Schweinefett - Bedeutung für Genuß und Gesundheitswert

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Schweinefett - Bedeutung für Genuß und Gesundheitswert
Priv. Doz. Dr. Ulrike Weiler1 und Dr. Sigrid Hofäcker2
1: Fachgebiet Tierhaltung und Leistungsphysiologie der Universität Hohenheim
2: Laborärztliche Gemeinschaftspraxis Ludwigsburg
In den vergangenen Jahrzehnten stieg die Nachfrage nach magerem Schweinefleisch, fettes Fleisch
hingegen war immer weniger gefragt. Während noch in den 50er Jahren fettes Schweinefleisch (z.B.
Rückenspeck und Flomen) genau so gut bezahlt wurde wie Kotelett, Schinken und Schulter,
entwickelten sich in den sechziger Jahren die Preise erheblich auseinander, so daß in den siebziger
Jahren die fetten Teilstücke nur noch etwa ein Drittel des Preises der mageren Teilstücke erzielten.
Dieser Trend war ursächlich dadurch bedingt, daß die Verbraucher damit anfingen, sich
kalorienbewußt zu ernähren. Den Landwirten brachte die Nachfrageänderung den Vorteil, daß die
Mast fleischreicher Schweine billiger ist, da magere Schweine in der Mast weniger Futter benötigen
als fette Tiere. Auch Ärzten und Ernährungsberatern war der Trend zum mageren Schweinefleisch
recht, denn hierin war man sich vor Jahren einig: fett- und cholesterinarm sollte die Ernährung sein.
Durch die Verminderung des Fettanteils im Fleisch wurden jedoch auch Fehlentwicklungen in Gang
gesetzt, die wir heute korrigieren müssen. Diese Fehlentwicklungen betreffen das Tier selbst, das
Schwein, sie betreffen aber auch den Genußwert von Schweinefleisch und nicht zuletzt die Einstellung
des Verbrauchers zum Fett.
Fett - die natürliche Energiereserve des Schweines
Bei Wildtieren, von denen alle Haustiere letztendlich abstammen, ist das Körperfett ein wichtiges
Gewebe. Als Isolierung unter der Haut vermindert das Fett Wärmeverluste, es schützt die innere
Organe und bildet gleichzeitig die zentrale Energiereserve. Wildtiere können daher wenn genug Futter
vorhanden ist, solche Reserven für Zeiten knapper Energie - wie dem Winter - oder für Zeiten mit
hohem Energieverbrauch - wie z.B. die Produktion und Aufzucht von Nachkommen - anlegen.
Weibliche Individuen weisen entsprechend auch einen höheren Anteil an Körperfett auf als männliche
Artgenossen, um dem hohen energetischen Aufwand für Gravidität und Laktation Rechnung zu
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tragen. Bei vielen Tierarten - wie auch dem Menschen - ist die weibliche Fortpflanzungsfähigkeit an
einen kritischen Fettanteil des Körpers gekoppelt. Wird dieser unterschritten, so kommt der Zyklus
zum Erliegen.
Aufgrund dieser Zusammenhänge ist es nicht verwunderlich, daß beim Schwein gerade die
fruchtbarsten Rassen auch die stärkste Neigung zur Fettbildung haben, während die Fruchtbarkeit
bei mageren fleischbetonten Rassen deutlich vermindert ist (Claus & Weiler, 1994a, b).
Die Entwicklungsfolge der Fettdepots und ihre Bedeutung für den Genußwert
Der Körper setzt im Laufe der Entwicklung stets Schwerpunkte. So werden beim jungen Tier
zunächst das Knochenwachstum und die Ausbildung der Muskulatur gefördert, während Fett nur in
geringem Umfang synthetisiert wird. Im Verlauf der Mast wird dann zunehmend Fett gebildet, so daß
beim ausgemästeten Schwein der tägliche Zuwachs an Körpermasse zu etwa .45 % aus Fett besteht,
während dieser Anteil zu Mastbeginn nur 15 % beträgt (Kirchgessner, 1982). Dieses Fett wird
jedoch nicht gleichmäßig eingelagert, vielmehr erfolgt die Verteilung auf verschiedene Fettdepots
beim wachsenden Schwein nach einer strengen Gesetzmäßigkeit. Zuerst wird „Organfett“ (z.B.
Flomen) eingelagert, da dieses Fett eine mechanische Schutzfunktion für die inneren Organe erfüllt.
Als nächstes Depot wird das subkutane Fett aufgebaut, d. h. es wird Fett unter der Haut eingelagert
(z.B. Rückenspeck), erst dann erfolgt die Auffüllung von Fettdepots zwischen den Muskeln
(intermuskuläres Fett) wie es z.B. beim Schweinehals deutlich zu sehen ist. Als letztes Depot wird
dann das intramuskuläre Fett eingelagert, also jenes Fett, das als feine Marmorierung in einem
Muskel erkennbar ist (Claus & Weiler, 1994 a,b).
Diese Reihenfolge der Fetteinlagerung ist nicht zu durchbrechen, so daß eine Verminderung der
Rückenspeckdicke, wie sie z.B. durch Züchtung in den vergangenen Jahrzehnten erreicht wurde,
auch automatisch zu einer Abnahme des intramuskulären Fettanteils führte.
Der Genußwert von Fleisch wurde hierdurch jedoch entscheidend vermindert: Intramuskuläres Fett
ist Träger der Aromastoffe, aber auch Zartheit und Saftigkeit von Fleisch werden bei allen Tierarten
durch den Anteil an intramuskulärem Fett positiv beeinflußt (Übersicht b. Weiler & Claus, 1996). In
Abbildung 1 ist diese Beziehung dargestellt.
Entsprechend hatte die Steigerung der Bemuskelung beim Schwein und die damit einhergehende
Verminderung des Fettanteils automatisch zur Konsequenz, daß das Fleisch weniger schmackhaft
wurde. So weisen unsere heutigen Schweinerassen nur noch etwa 1 % intramuskuläres Fett im
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Kotelettmuskel auf. Um einen guten Genußwert sicherzustellen, wären - wie Abbildung 1 zeigt mindestens 2% Fettgehalt im Muskelfleisch anzustreben.
Unterschiede bestehen natürlich auch zwischen den Teilstücken eines Schlachtkörpers. Die
Muskulatur im Halsbereich („Kamm“, M. serratus ventralis) enthält etwa das zwei- bis dreifache an
intramuskulärem Fett wie der Kotelettmuskel (Fischer, 1994). Entsprechend ist ein Stück gebratener
Schweinekamm selten trocken und zäh, während ein mageres Kotelettstück sehr schnell an Saftigkeit
verliert. Der Zusammenhang zwischen i.m. Fettgehalt und der Beurteilung durch den Verbraucher ist
in Abbildung 1 zusammengefaßt.
Abbildung 1: Bewertung von Geschmack, Zartheit und Genußwert von Schweinefleisch in
Abhängigkeit vom i.m. Fettgehalt (Bejerholm & Barton-Gade, 1986; steigende Punkte
entsprechen einer besseren Bewertung)
Punkte
3
2,5
2
1,5
Geschmack
Zartheit
Genußwert
1
0,5
0
<1
1 - 1,5
1,5 - 2,0
2,0 - 2,5
2,5 - 3,0
> 3,0
Intramuskuläres Fett (%)
Auch wenn etwa 2 % i.m. Fett lediglich als untere Grenze für eine gute Beurteilung des Genußwerts
anzusehen sind, werden solche Werte im Kotelettmuskel nur von wenigen Rassen wie z.B. Duroc
erreicht. Diese Rassen weisen dann natürlich auch entsprechend wenig Muskelfleisch und viel
Rückenspeck im Schlachtkörper auf. Eine Übersicht über den intramuskulären Fettgehalt im
Kotelettmuskel bei verschiedenen Rassen ist in Tabelle 1 dargestellt. Da bei uns fast ausschließlich
Kreuzungstiere in der Mast eingesetzt werden, stimmen die Werte der Reinzuchttiere zwar nicht ganz
mit den Werten der Mastschweine überein, die dargestellten Rassen stellen jedoch die Basis für
Kreuzungsprogramme dar.
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Tabelle 1: Rassenunterschiede im intramuskulären Fettgehalt (Kotelettmuskel) nach Kallweit
& Baulain, 1995
Rasse
intramuskulärer Fettgehalt (%)
Pietrain
0,6
Deutsche Landrasse
0,8
Large White
1,2
Schwäbisch Hällisch
1,6
Duroc
2,1
In dieser Studie zum Rassenvergleich wurden auch die Beziehungen zwischen intramuskulärem
Fettgehalt und anderen Merkmalen erfaßt. Hier zeigt sich deutlich (Tabelle 2), daß ein inverser
Zusammenhang zum Muskelfleischanteil und der Kotelettfläche besteht.
Tabelle 2: Beziehung zwischen intramuskulärem Fettgehalt im Kotelettmuskel und anderen
Qualitätskriterien des Schlachtkörpers (n = 215; Kallweit & Baulain, 1995)
Merkmal
Korrelation zum i.m. Fettgehalt
Muskelfleischanteildes Schlachtkörpers
- 0,51
Fleischfläche des Koteletts
- 0,43
pH1 im Kotelettmuskel
+ 0,45
Rückenspeckdicke
+ 0,25
Für den Genußwert ist zudem von Bedeutung, daß gerade die Rassen, die eine hohen Anteil an i.m.
Fett aufweisen, auch eine besonders niedrige Neigung zur Fehlreifung PSE aufweisen. PSE-Fleisch
ist extrem hell, weich und hat ein geringes Wasserbindungsvermögen, so daß erhebliche
Fleischsaftverluste auftreten. Es entsteht, wenn nach der Schlachtung die Bildung von Milchsäure in
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der Muskulatur zu schnell abläuft. Zu dieser Fehlreifung neigen insbesondere stark bemuskelte
Schweine, da hier große weiße Fasern im Kotelettmuskel dominieren, die eine hohe Disposition für
die PSE-Bildung bedingen (Weiler et al., 1996). Fleisch mit PSE Eigenschaften kann aufgrund der
Säurebildung nach der Schlachtung durch die Messung des pH - Wertes erkannt werden (pH1). Die
positive Beziehung zwischen i.m. Fett und pH1 in Tabelle 1 zeigt, daß bei hohem i.m. Fettanteil die
Milchsäurebildung weitgehend normal verläuft so daß der pH1 Wert selten den kritischen Grenzwert
unterschreitet.
Damit muß aus mehreren Gründen davon ausgegangen werden, daß Schweinefleisch mit hohem
Genußwert von unseren aktuell verwendeten mageren Herkünften nicht zu erwarten ist.
Wer schmackhaftes Schweinefleisch will, muß fettere Schlachtkörper in Kauf nehmen. Ein
Hauptargument vieler Verbraucher gegen fetteres Schweinefleisch ist die Befürchtung, daß dieses
Fett nicht sonderlich gesund sein könnte. Daß in dieser Hinsicht Fett nicht gleich Fett ist, das ist
vielen Verbrauchern nicht zuletzt aus der Margarine - Werbung bekannt. Ein gesichertes Wissen
über die zugrundeliegenden Zusammenhänge fehlt jedoch meist. In der Werbung wird so z.B.
vermittelt, daß der Fettkonsum die Cholesterinwerte beeinflußt.
Was hat Fett mit Cholesterin zu tun ?
Cholesterin ist Bestandteil aller menschlichen und tierischen Zellen. Es stellt den Grundbestandteil der
Zellmembran dar und ist Ausgangssubstanz der Synthese von Steroidhormonen, wie den männlichen
und weiblichen Geschlechtshormonen (Androgene und Östrogene), der Gallensäure und von Vitamin
D (Calciferol). Ein Großteil des Cholesterins (ca. 800 mg/Tag), das jeden Tag im Stoffwechsel
gebraucht wird, wird daher vom Körper selbst, vorwiegend in Leber und Darm neu synthetisiert,
während das Cholesterin, das aus der Nahrung resorbiert wird, nur etwa ein Viertel des täglichen
Bedarf deckt. Zudem ist der Organismus in der Lage, einem Überangebot aus der Nahrung durch
verminderte Resorption und Reduzierung der endogenen Synthese gegenzusteuern.
Cholesterin wird mit dem Blut als Bestandteil sogenannter Lipoproteine zu den Zellen transportiert.
Es gibt dabei verschiedene Arten von Lipoproteinen, die sich in ihren Aufgaben und ihrer Dichte
unterscheiden. Eines dieser Lipoproteine, das Low-Density-Lipoprotein (LDL) transportiert
Cholesterin von der Leber zu den extrahepatischen Zellen, während das High-Density-Lipoprotein
(HDL) für den Cholesterintransport vom Gewebe zur Leber zuständig ist, wo es abgebaut werden
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kann. Hohe LDL-Cholesterinwerte in Verbindung mit niedrigen HDL-Cholesterinwerten werden als
ein wesentlicher Risikofaktor für koronare Herzerkrankungen angesehen.
Während früher überwiegend das Cholesterin der Nahrung für diese Situation verantwortlich
gemacht wurde, sind heute die eigentlichen Ursachen geklärt. Das Transport-Lipoprotein LDL hat
auch die Aufgabe den größten Teil des Cholesterins (50 - 70 %) über spezifische Rezeptoren in die
Zellen einzuschleusen, um es dort dem Zellstoffwechsel zu Verfügung zu stellen. Bei einigen
Menschen führt jedoch ein genetischer Defekt dieser LDL-Rezeptoren dazu, daß das Cholesterin
nicht mehr über den Rezeptor eingeschleust werden kann. Neben diesem Defekt kann auch eine
genetisch bedingte Veränderung einer LDL-Untereinheit dazu führen, daß das LDL - trotz
funktionsfähigem Rezeptor - nicht mehr effizient in die Zellen eingeschleust werden kann. Die Folge
ist, daß die Zellen das erforderliche Cholesterin selbst zusätzlich synthetisieren, da ja der Nachschub
von außen nicht funktioniert. Entsprechend steigen auch hier die Cholesterinwerte im Blut an, es
entstehen Ablagerungen in den Blutgefäßen, das Risiko für Herzerkrankungen steigt. In beiden Fällen
müssen Patienten alle Möglichkeiten nutzen, um die Gefahr durch hohe Cholesterinwerte zu senken.
Bei Patienten mit diesen Defekten werden Cholesterinwerte gemessen, die die Normwerte („200 +
Alter“ mg/dl) bei weitem übersteigen.
Unglücklicherweise hat die Vermeidung von Cholesterin in der Nahrung nur einen geringfügigen
Effekt auf die hohen Cholesterinwerte, denn - wie dargestellt - wird der überwiegende Anteil im
Körper selbst gebildet. Dies wird nachvollziehbar, wenn man den Cholesteringehalt von
Lebensmitteln betrachtet. Schweinefleisch (ca. 80 mg/100g) unterscheidet sich hier nur unwesentlich
von Rindfleisch (ca. 90 mg/100g) und Geflügel (ca. 85 mg/100g). Von diesem Nahrungscholesterin
werden nur etwa 50 % resorbiert und müssen dann in Relation zur körpereigenen Synthese von ca.
800 mg/Tag gesehen werden. Weitaus wichtiger als der Cholesteringehalt ist das Fettsäuremuster
der Nahrung. Die Zusammensetzung des aufgenommenen Fettes ist eine wesentliche
Bestimmungsgröße für die Balance zwischen LDL- und HDL-Cholesterin sowie für die für die Höhe
der Blutcholesterinwerte.
Chemische Grundlagen der Fettbeurteilung
Zur Beurteilung von Fett muß man sich mit seiner chemischen Zusammensetzung beschäftigen. Fett
besteht aus einem Grundgerüst von Glyzerin, an das drei Fettsäuren gebunden sind (daher auch
Triglyzeride). Fettsäuren sind unterschiedlich lange Ketten aus Kohlenstoffatomen, die mit
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Wasserstoffatomen abgesättigt sind und eine spezifische Säuregruppe besitzen. Man unterteilt
Fettsäuren in kurzkettige ( bis zu 12 C-Atomen), mittlere und langkettige Fettsäuren (18 und mehr
C-Atome). Zudem gibt es Unterschiede darin, wie vollständig die Ketten mit Wasserstoffatomen
abgesättigt sind. Sind alle freien Elektronen der Kohlenstoffatome mit Wasserstoffatomen
abgesättigt, so spricht man von gesättigten Fettsäuren.
Ungesättigte Fettsäuren haben reaktionsfreudige Doppelbindungen zwischen den C-Atomen. Je nach
Zahl der Doppelbindungen spricht man von einfach oder mehrfach ungesättigten Fettsäuren (auch
Polyensäuren genannt). Mit C18:0, C18:1, C18:2 und C18:3 werden Fettsäuren aus 18
Kohlenstoffatomen bezeichnet, die entweder keine (C18:0, Stearinsäure), eine (C18:1; Ölsäure),
zwei (C18:2, Linolsäure) oder drei (C18:3, Linolensäure) Doppelbindungen besitzen. Die
Doppelbindungen machen ungesättigte Fettsäuren zum Ausgangsprodukt für viele körpereigener
Verbindungen, wie z. B. Hormonen der Prostaglandin-Familie, Leukotriene und Thromboxane.
Diese Substanzen haben wichtige Steueraufgaben für verschiedene Lebensfunktionen. Da der
Körper für diese Synthesen auf mehrfach ungesättigte Fettsäuren als Vorstufen angewiesen ist, nennt
man sie auch essentielle Fettsäuren.
Ein weiteres wichtiges Charakteristikum ist die Position der letzten Doppelbindung innerhalb
der Kette. Normalerweise werden die Kohlenstoffatome ausgehend von der Säuregruppe aus
durchnumeriert, für diese Charakterisierung zählt man jedoch vom anderen Ende aus („Omega“).
Fettsäuren mit Doppelbindung am drittletzten C-Atom („Omega-3“ Fettsäuren) sind Vorstufen für
andere Steuersubstanzen des Körpers als Omega-6 Fettsäuren. Dabei kommen Omega-3
Fettsäuren überwiegend in Plankton und Meerestieren vor, während Omega-6 Fettsäuren von
terrestrischen Pflanzen gebildet werden.
Während kurzkettige, gesättigte Fettsäuren (6 - 12 C-Atome) keinen Einfluß auf die
Plasmacholesterinwerte haben, bewirken mittelkettige ungesättigte Fettsäuren (14 und 16 C-Atome)
einen starken Cholesterinanstieg und eine Beeinträchtigung der LDL-Rezeptorfunktion.
Transfettsäuren, wie sie bei der Herstellung von Margarine anfallen, üben vermutlich aufgrund ihrer
strukturellen Ähnlichkeit zu gesättigten Fettsäuren einen cholesterinerhöhenden Effekt aus. Mehrfach
ungesättigte Fettsäuren, hingegen senken die Cholesterinwerte im Blut.
Eine besondere Schutzwirkung gegenüber Herz- und Kreislauferkrankungen wurde den Omega-3
Fettsäuren zugesprochen, da sie die Blutgerinnung verzögern und gefäßerweiternd wirken Diese
müssen jedoch relativ hoch dosiert werden, um eine Wirkung zu erzielen. Neuere Untersuchungen
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haben zudem gezeigt, daß nicht hohe LDL-Cholesterinwerte allein eine Erhöhung des
Artheroskleroserisikos bewirken, sondern Ablagerungen in den Blutgefäßen nur in Verbindung mit
einem Mangel an Antioxidantien (z.B. den Vitaminen C und E sowie β-Carotin) und einem hohen
Anteil an ungesättigten Fettsäuren in der Nahrung auftreten. Ohne diese Antioxidantien kommt es zur
Oxidation der im LDL-Partikel enthaltenen ungesättigten Fettsäuren. Am Ende einer Reihe von
Reaktionen bilden sich in den Blutgefäßwänden Schaumzellen, die wesentlich zu den bekannten
Ablagerungen in den Blutgefäßen beitragen.
Wenn man all die verschiedenen Faktoren wichtet, so ist deutlich, daß Schweinefett aus
ernährungsphysiologischer Sicht eine günstige Fettsäurenzusammensetzung aufweist (siehe dazu
Tabelle 3 und 4).
So weist Schweinefett sogar einen höheren Anteil ungesättigter Fettsäuren und weniger gesättigte
Fettsäuren auf als Rinderfett und das für den Genußwert des Fleisches unerläßliche intramuskuläre
Fett enthält beim Schwein sogar vorwiegend ungesättigte Fettsäuren. Zudem sollte nicht vergessen
werden, daß neben ernährungsphysiologischen Aspekten auch andere Faktoren wie körperliche
Betätigung, Streß, Alter und Geschlecht eine Rolle für die Höhe des Blutcholesterinwertes spielen
(Übersicht: Utermann, 1989¸ Dammermann & Breslow, 1995; Tikkanen 1990).
Wie sieht das ideale Fett aus ?
Die Kettenlänge, sowie die Zahl und Position der Doppelbindungen sind für den Genußwert, die
Haltbarkeit und die Konsistenz von Fett, aber auch für den Gesundheitswert entscheidend.
Für den Genußwert und die Haltbarkeit sind gesättigte Fettsäuren günstig zu beurteilen. Ungesättigte
Fettsäuren bedingen, daß Fett weicher ist, so daß Rückenspeck mit zu viel ungesättigten Fettsäuren
oft schmierig wirkt. Gesättigte Fettsäuren machen das Fett fest und sind aus Sicht der Verarbeitung
besonders erwünscht, da gesättigte Fettsäuren chemisch generell stabiler sind, so daß sie weniger
schnell ranzig werden als ungesättigte Fettsäuren.
Aus ernährungsphysiologischer Sicht sind gesättigte Fettsäuren hingegen kritisch zu werten. Die
Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt maximal ein Drittel gesättigte Fettsäuren, aber auch
aufgrund der instabilen chemischen Struktur lediglich ein Drittel mehrfach ungesättigte Fettsäuren in
der Nahrung. Der Anteil der einfach ungesättigten Fettsäuren, wie Ölsäure sollte mindestens ein
Drittel betragen.
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Gerade hinsichtlich des Anteils einfach und mehrfach ungesättigter Fettsäuren ist Schweinefett im
Vergleich zu anderen tierischen Fettarten aber auch im Vergleich zu manchen Pflanzenfetten
besonders günstig zu beurteilen. In Tabelle 3 sind Olivenöl, Kokosfett, Rindertalg, Sonnenblumenöl
und Schweinefett hinsichtlich den Anteilen an gesättigten und essentiellen Fettsäuren
gegenübergestellt.
Tabelle 3: Anteil (%) der verschiedenen Fettsäuren in wichtigen tierischen und pflanzlichen
Fetten und Ölen (nach Wolfram, 1989)
Fettart
gesättigte
einfach ungesättigte
mehrfach-
Fettsäuren
Fettsäuren
ungesättigte
Fettsäuren
Schweinefett
43
49
8
Rinderfett
54
42
4
Butter
64
30
6
Sonnenblumenöl
12
24
64
Olivenöl
17
73
10
Kokosfett
91
7
2
Wie die Daten in Tabelle 3 zeigen, liegt das in der Verbrauchereinschätzung oft als „gesund“
eingestufte Olivenöl sogar niedriger im Gehalt an essentiellen Fettsäuren als Schweinefett. Kokosfett
mit seinem extrem hohen Anteil an gesättigten Fettsäuren ist entsprechend ein festes Fett, das
aufgrund seiner chemischen Stabilität kaum verdirbt und hoch erhitzt werden kann. Unter
ernährungsphysiologischen Aspekten ist es jedoch kritisch zu beurteilen.
Einflüsse der Fütterung auf die Qualität von Schweinefett
Im Gegensatz zu den Wiederkäuern kann das Fettsäuremuster im Körperfett beim Schwein durch
die Fütterung beeinflußt werden. Beim Schwein wird - abhängig vom Fütterungsniveau - ein Teil der
Fettsäuren aus dem Futter unverändert in das Körperfett eingebaut. Das bedeutet, daß Futtermittel
mit einem hohem Anteil an essentiellen Fettsäuren auch zu einer vermehrten Einlagerung von
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ungesättigten Fettsäuren in das Schweinefett führt. Ein solches Beispiel ist in Tabelle 4
zusammengefaßt.
Tabelle 4: Einfluß von Rapsölzulage in der Mast auf die Zusammensetzung von Schweinefett
(nach Rippe, 1988)
Fütterung
gesättigte Fettsäuren
mehrfach ungesättigte
(%)
Fettsäuren (%)
41
5
Zusatz von 5 % Rapsöl
31
14
Zusatz von 11 % Rapsöl
22
20
Kontrollration (ohne
Rapsölzusatz)
Wenn das Schwein jedoch Fettsäuren vollständig neu synthetisiert, so werden insbesondere .Stearinund Ölsäure gebildet. Da vom Verbraucher - weiches Fett als unangenehm empfunden wird - auch
wenn es noch so gesund sein mag - und die Verderblichkeit erhöht ist, limitieren die verschiedenen
Qualitätsfleischprogramme den Anteil der mehrfach ungesättigten Fettsäuren auf 18 g/kg Futter. Die
Zulage von Kokosfett zur Ration wurde insbesondere unter dem Aspekt untersucht, daß hierdurch
die Haltbarkeit verbessert werden kann.
Konsquenzen für den Verbraucher
• Wer Schweinefleisch will, das einen hohen Genußwert garantiert, der muß etwas mehr
Fett akzeptieren. Das erwünschte intramuskuläre Fett, das Fleisch zarter, geschmackvoller und
saftiger macht, wird erst dann vom Schwein gebildet wird, wenn andere Fettdepots ausreichend
vorhanden sind.
• Wer Schweinefleisch will, das einen hohen Genußwert garantiert, der kann mit gutem
Gewissen genießen. Schweinefett weist ein ernährungsphysiologisch günstiges Fettsäuremuster
auf und ist in dieser Hinsicht nicht nur Rinderfett vorzuziehen, sondern auch harten pflanzlichen
Fetten. Der Cholesteringehalt unterscheidet sich nicht von anderen Fleischsorten. Zudem ist
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aufgrund aktueller Ergebnisse der Ernährungsphysiologie nicht davon auszugehen, daß das
Nahrungscholesterin wesentlichen Einfluß auf die Blutcholesterinwerte besitzt. Hier sind andere
Faktoren bedeutsamer (wesentlich: genetische Disposition). Als nutritiver Faktor ist insbesondere
das Fettsäuremuster der Nahrung bedeutsam. Auch unter diesem speziellen Aspekt ist die
Zusammensetzung von Schweinefett günstig zu beurteilen.
• Wer Schweinefleisch will, das einen hohen Genußwert garantiert, der muß auch
akzeptieren, daß dieses Produkt etwas teue rer angeboten wird. Der Aufbau von
Körperfett verbraucht mehr Futterenergie als der Aufbau von Muskelmasse. Wenn die Landwirte
einen höheren Preis für diese Qualität verlangen, ist dies nur gerechtfertigt. Auch der Anteil der
unerwünschten Teilstücke, wie Rückenspeck und Flomen, sind an Schlachtkörpern mit bester
Fleischqualität stärker ausgebildet und tragen zum höheren Preis bei.
Literatur
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meat. Proc. 32nd European Meeting of Meat Research Workers. Bristol, UK, 196-197
Claus, R., Weiler, U.(1994a) Wie funktioniert das Wachstum SUS, Teil I: 4 (1994) 28-30, Teil
II: 5 (1994)
Claus, R., Weiler, U. (1994b) Endocrine regulation of growth and metabolism in the pig.
Livestock Prod., (invited paper) 37 245-260
Dammerman, M., Breslow, J.L. (1995) Genetic basis of lipoprotein disorders. Circulation, 91, 505512.
Fischer, K. (1994) Zur Topographie des intramuskulären Fettgehaltes bei Rind und Schwein.
Mitteilungsblatt der Forschungsanstalt für Fleischforschung Kulmbach, 124, 112 - 120
Kallweit,E., Baulain, U. (1995) Intramuskulärer Fettgehalt im Schweinefleisch,. SUS, 1/1995; 40-42
Kirchgessner, M (1982) Tierernährung, DLG-Verlag, Frankfurt (Main)
Rippe, E. (1988) Untersuchungen über den Einfluß unterschiedlicher Mengen und Anteile mehrfach
ungesättigter Fettsäuren bzw. mittelkettiger Fettsäuren auf Wachstum, Fettansatz,
Fettzusammensetzung und Fleischbeschaffenheit von Mastschweinen bei unterschiedlicher Mastzeit;
Diss. sc. agr., Christian-Albrechts-Universität Kiel
Tikkanen, M.J. (1990) Role of plasma lipoproteins in the pathogenesis of atherosklerotic
disease, with special reference to sex hormone effects. Am. J. Obst. Gynecol., 163, 296-304.
Utermann, G. (1989) The mysteries of liprotein (a) Science, 246, 904-910.
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Weiler, U., Claus, R. (1996) Wie sieht das markt- und umweltgerechte Nutztier aus. Landinfo
3/96 1-25
Weiler, U., Raab, S., Hanf, U. (1996) Wie funktioniert die Qualitätserzeugung. SUS (Teil 1:
4/1996; Teil 2: 5/1996; Teil 3: 6/1996)
Wolfram, G. (1989) Bedeutung der omega-3-Fettsäuren in der Ernährung des Menschen.
Ernährungsumschau 36, 319
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