37 Projekte einer Grundtvig-Partnerschaft Die Grundtvig-Partnerschaft geht in das zweite und letzte Jahr über. Südtirol/Italien ist, zusammen mit Deutschland, Österreich, Ungarn und Rumänien, einer der EU-Partner. Das Ladinische Schulamt vertritt in dieser spezifischen Partnerschaft Italien. Mitarbeiter/innen der pädagogischen Dienste des Ladinischen Schulamtes nehmen an verschiedenen Projekten zum Thema «Vielfalt für gemeinsame Lernerfahrungen nutzen« teil. In den vorhergehenden Ausgaben von «Aules« wurde darüber berichtet. Im Oktober 2010 hat Österreich, eines der 5 EU-Länder, die das Grundtvig-Programm mittragen, ein Projekt zum o.g. Thema vorgestellt. In einer Forschungsarbeit wurde analysiert, inwieweit TZI (=Themenzentrierte Interaktion*) in gewaltträchtigen Konflikten eingesetzt werden kann, wo diesbezüglich die Grenzen der TZI liegen und in welchem Ausmaß einer TZI-gemäßen Intervention in gesellschaftlichen Konfliktfeldern gesellschaftspolitische Relevanz zukommt. Eine der Projektleiter/innen hat, im Rahmen einer Tagung des Ruth Cohn Institut Österreich, Hintergründe, Ziele und Ergebnisse dieser Studie vorgestellt (s. Projektbericht unter http://www. uibk.ac.at/theol/leseraum/texte/709. html Stand: 31.01.11). Nach diesem wissenschaftlichen Input haben sich dann die Teilnehmenden mit den verschiedenen Vorstellungen von Gewalt auseinander- gesetzt, Meinungen und Gedanken ausgetauscht und versucht, gemeinsame Kriterien für das Phänomen Gewalt zu entwickeln. Es wurde sowohl im Plenum als auch in kleineren Arbeitsgruppen diskutiert. Besonders fruchtbar und lebendig war der Austausch in den Kleingruppen. Diese waren auf Grund des sprachlichen, kulturellen und beruflichen Hintergrundes unterschiedlich zusammengesetzt. Eine erste Herausforderung war deshalb schon die, eine gemeinsame Terminologie für ein so facettenreiches Phänomen zu finden. Anhand folgender Fragen wurde reflektiert und versucht, als Gruppe zu einem Konsens zu gelangen: • Wenn ich an Gewalt denke, dann meine ich… • Wenn ich an Gewalt denke, was kann Haltung und Methode der TZI bewirken? Dabei wurden für die Gruppe/n grundlegenden Aussagen, Leitsätze, Fragen festgehalten. Hier folgend einige davon: Gewalt tut weh! Angst weckt Aggression. Aggression weckt Angst. Aules_merz_2011OK.indd 37 3-03-2011 12:11:59 38 Gewalt erleiden. Gewalt ausüben. Gewalt beobachten. Welche sind die jeweiligen Konsequenzen? Was erleben wir dabei? Gewalt hat auch etwas mit Energie und Lebenskraft zu tun. Gewalt ist destruktiv. Konflikt kann konstruktiv sein. Gewalt ist ein Hilferuf. Der (internationale) Austausch über das Lernen und die eigenen positiven und negativen Lernerfahrungen ist das Herzstück dieses EU-Projektes. Durch das Arbeiten an einem spezifischen Thema (z. B. Gewaltprävention) reflektieren die Mitglieder gleichzeitig über das eigene Lernen, die eigenen Lernerfahrungen, über förderliche und hinderliche Aspekte eines Lernprozesses, über Vielfalt als Lernmotor. Weiters dokumentieren und evaluieren sie mittels eines eigens dafür erarbeiteten «roten Fadens« den eigenen Lernprozess und jenes der Gruppe. Die Eindrücke der Teilnehmenden am Ende eines jeden Treffens sind immer faszinierend und für die weitere Reflexion anregend: Wie jede/r ihren/seinen Zugang bzw. Platz in der Gruppe findet, wie Vertrauen entstehen kann, wie körperliches Wohlbefinden und angenehme Rahmenbedingungen ausschlaggebend für ein gutes Gelingen der Treffen sind, wie die einzelnen Menschen ihre Lernerfahrungen in die Gruppe einbringen, wie interkulturelle Vielfalt zu Missverständnissen und Konflikten, aber auch, in einem zweiten Moment, zur gegenseitigen Bereicherung führen kann. * Die Themen-zentrierte Interaktion ist ein von Ruth Cohn aus der Psychoanalyse und der Humanistischen Psychologie entwickeltes professionelles Handlungskonzept, das auf effektives, soziales, lebendiges Lernen und Arbeiten abzielt: In allen Situationen, in denen es auf Kommunikation entscheidend ankommt. TZI kann Unterstützung in der Gestaltung von Gesprächs- und Arbeitssituationen anbieten, die spannungsreich und konfliktträchtig sein können. Es ist eine Haltung und eine Methode, um Gruppen zu leiten, Prozesse zu begleiten, um Menschen zur Zusammenarbeit zu motivieren. Irene Costa Dienststelle für Schulberatung und Integration Gewalt entsteht, wenn man keine Sprache für die eigenen Gefühle hat. Paradox: Verbale Gewalt kann durch hohe sprachliche Kompetenz verstärkt werden. Strukturelle Gewalt: wie viel ist zulässig und berechtigt? Bis zu welchem Punkt hat sie unseren Konsens? Themen-zentrierte Interaktion* = Gewalt mindernd, weil Beziehung fördernd? Aules_merz_2011OK.indd 38 3-03-2011 12:11:59