MINERALISCHE BINDEMITTEL 1 BETON 2 MAUERWERK 3 STAHL 4 HOLZ 5 KUNSTSTOFFE 6 Inhaltsverzeichnis 1 MINERALISCHE BINDEMITTEL 1.1 Einleitung 1.2 Lehm 1.2.1 1.2.2 1.2.3 1.2.4 Zusammensetzung Herstellung Verwendung Eigenschaften Plastizität Kapillarkondensation Erhärtung 1.3 1.3.1 1.3.2 Gips Zusammensetzung Herstellung Halbhydrat Calciumsulfathalbhydrat Anhydrit III Anhydrit II Anhydrit II + CaO 1.3.3 Gipssorten Stuckgips (Halbhydratgips) Putzgips (Mehrphasengips) Estrichgips (Hochbrandgips) Anhydritbinder 1.3.4 1.3.5 1.4 1.4.1 Erhärtung Eigenschaften und Verwendung Kalk Luftkalk Zusammensetzung Kalkbrennen (Kalzinieren) Kalklöschen Erhärten des Luftkalks Eigenschaften und Anwendung des Luftkalks 1.4.2 Hydraulischer Kalk Zusammensetzung Erhärtung Puzzolane Reaktion Porenbeton 1.5 1.5.1 Zement Zusammensetzung und Herstellung Aufbereitung Brennen des Zementes Zementzusätze Mineralische Zusammensetzung 1.5.2 Hydratation des Zementes Hydratation von C3S Hydratation von C2S Hydratation von C3A Hydratation von C4AF 1.5.3 Eigenschaften des Zements 9 10 10 10 10 10 10 10 11 12 12 12 12 12 13 13 13 13 13 13 13 13 14 14 16 16 16 16 16 16 17 18 18 18 18 19 19 19 19 20 20 22 22 22 24 24 25 25 3 Erstarren Festigkeitsentwicklung Hydratationswärme Chemisches Schwinden (Schrumpfung) Quellen und Schwinden Carbonatisierung 1.5.4 Zementsorten Weisszement Tonerdeschmelzzement (TSZ) Hochofenzement (HOZ) 2 BETON 2.1 Definition 35 2.2 Rohstoffe zur Betonherstellung 35 2.2.1 2.2.2 2.2.3 35 35 35 36 37 38 38 38 38 39 39 39 Zement Anmachwasser Zuschläge Korngrössenverteilung 2.2.4 2.2.5 2.2.6 Betonzusatzmittel Betonzusatzstoffe Betonrezept Wasserzementwert Grösstkorn und Sieblinie Körnungsziffer Wasseranspruch einer Kornzusammensetzung Stoffraumgleichung 2.3 Eigenschaften des Betons 41 2.3.1 41 43 43 43 43 43 45 46 46 46 47 Eigenschaften von Frischbeton Verhinderung von thermischen Rissen Nachbehandlungen 2.3.2 Eigenschaften von Festbeton Porosität Wasserdichtigkeit und Frostbeständigkeit Festigkeit 2.3.3 Zeitabhängige Eigenschaften Kriechen Schwinden Dauerhaftigkeit von Beton 3 4 25 26 27 28 28 29 30 31 31 32 MAUERWERK 3.1 Einleitung 49 3.2 Mauermörtel 49 3.2.1 49 Definition, Zusammensetzung Inhaltsverzeichnis 3.2.2 Bestandteile Sand Bindemittel Wasser Zusatzmittel 3.2.3 Einteilung und Eigenschaften Kalkmörtel Zementmörtel Mörtel für Schornsteine 3.3 Mauersteine 3.3.1 Steinarten und Sortiment Kalksandsteine Hüttensteine (D) Betonsteine Porenbetonsteine Backsteine (D: Mauerziegel) Steinformate Qualitäten der Steine 3.3.2 Eigenschaften und Kontrollen Druckfestigkeit Querzugfestigkeit Spezifische Saugfähigkeit Rohdichte 3.4 Mauerwerk 3.4.1 3.4.2 3.4.3 Aufgaben Mauerwerksarten Eigenschaften Druckfestigkeit Zugfestigkeit Verformungsverhalten (E-Modul) 3.4.4 Schäden Folgen von Formänderungen Schäden an Flachdecken Schäden an Fenstern Schäden durch Schwinden Schäden wegen der Durchbiegung der Geschossdecke Schäden an unbelasteten Decken Schäden an belasteten Decken Schäden bei Verbundbauweise Massnahmen zur Verhinderung von Rissen 4 50 50 50 50 50 50 51 51 51 52 52 52 52 52 52 52 52 53 53 53 54 54 54 55 55 55 55 55 56 56 57 57 57 58 58 58 58 58 59 60 STAHL 4.1 Allgemeine Eigenschaften 63 4.2 Herstellung 63 4.2.1 4.2.2 Eisenerze Roheisengewinnung Aufbereitung Hochofenprozess 4.2.3 Hochofenschlacke 63 63 63 63 64 5 4.2.4 4.2.5 Gusseisen Stahlgewinnung 4.3 Kristallographie und Gefüge des Stahls 65 4.4 Mechanische Eigenschaften 67 4.4.1 4.4.2 67 68 68 68 68 68 69 Spannungs-Dehnungsdiagramm Verändern der mechanischen Eigenschaften durch Vorbehandlung Verändern des Kohlenstoffgehaltes Legierungen Thermomechanisches Behandeln Kaltverformen Wärmebehandlung (Glühen, Abschrecken, Anlassen) 4.5 Stahlsorten 70 4.5.1 4.5.2 70 70 5 Baustähle Betonstahl HOLZ 5.1 Einleitung 73 5.2 Chemischer Aufbau 73 5.2.1 5.2.2 5.2.3 5.2.4 73 73 73 74 Zellulose Hemizellulosen Lignin Harze und Fette 5.3 Biologisch-physikalischer Aufbau 74 5.3.1 5.3.2 75 75 Nadelholzgefüge Laubholzgefüge 5.4 Eigenschaften 76 5.4.1 5.4.2 5.4.3 5.4.4 5.4.5 Dichte Holzfeuchtigkeit Formänderungen durch Feuchtigkeitsänderungen Thermische Eigenschaften Festigkeiten 5.4.6 5.4.7 Formänderungen bei Belastung Brucherscheinungen im Holz bei Belastung 77 77 77 79 80 83 83 83 83 84 84 84 Vergleich Holz-Beton Schubbruch Spaltungen Keilbruch 5.4.8 Zusammenfassung 5.5 Verwendung Holzdecken mit Beton- oder Mauerwerkswänden, Kondensationsgefälle 6 65 65 85 85 Inhaltsverzeichnis 5.6 Holzwerkstoffe Volltränken Spanen Sägen und Verleimen 85 85 85 85 6 KUNSTSTOFFE 6.1 Einleitung 89 6.2 Chemischer Aufbau 89 6.2.1 6.2.2 6.2.3 6.2.4 6.3 6.3.1 6.3.2 6.3.3 6.3.4 6.3.5 Einteilung Polymerisate Polykondensate Polyaddukte Einteilung der Kunststoffe Einleitung Thermoplaste Elastomere Duromere Struktur Vulkanisierung 6.4 6.4.1 6.4.2 6.4.3 6.4.4 6.4.5 6.4.6 6.5 6.5.1 6.5.2 6.5.3 6.5.4 6.5.5 Eigenschaften der Kunststoffe Dichte Schrumpfen Mechanische Eigenschaften Thermische Eigenschaften Chemisches Verhalten Alterung Kunststoffe im Bauwesen Vorteile, Nachteile und Anwendungen Glasfaserverstärkte Kunststoffe (GFK) Schaumkunststoffe Polymerbetone und Polymermörtel Reparaturmörtel 89 89 89 90 90 90 91 91 91 92 92 92 92 93 93 93 96 96 96 96 97 97 98 98 7 Einleitung 1 1.1 MINERALISCHE BINDEMITTEL 1 EINLEITUNG • lufterhärtende Bindemittel: Mineralische Bindemittel Bindemittel sind Stoffe, welche die Aufgabe haben, Gemenge von mineralischen Stoffen im plastischen Zustand zu einem Verbundwerkstoff zu verkitten. Dabei unterscheidet man zwischen den organischen und den mineralischen Bindemitteln. Organische Bindemittel sind beispielsweise Bitumen, Kunststoffe oder Asphalt. Die wichtigsten mineralischen Bindemittel wie Zement, Kalk oder Gips sind pulverförmige Stoffe, die durch die Zugabe von Anmachwasser zu einem festen Stoff erhärten. Die mineralischen Bindemittel werden in zwei Hauptgruppen unterteilt: Lufterhärtende (nichthydraulische) Bindemittel erhärten nur an der Luft und müssen deswegen partiell austrocknen. Sie sind im erhärteten Zustand wasserlöslich. • hydraulische Bindemittel: Hydraulische Bindemittel erhärten an der Luft und unter Wasser. Sie sind im erhärteten Zustand wasserbeständig. Durch die Wasserzugabe entsteht aus den Bindemitteln Bindemittelleim, der sich durch chemische Umsetzungen und physikalische Oberflächenkräfte zu einem festen Stein verfestigt. Um einen Verbundwerkstoff zu erhalten, wird dem Bindemittelleim Zuschlag zugegeben. Je nach Zuschlag erhält man unterschiedliche Werkstoffe: •Bindemittelleim + Sand (max. Korndurchmesser ≤ 8 mm)→Mörtel •Bindemittelleim + Sand/Kies (max. Korndurchmesser > 8 mm)→Beton Bindemittel mineralische lufterhärtende • Lehm • Gips • Kalk hydraulische 1) • Zement + Zusatzstoffe 2) organische Bitumen Harze • Asphalt • Epoxyde • Polyester PCC Polymer Cement Concrete 1) erhärtet unter Wasser und das entstehende Produkt ist wasserbeständig 2) Gesteinsmehl, Flugasche, Hochofenschlacke Abbildung 1.1: Einteilung der Bindemittel 9 Lehm 1.2 LEHM 1.2.1 Zusammensetzung Lehm gehört zu den lufterhärtenden mineralischen Bindemittel. Er besteht aus Wasser und kleinen Tonplättchen mit einem Teilchendurchmesser von ungefähr 1 µm. Diese Plättchen sind im wesentlichen wasserhaltige Aluminiumsilicate, welche durch die Verwitterung des Minerals Feldspat entstehen. 1.2.2 Herstellung Lehm ist der weltweit am meisten verwendete Baustoff und benötigt keine Energie zur Herstellung. Damit der Lehm verarbeitbar wird, muss zunächst Wasser hinzugegeben werden, so kann aus dem festen ein bildsamer Lehm entstehen. Unter Wasserlagerung entsteht eine Suspension. 1.2.3 Tonleim Lehm + H2O + Sand = Lehmmörtel Lehm + H2O + Sand + Kies = Lehmbeton Al2O3 · 2SiO2 · 2H2O + nH2O ⇔ Al2O3 · 2SiO2 · (H2O)n+2 = Lehm + H2O Lehm Tonleim Verwendung Der Lehm ist das Ausgangsprodukt der traditionellen Keramikprodukte. Im Bauwesen kann der Lehm beim Staudammbau eingesetzt werden, wo der Lehm keine tragende sondern eine abdichtende Funktion hat. Er wird vor allem in Entwicklungsländern im Hochbau (Häuser, gebrannte Backsteine) und im Strassenbau eingesetzt. Da der Lehm nicht feuchtebeständig ist, sollte er in trockener Umgebung verwendet werden. 1.2.4 Eigenschaften Plastizität Durch die besondere Struktur der Lehmteilchen (Plättchen mit einer geringen Dicke) hat der Lehm ein ausgesprochen plastisches Verhalten. Als Plastizität bezeichnet man die Möglichkeit eines Werkstoffes grosse Schubverformungen ohne Bruch auszuhalten. Dieses plastische Verhalten ist beim Lehm stark vom Feuchtigkeitsgehalt abhängig. Kapillarkondensation Die Kohäsion des getrockneten Lehms ist durch Kapillarkräfte gegeben. Diese Kapillarkräfte entstehen durch Menisken in Werkstoffen mit Kapillarporen. r d F Wasser F r Abbildung 1.2: Kapillarkondensation bei genügend feinen Sandteilchen 10 Lehm 2σ ∆p = -----r (1.1) ∆p = Unterdruck [N/mm2] σ = Oberflächenspannung von Wasser = 0.0729·10-3 [N/mm] r = Radius des Meniskus [mm] 1 Mineralische Bindemittel Die Kapillarkräfte werden grösser, falls die Radien der Menisken kleiner werden. Sie werden auch grösser, wenn die Oberflächen, auf welche sich der Unterdruck ∆p ausübt, grösser sind. Wird der Wasseranteil zwischen den beiden Körnern grösser, so werden die Radien der Menisken grösser und der kapillare Unterdruck strebt gegen Null. Wird jetzt das Wasser dem System wieder entzogen, so werden die Radien kleiner und die aus dem kapillaren Unterdruck resultierende Kraft steigt. Erhärtung Der Lehm erhärtet durch Austrocknung. Beim Erhärtungsvorgang beginnt der kapillare Unterdruck zu wirken und die Festigkeit nimmt zu. Aufgrund der Lehmteilchengrösse kann die Festigkeit bis zu 10 N/mm2 ansteigen. Festigkeit und Verformbarkeit sind aber stark feuchteabhängig (Abbildung 1.3). Mit sindendem Wassergehalt steigt die Festigkeit. Kurz vor Erreichen der maximalen Festigkeit von Regelton (fc ≈ 10 N/mm2)bildet sich ein Plateau aus. Weitere Wasserreduktion führt bei grobem Ton zu inneren Schwachstellen, bei sehr feinem Ton bewirken die vielen physikalischen Kontaktflächen dann noch eine Festigkeitssteigerung (van der Waals-Kräfte). Das Austrocknen des Lehms wird von einer Volumenreduktion begleitet (Schwinden). Falls das Austrocknen sehr schnell stattfindet, schwinden die äusseren Schichten schneller als die inneren, was zu einer oberflächlichen Rissbildung führen kann. Um dies zu verringern, gibt man dem Lehm Sand (und oft auch Kies) als Zuschlag bei. fc [N/mm2] feiner Ton 10 grober Ton ∆W Abbildung 1.3: Abhängigkeit der Tondruckfestigkeit vom Wassergehalt 11 Gips 1.3 GIPS 1.3.1 Zusammensetzung Hauptrohstoff ist der in der Natur vorkommende Gipsstein: CaSO4 · 2H2O (Calciumsulfat-Dihydrat) Diese kristallwasserhaltige Verbindung bildet einen harten, dauerhaften und beinahe porenlosen Stein. Er wurde bei der Eintrocknung prähistorischer Seen ausgeschieden. 1.3.2 Herstellung Das Bindemittel Gips wird aus der in der Natur vorliegenden Form CaSO4·2H2O durch Entzug des Kristallwassers hergestellt: dies wird durch eine Erhitzung erzielt und als Brennen bezeichnet. Mit zunehmender Brenntemperatur steigt der Grad der Entwässerung. Umwandlung des Gipssteins beim Erhitzen Temp. in ˚C <65 Moleküle Kristallwasser 2.0 1.5 65 - 180 180 - 240 240 - 600 Anhydrit III Anhydrit II >600 65˚C Dihydrat Halbhydrat Anhydrit I + CaO 1.0 0.5 110˚C 180˚C 0 240˚C 600˚C Abbildung 1.4: Die unterschiedlichen Stadien des Gipsbrennens Halbhydrat Entsteht bei Brenntemperaturen von 65 - 180 °C. CaSO 4 ⋅ 2H 2 O → CaSO 4 ⋅ 1--2- H 2 O + 3--2- H 2 O Calciumsulfathalbhydrat Je nach Entwässerungsbedingungen können zwei Modifikationen von Halbhydrat entstehen: α- und β-Halbhydrat. • α-Halbhydrat:entsteht, wenn man den Gips nicht im Kocher (offener Topf) sondern in geschlossenen Autoklaven (Dampfkochtopf) entwässert. Dabei wird der freiwerdende Wasserdampf zum Teil zurückgehalten. Dieser löst das durch Wasseraustritt porig gewordene Kristallskelett um und bildet das kristalline α-Halbhydrat. Dieses ist nicht porös, sondern dicht, und hat daher ein kleineres Volumen. Ausserdem ist es feinkristallin und deshalb seidig glänzend. • β-Halbhydrat:entsteht bei rascher Erhitzung in unten beheizten, oben offenen Anlagen. Dabei entweicht das Wasser fast plötzlich, erkennbar an einem Strudeln. Das äussere Kristallgerüst bleibt dabei bestehen; das ausgetriebene Wasser hinterlässt Hohlräume. Daher das stumpfe, kreidige Aussehen. In ihren Eigenschaften sind α- und β-Halbhydrat sehr unterschiedlich. Wegen fehlender innerer Hohlräume sind die Dichte und das Schüttgewicht beim α-Halbhydrat grösser und der Wasserbedarf geringer. Daraus ergeben sich grosse Festigkeitsunterschiede; das α-Halbhydrat ergibt im Durchschnitt die dreifache Druck- und Zugfestigkeit des β-Halbhydrates. Auf die Ursache dieser Unterschiede wird im Abschnitt 1.3.4 noch näher eingegangen. 12 Gips Anhydrit III Im Temperaturbereich von 180 - 240 °C wird weiteres Kristallwasser bis auf einen Gehalt von ca. 1% ausgetrieben. CaSO 4 ⋅ 1--2- H 2 O → CaSO 4 ⋅ xH 2 O + ( 1--2- – x )H 2 O 1 Anhydrit II CaSO 4 ⋅ xH 2 O → CaSO 4 Mineralische Bindemittel Die letzten Anteile des Kristallwassers werden bei Temperaturen von 240 - 600 °C ausgetrieben und es entsteht Anhydrit II. Dieser reagiert nicht mehr von selbst mit Wasser (Abschnitt 1.3.4) und wird deshalb auch totgebrannter Gips genannt. Anhydrit II + CaO Dies entsteht bei Temperaturen > 600 °C. Insbesondere im Temperaturbereich von 900 1100 °C erfolgt eine teilweise Zersetzung des Anhydrit II. CaSO 4 → CaO + SO 3 Es entsteht CaO (gebrannter Kalk), welcher als Anreger für den an sich totgebrannten Gips wirkt, weshalb dieser mit Wasser wieder erhärtet (Abschnitt 1.3.4). 1.3.3 Gipssorten Die in der Praxis verwendeten Gipssorten sind Kombinationen mit unterschiedlichen Mengenverhältnisse von den in Abschnitt 1.3.2 dargestellten Brennprodukten. Tabelle 1.1: Zusammenstellung der unterschiedlichen Gipssorten Brennprodukte mit dem jeweiligen Mengenanteil [%] Gipssorte Dihydrat Halbhydrat Anhydrit III Anhydrit II CaO Zusätze -5 -- 80 30 -- 20 15 -- -50 97 --3 ---- Stuckgips Putzgips Estrichgips AnhydritBinder -- -- -- 98 -- 2 Verarbeitungszeit [min] Festigkeit [N/mm2] 10 - 15 15 - 20 >6 >6 > 240 > 12 Stuckgips (Halbhydratgips) Stuckgips wird bei Temperaturen zwischen 65 und 180 °C hergestellt und besteht zu ca. 80% aus Halbhydrat und ca. 20% Anhydrit III. Er muss bei der Verwendung fein gemahlen sein. Putzgips (Mehrphasengips) Im Putzgips stehen Halbhydrat, Anhydrit III und Anhydrit II in einem bestimmten Verhältnis. Dies kann durch Verfahren erreicht werden, bei denen das Ausgangsprodukt Gipsstein lokal unterschiedlich erhitzt wird. Estrichgips (Hochbrandgips) Estrichgips wird bei 900 bis 1000 °C gebrannt und besteht deshalb fast ganz aus Anhydrit II und einem geringen Anteil CaO. Er erhärtet langsam und wird dicht und hart. Anhydritbinder Anhydrit II, der früher wegen fehlender Erhärtungseigenschaften als unbrauchbar galt, wird heute zunehmend eingesetzt, nachdem er mit Zusatz von chemischen Anregern (z.B. CaO oder Ca(OH)2) und einer sehr hohen Mahlfeinheit reaktionsfähiger gemacht wird. 13 Gips 1.3.4 Erhärtung Die Erhärtung des Gipses ist die Umkehrung des Brennprozesses. Der Gips wird zweckmässigerweise in das Anmachwasser eingerührt. Das beim Brennen ausgetriebene Wasser wird wieder in die Kristalle eingelagert. Dabei wird gerade soviel Wasser aufgenommen, dass das Calciumsulfat-Dihydrat erneut gebildet wird. Dieser Prozess führt zu einem Versteifen und schliesslich zum Erstarren. Beispiel: Erhärtung des Halbhydrates CaSO 4 ⋅ 1--2- H 2 O + nH 2 O → CaSO 4 ⋅ 2H 2 O + ( n – 3--2- )H 2 O Der Gips ist ein typisches Beispiel für einen rein kristallinen Erhärtungsvorgang. Durch Verwachsen und mechanisches Verfilzen der entstehenden Gipskriställchen bildet sich ein Kristallgefüge, das nach vollständigem Verdampfen des Porenwassers seine grösste Festigkeit zeigt. Da das Volumen der Mischungskomponenten Halbhydrat + Wasser grösser ist als das des entstehenden Gipses, findet zunächst eine Kontraktion von 7 bis 9 Vol.-% statt. Diese tritt kurz nach dem Anmachen im nicht erhärteten Zustand in Erscheinung und wird dann durch die Expansion überlagert, welche durch die sich nach allen Seiten ausbreitenden Kristalle verursacht wird und eine Ausdehnung der erhärtenden Masse zur Folge hat. Diese Ausdehnung ist um so grösser, je grösser das Verhältnis Gips zu Wasser ist und je kleiner dadurch der freie Wachstumsraum für die Gipskristalle ist. Die Festigkeit der erhärteten Masse ist ebenfalls von dem Verhältnis Gips zu Wasser abhängig. Diesen Vorgang soll Abbildung 1.5 veranschaulichen. Ausgegangen wird von vier modellmässigen Gipsteilchen, links mit viel Anmachwasser, rechts mit wenig. Aus den Gipsteilchen wachsen jeweils Kristalle derselben Grösse und Länge heraus. Bei hohem Wassergehalt (und damit grossem Teilchenabstand) sind die Bereiche der Kristalldurchdringung und Verfilzung klein; im Fall geringen Wassergehaltes hingegen gross. Da die Bereiche der Kristalldurchdringung die Zentren der Festigkeit sind, ergibt sich daraus, dass wasserarme Mischungen Gipse von höherer Festigkeit ergeben als wasserreiche. viel Anmachwasser wenig Anmachwasser Gips Wasser Wasser Gips Bereiche der Kristalldurchdringung Abbildung 1.5: Gipserhärtung durch Kristallisation 1.3.5 Eigenschaften und Verwendung Da man mit Gips (α-Halbhydrat und Anhydrit) dem Zementstein nahekommende Festigkeiten erreichen kann und der erhärtete Gips im Vergleich zum Zement chemisch sehr beständig ist, erscheint es unverständlich, warum der Gips als Baustoff für tragende Bauteile keine Bedeutung hat. Der Grund liegt darin, dass Gips nicht wasserbeständig ist; er löst sich im Wasser bis zu einem Gehalt von 2.5 g/l. Das hat zur Folge, dass die an sich gute Festigkeit des trockenen Gipses entscheidend verringert wird; schon 1% Feuchtigkeit im Gips setzen die Festigkeit um ca. 60% herab. 14 AAAAAAAAAAAAAAAAA AAAAAAAAAAAAAAAAA AAAAAAAAAAAAAAAAA AAAAAAAAAAAAAAAAA Gips Festigkeit in % der Trockenfestigkeit 100 Zementm örtel 80 60 1 40 Gips 20 12 16 20 Mineralische Bindemittel 8 4 Feuchtigkeitsgehal in % Abbildung 1.6: Abhängigkeit der Gipsfestigkeit vom Feuchtigkeitsgehalt Obwohl Gips wasserlöslich ist, wird er häufig als Verputz verwendet. Dafür ist ein minimales Wasser zu Gips Verhältnis nötig. Dadurch wird eine geringe Porosität erreicht, und die Poren sind nicht mehr saugend. Eine andere Möglichkeit besteht in einer Oberflächenbehandlung des Gipses. Alle Gipsbaustoffe sind für den Brandschutz geeignet wegen des Kristallwassers, das im Brandfall verdampft und dadurch kühlend wirkt. Dabei wird der Gips wieder gebrannt und verbraucht somit viel Energie, was sich günstig auf die Tragfähigkeit eines Tragwerkes auswirkt: die Temperatur bleibt bei 150 °C konstant bis das ganze Wasser aus dem Gips ausgeschieden ist, so dass wärmeempfindliche Bauteile (z.B. Armierungseisen) länger vor höheren Temperaturen geschützt bleiben. T [˚C] 150 ∆t t1 t2 t Abbildung 1.7: Konstante Temperatur des Gips von t1 bis t2 bei ~150 °C Gips kann auch mit Zuschlagstoffen verwendet werden: •Gipsstein + Sand (d ≤ 8 mm)→ Gipsmörtel •Gipsstein + Zuschläge (d > 8 mm)→Gipsbeton Der Gipsbeton erreicht eine genügende Festigkeit, die aber kleiner ist als diejenige des Betons mit Zement als Bindemittel. 15 Kalk 1.4 KALK 1.4.1 Luftkalk Zusammensetzung Rohstoff für den Kalk ist der natürlich vorkommende Kalkstein in unterschiedlichen mineralischen Variationen. Zur Luftkalkherstellung wird möglichst reiner Kalkstein mit mindestens 95% CaCO3, meist jedoch 97% und höher verwendet. Ton-, sand- und eisenoxidhaltige Kalksteine sind für die Luftkalkherstellung ungeeignet. Sie kommen jedoch bei der Herstellung von hydraulischem Kalk zum Einsatz. Kalkbrennen (Kalzinieren) Zur Luftkalkherstellung werden rohe, vom Steinbruch kommende Kalksteine auf Temperaturen von 950 °C erhitzt. Hierbei entweicht CO2 und es entsteht Calciumoxid CaO (gebrannter Kalk): CaCO 3 → CaO + CO 2 Die Einhaltung der richtigen Brenntemperatur ist von grossem Einfluss auf die Güte des gebrannten Kalks; wenn er zu schwach oder zu kurz gebrannt wird, enthält er noch ungebranntes CaCO3, wenn er zu hoch erhitzt, d.h. überbrannt wird, entsteht kristallines Calciumoxid. Dieses reagiert nur sehr langsam mit Wasser, was in Verbindung mit der gleichzeitig auftretenden Porenverengung zur Folge haben kann, dass der anschliessende Löschprozess behindert bzw. verhindert wird (totgebrannter Kalk). Die überbrannten Anteile löschen nicht sofort ab, sondern erst nach langer Zeit und verursachen dann Abplatzungen und Treiben im Putz und Mörtel. Kalklöschen Zur Herstellung von Kalkbindemitteln wird der gebrannte Kalk gelöscht. Man versteht darunter die Umsetzung des Calciumoxids mit Wasser zu Calciumhydroxid: CaO + H 2 O → Ca(OH ) 2 + ∆Q + ∆V Diese Reaktion ist stark exotherm, und erreicht ihre grösste Geschwindigkeit bei 115 °C. Je nach zugegebener Wassermenge unterscheidet man •Nasslöschen: Das Wasser wird überstöchiometrisch dosiert. Beim Löschen dringt das Wasser auch in die Poren des gebrannten Kalks ein, und setzt sich mit diesem im Korninnern um. Dabei quellen die harten Branntkalkstücke unter Dampfentwicklung zum doppelten Volumen auf und zerfallen zu einem feinen, weissen Pulver von gelöschtem Kalk, dass mit überschüssigem Wasser eine weiche Paste, den sogenannten Kalkbrei (Sumpfkalk) bildet. •Trockenlöschen: Da die Herstellung, der Transport und die Lagerung des Kalkbreis umständlich sind, ist man weitgehend zum Trockenlöschen übergegangen. Dabei werden Branntkalkstücke mit Wasser behandelt; sie saugen es auf und der Löschprozess findet statt. Wenn die Wasserzugabe stöchiometrisch dosiert wird, entsteht pulverförmiges Calciumhydroxid. Erhärten des Luftkalks Man unterscheidet vier Phasen •Lösen: Das Bindemittel Ca(OH)2 wird im Wasser gelöst, und erreicht dabei sehr schnell die Sättigung (Löslichkeit ≈ 2.2 g/l pH = 12.8). •Trocknen: Die Kapillarkräfte werden aktiviert, dabei wirkt das Wasser als Bindemittel (analog zur Erhärtung des Lehms Seite 11). •Kristallisation: Die Wasserverdunstung ermöglicht die Kristallisation von Ca(OH)2. Somit entstehen Brücken zwischen den einzelnen Körnern. Das verbessert zwar etwas die Festigkeit, bringt aber nur eine mässige Festigkeitanteil. Ca 16 2+ - + 2OH → Ca(OH) 2 Kalk •Carbonatisierung: Das CO2 aus der Luft reagiert mit den gelösten und sonst vorhandenen Ca(OH)2-Teilchen und steigert somit die Festigkeit. (Abbildung 1.8 und Carbonatisierung p. 29) Ca(OH) 2 + CO 2 → CaCO 3 + H 2 O Die Carbonatisierung ist ein sehr langsamer Prozess, der durch den Einsatz von Koksöfen beschleunigt werden kann. Dabei wird in dem entsprechenden Raum Koks verbrannt und so der CO2-Anteil in der Luft erhöht und die Carbonatisierung beschleunigt. 1 Mineralische Bindemittel Gesamterhärtung Druckfestigkeit Erhärtung durch Carbonatisierung Erhärtung durch Trocknung Zeit Abbildung 1.8: Erhärtung von Kalkmörtel durch a) Wasserverdunstung, b) CO2-Aufnahme AAAAAA AAAAAAA AAA AAAAA AAAAAAA AAAAAA AAAAA AAAAAAA AAAAA AAA AAAAA AAAAAAA AAAAA AAA AAAAAAA AAAAA AAAAA AAAAA AAAAAAA AAAAA AAAAAAA AAAAA AAAAA AAAAA AAAAA AAAAA AAAAA AAAAA AAAAA AAAAA AAAAA AAAAA AAAA AAAAA AAAA AAA AAAAA AAAA AAA AAAA AAAAA AAAAA CO2 1. Brennen CaCO3 —> CaO + CO2 900 - 1000˚ C CaCO3 Kalkstein Kalkmörtel H 2O CaCO3 Luft Mühle CaO Stückkalk gemahlener Branntkalk AAAAA AAAAA AAAAA AAAAA AAAAA H 2O wenig viel Kalkhydrat Kalkbrei CA(OH)2 CO2 3. Carbonatisieren 2. Löschen Ca(OH)2 + CO2 —> CaCO3 + H2O CaO + H2O —> Ca(OH)2 Abbildung 1.9: Der Kreislauf des Kalks Eigenschaften und Anwendung des Luftkalks Der Luftkalk war über viele Jahrhunderte das wichtigste Mörtelbindemittel. Heute ist er weitgehend durch schnellerhärtende, hydraulische Bindemittel ersetzt, spielt aber infolge seiner besonderen Eigenschaften nach wie vor eine bedeutende Rolle. Hervorzuheben sind seine Plastizität (verursacht durch die fast kolloidale Feinteiligkeit) welche die leichte Verarbeitbarkeit bedingt; weiter die gute Elastizität des Kalkmörtels, welche geringe Setzungen ohne Rissbildungen ausgleicht. Auch Aussen- und Innenputze mit Kalkmörtel bleiben bei richtiger Verarbeitung rissefrei, selbst bei starken Temperaturschwankungen, infolge der ähnlichen Wärmedehnzahl von Ziegel und Kalksandstein. Hervorzuheben ist auch die gute Frost- und Wetterbeständigkeit von Kalkputzen (wegen der geringen Wasserlöslichkeit von CaCO3) und insbesondere die durch ihre Porosität bedingte Atmungsfähigkeit. 17 Kalk 1.4.2 Hydraulischer Kalk Zusammensetzung Ausgangsmaterial für den hydraulischen Kalk ist das in der Natur in grossen Mengen vorhandene Mischgestein aus Kalkstein (CaCO3) und Ton (Al2O3SiO2H2O), der sogenannte Mergel, der bei Temperaturen von 1200 °C gebrannt wird. CaCO 3 + Ton → 2CaO · SiO 2 + CaO Es entsteht eine Verbindung zwischen dem Kalkoxid (CaO) und dem Siliziumdioxid (SiO2), das Dicalciumsilikat (2CaO · SiO2); es handelt sich hierbei um ein hydraulisches Bindemittel, da es unter Wasser erhärtet und wasserbeständig ist. Bezeichnungen der Komponenten in der Bindemittelchemie: C = CaO; S = SiO2; A = Al2O3; F = Fe2O3; H = H2O; s = SO4 Erhärtung Bei Zugabe von Wasser verwandelt sich das Dicalciumsilikat unter Einbau von Kristallwasser zu Calciumsilikathydrat. Diese Hydrate erhärten ohne Luft mit Wasser und in Wasser und werden deshalb hydraulische Komponenten genannt. + H2 O → C2 S + H 2 O → 3CaO · 2SiO 2 · H 2 O C-S-H 2CaO · SiO 2 Der nichtgebundene Anteil CaO reagiert wie der Luftkalk, d.h. beim Mischen mit Wasser löscht er und erhärtet später durch Aufnahme von Kohlendioxid. CaO + H2O → Ca(OH)2 •Löschen: •Carbonatisieren: Ca(OH)2 + CO2 → CaCO3 + H2O Der Anteil an hydraulischen Komponenten ist entscheidend für die erzielbare Festigkeit; je grösser derselbe, desto höher die Festigkeit. 18 10 8 6 Hochhydraulischer Kalk 12 Wasserkalk Hydraulischer Kalk 14 Luftkalk Druckfestigkeit in N/mm2 16 4 2 hydr. Anteil 0 100 20 80 40 60 60 40 80 20 100 0 % Ca(OH)2 Abbildung 1.10: Hydraulische Kalke; Hydraulischer Anteil und Druckfestigkeit Puzzolane Reaktion Wenn man dem Bindemittel Luftkalk Ca(OH)2 eine gewisse Menge SiO2 hinzufügt, bekommt man eine unter Wasser erhärtende Substanz, die nach der Erhärtung wasserbeständig ist. Diese wird oft Unterwasserbeton genannt. 3Ca(OH)2 +2SiO2 (amporph) → 3CaO · 2SiO2 · 3H2O Die Kieselsäure SiO2 wurde ursprünglich in Form einer bei dem Ort Putuoli vorkommende Erde zugesetzt. Bei dieser Erde, heute Puzzolanerde genannt, sowie bei den ebenfalls verwendbaren Stoffe Santorinerde und Trass handelt es sich um vulkanische Auswurfmassen, daher ihr Vorkommen in der Nähe von noch tätigen oder erloschenen Vulkanen. Heute gibt es neben den natürlichen auch industrielle Puzzolane: Elektrofilter Asche (EFA), Steinkohle Flugasche (SKF) und Condensed Silicium Fumes (CSF). 18 Zement 1 Mineralische Bindemittel Im Quarzsand, Quarzkies und quarzitischen Gesteinen liegt die Kieselsäure SiO2 in kristalliner Form vor. Die einzelnen SiO2-Moleküle sind dabei in einer Nahordnung fest miteinander verbunden. Nur bei hoher Temperatur und hohem Druck (Autoklavhärtung) kann diese Kristallordnung durch gelöschten Kalk aufgebrochen werden. Die in den Puzzolanen enthaltene Kieselsäure ist jedoch vorwiegend amorph (gestaltlos, nicht kristallisiert). Die einzelnen SiO2-Moleküle liegen ungeordnet nebeneinander und sind damit in der Lage zu reagieren. Calciumsilikathydrat CSH (Abkürzung für xCaO·ySiO2 ·zH2O) hat folgende Eigenschaften: • sehr hart • hohe Dichte (Fassaden, Lärmschutzwände) • gute Isolation • geringe Porosität • unlöslich • wasserbeständig • erhärtet unter Wasser (hydraulische Reaktion) Weil aber die CSH-bildende Reaktion zu langsam abläuft, braucht es einige Massnahmen um sie zu beschleunigen: • Bei der Verwendung von feinverteilten SiO2 wird dessen Oberfläche grösser und die Reaktion kann somit an mehr Stellen gleichzeitig ablaufen. • Durch Erwärmung und Steigerung des Drucks mit Autoklavbehandlung wird die Reaktion wesentlich schneller. Porenbeton Für Anwendungen, bei denen ein geringes Gewicht wichtig oder von Vorteil ist, eignet sich Porenbeton aufgrund seiner kleinen spezifischen Dichte und seiner hohen Porosität (hohe Wärmedämmung) besonders. Im Gegensatz zum Normal- und zum Leichtbeton mit vorwiegend geschlossenen Luftporen besteht bei Porenbeton eine erhöhte Korrosionsgefahr der Bewehrung infolge der grossen zusammenhängenden Poren, welche eine grosse Menge an Wasser und Sauerstoff penetrieren lassen. Diese ist hauptsächlich im Hochbau zu finden, wie bei Mauern, die nur eine raumabschliessende Funktion haben müssen. Wenn man den Reagenten der Puzzolanen Reaktion Aluminium hinzufügt, erhält man den sogenannten Porenbeton (oder Gasbeton). Aluminium hat die Funktion des Porenbildners. Meistens wird ein feinverteiltes Aluminiumoxid (Al2O3) in Pulverform verwendet. Das Aluminiumpulver reagiert in der Ca(OH)2-Umgebung und bildet dabei Aluminiumhydroxid und gasförmigen Wasserstoff (H2). Um jedes Aluminium-Körnchen bildet sich eine mit H2 gefüllte Gasblase. Die Lösung schäumt auf und das Volumen wird beinahe verdoppelt. Dieser Vorgang dauert rund ein bis zwei Stunden. Dadurch wird eine Porosität von 80 - 90% erreicht. Da aber dieser mineralische Schaum jetzt noch praktisch keine Festigkeit besitzt, wird er in einem Dampfkessel (Autoklav) behandelt. Bei einer Temperatur von 170 °C entsteht somit CSH, das eine gute Festigkeit hat. 1.5 ZEMENT Zement ist ein hydraulisches Bindemittel, d.h. ein Stoff, der nach dem Anmachen mit Wasser sowohl an der Luft als auch unter Wasser erhärtet und hart bleibt. Der sich dabei bildende Zementstein ist wasserbeständig und weist eine hohe Festigkeit auf. 1.5.1 Zusammensetzung und Herstellung Aufbereitung Rohstoffe für die Zementherstellung sind Kalkstein (CaCO3) und Ton (Al2O3SiO2Fe2O3H2O), insbesondere ihr natürliches Gemisch, der Mergel. Die Gewinnung geschieht im Steinbruch. Nach dem Sprengen wird das Material zu Schotter zerkleinert und anschliessend gemahlen und getrocknet. Das Rohgestein muss nach Möglichkeit so abgebaut werden, dass die vier wichtigsten Komponenten Kalk, Silizium, Aluminium und 19 Zement Eisen möglichst im richtigen Mengenverhältnis von etwa 9:3:1:0.5 anfallen. Um das für die Zementherstellung notwendige, genau abgestimmte Verhältnis von Kalkstein und Ton zu erzielen, werden die Rohmehle entsprechend gemischt und fehlende Bestandteile zugemischt. Brennen des Zementes CaCO3 + Ton → C3S + C2S + C3A + C4AF (Zementchemische Bezeichnungen) Das Brennen geschieht heute vorwiegend als kontinuierlicher Prozess in Drehrohröfen bei Temperaturen bis 1450 °C. 2 H CO 2 O Bis zu einer Temperatur von 1200 °C entspricht das Reaktionsprodukt im wesentlichen einem hydraulischen Kalk, bei dem das Calciumsilikat hauptsächlich als Dicalciumsilikat (2CaOSiO2) vorliegt. Bei dem ab ca. 1200 °C beginnenden und bis 1450 °C ansteigenden Garbrand wird weiteres Calciumoxid CaO gebunden, wobei sich aus dem Dicalciumsilikat das Tricalciumsilikat bildet (2CaOSiO2 + CaO → 3CaOSiO2). Dieses ist die für den Zement charakteristische Verbindung und Ursache seiner im Vergleich zum hydraulischen Kalk überlegenen Eigenschaften. Abbildung 1.12 zeigt den Standort des Zementes im Bereich der Kalkbindemittel. Er unterscheidet sich von ihnen durch eine um ca. 500 °C höhere Brenntemperatur und durch das optimale Verhältnis von Kalkstein und Ton. Die durch das Brennen entstandene harte Masse wird Klinker genannt. CaO + entwässerter Ton Wärmequelle Rohmehl abschrecken 200 ˚C Entwässerung 850 ˚C Kalzinierung 1450 ˚C Klinkerzone, Sinterzone Endprodukt: KLINKER Wärmequelle Abbildung 1.11: Drehofen zur Zementherstellung PortlandZement Brenntemperatur in °C 1500 1000 Hydraul. Kalk RomanZement Luft kalk 500 50 50 75 25 100 Anteil CaCO3 [%] - Anteil Ton [%] Abbildung 1.12: Rohstoffe und Brenntemperatur der Kalke und Zemente Zementzusätze Zur Entfaltung seiner Bindemitteleigenschaften muss der schnell abgekühlte Zementklinker zu hoher Feinheit gemahlen werden. Einige wichtige Bestandteile werden (je nach Zementtyp) hinzugefügt, vor allem um Mischzemente zu erhalten. 20 Zement 1 Mineralische Bindemittel Abbildung 1.13: Zusammensetzung unterschiedlicher Bindemittel •Calciumsulfat: Wenn man feingemahlenen Zementklinker mit Wasser anmacht, so erstarrt das Gemisch in der Regel sofort. Ursache ist die schnelle Reaktion des C3A mit Wasser, bei der sich zwischen den Teilchen ein Gerüst aus bestimmten Kristallen bildet. Ein Zusatz von wenigen Prozent (2 ÷ 3%) Calciumsulfat, meistens in Form von Gips, verzögert das Erstarren, weil sich dabei auf den C3A-Teilchen eine dünne Schicht bildet (Ettringit), welche die Reaktion verzögert. •Hochofenschlacke: Granulierte Hochofenschlacken (Hüttensand) wirken stark verzögernd auf die Festigkeitsentwicklung, doch erreichen die damit behandelten Zemente dieselbe Endfestigkeit wie Portlandzement (siehe Zementsorten). •Trass (Puzzolane): Die feinen Trassteilchen bilden bei der Reaktion mit dem Ca(OH)2 kleine Massen, welche sich in den Kapillarporen des Zementsteins ablagern und dadurch dichtend wirken. Diese Wirkung des Trass wurde schon frühzeitig erkannt und deshalb wird für Wasserbauten vielfach Zement mit Trasszusatz verwendet. Auf die Erhärtungsgeschwindigkeit wirkt der Trass etwas verzögernd. Er entwickelt praktisch keine Hydratationswärme und setzt deshalb die des Zementes im Verhältnis seines Anteils herab. •Kalkstein: Chemisch beinahe inert, ist er dennoch als Zementzusatz von Bedeutung, weil er die Korngrössenverteilung und dadurch den Wasseranspruch des Zementes und somit die Verarbeitungseigenschaften des Betons günstig beeinflusst. •Flugasche: Kann ihrer Natur nach sowohl puzzolanische als auch hydraulische Eigenschaften haben. •Puzzolane •Gebrannter Schiefer •Silikastaub 21 Zement Mineralische Zusammensetzung Der Klinker hat vier Mineralien als Hauptbestandteile C3S (3CaOSiO2) C2S (2CaOSiO2) C3A (3CaOAl2O3) C4AF (4CaOAl2O3Fe2O3) Tricalciumsilikat Dicalciumsilikat A-lit B-lit Tetracalciumaluminatferrit Ferrit Tricalciumaluminat kantig rund Aluminat AAAAAAA AAAAAAA AAAAAAA AAAAAAA AAAAAAA } C-lit Matrix A-lit B-lit C-lit Abbildung 1.14: Gefügebild des Klinkers Die unterschiedlichen Eigenschaften sind in Tabelle 1.2 ersichtlich. Vom Zusammenwirken dieser Bestandteile hängt die Vielfalt der Zementeigenschaften ab. Tabelle 1.2: Mengenanteile und Eigenschaften der Klinkermineralien 1.5.2 Zementchemische Bezeichnung Bezeichnung in der Praxis typischer Anteil [%] C3S A-lit 50 - 70 C2S B-lit 10 - 30 C3A Aluminat 5 - 10 C4AF Ferrit 5 - 10 Beeinflussung der Zementeigenschaften rasche Hydratation, hohe Hydratationswärme, hohe Frühfestigkeit, generell festigkeitsfördernd langsame Hydratation, geringe Hydratationswärme, hohe Spätfestigkeit, geringe Frühfestigkeit rasche Hydratation, hohe Hydratationswärme, Beitrag zu Frühfestigkeit, erhöht Schwinden, Sulfatanfälligkeit dunkle Farbe, langsame Hydratation, geringer Beitrag zur Festigkeit Hydratation des Zementes Die Erhärtung des Zementes nach Zugabe von Wasser kommt dadurch zustande, dass das flüssige Medium Wasser in den Feststoff unter Bildung des Zementsteins aufgenommen wird. Dieser Vorgang des Einbaus von Wasser wird deshalb Hydratation genannt. Hydratation von C3S Die kalkübersättigten Verbindungen (C3S) zerfallen bei Wasserzugabe unter Bildung von kalkärmeren Silikaten und Calciumhydroxid: 2 ( 3CaO ⋅ SiO 2 ) + 6H 2 O → 3CaO ⋅ 2SiO 2 ⋅ 3H 2 O + 3Ca ( OH ) 2 Das dabei entstehende CaO·SiO2·H2O (CSH-Gel) ist für die Festigkeit zuständig, während das Ca(OH)2 (Kalciumhydroxid) für die Dauerhaftigkeit (Passivierung des Armierungsstahls) wichtig ist. Infolge der grossen Affinität des CaO zum Wasser entsteht wie beim Kalklöschen bei der Umsetzung gemäss CaO + H2O → Ca(OH)2 Reaktionswärme, die als Hydratationswärme in Erscheinung tritt. Wegen der grösseren freiwerdenden Ca(OH)2-Menge ist diese beim C3S mehr als doppelt so gross als beim C2S. Da die Passivierung der Bewehrung (Schutz vor Rost) auf das bei der Hydratation freiwerdende Ca(OH)2 zurückzuführen ist (siehe Carbonatisierung p. 29), ist diese bei hohem C3S-Gehalt in besonderem Masse gewährleistet. Die Hydratation des C3S ist eine relativ schnelle Reaktion, im Vergleich zum anderen Silikat (C2S). 22 Zement unbehinderte Ausdehnung 1 Mineralische Bindemittel Die Zahl der an der Oberfläche freiwerdenden CaO-Teilchen ist beim C3S um ein Mehrfaches grösser und die schnell einsetzende Reaktion mit Wasser daher stärker als beim C2S. Die Umsetzung der im Innern freiwerdenden CaO-Moleküle erfolgt nicht sofort, sondern über einen längeren Zeitraum, weil der Kalk in den äusserst harten Klinkerteilchen fest eingeschlossen ist. Die Reaktion schreitet deshalb mit dem allmählich eindringenden Wasser von aussen nach innen fort. Beim C3S erfolgt dies schneller als beim C2S, weil bei letzterem die geringere Zahl der freiwerdenden CaO-Teilchen dichter umhüllt und demWasser schwerer zugänglich ist, als beim C3S mit der dreifachen Menge freiwerdender CaO-Teilchen. Die schnellere Reaktion des C3S wirkt sich in der rascheren Erhärtung des C3S aus, und ist somit der Grund für die Frühhochfestigkeit des Zementes. Die Aufnahme von Wasser der C3S-Teilchen zur Bildung von C3S2H3 (CSH-Phase, CSH-Gel) ist von zweierlei Art: Hydratation und Adsorption. Die erste Art von Wasseraufnahme des entstehenden C3S2 ist eine chemische, indem, wie aus der Reaktionsgleichung hervorgeht, 3 Moleküle Kristallwasser aufgenommen werden. Die genaue Bezeichnung für diese Verbindung ist Tricalciumdisilikattrihydrat (3CaO2SiO23H2O). Wegen ihrer dem natürlichen Mineral Tobermorit ähnlichen Zusammensetzung spricht man auch von der Tobermoritphase. Da das Molverhältnis CaO:SiO2 nicht exakt 3:2 ist, sondern zwischen 1:1 und 3:1 schwankt, ist exakterweise von Calciumsilikathydrat, abgekürzt CSH, zu sprechen. Diese CSH-Phase ist die Kernsubstanz des hydratisierten Zementes und die Hauptursache seiner Festigkeitseigenschaften. Die neugebildeten CSH-Teilchen nehmen jedoch Wasser nicht nur als Bestandteil der Verbindung, sogenanntes Hydratwasser auf, sondern binden an ihrer Oberfläche weiteres Wasser durch Adsorption. Oberflächen üben eine Anziehungskraft auf benachbarte bewegliche Moleküle wie z.B. Wasser aus, die festgehalten werden, wodurch das Volumen des ursprünglichen CSH-Teilchens stark zunimmt. Diese adsorptive Wasserbindung ist von der Grösse der Oberfläche abhängig und da diese beim CSH ausserordentlich gross ist, werden von ihm auch grosse Mengen Wasser gebunden. Derartige Systeme aus kleinsten festen Teilchen mit grosser Oberfläche und einer Flüssigkeit, z.B. Wasser, werden Gele genannt. Sie können 90% und mehr Wasser enthalten und sind, da das Wasser adsorbiert ist, trotzdem steife Massen mit allerdings geringer Festigkeit. Die Festigkeit von CSH-Gelmassen ist von deren Wassergehalt abhängig: bei hohem Wassergehalt ist sie gering, bei niedrigem Wassergehalt kann sie jedoch sehr hoch sein, was sich auf die gute Endfestigkeit von Zementen auswirkt. Bei der Einwirkung von Wasser auf Zement bilden sich zunächst an der Berührungsfläche zwischen Wasser und Zement, d.h. an der Oberfläche der Zementteilchen solche wasserreichen Gelteilchen, die eine zusammenhängende Schicht bilden. Durch das nach innen vordringende Wasser schreitet die Reaktion fort, wodurch die Gelhülle dicker und das nichthydratisierte Zementkorn kleiner wird, so lange, bis das Zementteilchen ganz bzw. weitgehend aufgelöst ist und daraus ein viel grösserer Komplex von Gelteilchen entstanden ist (Abbildung 1.15). behinderte Ausdehnung 1 2 3 Abbildung 1.15: Hydratation im Raum bei unbehinderter und behinderter Ausdehnung 23 Zement Dieses Modell gilt für den Fall der unbehinderten Ausdehnung. Beim erhärtenden Zement ist die Ausdehnung der Gelmasse jedoch behindert, weil als freier Raum für die Ausdehnung des Zementgels nur das Volumen des Anmachwassers zur Verfügung steht, das etwa dem gleichen bis doppelten Volumen des Zementes entspricht. Jedem Zementgelteilchen ist also der Raum zugeteilt, in den es sich bei der Hydratation ausdehnen kann. Die in diesem Fall sich ergebenden Verhältnisse sind aus der Abbildung 1.15 (rechte Seite) ersichtlich. Zunächst wächst die Gelhydratmasse unbehindert in den freien Raum, bis sie auf die von den anderen Seiten andrängenden Gelmassen stösst und am räumlichen Wachstum behindert wird. Die Hydratationsreaktion geht jedoch weiter. Das dafür notwendige Wasser wird dem umhüllenden wasserreichen Gel entzogen, das dadurch feststoffreicher wird. Dieser Prozess, auch innere Absaugung genannt, geht so lange weiter, bis das Zementteilchen ganz bzw. weitgehend hydratisiert ist und der Raum mit wasserarmer, feststoffreicher Gelhydratmasse ausgefüllt ist. Hydratation von C2S 2(2CaO·SiO2) + 4H2O → 3CaO·2SiO2·3H2O + Ca(OH)2 Der Prozess verläuft völlig analog wie bei der C3S-Hydratation. Hydratation von C3A Im Vergleich zu den Silikaten (C3S und C2S) spielen die Aluminate (C3A) und Aluminatferrite (C4AF) wegen ihres geringen Anteils und dem geringen Festigkeitsbeitrag nur eine untergeordnete Rolle. Physikalisch betrachtet verläuft auch hier die Reaktion unter Bildung kolloidaler Teilchen mit grosser Oberfläche und damit zusammenhängender Festigkeitsentwicklung. 3CaO·Al2O3 + Ca(OH)2 + 12H2O → 3CaO·Al2O3 ·6H2O Das C3A setzt sich also unter Einbau von Ca(OH)2 aus der C3S- und C2S-Hydratation zu Tricalciumaluminathydrat um. Diese Reaktion findet jedoch so schnell statt, dass der Beton bereits nach ca. 20 Minuten erhärtet wäre. Deshalb muss ihm noch ein sogenannter Verzögerer hinzugefügt werden. Die obige Reaktion kann beispielweise durch Zugabe von 3 - 4 Gewichts-% Gips (siehe Zementzusätze) gebremst werden. 3CaO·Al2O3 + 3CaSO4 + 32H2O → 3CaO·Al2O3 ·3CaSO4 ·32H2O Das erhaltene Trisulfat, Ettringit (nach Ettringen in der Eifel) genannt, lagert sich um das C3A an, und erschwert somit die Reaktion. Ettringit H 2O C 3A H2O H2O Abbildung 1.16: Bildung von Ettringit Nach 4 ÷ 5 Stunden bildet sich aus Ettringit ein Monosulfat: (3CaO·Al2O3 ·CaSO4 ·12H2O) Der „Ring“ wird aufgesprengt und die schnelle Reaktion kann einsetzen. Ettringit besteht aus länglichen Kristallen. Falls sich solche Kristalle im bereits erhärteten Beton bilden können, erfolgt ein Reissen des Betons, weil Ettringit viel Wasser anlagert, was eine Volumenzunahme zur Folge hat. Das passiert z.B. beim Gipstreiben: CaSO4 dringt sehr langsam mit Hilfe der Poren in den Beton ein, und da hier auch nach der Er- 24 Zement härtung noch genügend C3A vorhanden ist, bewirkt das Ettringit einen Kristallisationsdruck der den Beton völlig zerstören kann. In Böden mit einem hohen Gipsanteil kann man hochsulfatbeständigen Zement (d.h. C3A < 3%) benützen oder den Beton mit einer wasserdichten Schicht anstreichen. Die Sprengwirkung des Ettringits wird andererseits ausgenützt, um die nach der Entfernung der Schalung eintretende Volumenabnahme des Betons (Betonschwinden) auszugleichen (schwindkompensierte Zemente) und damit Rissbildungen zu verhindern; der Gipsgehalt muss dabei sorgfältig kontrolliert werden. Hydratation von C4AF Mineralische Bindemittel 4CaO·Al2O3 ·Fe2O3 + 4Ca(OH)2 + xH2O → 2(4CaO·Al2O3 ·Fe2O3 ·xH2O) 1 Das nötige Ca(OH)2 stammt aus der Hydratation der Silikate. 1.5.3 Eigenschaften des Zements Erstarren Der Erstarrungsbeginn und das Erstarrungsende des Zementes wird mit dem VICAT-Gerät gemessen (Abbildung 1.17). Dabei wird Zementpaste in einen Behälter gegeben und in regelmässigen Zeitabständen das Eindringen einer Nadel gemessen. Der Erstarrungsbeginn t1 ist so definiert, dass die Nadel mit einer aufgebrachten Last F nur noch bis 2mm über die Glasplatte eindringt. Das Erstarrungsende ist dann erreicht, wenn die Nadel nur noch 2mm in die Zementpaste eindringt (t2). F xt H Nadel H Zementpaste 2mm Eindringtiefe x t 2mm 2mm Glasplatte t1 t2 t Abbildung 1.17: VICAT-Gerät zur Ermittlung des Erstarrungsbeginns Abbildung 1.18: Definition von Ansteifen, Erstarren und Erhärten von Zement 25 Zement Abbildung 1.19: Erstarrung als Funktion des W/Z-Wertes Festigkeitsentwicklung Die Zementsteinfestigkeit ist ein Richtwert für die Qualität des Zementes. Sie hängt prinzipiell von den einzelnen Phasenanteilen ab, deswegen werden die Phasen getrennt analysiert. fc [N/mm2 ] C3 S 75 C2 S 60 45 30 15 C3 A C4 AF 28 360 t [Tage] Abbildung 1.20: Festigkeitsentwicklung der einzelnen Klinkermineralien •C3S: schnelles Erreichen der höchstmöglichen Festigkeit; hohe Endfestigkeit •C2S: langsames Erreichen seiner hohen Festigkeit •C3A: schlechte Festigkeit, die aber rasch erreicht wird •C4AF: sehr geringe Festigkeit Die Mechanismen der Gefügeentwicklung sind in Abschnitt 1.5.2 erläutert. Zusammenfassend kann man erwähnen, dass die Hydratation der Silikate ein Zementkorn in eine Masse von Zementgel (CSH-Phase) verwandelt, was die Festigkeitsentwicklung des Bindemittels weitgehend bestimmt. Die zeitlichen Etappen der Gefügeentwicklung sind in der Abbildung 1.22 ersichtlich. 26 b) Zementkorn kurz nach Wasserzugabe; um das gesamte Zementkorn hat sich eine Schicht aus Zementgel gebildet. Zement 1 c) Ende der Hydratation Mineralische Bindemittel a) Zementkorn vor Wasserzugabe AAAAAAAAA AAAAAAAAA AAAAAAAAA AAAAAAAAA AAAAAAAAA AAAAAAAAA AAAAAAAAA AAAAAAAAA AAAAAAAAA Abbildung 1.21: schematische Darstellung der Hydratation eines Zementkorns Porenraum Mengenanteil CSH-Gel (kurzfaserig) Ca(OH)2 CSH-Gel (langfaserig) C4(A,F)H13 Monosulphat Ettringit 5 Minuten Abbildung 1.22: 30 1 2 6 1 2 Stunden 7 28 90 Tage Gefügeentwicklung und Hydratation von Portlandzement als qualitative Funktion der Zeit Hydratationswärme Hydratationswärme der einzelnen Klinkermineralien: •C3S: 380 [J/g] •C2S: 105 [J/g] •C3A: 1'340 [J/g] •C4AF: 400 [J/g] Bei der angegebenen Hydratationswärme handelt es sich um die Gesamtwärme, die innerhalb von 28 Tagen abgegeben wird. Für die Praxis noch wichtiger ist die in den ersten Tagen freiwerdende Hauptmenge der Hydratationswärme, weil sie die Ursache für die Temperaturerhöhung des jungen Betons und den damit zusammenhängenden Folgen ist. Die Hydratationswärme der verschiedenen Zemente ist sehr unterschiedlich, je nach Zementzusammensetzung: für massige Bauteile empfiehlt es sich, möglichst wenig C3S und C2S zu verwenden, da ansonsten die Rissbildung stark erhöht wird. Für diese Bauteile wird annähernd der adiabatische Fall ∆Q = 0 angenommen, da die Wärmeverluste gering sind (siehe 2.3.1 Eigenschaften von Frischbeton). 27 Zement 1380 Hydratationswärme in [J/g] 1250 1000 1050 750 500 500 420 250 355 290 250 210 145 60 C3 S C2 S C3 A C4AF 7 Tage HO-Schl. 1 Jahr Abbildung 1.23: Hydratationswärme der einzelnen Klinkermineralien CEM I 42.5 adiabatisch 40 6m 30 3m 1m 2m Temperaturanstieg [¡C] 20 10 CEM III 42.5 adiabatisch 30 6m 20 1 3m 2m m 10 0 2 4 6 8 10 12 14 Alter des Betons in Tagen Abbildung 1.24: Temperaturentwicklung in Funktion der Dicke eines Bauteils Chemisches Schwinden (Schrumpfung) Wie schon gesehen, erfolgt die Hydratation des Zementes exotherm. Dieser Prozess verursacht aber auch eine Volumenabnahme um ca. 7 ÷ 8%. ∆V: 100 cm3 PC + 125 cm3 H2O → 209 cm3 Hydratationsprodukt Dieses ∆V wird durch Porosität ausgeglichen. Dabei wird Luft oder Wasser angezogen, je nachdem was gerade den Zement umhüllt. Bei massigen Bauteilen entsteht im Innern ein Bereich wo sich weder Luft- noch Wasserporen bilden können. Dies bewirkt einen Unterdruck, der zu Spannungen und somit Rissen führen kann (z.B. Staumauern). Quellen und Schwinden Das Schrumpfen, d.h. das chemische Schwinden ist ein sich hauptsächlich im Innern des Zementsteins abspielender Vorgang, wobei durch den Volumenverlust des eingebauten Hydratwassers im Innern des Zementsteins Poren entstehen; daher inneres Schrumpfen genannt. 28 Zement Quellen Schwinden in mm/m 1 Mineralische Bindemittel Das sogenannte Schwinden des Zementsteins (Volumenkontraktion durch Austrocknung) ist im Unterschied dazu eine Verkürzung der äusseren Abmessungen des Bauteils, was häufig Schwindrisse verursacht. Das Schwinden des Zementsteins hängt in erster Linie mit seinem Wassergehalt zusammen, der in gesättigtem Zustand je nach W/Z-Wert bis zu 20 Vol-% betragen kann. Wassergelagerter und damit wassergesättigter Zementstein schwindet nicht; im Gegenteil, er quillt geringfügig aus. Wird er bei 100% relativer Luftfeuchtigkeit gelagert, dann schwindet der Zementstein geringfügig. Ist die umgebende Luft jedoch nicht wassergesättigt, dann verdunstet Wasser aus dem Zementstein und dieser schwindet, und zwar um so mehr, je geringer die relative Luftfeuchtigkeit ist und damit je schneller das Wasser von der Luft aufgenommen wird. Das Schwinden des Zementsteins kann dabei Werte bis zu 2 mm/m erreichen. 0.5 Wasser 0 100 % relative Feuchte -0.5 80 % -1.0 60 % -1.5 0-4 0% -2.0 3 7 28 90 180 Lagerungszeit in Tagen Abbildung 1.25: Schwinden von Zementstein in Abhängigkeit der Lagerungsdauer und Luftfeuchtigkeit Andere Einflussgrössen auf das Quellen und Schwinden von Zementstein: • Lagerungsbedingungen • Mineralische Zusammensetzung • Mahlfeinheit • Anteil an hydraulischen Zusätzen Carbonatisierung Ca(OH)2 + CO2 → CaCO3 + H2O Das bei der Hydratation der Silikate (C3S, C2S) freiwerdende Ca(OH)2 spielt beim Korrosionsschutz der Bewehrung von Stahlbeton eine wichtige Rolle. Dieser Korrosionsschutz ist im bewehrten Beton dadurch gewährleistet, dass der Zementstein infolge Sättigung mit Ca(OH)2, das einen pH-Wert von 12.5 hat, vor Korrosion geschützt ist (passiviert). Dies gilt für pH-Werte von über 9.5. Bei pH-Werten unter 9.5 findet Stahlkorrosion statt und zwar um so stärker, je niedriger der pH-Wert ist, wobei die Zunahme nicht linear erfolgt. AAAAAAAAAAAAA AAAAAAAAAAAAA AAAAAAAAAAAAA AAAAAAAAAAAAA AAAAAAAAAAAAA AAAAAAAAAAAAA AAAAAAAAAAAAA AAAAAAAAAAAAA AAAAAAAAAAAAA AAAAAAAAAAAAA AAAAAAAAAAAAA AAAAAAAAAAAAA AAAAAAAAAAAAA AAAAAAAAAAAAA Korrosionsgeschwindigkeit starke Korrosion mässige Korrosion pH-Wert Ca(OH)2 pH 12.6 Abfall CaCO3 pH 8 pH 1 2 3 4 5 6 7 8 keine Korrosion 9 10 11 12 13 14 Abbildung 1.26: Stahlkorrosion bei Veränderung des pH-Wertes durch Carbonatisierung 29 Zement Die Voraussetzung für einen zuverlässigen Bewehrungsschutz ist also ein pH-Wert des umhüllenden Zementsteins von mindestens 10. Wird aber das Ca(OH)2 durch Carbonatisierung in CaCO3 umgewandelt, dann sinkt der pH-Wert auf ca. 8, wodurch der Korrosionsschutz der Bewehrung nicht mehr gewährleistet ist. Es ist deshalb von grosser Wichtigkeit, dass die Carbonatisierungsfront nicht bis zum Stahl vordringt, um Stahlkorrosion zu verhindern. Da die Korrosionsprodukte der Bewehrung ein mehrfaches Volumen gegenüber dem unkorrodierten Stahl einnehmen, üben diese einen Druck auf die Überdekkung aus, wodurch es zu Betonabplatzungen kommen kann. dc CO2 Ca(OH)2 CO2 CaCO3 Abbildung 1.27: Schematische Darstellung der carbonatisierten Zone eines Betonbauteils In einer ersten Abschätzung kann die Carbonatisierungstiefe mit Gleichung (1.2) bestimmt werden. Der Carbonatisierungskoeffizient C ist von unterschiedlichen Materialund Umgebungsfaktoren abhängig: • Art und mengenmässiger Anteil der Bindemittel und der Zusatzstoffe • Porenraum • Güte und Dauer der Nachbehandlung • klimatische Einflüsse dc = C ⋅ t (1.2) dc = Carbonatisierungstiefe C = Carbonatisierungskoeffizient t = Zeit Da das Ca(OH)2, im Gegensatz zum CaCO3, praktisch nicht zur Festigkeit beiträgt, wird durch die Carbonatisierung eine Festigkeitssteigerung (~20%) bewirkt. Diese Festigkeitssteigerung ist wahrscheinlich auf die Volumenvergrösserung (~10%) beim Übergang von Ca(OH)2 in CaCO3 zurückzuführen. 1.5.4 Zementsorten Die heute in der Schweiz gültige Zementklassifikation ist von der Norm SIA 215.002 (Ausgabe 1993) geregelt und basiert auf der europäische Vornorm EVN 197. Die Zementsorten werden nach Zusammensetzung und Festigkeit aufgeteilt. Die in der Tabelle 1.3 angegebenen Werte beziehen sich auf die aufgeführten Haupt- und Nebenbestandteile des Zementes ohne Calciumsulfat (Gips). Die Zemente werden in den Festigkeitsklassen 32.5; 42.5 und 52.5 hergestellt. Diese drei Festigkeitsklassen werden nach der Zementanfangsfestigkeit nochmals unterteilt in normale (ohne Kennbuchstaben) und hohe Anfangsfestigkeit, wobei der Kennbuchstabe R Rapid bedeutet. (Tabelle 1.4) 30 Zement Tabelle 1.3: Zusammensetzung der Zemente gemäss SIA 215.002 Zementart Bezeichnung CEM I Portlandzement II Portlandkompositzement IV V Klinkeranteil Zusatzstoffe Zusatzstoffarten 95 - 100 0 - 65 - 94 6 - 35 5 - 64 36 - 95 45 - 89 20 - 64 Nebenbestandteile Kalkstein (L) oder Hüttensand (S) oder Silicatstaub (D, max.10%) oder Puzzolan (P, Q) oder Flugasche (V, W) oder gebrannter Schiefer (T) 0-5 Hüttensand 0-5 11 - 55 Flugasche (V, W) Puzzolan (P, Q) 0-5 36 - 80 Hüttensand u. Puzzolan 1 Mineralische Bindemittel Hochofenzement Puzzolanzement Kompositzement III Zusammensetzung in Massen-% Tabelle 1.4: Zementfestigkeiten gemäss SIA 215.002 Festigkeitsklasse 1 2 32.5 32.5 R 42.5 42.5 R 52.5 52.5 R Druckfestigkeit1 [N/mm2] Anfangsfestigkeit 2 Tage -10 10 20 20 20 7 Tage 16 ------ 28 Tage Normfestigkeit 32.5 < 52.5 42.5 < 62.5 52.5 -- Kennfarbe der Normbezeichnung gem. Anhang A4 zur Norm SIA 215.0022 CEM I blau CEM I schwarz CEM II/A-L braun CEM I rot Prüfung nach Methode EN 196-1 gemäss Norm SIA 215.001. Für alle übrigen Aufdrucke und andere Zementarten bestehen keine Farbvorschriften. Tabelle 1.5: Beispiele zur Interpretation der Bezeichnungen Zement gemäss Norm SIA 215.002 CEM CEM Zementart I Portlandzement II Portlandkompositzement Art des Zusatzstoffs Zusatzstoff Festigkeitsklasse 42.5 / A enthält 6 - 20% Zusatzstoff - L Zusatzstoff ist Kalkstein 32.5 Weisszement Weisszemente sind C4AF-frei. Sie werden für Sichtbeton-Fassaden verwendet. Da Weisszemente absolut eisenfrei sein sollten, müssen sie in speziellen Mühlen gemahlen werden, denn schon der Abrieb an den Eisenwänden der Klinkerzertrümmerer genügen, um den Weisszement grau zu färben. Tonerdeschmelzzement (TSZ) Ton, der hydraulische Faktor des Portlandzements, besteht zu 65% aus SiO2, der Rest ist Al2O3 und Fe2O3. Die Tonerde (TE, auch Bauxit genannt) besteht dagegen aus 65% Al2O3 (Rest: SiO2 und Fe2O3). Der Schwerpunkt des Tons liegt also beim SiO2, der der Tonerde beim Al2O3. Der aus TSZ hergestellte Zement unterscheidet sich vom normalen Portlandzement. Eigenschaften von Tonerdezement: • Die Endfestigkeit wird schon fast nach einem Tag erreicht (Reaktion ist abgeschlossen). • Die Endfestigkeit nach 28 Tagen ist etwas höher als bei Portlandzement. 31 Zement • Sehr teuer • Er ist in einer feuchten Umgebung nicht stabil, da er sich in eine wasserärmere Phase verwandelt, was einen Festigkeitsabfall zur Folge hat. • kein Korrosionsschutz, da kein Ca(OH)2-Gehalt Hochofenzement (HOZ) Im Hochofenzement finden bis 80% Schlacke (ähnliche Zusammensetzung wie PC) Verwendung. Bei Gebrauch von Hochofenschlacken als Puzzolane ist die Menge von Ca(OH)2 im erhärteten Zementstein geringer als bei Verwendung von reinen Portlandzement. Zusammen mit einem dichteren Gefüge, erhält man bessere Dauerhaftigkeit und tiefere Hydratationswärme. NOTIZEN 32 Definition 2 BETON 2.1 DEFINITION Der Begriff Beton kennzeichnet ein Konglomerat von Zuschlägen, die durch ein Bindemittel verkittet sind. 2 Beton 2.2 ROHSTOFFE ZUR BETONHERSTELLUNG Beton wird aus Wasser, Zement (weniger verbreitet sind andere Bindemittel wie Kalk, Bitumen, Asphalt, Epoxidharze …), Zuschlagstoffen und evtl. Betonzusatzmitteln und -stoffen hergestellt. 2.2.1 Zement In diesem Kapitel wird auf den Zement nicht näher eingegangen (siehe 1.5 Zement p. 19). 2.2.2 Anmachwasser Unter Anmachwasser versteht man die gesamte im Frischbeton enthaltene Wassermenge, die bei der Ermittlung des W/Z-Wertes zu berücksichtigen ist. Das Anmachwasser setzt sich zusammen aus • Zugabewasser • Oberflächenfeuchte der Zuschläge • Wasseranteil der Betonzusatzmittel und -stoffe Das Anmachwasser hat zwei betontechnologische Aufgaben. Es wird einerseits für die Hydratation des Zementes, andererseits für die Herstellung eines plastischen, gut verdichtungsfähigen Betons benötigt. Als Zugabewasser ist das in der Natur vorkommende Wasser geeignet, sofern es nicht erhebliche Mengen an Stoffen enthält, die • das Erhärten des Betons verzögern oder verhindern • unkontrolliert Luftporen einführen und dadurch die Betonfestigkeit mindern • zur Korrosion der Bewehrung führen (z.B. Chloride) 2.2.3 Zuschläge Unter Zuschlägen versteht man in der Regel ein Gemisch aus Sand und Kies unterschiedlicher Korngrösse. Das Gemisch aus Einzelkomponenten bildet das Gerüst des Betons und sollte möglichst hohlraumarm aufgebaut sein. Der Zuschlag beeinflusst die meisten Eigenschaften des Betons, allerdings im allgemeinen nicht so stark, wie nach seinem Volumenanteil angenommen werden könnte. Ein qualitativ guter Zuschlag hat gegenüber dem umgebenden, kittenden Zementstein verschiedene Vorteile: • Kleinere Verformbarkeit: Der Beton sollte einen möglichst hohen E-Modul haben, damit die Verformungen klein sind. Dieser hohe E-Modul kann dadurch erreicht werden, dass viel Zuschlag (hoher E-Modul) und wenig Zement (tiefer E-Modul) verwendet wird. 35 Rohstoffe zur Betonherstellung • Keine Volumenänderung infolge Feuchtigkeit: Das Schwinden des reinen Zementes (2%, sehr hoch) wird damit reduziert, so dass die Risse eher klein sind und schon durch einfache konstruktive Massnahmen praktisch verhindert werden können. • Bessere Beständigkeit • Aufnahme von Hydratationswärme und damit dämpfende Wirkung auf den Abbindeprozess Die Zuschläge sollten folgende Eigenschaften aufweisen: • mech. Eigenschaften: E-Modul > 45000 N/mm2]; Festigkeit bei Hochleistungsbeton > 100 N/mm2] • Porosität: Vermindert die Festigkeit, der Anteil an porösem Zuschlag, sollte deshalb gering sein. • Isotropie: Der Beton sollte in alle Richtungen die gleichen Eigenschaften haben. Glimmer ist z.B. ein gerichtetes Schichtmaterial, dass in der Ebene eine grosse Festigkeit aufweist, senkrecht dazu aber keine Zugfestigkeit hat. • Sauberkeit: Verunreinigte Zuschläge vermindern die Betonqualität; beispielsweise Störung des Abbindeverhaltens, Schwächung der Kontaktzone Zuschlag-Zementstein. Korngrössenverteilung Die Korngrössenverteilung ist zusammen mit der Oberflächenbeschaffenheit, der spezifischen Oberfläche und der Kornform der Einzelkörner massgebend für den Wasserbedarf und deshalb eine der wichtigsten Zuschlagseigenschaften. Der Kornaufbau muss ein hohlraumarmes Korngemisch (hohe Packungsdichte) und eine optimale Verdichtbarkeit gewährleisten. Der Kornaufbau eines Zuschlaggemisches wird durch das Mengenverhältnis der einzelnen Kornfraktionen bestimmt. Durch Aussieben des Gemisches und Aufsummieren der verschiedenen Massen-% wird eine kumulative Darstellung gewonnen, wobei die erhaltene Kurve in dem in Abbildung 2.1 dargestellten Bereich liegen muss (gemäss SIA 162). 22.5 100 Durchgang [Massen-%] 90 76 80 60 45 55 61 30 40 30 40 20 11 20 8 3 0.125 6 0.50 2.0 8.0 31.5 125 Sieböffnung [mm] Abbildung 2.1: Korngrössenverteilung nach SIA 162 Weitere Kriterien für die Wahl einer Korngrössenverteilung stellen die Gleichung (2.1) und (2.2) dar. 36 d P = 100 ⋅ ---D FULLER-Kurve: (2.1) d d P = 50 ⋅ ---- + ---- D D EMPA-Kurve: Rohstoffe zur Betonherstellung (2.2) P = Siebdurchgang zwischen den Korndurchmessern 0 und d [M-%] D = max. Korndurchmesser (Grösstkorn) [mm] d = Korndurchmesser [mm] 100 100 2 Fuller 90 EMPA 80 Beton 71 Siebdurchgang [M-%] 70 60 60 50 50 40 35 30 38 25 24 18 20 13 10 6 0 3 0.13 16 9 10 5 7 0.25 0.5 1 2 4 8 16 32 Sieböffnung [mm] Abbildung 2.2: Siebline für ein Grösstkorn von 32 mm In der Praxis haben sich bürgert: ≤ 0.125 mm ≤ 0.25 mm ≤ 1.0 mm 1 - 4 mm 4 - 32 mm > 32 mm folgende Bezeichnungen für die Korngrössen (ø in mm) eingeMehlkorn (Zement) Feinstsand Feinsand Grobsand Kies Grobkies, Schotter Die Lieferkörnungen sind in der Regel 0/4, 4/8, 8/16, 16/32 [mm]. Bei der Überprüfung der tatsächlichen Kornverteilung stellt man fest, dass die Lieferkörnungen Über- und Unterkorn aufweisen. Dies bedeutet, dass sich kleineres und grösseres Korn als das Angegebene in der Kornfraktion befindet. Bei der Beurteilung der Kornzusammensetzung eines Zuschlaggemisches, insbesondere dem Wasseranspruch, wird die Körnungsziffer k (siehe Körnungsziffer p. 39) herangezogen. Für jedes Sieb kann der Siebrückstand Ri berechnet werden: Ri [%] = 100 - Siebdurchgang [%] (2.3) Je kleiner die Körnungsziffer ist, um so sandreicher ist das Zuschlagsgemisch, je grösser ist der Wasseranspruch und um so höher wird die notwendige Zementleimmenge. 2.2.4 Betonzusatzmittel Betonzusatzmittel sind in Wasser gelöste oder aufgeschlämmte Stoffe, die dem Beton beigemischt werden, um durch chemische und/oder physikalische Wirkung die Eigenschaften des Frisch- oder Festbetons zu verändern. 37 Rohstoffe zur Betonherstellung Man unterscheidet: 2.2.5 • Betonverflüssiger: Er hat drei Wirkungen: Reduktion der Oberflächenspannung des Wassers, Erhöhung der gegenseitigen Abstossung der Zementteilchen und Bildung eines nicht schubsteifen Teilchengerüstes und sorgen so für eine bessere Verarbeitbarkeit. Der Bedarf an Anmachwasser ist niedriger, was zu einer höheren Druckfestigkeit führt. • Luftporenbildner: Erzeugen Mikro-Luftporen im Beton und verbessern so die Frostbeständigkeit. • Verzögerer: Verlangsamen das Erstarren des Zementleims, wodurch der Frischbeton länger verarbeitbar ist. • Beschleuniger: Sorgen für ein schnelleres Erstarren des Betons. • Frostschutzmittel: wasserlösliche Stoffe, die den Gefrierpunkt der wässrigen Lösung erniedrigen. Betonzusatzstoffe Betonzusatzstoffe sind sehr feinkörnige Zusätze, die bestimmte Eigenschaften des Betons beeinflussen. Dies sind vorrangig die Verarbeitbarkeit des Frisch- sowie die Festigkeit und Dichtigkeit des Festbetons. In der Schweiz gebräuchliche Zusatzstoffarten sind: • inerte Zusatzstoffe: Reagieren nicht mit Zement und Wasser und greifen somit nicht in die Hydratation ein. Sie dienen aufgrund ihrer Korngrösse, -zusammensetzung und -form der Verbesserung des Kornaufbaus und der Verarbeitbarkeit. • puzzolanische Zusatzstoffe: Lassen sich in natürliche Puzzolane, wie Trass, und künstliche Puzzolane, wie Silicastaub, einteilen. Sie tragen zur Festigkeitsbildung und auch zu höherer Dichtigkeit des Zementsteins bei. 2.2.6 Betonrezept Wasserzementwert Der Wasserzementwert ist definiert als das Verhältnis des Wassergewichtes (Zugabewasser sowie Eigenfeuchtigkeit der Zuschläge) zum Zementgewicht. Er hat einen grossen Einfluss sowohl auf die Frisch- als auch die Festbetoneigenschaften. Rund 25% des Zementgewichtes werden an Wasser bei der Hydratation des Zementes chemisch gebunden. Weitere 15% werden physikalisch angelagert, so dass bei einem W/Z-Wert von 0.4 rein theoretisch genügend Wasser für eine vollständige Hydratation vorhanden wäre. Es wäre dann erst oberhalb eines Wasserzementwertes von W/Z = 0.4 Überschusswasser (freies Kapillarwasser) vorhanden. In Wirklichkeit kann aber nie eine vollständige Hydratation erreicht werden und es verbleibt immer ein Anteil unhydratisierter Zement im Beton (Abbildung 2.3). Durch das Überschusswasser wird die Verarbeitbarkeit des Frischbetons besser, wobei die Festigkeit abgemindert und das Schwinden des Festbetons erhöht wird. Die Ursache dafür ist das Verdampfen des Überschusswassers, wodurch im Festbeton ein Kapillarporensystem entsteht, welches den Beton röhrenförmig durchzieht. Die Wahl des Wasserzementwertes ist also ein Kompromiss zwischen einer guten Verarbeitbarkeit des Frischbetons und einer guten Festbetongüte (siehe 2.3.2 Eigenschaften von Festbeton p. 43). Grösstkorn und Sieblinie Das Grösstkorn der Korngrössenverteilung muss kleiner als die kleinste Abmessung des Bauteils sein. Durch das Festlegen des Grösstkornes kann die geeignete Siebline ausgewählt werden. In der Abbildung 2.2 ist die Sieblinie für ein Grösstkorn von 32 mm aufgezeichnet. 38 Rohstoffe zur Betonherstellung 100 Luftporen 80 Gelw asse r freies Kapillarwasser Volumen-% unhydratisierter Zement 60 Zementgel 2 40 Beton 20 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1.0 W/Z-Wert Abbildung 2.3: Volumenanteile der einzelnen Komponenten des Zementsteines in Abhängigkeit vom W/Z-Wert (Darstellung abgängig vom Hydratationsgrad) Körnungsziffer Die Feinheit eines Zuschlagsgemisches wird durch die sogenannte Körnungsziffer beschrieben. Die Körnungsziffer k erhält man durch addieren der Prozentzahlen der Rückstände auf den einzelnen Prüfsieben des Siebsatzes Ri und Division der Summe durch 100. ∑ R i i = 1 k = -------------------100 n (2.4) Als Beispiel für die Berechnung der Körnungsziffer ist in Tabelle 2.1 und Abbildung 2.4 die Sieblinie A32 der ENV 206 dargestellt: Tabelle 2.1: Durchgang und Rückstand der Sieblinie A32 Sieböffnung [mm] 0.25 0.5 1 Rückstand Ri [M-%] 98 95 92 Durchgang D [M-%] 2 5 8 2 14 86 4 23 77 8 16 31.5 62 38 0 38 62 100 Summe = 548 Körnungsziffer k = 548:100 = 5.48 Wasseranspruch einer Kornzusammensetzung Da die einzelnen Kornfraktionen unterschiedliche spezifische Oberflächen haben, ist der Wasseranspruch der einzelnen Kornfraktionen unterschiedlich. Mit Hilfe der Sieblinie kann die Körnungsziffer k und somit der Wasseranspruch der Kornzusammensetzung der Betonmischung bestimmt werden. Um eine gute Verarbeitbarkeit zu erreichen wird die Konsistenz des Betons über das Verdichtungsmass nach Walz vorgegeben. In der Abbildung 2.5 ist der Wasseranspruch der Kornzusammensetzung als Funktion des Verdichtungsmasses nach Walz dargestellt. Stoffraumgleichung Die Konsistenz des Frischbetons und die Körnungsziffer k der Kornzusammensetzung ergeben den Wassergehalt [kg Wasser/m3 Frischbeton] der Betonmischung. Durch die Wahl eines Wasserzementwertes W/Z wird die benötigte Zementmenge [kg Zement/m3 Frisch- 39 Rohstoffe zur Betonherstellung 0 100 ENV 206 10 20 80 70 30 D: 62 R: 38 40 60 50 50 D: 38 R: 62 40 30 60 70 D: 23 R: 77 D: 14 R: 86 20 10 D: 2 R: 98 D: 5 R: 95 Siebrückstand R in Gewichts-% Siebdurchgang D in Gewichts-% 90 D: 100 R: 0 A32 80 D: 8 R: 92 90 100 0 0.25 0.5 1 2 4 8 16 32 Sieböffnung in mm Abbildung 2.4: Sieblinie A32 250 Wasseranspruch (kg/m3 ) 230 210 k = 2.5 190 k = 3.0 170 k = 3.5 k = 4.0 k = 4.5 k = 5.0 k = 5.5 k = 6.0 150 130 110 1 1.1 1.2 1.3 1.4 VM - Verdichtungsmass ≤ 1.1 weich 1.11 bis 1.25 plastisch ≥ 1.26 steif Abbildung 2.5: Wasseranspruch der Kornzusammensetzung als Funktion des Verdichtungsmasses nach Walz beton] errechnet. Die noch fehlende Zuschlagsmenge G wird über die Stoffraumgleichung bestimmt: 40 Z W G V f = ------ + ------- + ----- + p ρZ ρW ρg = = = = = ρZ, ρW, ρg = Vf Z W G p Eigenschaften des Betons (2.5) Frischbetonvolumen in m3 Zementgehalt in kg Wassergehalt in kg Zuschlagmenge in kg Porengehalt in m3 Rohdichte von Zement, Wasser und Zuschlag [kg/m3] Der Porengehalt p der Mischung ist von der Verarbeitbarkeit der Mischung abhängig. Bei einer guten Verdichtung beträgt der Luftporengehalt 1 ÷ 2 Vol.-%. 2 Beton 2.3 EIGENSCHAFTEN 2.3.1 Eigenschaften von Frischbeton DES BETONS Die Erhärtung des Betons ist ein sehr wichtiger Prozess, der von verschiedenen Bedingungen beeinflusst werden kann. Eine wichtige Rolle spielt dabei die Temperatur: je höher diese ist, um so schneller läuft die Hydratation ab. Dies bedingt natürlich ein höheres Arbeitstempo, da sonst der Beton bereits vor dem Vibrieren (Verdichten) erstarrt. Der Nachteil ist, dass bei einer schnellen Erhärtung des Betons viel Wärme innerhalb kürzester Zeit freigesetzt wird. Dadurch entsteht ein Wärmestau und somit ein hoher Wärmegradient, der nicht so schnell abgebaut werden kann. Die Folge davon ist die Entstehung von Rissen. Die infolge der Hydratisierung entstehenden Temperaturdifferenzen lassen sich folgendermassen berechnen: ∆Q' ⋅ m Z ∆Q ∆T = ----------------------- = ----------------------------------------------------------------c ⋅ m Beton ( m Z + m G ) ⋅ c ZG + m W ⋅ c W (2.6) ∆Q = Wärmedifferenz (> 0, da Reaktion exotherm) [J] ∆Q' = spezifische Wärme [J/g] c = Wärmekapazität [J/(K·g)] = = = = = mBeton = cZG cW mZ mG mW Wärmekapazität Zement, Zuschläge = 0.88 [J/(K·g)] = 1.0 [cal/kg] Wärmekapazität von Wasser = 4.18 [J/(K·g)] Masse Zement [g] Masse Zuschläge [g] Masse Wasser [g] mZ + mG + mW [g] ∆Q' hängt sehr stark von der Zementzusammensetzung ab. Die Tabelle 2.2 stellt die verschiedenen Hydratationswärmen je nach Zementtyp dar. Die Hydratationswärme bewirkt im Inneren des Betons eine Erwärmung von 20 ÷ 40 °C, was ausreichen kann um thermisch bedingte Risse zu verursachen. Experiment: Messstelle 3 in der Abbildung 2.6 liegt im bereits erhärteten Beton, was bedeutet, dass die Temperatur langsam ansteigt. Messstelle 2 liegt am Rand des Betons, also wird hier eine schnelle Abkühlung gemessen; der Beton zieht sich demzufolge zusammen, und es entstehen Spannungen. 41 Eigenschaften des Betons Tabelle 2.2: Vergleich der Hydratationswärme von verschiedenen Zementen (nach DIN 1164 Teil 8) Hydratationswärme verschiedener Zemente [J/g] Alter Alter: Zemente mit hoher Hydratationswärme übliche Zemente Zemente mit niedriger Hydratationswärme1 1d 3d 7d 28 d 210…270 290…350 340…380 370…420 60…170 120…250 140…290 210…380 120…210 210…340 270…380 bei vollständiger Hydratation 290…420 bis 525 bis 490 bis 460 Grenzwerte für Zemente mit niedriger Hydratationswärme [J/g] Zementbezeichnung NW low heat PC Typ II; IIA Typ IV Zementnorm DIN 1164 Britische Norm BS 1370-79 US-Norm ASTM C 150-78 -- -- -- 270 -- --- -- 250 --- -- 290 290 250 -- -290 --- 1Vorzugsweise Hüttenzemente mit hohem Hüttensandgehalt und Portlandzemente mit wenig oder keinem C A 3 1m ∆T [°C] Schalenriss adiabatisch 40 1 1 2 Spannungen + - 3 2 3 Spaltriss s 7 [Tage] Fundament Abbildung 2.6: Betonbauteil auf einem Fundament und Temperaturdifferenz ∆T in Abhängigkeit der Zeit und der Messstelle ε = α th ⋅ ∆T σ th = E ⋅ α th ⋅ ∆T (2.7) (2.8) Diese am Betonrand vorkommenden Spannungen sind häufig grösser als die Zugfestigkeit des noch jungen Betons, und somit enstehen sogenannte Schalenrisse. Sobald der Kern abgekühlt ist (∆T = 0) schliessen sich diese Risse wieder. Trotzdem werden sie immer eine Schwachstelle des Betons bilden. Das Bauteil zieht sich sowohl vertikal als auch horizontal zusammen. Da das Fundament die horizontalen Bewegungen verhindert, entstehen sogenannte Spaltrisse (z.B. bei Pfeilern). Es gilt: • Schalenrisse : • Spaltrisse : Entstehen nur an der Schale, schliessen sich wieder, sind aber ständige Schwachstellen. Schliessen sich nicht mehr. Bei Bauteilen mit Abmessungen bis ca. 30 cm kann die Hydratationswärme vernachlässigt werden, bei grösseren Abmessungen muss sie jedoch berücksichtigt werden. 42 Verhinderung von thermischen Rissen Um Risse zu vermeiden, soll der Temperaturgradient so tief wie möglich gehalten werden. • Zement: Einsatz von Zement mit niedriger Hydratationswärme oder geringer Dosierung • Kühlen: Dem Frischbeton wird laufend Eis (Eischips) hinzugefügt. Es wird nur soviel Eis beigemischt, dass es bis zum Einbringen des Betons ganz geschmolzen ist, wobei die Schmelzwärme des Eises den Beton abkühlt (auf den W/Z-Wert achten!). • Sandkastenmethode: Durch Isolation der Aussenwände wird ein kleiner Wärmegradient verursacht. Wichtig ist bei dieser Methode die Ausschalungszeit; oft erfolgt die Ausschalung zu früh, so dass eine schlagartige Änderung der Temperatur stattfindet. Eigenschaften des Betons 2 Beton Nachbehandlungen Unter Nachbehandlung versteht man alle Massnahmen, die dazu geeignet sind, den frisch verarbeiteten und jungen Beton bis zur Erreichung einer ausreichender Festigkeit zu schützen. Die Nachbehandlung hat den Zweck, den jungen Beton speziell vor Wasserverlust und schädlichen Einwirkungen zu schützen. Druckfestigkeit allein garantiert keine Dauerhaftigkeit, denn der Beton muss auch dicht sein. Speziell im oberflächennahen Bereich ist ein Zementstein mit hoher Dichtigkeit und einer möglichst geringen Porosität sehr wichtig. Dies ergibt einen erhöhten Widerstand gegen die Carbonatisierung und weitere Einflüsse. Die Nachbehandlung soll schützen vor: • Vorzeitigem Austrocknen durch Wind, Sonne und trockene Kälte, was Risse, geringe Festigkeit, geringe Dichtigkeit und Dauerhaftigkeit zur Folge haben könnte. Belassen der Schalung, Abdecken mit Folien oder Aufbringen flüssiger Nachbehandlungsmittel sind mögliche Schutzmassnahmen. • extremen Temperaturen und raschen Temperaturwechseln • Niederschlägen • Schwingungen, Erschütterungen und anderen mechanischen Beanspruchungen (z.B. Verkehr) • vorzeitigen Einwirkungen durch Fremdstoffe 2.3.2 Eigenschaften von Festbeton Porosität Die Porosität beeinflusst weitgehend die mechanischen Eigenschaften und die Dauerhaftigkeit des Betons. Die Haupteinflüsse auf die Porosität sind der W/Z-Wert, je mehr Wasser desto höher wird die Porosität und das Schwinden (siehe 1.5.3 Eigenschaften des Zements). Wasserdichtigkeit und Frostbeständigkeit Beim üblichen Beton spielen sich diese Vorgänge im wesentlichen im Zementstein ab, da im allgemeinen Zuschläge mit sehr geringer Porosität verwendet werden. Für die Wasserdichtigkeit sind Volumen, Art und Verteilung der Poren, besonders der Kapillar- (Grob-) poren, von grösstem Einfluss. Da der Zement bei der Hydratation insgesamt rund 40 Massen-% Wasser chemisch und in den nur wenige Wassermoleküle grossen Gelporen physikalisch bindet, ist Zementstein und damit auch Beton mit W/Z ≤ 0.4 wasserdicht, während bei grösseren W/Z-Werten ein Kapillarporensystem entsteht, dass aber erst ab W/Z = 0.6 zusammenhängend ist und eine ausgeprägte Wasserdurchlässigkeit ergibt. Zunächst sei festgestellt, dass nicht alle Poren wasserdurchlässig sind. Die Gelporen, wie sie durch Austrocknung von Gelen entstehen, haben einen Durchmesser von ca. 2 nm. Das darin vorhandene Wasser mit einer extrem dünnen Schichtdicke wird von der Oberfläche 43 Eigenschaften des Betons der Gelporen festgehalten, so dass die Gelporen keine Wasserdurchströmung zulassen (pseudofestes Wasser). Die durch Überschusswasser entstehenden Kapillarporen sind im Vergleich zu den Gelporen viel grösser; ihr Durchmesser kann mehrere mm erreichen und ist also rund 1000 mal grösser als jener der Gelporen. Das darin befindliche Wasser (siehe Abbildung 2.7) ist deshalb beweglich, wodurch es möglich ist, dass Kapillarporen von Wasser durchströmt werden und somit der Grund für die Wasserdurchlässigkeit von Beton sind. 20 µm Abbildung 2.7: a) b) c) d) mit Wasser gefüllte Kapillarporen CSH-Gel unhydratisierter PC Calciumhydroxid Ca(OH)2 Erhärtungsphasen: a) unmittelbar nach dem Mischen b) nach 7 Tagen, Zementteilchen werden kleiner c) nach 28 Tagen, Wasseranteil immer geringer, immer mehr CSH d) nach 90 Tagen Wenn man sich vergegenwärtigt, dass auch erhärteter Beton je nach W/Z-Wert mehr oder weniger grosse Mengen Wasser enthält, dann müsste dieser bei Einwirkung von Frost und damit verbundener Ausdehnung des entstehenden Eises stark frostgefährdet sein. Dass dies in der Praxis nur in seltenen Fällen zutrifft, ergibt sich als Folge einiger günstiger Umstände: • Der Beton gibt durch Austrocknung den grössten Teil des überschüssigen Wassers ab, wodurch Porenräume entstehen, in welche sich das restliche Wasser beim Gefrieren ausdehnen kann. Frostschäden an erhärtetem Beton treten deshalb vorwiegend bei wassergesättigtem Beton auf, wozu im allgemeinen auch der Strassenbeton gehört. • Das in den Hydraten (CSH) chemisch gebundene Wasser ist, da im Kristallgitter eingebaut, nicht gefrierbar. • Das in den Gelporen (feinen Poren) und Kapillarporen (groben Poren) befindliche Wasser zeigt unterschiedliches Verhalten, da der Gefrierpunkt des Wassers wegen der in den Poren wirksamen Oberflächenkräfte herabgesetzt wird, und zwar um so mehr, je feiner die Poren sind. Der Durchmesser der Gelporen ist so gering, dass das darin enthaltene Wasser praktisch nicht gefriert. Nur das in den Kapillarporen enthaltene Wasser ist gefrierbar, wobei sein Gefrierpunkt ebenfalls von dem sehr verschiedenen Durchmesser der Kapillarporen abhängt. Deshalb gibt es keine bestimmte Gefriertemperatur des Wassers im Beton, sondern es gefriert stufenweise über einen Temperaturbereich von 0 bis -20 °C. Beim Wiedererwärmen von gefrorenem Beton geht die Ausdehnung wieder zurück, jedoch nicht ganz, sondern nur bis auf etwa 1/3. Diese verbleibende Dehnung kann man als irreversible Dehnung bezeichnen. Sie wird verursacht durch eine geringe Gefügelocke- 44 rung. Bei wiederholtem Gefrieren tritt erneut Ausdehnung ein, die als Summe von verbleibender und neuer Ausdehnung grösser ist und nach Erwärmung eine vergrösserte irreversible Dehnung ergibt. Hierin liegt die Erklärung für die Tatsache, dass einmaliges bzw. seltenes Gefrieren von feuchtem Beton meist unschädlich ist, dass häufiger Frost-Tau-Wechsel jedoch starke bis völlige Gefügezerstörung des Betons bewirken kann. Diese Gefahr ist um so grösser, je höher der Volumenanteil an Kapillarporen ist. Der Grund dafür liegt darin, dass, je grösser der Kapillarporengehalt, desto grösser die Menge gefrierbaren Wassers und damit auch die Frostdehnung ist, so dass in letzterem Fall weniger Frostwechsel genügen, um den Beton zu schädigen. Da bei wassergesättigtem Beton der Kapillarporengehalt identisch mit dem nicht gebundenen gefrierbaren Überschusswasser ist, ist der Volumenanteil an Kapillarporen um so grösser, je höher der W/Z-Wert ist. Vereinfacht kann man deshalb sagen, dass ein Beton um so frostbeständiger ist, je niedriger sein W/Z-Wert ist. 2 Beton Festigkeit Eine Erhöhung des W/Z-Wertes führt zu einer Steigerung der Porosität und einer entsprechenden Erniedrigung des E-Moduls und der Festigkeit. Schon eine kleine Zunahme des Porenvolumens vermindert die Festigkeit beträchtlich. Eigenschaften des Betons 70 1 Betondruckfestigkeit fcw,28 [N/mm2] 60 2 50 1 Beton mit CEM I 52.5 3 2 Beton mit CEM I 42.5 40 3 Beton mit CEM I 32.5 30 20 10 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.8 0.9 1.0 W/Z [-] Abbildung 2.8: Einfluss der Zementart und des W/Z-Wertes auf die Festigkeit Je geringer der W/Z-Wert ist, um so schneller wird eine hohe Festigkeit erreicht. Die zeitliche Entwicklung der Festigkeit kann mit der Formel (Abschnitt 2.9) auch empirisch ermittelt werden. 45 Eigenschaften des Betons f c = f c ⋅ (1 – e ∞ a⋅R fc = Druckfestigkeit [N/mm2] ) (2.9) f c∞ = Druckfestigkeit nach unendlich langer Zeit [N/mm2] a = f (Material), Beton: a = -0.002 R = Reifegrad R = ( T + 10 ) ⋅ t oder allgemein R = n ∑ ( T i + 10 ) ⋅ ∆t i i=1 (2.10) 60 50 40 30 28 Tage Betondruckfestigkeit fcw,28 [N/mm2] T = Temperatur [°C] t = Hydratationsdauer [Tage] Standartwert = R(T = 20 °C; t = 28 Tage) = 840 20 10 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 110 120 130 140 Betonalter [d] Abbildung 2.9: Entwicklung der Festigkeit für fc ∞= 60 N/mm2, a = -0.002, T = 20 °C 2.3.3 Zeitabhängige Eigenschaften Kriechen Unter Kriechen versteht man die unter Dauerlast erfolgende Verformung. Das Ausmass des Kriechens hängt mit dem Wassergehalt des Betons zusammen, wobei die Kriechzahl mit abnehmender Feuchtigkeit zunimmt. Die Kriechneigung ist auch abhängig von der Art des verwendeten Zementes; im allgemeinen ist das Kriechen um so grösser, je geringer die bei Belastungsbeginn erreichte Festigkeit ist. Die Verformung des Betons unter der Einwirkung äusserer Kräfte ist nicht völlig reversibel, sondern es findet auch eine bleibende Formänderung statt. Schwinden Da das Schwinden des Betons durch das Schwinden des Zementsteins (siehe 1.5.3 Eigenschaften des Zements p. 25) entsteht, hängt das Schwindmass massgeblich vom Zementsteingehalt ab. Normalzuschlag schwindet im allgemeinen nicht und behindert dadurch das Schwinden des Zementsteins. Durch den unterschiedlichen E-Modul von Zuschlagkorn und Zementstein treten dabei innere Schwindzugspannungen auf, die von der Dicke der Zementsteinschicht und auch von der Korngrösse abhängen, und bei schlechter Haftscherfestigkeit zu Mikrorissen in der Grenzfläche Zuschlagkorn-Zementstein und bei hoher Rissneigung des Zementes auch zu Rissen im Zementstein führen können. Diese Risse verringern mit zunehmendem Alter des Betons die Druck- und Zugfestigkeit. 46 Eigenschaften des Betons 1.4 W/Z = 0.7 0.6 0.5 Schwindmass εS [‰] 1.2 0.4 1.0 0.8 Baustellenbereich 0.6 0.3 0.4 2 0.2 0 200 300 400 500 600 3 Beton Zementgehalt [kg/m ] Abbildung 2.10: Schwinden von Beton in Abhängigkeit des Zementgehaltes und des W/Z-Wertes Dauerhaftigkeit von Beton Die Dauerhaftigkeit von Beton wird (neben dem Eindringen von Wasser, (siehe 2.3.2 Eigenschaften von Festbeton p. 43)) vor allem von drei Korrosionsprozessen beeinflusst: • Carbonatisierung: (siehe 1.5.3 Eigenschaften des Zements p. 25) • Sulfattreiben: Bildung von Ettringit, (siehe 1.5.2 Hydratation des Zementes p. 22) • Chlorid-Angriff: Chloridionen sind z.B. in Tausalzen (NaCl, MgCl2 oder CaCl2) oder im Meerwasser enthalten. Sie kommen vor allem mit dem Sockelbereich von Gebäuden in Kontakt. Die Geschwindigkeit des Eindringens von Chloridionen hängt ausser von der Konzentration der anstehenden Lösung auch von der Dichtigkeit des Betons ab. Chloridionen heben unabhängig von der Carbonatisierung die Passivierung des Bewehrungsstahls auf. Ein Verdacht auf Anwesenheit von Chloridionen besteht immer dann, wenn trotz geringer Carbonatisierungstiefe Korrosionsschäden an der Bewehrung auftreten. NOTIZEN 47