Institut für Geometrie und Topologie

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Institut für Geometrie und Topologie
Prof. Uwe Semmelmann
Dr. Tillmann Jentsch
Übungsblatt 7: Orientierbarkeit
Für die Gruppenübungen am 5.6.2012
Aufgabe 1. Finden Sie eine glatte injektive Abbildung f : R2 → R3 mit Rang(Dp f ) = 2 für alle p ∈ R2 so,
dass f (R2 ) keine reguläre Untermannigfaltigkeit ist.
Lösung 1. Eine Möglichkeit: wir rollen ein Blatt Papier so, dass die obere Kante das Papier senkrecht
berührt. Zweite Möglichkeit: wir betrachten die Kurven c1 (t) :=7→ (e−t , sin(et )) und c2 (t) := (0, −t). Dann
setzen wir die Definition c(t) := c1 (t) für t ≥ 2 und c(t) := c2 (t) für t ≤ 1 zu einer regulären Kurve
C : R → R2 fort. Dann definiert F (s, t) := (c(s), t) eine glatte Abbildung F : R2 → R3 wie verlangt.
Aufgabe 2. Formulieren und beweisen Sie die Kettenregel für glatte Abbildungen zwischen regulären
Flächen. Hinweis: Bemerkung 7.22 aus dem Vorlesungsskript.
Lösung 2. Formulierung der Kettenregel: seien S, T und U reguläre Flächen in R3 . Sind f : S → T ,
g : T → U glatt und p ∈ S, so gilt dp (g ◦ f ) = df (p) g ◦ dp f . Zun Beweis: seien F1 , F2 und F3 lokale
Parameterisierungen um p, f (p) bzw. g(f (p)). Seien f˜ := F2−1 ◦ f ◦ F1 und g̃ := F3−1 ◦ g ◦ F2 . Gelte
F1 (u) = p. Dann gilt g̃ ◦ f˜ = F3−1 ◦ g ◦ f ◦ F1 und folglich, nach Bemerkung 7.22,
(Dg̃(f˜(u)) F3 )−1 ◦ dp (g ◦ f ) ◦ Du F1 = Df˜(u) g̃ ◦ Du f˜ = Du (g̃ ◦ f˜)
wobei wir die gewöhnliche Kettenregel für Abbildungen zwischen offenen Teilmengen des R2 benutzt haben.
Andererseits gilt, wieder nach Bemerkung 7.22,
(Df˜(u) F2 )−1 ◦ dp f ◦ Du F1 = Du f˜
und
(Dg̃(f˜(u)) F3 )−1 ◦ df (p) g ◦ Df˜(u) F2 = Du g̃
Hieraus folgt das Resultat.
Aufgabe 3. Sei S ⊂ R3 eine reguläre Fläche und F : U → R3 eine differenzierbare Abbildung definiert auf
einer offenen Teilmenge des R2 . Zeigen Sie: falls F (U ) ⊂ S, Rang(Du F ) = 2 für alle u ∈ U und F injektiv
ist, dann existiert eine offene Teilmenge V ⊂ R3 so, dass (U, F, V ) eine lokale Parametrisierung von S ist.
Lösung 3. Wir zeigen, dass F (U ) offen in S und F : U → F (U ) ein Homöomorphismus ist: sei u ∈ U ,
p := F (u) und (Ũ , F̃ , Ṽ ) eine lokale Parametrisierung von S bei p. Es reicht nun zu zeigen, dass F (U ) ∩ Ṽ
offen in S und F −1 : F (U ) ∩ Ṽ → U stetig:
es ist F |F −1 (Ṽ ) = F̃ ◦ (F̃ −1 ◦ F ) : F −1 (Ṽ ) → S. Weiterhin ist F ist differenzierbar in S (da S regulär). Also
folgt, nach der Kettenregel und weil Du F : R2 → Tp S und DF̃ −1 (p) F̃ : R2 → Tp S beides Vektorraumisomorphismen sind, dass F̃ −1 ◦ F vollen Rang besitzt. Daher ist F̃ −1 ◦ F (nach lokalem Umkehrsatz) sogar ein
Diffeomorphismus von offenen Teilmengen des R2 . Weiterhin ist F̃ per Definition ein Homöomorphismus
auf sein in S offenes Bild. Also ist F |F −1 (Ṽ ) ebenfalls ein Homöomorphismus auf sein in S offenes Bild.
Daher existiert V ⊂ R3 offen so, dass V ∩ S = F (F −1 (Ṽ )). Hieraus folgt die Behauptung.
Aufgabe 4. (a) Sei F : U → R3 eine glatte Abbildung definiert auf einer offenen Teilmenge des R2 mit
Rang(Du F ) = 2 für alle u = (u1 , u2 ) ∈ U so, dass S := F (U ) eine reguläre Fläche ist. Zeigen Sie: falls
∂F
∂F
für alle u, v ∈ U die Gleichheit F (u) = F (v) stets auch ∂u
(u) = ∂u
(v) für i = 1, 2 impliziert, so ist S
i
i
orientierbar. Insbesondere (?) ist der Graph jeder glatten Funktion f : U → R orientierbar, wobei U
eine offene Teilmenge von R2 ist.
(b) Zeigen Sie: ist V eine offene Teilmenge von R3 und f : V → R eine glatte Funktion mit gradf 6= 0 auf
f −1 (0), so ist S := f −1 (0) orientierbar.
∂F
∂F
∂F
∂F
Lösung 4. Zu (a): Setzte N (u) := 1/| ∂u
(u)| · 1/| ∂u
(u)| ∂u
(u) × ∂u
(u). Nach Voraussetzung können wir
1
2
1
2
Ñ (p) := N (F (s, t)) setzen falls F (s, t) = p und erhalten eine wohldefinierte Abbbildung Ñ : S → R3 , die
an jedem Punkt von S einen Einheitsnormalenvektor definiert. Es bleibt die Differenzierbarkeit von Ñ zu
zeigen:
sei (s, t) ∈ U . Da D(s,t) F injektiv, existiert nach Analysis-Vorlesung eine Umgebung Ũ von (s, t) in R2 so,
dass F |Ũ injektiv. Also OBdA F injektiv. Dann gilt Ñ ◦ F = N |U . Da N differenzierbar ist und F eine
lokale Parametrisierung von S nach Aufgabe 2), so folgt die Differenzierbarkeit von Ñ in einer Umgebung
von p.
Zum Fragezeichen nach insbesondere: ist F die Graphenabbildung zu f , so ist F injektiv. Insbesondere ist
die vorausgehende Orientierbarkeitsbedingung erfüllt.
Zu (b): setze N (p) := gradp f /kgradp f k. Da der Gradient von f bekanntlich senkrecht auf der Niveaufläche
f −1 (0) steht, ist N ein globales Einheitsnormalenvektorfeld.
Aufgabe 5. Zeigen Sie: besitzt eine reguläre Fläche ein stetiges Einheitsnormalenvektorfeld, so ist dieses
automatisch differenzierbar.
Lösung 5. Sei N : S → R3 ein stetiges Einheitsnormalenvektorfeld auf der regulären Fläche F . Sei F :
U → V ∩ S eine lokale Parametrisierung.Wir könenn U derart verkleinern, dass U = U (u0 ) mit u0 ∈
R2 . Sei V (u) := ∂u∂ 1 × ∂u∂ 2 (u) das kanonische (nicht normierte) Normalenvektorfeld längs F . Dann gilt
hV (u), N (F (u))i =
6 0. Aus dem Zusammenhang von U folgt hV (u), N (F (u))i > 0 oder hV (u), N (F (u))i < 0.
Daher N (F (u)) = V (u)/|V (u)| oder N (F (u)) = −V (u)/|V (u)|, woraus die Differenzierbarkeit von N ◦ F
folgt. Also ist N |U = N ◦ F ◦ F −1 ebenfalls differenzierbar.
Aufgabe 6. Welche Rotationsflächen (s.u.) gehören zu den folgenden Kurven:
(a) c(t) = (cos(t) + 2, 0, sin(t)) ,
(b) c(t) = (cos(t), 0, sin(t)) für −π/2 < t < π/2.
Lösung 6. a) der Torus und b) die Einheitssphäre (ohne Nord- und Südpol).
Schriftliche Aufgabe.
Zur Abgabe am 12.6.2012 in Ihrer Übungsgruppe
Sei c : I → R3 , t 7→ (r(t), 0, z(t)) eine reguläre Kurve definiert auf dem offenen Intervall I (mit Bild in
der x, z Ebene) so, dass r(t) > 0 für alle t. Wir setzen weiter voraus, dass entweder c : I → c(I) ein
Homöomorphismus ist oder I = R und c einfach geschlossen. Wenn man c(I) um die z-Achse rotiert, dann
erhält man eine Rotationsfläche, S. Zum Beispiel, wenn c(t) = (cosh(t), 0, sinh(t)), so ist S das einschalige
Hyperboloid, vgl Aufgabe 3) von Blatt 6. Für andere Beispiele, vgl. Aufgabe 5).
Aufgabe 7. (a) Finden Sie – analog zu Aufgabe 3) b) von Blatt 6 – eine kanonische globale Parametrisierung von S und zeigen Sie so, dass die Menge S stets eine reguläre Fläche des R3 ist.
(b) Weisen Sie nach, dass S orientierbar ist.
(c) Bestimmen Sie die erste Fundamentalform von S in dieser Parametrisierung. Was erhalten Sie für das
2-dimensionale, einschalige Hyperboloid? ... die 2-dimensionale Sphäre (ohne Nord- und Südpol)? ...
den 2-dimensionalen Torus?
Hinweis: Für Teil b) läßt sich das Ergebnis aus Aufgabe 4) a) anwenden.
Lösung 7. Zu a): Setze F (s, t) := (cos(t) r(s), sin(t) r(s), z(s)). Wir zeigen, dass der Rang der Jakobimatrix
in jedem Punkt Rang zwei hat:
Es gilt


ṙ(s) cos(t) −r(s) sin(t)
J(s,t) F =  ṙ(s) sin(t) r(s) cos(t) 
ż(s)
0
Der rechte Spaltenvektor der Matrix ist nach Vorraussetzung von Null verschieden. Ist ż(t) 6= 0, so ist daher
der Rang von J(s,t) F zwei. Ist ż(t) = 0, so ṙ(t) 6= 0 wegen der Regularität von c. Auch in diesem Fall ist der
Rang von J(s,t) F zwei.
Falls c nach Bogenlänge parametrisiert und einfach geschlossen mit Periode L ist, so setzen wir I :=]t0 , t0 +L[
mit t0 ∈ R beliebig. Wir beschränken nun F auf den Bereich U := I×]ϕ0 , ϕ0 + 2π[. Dann ist F : U → S
offensichtlich injektiv. Es bleibt zu zeigen, dass F −1 : F (U ) → U stetig ist:
sei (x, y, z) ∈ F (U ), d.h. (x, y, z) = Fp
(s, t) für gewisse u = (s, p
t) ∈ U . Also x = r(s) cos(t), y =
2
2
r(s) sin(t) und z = z(t). Daher r(s) = px + y . Folglich c(s) = ( x2 + y 2 , 0, z). Da c : I → c(I) ein
Homöomorphismus ist, so folgt s = c−1 ( x2 + y 2 , 0, z). Hieraus folgt die Stetigkeit von s in Abhängigkeit
von (x, y, z) ∈ F (U ). Der Parameter t ist eine Komponente der gewöhnlichen Zylinderkoordinaten und als
solche ebenfalls stetig in Abhängigkeit von (x, y, z) ∈ F (U ).
Lassen wir ϕ0 und t0 die Werte {0, π} bzw. {0, L/2} durchlaufen, so erhalten wir eine Überdeckung von S
durch Parametrisierungen. Daher ist S regulär.
∂F
∂F
∂F
2
Zu b): Setzte N (s, t) := ∂F
∂s × ∂t /| ∂s × ∂t | auf R . Wir behaupten, dass
∂F
∂F
∂t1 (s1 , t1 ) = ∂t2 (s2 , t2 ), falls F (s1 , t1 ) = F (s2 , t2 ):
∂F
∂s1 (s1 , t1 )
=
∂F
∂s2 (s2 , t2 )
und
aus F (s1 , t1 ) = F (s2 , t2 ) folgt s1 = s2 + L n (wobei wir L = 0 setzen, falls c nicht einfach geschlossen ist)
und t1 = t2 + 2π m mit ganzen Zahlen m, n. Betrachtung der Jakobimatrix J(s,t) (siehe oben) liefert die
Behauptung.
Nach Aufgabe 4) a) ist S daher orientierbar
Zu c): Wir berechnen die erste Fundamentalform in der globalen Parametrisierung F :
∂ ∂
, i = ṙ(s)2 + ż(s)2
∂s ∂s
∂ ∂
= g21 = h , i = 0
∂s ∂t
∂ ∂
= h , i = r(s)2
∂t ∂t
g11 = h
g12
g22
Fürs einschalige Hyperboloid: r(s) = cosh(s), z(t) = sinh(s).
2 cosh(s)2 − 1
0
(gij ) =
0
cosh(s)2
Für die Sphäre: r(s) = cos(s), z(s) = sin(s).
1
0
(gij ) =
0 cos(s)2
Für den Torus: r(s) = cos(s) + 2, z(s) = sin(s).
1
0
(gij ) =
0 4 + 2 cos(s) + cos(s)2
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