Der traumatische Gelenkerguss

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Wie vorgehen?
Der traumatische Gelenkerguss
uss
Glaubt man den hervorragenden eben erschienenen Statistiken der BfU (Status 2012), sind die Sportverletzungen gar
nicht im Rückgang, was im Übrigen bei den Haushalt- und
Freizeitverletzungen ebenfalls nicht festzustellen ist. In allen
Kategorien sind der Bewegungsapparat, und darunter oft die
Gelenke das Opfer der unvorgesehenen schädigenden Krafteinwirkung. Laut der erwähnten Statistik sind im Sport vor
allem in abnehmender Frequenz Sprunggelenke, Schul
Schultergeten sind dielenke, Handgelenke und Knie betroffen. Nicht selten
t
se Gelenksverletzungen von einem Erguss begleitet.
Abb. 1: Die Prüfung eines Kniegelenksergusses
enksergusses durch das Zeichen
der «tanzenden Patella»
Dr. med. Peter Jenoure
Gravesano
Physiopathologie
opathologie des Gelenkergusses
Gelenkergusse
Durch die brüske Fehlbewegung kommt ees im betroffenen Gelenk
er oder mehrerer d
zu Schädigung einer
der verschiedenen Gelenksstrukt
norpel, Kapse
strukturen (Knochen, Knorpel,
Kapsel, extraartikuläre Ligamente,
intraartiku
nd Menisken
Men
intraartikuläre Ligamente und
wenn vorhanden), sehr
häufig mit Blutungen
Blut
kul
der vaskularisierten
Strukturen verbunden.
Dies führt in der Regel zum sofortigen Auftreten eines Ergusses.
windigkeit des Au
Die Geschwindigkeit
Auftretens des Ergusses muss unbedingt
anamnestisch erfasst wer
werden: währenddem der blutige Erguss
(Hä
(Hämarthros) sich meist sofort bis schnell entwickelt, gibt es auch
sekund
uftretende
r
sekundäre, später auft
Ergüsse. Es handelt sich meistens um
sogenann
sogenannte Hydrarthros. Das Fehlen eines Hämarthros erlaubt jeoch keine Aussagen über die Ernsthaftigkeit der Verletzung, da bei
doch
wereren Distorsionen die Gelenkskapsel so verrissen sein kann,
schwereren
dass die B
Blutung sich auch extraartikulär verteilen kann. Konseenterwe bedeutet ein grosser Erguss eine noch einigermassen
quenterweise
dichte Kapsel!
Ka
Es ist zu berücksichtigen, dass solche Ergüsse einige nicht zu
unte
unterschätzende Probleme mit sich bringen: sie sind häufig eine der
H
Hauptursachen für Schmerzen, sie erschweren eine gute zuverlässige klinische Untersuchung oft beträchtlich, und schlussendlich
haben sie mit ihren verschiedensten Abbauprodukten eine gelenksschädigende (arthrogene) Wirkung.
Klinische Beurteilung
Ein erster Schritt bei der Behandlung eines verletzten Gelenkes
wird nach der Anamnese die Inspektion sein; hier muss auf
eine Schonhaltung, eine Schwellung oder ein sichtbares Hämatom geachtet werde. Eine verstrichene Kontur des Gelenkes ist
ein zuverlässiger Hinweis auf einen Erguss. Dieser ist einer der 4
Hauptsymptome, welche aufzusuchen sind: der Schmerz, die Instabilität, Blockierungen und eben der Erguss.
Der Kniegelenkserguss
Abb. 2: Die Prüfung eines K
Kniegelenksergusses durch das Zeichen
des «bulge sign»
14
Obwohl sie statistisch nicht im ersten Rang stehen betreffen rund
ein Drittel aller Sportverletzungen das Knie, und die Häufigkeit und
Schwere dieser Verletzungen nimmt tendenziell zu. Oft ist es der
12_ 2012 _ der informierte arzt
MEDIZIN FORUM
Hausarzt, dem die erste Beurteilung und Behandlung solcher Verletzungen zufällt.
Besser feststellbar als in anderen Gelenken ist beim Knietrauma
oft ein Erguss festzustellen. Die Frage, ob dieser Erguss punktiert
werden soll oder nicht tritt also ebenfalls oft auf. Unsere Beobachtung ist, dass auf diese nicht nur interessante aber teilweise auch
wichtige Massnahme sehr häufig aus nicht immer verständlichen
Gründen verzichtet wird.
Die Suche nach intraartikulärem Erguss am verletzten Knie
wird bei liegendem Patienten mit gestrecktem Knie durchgeführt.
Klassicherweise sucht man den Erguss mit dem Zeichen der tanzenden Patella. Eine „tanzende Patella“ spricht für einen grösseren
intraartikulären Erguss. Bei der Prüfung dieses klinischen Zeichens muss aber darauf geachtet werden, dass der obere – und auch
die seitlichen Recessi gut ausgestrichen bzw komprimiert werden.
Beim Zeichen der „tanzenden Patella“ kann es bei Ergüssen über
15ml zu einem Geräusch kommen.
Die Technik des „bulge sign“, bei welcher man die Flüssigkeit
hin und her schiebt ist zuverlässiger und erlaubt die Beurteilung von
kleineren Ergüssen (4–8 ml). Wir ziehen diese Untersuchungstechnik
weit vor!
Ein Gelenkserguss verursacht relativ rasch einen
nen sch
schmerzbekung der
de gesamdingter Streckausfall (Flexum) und eine Einschränkung
Auto
ten Gelenksbeweglichkeit. Deshalb schlagen einige Autoren
sogarr
ng
die Punktion in allen Fällen vor, um eine optimale Untersuchung
zu ermöglichen.
Es ist wichtig, einen Kniegelenkserguss von einer Bakerzystee zu
unterscheiden. Die Bakerzyste ist eine prallelastische Schwellung
der Kniekehle und Unterschenkelregion. Sie entsteht durch eine
g , herdorsale, meist medial gelegene, vorwiegend einkammerige,
nienartige Ausstülpung der dorsalen Gelenkskapsel,l, die mit Synovialflüssigkeit oder selten mit Gallerte gefüllt ist.
Die Punktion des Kniegelenkes
Wenn das lädierte Knie also einen Erguss aufweist, da
darf es – soll es
- unter sterilen Kautelen punktiert werden. Diese Punktion bewirkt
deru und
d gibt zudem so
eine Entlastung und eine Schmerzlinderung
sofort
diagnostische Hinweise.
Serös: l Meniskus
l Kreuzband
Blutig: l Fraktur
l Kreuzband
l Meniscus (basisnah)
l Patellaluxation
on
l Ruptur an Plica oder Syno
Synovia
Fettaugen im Punktat lassen nicht un
unbedingt auf eine Fraktur
önnen auch von einem verletzten
verletz Fettkörper
kö
schliessen und können
stammen. Seltenere Ursachen, die gegebenenfalls akut au
auftreten können
nem Trauma), sind die intraartikuläre Blutung
Blu
(wie bei einem
bei Synoode bei Hämophilie.
vialitis villo-nodularis oder
enn unter strikter Asepsis
Ase
Wenn
durchgeführt ist die Kniegepunktion eine einfache und harmlose
h
lenkspunktion
Massnahme. Sie wird
it einer gewöhnlichen 8/10 Nadel oh
mit
ohne unbedingte vorgängige
Lokalanästhesie vorgenommen. Die beq
bequemste Punktionsart für
den Patienten wie für den Arzt ist die mit Eintritt am oberen-äusen Patellarand; die
d Nadel wird so orientiert, dass man unter der
seren
cepssehne, im Recessus
Re
Quadricepssehne,
suprapatellaris, eindringt, was dann
he Flüssigkeitsentnahme
Flüssigkeitsent
die eigentliche
sehr einfach ermöglicht.
der informierte arzt _ 12_ 2012
Abb. 3: Die Punktion eines Kniegelenksergusses
enksergusses am äusse
äusserenoberen Patellarand
chweizerische Gesellschaft
Gesellsch
eum
Die Schweizerische
für Rheumatolgie
hat vor
Jahren ein hervorragendes Dokument zum Thema Gelenkspritzen,
usiv Gelenkspunktion publiziert (www.rheuma-net.ch,
(www.r
inklusiv
unter
andlungsempfehlungen: pdf-Dokument „Injektionen“).
Behandlungsempfehlungen:
Die biochemische Untersuchung erlaub
erlaubt die Differenzierung zwihen „mechanischem“ und „entzündlichem“
„entzündlic
schen
Erguss (siehe Tab. 1).
öhe der Leukozyten
Über die Höhe
Leukozytenzahl im Gelenkspunktat kann
die entzündliche Genese
nese gesichert oder auch ausgeschlossen werden, was
wa gegebenenfalls weitere Untersuchungen entbehrlich machen kann ((Tab. 2).
TAB. 1
Biochemische
ochemis
Untersuchung
„Mechanische Flüssigkeit“
„Me
Entzündliche „Flüssigkeit“
Farbe
Gelb
Von gelb bis trüb oder
hämorrhagisch
Konsistenz
Konsiste
Viskös
Flüssig
Eiweisse
Eiweiss
< 40g/L
>40 g/L
Zytologie
Zy
< 2000 Elemente/mm3
Wenig Polynukleare
<2000 Elemente/mm3
Mehrheitlich Polynukleare
Mikrokristalle
Keine
Mögliche Präsenz
Bakteriologie
Negativ
Positiv in der Mehrheit der
Septischen Arthritiden
TAB. 2
Leukozytenzahl
Leukozytenzahl (N/µL)
Makroskopischer Aspekt
Interpretation
< 200
(< 25% Neutrophile)
Klar, farblos
Normalbefund
200–2000
(< 25% Neutrophile)
Klar, farblos
Nicht entzündlich
(zB Gonarthrose)
2000–50000 (100000)
(> 50% Neutrophile)
Trüb, gelb
Entzündlich
(Arthritis)
> 80000
(>75% Neutrophile)
Eitrig
Septisch
15
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Es ist auch empfehlenswert, je nach Situation eine bakteriologische Analyse durchführen zu lassen. Gewisse Autoren empfehlen
diesen Schritt sogar aus forensischen Gründen schon bei der ersten Punktion.
Es ist wichtig, dass die Punktatanalysen rasch durchgeführt werden, denn es könnte vorkommen, dass eine „entzündliche“ Flüssigkeit wegen zellulärer Lyse als „mechanische“ interpretiert wird.
Auch können die Mikrokristalle unsichtbar werden.
Eine Punktion des Kniegelenkes sollte nicht durchgeführt
werden, wenn zum Beispiel für den nächsten Tag ein operatives
Vorgehen geplant ist (Gefahr der Keimeinschleppung). In solchen Fällen sollte nur ausnahmsweise bei sehr grossem Erguss und
Schmerzen eine Entlastung durchgeführt werden.
2010 haben die EULAR und die European Federation of National Associations of Orthopaedics and Traumatology in der Januar 2010 Ausgabe der „Annals of the Rheumatic Diseases“ eine
„Consens Recommendation“ publiziert. Aus den 11 Empfehlungen
möchten wir eine hervorheben, und zwar die, die ein Röntgenbild
in traumatischen Situationen unbedingt vorschlägt, um eine Fraktur, eine Kontraindikation zur Punktion, auszuschliessen.
Komplikationen
Schwerwiegendste Komplikation nach Punktionen und
d Injekti
Injektionen
bleibt die Infektion. Schätzte man das Infektionsrisiko eines
ines G
Gelenk-
infektes 1964 noch auf max. 1:1000 (3), so kann heutee etwa mit einem Risiko von 1:35 000 Injektionen gerechnet werden . Es ist nicht
zu erwarten, dass weitere Massnahmen eine Verringerung des Injektionsrisikos bringen.
Dr. med. Peter Jenoure
re
ARS Ortopedica
via Cantonale
6929 Gravesano
[email protected]
h
Take-Home Message
◆ Die Kniegelenkspunktion
kspunktion stel
stellt in vielen Fällen eine nützliche und
sichere Erweiterung
iterung der Diagnosti
Diagnostik und gleichzeitig einen
nen vvom
Patienten geschätzten
eschätzten therapeutische
therapeutischen Schritt dar
◆ Aus diesen Gründen ist die Kniegelenkspunktion em
empfehlenswert
◆ Eine durch Punktion objektivierte Hämarthrose ste
stellt beim Sportler
eine Indikation zu weiteren aggressiven Abklärun
Abklärungen dar
◆ Nach
ch dem Motto „bei Hämarthrose alle diagn
diagnostischen Massnahmen
einsetzen bis eine (überzeugende) Erklärun
Erklärung dafür gefunden wird“
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