Klinische Medizin eBook Prof. Dr. Hans Behrbohm ARTIKELSAMMLUNG zum Thema „Speicheldrüsen“ o n l i n e eBook w w w. z w p - o n l i n e . i n f o Prof. Dr. Hans Behrbohm _ Chefarzt der Abteilung für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde und Plastische Operationen an der Park-Klinik Weißensee, einem akademischen Lehrkrankenhaus der Charité (www.park-klinik.com) _ Zugleich Niederlassung am Kurfürstendamm 61 (www.ku61.de) _ Besondere Tätigkeitsschwerpunkte: plastische, rekonstruktive und ästhetische Gesichtschirurgie, funktionell-ästhetische Chirurgie der Nase, endoskopische Mikrochirurgie der Nasennebenhöhlen und der Schädelbasis, Entwicklung des Konzepts der Biostatischen Chirurgie der Nase (www.ku61.de/nase_sanft.pdf) _ Publikationen: 3 Lehrbücher im Thieme-Verlag, Stuttgart, New York, zahlreiche Monografien und über 100 wissenschaftliche Originalarbeiten (www.thieme.de) _ Gründungs- und Vorstandsmitglied des Privat-Instituts für Medizinische Weiterbildung und Entwicklungen Berlin e.V. (www.imwe-berlin.de) _ Auszeichnungen: Humboldt-Preis der Humboldt-Universität zu Berlin, First Prize Award der British Medical Association, Medal of the All India Rhinologic Society _ Gesellschaften: Norddeutsche Gesellschaft für Otorhinolaryngologie und zervikofaziale Chirurgie (Präsident 2001/2002), European Academy of Facial Plastic Surgery, American Academy of Facial Plastic and Reconstructive Surgery, Deutsche Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Kopf- und Halschirurgie, Internationale Gesellschaft für ästhetische Medizin Verlag: OEMUS MEDIA AG Holbeinstraße 29 04229 Leipzig Projektbetreuung: Heike Isbaner Satz/Layout: Dipl.-Des. Jasmin Hilmer © Prof. Dr. Hans Behrbohm/OEMUS MEDIA AG Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigung, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages und/oder des Autors. Artikelreihe zum Thema „Speicheldrüsen“ © YorkBerlin Erkrankungen der Speicheldrüsen – ein Buch mit 7 Siegeln? Teil I – Medizin zwischen Befunden und Symptomen _Prof. Dr. Hans Behrbohm Erkrankungen der Speicheldrüsen – die Tumoren Teil II – Diagnostik und Chirurgie mit dem 7. Sinn _Prof. Dr. med. Hans Behrbohm, Dr. med. Heiko Birke, Dr. med. Gabriele Behrbohm Erkrankungen der Speicheldrüsen Teil III – Chirurgie des gelähmten Gesichtes _Prof. Dr. med. Hans Behrbohm Erkrankungen der Speicheldrüsen Teil IV – Hints & Tricks _Prof. Dr. Hans Behrbohm Artikelreihe zum Thema „Speicheldrüsen“ Erkrankungen der Speicheldrüsen – ein Buch mit 7 Siegeln? Teil I – Medizin zwischen Befunden und Symptomen Autor_Prof. Dr. Hans Behrbohm _Die Diagnostik von Erkrankungen der großen Speicheldrüsen ist ein spezielles Feld in der HNO, welches dem Arzt zuweilen eine „harte Nuss“ zu knacken gibt. Einerseits begegnen uns die Speicheldrüsenerkrankungen per se, z. B. in Form von lokalen Veränderungen wie Entzündungen, Tumoren oder Zysten, andererseits sind Speicheldrüsen ein empfindlicher Indikator für eine Reihe verschiedener Veränderungen und Erkrankungen des Gesamtorganismus. Die Steuerung der Speichelsekretion und des Funktionszustandes des Parenchyms erfolgt über das vegetative Nervensystem. Je nach Überwiegen einer adrenergen oder cholinergen Stimulation der Azinuszellen werden mehr Proteine bzw. Elektrolyte und Wasser sezerniert. Bei der Sialadenose beispielsweise führt eine überwiegend adrenerge Stimulation durch eine verlängerte Lagerungsphase der Sekretgranula zur Schwellung der Azinuszellen und damit zu einer weichen, meist indolenten Schwellung der Ohrspeicheldrüse. Abb. 1_ Die großen Kopfspeicheldrüsen. 1 Glandula parotis, 2 akzessorische Drüse, 3 Stenon-Gang, 4 Glandula submandibularis, 5 Proc. uncinatus, 6 Wharton-Gang, 7 Glandula sublingualis, 8 Caruncula sublingualis, A: M. masseter, B: M.buccinator, C: M. mylohyoideus Abb. 2_ Hämangiom der Parotisregion links bei einem Säugling. Abb. 3_ Technik der bimanuellen Palpation der Speicheldrüsen. Beispiel Gl. submandibularis et sublingualis. Abb. 1 Abb. 2 Artikelreihe zum Thema „Speicheldrüsen“ Leitsymptome der Speicheldrüsenerkrankungen sind die ein- oder doppelseitige Schwellung, Schmerzen und Veränderungen des Speichels. Der Ausgangspunkt jeder Speicheldrüsendiagnostik ist eine gezielte Anamnese, die das Ziel hat, Zusammenhänge mit endokrinen Funktionsstörungen, Immunerkrankungen oder Arzneimitteln aufzuklären. Die Anamnese ist bei Erkrankungen der Speicheldrüsen wegweisend. Hier ergeben sich bereits die Hinweise darüber, ob eine Speicheldrüsenerkrankung per se oder eine symptomatische Mitbeteiligung im Rahmen einer Stoffwechselerkrankung, z.B. bei einem Diabetes mellitus, einer rheumatischen Erkrankung, einem Eiweißmangel, einer Medikamentennebenwirkung oder z.B. bei eine Bulämie vorliegt. Schwellungen der Speicheldrüsen in Kombination mit Gelenkbeschwerden weisen auf ein SjögrenSyndrom hin. Fieber und Schmerzen sind Zeichen akuter Entzündungen. Zudem gibt es ein Prädilektionsalter für verschiedene Erkrankungen der Speicheldrüsen (Abb. 2): Abb. 3 Abb. 4_ Pleomorphes Adenom der Gl.parotis rechts bei einer 69-jährigen Patientin. Abb. 5_ Zyste der Gl. parotis bei einer 24-jährigen Patientin. _ Neugeborene: Lymph- oder Hämangiome _ Schulalter: Mumps, akut-rezidivierende Parotitis _ Mittleres Lebensalter: Adenome, benigne und maligne Tumoren, Sialadenosen _ Höheres Lebensalter: steigender Anteil von Malignomen _Anamnese _ Schwellungen: wann, wie oft, nach dem Essen? _ Mundtrockenheit: seit wann, wechselnd? _ Andere (systemische) Erkrankungen: z.B. Rheuma, Gelenk- und Augenerkrankungen? _ Arzneimittel: Alkohol, Kontrazeptiva, Antihypertensiva, Sympatho- und Parasympatholytika bzw. Parasympathomimetika, -Rezeptorenblocker, Psychopharmaka, Kardiaka _Basisdiagnostik Bei dem Verdacht auf eine Speicheldrüsenerkrankung sollte der Arzt eine genaue Inspektion und Palpation durchführen und sich dabei die Fragen stellen: _ Bestehen allgemeine Entzündungszeichen (Rubor, Dolor, Tumor, Calor)? _ Besteht eine einseitige, beidseitige, diffuse, umgrenzte, schmerzhafte, weiche, harte, verschiebliche, nicht verschiebliche Schwellung? _ Sind vergrößerte Lymphknoten zu tasten? Inspektion und Palpation haben im Seitenvergleich stattzufinden. Bei der Palpation ist bimanuell vorzugehen. Die Palpation ist deshalb so wichtig, weil etliche Erkrankungen einen charakteristischen Tastbefund bieten. So findet sich z. B. bei der Sialadenose eine diffuse, weiche Schwellung der gesamten Drüse. Für das pleomorphe Adenom z. B. ist die indolente, derbe umschriebene Schwellung mit höckriger Oberfläche charakteristisch. Das Zystadenolymphom bietet im Gegensatz dazu einen weicheren, manchmal zystischen Widerstand bei der Palpation. Mit einiger Erfahrung ist eine genaue, bimanuale Palpation mit entspannten Halsfaszien, d.h. zum Untersucher gebeugten Kopf, nach Abb. 6a Abb. 6b Abb. 4 Abb. 5 eigenen Erfahrungen kaum ungenauer als die Sonografie (Abb. 3). _Leitsymptome Die genannten Leitsymptome weisen auf eine Speicheldrüsenerkrankung hin. Aus ihnen lässt sich jedoch nur bedingt auf deren Ursache schließen. Schwellung: _ einseitig (z.B. Tumor) oder doppelseitig (z. B. Systemerkrankung)? _ ganze Drüse (z.B. Sialadenose) oder Anteile geschwollen (z. B. Mischtumor)? _ Wachstumsgeschwindigkeit? schnell (z.B. maligner Tumor) oder langsam (z. B. benigner Tumor, aber auch adenoid-zystisches Karzinom) Schmerz: _ meist bei akuten, chronisch-rezidivierenden Entzündungen, weniger bei Tumoren, Heerfordt-Syndrom, Sialadenosen und Tumoren Speichel: _ klar _ trüb (Sialadenitis) _ eitrig (akute Entzündung) _ flockig, milchig (chronisch-rezidivierende Entzündung) Abb. 7 Artikelreihe zum Thema „Speicheldrüsen“ Abb. 6a_ Sialadenose bei einer 31-jährigen Patientin mit Bulämie. Abb. 6b_ Pathomechanismus der Gl. parotis bei adrenerger Stimulation. 1 Start der Speichelsynthese und Bildung von endoplasmatischem Reticulum, 2 und 3 Proliferation und Einlagerung der Sekretgranula, 4 „Aufblähen“ der Azinuszelle durch vermehrte Einlagerung von Sekretgranula bei verminderter Proteinsynthese, 5 Ende der Stimulation. Abb. 7_ Chronische non-obstruktive Sialadenitis der Gl. parotis rechts mit dem Bild des „blühenden Apfelbäumchens“. Abb. 8 Abb. 8_ Funktionsszintigrafie der Speicheldrüsen. Hyposalivation in der rechten Gl. parotis bei chronischer non-obstruktiver Entzündung. Abb. 9a_ Sialendoskopie mit Extraktion eines Speichelsteins mit dem „wire basket“ (Bild: F. Marchal) aus*. Abb. 9b_ Karl Storz-Instrumentarium für die Sialendoskopie. Abb. 9a Abb. 9b Xerostomie: _ Hyposialie bei Störungen des autonomen Nervensystems, Autoimmunerkrankungen, _ Dehydratation, Medikamentennebenwirkungen Fazialisparese: _ Malignome, auch beim Heerfordt-Syndrom Ergibt sich aus der Palpation der Verdacht auf eine Tumorerkrankung, sollten ergänzend zur B-ScanSonografie weitere bildgebende Diagnostik erfolgen (Abb. 4 bis 6b). _Bildgebende Diagnostik Sonografie Die B-Scan-Sonografie ist wegen ihrer einfachen Anwendung, geringen Kosten und guten differenzialdiagnostischen Ausbeute die Methode der ersten Wahl. Die Qualität der Untersuchung hängt allerdings sehr von der Erfahrung des Untersuchers ab. Es werden Größe und Form der Drüse bzw. der intraglandulären Raumforderung, scharfe oder unscharfe Begrenzung, ihr Reflexverhalten, z.B. echoreich, echoarm, echoleer, und die Textur der Binnenechos z.B. homogen oder irregulär, bewertet. Aussagen zur Dignität sind dennoch vage und müssen bei Malignitätsverdacht durch eine Feinnadelaspirationszytologie geklärt werden. Deren Aussagefähigkeit ist an eine dauerhafte Kooperation mit einem erfahrenen Zytologen/Pathologen gebunden. Feinnadelaspirationszytologie (FNAZ) Die FNAZ dient der histologischen Diagnosesicherung bei unklarer Dignität und besitzt eine hohe Sensibilität und Spezifität. Es besteht keine Gefahr der Fazialisschädigung oder der Tumoraussaat (im Gegensatz zur Stanzbiopsie). Die FNAZ erfolgt sonografisch gestützt. CT und MRT Als weiterführende Untersuchung, besonders bei Tumorverdacht, kommen beide Verfahren in Betracht. Mit der CT können vor allem Tumoren aus Lymph- Artikelreihe zum Thema „Speicheldrüsen“ knotenstationen adäquat dargestellt werden. Wichtig ist die Differenzierung zwischen benignen und malignen Tumoren. Unscharfe Begrenzung, infiltratives Wachstum und die Anreicherung des Kontrastmittels (Enhancement) sind Zeichen für Malignität. Die MRT ist hinsichtlich des Weichteilkontrastes allen anderen bildgebenden Verfahren überlegen. Der Vorteil zeigt sich besonders bei speziellen Fragestellungen, z.B. der Differenzierung unterschiedlicher Tumorentitäten, Differenzierung zwischen Narbengewebe, radiogener Fibrose oder Tumorrezidiv. Benigne Tumoren, z.B. Adenome, kommen in der T1-Wichtung glatt begrenzt und hypodens zur Darstellung. Flüssigkeit, z.B. Zysten, besitzen ein hohes Signal in der T2Wichtung. Es ist möglich, Tumorgewebe von Begleitödemen zu differenzieren und sogar vitale von nekrotischen Tumorkomponenten abzugrenzen. Kriterien der Malignität sind auch hier unscharfe Tumorrandkonturen, infiltratives Wachstum und inhomogenes Kontrastmittel-Enhancement. Sialografie Bei der Sialografie wird das Ausführungsgangsystem der großen Speicheldrüsen mit ca. 1,5 ml eines Kontrastmittels aufgefüllt und danach Röntgenaufnahmen angefertigt. Im dargestellten Bild des Gangsystems können Zeichen der Obstruktion, z.B. durch Speichelsteine, Gangektasien, chronische Entzündungen, gut- oder bösartige Tumore, gefunden werden. Schwerpunkt sind entzündliche Erkrankungen der Speicheldrüsen. Die Sialografie kann den morphologischen Zustand des Ausführungsgangsystems bzw. der entzündlich veränderten Azinuszellen bildgebend darstellen. Sie ist kontraindiziert bei akuter Entzündung. Die Sialografie ist heute eine fast schon vergessene Untersuchungsmethode. Nach eigener Erfahrung zu Unrecht. Typisch sialografisch zu differenzierende Krankheitsbilder sind die chronisch-rezidivierende Parotitis mit dem Bild des belaubten Baumes (non-obstruktive Sialadenitis) durch entzündliche Veränderungen der Azini und Drüsenendstücke, Ektasien der Drüsengänge (obstruktive Sialadenitis) sowie das Sjögren-Syndrom mit dem Bild des beraureiften und entlaubten Baumes aufgrund von Gangrarefizierungen und Parenchymatrophien (Abb. 7). Abb. 10a Abb. 10b Abb. 10c Die Sialografie wird auch als MR-Sialografie ohne Injektion von Kontrastmittel durchgeführt. So sind exakte Aussagen zum Ausführungsgangsystem, insbesondere bei den verschiedenen Formen chronischer Entzündungen, mit recht unterschiedlichen therapeutischen Konsequenzen möglich. Szintigrafie Das Radioisotop (Tc99) wird in das Drüsenparenchym aufgenommen und über das Ausführungsgangsystem ausgeschieden. Durch die Erstellung von Zeitaktivitätskurven über verschiedenen „Regions of interest“ kann die Sekretionsleistung absolut und im Seitenvergleich bestimmt werden. Eine verzögerte Ausscheidung findet sich z.B. bei chronischer Sialadenitis und Sialadenose (Abb. 8). _Funktionsdiagnostik Sialometrie Die Sialometrie dient der Beurteilung des Funktionszustandes des Drüsenparenchyms. Es kann rasch zwischen einer Asialie, Hypo- oder Normosialie differenziert werden. Mithilfe von dünnen Silikonkathedern können die Ausführungsgänge der Drüsen sondiert werden, um Speichel vor und nach einer Stimulation, z.B. mit Zitronensäure, zu gewinnen. Der Speichel kann chemisch, mikrobiologisch, immunologisch und genetisch untersucht werden. Abb. 10a_ Sjögren-Syndrom bei einer 68-jährigen Patientin mit Schwellung der Gl. parotis rechts. Abb. 10b_ Deutliche Deformierungen der Fingergelenke bei der gleichen Patientin. Abb. 10c_ Durchsetzung des Parenchyms mit myoepithelialen Inseln und Rundzell-Infiltraten, HE-Färbung. 100-fache Vergrößerung. Positronen-Emissions-Tomografie Die PET ist ein Verfahren mit relativ hoher Sensibilität zur Detektion von Läsionen mit pathologisch gesteigertem Stoffwechsel. Sie erfolgt kombiniert mit einem morphologiebasierten Schnittbildverfahren, derzeit der CT. Es handelt sich um ein funktionelles Verfahren zur Detektion von malignen Tumoren, Metastasen und zur Differenzierung von Narbengeweben und Rezidiven. Speicheldrüsenerkrankungen nicht entzündlich ã ã ã ã ã (bakteriell) • chron. rez. Parotitis ã • Sialadentis Sialadenosen Systemerkrankung ã • Mumps (viral) chronische Zysten • endokrin • Immunsialadenitis • neurogen • Sjögren • hormonell • epitheloidzell. P. • Speichelgangzysten • metabolisch • Heerford • Mukozelen der obstruktiv non-obstruktiv • medikamentös • dysgenetisch (Ranula) ã akute tumorös ã entzündlich benigne maligne • Adenome – pleomorph – monomorph • – Zystaden- Melkerson- kleinen Speichel- olymphome Rosenthal drüsen (Whartin) • Mikulicz • Retentionszysten • Sarkoidose • lymphoepitheliale Zysten (HIV) Artikelreihe zum Thema „Speicheldrüsen“ • Karzinome – maligne Lymphome – Non Hodgkin • – Malt • – Metastasen _Info face Speicheldrüsen sind exokrine Drüsen, die den Speichel (Saliva) bilden. Unterschieden werden die großen paarigen Kopfspeicheldrüsen (Glandula parotis, submandibularis, sublingualis) von den ca. 1.000 kleinen solitären Speicheldrüsen in der Mund-, Pharynx-, Gaumen- und Lippenschleimhaut. Die Methode basiert auf der gesteigerten Glykolyse und der vermehrten Expression von Glukosetransportern in pathologischem Gewebe. Das meist verwendete Nuklid ist das radioaktive Isotop des Fluor (18F, Fluordesoxyglukose). _Zwei häufige Erkrankungen Sialolithiasis Die Sialolithiasis findet sich weitaus häufiger in der Glandula submandibularis (seromuköse Drüse – 80 % –) als in der Glandula parotis (seröse Drüse). Ätiologisch wird die Steinbildung durch Dyschilie, Viskositäts- und pH-Veränderungen und die damit veränderte Löslichkeit für Kalziumphosphatverbindungen sowie die Bildung von Kalzium und Muzinkomplexen erklärt. Typisch ist der Kolikschmerz, postprandial und die nach gustatorischer Reizung auftretende Drüsenschwellung (Abb. 9a und b). Als Therapie wurden die Laserlithotripsie und die extra-korporale Stoßwellenlithotripsie heute weitgehend von der eleganten Sialendoskopie abgelöst. Allerdings erfordert die Methode mit der endoskopischen Extraktion von Speichelsteinen mit dem Fangkörbchen viel Erfahrung. Wir verwenden dazu das Sialendoskopie-Set von Karl Storz nach F. Marchal. Indikationen bestehen bei drüsennahen und intraglandulären Steinen unabhängig von der Größe. Je deutlicher die postprandiale Drüsenschwellung als Antwort auf die Obstruktion ist, desto besser sind die Aussichten auf einen Therapieerfolg. Eine nur noch schwache Schwellung deutet auf eine beginnende Sklerosierung der Drüse mit eingeschränkter Funktion (Funktionsszintigrafie) hin. Immer erfolgt parallel die Gangschlitzung, Papillotomie und Marsupialisation. Ein Steinleiden ist eine Stoffwechselerkrankung, die oft ausgeprägte irreversible Veränderungen der Drüse auslöst. Daher ist die Lithotripsie eine Methode der Frühphase der Erkrankung (Abb. 10a–c). _Das Sjögren-Syndrom: viele Organe betroffen Das Sjögren-Syndrom ist eine myoepitheliale Sialadenitis autoimmuner Genese. Man findet histologisch eine interstitielle lymphozytäre Zellinfiltration, eine Parenchymatrophie und myoepitheliale Zellinseln sowie klinisch Xerostomie, Xerophthalmie, Keratokonjunktivitis, Rhinopharyngitis sicca, rezidivierende Gelenkentzündungen und Schwellungen der Speicheldrüsen. Im Lippenbioptat lassen sich Antikörper gegen Speicheldrüsenepithel nachweisen. Der Nachweis gelingt mit spezifischen Autoantikörpern gegen das Speicheldrüsengewebe, z.B. Ro (SS-A) und La (SSB). Die Therapie besteht aus Flüssigkeitssubstitu- Artikelreihe zum Thema „Speicheldrüsen“ tion und der Gabe von Steroiden, Immunsuppressiva sowie ggf. Pilokarpin-Lösung. Ebenfalls zu diesem Formenkreis an Speicheldrüsenerkrankungen ist das Heerfordt-Syndrom zu zählen. Bei diesem chronisch progredienten Entzündungsprozess ist das Drüsenläppchen mit Granulomen, Epitheloidzellen, mehrkernigen Riesenzellen vom Langhans-Typ durchsetzt und wird letztlich zerstört. Man findet neben einer meist symmetrischen, knotig-derben Parotisschwellung, Xerostomie, Fieber und möglicherweise eine Fazialisparese. Nach Diagnosesicherung durch PE erfolgt eine symptomatische Behandlung, ggf. mit Anwendung von Kortikosteroiden. Klonale B-Zell-Reaktionen beim Sjögren-Syndrom führen langfristig zu Prälymphomen, BZell-Lymphomen und Lymphomen vom Malt-Typ. Dies erklärt sich dadurch, dass das sekretorische Immunsystem der Speicheldrüsen Teil des Mucosa Associated Lymphatic Tissue ist. _Speichel: hat zahlreiche Aufgaben Pro Tag werden 500 bis 900ml Speichel produziert – etwa 50% davon als visköser Speichel von den Gl. submandibularis, 40% als enzymreicher Speichel von den Gl. parotis bds. und 5% als visköser Speichel von den Gl. sublingualis. Die Aufgabe des Speichels ist sehr vielfältig: _ Spülung und Reinigung von Mundhöhle und Zähnen, _ Schutz vor Infektionen (im Speichel befinden sich zahlreiche Immunglobuline, bakteriolytisch wirkendes Lysozym und adhäsionshemmende Proteine), _ Förderung der Schluck- und der Sprachfunktion _ Aufspaltung von Nahrungsmitteln (z.B. Kohlehydrate, Glukose) _ Bindung von Geschmacksstoffen Abbildungen: Alle Abbildungen entstammen den beiden u.g. Werken. Mit freundlicher Genehmigung des Thieme-Verlags. Literatur *Behrbohm, Kaschke, Nawka, Swift (2009): ENT diseases and Head and Neck surgery Thieme New York, Stuttgart Behrbohm, Kaschke, Nawka (2009) Kurzlehrbuch HNO Thieme, Stuttgart _Kontakt Prof. Dr. Hans Behrbohm Park-Klinik Weißensee Privatpraxis am Kudamm www.ku61.de face Erkrankungen der Speicheldrüsen – die Tumoren Teil II – Diagnostik und Chirurgie mit dem 7. Sinn Autoren_Prof. Dr. med. Hans Behrbohm, Dr. med. Heiko Birke, Dr. med. Gabriele Behrbohm _Die große Gruppe epithelialer Tumoren der Speicheldrüsen könnte nicht inhomogener sein. Insgesamt werden 29 verschiedene Entitäten unterschieden. Tumoren der Speicheldrüsen sind tückisch und in ihrem biologischen Verhalten schwer einzuschätzen. Oft versagen die Grundregeln der klinischen Beurteilung. Nicht umsonst vergleicht man die adenoid-zystischen Karzinome mit einem „Wolf im Schafspelz“. Hier muss der Diagnostiker Erfahrung erwerben und oft erst ergibt sich die Diagnose, wenn der letzte Puzzlestein eingesetzt wird. Die Chirurgie erfordert trotz Neuronavigation und modernen Mikroskopen immer Improvisationstalent, denn der N. facialis kann dünn und verwunden in verschiedenen Ebenen durch die Drüse wandern. Parotischirurgie ist immer eine Herausforderung. 1 % der Tumoren und ca. 7 % der Kopf-Hals-Tumoren treten in den Speicheldrüsen auf. Die häufigsten Tumoren sind epithelialen Ursprungs und befinden sich in den großen Speicheldrüsen. Benigne und maligne epitheliale Tumoren der Speicheldrüsen treten etwa zu 75 % in der Glandula parotis, zu 10 % in der Glandula submandibularis, zu 1 % in der Glandula sublingualis auf. Zu 14 % sind die kleinen Speicheldrüsen betroffen. Der Anteil maligner epithelialer Tumoren umfasst in der Glandula parotis 20 %, aber in der Glandula submandibularis und den kleinen Speicheldrüsen ca. 45 %. In den kleinen Speicheldrüsen sind Mukoepidermoid-, adenoid-zystische und Adenokarzinome besonders häufig. Mesenchymale Tumoren, wie Angiome, Neurinome und Lipome, sind selten, während intraglanduläre Lymphome und Tumormetastasen häufiger vorkommen. Für Tumoren der Speicheldrüsen spielt auch das Prädilektionsalter eine Rolle. Während Adenome im jüngeren und mittleren Lebensalter auftreten, steigt der Anteil der Malignome im höheren Lebensalter. suchung und andererseits ein individuelles Stufenprogramm bildgebender Diagnostik. Das wichtigste Leitsymptome für Speicheldrüsenerkrankungen generell sind ein- oder doppelseitige Schwellungen, gefolgt von Schmerzen und Veränderungen der Qualität und Quantität des Speichels, im Falle der Hypo- oder Asialie mit einer Xerostomie. 1.1. Anamnese In der Anamnese sollte zunächst zwischen einer Speicheldrüsenerkrankung per se, wie z.B. Entzündung, Zyste, Stein, oder einem Tumor und einer systemischen Erkrankung mit Manifestation an den Speicheldrüsen differenziert werden. Die Steuerung der Speichelsekretion und des Funktionszustandes des Parenchyms erfolgt über das vegetative Nervensystem. Je nach Überwiegen einer adrenergen _1. Klinische Diagnostik Die Diagnostik von Tumoren der Speicheldrüsen erfordert einerseits eine sehr genaue klinische Unter- Abb. 1 Artikelreihe zum Thema „Speicheldrüsen“ Abb.1_ Infiltrations- und Metastasierungswege eines malignen Parotis-Tumors am Beispiel des adenoid-zystischen Karzinoms. Leerer Pfeil: per continuitatem, hellrot: lymphogen, dunkelrot: haematogen, 1. intra- und periparotideale, 2. submandibuläre und 3. juguläre Lymphknotenmetastasen, 4. N. facialis, 5. N. hypoglossus. (Grafik aus ENT diseases, Behrbohm, Kaschke, Nawka, Thieme, 2007) Abb. 2_ Vereinfachte schematische Darstellung typischer sonografischer Befunde der Speicheldrüsen. a) Intraglandulärer Lymphknoten, kleiner als 1 cm, echoarm mit echoreichem Nidus, keine Architekturstörung b) Speichelstein, echoreicher Reflex mit dorsaler Schallauslöschung c) Zyste, echolos, glatt begrenzt mit dorsaler Schallverstärkung d) Chronische Entzündung, inhomogenes echoreiches Parenchym, häufig schwierige Abgrenzung zur Umgebung e) Zystadenolymphom, glatt und scharf begrenzt, mit soliden und zystischen Anteilen, evtl. laterale bandförmige Schallauslöschungsphänomene f) Akute Entzündung, vergrößerte Drüse und diffuse Echoarmut des Parenchyms, Abszedierung: zystische Läsion mit Binnenreflexen und mögliche Spiegelbildung, echoreicher Randwall g) Pleomorphes Adenom, glatt und scharf begrenzt, echoarm mit homogener Binnenstruktur und angedeutet dorsaler Schallverstärkung h) Maligner Tumor, unscharfe evtl. polyzyklische Begrenzung mit echoarmem, inhomogenem Parenchym, Infiltration in Parenchym oder Umgebung. Abb. 2 a b c d e f g haltens dieser Tumoren werden sie im klinischen Sprachgebrauch auch als „Wolf im Schafspelz“ bezeichnet. Postprandialer Schmerz weist immer auf eine Obstruktion des Gangsystems, meist durch einen Stein oder einen Tumor, hin. Nicht zuletzt sollte bei der Anamnese der Gesichtswinkel immer auf den ganzen Patienten eingestellt werden und nach Gewichtsabnahme, Fieber, Schmerzen, Appetitstörungen und Zeichen für andere Organerkrankungen gefahndet werden. h oder cholinergen Stimulation der Azinuszellen werden mehr Proteine bzw. Elektrolyte und Wasser sezerniert. Bei der Sialadenose beispielsweise führt eine überwiegend adrenerge Stimulation durch eine verlängerte Lagerungsphase der Sekretgranula zu einer Schwellung der Azinuszellen und einer weichen, meist indolenten Schwellung der Parotis. Hormonelle Störungen, Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises, Stoffwechselstörungen, Mangelerkrankungen, z.B. bei Bulämie, können symptomatisch mit Schwellungen der Speicheldrüsen einhergehen. Auch können aus Autoimmunerkrankungen maligne Erkrankungen entstehen. Das Sjögren-Syndrom ist eine myoepitheliale Sialadenitis. Histologisch zeigt sich eine interstitielle lymphozytäre Zellinfiltration, eine Parenchymatrophie und myoepitheliale Zellinseln. Klonale B-Zell-Reaktionen beim Sjögren-Syndrom führen langfristig zu Prälymphomen, B-Zell-Lymphomen und Lymphomen vom MALT-Typ. Dies erklärt sich dadurch, dass das sekretorische Immunsystem der Speicheldrüsen Teil des Mucosa Associated Lymphatic Tissue ist. In der Anamnese sollte nach Gelenk- und Augenbeschwerden (Sicca-Syndrom, rheumatoide Arthritis) gefragt werden. Auch klinisch benigne Tumoren, z.B. das pleomorphe Adenom, kann maligne entarten. Das heißt, eine Diagnose muss überprüft werden und letztlich stellen auch benigne Speicheldrüsentumore eine absolute Operationsindikation dar. Die Anamnese gestattet Hinweise zur Wachstumgeschwindigkeit: Allgemein gilt, dass schnelles Wachstum für Malignome und langsames Wachstum für benigne Tumoren spricht. Meist wird dabei der Zeitpunkt des ersten Bemerkens bis zur Vorstellung beim Arzt zugrunde gelegt. Das gilt für die Tumoren der Speicheldrüsen nur zum Teil. Lymphome oder Zystadenolymphome können schnell an Größe zunehmen, während Malignome, wie z.B. das adenoid-zystische Karzinom, eine langsamere Progredienz zeigen. Wegen des klinisch trügerischen Ver- Artikelreihe zum Thema „Speicheldrüsen“ 1.2. Klinische Untersuchung Nach der Inspektion ist eine gezielte bimanuelle Palpation von außen und enoral wichtig. Voraussetzung ist eine Entspannung von Halsfaszien, Platysma und SMAS durch Entgegenneigen des Kopfes. Ebenso sollten die Regionen Mundboden und Tonsillenloge bei Parotistumoren (Eisbergtumoren) palpiert werden. Einzelne Tumoren bieten einen nahezu pathognomonischen Befund (siehe 4.). Eine Fazialisparese weist auf ein Malignom oder ein Heerford-Syndrom hin. Nach der Anamnese und bimanuellen Palpation sollte immer eine erste klinische Verdachtsdiagnose möglich sein, die dann durch gezielte bildgebende Diagnostik überprüft wird. _2. Bildgebende Diagnostik 2.1. Sonografie Die Sonografie ist wegen ihrer einfachen Anwendung, geringen Kosten und guten differenzialdiagnostischen Ausbeute die Methode der ersten Wahl bei Speicheldrüsentumoren. Die Qualität der Untersuchung hängt jedoch stark von der Erfahrung des Untersuchers ab. Mit der B-Scan Sonografie kann die Größe und Form der Drüsen, bzw. der intraglandulären Raumforderung, ihre scharfe oder unscharfe Begrenzung, ihr Reflexverhalten, z.B. echoreich, echoarm, echoleer, und die Textur der Binnenechos, z.B. homogen oder irregulär, bewertet werden. Aussagen zur Dignität sind dennoch vage und müssen bei Malignitätsverdacht durch eine Feinnadelaspirationszytologie geklärt werden. Diese besitzt eine sehr hohe Spezifität und Sensitivität. Die sonografische Beurteilung des tiefen Parotisanteils wird durch den Unterkiefer begrenzt. 2.2. Computertomografie Mit der Computertomografie können Tumoren und Lymphknotenstationen adäquat dargestellt werden. Moderne Mehrzeilen-CT-Geräte minimieren durch verkürzte Rotations- und Abtastzeiten pro Schicht die Bewegungsartefakte. Die kurzen Untersuchungszeiten erlauben es, auch eingeschränkt lagerungsfähige und klaustrophobische Patienten uneingeschränkt zu untersuchen. Es werden axiale Schnittbilder von 3 mm Schichtdicke in überlappender Rekonstruktion nach intravenöser Applikation jodhaltiger Kontrastmittel erstellt. Sekundär werden detailgenaue sagittale und coronare Rekonstruktionen gefertigt. Auch ist es möglich, den Befund mehrdimensional zu visualisieren. Maligne Tumoren sind aufgrund ihres infiltrativen Wachstums und ihres Kontrastmittel-Enhancements zu diagnostizieren. Zur Befunderfassung knöcherner Destruktionen ist der CT im Spiralmodus der Vorzug zu geben. 2.3. Magnetresonanztomografie Die MRT ist hinsichtlich des Weichteilkontrastes allen anderen bildgebenden Verfahren deutlich überlegen. Der Vorteil zeigt sich besonders bei speziellen Fragestellungen, z.B. der Differenzierung unterschiedlicher Tumorentitäten, Differenzierung von Narbengewebe bzw. radiogener Fibrose und Tumorrezidiv, aber auch Tumorinfiltration in den Knochen. In Einzelfällen kann die Kombination MRT und CT sinnvoll sein. In der Regel werden T1- und T2-gewichtete Bilder in 3–5 mm Schichtdicke in mindestens zwei Ebenen aquiriert. Einen zusätzlichen Informationsgehalt besitzen fettsaturierte Bilder. Nach intravenöser Kontrastmittelgabe (Gadolonium-Chelate) werden T1-gewichtete Bilder in mindestens zwei Ebenen erstellt. Tumorgewebe zeichnet sich in der MRT durch unterschiedliche Relaxationszeiten und damit Signalgebung aus. Benigne Tumoren, z.B. Adenome, kommen in der T1-Wichtung glatt begrenzt und hypodens (signalarm) zur Darstellung. Flüssigkeit, z.B. Zysten oder Nekrose, besitzen ein hohes Signal in der T2Wichtung. Es ist möglich, Tumorgewebe von peritumoralem Ödem zu differenzieren und vitale von nekrotischen Tumorkomponenten abzugrenzen. Kriterien der Malignität sind unscharfe Tumorrandkonturen, ein infiltratives Wachstum und inhomogenes Kontrastmittel-Enhancement. Adenoidzystische Karzinome neigen zu früher hämatogener Metastasierung und perineuraler Tumorausbreitung sowie Bildung von Satellitenherden, skip leasons. Die Untersuchung sollte die Schädelbasis einschließen. Infiltrationen von Nerven zeigen sich im MRT durch eine Auftreibung und Kontrastmittelaufnahme in deren Verlauf. 2.4. Sialografie Die Sialografie dient der röntgenologischen Darstellung des Ausführungsgangsystems der Speicheldrüsen. Durch Verdrängung oder Infiltration, Abbruch bzw. Kontrastmittelaustritt ins Drüsenparenchym kann zwischen benignen und malignen Tumoren differenziert werden. Das Verfahren wurde 2 Abb. 3 Abb. 3_ Topografie der Glandula parotis, Hals und Pharynx. 1. M. buccinator, 2. Tonsilla palatina, 3. M. masseter, 4. u. 10. Unterkiefer, 5. M. pterygoideus medialis, 6. V. jugularis interna, 7. N. IX, N. X, N XII, 8. A. carotis interna, 9. Lobus retromandibularis der Gl. parotis, 11. N. facialis, 12. Lobus superficialis der Gl. Parotis. 1 3 4 5 678 9 10 11 12 als MR-Sialografie ohne Injektion von Kontrastmittel weiterentwickelt. 2.5. Positronenemissionstomografie (PET) Die Positronenemissionstomografie ist ein funktionelles Verfahren zur Detektion von malignen Tumoren, Metastasen und der Differenzierung von Narbengewebe und Rezidiven. Die Methode basiert auf der gesteigerten Glykolyse und der vermehrten Expression von Glukosetransportern in pathologischem Gewebe. Das am häufigsten angewendete Radiopharkakon ist F-18-Fluordesoxyglukose (FDG). Eine Glukosestoffwechselsteigerung kann durch Tumorgewebe oder Entzündung verursacht sein. Dies kann zu Schwierigkeiten in der Differenzierung der Entitäten führen. Eine weitere Einschränkung der Aussagefähigkeit ist beim erhöhten Blutzuckerspiegel bei Diabetikern und bei erhöhter Muskelaktivität gegeben. Die PET ist ein Schnittbildverfahren mit relativ hoher räumlicher Auflösung und daher hoher Sensitivität zur Detektion von Läsionen mit pathologisch gesteigertem Stoffwechsel. Allerdings ist die Zuordnung der pathologischen Anreicherung zu einer anatomischen Struktur oft erschwert. Dies erfordert den Vergleich mit morphologiebasierten Schnittbildverfahren wie der CT und MRT. Durch die seit ca. fünf Jahren verfügbaren PET/CTGeräte ist eine kombinierte Evaluation morphologischer und funktioneller Bilder möglich. Die fusionierte Bildgebung führte zu einer signifikanten Steigerung der Aussagefähigkeit der Methode im Vergleich zur Einzelbefundung. Die Kombination mit der MRT befindet sich in der klinischen Forschung. _3. Tumoren Die internationale pathohistologische Klassifikation der epithelialen Speicheldrüsentumoren unterscheidet 9 benigne und 18 maligne Entitäten: Adenome: 1. Pleomorphes Adenom 2. Myoepitheliom (Myoepitheliales Adenom) 3. Basalzelladenom Artikelreihe zum Thema „Speicheldrüsen“ Abb. 4a Abb. 4b Abb. 4c Abb. 4a–c_ Eisbergtumor (pleomorphes Adenom) der Parotis links. a) Enoraler Befund mit deutlicher Prominenz des Tumors. b) Tumorpräparat. 4. Warthin-Tumor (Zystadenolymphom) 5. Onkozytom (onkozytäres Adenom) 6. Kanalikuläres Adenom 7. Talgdrüsenadenom 8. Duktales Papillom 9. Zystadenom (papillär bzw. muzinös) Abb. 5a und b_ Warthin-Tumor in der Fossa retromandibularis. a) Gleicher Tumor im MRT, T2-Wichtung. Karzinome: 1. Azinuszellkarzinom 2. Mukoepidermoidkarzinom 3. Adenoid-zystisches Karzinom 4. Niedrigmalignes polymorphes Adenoidkarzinom 5. Epithelial-myoepitheliales Karzinom 6. Basalzell-Adenokarzinom 7. Talgdrüsenkarzinom 8. Papilläres Zystadenokarzinom 9. Muzinöses Adenokarzinom 10. Onkozytäres Karzinom 11. Speichelgangkarzinom 12. Adenokarzinom NOS (not otherwise specified) 13. Myoepitheliales Karzinom 14. Karzinom aus pleomorphem Adenom (maligner Mischtumor) 15. Plattenepithelkarzinom 16. Kleinzelliges Karzinom 17. Undifferenziertes Karzinom 18. Nicht klassifizierte Karzinome _4. Häufigste Tumoren, Symptome und Befund 4.1. Benigne Tumoren 4.1.1 Das pleomorphe Adenom ist der häufigste Tumor der Speicheldrüsen. Er tritt zu 80 % in der Parotis auf. Circa 50 % der Parotistumoren sind pleomorphe Adenome. Der Tumor bevorzugt das mittlere Lebensalter und wächst langsam. Palpatorisch bietet er einen typischen Befund. Es handelt sich um einen festen, soliden, von der Umgebung abgrenzbaren Tumor mit höckeriger Oberfläche. Der Tumor besitzt eine oft inhomogene „Tumorkapsel“. Die adäquate Therapie besteht je nach Lokalisation in der lateralen oder totalen Parotidektomie. Enukleationen bergen das Risiko der Aussaat von Tumorzellen bzw. multilokulärer Rezidive, welche bei Revisionsoperationen oft nur sehr schwer und mit deutlich erhöhtem Risiko für postoperative Fazialisläsionen reseziert werden können. Wegen eines Entartungsrisikos von 5 % nach 5–10 Jahren in ein Karzinom im pleomorphen Adenom besteht eine absolute Operationsindikation. 4.1.2. Warthin-Tumoren/Zystadenolymphome sind der zweithäufigste benigne Speicheldrüsentumor. Sie gehen von den glandulären Gangepithelien und Lymphgewebe bzw. periglandulären Lymphknoten aus und befallen bevorzugt Männer zwischen dem 4. und 7. Dezennium. Der Tumor weist einen typischen palpatorischen Befund auf. Er ist weicher als die pleomorphen Adenome, zystisch bis prall-elastisch, glatt begrenzt und meist gut verschieblich! Therapie der Wahl ist die Exstirpation. Die Prognose ist gut. 4.1.3. Der Küttner-Tumor ist eine chronisch-sklerosierende Sialadenitis, die zu einer Fibrosierung und Induration, meist der Glandula submandibularis, führt. Es kommt zu Parenchymschrumpfung, Verkalkung und Gangrarefizierungen, vom Kliniker auch als „Zirrhose“ bezeichnet. Die Therapie besteht in einer Exstirpation der Drüse. Abb. 5a 4.1.4. Haemangiome machen nur ca. 5 % der Speicheldrüsentumore aus. Es findet sich eine Prädilektion im Kindes- und Jugendalter. Die Tumoren schimmern durch die Haut blau oder livide. Der Tu- Abb. 5b Artikelreihe zum Thema „Speicheldrüsen“ Abb. 6_ Ausgedehntes Lymphangiom der linken Gesichtshälfte. Abb. 7_ Karzinom im pleomorphen Adenom. Abb. 8_ 72-jährige Patientin mit pleomorphem Adenom der Gl. parotis rechts. Charakteristisch ist die indolent, derbe umschriebene Schwellung mit höckriger Oberfläche. Abb. 6 Abb. 7 Abb. 8 mor ist durch Fingerdruck komprimierbar und füllt sich danach wieder auf. Mithilfe von Sonografie, MRT und Angiografie kann zwischen high- und low-flow Angiomen differenziert werden. Die Therapie hängt von der Größe, Wachstumstendenz und der vasomotorischen Aktivität ab und reicht von der Laser-Obliteration, Embolisierung bis zur Exstirpation. 4.1.5. Lymphangiome treten als partielle oder komplette Gesichtsasymmetrie auf. Der Tumor wächst oft nicht nur in die Drüse, sondern auch in das Gewebe der Nachbarschaft ein. Typisch ist eine weiche, zystische Schwellung, die sich in Abhängigkeit von der Neigung des Kopfes entleert oder füllt. Die Exstirpation dieser oft ausgedehnten und verästelten Geschwülste gehört in die Hände erfahrender Operateure, weil nur eine vollständige Entfernung vor Residual- und Resttumoren bewahrt. 4.2. Maligne Tumoren 4.2.1. Mukoepidermoidkarzinome sind mit ca. 30 % die häufigsten malignen Tumoren der Speicheldrüsen. Sie bestehen aus einem epidermoiden und mukösen Anteil. Dieser Anteil ist für die Klassifikation in high grade (hoher epidermoider Anteil = schlechtere Differenzierung und Prognose) und low grade (höherer muköser Anteil = gut differenziert und bessere Prognose) entscheidend. Über die Behand- Abb. 9a Abb. 9b lung, insbesondere ein kombiniert chirurgisch-onkologisches Konzept, sollte im Einzelfall in Abhängigkeit von der vorliegenden Differenzierung und dem Staging in einem interdisziplinären Tumorkonzil entschieden werden. 4.2.2. Das adenoid-zystische Karzinom ist mit ca. 8 % der häufigste Tumor der Glandula submandibularis und der kleinen Speicheldrüsen. Der Tumor wächst langsam, oft über Jahrzehnte, und bevorzugt eine Ausbreitung entlang anatomisch präformierter Bahnen, insbesondere den Nervus facialis. Anderseits kommt es frühzeitig zu einer Fazialisparese und einer hämatogenen Fernmetastasierung in die Lunge oder in das Skelett. Die Therapie ist chirurgisch und muss individuell interdisziplinär je nach Staging konzipiert werden. 4.2.3. Azinuskarzinome treten besonders in der Glandula parotis auf. Das Prädilektionsalter ist das 4. bis 6. Dezennium. Der Tumor bildet azinäre und duktale Anteile. Es können verschiedene Differenzierungsgrade unterschieden werden. Die Tendenz zur Metastasierung ist geringer, sowohl Hals- als auch Fernmetastasen treten nicht regelmäßig auf. Die Prognose ist dadurch besser als z.B. beim adenoid-zystischen Karzinom. Die Therapie besteht in der vollständigen Resektion im Sinne der totalen Parotidektomie, z.T. mit Erhalt des N. facialis oder Nervenplastik. Abb. 10a Abb. 10b Artikelreihe zum Thema „Speicheldrüsen“ Abb.9a und b_61-jähriger Patient mit entzündlichem Pseudotumor der Gl. parotis links. Die gesamte Drüse ist derb geschwollen. Die histologische Differenzierung zwischen Tumor und Entzündung ist zuweilen schwierig. Abb.10a und b_ Schwellung der Gl. submandibularis links bei einer Metastase eines Bronchialkarzinoms auf der gleichen Seite. b) Bronchialkarzinom des Patienten. Abb. 11a Abb.11a und b_ Schwellung der Glandula submandibularis bei einem Mundbodenkarzinom als klinisches Leitsymptom. b) Patient mit Einbruch des Mundbodenkarzinoms in den Ausführungsgang der Gl. submandibularis. Abb. 11b _5. Histolologische Diagnostik, Stadieneinteilung (Staging), Prognose Die histologische Diagnose charakterisiert die biologische Dignität einer Geschwulst und bestimmt die Prognose entscheidend. Die intraoperative Schnellschnitt-Untersuchung ist erfahrungsgemäß für den Pathologen bei Speicheldrüsengewebe schwierig. Abb. 12_ Intraoperativer Befund nach totaler Parotidektomie mit Resektion des N. facialis bei adenoid-zystischem Karzinom. Abb. 13_ …nach Nervenplastik mit einem freien Nerventransplantat (N. auricu-laris magnus). Abb. 12 Abb. 13 Die Beurteilung der Ausdehnung maligner Tumoren und das Lymphknotenstaging erfolgt je nach anatomischer Region mit der CT- oder/und MRT-Untersuchung vor Therapiebeginn. Das Lymphknotenstaging wird in 3- bis 5-mm-Schichten von der Schädelbasis bis zur oberen Thoraxapertur durchgeführt. Die intravenöse Kontrastmittelgabe ist obligatorisch. Abb. 14_17-jährige Patientin am ersten postoperativen Tag nach Nervenplastik (siehe Abb. 12 und 13). Bereits vollständiger Lidschluss rechts. Abb. 15_ Operationssitus: Totale Parotidektomie mit Darstellung und Erhaltung des N. facialis, modifizierte Neck dissection mit Präparation des N. accessorius. Abb. 14 Abb. 15 Artikelreihe zum Thema „Speicheldrüsen“ Nachsorge: Eine erste CT/MRT-Untersuchung des Halses erfolgt drei Monate nach der Operation bzw. am Ende einer Chemo- oder Strahlentherapie und danach in jährlichen Abständen. Die Röntgen-Thorax-Untersuchung erfolgt in zwei Ebenen im Rahmen des primären Stagings und der Nachsorge. Wesentlich sicherer ist das Thorax-CT vor Therapiebeginn und zur Nachsorge in jährlichen Abständen. Vor Therapiebeginn sollte auch ein Abdomen-CT erfolgen. Ist dieses unauffällig, genügt die jährliche Verlaufkontrolle mit der Sonografie. Die Skelettszintigrafie dient im Rahmen des Tumorstagings dem Ausschluss bzw. Nachweis von Fernmetastasen im Skelettsystem. Der Einsatz des PET-CT ist in Einzelfällen, z.B. beim CUP-Syndrom mit Metastasierung in die Speicheldrüsen, indiziert. _6. Therapie Die Therapie von pleomorphen Adenomen sollte immer im Rahmen einer lateralen Parotidektomie, bei Tumoren im oberflächlichen Lappen, bzw. totalen Parotidektomie, bei solchen im tiefen Lappen, erfolgen. Die Enukleation birgt die Gefahr von Residual- und multilokulären Rezidivtumoren. Die Therapie der malignen Tumoren der Speicheldrüsen besteht in der totalen oder radikalen Paotidektomie bzw. Ausräumung des Trigonum submandibulare. Wenn die erforderliche Radikalität eine Erhaltung des N. facialis nicht zulässt, erfolgt eine Rekonstruktion in gleicher Sitzung, z.B. mit einem freien Interponat (N. auricularis magnus) oder als Hypoglossus-jump-Anastomose. Bei Einbruch in die Nachbarschaft erfolgt die Resektion im Gesunden unter Schnellschnittkontrolle der Randbereiche. In der Regel gehört eine Neckdissection unter funktionellen Gesichtspunkten zum Konzept. Über eine postoperative Bestrahlung wird im Einzelfall in Abhängigkeit von histologischer Diagnose, Staging und intraoperativem Histologie 5 Jahre 10 Jahre 5- bis 10-Jahres-Überlebensraten einiger malignen Parotistumoren Mukoepidermoid-Karzinom (hoch differenziert) 100 % Adenokarzinom 45 % Plattenepithelkarzinom 40 % Adenoid-zystisches Karzinom (solide, kribriform) 70 % Karzinom im pleomorphen Adenom 30 % 75 % 20 % 20 % 10 % 10 % Quelle: Seiffert 1984 Befund während eines interdisziplinären Tumorkonzils entschieden. Bei low grade Azinuszellkarzinom und low gradeMukoepidermoid-Karzinom wird z.B. nach totaler Parotidektomie auf eine Neck dissection und Bestrahlung verzichtet. Mesenchymale Tumoren, wie z.B. MALT-Lymphome, hochmaligne B-Zell-Lymphome, M. Hodgin oder Non-Hodgin-Lymphome werden primär mit einer Radiochemotherapie behandelt. Alle Tumorpatienten werden in einer Tumorsprechstunde in den nächsten zehn Jahren nachbehandelt bzw. -kontrolliert (siehe Hinweise bei Staging)._ Chirurgische Prinzipien bei Tumoren der Gl. parotis * Laterale Parotidektomie der Drüsenanteil lateral des Fazialisfächers (Janes, Conley, Miehlke) wird komplett entfernt, der Nerv meist vom Stamm aus komplett dargestellt. Der mediale Drüsenanteil wird belassen. Subtotale Parotidektomie Anteile des Innenlappens werden in die Resektion einbezogen, ohne dass die ganze Drüse entfernt wird (z.B. große benigne Tumoren des Außenlappens). Das gesamte Drüsengewebe lateral und Totale Parotidektomie des Fächers der N. facialis wird entfernt. (z.B. benignen Tumoren des inneren Lappens, alle Malignome ohne Infiltration des N. facialis). Meist kombiniert mit Neck dissection. Radikale Parotidektomie Wie bei der totalen Parotidektomie plus Resektion infiltrierten Fazialisanteile unter Schnittrandkontrolle, z.T. mit Mastoidektomie, immer Neck dissection, Plastische Rekonstruktion des N. facialis. face _Autoren Prof. Dr. med. Hans Behrbohm *nach Stennert E. et al. 2001 Chirurgische Grundprinzipien der Nervenplastik* _ interposition graft, geeignet ist ein monofaszikulärer Nerv als End-zuEnd-Anastomose, z.B. N. auricularis magnus (1.Wahl) oder N. suralis (2.Wahl) _ Hypoglossus-Fazialis-Anastomose, End-zu-End, oder als jumpAnastomose aus der halben Zirkumferenz und Überbrückung mit einem freien Interponat aus dem N. auricularis magnus n. May *nach Stennert E. et al. 2001 Ltd. OA Dr. med. Heiko Birke Dr. med. Gabriele Behrbohm Park-Klinik Weißensee Schönstraße 80 13086 Berlin E-Mail: [email protected] Artikelreihe zum Thema „Speicheldrüsen“ Erkrankungen der Speicheldrüsen Teil III: Chirurgie des gelähmten Gesichtes Autor_Prof. Dr. med. Hans Behrbohm © YorkBerlin Abb. 1_ Mimische Muskulatur des Gesichts. _Mimik und Gesichtsausdruck werden von 43 Muskeln in einer nur ca. 1 cm tiefen Schicht unterhalb der Haut des Gesichtes vermittelt. Das Gesicht sei der Spiegel der Seele, sagt eine alte Redensart. Tatsächlich führen gleiche Gefühle auch in allen Kulturkreisen zu gleichen mimischen Aktivitäten. Natürlich können Gefühle gezeigt und verborgen werden. Allerdings mit Einschränkungen: Das Gros der mimischen Muskulatur wird über den N. facialis willkürlich innerviert. Teile der Pars orbitalis des M. orbicularis oculi werden autonom innerviert. So kann z.B. zwischen einem echten und unechten Lächeln unterschieden werden. Letzteres ist asymmetrisch, meist links betont und hat ein anderes Timing und Verhältnis zwischen Intensität und Dauer. Von klinischer Bedeutung ist das, wenn z.B. der Patient bei einer Fazialisparese nach einem Apoplex weiter mit den „Augen sprechen“ kann. Der N. facialis innerviert die mimische Muskulatur, steuert über Abgänge bzw. Anteile des mit ihm verlaufenden N. intermedius die Speichel- und Tränensekretion (N. petrosus superficialis major), die Impedanz des Mittelohres (N. stapedius) und den Geschmackssinn (Chorda tympani). Die Ursachen für Lähmungen des N. facialis sind vielfältig. Häufig ist die sogenannte Bell’s palsy, die ideopathische Fazialisparese, bei der sich keine erkennbare Ursache finden lässt. Weitere Ursachen sind Verletzungen, Entzündungen und Tumoren. Eine Fazialisparese kann zentral oder peripher verursacht sein. Bei der zentralen Parese bleibt die Innervation der Stirn meist erhalten, betroffen ist vor allem die periorale Muskulatur. Die periphere Parese betrifft prinzipiell alle peripheren Äste in Abhängigkeit von der Lokalisation der Ursache. Die Fazialisparese ist ein Leitsymptom für Malignität bei Tumoren der Schädelbasis und der Glandula parotis, kann jedoch auch bei Tumoren des Nerven selbst und beim Heerfordt-Syndrom auftreten. Mimische Aktivitäten und chirurgische Möglichkeiten zur Rehabilitation des gelähmten Gesichtes (Abb. 2). Rechte Seite: Mimik bei intakter Funktion des N. facialis: _ Stirn heben und runzeln _ Bewegungen der Augenbraue Abb. 1 Artikelreihe zum Thema „Speicheldrüsen“ _ Vollständiger Lidschluss _ Anheben des Mundwinkels _ Wangenkompression _ Heben, Breit- und Herunterziehen der Mundwinkel Linke Seite: _ 1 Stirn _ 2 Oberlidimplantate _ 3 Unterlidplastiken _ 4 Muskelumlagerung (M. masseter) _ 5 Tonisierung und Konturierung der Wangen _ 6 Heben der Mundwinkel 2b Die klinische Symptomatik der Facialisparese ist recht komplex und besteht aus: Schlaffer Lähmung der mimischen Muskulatur meist einer Gesichtshälfte, erweiterer Lidspalte mit unvollständigem Lidschluss, Asymmetrie des Gesichtes, Artikulationsstörungen durch Tonusverlust der Lippenund Wangenmuskulatur, Verstreichen der Nasolabialfalten. Stirn- und Brauenptose, Geschmacksstörung, Hyposialie, verminderter Tränenfluss mit Gefahr der Hornhautulzera. _Diagnostik Ist die Ursache und Lokalisation einer Fazialisparese unklar, erfolgt die Topodiagnostik mit bildgebenden Verfahren, audiologischen und funktionsdiagnostischen Tests. Mit verschiedenen elektrophysiologischen Verfahren zur Bestimmung der Nervenleitgeschwindigkeit und des Summenaktionspotenzials kann einerseits das Ausmaß der Schädigung objektiviert und durch Messungen im Intervall eine Prognose der funktionellen Restitution abgeleitet werden. Basisuntersuchungen sind: CT des Felsenbeins bzw. der Schädelbasis, Schirmertest, Impedanzaudiometrie, Elektrogustometrie. Bei Tumoren in der Glandula parotis: Sonografie mit Stanzbiopsie oder Feinnadelaspirationszytologie (FNAZ), MRT mit Kontrastmittel. Grafik: Dalkowski _Symptomatik 2a 2c Abb. 2 Ist eine nervale Rekonstruktion des Gesichts unmöglich, so kann mit einer neuromuskulären Transposition bzw. Muskelumlagerung eines innervierten Muskels die mimische Muskulatur funktionell und dynamisch ersetzt werden. Hierfür eignen sich besonders der M. temporalis und M. masseter, weil sie vom N. trigeminus innerviert werden. Auch besteht die Möglichkeit des freien Gewebetransfers eines MuskelNerv-Transplantats aus dem Oberschenkel mit Mikrogefäß- und Nervanastomose. Wenn eine dynamische Rehabilitation nicht infrage kommt, so kann eine statische Zügelung z.B. der Stellung der Mundwinkel mit Faszie, meist Fascia lata, erfolgen. Abb. 2a_ 1. Stirnlift, 2. Brauenlift, 3. Oberlidimplantate, 4. Unterlidstraffung, 5. Hochziehen des Wangenfettkörpers, 6. SMAS-Straffung, 7. Muskelumlagerung, 8. Zügelung (Fascia lata), 9. Heben des Mundwinkels. Abb. 2b_ Befestigung des Lidimplantats. Abb. 2c_ Gewinnung der Fascia lata. _Operative Verfahren Das Spektrum der chirurgischen Maßnahmen ist groß und richtet sich nach der Ursache und individuellen Situation. Prinzipiell sollte zunächst immer der Erhalt bzw. die Rekonstruktion des Nervus facialis Vorrang haben. Dazu dienen Nervenrekonstruktionen mithilfe von Interponaten aus anderen peripheren Nerven, wie z.B. dem N. auricolotemporalis oder suralis mit End-zu-End- oder Jump-Anastomose, HypoglosusFazialisanastomosen. Das Prinzip der Cross Face Nerve Grafts besteht in einem Anschluss von Nerventransplantaten an Fazialisäste der nichtgelähmten Seite. Abb. 3_ Prüfen des für den Lidschluss notwendigen Implantatgewichts mit einem Dummy. Abb. 3 Artikelreihe zum Thema „Speicheldrüsen“ Abb. 4a_ Befund nach der Tumorresektion und vor der operativen Rehabilitation mit Unterlidektropium, unvollständigem Lidschluss, Tonusverlust der rechten Wange, hängendem Mundwinkel. Abb. 4b_ En-face-Bild drei Monate postoperativ. Abb. 4c_ Stirnrunzeln. Abb. 4d_ Lidschluss. Abb. 4e_ Halbprofil. Abb. 4f_ Lächeln. Abb. 4a Abb. 4b Abb. 4c Abb. 4d Abb. 4e Abb. 4f _Individuelles Konzept _Kontakt face Prof. Dr. med. Hans Behrbohm Park-Klinik Weißensee Privatpraxis am Kudamm www.ku61.de Privat-Institut für Weiterbildung und Entwicklung in der HNO e.V. www.imwe-berlin.de Häufig wird es notwendig sein, ein sehr individuelles Konzept der motorischen Rehabilitation eines gelähmten Gesichts zu erstellen. Dieses orientiert sich an dem konkreten Ausfallsmuster und der eventuellen nervalen Restaktivität einzelner Nervenäste. Dabei muss jede Region für sich und natürlich das Gesicht insgesamt geplant werden. Für das Auge sind Oberlidimplantate hilfreich. Elemente der Facelift-Chirurgie können je nach Befund durch Anheben des SMAS (superficial musculoaponeurotic system) oder im Stirnbereich eines subkutanen Stirn-Brauen-Lifts einfließen. _Fallbeispiel Bei der damals 54-jährigen Patientin kam es 17 Jahre nach der Erstmanifestation und 16 Jahre nach einem loklalen Rezidiv zu einem zweiten Rezidiv eines myoepithelialen Karzinoms der Glandula parotis rechts. Die Therapie erfogte damals durch partielle Parotidektomien in einem auswärtigen Krankenhaus. Vor fünf Jahren erfolgte eine radikale totale Parotidektomie mit Neck dissection rechts. Der vom Tumor zerstörte N. facialis musste größtenteils geopfert werden. Der Nervenstamm wurde in seinem intramastoidalen Verlauf dargestellt und Anteile des Augenastes konnten erhalten werden. Postoperativ bestand eine fast vollständige peri- Artikelreihe zum Thema „Speicheldrüsen“ phäre Fazialisparese rechts mit einer Restaktivität des Augenastes mit unvollständigem Lidschluss des rechten Auges. Tumorklassifikation: rpT3pN0 R0. Danach erfolgte eine adjuvante Strahlentherapie für die Rezidivlokalisation plus Sicherheitssaum in 3-D-geplanter Technik mit einer Gesamtdosis von 64,8 Gy. In einem Intervall von einem Jahr nach der Operation erfolgte die operative Rehabilitation der paretischen Gesichtshälfte rechts. Die Rehabilitätion erfolgte wie folgt: A: Implantation eines Oberlidimplantates aus Gold . Mit sogenannten Dummies wird zuvor das Implantat mit dem optimalen Gewicht ermittelt. Das ist das Gewicht, welches einerseits zu einem vollständigen Lidschluss führt und andererseits eine mühelose Hebung des Lides ermöglicht. B: Gewinnung von Facia lata aus dem Oberschenkel. Fascia lata ist die festeste Faszie des Körpers. Sie verläuft vom Labium externum der Crista iliaca zum Condylus lateralis femoris und zum Retinaculum patellae an der lateralen Seite des Oberschenkels (Abb. 2c). C: Befestigung der Fascia lata über eine Inzision der Nasolabialfalte an der Ober- und Unterlippe mit vorheriger Abmessung und Anzeichnung in Höhe des Filtrum und Einbetten und Fixieren in einem neuen „Kanal“. D: Transposition des M. masseter und Fixierung der gespannten Fascia lata am Stumpf des M. masseter._ Erkrankungen der Speicheldrüsen – Teil IV – Hints & Tricks Autor_Prof. Dr. Hans Behrbohm _In diesem Teil werden spezielle perioperative Problemfelder der Chirurgie der großen Speicheldrüsen thematisiert. _1. Laterale Parotidektomie versus Enukleation In den letzten Jahren flammte eine alte Kontroverse zu den Operationstechniken bei benignen Tumoren der Glandula parotis auf. Es ging um die Frage, ob und wann eine Enukleation eines Tumors vertretbar bzw. wann eine laterale Parotidektomie indiziert ist. Für das pleomorphe Adenom, dem häufigsten benignen Tumor, konnte inzwischen belegt werden, dass Satellitenknoten-Rezidive häufiger nach inadäquater Operationstechnik auftreten.1 Meist treten die Rezidive erst nach über zehn Jahren postoperativ auf, sind häufiger bei Frauen und vom stromareichen Subtyp.2 In der Literatur wird die Rezidivrate nach Enukleation mit 8–70 % angegeben und liegt damit oberhalb der Rate bei Patienten mit primärer lateraler Parotidektomie. Die Gefahr einer malignen Entartung besteht besonders bei dem stromaarmen Subtyp. Im Vergleich zwischen einer lateralen und totalen Parotidektomie fanden sich jedoch keine Unterschiede in der Rezidivrate.3 Die laterale Parotidektomie ist somit die Methode der Wahl beim pleomorphen Adenom des lateralen Parotislappens. Der zweithäufigste benigne Tumor der Glandula parotis ist der Whartin-Tumor, das Zystadenolymphom. Es findet sich bevorzugt in der Region des unteren Parotispols und tritt bevorzugt bei Männern auf. Der Tumor hat palpatorisch eine weichere Konsistenz als das pleomorphe Adenom, ist zystisch bis prall elastisch, mit einer glatten Oberfläche und guter Verschieblichkeit. Wegen der geringen Rezidivneigung ist eine extrakapsuläre Exstirpation mit dem umgebenden Speicheldrüsengewebe vertretbar. Abb. 1 Artikelreihe zum Thema „Speicheldrüsen“ Abb. 1_ Prinzip der Enukleation am Beispiel eines Halslymphknotens. Diese Operationstechnik ist üblich bei benignen Tumoren der Halsregion, z.B. bei LymphknotenExstirpationen. Für die Chirurgie der Speicheldrüsen ist diese Technik obsolet. Abb. aus Behrbohm H.: Grundlagen der Instrumentenkunde, Endopress 2006. Abb. 2_ Lymphoepitheliale Zyste der Gl.parotis. Abb. 2 Abb. 3_ Topografie der großen Kopfspeicheldrüsen. 1 Gl. parotis, 2 akzessorische Drüse, 3 Stenon’scher Gang, 4 Gl. submandibularis, 5 Proc. uncinatus, 6 Whartin’scher Gang, 7 Gl. submandibularis, 8 Caruncula submandibularis, A M. masseter, B M. buccinators, C M. mylohyoideus Abb. aus Behrbohm H, Kaschke O, Nawka T: Kurzlehrbuch HNO, Thieme 2009. Abb. 4_ Prinzip der lateralen Parotidektomie. Landmarken beim Aufsuchen des Nervenstamms des N. facialis. 1 Nervenstamm, 2 Spitze des knorpeligen Gehörgangs, „pointer“, 3 Fissura tympano-mastoidea, 4 Winkel zwischen dem Ansatz des M. sternocleidomastoideus (5) und dem hinteren Bauch des M. digastricus (6), 7a oberflächlicher Parotislappen, 7b tiefer Parotisanteil, 8 A. und V. temporalis, 9 retrahierter Lobulus, 10 äußerer Gehörgang, 11 Mastoidspitze Abb. aus Behrbohm H, Kaschke O, Nawka T, Swift A: ENT diseases, Head & Neck, Thieme 2009. Abb. 5_ Mikrochirurgische Dissektion. Die Präparation erfolgt oberhalb des N. facialis, der sich innerhalb der Drüse aufzweigt. Gleichzeitig wird der oberflächliche Drüsenlappen dadurch präpariert. Die Unterteilung in einen tiefen und oberflächlichen Drüsenlappen ist klinisch und chirurgisch determiniert. Ausgangspunkt ist die Aufspreizungsebene der Äste des N. facialis. Anatomisch gibt es keine morphologische Kompartimentierung zwischen beiden Drüsenanteilen. Abb. aus Behrbohm H, Kaschke O, Naweka T, Swift A: ENT diseases, Head & Neck, Thieme 2006. Abb. 6_ Retrograde Nervendarstellung von peripher nach zentral am Beispiel der Präparation des n. accessorius Abb. aus Behrbohm H.: Fundamentals of surgical dissection, Endopress 2006. 8 3 2 1 2 1 10 9 3 Abb. 3 8 7 6 5 4 Abb. 4 6 4 5 11 Abb. 5 _2. Zysten der Speicheldrüsen – immer werden. In einzelnen Fällen kommt es zu einer Verkleeine knifflige Differenzialdiagnostik bung und einem spontanen Systieren der Sekretion. Zysten der Speicheldrüsen treten seltener auf und stellen manchmal Probleme bei der Differenzialdiagnostik, z.B. auch zum Whartin-Tumor dar (Abb. 2). Pathogenetisch unterscheidet man mit Epithel ausgekleidete echte Zysten von Pseudozysten, die nur von Binde-gewebe umgeben sind. _ Dysontogenetische Zysten: Es handelt sich um primäre Fehlbildungen. Typisches Beispiel ist die Ranula. Die Zyste geht von der Gl. sublingualis aus und entsteht durch Obstruktionen, Fehlbildungen oder Stenosen des Ausführungsgangsystems. _ Speichelgangzysten: Sie treten am häufigsten in der Gl. parotis auf. Mukozelen der kleinen Speicheldrüsen entstehen durch Schleimzellenbildungen, ausgehend von den kleinen Speicheldrüsen, besonders an der Unterlippe. _ Retentionszysten: Sie besitzen eine Epithelauskleidung und entstehen durch erworbene AbflussStörungen _ Lymphoepitheliale Zysten: Sie entstehen aus Lymphfolikeln, besonders in der Parotis, und treten bei 5 % der HIV-Infizierten multifokal als Frühzeichen auf. Zysten haben eine weiche bis prall-elastische Konsistenz und ein typisches sonografisches Bild. Die Ranula erscheint als prall-elastische, livide Raumforderung unter der Zunge (Abb. 2). Die Therapie besteht in einer Exstirpation oder, z.B. bei der Ranula, in einer Marsupialisation. Wenn sich keine klinische Besserung andeutet, bleibt nur die Revisionsoperation (Abb. 3). _4. Darstellung des Nervus facialis – A und O der Parotischirurgie Das Hauptproblem der Parotischirurgie besteht in einer Schonung des N. facialis. Dazu wird er anhand von Landmarken dargestellt. Allerdings kann seine Präparation schwierig sein, z.B. bei einem voroperierten und vernarbten Situs. Auch ein intakter Nerv kann mit einer zeitweisen postoperativen Parese einhergehen. Standard ist heute ein intraoperatives Monitoring des N. facialis (Abb. 12). Es gibt dem Operateur in schwierigen Situationen Hinweise zur Identifikation von Nervenästen (Abb. 4 und 5). Alternativ zu der Darstellung des Nervenstamms kann der Nerv auch retrograd an jedem beliebigen Punkt innerhalb des Drüsenparenchyms aufgesucht werden. Es sollte dabei immer von möglichst periphe- _3. Tumoren von akzessorischem Parotisgewebe – eine crux Eine besondere Schwierigkeit stellen Tumoren von akzessorischem Parotisgewebe dar. Das Problem besteht in einer Identifikation der dünnen und oft multiplen und verzweigten kleinen Zuflüsse von den akzessorischen Drüsenazini zum Stenon`schen Gang. Bereits kleine postoperative Gangläsionen führen zu postoperativen Speichelfisteln. Es können täglich bis zu 50 ml in die Wange laufen. Die Situation kann durch Abpunktieren des Speichels, Druckverbände und Medikation mit Atropin einige Tage beobachtet Artikelreihe zum Thema „Speicheldrüsen“ Abb. 6 Abb. 7 Abb. 8 ren Ästen an der Drüsenoberfläche oder nach Verlassen der Drüsenkapsel ausgegangen werden (Abb. 6). _5. Rekonstruktion des Nerven – cool bleiben und handeln Kommt es intraoperativ zu einer Verletzung des Nerven, so ist eine sofortige Rekonstruktion indiziert. Dazu wird der Nervenast übersichtlich dargestellt. Wenn eine möglichst spannungsfreie End-zu-EndAnastomose nicht möglich ist, muss ein Interponat gewonnen werden. Dazu bietet sich der N. auricularis magnus an, der kaudal der G. parotis oberhalb des M. sternocleidomastoideus aufzusuchen ist. Nach einer vorsichtigen Anfrischung der Ränder der Nervenstümpfe erfolgt eine epineurale Naht mit nicht resorbierbarem, monofilen Nahtmaterial 10 x 0 unter mikroskopischer Sicht. Die Nervenenden sollten zuvor durch farbige Haltebänder oder einer epineurale Haltenaht in Position gebracht werden (Abb. 7). Abb. 9 sollte der Unterrand des Lobulus ca. 8 mm frei gelassen werden. Am Ansatz des Lobulus der Ohrmuschel treten Fistelungen nach außen am häufigsten auf. Sie können so vermieden werden (Abb. 9). _7. Vermeidung von Läsionen des Ramus marginalis des N. facialis – die Essentials Die häufigsten postoperativen Paresen nach Operationen an den Speicheldrüsen betreffen den Ramus marginalis des N. facialis nach Exstirpationen der Gl. submandibularis. Die erste wichtigste Voraussetzung um diese Läsionen zu vermeiden ist eine exakte Schnittführung in einem Abstand von ca. zwei Querfindern unterhalb und parallel zum horizontalen Ast des Unterkiefers. Nach einer Durchtrennung von Haut-Subkutis und Platysma werden die A. und V. facialis dargestellt, umstochen und unterbunden. Danach wird der Haken eingesetzt. Der Ramus marginals liegt jetzt geschützt oberhalb des Operationsfeldes des Trigonum submandibulare (Abb. 10 ). _6. Speichelfisteln – Abwarten und entscheiden Speichelfisteln sind eine recht unangenehme Komplikation nach Eingriffen an der Gl. parotis. Sie können entweder als Fistelung nach außen oder unterhalb des Hautlappens auftreten und teilweise zu erheblichen postoperativen Schwellungen führen. Die wichtigste Voraussetzung zu deren Vermeidung ist eine atraumatische Präparation dicht oberhalb der Drüsenoberfläche. Verletzungen der Drüsenlobuli sollten vermieden werden. Dazu ist eine gute Ausleuchtung in der Tiefe des Präparationsgebietes z.B. durch Ausleuchtung mit einer Stirnlampe oder mit einem Leuchtspatel wie beim Facelift hilfreich. Kommt es dennoch zu einer Verletzung, so sollte das verletzte Gewebe in seine alte Lage adaptiert und eine Naht der „Drüsenkapsel“ vorgenommen werden (Abb. 8). Bei der s-förmigen Umschneidung der Ohrmuschel zur Vorderkante des M. sternocleidomastoideus, 7 5 6 4 5 1a 2 3 1 Abb. 10 Artikelreihe zum Thema „Speicheldrüsen“ 8 Abb. 7_ Nervenplastik durch Interponate aus dem N. auricularis magnus bei tumorbedingter Indikation zur Resektion des N. facialis Abb. OA Dr. H. Birke, Park-Klinik Weißensee Abb. 8_ Präparation der Drüsenoberfläche der Gl.Parotis bei der lateralen Parotidektomie. Dargestellt ist der Verlauf der Facialisäste in der Tiefe des Drüsenkörpers. Durch abwechselndes Schneiden und Spreizen erfolgt die Ablösung des Hautlappens, der mit dem Haken angehoben wird, sodass die Sicht auf die Tiefe der Dissektion möglich wird. Große Präparierscheren sind für solche Zwecke atraumatischer als kleine. Abb. aus Behrbohm H.: Fundamentals of surgical dissection, Endopress, 2006 Abb. 9_ Narbe nach lateraler Parotidektomie 5 Wochen postoperativ. Die Schnittführung ist erkennbar. Abb. 10_ Exstirpation der Gl. submandibulaxis links. 1 Gl. submandibularis, 1a Ligatur des Whartin’schen Ganges, 2 vorderer Bauch des M. digasticus, 3 M. styloideus, 4 horizontaler Ast der Mandibula, 5 A. und V. facialis, 6 N. marginalis, 7 N. lingualis, 8 N. hypoglossus Abb. aus Behrbohm H, Kaschke O, Nawka T, Swift A: ENT diseases, Thieme 2009 Abb. 11a und b_ a: Falsche Schnittführung, b: Schädigung des Ramus marginalis. Abb. 11a Abb. 11b _8. Neuromonitoring – aktueller Standard _Kontakt face Prof. Dr. med. Hans Behrbohm Park-Klinik Weißensee Privatpraxis am Kudamm www.ku61.de Privat-Institut für Weiterbildung und Entwicklung in der HNO e.V. www.imwe-berlin.de In den letzten Jahren ist das intraoperative Neuromonitoring des N. facialis während der Operationen an den Speicheldrüsen allgemein zur Routine geworden. Nach Einleitung der Narkose werden die Ableitungselektroden in den zu prüfenden Muskeln, z.B. M. orbicularis oris – Mundast, M. orbicularis oculi, M. frontalis – Stirnast und eine neutrale Elektrode platziert. Es erfolgt eine Impedanzmessung und Fixierung der Elektroden. Intraoperativ wird der Nerv durch gezielte Elektrostimulation mit einer Reiz- oder Prüfsonde gereizt. Über einen Lautsprecher erhält der Operateur eine akustische Reizantwort. Die Methode dient der Identifikation des Nerven, wenn sich der Operateur nicht sicher ist, ob es sich wirklich um einen Nervenast handelt und der optimalen Schonung des Gewebes durch atraumatische Präparation. Die Einführung des Neuromonitoring hat zu einer signifikanten Verbesserung der funktionellen Ergebnisse nach Operationen der Speicheldrüsen beigetragen. Während es bei Operationen der Gl. parotis üblich geworden ist, sollte es konsequenterweise auch bei jeder Exstirpation der Gl. submandibuaris eingesetzt werden, denn hier entstehen die meisten postoperativen Paresen (Abb. 12). _9. postoperative Narben – Visitenkarte des Operateurs Die Schnittführung und der Wundverschluss bei der lateralen oder totalen Parotidektomie verläuft im sichtbaren Teil des Gesichtes und muss daher hohen ästhetischen Ansprüchen genügen. Im kranialen Teil der Schnittführung erfolgt eine Koriumnaht, im kaudalen Anteil wird das Platysma verschlossen. Die Hautnaht erfolgt durch eine fortlaufende Intrakutannaht (Abb. 13). _10. Frey’sches Syndrom – gustatorisches Schwitzen Das gustatorische Schwitzen ist eine mögliche Komplikation nach Operationen der Gl. parotis. Es handelt sich um eine postoperative Innervationsstörung. Sekretorische Nervenfasern, die mit dem N. facialis ziehen, sprossen nach einer intraoperativen Durchtrennung nicht in das Drüsenparenchym ein, sondern in Haut. Es kommt während des Essens nicht zu einer Sekretion von Speichel, sondern zu einer Stimulation der Schweißdrüsen und zu einer Rötung der Haut (gustatory flashing) und einem Schwitzen und Kribbeln über der operierten Drüse. Mit dem Jod-Stärke-Test nach Minor gelingt der Nachweis. Die Haut wird zunächst mit einer Jodlösung und danach mit Stärke gepinselt. Während einer Reizmalzeit durch Verzehr eines Apfels kommt es zu einer Sekretion mit Blaufärbung der geschwitzten Regionen. Diese werden mit einem Stift markiert und in 4 cm2 große Felder kartiert. Die Therapie erfolgt mit Botulinnumtoxin in einer Dosierung von 2 2,5 IE pro Feld intrakutan. Die erfolgreiche Botox-Behandlung hat die früher übliche Pinselung mit Aluminiumchlorid-Hexahydrat Gel/Lösung abgelöst. Bei nur geringer Ausprägung der Sekretion kann ein üblicher Deostift vor den Mahlzeiten hilfreich sein._ Literatur beim Verfasser Abb. 12_ Elektroden während einer Operation der Gl.submandibuaris. Abb. 13_ Wundverschluss durch Intrakutannaht 6 Tage postoperativ. Abb. 12 Abb. 13 Artikelreihe zum Thema „Speicheldrüsen“ ERLANGEN Miniaturendoskope – ZMKG 2/D/06/09/A Das kleinste Endoskop für die höchsten Ansprüche KARL STORZ GmbH & Co. KG, Mittelstraße 8, D-78532 Tuttlingen/Deutschland, Telefon: +49 (0)7461 708-0, Fax: + 49 (0)7461 708-105, E-Mail: [email protected] KARL STORZ Endoskop Austria GmbH, Landstraßer-Hauptstraße 148/1/G1, A-1030 Wien/Österreich, Tel.: +43 1 715 6047-0, Fax: +43 1715 6047-9, E-Mail: [email protected] www.karlstorz.com MARCHAL Miniaturendoskope – ZMKG 3/08/09/A-D Speichelgangendoskopie auf höchstem Niveau KARL STORZ GmbH & Co. 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