Cerebellum Wissenschaftliches Projekt im Rahmen des Modellstudiengangs Humanmedizin SS 2007 Erstellt von: Cédric Roth Wissenschaftliche Betreuung: Dipl.-Biol. Natasha Moser © 2007 Cédric Roth – Institut II für Anatomie, Universität zu Köln Cerebellum (Kleinhirn) Topographie Gliederung Anatomische Gliederung Phylogenetische Gliederung Innerer Aufbau Cortex cerebelli Corpus medullare cerebelli Nuclei cerebelli (Kleinhirnkerne) Ncl. fastigii Ncl. emboliformis Ncl. globosus Ncl. dentatus Pendunculi cerebellares (Kleinhirnstiele) Pendunculus cerebellaris superior Pendunculus cerebellaris medius Pendunculus cerebellaris inferior Gefässversorgung arterielle Versorgung venöser Abfluss Funktionelle Gliederung und Klinik © 2007 Cédric Roth – Institut II für Anatomie, Universität zu Köln Cerebellum Topographie liegt in der Fossa cranii posterior cranial durch das Tentorium cerebelli vom Telencephalon getrennt Teil des Rhombencephalons (Metencephalon) durch Pedunculi cerebellares mit dem Hirnstamm verbunden bedeckt den 4. Ventrikel dorsal Gliederung Anatomische Gliederung zwei Kleinhirnhemisphären Vermis cerebelli (Kleinhirnwurm) verbindet die beiden Hemisphären Oberfläche ist geprägt durch eine Vielzahl blattförmiger annähernd parallel verlaufender Windungen (Foliae cerebelli) → durch Furchen (Fissurae cerebelli) voneinander getrennt → Untergliederung des Kleinhirns in Lappen Fissura posterolateralis → trennt Lobus flocculonodularis vom Corpus cerebelli Fissura prima → trennt Lobus cerebelli anterior vom Lobus cerebelli posterior Phylogenetische Gliederung Archicerebellum Lobus flocculonodularis und Lingula cerebelli Afferenzen von den Ncll. vestibulares → Vestibulocerebellum Palaeocerebellum: Lobus anterior cerebelli und Abschnitte des Vermis cerebellli (Lobulus centralis, Culmen, Pyramis vermis und Uvula vermis) wesentliche Afferenzen aus Medulla spinalis → Spinocerebellum Neocerebellum: Lobus posterior cerebelli ausser Pyramis vermis und Uvula vermis Afferenzen aus dem Telencephalon über die Ncll. pontis →Pontocerebellum © 2007 Cédric Roth – Institut II für Anatomie, Universität zu Köln Innerer Aufbau Cortex cerebelli (Kleinhirnrinde) Graue Substanz 3 - schichtig (von aussen nach innen) Stratum moleculare Stratum purkinjense Stratum granulosum Cortex medullare cerebelli (Mark) Weisse Substanz enthält Kleinhirnkerne in Mediansagittalschnitten erscheint die Struktur des Kleinhirns durch die spezifische Anordnung von Rinde und Mark baumartig → ’Arbor vitae’ (arbor – lat. Baum) Nuclei cerebelli (Kleinhirnkerne) Ncl. fastigii Afferenzen aus dem Lobus flocculonodularis und sensomotorischen Bereich (vestibulär und spinal) Efferenzen Hauptteil zur Formatio reticularis und zu den Ncll. vestibulares (fastigiobulbäre Fasern) ein kleinerer Teil zum Mesencephalon (u.a. dorsales Tegmentum, zentrales Höhlengrau, Colliculus superior) und Thalamus (Ncl. posterior ventrolateralis) Ncl. globosus Afferenzen aus dem Rückenmark (propriozeptive, somatosensorische Informationen) aus dem Motorcortex via Brückenkerne Efferenzen zum kontralateralen Ncl. ruber und Thalamus ( → nach Umschaltung zum motorischen Cortex) zu den Ncll. vestibulares, zum Colliculus superior, zu den Raphekernen, in das zentrale Höhlengrau Ncl. emboliformis Afferenzen (s. Ncl. globosus) © 2007 Cédric Roth – Institut II für Anatomie, Universität zu Köln Efferenzen zum kontralateralen Ncl. ruber (Pars magnocellularis) und Thalamus ( → nach Umschaltung zum motorischen Cortex) zum Ncl. reticularis tegmenti pontis und zu den Brückenkernen Ncl. emboliformis und Ncl. globosus auch als Ncll. interpositi zusammengefasst Ncl. dentatus Afferenzen via Brückenkerne wahrscheinlich fast nahezu aus dem gesamten Cortex cerebri Efferenzen v.a. zum kontralateralen Ncl. ruber (Pars parvocellularis), Thalamus und Ncl. nervi oculomotorii Kleinhirnstiele enthalten afferente und efferente Fasersysteme Pedunculus cerebellaris superior (Brachium conjunctivum) zieht zum Mesencephalon vowiegend efferente Fasern aus Ncll. dentatus, emboliformis et globosus ( → zerebelläre Beeinflussung des Neocortex über Brachium conjunctivum und Thalamus) afferente spinocerebelläre Fasern (Tr. spinocerebellaris anterior) Pedunculus cerebellaris medius (Brachium pontis) zieht zum Pons am stärksten ausgebildeter Kleinhirnstiel nahezu ausschliesslich afferente Fasern (Fibrae pontocerebellares) aus den Brückenkernen Pedunculus cerebellaris inferior (Corpus restiforme) zieht zur Medulla oblongata besteht aus 2 Anteilen Corpus restiforme (äussere kompakte Faserbahn) enthält nur afferente spino-, trigemino-, cuneo-, reticulound olivocerebelläre Fasern Corpus juxtarestiforme (medial anschl.; verstreute Faserbündel) Efferenzen zu Vestibulariskernen und nucleooliväre Fasern © 2007 Cédric Roth – Institut II für Anatomie, Universität zu Köln ungekreuzte Fasern des Ncl. fastigii (Fibrae fastigiobulbares rectae) Afferenzen vestibulocerebelläre Anteile des N. VIII Fasern aus Ncll. vestibulares Gefässversorgung Arterielle Versorgung A.superior cerebelli (aus A.basilaris) grösster Teil der Kleinhirnrinde (oberer Teil des Vermis cerebelli, mediale und laterale Hemisphäre) Ncl. dentatus A.inferior anterior cerebelli (aus A.basilaris) Flocculus kleines Gebiet im vorderen Anteil der Kleinhirnhemisphären A.inferior posterior cerebelli (aus A.vertebralis) unterer Anteil des Vermis cerebelli und Hemisphärenunterseite Ncll. emboliformis, globosi et fastigii Venöser Abfluss V.magna cerebri → vordere obere Teile des Kleinhirns V.petrosa → vordere untere Teile des Kleinhirns andere Kleinhirnvenen gelangen in den Sinus rectus und in den Confluens sinuum Funktionelle Gliederung und Klinik Vestibulocerebellum Afferenzen v.a. aus den Ncll. vestibulares Efferenzen zur Medulla spinalis Funktion: Gleichgewichtssinn Ausfall/Läsion Störungen der bilateralen Bewegungen Einschränkungen der Gleichgewichtsregulation mit Rumpf-, Stand- und Gangataxie Nystagmus © 2007 Cédric Roth – Institut II für Anatomie, Universität zu Köln Spinocerebellum Afferenzen somatosensorisch aus Medulla spinalis (Tr. spinocerebellaris ant. et post.), auditorischen, visuellen und vestibulären Systemen sensorisch und motorisch aus Cortex cerebri Efferenzen: Ncll. fastigii, emboliformis et globosus Funktion Kontrolle des Muskeltonus Koordination der Stütz- und Zielmotorik Ausfall/Läsion Rumpfataxie Symptome können denen bei Läsionen des Pontocerebellums ähnlich sein Pontocerebellum Afferenzen aus motor. und sensor. Cortexarealen (via kortikopontine Afferenzen und Fibrae pontocerebellares) aus extrapyramidal-motorischen Gebieten (Tr. olivocerebellaris) Efferenzen: zum Neocortex (via Ncl. dentatus und Thalamus) Funktion Ausführung motorischer Handlungen und Bewegungsentwürfen (Zielmotorik) Feinabstimmung der Bewegungen Ausfall/Läsion Störungen der Bewegungskoordination (Asynergie) → zerebelläre Ataxie Dysmetrie Hypermetrie (Rebound-Phänomen) Intentionstremor (Finger-Nase-Versuch) Adiadochokinese Hypotonie der Skelettmuskulatur skandierende Sprache Nystagmus cave: Die aufgeführten neurologische Ausfälle der einzelnen Kleinhirnabschnitte kommen selten in Reinform vor, da Krankheitsprozesse nur in Ausnahmefällen auf einen dieser drei Abschnitte begrenzt bleiben und langsam progrediente Prozesse (z.B. Tumorwachstum) lange Zeit kompensiert werden können. © 2007 Cédric Roth – Institut II für Anatomie, Universität zu Köln Kleinhirnläsionen allg. charakterisiert durch Ataxie Nystagmus Intentionstremor skandierende Sprache © 2007 Cédric Roth – Institut II für Anatomie, Universität zu Köln Glossar: Rumpfataxie Unfähigkeit, aufrecht zu sitzen, verbunden mit Fallneigung nach rückwärts oder seitlich Standataxie Falltendenz im Stehen, besonders nach rückwärts Gangataxie schwankender torkelnder Gang, breitbeinige Schrittführung Nystagmus Augenzittern; unwillkürliche, rhythmische, okuläre Oszillationen (Hin- und Herbewegungen des Augapfels) Dysmetrie Zielbewegungen der Extremitäten falsch abgeschätzt Hypermetrie Zielbewegungen der Extremitäten werden über das Ziel hinaus ausgeführt Rebound Phänomen Der Patient wird bei geschlossenen Augen gebeten, den Arm gegen Widerstand des Untersuchers zu bewegen. Lässt der Arzt den Arm plötzlich los, erfolgt kräftiges Zurückschlagen des Armes. Intentionstremor Zunahme von Zittern und ausfahrenden Bewegungen in Zielnähe Finger-Nase-Versuch Test zur Prüfung der Koordination; Patient muss erst mit offenen, dann mit geschlossenen Augen nach einer weiten Ausholbewegung zügig den Zeigefinger an die Nasenspitze führen -> pathologische, wenn der Finger die Nase nicht geradlinig erreicht, sondern sich zickzackförmig bewegt und meistens das Ziel verfehlt (Richtungsabweichen) Adiadochokinese sich schnell wiederholende Bewegungen z.B. der schnelle Wechsel von Pro- und Supination des Unterarms können nicht mehr ausgeführt werden skandierende Sprache die Sprache ist nicht flüssig, sondern langsam, mühsam, silbenbetonend und abgehackt © 2007 Cédric Roth – Institut II für Anatomie, Universität zu Köln