Industrie-Applikationen 237 Verfahren zur qualitativen und quantitaiven RNAUntersuchung: LabOnChip®, Microarray und qPCR Technologien Susanne Seifert, Katina Bogea und Marcus Neusser Bio-Rad Laboratories GmbH, München Die RNA-Analysen durch unterschiedliche Techniken wie die Mikroarray-Technologie oder die quantitative Real-Time PCR-Methodologie haben zunehmend an Bedeutung gewonnen. Wissenschaftler streben danach, aus den revers transkribierten Genominformationen der cDNA im Zusammenhang mit den Erkenntnissen der Proteomanalysen, also der Expression bestimmter Proteinmuster, Aufschluss über komplexe Zusammenhänge wie Stoffwechselmetabolismen und Genregulation zu erhalten. Um aber zu relevanten, aussagefähigen Ergebnissen zu gelangen, ist eine Qualitätskontrolle des Ausgangsmaterials, der RNA, unumgänglich. In der Vergangenheit war dies im Wesentlichen die Kontrolle auf die verhältnismäßige Anwesenheit der 16S und 23S mRNA in Prokaryoten, oder der 18S und der 28S mRNA in Eukaryoten. Diese wurden über eine Gelelektophoreseauftrennung im Ethidiumbromidgel dargestellt. Überprüft wurde, ob idealerweise beide Moleküle in einem 2:1 Bandenintensitätsverhältnis vorliegen. Daneben kann in der Anwesenheit von unspezifischem Fluoreszenzhintergrund auch ein Indikator für RNA-Degradierungsprozesse gefunden werden. RNA gehört zu den wenig stabilen Biomolekülen, da sie leicht und schnell durch ubiquitäre RNasen abgebaut wird. RNA-Isolierungstechniken Dementsprechend sind die zu verwendenden RNA-Isolierungsmethoden ein wichtiges Thema geworden. Grundsätzlich unterscheidet man RNA-Extraktionsverfahren mit organischen Lösungsmitteln von denen mit einer Silikamatrix unter Hochsalzbedingungen. Abb. 1: LabOnChip®-Technologien vereinen die Arbeitsstationen eines kompletten Analyselabors auf geringster Fläche. Die ElektophoreseAuftrennung der Biomoleküle erfolgt in einem Kapillarsystem mit Gelmatrix. Die qualitativen und quantitativen Ergebnisse werden in Form eines Elektropherogramms dargestellt. BIOspektrum · 2/05 · 11. Jahrgang Die Isolierung mit organischen Lösungsmitteln ist empfohlen, wenn es darum geht, RNA aus fettreichem oder faserhaltigem Zellmaterial wie Gehirn oder Skelettmuskel zu isolieren. Probleme, die mit dieser Prozedur verbunden sind, sind vor allem die häufig auftretende Kontamination der RNA mit Phenol, welches zur Extraktion der Proteine aus der flüssigen Phase verwendet wird. Phenolkontaminationen können zu unerwünschten Effekten führen, wie der Inhibition von Transkriptionsreaktionen und unzureichender Hybridisierung von im Microarray verwendeten Detektionssonden. Ein weiterer Effekt ist die Inhibition von Amplifikationsvorgängen während der quantitativen Real-Time PCR. Daneben ist die organische Extraktion relativ zeitaufwändig und ergibt oft variierende Ergebnisse. Ein Vorteil dieses Verfahrens ist allerdings die Skalierbarkeit, d.h. es kann unter Verwendung entsprechender Mengenverhältnisse an Chloroform und Ethanol auch aus großen Mengen Zellmaterials eine RNA-Isolierung erfolgen. Die Bindung von Nukleinsäuren (DNA oder RNA) an eine Silikamatrix ist eine etablierte, leicht durchzuführende Isolierungsmethode. Die Bindung erfolgt in Anwesenheit eines Hochsalzpuffers wie Guanidiniumisothiocyanat (GITC). In der Regel werden vorgefertigte Säulen verwendet, die mit Silikamatrix gefüllt sind und im Kit mit allen anderen Komponenten zur RNA-Reinigung garantiert RNAse-frei zum Anwender gelangen. In den „Aurum Total RNA Kits“ von Bio-Rad Laboratories ist zudem bereits eine DNAse I enthalten, mit der genomische DNA direkt auf der Säule abgebaut werden kann. Silikabasierende Reinigungsmethoden sind aus vielen Gründen sehr populär. Sie sind sehr schnell mit Hilfe der Zentrifugation oder Vakuumfiltration durchzuführen und erlauben Reinigungen in hohem Durchsatz. Man erhält qualitativ hochwertige RNA sogar aus geringsten Probemengen. Weiterhin entfällt bei diesem Verfahren die inzwischen recht kostenaufwändige Entsorgung der organischen Lösungsmittel Phenol und Chloroform, und auch der Experimentator ist keiner Toxizität durch Lösungsmittel ausgesetzt. Bedingt durch die vorgegebene Füllung der Säulen ist die Bindekapazität allerdings oft begrenzt. Außerdem können die Säulen verstopfen, besonders wenn mit fetthaltigen Proben oder faserigem Gewebe gearbeitet wird. Um diese Nachteile zu umgehen, werden inzwischen auch Reinigungkits angeboten, die die Vorteile der organischen Extraktion mit denen der Silikamatrixtechnologie vereinigen. Der „Aurum Total RNA Fatty and Fibrous Tissue Kit“ z.B. verwendet für den Probenaufschluss und die RNA-Extraktion ein Phenol/GITC-haltiges Extraktionsreagenz. Die anschließende RNA-Reinigung erfolgt auf Säulen mit der Silikamembrantechnologie. Damit können bis zu 100 mg schwer zu bearbeitendes Gewebe eingesetzt und bis zu fünfmal mehr RNA pro Säule gewonnen werden, da nicht mehr die Gefahr besteht, dass die Säulen durch fett- oder faserreiches Lysat verstopfen. Nach der RNA-Isolierung kommt die Qualitätskontrolle Wie eingangs schon erwähnt, werden die klassischen Verfahren der Gelelektrophorese abgelöst durch neue LabOnChip®Technologien, die eine wesentlich präzisere qualitative und sogar quantitative Aussage über die gewonnene RNA zulassen. LabOnChip®-Technologie, wie sie mit dem „ExperionTM Auto- Industrie-Applikationen 238 Abb. 2: Übersichtsdiagramm zu den typischen Arbeitsabläufen bei der differenziellen Genexpression mit modernen Analysetechnologien. mated Electrophoresis System“ von. Bio-Rad Laboratories realisiert ist, komprimiert die unterschiedlichen Arbeitsbereiche eines ganzen Analyselabors auf einen Chip der Fläche von ca. 1,5 cm2 (siehe Abb. 1). Die parallele Analyse für 1-12 Proben ist in 30 Minuten abgeschlossen, und das Resultat wird in Form eines Elektropherogramms, das im übrigen auch in einer Geldarstellung gezeigt werden kann, abgebildet. Daneben erhält der Anwender verlässliche Hinweise auf mögliche Degradierungsprozesse, die als Grundlage dienen zu entscheiden, welche RNA-Proben für die anschließenden Analysen weiterverwendet werden. Diese Art der Probenqualifizierung ist zeitund kostensparend, da nicht informative Proben unmittelbar von weiteren Analysen durch Microarray oder quantitative Real-Time PCR ausgeschlossen werden. Es reduziert sich damit auch die Überprüfung eventuell unbrauchbarer „Datenberge“ auf biologische Relevanz mittels Bioinformatik-Software. Im Mittelpunkt des „ExperionTM Automated Electrophoresis System“ befinden sich Kunststoff-Wells, die auf einer dünnen Glasplatte gebunden sind. Die Glasplatte ist mit einem Netzwerk aus optimal aufeinander abgestimmten Mikrokanälen versehen, die mit den Wells verbunden sind. Sobald diese Mikrokanäle mit einer Gelmatrix befüllt werden, kön- nen Protein- /RNA-Proben durch eine exakte Steuerung von Spannung und Stromfluss in den Mikrokanälen aufgetrennt werden. Das System führt folgende Prozesse automatisiert durch: Probenauftrennung, Probenfärbung, Probendetektion und automatische Datenanalyse. Die hohe Detektionssensitivität gestattet es, Gesamt-RNA und mRNA-Reinheit und Konzentration im Nanogramm-Bereich quantitativ und im PicogrammBereich qualitativ zu bestimmen. Zur Größenbestimmung verwenden die RNA- Analyse Kits einen kleinen internen Molekulargewichtsmarker. In den RNA Untersuchungen ist in der Regel die MicroarrayTechnik der Real-Time PCR vorangestellt, denn sie bietet die Möglichkeit, aus einem großen Genpool, wie z.B. dem humanen Genom, die wenigen regulierten Gene ausfindig zu machen, die im Zusammenhang mit einer beobachtbaren biologischen Veränderung Bedeutung haben. Bio-Rad Laboratories bietet hier alle erforderlichen Hardwarevoraussetzungen: Microarray Die VersArray Microarray Linie umfasst je einen Spotter für Low- oder High-ThroughputApplikationen, „VersArray Spot Writer Compact“ und „VersArray Spot Writer Pro“. Die „VersArray Reader“ gibt es ebenfalls in zwei Varianten mit minimal 3 µM oder 5 µM Auflösung. Quantitative Real-Time PCR Für die anschließende quantitative Real-Time PCR steht neben dem „MyiQTM Single Color Detection System“ noch das „iCycler iQTM Multicolor Detection System“ zur Verfügung, indem bis zu vier Gentargets über unterschiedlich markierte Fluoreszenzhybridisierungssonden quantitativ in einem großen dynamischen Detektionsbereich erfasst werden. In beiden Detektionsplattformen werden CCD-Kameras für die Datenaufnahme verwendet. Bei der Microarray-Technologie handelt es sich jedoch um eine Endpunktmessung, die mit dem Bild aus einer Gelanalyse von amplifizierten PCR-Produkte vergleichbar ist. Im Gegensatz zur Real-Time PCR erfolgt also keine dynamische, sondern eine Fixpunktdetektion. Die CCDKamera in der Real-Time PCRTechnik zeichnet die Fluoreszenzsignale aller entstehenden PCR-Produkte dagegen kontinuierlich auf, beginnend mit dem ersten PCR-Zyklus bis zum Abschluss der Reaktion nach z.B. 40 Zyklen. Dabei wird die Expositionszeit der CCD-Kamera immer so gesteuert, dass selbst schwache Fluoreszenzsignale erfasst werden. Die Produktbildung wird soweit verfolgt, bis die so genannte PCRPlateauphase erreicht ist, in der keine lineare Produktzunahme mehr zu beobachten ist. Die Quantifizierung für alle Proben erfolgt dann über die etablierte CT-Wert-Berechnung. Dieser „Cycle of Threshold“ (CT) beschreibt den Zeitpunkt, zu dem eine Probe einen definierten Fluoreszenzschwellenwert überschreitet. Eine valide Quantifizierung erfolgt immer im linearen Fluoreszenzanstieg. Um die Amplifikation unterschiedlicher PCR-Produkte in einer Reaktion miteinander vergleichen zu können, haben die Reaktionen idealerweise identische Produktbildungseffizienzen. Die Produktbildungseffizienz liegt bei 100 %, wenn in jedem PCRZyklus eine Verdopplung der vorliegenden DNA-Zielstränge erfolgt. Sind die Effizienzen von quantitativ miteinander zu vergleichenden Genen unterschiedlich, helfen Delta CTWert-Algorithmen, z.B. „PfafflAlgorithmus“. Zur schnellen Datenverarbeitung bietet Bio-Rad Laboratories den Anwendern der Systeme iCycler iQTM und MyiQTM ein zusätzliches Tool, mit dem automatisiert die n-fache Regulation von Kandidatengenen im Vergleich zu nicht regulierten House-Keeping-Genen berechnet wird. Es ist damit zu rechnen, dass in der Zukunft in allen vorgestellten Bereichen zunehmend Standardisierungen erfolgen werden. Erste Bemühungen in diese Richtung sind die durch die MGED-Gruppe definierte MIAME(minimal information about a microarray experiment)Vorgaben. Der zukünftige Trend liegt in einer weiteren Miniaturisierung und Automatisierung der vorgestellten Techniken. Korrespondenzadresse: Dr. Susanne Seifert Dr. Katina Bogea Dr. Marcus Neusser Bio-Rad Laboratories GmbH Heidemannstr. 164 D-80939 München [email protected] [email protected] [email protected] BIOspektrum · 2/05 · 11. Jahrgang