Erkrankungen der Speicheldrüsen - Park

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Klinische Medizin
eBook
Prof. Dr. Hans Behrbohm
ARTIKELSAMMLUNG
zum Thema
„Speicheldrüsen“
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eBook
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Prof. Dr. Hans Behrbohm
_ Chefarzt der Abteilung für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde und Plastische Operationen an der Park-Klinik Weißensee, einem
akademischen Lehrkrankenhaus der Charité (www.park-klinik.com)
_ Zugleich Niederlassung am Kurfürstendamm 61 (www.ku61.de)
_ Besondere Tätigkeitsschwerpunkte: plastische, rekonstruktive und ästhetische Gesichtschirurgie, funktionell-ästhetische
Chirurgie der Nase, endoskopische Mikrochirurgie der Nasennebenhöhlen und der Schädelbasis, Entwicklung des Konzepts
der Biostatischen Chirurgie der Nase (www.ku61.de/nase_sanft.pdf)
_ Publikationen: 3 Lehrbücher im Thieme-Verlag, Stuttgart, New York, zahlreiche Monografien und über 100 wissenschaftliche
Originalarbeiten (www.thieme.de)
_ Gründungs- und Vorstandsmitglied des Privat-Instituts für Medizinische Weiterbildung und Entwicklungen Berlin e.V.
(www.imwe-berlin.de)
_ Auszeichnungen: Humboldt-Preis der Humboldt-Universität zu Berlin, First Prize Award der British Medical Association,
Medal of the All India Rhinologic Society
_ Gesellschaften: Norddeutsche Gesellschaft für Otorhinolaryngologie und zervikofaziale Chirurgie (Präsident 2001/2002),
European Academy of Facial Plastic Surgery, American Academy of Facial Plastic and Reconstructive Surgery, Deutsche
Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Kopf- und Halschirurgie, Internationale Gesellschaft für ästhetische Medizin
Verlag:
OEMUS MEDIA AG
Holbeinstraße 29
04229 Leipzig
Projektbetreuung:
Heike Isbaner
Satz/Layout:
Dipl.-Des. Jasmin Hilmer
© Prof. Dr. Hans Behrbohm/OEMUS MEDIA AG
Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigung, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages und/oder des Autors.
Artikelreihe zum Thema „Speicheldrüsen“
© YorkBerlin
Erkrankungen der Speicheldrüsen – ein Buch mit 7 Siegeln?
Teil I – Medizin zwischen Befunden und Symptomen
_Prof. Dr. Hans Behrbohm
Erkrankungen der Speicheldrüsen – die Tumoren
Teil II – Diagnostik und Chirurgie mit dem 7. Sinn
_Prof. Dr. med. Hans Behrbohm, Dr. med. Heiko Birke,
Dr. med. Gabriele Behrbohm
Erkrankungen der Speicheldrüsen
Teil III – Chirurgie des gelähmten Gesichtes
_Prof. Dr. med. Hans Behrbohm
Erkrankungen der Speicheldrüsen
Teil IV – Hints & Tricks
_Prof. Dr. Hans Behrbohm
Artikelreihe zum Thema „Speicheldrüsen“
Erkrankungen der Speicheldrüsen – ein Buch mit 7 Siegeln?
Teil I – Medizin zwischen Befunden und Symptomen
Autor_Prof. Dr. Hans Behrbohm
_Die Diagnostik von Erkrankungen der großen
Speicheldrüsen ist ein spezielles Feld in der HNO,
welches dem Arzt zuweilen eine „harte Nuss“ zu
knacken gibt. Einerseits begegnen uns die Speicheldrüsenerkrankungen per se, z. B. in Form von lokalen Veränderungen wie Entzündungen, Tumoren
oder Zysten, andererseits sind Speicheldrüsen ein
empfindlicher Indikator für eine Reihe verschiedener Veränderungen und Erkrankungen des Gesamtorganismus.
Die Steuerung der Speichelsekretion und des Funktionszustandes des Parenchyms erfolgt über das
vegetative Nervensystem. Je nach Überwiegen einer adrenergen oder cholinergen Stimulation der
Azinuszellen werden mehr Proteine bzw. Elektrolyte
und Wasser sezerniert. Bei der Sialadenose beispielsweise führt eine überwiegend adrenerge Stimulation durch eine verlängerte Lagerungsphase
der Sekretgranula zur Schwellung der Azinuszellen
und damit zu einer weichen, meist indolenten
Schwellung der Ohrspeicheldrüse.
Abb. 1_ Die großen Kopfspeicheldrüsen. 1 Glandula parotis, 2 akzessorische Drüse, 3 Stenon-Gang,
4 Glandula submandibularis,
5 Proc. uncinatus, 6 Wharton-Gang,
7 Glandula sublingualis, 8 Caruncula
sublingualis,
A: M. masseter, B: M.buccinator,
C: M. mylohyoideus
Abb. 2_ Hämangiom der Parotisregion links bei einem Säugling.
Abb. 3_ Technik der bimanuellen Palpation der Speicheldrüsen. Beispiel
Gl. submandibularis et sublingualis.
Abb. 1
Abb. 2
Artikelreihe zum Thema „Speicheldrüsen“
Leitsymptome der Speicheldrüsenerkrankungen
sind die ein- oder doppelseitige Schwellung,
Schmerzen und Veränderungen des Speichels.
Der Ausgangspunkt jeder Speicheldrüsendiagnostik
ist eine gezielte Anamnese, die das Ziel hat, Zusammenhänge mit endokrinen Funktionsstörungen,
Immunerkrankungen oder Arzneimitteln aufzuklären.
Die Anamnese ist bei Erkrankungen der Speicheldrüsen wegweisend. Hier ergeben sich bereits die Hinweise darüber, ob eine Speicheldrüsenerkrankung
per se oder eine symptomatische Mitbeteiligung im
Rahmen einer Stoffwechselerkrankung, z.B. bei einem Diabetes mellitus, einer rheumatischen Erkrankung, einem Eiweißmangel, einer Medikamentennebenwirkung oder z.B. bei eine Bulämie vorliegt.
Schwellungen der Speicheldrüsen in Kombination
mit Gelenkbeschwerden weisen auf ein SjögrenSyndrom hin. Fieber und Schmerzen sind Zeichen
akuter Entzündungen. Zudem gibt es ein Prädilektionsalter für verschiedene Erkrankungen der Speicheldrüsen (Abb. 2):
Abb. 3
Abb. 4_ Pleomorphes Adenom
der Gl.parotis rechts bei einer
69-jährigen Patientin.
Abb. 5_ Zyste der Gl. parotis bei einer
24-jährigen Patientin.
_ Neugeborene: Lymph- oder Hämangiome
_ Schulalter: Mumps, akut-rezidivierende Parotitis
_ Mittleres Lebensalter: Adenome, benigne und
maligne Tumoren, Sialadenosen
_ Höheres Lebensalter: steigender Anteil von Malignomen
_Anamnese
_ Schwellungen: wann, wie oft, nach dem Essen?
_ Mundtrockenheit: seit wann, wechselnd?
_ Andere (systemische) Erkrankungen: z.B. Rheuma,
Gelenk- und Augenerkrankungen?
_ Arzneimittel: Alkohol, Kontrazeptiva, Antihypertensiva, Sympatho- und Parasympatholytika
bzw. Parasympathomimetika, ␤-Rezeptorenblocker, Psychopharmaka, Kardiaka
_Basisdiagnostik
Bei dem Verdacht auf eine Speicheldrüsenerkrankung sollte der Arzt eine genaue Inspektion und Palpation durchführen und sich dabei die Fragen stellen:
_ Bestehen allgemeine Entzündungszeichen (Rubor,
Dolor, Tumor, Calor)?
_ Besteht eine einseitige, beidseitige, diffuse, umgrenzte, schmerzhafte, weiche, harte, verschiebliche, nicht verschiebliche Schwellung?
_ Sind vergrößerte Lymphknoten zu tasten?
Inspektion und Palpation haben im Seitenvergleich
stattzufinden. Bei der Palpation ist bimanuell vorzugehen.
Die Palpation ist deshalb so wichtig, weil etliche Erkrankungen einen charakteristischen Tastbefund
bieten. So findet sich z. B. bei der Sialadenose eine diffuse, weiche Schwellung der gesamten Drüse. Für das
pleomorphe Adenom z. B. ist die indolente, derbe umschriebene Schwellung mit höckriger Oberfläche
charakteristisch.
Das Zystadenolymphom bietet im Gegensatz dazu
einen weicheren, manchmal zystischen Widerstand
bei der Palpation. Mit einiger Erfahrung ist eine genaue, bimanuale Palpation mit entspannten Halsfaszien, d.h. zum Untersucher gebeugten Kopf, nach
Abb. 6a
Abb. 6b
Abb. 4
Abb. 5
eigenen Erfahrungen kaum ungenauer als die Sonografie (Abb. 3).
_Leitsymptome
Die genannten Leitsymptome weisen auf eine
Speicheldrüsenerkrankung hin. Aus ihnen lässt
sich jedoch nur bedingt auf deren Ursache
schließen.
Schwellung:
_ einseitig (z.B. Tumor) oder doppelseitig
(z. B. Systemerkrankung)?
_ ganze Drüse (z.B. Sialadenose) oder Anteile
geschwollen (z. B. Mischtumor)?
_ Wachstumsgeschwindigkeit?
schnell (z.B. maligner Tumor) oder
langsam (z. B. benigner Tumor, aber auch
adenoid-zystisches Karzinom)
Schmerz:
_ meist bei akuten, chronisch-rezidivierenden
Entzündungen, weniger bei Tumoren, Heerfordt-Syndrom, Sialadenosen und Tumoren
Speichel:
_ klar
_ trüb (Sialadenitis)
_ eitrig (akute Entzündung)
_ flockig, milchig (chronisch-rezidivierende Entzündung)
Abb. 7
Artikelreihe zum Thema „Speicheldrüsen“
Abb. 6a_ Sialadenose bei einer
31-jährigen Patientin mit Bulämie.
Abb. 6b_ Pathomechanismus der
Gl. parotis bei adrenerger Stimulation.
1 Start der Speichelsynthese und
Bildung von endoplasmatischem
Reticulum, 2 und 3 Proliferation und
Einlagerung der Sekretgranula,
4 „Aufblähen“ der Azinuszelle durch
vermehrte Einlagerung von Sekretgranula bei verminderter Proteinsynthese, 5 Ende der Stimulation.
Abb. 7_ Chronische non-obstruktive
Sialadenitis der Gl. parotis rechts mit
dem Bild des „blühenden Apfelbäumchens“.
Abb. 8
Abb. 8_ Funktionsszintigrafie der
Speicheldrüsen. Hyposalivation in der
rechten Gl. parotis bei chronischer
non-obstruktiver Entzündung.
Abb. 9a_ Sialendoskopie mit Extraktion eines Speichelsteins mit dem
„wire basket“ (Bild: F. Marchal) aus*.
Abb. 9b_ Karl Storz-Instrumentarium
für die Sialendoskopie.
Abb. 9a
Abb. 9b
Xerostomie:
_ Hyposialie bei Störungen des autonomen Nervensystems, Autoimmunerkrankungen,
_ Dehydratation, Medikamentennebenwirkungen
Fazialisparese:
_ Malignome, auch beim Heerfordt-Syndrom
Ergibt sich aus der Palpation der Verdacht auf eine
Tumorerkrankung, sollten ergänzend zur B-ScanSonografie weitere bildgebende Diagnostik erfolgen
(Abb. 4 bis 6b).
_Bildgebende Diagnostik
Sonografie
Die B-Scan-Sonografie ist wegen ihrer einfachen
Anwendung, geringen Kosten und guten differenzialdiagnostischen Ausbeute die Methode der ersten
Wahl. Die Qualität der Untersuchung hängt allerdings sehr von der Erfahrung des Untersuchers ab. Es
werden Größe und Form der Drüse bzw. der intraglandulären Raumforderung, scharfe oder unscharfe Begrenzung, ihr Reflexverhalten, z.B. echoreich, echoarm, echoleer, und die Textur der Binnenechos z.B. homogen oder irregulär, bewertet. Aussagen zur Dignität sind dennoch vage und müssen bei
Malignitätsverdacht durch eine Feinnadelaspirationszytologie geklärt werden. Deren Aussagefähigkeit ist an eine dauerhafte Kooperation mit einem
erfahrenen Zytologen/Pathologen gebunden.
Feinnadelaspirationszytologie (FNAZ)
Die FNAZ dient der histologischen Diagnosesicherung bei unklarer Dignität und besitzt eine hohe Sensibilität und Spezifität. Es besteht keine Gefahr der
Fazialisschädigung oder der Tumoraussaat (im
Gegensatz zur Stanzbiopsie). Die FNAZ erfolgt sonografisch gestützt.
CT und MRT
Als weiterführende Untersuchung, besonders bei Tumorverdacht, kommen beide Verfahren in Betracht.
Mit der CT können vor allem Tumoren aus Lymph-
Artikelreihe zum Thema „Speicheldrüsen“
knotenstationen adäquat dargestellt werden. Wichtig ist die Differenzierung zwischen benignen und
malignen Tumoren. Unscharfe Begrenzung, infiltratives Wachstum und die Anreicherung des Kontrastmittels (Enhancement) sind Zeichen für Malignität.
Die MRT ist hinsichtlich des Weichteilkontrastes allen
anderen bildgebenden Verfahren überlegen. Der Vorteil zeigt sich besonders bei speziellen Fragestellungen, z.B. der Differenzierung unterschiedlicher Tumorentitäten, Differenzierung zwischen Narbengewebe, radiogener Fibrose oder Tumorrezidiv. Benigne
Tumoren, z.B. Adenome, kommen in der T1-Wichtung
glatt begrenzt und hypodens zur Darstellung. Flüssigkeit, z.B. Zysten, besitzen ein hohes Signal in der T2Wichtung. Es ist möglich, Tumorgewebe von Begleitödemen zu differenzieren und sogar vitale von nekrotischen Tumorkomponenten abzugrenzen. Kriterien
der Malignität sind auch hier unscharfe Tumorrandkonturen, infiltratives Wachstum und inhomogenes
Kontrastmittel-Enhancement.
Sialografie
Bei der Sialografie wird das Ausführungsgangsystem
der großen Speicheldrüsen mit ca. 1,5 ml eines
Kontrastmittels aufgefüllt und danach Röntgenaufnahmen angefertigt. Im dargestellten Bild des Gangsystems können Zeichen der Obstruktion, z.B. durch
Speichelsteine, Gangektasien, chronische Entzündungen, gut- oder bösartige Tumore, gefunden werden.
Schwerpunkt sind entzündliche Erkrankungen der
Speicheldrüsen. Die Sialografie kann den morphologischen Zustand des Ausführungsgangsystems bzw.
der entzündlich veränderten Azinuszellen bildgebend
darstellen. Sie ist kontraindiziert bei akuter Entzündung. Die Sialografie ist heute eine fast schon vergessene Untersuchungsmethode. Nach eigener Erfahrung zu Unrecht. Typisch sialografisch zu differenzierende Krankheitsbilder sind die chronisch-rezidivierende Parotitis mit dem Bild des belaubten Baumes
(non-obstruktive Sialadenitis) durch entzündliche
Veränderungen der Azini und Drüsenendstücke, Ektasien der Drüsengänge (obstruktive Sialadenitis)
sowie das Sjögren-Syndrom mit dem Bild des beraureiften und entlaubten Baumes aufgrund von Gangrarefizierungen und Parenchymatrophien (Abb. 7).
Abb. 10a
Abb. 10b
Abb. 10c
Die Sialografie wird auch als MR-Sialografie ohne
Injektion von Kontrastmittel durchgeführt. So sind
exakte Aussagen zum Ausführungsgangsystem, insbesondere bei den verschiedenen Formen chronischer Entzündungen, mit recht unterschiedlichen
therapeutischen Konsequenzen möglich.
Szintigrafie
Das Radioisotop (Tc99) wird in das Drüsenparenchym aufgenommen und über das Ausführungsgangsystem ausgeschieden. Durch die Erstellung
von Zeitaktivitätskurven über verschiedenen „Regions of interest“ kann die Sekretionsleistung absolut und im Seitenvergleich bestimmt werden.
Eine verzögerte Ausscheidung findet sich z.B. bei
chronischer Sialadenitis und Sialadenose (Abb. 8).
_Funktionsdiagnostik
Sialometrie
Die Sialometrie dient der Beurteilung des Funktionszustandes des Drüsenparenchyms. Es kann rasch zwischen einer Asialie, Hypo- oder Normosialie differenziert werden. Mithilfe von dünnen Silikonkathedern
können die Ausführungsgänge der Drüsen sondiert
werden, um Speichel vor und nach einer Stimulation,
z.B. mit Zitronensäure, zu gewinnen. Der Speichel
kann chemisch, mikrobiologisch, immunologisch und
genetisch untersucht werden.
Abb. 10a_ Sjögren-Syndrom bei einer
68-jährigen Patientin mit Schwellung
der Gl. parotis rechts.
Abb. 10b_ Deutliche Deformierungen
der Fingergelenke bei der gleichen
Patientin.
Abb. 10c_ Durchsetzung des
Parenchyms mit myoepithelialen
Inseln und Rundzell-Infiltraten,
HE-Färbung. 100-fache Vergrößerung.
Positronen-Emissions-Tomografie
Die PET ist ein Verfahren mit relativ hoher Sensibilität zur Detektion von Läsionen mit pathologisch
gesteigertem Stoffwechsel. Sie erfolgt kombiniert
mit einem morphologiebasierten Schnittbildverfahren, derzeit der CT. Es handelt sich um ein funktionelles Verfahren zur Detektion von malignen
Tumoren, Metastasen und zur Differenzierung
von Narbengeweben und Rezidiven.
Speicheldrüsenerkrankungen
nicht entzündlich
ã
ã
ã ã
ã
(bakteriell)
• chron. rez. Parotitis
ã
• Sialadentis
Sialadenosen
Systemerkrankung
ã
• Mumps (viral)
chronische
Zysten
• endokrin
• Immunsialadenitis
• neurogen
• Sjögren
• hormonell
• epitheloidzell. P.
• Speichelgangzysten
• metabolisch
• Heerford
• Mukozelen der
obstruktiv non-obstruktiv • medikamentös
• dysgenetisch
(Ranula)
ã
akute
tumorös
ã
entzündlich
benigne
maligne
• Adenome
– pleomorph
– monomorph
• – Zystaden-
Melkerson-
kleinen Speichel-
olymphome
Rosenthal
drüsen
(Whartin)
• Mikulicz
• Retentionszysten
• Sarkoidose
• lymphoepitheliale
Zysten (HIV)
Artikelreihe zum Thema „Speicheldrüsen“
• Karzinome
– maligne Lymphome
– Non Hodgkin
• – Malt
• – Metastasen
_Info
face
Speicheldrüsen sind exokrine Drüsen, die den Speichel (Saliva) bilden. Unterschieden werden die großen
paarigen Kopfspeicheldrüsen (Glandula parotis, submandibularis, sublingualis)
von den ca. 1.000 kleinen
solitären Speicheldrüsen
in der Mund-, Pharynx-,
Gaumen- und Lippenschleimhaut.
Die Methode basiert auf der gesteigerten Glykolyse
und der vermehrten Expression von Glukosetransportern in pathologischem Gewebe. Das meist
verwendete Nuklid ist das radioaktive Isotop des
Fluor (18F, Fluordesoxyglukose).
_Zwei häufige Erkrankungen
Sialolithiasis
Die Sialolithiasis findet sich weitaus häufiger in der
Glandula submandibularis (seromuköse Drüse –
80 % –) als in der Glandula parotis (seröse Drüse).
Ätiologisch wird die Steinbildung durch Dyschilie,
Viskositäts- und pH-Veränderungen und die damit
veränderte Löslichkeit für Kalziumphosphatverbindungen sowie die Bildung von Kalzium und Muzinkomplexen erklärt. Typisch ist der Kolikschmerz,
postprandial und die nach gustatorischer Reizung
auftretende Drüsenschwellung (Abb. 9a und b).
Als Therapie wurden die Laserlithotripsie und die
extra-korporale Stoßwellenlithotripsie heute weitgehend von der eleganten Sialendoskopie abgelöst.
Allerdings erfordert die Methode mit der endoskopischen Extraktion von Speichelsteinen mit dem Fangkörbchen viel Erfahrung. Wir verwenden dazu das
Sialendoskopie-Set von Karl Storz nach F. Marchal.
Indikationen bestehen bei drüsennahen und intraglandulären Steinen unabhängig von der Größe. Je
deutlicher die postprandiale Drüsenschwellung als
Antwort auf die Obstruktion ist, desto besser sind die
Aussichten auf einen Therapieerfolg. Eine nur noch
schwache Schwellung deutet auf eine beginnende
Sklerosierung der Drüse mit eingeschränkter Funktion (Funktionsszintigrafie) hin. Immer erfolgt parallel die Gangschlitzung, Papillotomie und Marsupialisation. Ein Steinleiden ist eine Stoffwechselerkrankung, die oft ausgeprägte irreversible Veränderungen
der Drüse auslöst. Daher ist die Lithotripsie eine Methode der Frühphase der Erkrankung (Abb. 10a–c).
_Das Sjögren-Syndrom:
viele Organe betroffen
Das Sjögren-Syndrom ist eine myoepitheliale
Sialadenitis autoimmuner Genese. Man findet
histologisch eine interstitielle lymphozytäre Zellinfiltration, eine Parenchymatrophie und myoepitheliale Zellinseln sowie klinisch Xerostomie,
Xerophthalmie, Keratokonjunktivitis, Rhinopharyngitis sicca, rezidivierende Gelenkentzündungen und Schwellungen der Speicheldrüsen. Im
Lippenbioptat lassen sich Antikörper gegen Speicheldrüsenepithel nachweisen. Der Nachweis gelingt mit spezifischen Autoantikörpern gegen das
Speicheldrüsengewebe, z.B. Ro (SS-A) und La (SSB). Die Therapie besteht aus Flüssigkeitssubstitu-
Artikelreihe zum Thema „Speicheldrüsen“
tion und der Gabe von Steroiden, Immunsuppressiva sowie ggf. Pilokarpin-Lösung. Ebenfalls zu
diesem Formenkreis an Speicheldrüsenerkrankungen ist das Heerfordt-Syndrom zu zählen. Bei
diesem chronisch progredienten Entzündungsprozess ist das Drüsenläppchen mit Granulomen,
Epitheloidzellen, mehrkernigen Riesenzellen vom
Langhans-Typ durchsetzt und wird letztlich zerstört. Man findet neben einer meist symmetrischen, knotig-derben Parotisschwellung, Xerostomie, Fieber und möglicherweise eine Fazialisparese. Nach Diagnosesicherung durch PE erfolgt
eine symptomatische Behandlung, ggf. mit Anwendung von Kortikosteroiden.
Klonale B-Zell-Reaktionen beim Sjögren-Syndrom führen langfristig zu Prälymphomen, BZell-Lymphomen und Lymphomen vom Malt-Typ.
Dies erklärt sich dadurch, dass das sekretorische
Immunsystem der Speicheldrüsen Teil des Mucosa Associated Lymphatic Tissue ist.
_Speichel: hat zahlreiche Aufgaben
Pro Tag werden 500 bis 900ml Speichel produziert
– etwa 50% davon als visköser Speichel von den
Gl. submandibularis, 40% als enzymreicher Speichel von den Gl. parotis bds. und 5% als visköser
Speichel von den Gl. sublingualis. Die Aufgabe des
Speichels ist sehr vielfältig:
_ Spülung und Reinigung von Mundhöhle und
Zähnen,
_ Schutz vor Infektionen (im Speichel befinden
sich zahlreiche Immunglobuline, bakteriolytisch wirkendes Lysozym und adhäsionshemmende Proteine),
_ Förderung der Schluck- und der Sprachfunktion
_ Aufspaltung von Nahrungsmitteln (z.B. Kohlehydrate, Glukose)
_ Bindung von Geschmacksstoffen
Abbildungen: Alle Abbildungen entstammen den
beiden u.g. Werken. Mit freundlicher Genehmigung
des Thieme-Verlags.
Literatur
*Behrbohm, Kaschke, Nawka, Swift (2009): ENT diseases and Head and
Neck surgery Thieme New York, Stuttgart
Behrbohm, Kaschke, Nawka (2009) Kurzlehrbuch HNO Thieme, Stuttgart
_Kontakt
Prof. Dr. Hans Behrbohm
Park-Klinik Weißensee
Privatpraxis am Kudamm
www.ku61.de
face
Erkrankungen der
Speicheldrüsen – die Tumoren
Teil II – Diagnostik und Chirurgie mit dem 7. Sinn
Autoren_Prof. Dr. med. Hans Behrbohm, Dr. med. Heiko Birke, Dr. med. Gabriele Behrbohm
_Die große Gruppe epithelialer Tumoren der Speicheldrüsen könnte nicht inhomogener sein. Insgesamt
werden 29 verschiedene Entitäten unterschieden.
Tumoren der Speicheldrüsen sind tückisch und in
ihrem biologischen Verhalten schwer einzuschätzen. Oft versagen die Grundregeln der klinischen Beurteilung. Nicht umsonst vergleicht man die adenoid-zystischen Karzinome mit einem „Wolf im
Schafspelz“. Hier muss der Diagnostiker Erfahrung
erwerben und oft erst ergibt sich die Diagnose, wenn
der letzte Puzzlestein eingesetzt wird.
Die Chirurgie erfordert trotz Neuronavigation und
modernen Mikroskopen immer Improvisationstalent, denn der N. facialis kann dünn und verwunden in verschiedenen Ebenen durch die Drüse
wandern. Parotischirurgie ist immer eine Herausforderung.
1 % der Tumoren und ca. 7 % der Kopf-Hals-Tumoren treten in den Speicheldrüsen auf. Die häufigsten
Tumoren sind epithelialen Ursprungs und befinden
sich in den großen Speicheldrüsen.
Benigne und maligne epitheliale Tumoren der Speicheldrüsen treten etwa zu 75 % in der Glandula
parotis, zu 10 % in der Glandula submandibularis,
zu 1 % in der Glandula sublingualis auf. Zu 14 % sind
die kleinen Speicheldrüsen betroffen. Der Anteil
maligner epithelialer Tumoren umfasst in der Glandula parotis 20 %, aber in der Glandula submandibularis und den kleinen Speicheldrüsen ca. 45 %.
In den kleinen Speicheldrüsen sind Mukoepidermoid-, adenoid-zystische und Adenokarzinome
besonders häufig. Mesenchymale Tumoren, wie
Angiome, Neurinome und Lipome, sind selten, während intraglanduläre Lymphome und Tumormetastasen häufiger vorkommen.
Für Tumoren der Speicheldrüsen spielt auch das
Prädilektionsalter eine Rolle. Während Adenome im
jüngeren und mittleren Lebensalter auftreten, steigt
der Anteil der Malignome im höheren Lebensalter.
suchung und andererseits ein individuelles Stufenprogramm bildgebender Diagnostik.
Das wichtigste Leitsymptome für Speicheldrüsenerkrankungen generell sind ein- oder doppelseitige
Schwellungen, gefolgt von Schmerzen und Veränderungen der Qualität und Quantität des Speichels,
im Falle der Hypo- oder Asialie mit einer Xerostomie.
1.1. Anamnese
In der Anamnese sollte zunächst zwischen einer
Speicheldrüsenerkrankung per se, wie z.B. Entzündung, Zyste, Stein, oder einem Tumor und einer systemischen Erkrankung mit Manifestation an den
Speicheldrüsen differenziert werden. Die Steuerung
der Speichelsekretion und des Funktionszustandes
des Parenchyms erfolgt über das vegetative Nervensystem. Je nach Überwiegen einer adrenergen
_1. Klinische Diagnostik
Die Diagnostik von Tumoren der Speicheldrüsen erfordert einerseits eine sehr genaue klinische Unter-
Abb. 1
Artikelreihe zum Thema „Speicheldrüsen“
Abb.1_ Infiltrations- und Metastasierungswege eines malignen
Parotis-Tumors am Beispiel des
adenoid-zystischen Karzinoms.
Leerer Pfeil: per continuitatem,
hellrot: lymphogen, dunkelrot:
haematogen, 1. intra- und periparotideale, 2. submandibuläre und
3. juguläre Lymphknotenmetastasen, 4. N. facialis, 5. N. hypoglossus.
(Grafik aus ENT diseases,
Behrbohm, Kaschke, Nawka,
Thieme, 2007)
Abb. 2_ Vereinfachte schematische
Darstellung typischer sonografischer
Befunde der Speicheldrüsen.
a) Intraglandulärer Lymphknoten,
kleiner als 1 cm, echoarm
mit echoreichem Nidus,
keine Architekturstörung
b) Speichelstein, echoreicher Reflex
mit dorsaler Schallauslöschung
c) Zyste, echolos, glatt begrenzt mit
dorsaler Schallverstärkung
d) Chronische Entzündung, inhomogenes echoreiches Parenchym,
häufig schwierige Abgrenzung zur
Umgebung
e) Zystadenolymphom, glatt und
scharf begrenzt, mit soliden und
zystischen Anteilen, evtl. laterale
bandförmige Schallauslöschungsphänomene
f) Akute Entzündung, vergrößerte
Drüse und diffuse Echoarmut des
Parenchyms, Abszedierung:
zystische Läsion mit Binnenreflexen
und mögliche Spiegelbildung,
echoreicher Randwall
g) Pleomorphes Adenom, glatt und
scharf begrenzt, echoarm mit
homogener Binnenstruktur und angedeutet dorsaler Schallverstärkung
h) Maligner Tumor, unscharfe evtl.
polyzyklische Begrenzung mit
echoarmem, inhomogenem
Parenchym, Infiltration in Parenchym
oder Umgebung.
Abb. 2
a
b
c
d
e
f
g
haltens dieser Tumoren werden sie im klinischen
Sprachgebrauch auch als „Wolf im Schafspelz“ bezeichnet. Postprandialer Schmerz weist immer auf
eine Obstruktion des Gangsystems, meist durch einen Stein oder einen Tumor, hin. Nicht zuletzt sollte
bei der Anamnese der Gesichtswinkel immer auf den
ganzen Patienten eingestellt werden und nach
Gewichtsabnahme, Fieber, Schmerzen, Appetitstörungen und Zeichen für andere Organerkrankungen
gefahndet werden.
h
oder cholinergen Stimulation der Azinuszellen werden mehr Proteine bzw. Elektrolyte und Wasser sezerniert. Bei der Sialadenose beispielsweise führt
eine überwiegend adrenerge Stimulation durch
eine verlängerte Lagerungsphase der Sekretgranula
zu einer Schwellung der Azinuszellen und einer weichen, meist indolenten Schwellung der Parotis.
Hormonelle Störungen, Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises, Stoffwechselstörungen,
Mangelerkrankungen, z.B. bei Bulämie, können
symptomatisch mit Schwellungen der Speicheldrüsen einhergehen.
Auch können aus Autoimmunerkrankungen maligne Erkrankungen entstehen. Das Sjögren-Syndrom ist eine myoepitheliale Sialadenitis. Histologisch zeigt sich eine interstitielle lymphozytäre Zellinfiltration, eine Parenchymatrophie und myoepitheliale Zellinseln. Klonale B-Zell-Reaktionen beim
Sjögren-Syndrom führen langfristig zu Prälymphomen, B-Zell-Lymphomen und Lymphomen vom
MALT-Typ. Dies erklärt sich dadurch, dass das sekretorische Immunsystem der Speicheldrüsen Teil des
Mucosa Associated Lymphatic Tissue ist. In der Anamnese sollte nach Gelenk- und Augenbeschwerden (Sicca-Syndrom, rheumatoide Arthritis) gefragt werden.
Auch klinisch benigne Tumoren, z.B. das pleomorphe Adenom, kann maligne entarten. Das heißt, eine
Diagnose muss überprüft werden und letztlich stellen auch benigne Speicheldrüsentumore eine absolute Operationsindikation dar.
Die Anamnese gestattet Hinweise zur Wachstumgeschwindigkeit: Allgemein gilt, dass schnelles
Wachstum für Malignome und langsames Wachstum für benigne Tumoren spricht. Meist wird dabei
der Zeitpunkt des ersten Bemerkens bis zur Vorstellung beim Arzt zugrunde gelegt. Das gilt für die Tumoren der Speicheldrüsen nur zum Teil. Lymphome
oder Zystadenolymphome können schnell an Größe
zunehmen, während Malignome, wie z.B. das adenoid-zystische Karzinom, eine langsamere Progredienz zeigen. Wegen des klinisch trügerischen Ver-
Artikelreihe zum Thema „Speicheldrüsen“
1.2. Klinische Untersuchung
Nach der Inspektion ist eine gezielte bimanuelle Palpation von außen und enoral wichtig. Voraussetzung ist eine Entspannung von Halsfaszien, Platysma und SMAS durch Entgegenneigen des Kopfes.
Ebenso sollten die Regionen Mundboden und Tonsillenloge bei Parotistumoren (Eisbergtumoren)
palpiert werden.
Einzelne Tumoren bieten einen nahezu pathognomonischen Befund (siehe 4.).
Eine Fazialisparese weist auf ein Malignom oder ein
Heerford-Syndrom hin. Nach der Anamnese und bimanuellen Palpation sollte immer eine erste klinische Verdachtsdiagnose möglich sein, die dann
durch gezielte bildgebende Diagnostik überprüft
wird.
_2. Bildgebende Diagnostik
2.1. Sonografie
Die Sonografie ist wegen ihrer einfachen Anwendung, geringen Kosten und guten differenzialdiagnostischen Ausbeute die Methode der ersten Wahl
bei Speicheldrüsentumoren. Die Qualität der Untersuchung hängt jedoch stark von der Erfahrung des
Untersuchers ab.
Mit der B-Scan Sonografie kann die Größe und Form
der Drüsen, bzw. der intraglandulären Raumforderung, ihre scharfe oder unscharfe Begrenzung, ihr
Reflexverhalten, z.B. echoreich, echoarm, echoleer,
und die Textur der Binnenechos, z.B. homogen oder
irregulär, bewertet werden.
Aussagen zur Dignität sind dennoch vage und müssen bei Malignitätsverdacht durch eine Feinnadelaspirationszytologie geklärt werden. Diese besitzt
eine sehr hohe Spezifität und Sensitivität. Die sonografische Beurteilung des tiefen Parotisanteils wird
durch den Unterkiefer begrenzt.
2.2. Computertomografie
Mit der Computertomografie können Tumoren und
Lymphknotenstationen adäquat dargestellt werden. Moderne Mehrzeilen-CT-Geräte minimieren
durch verkürzte Rotations- und Abtastzeiten pro
Schicht die Bewegungsartefakte. Die kurzen Untersuchungszeiten erlauben es, auch eingeschränkt
lagerungsfähige und klaustrophobische Patienten
uneingeschränkt zu untersuchen. Es werden axiale
Schnittbilder von 3 mm Schichtdicke in überlappender Rekonstruktion nach intravenöser Applikation
jodhaltiger Kontrastmittel erstellt. Sekundär werden detailgenaue sagittale und coronare Rekonstruktionen gefertigt. Auch ist es möglich, den
Befund mehrdimensional zu visualisieren. Maligne
Tumoren sind aufgrund ihres infiltrativen Wachstums und ihres Kontrastmittel-Enhancements zu
diagnostizieren. Zur Befunderfassung knöcherner
Destruktionen ist der CT im Spiralmodus der Vorzug
zu geben.
2.3. Magnetresonanztomografie
Die MRT ist hinsichtlich des Weichteilkontrastes allen anderen bildgebenden Verfahren deutlich überlegen. Der Vorteil zeigt sich besonders bei speziellen
Fragestellungen, z.B. der Differenzierung unterschiedlicher Tumorentitäten, Differenzierung von
Narbengewebe bzw. radiogener Fibrose und Tumorrezidiv, aber auch Tumorinfiltration in den Knochen.
In Einzelfällen kann die Kombination MRT und CT
sinnvoll sein.
In der Regel werden T1- und T2-gewichtete Bilder in
3–5 mm Schichtdicke in mindestens zwei Ebenen
aquiriert. Einen zusätzlichen Informationsgehalt
besitzen fettsaturierte Bilder. Nach intravenöser
Kontrastmittelgabe (Gadolonium-Chelate) werden
T1-gewichtete Bilder in mindestens zwei Ebenen
erstellt.
Tumorgewebe zeichnet sich in der MRT durch unterschiedliche Relaxationszeiten und damit Signalgebung aus. Benigne Tumoren, z.B. Adenome, kommen
in der T1-Wichtung glatt begrenzt und hypodens
(signalarm) zur Darstellung. Flüssigkeit, z.B. Zysten
oder Nekrose, besitzen ein hohes Signal in der T2Wichtung. Es ist möglich, Tumorgewebe von peritumoralem Ödem zu differenzieren und vitale von
nekrotischen Tumorkomponenten abzugrenzen.
Kriterien der Malignität sind unscharfe Tumorrandkonturen, ein infiltratives Wachstum und inhomogenes Kontrastmittel-Enhancement. Adenoidzystische Karzinome neigen zu früher hämatogener
Metastasierung und perineuraler Tumorausbreitung sowie Bildung von Satellitenherden, skip
leasons.
Die Untersuchung sollte die Schädelbasis einschließen. Infiltrationen von Nerven zeigen sich im MRT
durch eine Auftreibung und Kontrastmittelaufnahme in deren Verlauf.
2.4. Sialografie
Die Sialografie dient der röntgenologischen Darstellung des Ausführungsgangsystems der Speicheldrüsen. Durch Verdrängung oder Infiltration,
Abbruch bzw. Kontrastmittelaustritt ins Drüsenparenchym kann zwischen benignen und malignen
Tumoren differenziert werden. Das Verfahren wurde
2
Abb. 3
Abb. 3_ Topografie der Glandula
parotis, Hals und Pharynx.
1. M. buccinator, 2. Tonsilla palatina,
3. M. masseter, 4. u. 10. Unterkiefer,
5. M. pterygoideus medialis,
6. V. jugularis interna, 7. N. IX, N. X,
N XII, 8. A. carotis interna, 9. Lobus
retromandibularis der Gl. parotis,
11. N. facialis, 12. Lobus superficialis
der Gl. Parotis.
1
3 4 5 678
9 10 11 12
als MR-Sialografie ohne Injektion von Kontrastmittel weiterentwickelt.
2.5. Positronenemissionstomografie (PET)
Die Positronenemissionstomografie ist ein funktionelles Verfahren zur Detektion von malignen Tumoren, Metastasen und der Differenzierung von Narbengewebe und Rezidiven. Die Methode basiert auf
der gesteigerten Glykolyse und der vermehrten Expression von Glukosetransportern in pathologischem Gewebe.
Das am häufigsten angewendete Radiopharkakon
ist F-18-Fluordesoxyglukose (FDG). Eine Glukosestoffwechselsteigerung kann durch Tumorgewebe
oder Entzündung verursacht sein. Dies kann zu
Schwierigkeiten in der Differenzierung der Entitäten führen. Eine weitere Einschränkung der Aussagefähigkeit ist beim erhöhten Blutzuckerspiegel bei
Diabetikern und bei erhöhter Muskelaktivität gegeben. Die PET ist ein Schnittbildverfahren mit relativ
hoher räumlicher Auflösung und daher hoher Sensitivität zur Detektion von Läsionen mit pathologisch gesteigertem Stoffwechsel. Allerdings ist die
Zuordnung der pathologischen Anreicherung zu
einer anatomischen Struktur oft erschwert.
Dies erfordert den Vergleich mit morphologiebasierten Schnittbildverfahren wie der CT und MRT.
Durch die seit ca. fünf Jahren verfügbaren PET/CTGeräte ist eine kombinierte Evaluation morphologischer und funktioneller Bilder möglich. Die fusionierte Bildgebung führte zu einer signifikanten Steigerung der Aussagefähigkeit der Methode im Vergleich zur Einzelbefundung. Die Kombination mit
der MRT befindet sich in der klinischen Forschung.
_3. Tumoren
Die internationale pathohistologische Klassifikation der epithelialen Speicheldrüsentumoren unterscheidet 9 benigne und 18 maligne Entitäten:
Adenome:
1. Pleomorphes Adenom
2. Myoepitheliom
(Myoepitheliales Adenom)
3. Basalzelladenom
Artikelreihe zum Thema „Speicheldrüsen“
Abb. 4a
Abb. 4b
Abb. 4c
Abb. 4a–c_ Eisbergtumor
(pleomorphes Adenom) der Parotis
links.
a) Enoraler Befund mit deutlicher
Prominenz des Tumors.
b) Tumorpräparat.
4. Warthin-Tumor (Zystadenolymphom)
5. Onkozytom (onkozytäres Adenom)
6. Kanalikuläres Adenom
7. Talgdrüsenadenom
8. Duktales Papillom
9. Zystadenom (papillär bzw. muzinös)
Abb. 5a und b_ Warthin-Tumor in
der Fossa retromandibularis.
a) Gleicher Tumor im MRT,
T2-Wichtung.
Karzinome:
1. Azinuszellkarzinom
2. Mukoepidermoidkarzinom
3. Adenoid-zystisches Karzinom
4. Niedrigmalignes polymorphes
Adenoidkarzinom
5. Epithelial-myoepitheliales Karzinom
6. Basalzell-Adenokarzinom
7. Talgdrüsenkarzinom
8. Papilläres Zystadenokarzinom
9. Muzinöses Adenokarzinom
10. Onkozytäres Karzinom
11. Speichelgangkarzinom
12. Adenokarzinom NOS
(not otherwise specified)
13. Myoepitheliales Karzinom
14. Karzinom aus pleomorphem Adenom
(maligner Mischtumor)
15. Plattenepithelkarzinom
16. Kleinzelliges Karzinom
17. Undifferenziertes Karzinom
18. Nicht klassifizierte Karzinome
_4. Häufigste Tumoren,
Symptome und Befund
4.1. Benigne Tumoren
4.1.1 Das pleomorphe Adenom ist der häufigste Tumor der Speicheldrüsen. Er tritt zu 80 % in der Parotis
auf. Circa 50 % der Parotistumoren sind pleomorphe
Adenome. Der Tumor bevorzugt das mittlere Lebensalter und wächst langsam. Palpatorisch bietet er einen typischen Befund. Es handelt sich um einen
festen, soliden, von der Umgebung abgrenzbaren Tumor mit höckeriger Oberfläche. Der Tumor besitzt eine
oft inhomogene „Tumorkapsel“. Die adäquate Therapie besteht je nach Lokalisation in der lateralen oder
totalen Parotidektomie. Enukleationen bergen das
Risiko der Aussaat von Tumorzellen bzw. multilokulärer Rezidive, welche bei Revisionsoperationen oft nur
sehr schwer und mit deutlich erhöhtem Risiko für
postoperative Fazialisläsionen reseziert werden können. Wegen eines Entartungsrisikos von 5 % nach
5–10 Jahren in ein Karzinom im pleomorphen Adenom besteht eine absolute Operationsindikation.
4.1.2. Warthin-Tumoren/Zystadenolymphome sind
der zweithäufigste benigne Speicheldrüsentumor.
Sie gehen von den glandulären Gangepithelien und
Lymphgewebe bzw. periglandulären Lymphknoten
aus und befallen bevorzugt Männer zwischen dem
4. und 7. Dezennium.
Der Tumor weist einen typischen palpatorischen
Befund auf. Er ist weicher als die pleomorphen Adenome, zystisch bis prall-elastisch, glatt begrenzt
und meist gut verschieblich! Therapie der Wahl ist
die Exstirpation. Die Prognose ist gut.
4.1.3. Der Küttner-Tumor ist eine chronisch-sklerosierende Sialadenitis, die zu einer Fibrosierung und
Induration, meist der Glandula submandibularis,
führt. Es kommt zu Parenchymschrumpfung, Verkalkung und Gangrarefizierungen, vom Kliniker
auch als „Zirrhose“ bezeichnet. Die Therapie besteht
in einer Exstirpation der Drüse.
Abb. 5a
4.1.4. Haemangiome machen nur ca. 5 % der Speicheldrüsentumore aus. Es findet sich eine Prädilektion im Kindes- und Jugendalter. Die Tumoren
schimmern durch die Haut blau oder livide. Der Tu-
Abb. 5b
Artikelreihe zum Thema „Speicheldrüsen“
Abb. 6_ Ausgedehntes Lymphangiom der linken Gesichtshälfte.
Abb. 7_ Karzinom im pleomorphen
Adenom.
Abb. 8_ 72-jährige Patientin mit
pleomorphem Adenom der Gl. parotis
rechts.
Charakteristisch ist die indolent,
derbe umschriebene Schwellung mit
höckriger Oberfläche.
Abb. 6
Abb. 7
Abb. 8
mor ist durch Fingerdruck komprimierbar und füllt
sich danach wieder auf. Mithilfe von Sonografie,
MRT und Angiografie kann zwischen high- und
low-flow Angiomen differenziert werden. Die Therapie hängt von der Größe, Wachstumstendenz und
der vasomotorischen Aktivität ab und reicht von der
Laser-Obliteration, Embolisierung bis zur Exstirpation.
4.1.5. Lymphangiome treten als partielle oder komplette Gesichtsasymmetrie auf. Der Tumor wächst
oft nicht nur in die Drüse, sondern auch in das Gewebe der Nachbarschaft ein. Typisch ist eine weiche,
zystische Schwellung, die sich in Abhängigkeit von
der Neigung des Kopfes entleert oder füllt. Die Exstirpation dieser oft ausgedehnten und verästelten
Geschwülste gehört in die Hände erfahrender Operateure, weil nur eine vollständige Entfernung vor
Residual- und Resttumoren bewahrt.
4.2. Maligne Tumoren
4.2.1. Mukoepidermoidkarzinome sind mit ca. 30 %
die häufigsten malignen Tumoren der Speicheldrüsen. Sie bestehen aus einem epidermoiden und mukösen Anteil. Dieser Anteil ist für die Klassifikation in
high grade (hoher epidermoider Anteil = schlechtere Differenzierung und Prognose) und low grade
(höherer muköser Anteil = gut differenziert und
bessere Prognose) entscheidend. Über die Behand-
Abb. 9a
Abb. 9b
lung, insbesondere ein kombiniert chirurgisch-onkologisches Konzept, sollte im Einzelfall in Abhängigkeit von der vorliegenden Differenzierung und
dem Staging in einem interdisziplinären Tumorkonzil entschieden werden.
4.2.2. Das adenoid-zystische Karzinom ist mit ca.
8 % der häufigste Tumor der Glandula submandibularis und der kleinen Speicheldrüsen. Der Tumor
wächst langsam, oft über Jahrzehnte, und bevorzugt eine Ausbreitung entlang anatomisch präformierter Bahnen, insbesondere den Nervus facialis.
Anderseits kommt es frühzeitig zu einer Fazialisparese und einer hämatogenen Fernmetastasierung in
die Lunge oder in das Skelett. Die Therapie ist chirurgisch und muss individuell interdisziplinär je nach
Staging konzipiert werden.
4.2.3. Azinuskarzinome treten besonders in der
Glandula parotis auf. Das Prädilektionsalter ist das
4. bis 6. Dezennium. Der Tumor bildet azinäre und
duktale Anteile. Es können verschiedene Differenzierungsgrade unterschieden werden. Die Tendenz
zur Metastasierung ist geringer, sowohl Hals- als
auch Fernmetastasen treten nicht regelmäßig auf.
Die Prognose ist dadurch besser als z.B. beim adenoid-zystischen Karzinom. Die Therapie besteht in
der vollständigen Resektion im Sinne der totalen
Parotidektomie, z.T. mit Erhalt des N. facialis oder
Nervenplastik.
Abb. 10a
Abb. 10b
Artikelreihe zum Thema „Speicheldrüsen“
Abb.9a und b_61-jähriger Patient
mit entzündlichem Pseudotumor der
Gl. parotis links. Die gesamte Drüse
ist derb geschwollen. Die histologische Differenzierung zwischen
Tumor und Entzündung ist zuweilen
schwierig.
Abb.10a und b_ Schwellung der Gl.
submandibularis links bei einer
Metastase eines Bronchialkarzinoms
auf der gleichen Seite.
b) Bronchialkarzinom des
Patienten.
Abb. 11a
Abb.11a und b_ Schwellung der
Glandula submandibularis bei einem
Mundbodenkarzinom als klinisches
Leitsymptom.
b) Patient mit Einbruch
des Mundbodenkarzinoms in
den Ausführungsgang der
Gl. submandibularis.
Abb. 11b
_5. Histolologische Diagnostik,
Stadieneinteilung (Staging), Prognose
Die histologische Diagnose charakterisiert die biologische Dignität einer Geschwulst und bestimmt
die Prognose entscheidend. Die intraoperative
Schnellschnitt-Untersuchung ist erfahrungsgemäß für den Pathologen bei Speicheldrüsengewebe
schwierig.
Abb. 12_ Intraoperativer Befund
nach totaler Parotidektomie mit
Resektion des N. facialis bei
adenoid-zystischem Karzinom.
Abb. 13_ …nach Nervenplastik mit
einem freien Nerventransplantat
(N. auricu-laris magnus).
Abb. 12
Abb. 13
Die Beurteilung der Ausdehnung maligner Tumoren
und das Lymphknotenstaging erfolgt je nach anatomischer Region mit der CT- oder/und MRT-Untersuchung vor Therapiebeginn. Das Lymphknotenstaging
wird in 3- bis 5-mm-Schichten von der Schädelbasis
bis zur oberen Thoraxapertur durchgeführt. Die intravenöse Kontrastmittelgabe ist obligatorisch.
Abb. 14_17-jährige Patientin am
ersten postoperativen Tag nach
Nervenplastik (siehe Abb. 12 und 13).
Bereits vollständiger Lidschluss
rechts.
Abb. 15_ Operationssitus: Totale
Parotidektomie mit Darstellung und
Erhaltung des N. facialis, modifizierte
Neck dissection mit Präparation des
N. accessorius.
Abb. 14
Abb. 15
Artikelreihe zum Thema „Speicheldrüsen“
Nachsorge: Eine erste CT/MRT-Untersuchung des
Halses erfolgt drei Monate nach der Operation bzw.
am Ende einer Chemo- oder Strahlentherapie und
danach in jährlichen Abständen. Die Röntgen-Thorax-Untersuchung erfolgt in zwei Ebenen im Rahmen des primären Stagings und der Nachsorge.
Wesentlich sicherer ist das Thorax-CT vor Therapiebeginn und zur Nachsorge in jährlichen Abständen.
Vor Therapiebeginn sollte auch ein Abdomen-CT
erfolgen. Ist dieses unauffällig, genügt die jährliche
Verlaufkontrolle mit der Sonografie.
Die Skelettszintigrafie dient im Rahmen des Tumorstagings dem Ausschluss bzw. Nachweis von
Fernmetastasen im Skelettsystem. Der Einsatz des
PET-CT ist in Einzelfällen, z.B. beim CUP-Syndrom
mit Metastasierung in die Speicheldrüsen, indiziert.
_6. Therapie
Die Therapie von pleomorphen Adenomen sollte
immer im Rahmen einer lateralen Parotidektomie,
bei Tumoren im oberflächlichen Lappen, bzw. totalen Parotidektomie, bei solchen im tiefen Lappen,
erfolgen. Die Enukleation birgt die Gefahr von Residual- und multilokulären Rezidivtumoren.
Die Therapie der malignen Tumoren der Speicheldrüsen besteht in der totalen oder radikalen Paotidektomie bzw. Ausräumung des Trigonum submandibulare. Wenn die erforderliche Radikalität
eine Erhaltung des N. facialis nicht zulässt, erfolgt
eine Rekonstruktion in gleicher Sitzung, z.B. mit einem freien Interponat (N. auricularis magnus) oder
als Hypoglossus-jump-Anastomose.
Bei Einbruch in die Nachbarschaft erfolgt die Resektion im Gesunden unter Schnellschnittkontrolle der Randbereiche. In der Regel gehört eine
Neckdissection unter funktionellen Gesichtspunkten zum Konzept. Über eine postoperative Bestrahlung wird im Einzelfall in Abhängigkeit von histologischer Diagnose, Staging und intraoperativem
Histologie
5 Jahre
10 Jahre
5- bis 10-Jahres-Überlebensraten einiger malignen Parotistumoren
Mukoepidermoid-Karzinom (hoch differenziert) 100 %
Adenokarzinom
45 %
Plattenepithelkarzinom
40 %
Adenoid-zystisches Karzinom (solide, kribriform) 70 %
Karzinom im pleomorphen Adenom
30 %
75 %
20 %
20 %
10 %
10 %
Quelle: Seiffert 1984
Befund während eines interdisziplinären Tumorkonzils entschieden.
Bei low grade Azinuszellkarzinom und low gradeMukoepidermoid-Karzinom wird z.B. nach totaler
Parotidektomie auf eine Neck dissection und Bestrahlung verzichtet.
Mesenchymale Tumoren, wie z.B. MALT-Lymphome, hochmaligne B-Zell-Lymphome, M. Hodgin oder Non-Hodgin-Lymphome werden primär
mit einer Radiochemotherapie behandelt.
Alle Tumorpatienten werden in einer Tumorsprechstunde in den nächsten zehn Jahren nachbehandelt bzw. -kontrolliert (siehe Hinweise bei
Staging)._
Chirurgische Prinzipien bei Tumoren der Gl. parotis *
Laterale Parotidektomie der Drüsenanteil lateral des Fazialisfächers
(Janes, Conley, Miehlke) wird komplett entfernt, der Nerv meist vom
Stamm aus komplett dargestellt.
Der mediale Drüsenanteil wird belassen.
Subtotale Parotidektomie Anteile des Innenlappens werden in die
Resektion einbezogen, ohne dass die
ganze Drüse entfernt wird (z.B. große
benigne Tumoren des Außenlappens).
Das gesamte Drüsengewebe lateral und
Totale Parotidektomie
des Fächers der N. facialis wird entfernt.
(z.B. benignen Tumoren des inneren
Lappens, alle Malignome ohne Infiltration
des N. facialis). Meist kombiniert mit Neck
dissection.
Radikale Parotidektomie Wie bei der totalen Parotidektomie plus
Resektion infiltrierten Fazialisanteile unter
Schnittrandkontrolle, z.T. mit Mastoidektomie, immer Neck dissection, Plastische
Rekonstruktion des N. facialis.
face
_Autoren
Prof. Dr. med.
Hans Behrbohm
*nach Stennert E. et al. 2001
Chirurgische Grundprinzipien der Nervenplastik*
_ interposition graft, geeignet ist ein monofaszikulärer Nerv als End-zuEnd-Anastomose, z.B. N. auricularis magnus (1.Wahl) oder N. suralis
(2.Wahl)
_ Hypoglossus-Fazialis-Anastomose, End-zu-End, oder als jumpAnastomose aus der halben Zirkumferenz und Überbrückung mit
einem freien Interponat aus dem N. auricularis magnus n. May
*nach Stennert E. et al. 2001
Ltd. OA Dr. med. Heiko Birke
Dr. med. Gabriele Behrbohm
Park-Klinik Weißensee
Schönstraße 80
13086 Berlin
E-Mail:
[email protected]
Artikelreihe zum Thema „Speicheldrüsen“
Erkrankungen der Speicheldrüsen
Teil III:
Chirurgie des gelähmten Gesichtes
Autor_Prof. Dr. med. Hans Behrbohm
© YorkBerlin
Abb. 1_ Mimische Muskulatur des
Gesichts.
_Mimik und Gesichtsausdruck werden von 43
Muskeln in einer nur ca. 1 cm tiefen Schicht unterhalb der Haut des Gesichtes vermittelt. Das Gesicht
sei der Spiegel der Seele, sagt eine alte Redensart.
Tatsächlich führen gleiche Gefühle auch in allen
Kulturkreisen zu gleichen mimischen Aktivitäten.
Natürlich können Gefühle gezeigt und verborgen
werden. Allerdings mit Einschränkungen:
Das Gros der mimischen Muskulatur wird über den
N. facialis willkürlich innerviert. Teile der Pars orbitalis des M. orbicularis oculi werden autonom innerviert. So kann z.B. zwischen einem echten und unechten Lächeln unterschieden werden. Letzteres ist
asymmetrisch, meist links betont und hat ein anderes Timing und Verhältnis zwischen Intensität und
Dauer.
Von klinischer Bedeutung ist das, wenn z.B. der Patient bei einer Fazialisparese nach einem Apoplex
weiter mit den „Augen sprechen“ kann.
Der N. facialis innerviert die mimische Muskulatur,
steuert über Abgänge bzw. Anteile des mit ihm verlaufenden N. intermedius die Speichel- und Tränensekretion (N. petrosus superficialis major), die Impedanz des Mittelohres (N. stapedius) und den Geschmackssinn (Chorda tympani).
Die Ursachen für Lähmungen des N. facialis sind vielfältig. Häufig ist die sogenannte Bell’s palsy, die ideopathische Fazialisparese, bei der sich keine erkennbare Ursache finden lässt. Weitere Ursachen sind Verletzungen, Entzündungen und Tumoren.
Eine Fazialisparese kann zentral oder peripher verursacht sein. Bei der zentralen Parese bleibt die Innervation der Stirn meist erhalten, betroffen ist vor allem
die periorale Muskulatur. Die periphere Parese betrifft
prinzipiell alle peripheren Äste in Abhängigkeit von
der Lokalisation der Ursache.
Die Fazialisparese ist ein Leitsymptom für Malignität
bei Tumoren der Schädelbasis und der Glandula parotis, kann jedoch auch bei Tumoren des Nerven selbst
und beim Heerfordt-Syndrom auftreten.
Mimische Aktivitäten und chirurgische Möglichkeiten
zur Rehabilitation des gelähmten Gesichtes (Abb. 2).
Rechte Seite: Mimik bei intakter Funktion des N.
facialis:
_ Stirn heben und runzeln
_ Bewegungen der Augenbraue
Abb. 1
Artikelreihe zum Thema „Speicheldrüsen“
_ Vollständiger Lidschluss
_ Anheben des Mundwinkels
_ Wangenkompression
_ Heben, Breit- und Herunterziehen der Mundwinkel
Linke Seite:
_ 1 Stirn
_ 2 Oberlidimplantate
_ 3 Unterlidplastiken
_ 4 Muskelumlagerung (M. masseter)
_ 5 Tonisierung und Konturierung der Wangen
_ 6 Heben der Mundwinkel
2b
Die klinische Symptomatik der Facialisparese ist recht
komplex und besteht aus:
Schlaffer Lähmung der mimischen Muskulatur meist
einer Gesichtshälfte, erweiterer Lidspalte mit unvollständigem Lidschluss, Asymmetrie des Gesichtes, Artikulationsstörungen durch Tonusverlust der Lippenund Wangenmuskulatur, Verstreichen der Nasolabialfalten. Stirn- und Brauenptose, Geschmacksstörung, Hyposialie, verminderter Tränenfluss mit Gefahr der Hornhautulzera.
_Diagnostik
Ist die Ursache und Lokalisation einer Fazialisparese
unklar, erfolgt die Topodiagnostik mit bildgebenden
Verfahren, audiologischen und funktionsdiagnostischen Tests. Mit verschiedenen elektrophysiologischen Verfahren zur Bestimmung der Nervenleitgeschwindigkeit und des Summenaktionspotenzials
kann einerseits das Ausmaß der Schädigung objektiviert und durch Messungen im Intervall eine Prognose
der funktionellen Restitution abgeleitet werden.
Basisuntersuchungen sind: CT des Felsenbeins bzw.
der Schädelbasis, Schirmertest, Impedanzaudiometrie, Elektrogustometrie. Bei Tumoren in der Glandula parotis: Sonografie mit Stanzbiopsie oder
Feinnadelaspirationszytologie (FNAZ), MRT mit
Kontrastmittel.
Grafik: Dalkowski
_Symptomatik
2a
2c
Abb. 2
Ist eine nervale Rekonstruktion des Gesichts unmöglich, so kann mit einer neuromuskulären Transposition bzw. Muskelumlagerung eines innervierten Muskels die mimische Muskulatur funktionell und dynamisch ersetzt werden. Hierfür eignen sich besonders
der M. temporalis und M. masseter, weil sie vom N. trigeminus innerviert werden. Auch besteht die Möglichkeit des freien Gewebetransfers eines MuskelNerv-Transplantats aus dem Oberschenkel mit
Mikrogefäß- und Nervanastomose. Wenn eine dynamische Rehabilitation nicht infrage kommt, so kann
eine statische Zügelung z.B. der Stellung der Mundwinkel mit Faszie, meist Fascia lata, erfolgen.
Abb. 2a_ 1. Stirnlift, 2. Brauenlift,
3. Oberlidimplantate, 4. Unterlidstraffung, 5. Hochziehen des
Wangenfettkörpers, 6. SMAS-Straffung, 7. Muskelumlagerung,
8. Zügelung (Fascia lata),
9. Heben des Mundwinkels.
Abb. 2b_ Befestigung des
Lidimplantats.
Abb. 2c_ Gewinnung der
Fascia lata.
_Operative Verfahren
Das Spektrum der chirurgischen Maßnahmen ist groß
und richtet sich nach der Ursache und individuellen
Situation. Prinzipiell sollte zunächst immer der Erhalt
bzw. die Rekonstruktion des Nervus facialis Vorrang
haben. Dazu dienen Nervenrekonstruktionen mithilfe
von Interponaten aus anderen peripheren Nerven,
wie z.B. dem N. auricolotemporalis oder suralis mit
End-zu-End- oder Jump-Anastomose, HypoglosusFazialisanastomosen.
Das Prinzip der Cross Face Nerve Grafts besteht
in einem Anschluss von Nerventransplantaten an
Fazialisäste der nichtgelähmten Seite.
Abb. 3_ Prüfen des für den
Lidschluss notwendigen Implantatgewichts mit einem Dummy.
Abb. 3
Artikelreihe zum Thema „Speicheldrüsen“
Abb. 4a_ Befund nach der
Tumorresektion und vor der operativen Rehabilitation mit Unterlidektropium, unvollständigem Lidschluss,
Tonusverlust der rechten Wange,
hängendem Mundwinkel.
Abb. 4b_ En-face-Bild drei Monate
postoperativ.
Abb. 4c_ Stirnrunzeln.
Abb. 4d_ Lidschluss.
Abb. 4e_ Halbprofil.
Abb. 4f_ Lächeln.
Abb. 4a
Abb. 4b
Abb. 4c
Abb. 4d
Abb. 4e
Abb. 4f
_Individuelles Konzept
_Kontakt
face
Prof. Dr. med.
Hans Behrbohm
Park-Klinik Weißensee
Privatpraxis am Kudamm
www.ku61.de
Privat-Institut für
Weiterbildung und
Entwicklung in der HNO e.V.
www.imwe-berlin.de
Häufig wird es notwendig sein, ein sehr individuelles Konzept der motorischen Rehabilitation eines
gelähmten Gesichts zu erstellen. Dieses orientiert
sich an dem konkreten Ausfallsmuster und der
eventuellen nervalen Restaktivität einzelner
Nervenäste. Dabei muss jede Region für sich und
natürlich das Gesicht insgesamt geplant werden.
Für das Auge sind Oberlidimplantate hilfreich. Elemente der Facelift-Chirurgie können je nach Befund durch Anheben des SMAS (superficial musculoaponeurotic system) oder im Stirnbereich eines
subkutanen Stirn-Brauen-Lifts einfließen.
_Fallbeispiel
Bei der damals 54-jährigen Patientin kam es 17
Jahre nach der Erstmanifestation und 16 Jahre nach
einem loklalen Rezidiv zu einem zweiten Rezidiv eines myoepithelialen Karzinoms der Glandula parotis rechts. Die Therapie erfogte damals durch partielle Parotidektomien in einem auswärtigen Krankenhaus. Vor fünf Jahren erfolgte eine radikale totale Parotidektomie mit Neck dissection rechts.
Der vom Tumor zerstörte N. facialis musste größtenteils geopfert werden. Der Nervenstamm wurde
in seinem intramastoidalen Verlauf dargestellt und
Anteile des Augenastes konnten erhalten werden.
Postoperativ bestand eine fast vollständige peri-
Artikelreihe zum Thema „Speicheldrüsen“
phäre Fazialisparese rechts mit einer Restaktivität
des Augenastes mit unvollständigem Lidschluss des
rechten Auges. Tumorklassifikation: rpT3pN0 R0.
Danach erfolgte eine adjuvante Strahlentherapie
für die Rezidivlokalisation plus Sicherheitssaum in
3-D-geplanter Technik mit einer Gesamtdosis von
64,8 Gy. In einem Intervall von einem Jahr nach der
Operation erfolgte die operative Rehabilitation der
paretischen Gesichtshälfte rechts.
Die Rehabilitätion erfolgte wie folgt:
A: Implantation eines Oberlidimplantates aus Gold .
Mit sogenannten Dummies wird zuvor das Implantat mit dem optimalen Gewicht ermittelt. Das ist das
Gewicht, welches einerseits zu einem vollständigen
Lidschluss führt und andererseits eine mühelose
Hebung des Lides ermöglicht.
B: Gewinnung von Facia lata aus dem Oberschenkel.
Fascia lata ist die festeste Faszie des Körpers. Sie verläuft vom Labium externum der Crista iliaca zum
Condylus lateralis femoris und zum Retinaculum
patellae an der lateralen Seite des Oberschenkels
(Abb. 2c).
C: Befestigung der Fascia lata über eine Inzision der
Nasolabialfalte an der Ober- und Unterlippe mit
vorheriger Abmessung und Anzeichnung in Höhe
des Filtrum und Einbetten und Fixieren in einem
neuen „Kanal“.
D: Transposition des M. masseter und Fixierung der
gespannten Fascia lata am Stumpf des M. masseter._
Erkrankungen
der Speicheldrüsen –
Teil IV – Hints & Tricks
Autor_Prof. Dr. Hans Behrbohm
_In diesem Teil werden spezielle perioperative Problemfelder der Chirurgie der großen Speicheldrüsen
thematisiert.
_1. Laterale Parotidektomie
versus Enukleation
In den letzten Jahren flammte eine alte Kontroverse zu den Operationstechniken bei benignen Tumoren der Glandula parotis auf. Es ging um die
Frage, ob und wann eine Enukleation eines Tumors
vertretbar bzw. wann eine laterale Parotidektomie
indiziert ist.
Für das pleomorphe Adenom, dem häufigsten benignen Tumor, konnte inzwischen belegt werden,
dass Satellitenknoten-Rezidive häufiger nach inadäquater Operationstechnik auftreten.1 Meist
treten die Rezidive erst nach über zehn Jahren
postoperativ auf, sind häufiger bei Frauen und vom
stromareichen Subtyp.2 In der Literatur wird die
Rezidivrate nach Enukleation mit 8–70 % angegeben und liegt damit oberhalb der Rate bei Patienten mit primärer lateraler Parotidektomie. Die Gefahr einer malignen Entartung besteht besonders
bei dem stromaarmen Subtyp. Im Vergleich zwischen einer lateralen und totalen Parotidektomie
fanden sich jedoch keine Unterschiede in der Rezidivrate.3 Die laterale Parotidektomie ist somit die
Methode der Wahl beim pleomorphen Adenom
des lateralen Parotislappens.
Der zweithäufigste benigne Tumor der Glandula
parotis ist der Whartin-Tumor, das Zystadenolymphom. Es findet sich bevorzugt in der Region des
unteren Parotispols und tritt bevorzugt bei Männern
auf. Der Tumor hat palpatorisch eine weichere Konsistenz als das pleomorphe Adenom, ist zystisch bis
prall elastisch, mit einer glatten Oberfläche und guter
Verschieblichkeit. Wegen der geringen Rezidivneigung ist eine extrakapsuläre Exstirpation mit dem
umgebenden Speicheldrüsengewebe vertretbar.
Abb. 1
Artikelreihe zum Thema „Speicheldrüsen“
Abb. 1_ Prinzip der Enukleation am
Beispiel eines Halslymphknotens.
Diese Operationstechnik ist üblich
bei benignen Tumoren der
Halsregion, z.B. bei LymphknotenExstirpationen. Für die Chirurgie
der Speicheldrüsen ist diese Technik
obsolet. Abb. aus Behrbohm H.:
Grundlagen der Instrumentenkunde,
Endopress 2006.
Abb. 2_ Lymphoepitheliale Zyste der
Gl.parotis.
Abb. 2
Abb. 3_ Topografie der großen Kopfspeicheldrüsen.
1 Gl. parotis, 2 akzessorische Drüse,
3 Stenon’scher Gang, 4 Gl.
submandibularis, 5 Proc. uncinatus,
6 Whartin’scher Gang, 7 Gl. submandibularis, 8 Caruncula submandibularis, A M. masseter, B M.
buccinators, C M. mylohyoideus
Abb. aus Behrbohm H, Kaschke O,
Nawka T: Kurzlehrbuch HNO,
Thieme 2009.
Abb. 4_ Prinzip der lateralen
Parotidektomie. Landmarken beim
Aufsuchen des Nervenstamms des
N. facialis. 1 Nervenstamm, 2 Spitze
des knorpeligen Gehörgangs, „pointer“, 3 Fissura tympano-mastoidea,
4 Winkel zwischen dem Ansatz des
M. sternocleidomastoideus (5) und
dem hinteren Bauch des M.
digastricus (6), 7a oberflächlicher
Parotislappen, 7b tiefer Parotisanteil,
8 A. und V. temporalis, 9 retrahierter
Lobulus, 10 äußerer Gehörgang,
11 Mastoidspitze
Abb. aus Behrbohm H, Kaschke O,
Nawka T, Swift A: ENT diseases,
Head & Neck, Thieme 2009.
Abb. 5_ Mikrochirurgische Dissektion. Die Präparation erfolgt oberhalb
des N. facialis, der sich innerhalb
der Drüse aufzweigt. Gleichzeitig wird
der oberflächliche Drüsenlappen
dadurch präpariert. Die Unterteilung
in einen tiefen und oberflächlichen
Drüsenlappen ist klinisch und chirurgisch determiniert. Ausgangspunkt
ist die Aufspreizungsebene der
Äste des N. facialis. Anatomisch
gibt es keine morphologische
Kompartimentierung zwischen
beiden Drüsenanteilen.
Abb. aus Behrbohm H, Kaschke O,
Naweka T, Swift A: ENT diseases,
Head & Neck, Thieme 2006.
Abb. 6_ Retrograde Nervendarstellung von peripher nach zentral
am Beispiel der Präparation des
n. accessorius
Abb. aus Behrbohm H.:
Fundamentals of surgical dissection,
Endopress 2006.
8
3
2
1
2
1
10
9
3
Abb. 3
8 7 6
5 4
Abb. 4
6
4
5
11
Abb. 5
_2. Zysten der Speicheldrüsen – immer werden. In einzelnen Fällen kommt es zu einer Verkleeine knifflige Differenzialdiagnostik
bung und einem spontanen Systieren der Sekretion.
Zysten der Speicheldrüsen treten seltener auf und
stellen manchmal Probleme bei der Differenzialdiagnostik, z.B. auch zum Whartin-Tumor dar (Abb. 2). Pathogenetisch unterscheidet man mit Epithel ausgekleidete echte Zysten von Pseudozysten, die nur von
Binde-gewebe umgeben sind.
_ Dysontogenetische Zysten: Es handelt sich um primäre Fehlbildungen. Typisches Beispiel ist die Ranula. Die Zyste geht von der Gl. sublingualis aus und
entsteht durch Obstruktionen, Fehlbildungen oder
Stenosen des Ausführungsgangsystems.
_ Speichelgangzysten: Sie treten am häufigsten in der
Gl. parotis auf. Mukozelen der kleinen Speicheldrüsen entstehen durch Schleimzellenbildungen, ausgehend von den kleinen Speicheldrüsen, besonders
an der Unterlippe.
_ Retentionszysten: Sie besitzen eine Epithelauskleidung und entstehen durch erworbene AbflussStörungen
_ Lymphoepitheliale Zysten: Sie entstehen aus
Lymphfolikeln, besonders in der Parotis, und treten
bei 5 % der HIV-Infizierten multifokal als Frühzeichen auf.
Zysten haben eine weiche bis prall-elastische Konsistenz und ein typisches sonografisches Bild. Die Ranula erscheint als prall-elastische, livide Raumforderung unter der Zunge (Abb. 2).
Die Therapie besteht in einer Exstirpation oder, z.B. bei
der Ranula, in einer Marsupialisation.
Wenn sich keine klinische Besserung andeutet, bleibt
nur die Revisionsoperation (Abb. 3).
_4. Darstellung des Nervus facialis –
A und O der Parotischirurgie
Das Hauptproblem der Parotischirurgie besteht in einer Schonung des N. facialis. Dazu wird er anhand von
Landmarken dargestellt. Allerdings kann seine Präparation schwierig sein, z.B. bei einem voroperierten und
vernarbten Situs. Auch ein intakter Nerv kann mit
einer zeitweisen postoperativen Parese einhergehen.
Standard ist heute ein intraoperatives Monitoring des
N. facialis (Abb. 12). Es gibt dem Operateur in schwierigen Situationen Hinweise zur Identifikation von
Nervenästen (Abb. 4 und 5).
Alternativ zu der Darstellung des Nervenstamms
kann der Nerv auch retrograd an jedem beliebigen
Punkt innerhalb des Drüsenparenchyms aufgesucht
werden. Es sollte dabei immer von möglichst periphe-
_3. Tumoren von akzessorischem
Parotisgewebe – eine crux
Eine besondere Schwierigkeit stellen Tumoren von
akzessorischem Parotisgewebe dar. Das Problem besteht in einer Identifikation der dünnen und oft multiplen und verzweigten kleinen Zuflüsse von den akzessorischen Drüsenazini zum Stenon`schen Gang.
Bereits kleine postoperative Gangläsionen führen zu
postoperativen Speichelfisteln. Es können täglich bis
zu 50 ml in die Wange laufen. Die Situation kann
durch Abpunktieren des Speichels, Druckverbände
und Medikation mit Atropin einige Tage beobachtet
Artikelreihe zum Thema „Speicheldrüsen“
Abb. 6
Abb. 7
Abb. 8
ren Ästen an der Drüsenoberfläche oder nach Verlassen der Drüsenkapsel ausgegangen werden (Abb. 6).
_5. Rekonstruktion des Nerven –
cool bleiben und handeln
Kommt es intraoperativ zu einer Verletzung des Nerven, so ist eine sofortige Rekonstruktion indiziert.
Dazu wird der Nervenast übersichtlich dargestellt.
Wenn eine möglichst spannungsfreie End-zu-EndAnastomose nicht möglich ist, muss ein Interponat
gewonnen werden. Dazu bietet sich der N. auricularis magnus an, der kaudal der G. parotis oberhalb des
M. sternocleidomastoideus aufzusuchen ist. Nach
einer vorsichtigen Anfrischung der Ränder der Nervenstümpfe erfolgt eine epineurale Naht mit nicht
resorbierbarem, monofilen Nahtmaterial 10 x 0 unter
mikroskopischer Sicht. Die Nervenenden sollten zuvor durch farbige Haltebänder oder einer epineurale
Haltenaht in Position gebracht werden (Abb. 7).
Abb. 9
sollte der Unterrand des Lobulus ca. 8 mm frei gelassen werden. Am Ansatz des Lobulus der Ohrmuschel
treten Fistelungen nach außen am häufigsten auf. Sie
können so vermieden werden (Abb. 9).
_7. Vermeidung von Läsionen des Ramus
marginalis des N. facialis – die Essentials
Die häufigsten postoperativen Paresen nach Operationen an den Speicheldrüsen betreffen den Ramus
marginalis des N. facialis nach Exstirpationen der Gl.
submandibularis. Die erste wichtigste Voraussetzung
um diese Läsionen zu vermeiden ist eine exakte
Schnittführung in einem Abstand von ca. zwei Querfindern unterhalb und parallel zum horizontalen Ast
des Unterkiefers. Nach einer Durchtrennung von
Haut-Subkutis und Platysma werden die A. und V.
facialis dargestellt, umstochen und unterbunden.
Danach wird der Haken eingesetzt. Der Ramus marginals liegt jetzt geschützt oberhalb des Operationsfeldes des Trigonum submandibulare (Abb. 10 ).
_6. Speichelfisteln –
Abwarten und entscheiden
Speichelfisteln sind eine recht unangenehme Komplikation nach Eingriffen an der Gl. parotis. Sie können entweder als Fistelung nach außen oder unterhalb des Hautlappens auftreten und teilweise zu erheblichen postoperativen Schwellungen führen. Die
wichtigste Voraussetzung zu deren Vermeidung ist
eine atraumatische Präparation dicht oberhalb der
Drüsenoberfläche. Verletzungen der Drüsenlobuli
sollten vermieden werden. Dazu ist eine gute Ausleuchtung in der Tiefe des Präparationsgebietes z.B.
durch Ausleuchtung mit einer Stirnlampe oder mit
einem Leuchtspatel wie beim Facelift hilfreich.
Kommt es dennoch zu einer Verletzung, so sollte das
verletzte Gewebe in seine alte Lage adaptiert und
eine Naht der „Drüsenkapsel“ vorgenommen werden
(Abb. 8).
Bei der s-förmigen Umschneidung der Ohrmuschel
zur Vorderkante des M. sternocleidomastoideus,
7
5
6
4
5
1a
2
3
1
Abb. 10
Artikelreihe zum Thema „Speicheldrüsen“
8
Abb. 7_ Nervenplastik durch Interponate aus dem N. auricularis magnus
bei tumorbedingter Indikation zur
Resektion des N. facialis
Abb. OA Dr. H. Birke,
Park-Klinik Weißensee
Abb. 8_ Präparation der Drüsenoberfläche der Gl.Parotis bei der lateralen
Parotidektomie. Dargestellt ist der
Verlauf der Facialisäste in der Tiefe
des Drüsenkörpers. Durch abwechselndes Schneiden und Spreizen erfolgt die Ablösung des Hautlappens,
der mit dem Haken angehoben wird,
sodass die Sicht auf die Tiefe der
Dissektion möglich wird. Große
Präparierscheren sind für solche
Zwecke atraumatischer als kleine.
Abb. aus Behrbohm H.:
Fundamentals of surgical dissection,
Endopress, 2006
Abb. 9_ Narbe nach lateraler
Parotidektomie 5 Wochen
postoperativ. Die Schnittführung ist
erkennbar.
Abb. 10_ Exstirpation der Gl.
submandibulaxis links.
1 Gl. submandibularis, 1a Ligatur des
Whartin’schen Ganges, 2 vorderer
Bauch des M. digasticus,
3 M. styloideus, 4 horizontaler Ast
der Mandibula, 5 A. und V. facialis,
6 N. marginalis, 7 N. lingualis,
8 N. hypoglossus
Abb. aus Behrbohm H, Kaschke O,
Nawka T, Swift A: ENT diseases,
Thieme 2009
Abb. 11a und b_ a: Falsche
Schnittführung, b: Schädigung des
Ramus marginalis.
Abb. 11a
Abb. 11b
_8. Neuromonitoring –
aktueller Standard
_Kontakt
face
Prof. Dr. med.
Hans Behrbohm
Park-Klinik Weißensee
Privatpraxis am Kudamm
www.ku61.de
Privat-Institut für
Weiterbildung und
Entwicklung in der HNO e.V.
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In den letzten Jahren ist das intraoperative Neuromonitoring des N. facialis während der Operationen an
den Speicheldrüsen allgemein zur Routine geworden.
Nach Einleitung der Narkose werden die Ableitungselektroden in den zu prüfenden Muskeln, z.B. M. orbicularis oris – Mundast, M. orbicularis oculi, M. frontalis – Stirnast und eine neutrale Elektrode platziert. Es
erfolgt eine Impedanzmessung und Fixierung der
Elektroden. Intraoperativ wird der Nerv durch gezielte
Elektrostimulation mit einer Reiz- oder Prüfsonde
gereizt. Über einen Lautsprecher erhält der Operateur
eine akustische Reizantwort. Die Methode dient der
Identifikation des Nerven, wenn sich der Operateur
nicht sicher ist, ob es sich wirklich um einen Nervenast
handelt und der optimalen Schonung des Gewebes
durch atraumatische Präparation.
Die Einführung des Neuromonitoring hat zu einer
signifikanten Verbesserung der funktionellen Ergebnisse nach Operationen der Speicheldrüsen beigetragen. Während es bei Operationen der Gl. parotis üblich
geworden ist, sollte es konsequenterweise auch bei
jeder Exstirpation der Gl. submandibuaris eingesetzt
werden, denn hier entstehen die meisten postoperativen Paresen (Abb. 12).
_9. postoperative Narben –
Visitenkarte des Operateurs
Die Schnittführung und der Wundverschluss bei der
lateralen oder totalen Parotidektomie verläuft im
sichtbaren Teil des Gesichtes und muss daher hohen
ästhetischen Ansprüchen genügen. Im kranialen Teil
der Schnittführung erfolgt eine Koriumnaht, im kaudalen Anteil wird das Platysma verschlossen.
Die Hautnaht erfolgt durch eine fortlaufende Intrakutannaht (Abb. 13).
_10. Frey’sches Syndrom –
gustatorisches Schwitzen
Das gustatorische Schwitzen ist eine mögliche Komplikation nach Operationen der Gl. parotis. Es handelt
sich um eine postoperative Innervationsstörung.
Sekretorische Nervenfasern, die mit dem N. facialis
ziehen, sprossen nach einer intraoperativen Durchtrennung nicht in das Drüsenparenchym ein, sondern
in Haut. Es kommt während des Essens nicht zu einer
Sekretion von Speichel, sondern zu einer Stimulation
der Schweißdrüsen und zu einer Rötung der Haut
(gustatory flashing) und einem Schwitzen und Kribbeln über der operierten Drüse.
Mit dem Jod-Stärke-Test nach Minor gelingt der
Nachweis. Die Haut wird zunächst mit einer Jodlösung und danach mit Stärke gepinselt. Während einer
Reizmalzeit durch Verzehr eines Apfels kommt es zu
einer Sekretion mit Blaufärbung der geschwitzten
Regionen. Diese werden mit einem Stift markiert und
in 4 cm2 große Felder kartiert. Die Therapie erfolgt mit
Botulinnumtoxin in einer Dosierung von 2 2,5 IE pro
Feld intrakutan.
Die erfolgreiche Botox-Behandlung hat die früher
übliche Pinselung mit Aluminiumchlorid-Hexahydrat
Gel/Lösung abgelöst. Bei nur geringer Ausprägung
der Sekretion kann ein üblicher Deostift vor den
Mahlzeiten hilfreich sein._
Literatur beim Verfasser
Abb. 12_ Elektroden während
einer Operation der
Gl.submandibuaris.
Abb. 13_ Wundverschluss durch
Intrakutannaht 6 Tage postoperativ.
Abb. 12
Abb. 13
Artikelreihe zum Thema „Speicheldrüsen“
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