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Gibst du einem Mann einen
Fisch, nährt er sich einmal.
Lehrst du ihn das Fischen,
nährt er sich sein ganzes
Leben (Laotse).
Wissensmanagement in Unternehmen ist im Zeitalter der Globalisierung unumgänglich und
wird immer wichtiger für den Geschäftserfolg. Der Austausch von Informationen ist ein
Hauptbestandteil jeglicher Geschäftsprozesse. Vor allem für Großunternehmen und Konzerne
ist es wichtig, dass jeder Mitarbeiter – überall auf der Welt – auf wichtige Informationen zugreifen kann. Auch wissensintensive Dienstleistungsunternehmen aller Größenordnungen,
wie z.B. Unternehmensberatungen, sind angehalten, Wissensmanagement anzuwenden. Aber
auch für kleine und mittelständische Produktions- und Handelsunternehmen wird ein optimales Wissensmanagement – auf anderem Niveau – zur Bewältigung des Information Overloads
immer wichtiger.
Das oben aufgeführte Zitat des chinesischen Philosophen Laotse spiegelt die Problematik des
Wissensmanagements gut wider. Ziel des Wissensmanagements ist es, Informationsflüsse
innerhalb von Institutionen zu optimieren und den erreichten Stand sicherzustellen. Informationen und Wissen spielen in Unternehmen immer eine tragende Rolle, da diese beiden Aspekte die Voraussetzung für eine optimale Arbeitserfüllung sind. Durch die aktive Teilung
und Verteilung von Wissen haben die Mitarbeiter und das Management mehr Möglichkeiten,
ihre Handlungen informationell abzusichern. Das Weitergeben von einzelnen aufgabenbezogenen Informationen an individuelle Mitarbeiter entspricht einer einmaligen Informationsvermittlung und damit dem Schenken des Fisches in den ersten Zeilen von Laotses Ausspruch. In diesem Fall bekommen Mitarbeiter Informationen zur Verfügung gestellt, wissen
jedoch nicht, wie sie im Zweifelsfall selbstständig an sie herankommen könnten. Demnach ist
diese Situation suboptimal sowohl für den einzelnen Mitarbeiter als auch für das Unternehmen. Werden Wissen und Informationen jedoch geteilt und wird somit das Erlernen der optimierten Informationssuche gefördert, ist der Nutzen für alle Beteiligten entsprechend nachhaltiger. Dies entspricht dem Lehren des Fischens im Bild von Laotse.
Unternehmen, bei denen Arbeitsabläufe kontinuierlich in Frage gestellt werden und die Mitarbeiter angehalten sind, diese zu optimieren, nennt man „Lernende Organisation“. In solchen
Unternehmen wird Sorge dafür getragen, dass alle Mitarbeiter immer bestmöglich informiert
sind und sich selbst diejenigen Informationen beschaffen, die sie im Arbeitsalltag einsetzen.
Mitarbeiter tauschen Informationen, die möglicherweise auch von anderen benötigt werden,
untereinander aus. Durch dieses selbstständige und gleichzeitig gemeinsame Arbeiten erhofft
man sich, die Zufriedenheit der Mitarbeiter zu steigern und dadurch diese selbst und damit
deren explizites und – vor allem – deren implizites Wissenim Unternehmen zu halten.
Die Herausforderung des Wissensmanagements im Allgemeinen liegt in der richtigen Entwicklung und Implementierung sowohl von informationstechnischen als auch sozialen Wissensmanagementtools und -methoden, die sich untereinander zu einem abgestimmten Wissensmanagementsystem ergänzen. Es ist jedoch in den seltensten Fällen sinnvoll, von Anfang
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an ein komplexes Wissensmanagementsystem aufzubauen, da dieses den einzelnen Nutzer
wahrscheinlich überfordern wird. Im Idealfall wird zunächst in kleinen Schritten angefangen,
z.B. durch die Orientierung an den Wissensbausteinen von Probst et al. (2006), die u. a. den
Wissenserwerb, die Wissensverteilung und die Wissensnutzung thematisieren. In der betriebswirtschaftlichen Literatur wird darüber berichtet, dass Wissensmanagement häufig fehlschlägt, weil insbesondere die technischen Wissensmanagementsysteme nicht von den Mitarbeitern angenommen werden. Bei den Mitarbeitern und auch beim Management besteht nämlich Skepsis, da Wissensmanagement nicht richtig in die tägliche Praxis eingeordnet werden
kann. Zudem werden Ängste provoziert: Viele Mitarbeiter scheuen sich davor, ihr ganzes
Wissen preiszugeben, da sie befürchten, dadurch ersetzbar zu werden. Vor jeder Implementierung – sogar vor jeder Planung des Einsatzes – von Wissensmanagement ist es daher zwingend notwendig, Evidenz über den Status Quo der Informationsflüsse im Unternehmen und
über die durch den Einsatz von Wissensmanagement erwarteten Ziele zu erhalten.
Wie ist es möglich, die erforderliche Evidenz mit dem Wissensmanagement zu verbinden?
Kann evidenzbasiertes Wissensmanagement an dieser Stelle Abhilfe schaffen? Eine solche
Konzeption ist derzeit sowohl wissenschaftliches als auch praktisches Neuland.
Evidenzbasiertes Wissensmanagement kombiniert (allgemeines) Wissensmanagement mit der
evidenzbasierten Informationspraxis (Booth, 2002; Booth & Brice, 2004a, b, Eldredge, 2000a,
b). Grundsatz evidenzbasierter Informationspraxis ist, Lücken zwischen Theorie und Praxis
durch die bestmögliche Evidenz zu schließen. Im Hinblick auf das Wissensmanagement gibt
es zwei entsprechende Lücken (Abb. 1.1):
die Lücke zwischen Wissensmanagement und Nutzer, bei der der Wissensmanager in
der Rolle des Theoretikers dem Praktiker (also dem Mitarbeiter im Unternehmen) gegenüber tritt (Lücke 1),
die Lücke zwischen Wissensmanagement und Forschung und Entwicklung, bei der der
Wissensmanager in der Rolle des Praktikers der Wissenschaft gegenüber tritt (Lücke
2).
Abb. 1.1: Die beiden Theorie-Praxis-Lücken des Wissensmanagements
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Abb. 1.2: Die erste Theorie-Praxis-Lücke und Methoden zu ihrer Überbrückung
Das Schließen der ersten Lücke zwischen Wissensmanager und Praktiker bzw. Mitarbeiter
(Abb. 1.2) dient dazu, den Mitarbeitern die bestmögliche Wissensbasis zur Verrichtung ihrer
Tätigkeiten anzubieten. Hierbei müssen Wege gefunden werden, wie der Wissensmanager
den Mitarbeitern der Institution die Notwendigkeit seiner Lösungen und vor allem die für sie
daraus resultierenden Vorteile erklärt. Um einer Nichtnutzung der Systeme vorzubeugen,
müssen die Mitarbeiter in den Entscheidungsfindungsprozess bezüglich des Wissensmanagements von Anfang an involviert werden. Die evidenzbasierte Technik macht von Nutzeranalysen wie bspw. Informationsbedürfnis- und Nutzungsanalysen sowie von Analysen kognitiver Arbeit Gebrauch.
Abb. 1.3: Die zweite Theorie-Praxis-Lücke und Methoden zu ihrer Überbrückung
Zum anderen tut sich zwischen Wissensmanager und Fachliteratur die zweite Lücke (Abb.
1.3) auf. Zum Schließen dieser Lücke muss sich der Wissensmanager kontinuierlich mit neuen Entwicklungen sowohl im thematischen Gebiet des Unternehmens als auch in seinem eigenen Bereich des Wissensmanagements beschäftigen. Diese Annäherung an wissenschaftli-
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che Entwicklungen erfolgt durch evidenzbasiertes Bibliothekswesen bzw. dem daraus resultierenden evidenzbasierten Researching (Schlögl & Stock, 2008, 660-662).
Unsere Arbeit nähert sich einem betriebswirtschaftlichen Thema sowohl aus geistes- als auch
sozialwissenschaftlicher Perspektive. Berücksichtigung finden Disziplinen wie Hermeneutik,
Cognitive Work Analysis – und vor allem – Informationswissenschaft mit ihren Informationsbedürfnis- und Nutzungsanalysen. Zudem werden Möglichkeiten der praktischen Nutzung
von „klassischen“ Methoden des Wissensmanagements (wie beispielsweise Communities of
Practice, Yellow Pages und Storytelling, sowie neuen, kollaborativen Ansätzen (wie Weblogs
oder Wikis) im unternehmerischen Kontext aufgezeigt.
Stand der Forschung
Im Bereich des Wissensmanagements gibt es zahlreiche Forschungsansätze. Die beiden in der
Fachliteratur meist diskutierten Ansätze stammen zum einen von Probst, Raub und Romhardt
(2006) und zum anderen von Nonaka und Takeuchi (1997, [1995]). Die beiden Konzeptionen
unterscheiden sich gänzlich. Probst et al. (2006) beschreiben die Vorgehensweise von westlichen Unternehmen, wohingegen die Japaner Nonaka und Takeuchi (1997, [1995]) ein Modell
entwickelt haben, das in der Tradition asiatischer Unternehmen steht.
Probst et al. (2006) stellen insgesamt acht Wissensbausteine vor, die in Form eines betriebswirtschaftlichen Regelkreises angeordnet sind. Ziele, Umsetzung und Kontrolle werden als
Anhaltspunkte für diesen Kreislauf genutzt. Für die Praxis ist dieser Ansatz durchaus sinnvoll,
da er einem Unternehmen Orientierung zum Einsatz von Wissensmanagement liefert. Im Fokus steht jedoch nur das explizite Wissen, welches auf unproblematische Art und Weise geäußert und verschriftlicht werden kann. Die Problematik des nicht zu äußernden impliziten
Wissens bleibt nahezu unerwähnt. Auch das Management des expliziten Wissens wird für
viele Unternehmen eine Herausforderung sein, da häufig Wissen vorhanden ist, aber niemand
sich dessen bewusst ist. Oder Mitarbeiter wissen, dass es vorhanden ist, aber finden es nicht.
Schwieriger wird das Management impliziten Wissens. Dieses ist immer an einen Menschen
gebunden und verlässt im Zweifelsfall mit dem jeweiligen Mitarbeiter das Unternehmen. Implizites Wissen ist vor allem bei der Frage der Personalentwicklung und bei der Unternehmensnachfolge interessant. Es ist ausschließlich über Zusammenarbeit weiterzugeben und
nicht mittels Datenbanken abzuschöpfen.
Nonaka und Takeuchi (1997, [1995]) entwickeln im Unterschied zu Probst et al. (2006) eine
Wissensspirale, die implizites Wissen in explizites Wissen verwandeln soll und umgekehrt.
Sie vertreten die Meinung, dass implizites Wissen über Metaphern und Analogien geäußert
werden und somit für andere Mitarbeiter bereitgestellt werden kann. Ganz im Gegensatz dazu
behauptet Polanyi (1985, [1967]), dass eine Veräußerung gar nicht möglich ist. Auch mit Metaphern und Analogien dürfte diese Umwandlung nicht funktionieren. Die einzige Option,
implizites Wissen bis zu einem gewissen Grad abzuschöpfen, ist die Zusammenarbeit. Durch
sie ist es möglich, bestimmtes Wissen von anderen Mitarbeitern abzuschauen. Auch der von
Nonaka und Takeuchi (1997, [1995]) entwickelte Ansatz ist dementsprechend nicht frei von
Kritik.
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Diverse spezielle Wissensmanagementkonzeptionen bauen auf diesen beiden Theorien auf.
Sie stellen einige neue Entwicklungen im Bereich von Tools und Methoden bereit, die sich im
unternehmerischen Kontext des Wissensmanagements etablieren.
Evidenzbasierte Praktiken gehen auf die Medizin zurück. Hierbei geht es darum, die bestpassende Evidenz für den Patienten zu ermitteln. Im Fokus stehen neue Forschungsansätze und
Krankheiten, um letztere besser behandeln zu können und wissenschaftliche Ergebnisse in
Behandlungsformen umzuwandeln. Für das evidenzbasierte Wissensmanagement sind insbesondere das evidenzbasierte Bibliothekswesen sowie das daraus entstandene evidenzbasierte
Researching wichtig. Das evidenzbasierte Bibliothekswesen (Eldredge, 2000 a, b; Crumley &
Koufogiannakis, 2002; Booth, 2002) beschäftigt sich mit der bestgeeigneten Vermittlung von
wissenschaftlicher Literatur für den Nutzer. Es geht darum, wie der Nutzer recherchieren sollte, um die besten Ergebnisse zu erhalten.
Ein weiterer wichtiger Ansatz ist das evidenzbasierte Management (Pfeffer & Sutton, 2006;
Walshe & Rundall, 2001). Es besagt, dass Managemententscheidungen mit Hilfe von wissenschaftlichen Methoden und Befunden getroffen werden. Es gilt somit, diese Entscheidungen
ständig neu zu überdenken und sie dadurch den ständigen Neuerungen der Forschung anzupassen.
Was trägt diese Forschungsarbeit zum State of the Art bei?
Der Neuheitswert liegt insbesondere in der neuartigen Verbindung der Evidenzbasierung mit
dem Wissensmanagement. Die Kombination zwischen Wissensmanagement und
evidenzbasierten Praktiken ist bis jetzt ausschließlich im Bereich des Gesundheits- und Pflegewesens (Corrao et al., 2008) wissenschaftlich diskutiert worden, im unternehmerischen
Kontext hingegen noch nicht.
In der Literatur zum evidenzbasierten Bibliothekswesen wird der Lücke zwischen dem Nutzer
und der Forschung – unsere Lücke 2 – große Aufmerksamkeit geschenkt. Im evidenzbasierten
Management hingegen ist die Lücke zwischen Wissensmanager und Nutzer – unsere Lücke 1
– bekannt. Wir verbinden beide Lücken und natürlich deren Schließen in einem einzigen in
sich geschlossenen theoretischen Modell (Gust von Loh, Stock, & Stock, 2008)
Grundlage für alle Nutzeranalysen ist die Hermeneutik, die in diesem Kontext noch nicht angewandt wurde. Hermeneutik ist die Lehre vom (richtigen) Verstehen. Da das Verstehen
ebenso wie das Missverstehen sowie die Freilegung der gemeinsamen Unternehmenssprache
ein Hauptbestandteil des gesamten Arbeitsprozesses ist, ist die Unternehmenshermeneutik ein
wichtiger Faktor des Wissensmanagements.
Informationsbedürfnisanalysen und andere Mitarbeiterbefragungen oder Nutzungsanalysen
sind fester Bestandteil des Wissensmanagements, während die Analyse kognitiver Arbeit
(CWA) in diesem Kontext noch nicht etabliert ist. Im Bereich der Nutzungsanalysen werden
erstmalig Customer Relationship Management (CRM) und Customer Knowledge Management
(CKM) miteinbezogen.
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Abb. 1.4: Hauptregelkreis des evidenzbasierten Wissensmanagements
Das Schließen der beiden Lücken ist nicht voneinander trennbar, sondern geht miteinander
einher (Abb. 1.4). Beide Arten des Schließens ergänzen sich gegenseitig. Bei der Überwindung der ersten Lücke erhält der Wissensmanager durch Nutzeranalysen Anhaltspunkte für
die Implementierung von bekannten Tools und Methoden. Möglicherweise ergeben sich aber
durch die Nutzeranalysen völlig neue Aspekte, so dass der Wissensmanager nach neuen Forschungsergebnissen recherchieren muss. Die bei der Überwindung der zweiten Lücke erhaltenen wissenschaftlichen Resultate fließen entweder in die Konstruktion der Tools und Methoden ein oder bereichern weitere Nutzeranalysen.
Eine weitere Neuheit gibt es auch im Bereich der Informationsbedürfnisanalyse. Hier wird der
Zeitaspekt in das Venn-Diagramm von Bahlmann (1982) eingeführt. Dieses Schema beschreibt das Zusammenspiel zwischen Informationsbedarf, -bedürfnis, -stand, -nachfrage und
-erzeugung. Mujan (2006) fügt diesen Bestandteilen noch das Informationsangebot hinzu.
Innerhalb eines gewissen Zeitraums verändern sich in Abhängigkeit vom Erfolg des Wissensmanagements die Schnittmengen jedoch auf positive oder negative Art und Weise.
Abschließend bietet die Arbeit eine Neuheit im Bereich der Darstellung und Einordnung der
Wissensmanagementtools. Wir klassieren die Gesamtheit der Werkzeuge in folgende drei
Bereiche (Abb. 1.5):
Soziale Tools und Methoden,
Technische Tools,
Web 2.0-Tools.
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Abb. 1.5: Werkzeuge des Wissensmanagements
Insbesondere im letztgenannten Bereich machen wir von aktuellen informationswissenschaftlichen Forschungen zu kollaborativen Webdiensten (Web 2.0-Services) ausgiebig Gebrauch.
Bei der Besprechung technischer Tools legen wir großen Wert auf Knowledge Organisation
Systems (KOS), da diese bei der Abbildung von Wissen in Informationssystemen eine wesentliche Rolle spielen. Alle erarbeiteten Werkzeuge werden in Verbindung mit den Wissensbausteinen nach Probst et al. (2006) und der Personalisierungs- und Sozialisierungsstrategie eingeordnet.
Inhaltsüberblick
Im zweiten Kapitel geht es um die Erklärung von notwendigen Grundbegriffen, die für das
Thema „Wissensmanagement“ von Bedeutung sind. Zunächst werden die Konzepte Daten,
Information und Wissen näher erläutert. Besonderer Fokus liegt hier auf der Unterscheidung
von Information und Wissen. Verschiedene Definitionsansätze werden diskutiert, wobei insbesondere zwischen den betriebswirtschaftlichen und den informationswissenschaftlichen
Ansätzen unterschieden wird. Darauf aufbauend folgt die Klärung der Begriffe Wissens- und
Informationsmanagement. Die beiden Managementarten werden soweit möglich voneinander
abgegrenzt und kritisch hinterfragt. Für das Wissensmanagement sind vier Aspekte wichtig:
Technik, Information, Mensch und Organisation (TIMO-Modell). Diese vier Komponenten
müssen miteinander im Einklang stehen, damit Wissensmanagement optimal funktionieren
kann. Wissensmanagement befasst sich mit der Verwaltung von Wissen, daher ist die Unterscheidung von implizitem und explizitem Wissen wichtig. Nach der Klärung der Grundbegriffe wird auf eine mögliche Implementierung und Erfolgsfaktoren eines Wissensmanagementbzw. Informationssystems inklusive verschiedener Wissensmanagementmethoden eingegangen. Auch die Besonderheiten der einzelnen Methoden werden betrachtet. Kleine und mittel-
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ständische Unternehmen (KMUs) nehmen eine Sonderstellung beim Wissensmanagement ein.
Auf welche Aspekte in diesem Zusammenhang zu achten ist und welche Probleme hier im
Hinblick auf Wissensmanagement bestehen, werden zum Abschluss des Kapitels besprochen.
Das dritte Kapitel setzt sich mit den Praktiken der Evidenzbasierung auseinander. Generell
muss man zwischen dem deutschen Begriff der Evidenz und dem englischen Evidence unterscheiden. In dieser Arbeit findet die praxisorientierte englische Bedeutung Anwendung.
Evidenzbasierung hat in der Regel immer etwas mit der Verbindung zwischen Theorie und
Praxis zu tun. Beim evidenzbasierten Wissensmanagementkommen auch die Anwendungen
und Integration von Best Practices hinzu. Die evidenzbasierte Medizin war Ausgangspunkt
sämtlicher evidenzbasierter Ansätze, so dass bei ihr angesetzt wird. Für das evidenzbasierte
Wissensmanagement sind insbesondere das Evidence based human resource management,
das Evidence based management und das evidenzbasierte Bibliothekswesen bzw. das
evidenzbasierte Researching von Bedeutung. Wissens-Handlungs-Lücken und die
evidenzbasierte Sachbearbeitung sind mit dem evidenzbasierten Wissensmanagement verwandt. Bei der Wissens-Handlungs-Lücke geht es um die Problematik, dass sowohl Manager
als auch Mitarbeiter nicht auf der Grundlage ihres eigenen Wissens handeln. Im Rahmen der
evidenzbasierten Sachbearbeitung wird der Mitarbeiter dafür sensibilisiert, dass es
evidenzbasierte Praktiken gibt und diese auch benutzt werden müssen.
Kapitel vier erläutert die beiden Theorie-Praxis-Lücken, die die wesentlichen Ausgangspunkte des evidenzbasierten Wissensmanagements darstellen. Zum Schließen der ersten Lücke
zwischen Wissensmanager und Mitarbeiter benutzt das Wissensmanagement Nutzeranalysen.
Sie helfen, evidenzbasiertes Wissensmanagement optimal einzuführen. Durch Befragungen
verschiedener Art können zum einen Informationsbedürfnisse der Mitarbeiter und zum anderen für das Unternehmen interessante Forschungsrichtungen ermittelt werden. Über die Nutzeranalysen (dies sind: Analyse kognitiver Arbeit, Informationsbedürfnisanalyse und Nutzungsanalysen) stehen Mitarbeiter und Wissensmanager im direkten Dialog. So wird die Unternehmenskultur transparenter. Auch die zweite Lücke zwischen Wissensmanager und Forschung ist im Hinblick auf die Analysen nicht außer Acht zu lassen. Der Wissensmanager
erfährt hier die Bedürfnisse und Wünsche der Mitarbeiter und kann dadurch nach adäquaten
Techniken und Methoden recherchieren. Die unternehmensinterne Wissensmanagementabteilung hat dabei zwei Aufgaben:
Ermitteln und Vermitteln von Forschungsergebnissen an die Mitarbeiter – allerdings
nur bei Recherchen, die der einzelne Nutzer nicht durchführen kann (z.B. Patentrecherche),
Ermitteln von neuen Forschungsergebnissen im Bereich des Wissensmanagements zur
Befriedigung des eigenen Informationsbedürfnisses.
Sinnvolle Recherchen bedürfen evidenzbasierter Praktiken aus dem Bibliothekswesen bzw.
dem evidenzbasierten Researching. Eine weitere Möglichkeit, diese zweite Lücke zu schließen, ist die Kooperation mit Hochschulen.
Ab Kapitel fünf wird näher erläutert, wie welche Nutzeranalysen durchgeführt werden. Den
Beginn macht Kapitel fünf mit Erklärungen zur Hermeneutik, wobei wir auch die Informati-
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ons- und Unternehmenshermeneutik näher erläutern. Die Theorien von Heidegger sowie Gadamer und dessen Konstrukt des hermeneutischen Zirkels werden kurz dargestellt. Beim hermeneutischen Zirkel geht es zunächst um Textinterpretationen; wir erweitern das Feld um
Interpretationen zwischenmenschlicher Interaktionen. Hermeneutik legt im Unternehmen
vorherrschende Sprachen frei. In diesem Zusammenhang sind Knowledge Organisation Systems, wie etwa Ontologien und auch die Entwicklung einer einheitlichen Unternehmenssprache, zu nennen. Die Hermeneutik spielt auch im Zusammenhang mit der Informationstechnik
eine bedeutende Rolle. Winograd und Flores (1986) waren die ersten, die Computer mit Hermeneutik in Beziehung setzten.
Kapitel sechs thematisiert die Wichtigkeit einer geeigneten, nicht allzu hierarchischen Unternehmenskultur. Unter Unternehmenskultur versteht man – die im Idealfall – gemeinsamen
Werte und Normen des Managements und der Mitarbeiter. Insbesondere die Informationskultur spielt im Hinblick auf Wissensmanagement eine tragende Rolle. Wenn eine Sensibilisierung für die Wichtigkeit von Wissen und Information innerhalb des Unternehmens noch nicht
stattgefunden hat, so lässt sich dies durch ein geeignetes Change Management auf lange Sicht
ändern.
Cognitive Work Analysis (CWA) wurde von Rasmussen, Pejtersen und Goodstein (1994) begründet und dient dazu, optimale Informationssysteme aufzusetzen (Kapitel sieben). Diese
sind ideal auf die Bedürfnisse der Mitarbeiter eingestellt. Es handelt sich bei der CWA um
einen arbeitsorientierten Ansatz, bei dem individuelle Aspekte des Mitarbeiters eher zweitrangig sind. Sie lässt sich sowohl auf analytische als auch auf empirische Art durchführen.
CWA analysiert:
Arbeitsumgebungen,
Aktivitäten bzw. Aufgaben,
Organisationen,
Ressourcen und Werte der Akteure.
In diesem Kapitel wird die Anwendung von zwei verschiedenen analytischen Tools näher
betrachtet, die im Rahmen der Analyse kognitiver Arbeit Anwendung finden. Hierbei handelt
es sich zum einen um die Means-Ends Analysis und zum anderen um die Entscheidungsanalyse mittels Entscheidungsleiter.
Kapitel acht geht auf Mitarbeiteranalysen – im speziellen Informationsbedürfnisanalysen –
ein. Diese stellen im Gegensatz zur Analyse kognitiver Arbeit den Mitarbeiter als Befragten
in den Fokus. Es geht weniger um das Informationssystem als um die Informationsbedürfnisse des individuellen Nutzers. Der Mitarbeiter wird hier aktiv in den Entwicklungsprozess des
Wissensmanagements eingebunden. Eine Informationsbedürfnisanalyse sichert die Grundlage
für zielgerichtete und aufgabenorientierte Informationsversorgung. Abschließend thematisieren wir häufig auftretende Schwierigkeiten einer Mitarbeiterbefragung.
Im Fokus von Kapitel neun stehen die Nutzungsanalysen. Hierunter fasst man sowohl technisch orientierte Ansätze (Logfile-Analysen, Link-Analysen und Netzwerküberwachung) als
auch soziale Analysen (wie Customer Relationship Management, Customer Knowledge Management) zusammen. Nutzungsanalysen betreffen nicht nur Mitarbeiter, sondern auch Kun-
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den. Kundenwissen spielt eine wichtige Rolle für Unternehmen, so dass die Zufriedenheit der
Kunden genauso sichergestellt werden muss wie die der Mitarbeiter. Das Wissen für den
Kunden, das Wissen über den Kunden und das Wissen der Kunden bieten dem Unternehmen
Anhaltspunkte zu Vorgehensweisen zur Optimierung der Geschäftsprozesse.
An diesem Stand der Betrachtungen sollten die Lücken geschlossen sein, so dass dem Wissensmanagement Evidenz über erforderliche (informationstechnische) Tools und (soziale)
Methoden zur Verfügung steht. In den Kapiteln zehn, elf und zwölf werden dementsprechend
soziale Methoden, konventionelle, konventionelle technische und Web 2.0 Tools vorgestellt.
Hier werden die Ergebnisse der Nutzer- und der Literaturanalysen in die betriebliche Praxis
umgesetzt.
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