JATROS Neurologie & Ps ychiatrie 2008 Parkinson/Demenz Imaging in der Differenzialdiagnostik des Morbus Parkinson Die Diagnose des Morbus Parkinson basiert priNervenendigungen. Sie nimmt analog zur DATmär auf Anamnese und klinischer Untersuchung. Bindung im SPECT mit zunehmender ErkrankungsDie Abgrenzung von milden extrapyramidalen dauer ab. Störungen bei ansonsten gesunden älteren Personen Die DAT-SPECT kann mit nahezu 100%iger Senund bei Patienten mit psychiatrischen Erkransitivität zwischen gesunden Personen und Patienten kungen, von medikamenteninduzierten und vaskumit M. Parkinson differenzieren. Im Gegensatz zum lären Parkinsonsyndromen sowie von TremorsynM. Parkinson zeigen Patienten, die im Rahmen eidromen kann jedoch schwierig sein. Auch die ner Depression milde extrapyramidale Symptome W. Pirker, Wien Differenzialdiagnose zwischen M. Parkinson und entwickeln, Patienten mit psychogenem Parkinsonatypischen Parkinsonerkrankungen wie der Multisyndrom, essenziellem, dystonem und psychogenem systematrophie (MSA) und der progressiven supranukleären Tremor sowie Dopa-responsiver Dystonie eine normale striatale Paralyse (PSP) ist im Frühstadium rein klinisch häufig nicht DAT-Bindung. möglich. Bildgebende Untersuchungen können wesentlich zur Ein Parkinsonoid nach Gabe niedriger Neuroleptikadosen Diagnostik von Parkinsonsyndromen beitragen und haben kündigt bei älteren Patienten nicht selten einen beginnenden M. in den letzen Jahren daher einen wichtigen Stellenwert in der Parkinson, der ohne Neuroleptikum noch subklinisch war, an. klinischen Routine erlangt. Dieser kann mittels DAT-SPECT dokumentiert werden. Ergibt Die kraniale CT und die konventionelle MRT dienen primär die DAT-SPECT einen Normalbefund, kann davon ausgegandem Ausschluss läsioneller Parkinsonsyndrome z.B. bei Norgen werden, dass das Parkinsonsyndrom medikamentös indumaldruck-Hydrozephalus oder bei Raumforderungen im Fronziert ist und nach Absetzen des auslösenden Medikaments abtallappen bzw. in den Basalganglien, wobei die MRT die im klingen wird. Vergleich zum CCT wesentlich sensitivere Methode darstellt. Marklagerläsionen bzw. lakunäre Infarkte in den Basalganglien Die Dokumentation vaskulärer Läsionen ist Voraussetzung führen häufig zu Parkinsonsyndromen mit Betonung der für die Diagnose eines vaskulären Parkinsonsyndroms. Vasunteren Körperhälfte („lower body parkinsonism“), gelegentlich kuläre Veränderungen finden sich aber auch bei bis zu einem aber auch zu Parkinsonsyndromen, die schwer vom M. Drittel der Patienten mit degenerativen Parkinsonsyndromen. Parkinson oder von atypischen Parkinsonerkrankungen diffeIn der Regel sollte vor SPECT- oder PET-Untersuchungen eine renzierbar sind. DAT-SPECT-Untersuchungen bei vaskulär CCT oder MRT durchgeführt werden, um Fehlinterpretationen bedingtem Lower-Body-Parkinsonismus zeigen meist eine aufgrund von strukturellen Läsionen zu vermeiden. normale oder nur leicht reduzierte striatale DAT-Bindung. Territorialinfarkte unter Einbeziehung der Basalganglien könDAT-SPECT und F-Dopa PET nen zu einer Reduktion der DAT-Bindung im Bereich des Substanzdefektes führen. Die sehr seltenen vaskulären ParkinsonDer M. Parkinson ist durch eine relativ selektive Degenerasyndrome durch Läsion einer Substantia nigra führen zu tion dopaminerger Neurone in der Substantia nigra und ihrer einer streng einseitigen Reduktion der striatalen DAT-BinNervenendigungen im Striatum gekennzeichnet. Damit kommt dung. Im Einzelfall können Patienten mit vaskulären Parkines im Krankheitsverlauf zu einer zunehmenden Abnahme der sonsyndromen ein Muster reduzierter striataler DAT-BinDichte von Dopamintransportern (DAT), die selektiv an dopadung zeigen, das nicht vom M. Parkinson zu unterscheiden minergen Nervenendigungen im Striatum exprimiert sind. ist. Die DAT-SPECT kann in der Fragestellung vaskuläres Die postsynaptischen Dopaminrezeptoren bleiben dagegen Parkinsonsyndrom vs. M. Parkinson somit in Fällen zur Diaim Wesentlichen intakt. DAT-SPECT-Untersuchungen zeigen gnose beitragen, die eine normale DAT-Bindung oder ein beim M. Parkinson eine progressive Reduktion der striatalen Muster der striatalen DAT-Bindung zeigen, das klar vom M. Tracerspeicherung mit zunehmender Dauer und Schwere der Parkinson abweicht (z.B. streng einseitiger Bindungsverlust). Erkrankung. Bei Patienten mit Hemiparkinson ist die striatale In beiden Fällen ist ein M. Parkinson mit großer WahrscheinBindung kontralateral zur klinisch betroffenen Seite stärker lichkeit ausgeschlossen. reduziert, eine leichte Minderspeicherung findet sich in der Ein M.-Parkinson-typischer DAT-SPECT-Befund schließt aber Regel aber auch ipsilateral. Die Reduktion der DAT-Bindung ein vaskuläres Parkinsonsyndrom nicht mit letzter Sicherist im Putamen ausgeprägter als im Kopf des Nucleus caudatus. heit aus. Die richtige Interpretation des SPECT-Befundes ist Die mittels PET gemessene striatale F-Dopa-Speicherung rein diesen Fällen nur in Kenntnis der strukturellen Bildgebung flektiert die Aktivität der Dopadecarboxylase in dopaminergen möglich. universimed.com JATROS Parkinson/Demenz Neurologie & Ps ychiatrie 2008 SPECT und PET bei atypischen Parkinsonerkrankungen Atypische Parkinsonsyndrome degenerativer Ätiologie wie MSA, PSP und kortikobasale Degeneration (CBD) sind durch schlechtes oder fehlendes Ansprechen auf L-Dopa und rascheren Krankheitsverlauf mit früher Behinderung gekennzeichnet. Neuropathologisch zeigen diese Erkrankungen eine Degeneration zahlreicher Neuronensysteme des ZNS, die üblicherweise das „präsynaptische“ dopaminerge System und „postsynaptische“ Neurone des Striatums einschließt. Die DAT-SPECT zeigt bei atypischen Parkinsonerkrankungen in der Regel eine Reduktion der striatalen Bindung. Das Muster der striatalen DAT-Bindung erlaubt keine individuelle Differenzierung von Patienten mit M. Parkinson, MSA und PSP. Dopaminrezeptor-Untersuchungen mit IBZM zeigen bei etwa zwei Drittel der Patienten mit MSA bzw. PSP eine Reduktion der striatalen D2-Rezeptor-Bindung. Dagegen ergibt die IBZMSPECT-Untersuchung beim M. Parkinson typischerweise einen Normalbefund. Während eine pathologische IBZM-Studie einen M. Parkinson unwahrscheinlich macht, schließt ein Normalbefund eine MSA oder PSP nicht aus. Die Aussagekraft von IBZM-SPECT-Studien kann durch eine Therapie mit Neuroleptika, Metoclopramid, Kalziumantagonisten wie Flunarizin und Cinnarizin und durch eine Therapie mit Dopaminagonisten massiv eingeschränkt sein. Auf ein rechtzeitiges Absetzen dieser Substanzen ist vor Durchführung einer IBZM-SPECTUntersuchung zu achten. Bei nicht dementen Patienten mit M. Parkinson ergeben SPECTUntersuchungen der Hirnperfusion bzw. Untersuchungen des Glukosestoffwechsels mittels FDG-PET üblicherweise Normalbefunde. Bei der MSA bzw. PSP können sich eine reduzierte striatale und kortikale Perfusion bzw. ein reduzierter Glukosemetabolismus in diesen Regionen zeigen. Bei kortikobasaler Degeneration (CBD) zeigt sich eine deutlich asymmetrische Hypoperfusion bzw. ein asymmetrischer Hypometabolismus in Kortex und Basalganglien. Demenz mit Lewy-Körperchen Die Demenz mit Lewy-Körperchen (DLB) ist durch eine Degeneration des nigrostriatalen dopaminergen Systems, eine schwere Degeneration cholinerger Projektionssysteme und das Auftreten von Lewy Körperchen im Kortex gekennzeichnet. DLB-Patienten zeigen daher wie der M. Parkinson eine reduzierte striatale DAT-Bindung. Der M. Alzheimer zeigt dagegen keine relevante dopaminerge Degeneration und damit keine Bindungsreduktion im DAT-SPECT. Die DAT-SPECT kann daher zuverlässig zwischen DLB (reduzierte Bindung) und M. Alzheimer (Normalbefund) unterscheiden. Perfusions-SPECT-Untersuchungen bzw. FDG-PET zeigen bei universimed.com der DLB ebenso wie beim M. Alzheimer häufig ein temporoparietales Perfusions- bzw. Stoffwechseldefizit. Im Gegensatz zum M. Alzheimer findet sich bei der DLB häufig eine Hypoperfusion bzw. ein Hypometabolismus auch im okzipitalen Kortex. Dieses Muster erlaubt im Einzelfall aber keine zuverlässige Differenzierung von DLB und M. Alzheimer. Die folgende Tabelle fasst typische SPECT-Befunde bei Bewegungsstörungen zusammen. SPECT-Befunde DAT-SPECT IBZM-SPECT Perfusions-SPECT M. Parkinson striatale Bindung ↓ oft asymmetrisch Putamen >Caudatum normal normal MSA, PSP striatale Bindung ↓ oft asymmetrisch Putamen >Caudatum striatale Bindung ↓ BG Perfusion ↓ kortikale Perfusion ↓ (symmetrisch) CBD striatale Bindung ↓ Muster variabel oft normal kortikale Perfusion ↓ (asymmetrisch, frontoparietal) DLB striatale Bindung ↓ oft asymmetrisch Putamen >Caudatum kortikale Perfusion ↓ (temporoparietal und okzipital) M. Alzheimer normal kortikale Perfusion ↓ (temporoparietal) ET normal LBP normal Abkürzungen: MSA = Multisystematrophie; PSP = progressive supranukleäre Paralyse; BG = Basalganglien; CBD = kortikobasale Degeneration; DLB = Demenz mit Lewy-Körperchen; ET = essenzieller Tremor; LBP = Lower-Body-Parkinsonismus Tab.: Typische SPECT-Befunde bei Parkinsonsyndromen a.o. Univ.-Prof. Dr. Walter Pirker Universitätsklinik für Neurologie Klinische Abteilung für Klinische Neurologie Währinger Gürtel 18–20, 1090 Wien Tel.: 40400/3117, 0664/911 44 39 E-Mail: [email protected]