaft und Wissenschaft ist Technologieentwicklung und deren Verwertung. Ein wichtiger Ansatz dabei ist die Schaffung von „Competence Centers for Excellent Technologies“ zur besseren Vernetzung der Beteiligten und in weiterer Folge Schaffung von engeren Kooperationsstrukturen. Das Projekt Future Buildung ist ein solches Kompetenzzentrum. Es wurde mit Unterstützung von ecoplus entwickelt. In einem Team von Forschungsinstituten und Unternehmen werden Komponenten und Systeme für nachhaltiges Bauen entwickelt. In enger Abstimmung zwischen 19 Unternehmen und 7 Wissenschaftsorganisationen laufen derzeit über insgesamt 4 Jahre 9 Forschungsprojekte, „Multifirmprojects“ genannt, um unsere Gebäude zukunftsfähiger zu machen. So wird zum Beispiel in Richtung der Weiterentwicklung von Wärmepumpen, Glaskomponenten, aber auch Speichermassenbewirtschaftung und Leichtbausystemen geforscht. Firma Eder, einer der Konsortialpartner, konnte für einen 50 cm Ziegel im Zuge der Forschungskooperation bereits das Zertifikat des Passivhausinstituts erhalten, das den Baustoff als passivhausfähig auszeichnet. Future Building wurde als eigene GmbH organisiert, damit klare Geschäftsstrukturen vorliegen. Örtlich angesiedelt ist sie am Standort Donau-Universität Krems. Die Sommertauglichkeit von Büros wird – auch angesichts des Klimawandels - immer mehr zum Thema. Welche Erkenntnisse konnten Sie bei der Untersuchung der Auswirkung des Klimawandels auf den Wärme- und Kältebedarf eines charakteristischen Büroraums gewinnen? Diese Untersuchung ist “on going” und wird Bestandteil der Dissertation von Dipl.-Ing. Tanja Berger sein. Es gibt deshalb noch keine endgültigen Erkenntnisse, aber es kann so viel gesagt werden, dass sich der Klimawandel natürlich auf die Wärme- und Kältebedarfszahlen massiv auswirkt. Der städtische „Heat Island Effect“ übertrifft den klassischen Klimawandel sogar noch um 3-4 Grad C. Dieser Effekt ist ebenfalls einer unserer Forschungsbereiche – gemeinsam mit der Klimaforscherin Dr. Helga Kromp–Kolb von der Universität für Bodenkultur und der Hohen Warte. Mit der zunehmenden Speicherung von Hitze in Städten verringert sich die Nachtauskühlung. Die Konzepte von Gebäuden, die in ihrem Klimakonzept auf diese Nachtauskühlung setzen, kommen deshalb zunehmend unter Druck. Die Nachtauskühlung ist heute deutlich schwächer als früher und ihre Funktion ist genau zu überprüfen. Robustere Systeme sind etwa mit Erdwärme versorgte Bewirtschaftungen in Betondecken. Seitens der Wärme- und Kälteabgaben ist die Kühlung mittels Fan Coils heute nicht mehr Standard. Der Trend zu Flächenkühlsystemen hält an, wenn auch deren Ausstattung mit Leistungen beschränkt sind. Bei einer gut geplanten und ausgeführten Betonkernaktivierung ist eine Kälteleistung von 30 bis 50 W pro m2 zu erreichen. Die hohe Schule des nachhaltig klimatisierten Bürobaus wird künftig aus der Kombination standortgerechter Fassadengestaltung mit moderatem Fensteranteil und guter Beschattung, in Kombination mit Flächenheiz- und Kühlelementen, gespeist von Wärme- und Kälteerzeugung aus erneuerbaren Ressourcen, wie Erdwärme oder auch Sonne, oder im städtischen Umfeld auch Fernwärme oder Kälte bestehen. Energiemonitoring ist für haustechnische Systemoptimierung bei bestehenden und neu errichteten Bürogebäuden für deren Energieeffizienz von Bedeutung. Wie hoch ist Ihrer Erfahrung und Einschätzung nach das mögliche Optimierungspotenzial durch Energiemonitoring in Österreich? Heute errichtete Gewerbeimmobilien sind mit komplexer Regelungstechnik ausgestattet. Es bewährt sich jedenfalls, nach Gebäudeübergabe, eine zumindest einjährige Beobachtungsund Einregulierungsphase vorzusehen. Das Energiemonoitoring kann jedenfalls Einsparpotenziale von 30 Prozent lukrieren. In Österreich sind schon einige Passivbüroprojekte realisiert worden. Wie sehen Sie die weitere Entwicklung in Österreich bzw. gibt es einen europäischen Trend? Besonders die diesjährige internationale Passivhaustagung in Dresden hat gezeigt, dass ein unbedingter Trend zum Passivhaus – nicht zuletzt bedingt durch den Schock der Immobilienkrise ausgelöst – besteht. Die Gewerbeimmobilie ist zum Käufermarkt und der Druck zur Werthaltigkeit noch stärker geworden. Die Menschen setzen auf Langfristigkeit, nicht nur aus ökologischen Gründen, sondern für eine bestmögliche Vorbereitung auf eine nicht vorhersehbare Zukunft. Wir müssen heute unsere Entscheidungen so treffen, dass Spielräume offen bleiben. Die Gebäudeleittechnik der Zukunft muss deshalb so gestaltet werden, dass diese robust bzw. gut bedienbar ist und eine Mischung zwischen Komplexität und Offenheit für unterschiedliche Energieträger, Bedarfsanforderungen und Systemwechsel, unter Berücksichtigung von IT- und Technologiewechsel zulässt. Das Department für Bauen und Umwelt der Donau-Universität Krems ist der Vorreiter für Nachhaltigkeit in Wissenschaft und Lehre –bestes Beispiel war das Forum Building Science 2010. Wo setzen Sie für Ihr Department in den nächsten vier Jahren Ihre Schwerpunkte? Unser Department ist in drei Kernbereichen aufgestellt: Im Bereich Facility Management entwickeln wir gegenwärtig Modelle, die Lebenszykluskosten in die Kostenplanung von Gebäuden integrieren. Zu diesem Thema besteht eine enge Zusammenarbeit mit dem Baukosteninstitut der deutschen Architektenkammern. Es ist sicher notwendig, in Bezug auf die Versorgungstechnik im FM-eigenen Bereich der Donau-Universität Krems eine Vertiefung zu setzen. Unser Angebot für Klimaingenieure ist derzeit ausreichend, aber für eine Kombination von Kompetenz in Elektro-, Wärme- und Regelungstechnik ist noch einiges zu tun. Im Bereich der Architektur- und Ingenieurwissenschaften erarbeiten wir anhand einer Dissertation zum Lichthaushalt neue Forschungsergebnisse. Der moderne Mensch verbringt überdurchschnittlich viel Zeit in Räumen, wir sehen seltener die Sonne und entwickeln uns zu „Innenraumwesen“. Was das für eine Auswirkung auf unseren Organismus hat, ist zentraler Schwerpunkt dieser Forschungsarbeit. Außerdem existieren im Bereich Architektur und Ingenieurwissenschaften mehrere F&ESchwerpunkte. Einer ist die Erforschung gesundheitsrelevanter Aspekte der Tageslichtversorgung von Gebäuden. Ein anderer der Umgang mit der thermischen Sanierung von architektonisch wertvollen Gebäudestrukturen. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Implementierung eines erweiterten Modells des thermischen Komforts in die Gebäudeplanung und schließlich Beiträge zu Zero-Carbon sowie energieautarken Gebäuden. Im Bereich Immobilienwirtschaft wird die Wechselwirkung zwischen ökologischen Gebäudequalitäten und deren wirtschaftlicher Performancekennzahlen erforscht.