Onkologische Bluttests Tumorzellen als Indikatoren Dr. med. Ulrich Pachmann, Gründer und Geschäftsführer Simfo Die im Blutkreislauf von an Krebs erkrankten Menschen zirkulierenden Tumorzellen rücken zunehmend in den Fokus der Krebsdiagnostik. Sie können auf der einen Seite zwar Metastasen verursachen. Zugleich haben sie aber auch diagnostischen Wert, indem sie wichtige Erkenntnisse für die Personalisierung von Krebstherapien liefern. Onkologische Bluttests, mit denen der Nachweis dieser Tumorzellen im Patientenblut gelingt, werden zunehmend in der Praxis eingesetzt. Sie ermöglichen durch eine zuverlässige Identifizierung, Quantifizierung und Charakterisierung der Zellen eine wirksame Vor- und Nachuntersuchung sowie Therapiekontrolle. Die Ergebnisse der Tests sind die Grundlage für die Wahl der individuell passenden Therapie für den Patienten. Als Ursache für, selbst nach einer erfolgreichen Bekämpfung des Primärtumors, auftretende Fernmetastasen und die Ausbreitung von Tochtergeschwülsten sowie Rezidiven, genossen Tumorzellen lange Zeit nicht zu Unrecht einen ausschließlich schlechten Ruf. Tatsächlich können sich die vom Primärtumor absondernden epithelialen Tumorzellen (CETCs) über die Blutbahn sowie die Lymphe schnell und weiträumig im menschlichen Körper verbreiten. Sie können in fremdes Gewebe eindringen, sich dort ansiedeln und durch Zellwachstum lebenswichtige Organe bis zur Funktionsunfähigkeit schädigen. Lange Zeit unberücksichtigt blieb jedoch die Tatsache, dass zum einen nicht alle Tumorzellen aktiv und damit über ein entsprechendes metastaseninduzierendes Potenzial verfügen. Zum anderen wurde ihre diagnostische Bedeutung unterschätzt, die sich unter anderem aus ihrer Beschaffenheit sowie der Entwicklung ihrer Anzahl ergibt, die mit dem Erfolg vieler Therapien direkt korreliert. Heute ist erwiesen: Zirkulierende Tumorzellen sind zuverlässige Indikatoren, die Aufschluss über den Erfolg oder das fehlende Ansprechen auf eine Behandlung geben. Zurückzuführen ist dies auf die signifikante Korrelation zwischen deren quantitativer Entwicklung und dem Auftreten von Metastasen. Moderne onkologische Diagnoseverfahren machen sich diesen Umstand zunutze, indem sie die Identifikation, Quantifizierung und Charakterisierung von CETCs ermöglichen. Voraussetzung hierfür ist lediglich die Entnahme von nur rund 15 ml Patientenblut in ein Standard-EDTA-Blutbildröhrchen. EpCAM-Methode zur Quantifizierung und Charakterisierung Da die in den Blutproben vorhandenen vitalen tumorverdächtigen Zellen fluoreszierende, antihumane epitheliale Antikörper binden können, ist es möglich, sie entsprechend zu markieren und anschließend auf einem Trägermaterial anhand der Laser-Scanning-Cytometrie oder mit Bildanalyse zu erfassen. Die Anzahl der zirkulierenden Tumorzellen lässt sich nun im Verhältnis zur entnommenen Blutmenge berechnen. Das hierfür erforderlich Epitheliale Cytoadhäsions-Molekül (EpCAM) ist auf mehr als 90 Prozent der Karzinomzellen präsentiert. Und genau hierin liegt die Grundlage für eine zuverlässige Quantifizierung und Charakterisierung der Tumorzellen und der so genannten EpCAM-Methode, welcher sich das abgeschwächten Signalstärke lassen sich aufgrund der hohen Automatisierung mit dieser Methode reproduzierbar erfassen (Abb. 1). Auch dies ist ein elementarer Bestandteil für die zuverlässige Diagnose, da gerade Zellen mit niedriger EpCAM-Expression möglicherweise für die Metastasierung von entscheidender Bedeutung sind. Ebenso lässt sich die Epithelial-Mesenchymale Transition (EMT) abbilden, die vermutlich für die Metastasierung mitverantwortlich ist. Unabhängig davon können zusätzlich Tumorstammzellen-Assays damit routinemäßig durchgeführt werden. Nachweisrate bei der Suche nach CETCs entscheidend Abb. 1: Dargestellt ist die Reproduzierbarkeit der Messungen mit Maintrac. Doppelansätze bei mehr als 80 Patienten zeigen eine gute Korrelation. Abb. 2: Die Signalstärke des EpCAM Signals auf den Zellen weist eine hohe Variationsbreite auf. Mit der Maintrac-Methode werden auch Zellen mit einer geringen EpCAM Expression erfasst, da dies möglicherweise die für die Metastasierung wichtigen Zellen sind (EMT Epitheliale-Mesenchymale Transition). onkologische Diagnoseverfahren Maintrac (Simfo) bedient. Bei dem Zähl- und Charakterisierungsprozess werden keine Zellen berührt und so etwa auf unbeabsichtigte Weise zerstört. Die Quantifizierbarkeit und die Validität der mit dieser einhergehenden diagnostischen Aussagen sind somit gewährleistet. Mit diesem Verfahren kann auch Zellsterben, Zellteilung sowie der subzelluläre molekularbiologische Nanobereich der CETCs verfolgt und ausgewertet werden. Hilfreich ist dabei insbesondere der Einsatz der Fluorescence In Situ Hybridization-Technik. Selbst Tumorzellen mit einer geringen EpCAM-Anzahl und einer somit Mit der Quantifizierung der CETCs lässt sich gerade in der adjuvanten Behandlungsphase, in der sich nur wenige Tumorzellen im Blut befinden, die individuelle Medikation optimal anpassen. Patienten, bei denen die im Blut zirkulierenden epithelialen Tumorzellen auf weniger als ein Zehntel reduziert oder vollständig eliminiert werden können, weisen eine deutlich geringere Rückfallquote auf. Das onkologische Diagnoseverfahren kann so zuverlässige Aussagen über die Existenz, Anzahl und den Charakter zirkulierender Tumorzellen treffen, gleich ob das körpereigene Abwehrsystem versagt. Im Vergleich zur Diagnostik per hochentwickelten onkologischen Bluttests gestaltet sich beispielsweise die Knochenmarkdiagnostik sowohl kostspielig als auch aufwendig sowie für den Patienten sehr belastend. Um an das Diagnosematerial zu gelangen, muss sich der Patient einem teils sehr schmerzhaften Eingriff unterziehen. Da auch bei der Knochenmarkdiagnostik eine ständige Überprüfung der Tumoraktivität gewährleistet werden sollte, müsste dieser Eingriff zudem in regelmäßigen Intervallen wiederholt werden. Darüber hinaus ist das Verfahren, laut Hersteller, nur bedingt effizient: Die Häufigkeit der Tumorzellen in Bezug auf normale Knochenmarkzellen beträgt nämlich nur ein Tausendstel bis ein Zehnmillionstel. Insofern ist ein Knochenmarkaspirat gegenüber einer Blutentnahme keine repräsentative Stichprobe. Doch auch bei den anderen angebotenen Untersuchungen des peripheren Blutes gilt: Bluttest ist nicht gleich Bluttest. Trotz einer im Ver­ gleich zur Knochenmarkdiagnostik leichteren Zugänglichkeit zum Diagnosematerial besitzen hier einige Verfahren deutliche Schwachstellen: Zunehmend umstritten sind Verfahren mit Vorselektion nach unklaren Kriterien, da dadurch zu wenige Tumorzellen ausfindig gemacht werden. Die Maintrac-Analyse erfolgt direkt durch ein automatisches Mikroskop unter Hinzuziehung aufwändiger Bildanalyseverfahren (Abb. 2). Dies kann die Genauigkeit und Geschwindigkeit verbessern und führt bei den verschiedensten soliden Tumorarten zu zuverlässigen Ergebnissen. In 1 ml Blut finden sich bis zu 10.000 zirkulierende Tumorzellen. Infolgedessen weist dieses Verfahren unter den onkologischen Bluttests die derzeit höchste Nachweisrate bei der Suche nach CETCs im Patientenblut auf. Entwicklung personalisierter Therapien Die Erkenntnisse, die hochwertige, onkologische Bluttests liefern, sind für die Entwicklung von wirksamen Krebstherapien, die personalisiert und somit auf den Patienten individuell zugeschnitten sind, von großer Wichtigkeit. Denn wie die Praxis zeigt, wirken bestimmte Medikamente und Behandlungen eben nicht bei jedem Patienten gleichermaßen. Dies liegt darin begründet, dass unterschiedliche Tumoren und voneinander abweichende Patientenkonstitutionen eine jeweils individuelle, auf das spezifische Krankheitsbild ausgerichtete Behandlung erfordern. Dabei ist sowohl die Wahl als auch die Dosierung der eingesetzten Medikamente entscheidend. Da sich bereits an der Struktur einer Tumorzelle oftmals ablesen lässt, ob eine spezielle Therapie geeignet ist, um die spezifische Krebserkrankung wirksam zu bekämpfen, sind Diagnose-Verfahren, die die CETCs eines Patienten in den Fokus rücken, unverzichtbar. Und auch in der Unterscheidung zwischen schnell wachsenden und dormanten Tumorzellen liegt oftmals ein wichtiges Indiz für die geeignete Behandlung. So besteht ein wesentlicher Vorteil des hier vorgestellten Bluttests darin, dass bereits vor Beginn einer ge­ planten Therapie – und ohne ein Ex- periment am Körper des Patienten – im Labor geprüft werden kann, ob die patienteneigenen Tumorzellen auf die vorgesehenen Medikamente reagieren. Auf diese Weise ist es möglich, den Patienten von Beginn an mit den Präparaten zu therapieren, deren Wirkung auf die Tumorzellen in seinem Körper nachgewiesen wurde (Abb. 3). Durch die Charakterisierung der CETCs kann außerdem wertvolle Informationen für die Identifizierung von Karzinomen unbekannter Herkunft liefern. Das Verfahren bietet dabei, angefangen bei den Eigenschaften der Zelloberfläche über intrazelluläre Marker bis hin zur Anund Abschaltung einzelner Gene oder ihrer Abweichung, zuverlässige Einblicke in die Merkmale singulärer oder die Mehrheit zirkulierender Tumorzellen. Die potentielle Fokussierung auf singuläre gene­tische Tumorprofile trägt darüber hinaus dazu bei, über neue Therapieformen nachzudenken, zu diskutieren und sie schlussendlich zu finden. Kontakt Dr. med. Ulrich Pachmann Simfo GmbH Bayreuth [email protected] www.simfo.de Abb. 3: Klinische Relevanz des vorgestellten Bluttests. Patienten mit ansteigenden Zellzahlen unter der Therapie haben ein höheres Rezidivrisiko (rote Kaplan-Meier Kurve), als Patienten mit abfallenden Zellzahlen (grüne Kaplan-Meier Kurve). Dies ermöglicht es, bereits frühzeitig die Therapie zu ändern.