Deutscher Bauernverband (DBV) „Zehn Punkte für eine erfolgreiche Landwirtschaft in der EU“ Positionen zur Europawahl 2009 Präambel Impressum Deutscher Bauernverband (DBV) Claire-Waldoff-Straße 7 10117 Berlin Mai 2009 Vom 4. bis 7. Juni 2009 sind 375 Millionen wahlberechtigte Bürgerinnen und Bürger aus 27 europäischen Mitgliedsländern aufgerufen, ein neues Europäisches Parlament mit insgesamt 736 Abgeordneten zu wählen. Die anstehende Europawahl ist eine äußerst wichtige und für die Land- und Forstwirtschaft folgenschwere. Mit der Verabschiedung des Lissabon-Vertrages ist das Europäische Parlament in allen politischen Fragen, so auch in der Agrarpolitik mitentscheidend. Für die Landwirtschaft geht es insbesondere darum, eine starke Gemeinsame Agrarpolitik langfristig abzusichern. Das neu zu wählende Europaparlament wird die Weichen für die nächste Planungsperiode der europäischen Finanz- und Agrarpolitik nach 2012/2013 stellen müssen. Gerade dafür gilt es, im Sinne der Bauernfamilien die Rahmenbedingungen (vor allem für die erste Säule der EU-Agrarpolitik) politisch verlässlich zu gestalten. 1 Lissabon-Vertrag und Europäischer Binnenmarkt Sachstand Für die Landwirtschaft sind die Europäische Union und eine fortschreitende wirtschaftliche Integration wichtig. Deshalb tritt die Landwirtschaft für eine handlungsfähige Europäische Union mit transparenten und effizienten Entscheidungsstrukturen ein. Mit der Annahme des Lissabonvertrages wird die volle Mitentscheidung für das Europäische Parlament eingeführt. Die politische Entscheidungsfindung wird komplexer, aber auch demokratischer. Noch erscheint die politische Verknüpfung mit den nationalen Parlamenten nicht hinreichend. Das gesellschaftliche Interesse an der Europäischen Union lässt zu wünschen übrig. Viele Menschen wissen nicht, was die Europäische Union für jeden einzelnen, aber auch als Wirtschaftsmacht und politischer Faktor in einem sich wandelnden Weltgeschehen bedeutet. Die Landwirtschaftspolitik ist von Beginn der EWG an europäisch und bis heute in der auf 27 Mitgliedstaaten erweiterten Europäischen Union eine Klammer der eu- ropäischen Integration. Doch immer noch ist der europäische Binnenmarkt in vielen Bereichen nicht ausreichend umgesetzt, etwa bei der beschränkten Arbeitnehmerfreizügigkeit. Forderungen n Der Lissabonvertrag sollte zügig verabschiedet und in Kraft gesetzt werden. n Die Abstimmung zwischen dem europäischen und den nationalen Parlamenten ist zu verbessern. n Eine zügige Umsetzung der Arbeitnehmerfreizügigkeit und gleichwertige Umsetzung von Verbraucherschutz- und Umweltstandards in allen Mitgliedstaaten („gleiche Rechte – gleiche Pflichten“) ist vordringlich. 2 Finanzierung Europäische Union 2.1 Überprüfung der mittelfristigen Finanz- perspektive 2007-2013 Sachstand Forderungen Die Staats- und Regierungschefs haben die Europäische Kommission beauftragt, im Jahr 2009 die mittelfristige Finanzperspektive (2007-2013) zu überprüfen. Die Verpflichtung zur Überprüfung ist im Wesentlichen auf politischen Druck von Großbritannien erfolgt. Inzwischen hat die Europäische Kommission eine öffentliche Konsultation durchgeführt und ein Meinungsbild zusammengestellt. n Die Überprüfung darf die Verlässlichkeit der Finanzperspektive 2007-2013 nicht untergraben. n Mit dem Health Check ist die Gemeinsame Europäische Agrarpolitik nachjustiert worden. Diese politischen Entscheidungen müssen auch in finanzieller Hinsicht bis 2013 Bestand haben. 2.2 Finanzperspektive 2014-2020 Sachstand Die mittelfristigen Finanzperspektiven von jeweils 7 Jahren geben nicht zuletzt auch der Landwirtschaft eine klare Orientierung für langfristig angelegte einzelbetriebliche Entscheidungen. Der Europäischen Union ist in den vergangenen Jahren eine Vielzahl von neuen Aufgaben zugewachsen. Bei der Bereitstellung von Haushaltmitteln ist dem nicht hinreichend Rechnung getragen worden. Insofern klaffen die politischen Anforderungen an die Europäische Union einerseits und die europäische Finanzausstattung andererseits auseinander. Das europäische Finanzsystem ist unübersichtlich. Zudem ist das europäische Finanzsystem durch vielfältige Ausnahmeregelungen verzerrt. So wird zum Beispiel Großbritannien unverändert ein ungerechtfertigter Rabatt eingeräumt. Forderungen n Die Finanzierung der Europäischen Union sollte strikt an der Wirtschaftskraft der Mitgliedsländer ausgerichtet werden. n Ausnahmeregelungen, insbesondere der Rabatt für Großbritannien, sind abzuschaffen. n Vor dem Hintergrund zunehmend globaler Herausforderungen ist die Finan- 3 zierung einer starken Gemeinsamen Agrarpolitik auch langfristig von großer Bedeutung. n Der EU sollte auch künftig untersagt bleiben, sich zu verschulden. Internationale Handelspolitik Sachstand Der internationale Austausch an Waren und Dienstleistungen hat sich in den letzten Jahren in großen Schritten erhöht. Dabei hat sich auch der Welthandel mit Agrargütern und Nahrungsmitteln dynamisch entwickelt. Die Europäische Union und auch Deutschland haben davon mit hochwertigen Produkten in besonderem Maße profitiert. Der Wohlstand in Deutschland hängt wesentlich vom Export ab. Insofern bekennt sich der Deutsche Bauernverband zu offenen Märkten und zu einem fairen Handel. Die jüngste Finanz- und Wirtschaftskrise belegt aber, dass die ausschließlich liberale Ausrichtung von Märkten das weltweite Wirtschaftsystem ruinieren kann. Eine Welthandelsordnung mit einem stabilen Regelwerk unter Einschluss verbindlicher Standards im Tier-, Natur-, Umwelt und Verbraucherschutz im Rahmen der WTO ist deshalb unabdingbar. In der Handelspolitik ist den Besonderheiten von Agrarmärkten Rechnung zu tragen. Jedem Land muss das Recht eingeräumt werden, eine heimische Landwirtschaft, die vielfältige Aufgaben für die Gesellschaft und lebendige ländliche Räume erbringt, zu unterstützen und zu fördern. Dabei sind allerdings Handelsverzerrungen zu vermeiden. Dem multilateralen Ansatz ist in der Handelspolitik der absolute Vorzug zu geben. Forderungen n Für einen fairen Handel mit Agrarprodukten und Nahrungsmitteln sind internationale Produktionsund Produktstandards für den Verbraucher-, Umwelt- und Tierschutz unverzichtbar. n Für so genannte „sensible Produkte“ müssen im internationalen Handel Sonderbehandlungen und Übergangsfristen eingeräumt werden. n Den Entwicklungsländern sollen Schutzmaßnahmen zur Entwicklung der eigenen Landwirtschaft für eine Übergangszeit erlaubt werden. 4 Gemeinsame Europäische Agrarpolitik 4.1 Umsetzung Health Check Sachstand Mit dem Beschluss zur Gesundheitsüberprüfung der EU-Agrarpolitik (Health Check) ist die europäische Agrarpolitik bis 2013 festgeschrieben. Entgegen Forderungen des Berufsstandes wurde beschlossen, die Modulation auszubauen und die Milchquote zu erhöhen. Positiv und wichtig ist der Einstieg in Begleitmaßnahmen für das Auslaufen der Milchquotenregelung 2015. Beim wichtigen Thema Vereinfachung und Bürokratieabbau blieb der Health Check weit hinter den Ankündigungen zurück. Viele Regelungen sind zu kompliziert und bürokratisch. Mit neu geschaffenen Optionen für Teilkopplungen und den Möglichkeiten zum Umstieg auf ein Regionalmo- dell besteht weiterhin die Gefahr neuer Wettbewerbsverzerrungen zwischen den EU-Staaten. Forderungen n Die Verlässlichkeit der Health CheckBeschlüsse muss bis 2013 gewahrt sein. n Die Vereinfachung von Cross Compliance muss dringend weiter vorangetrieben werden. Vereinfachung und Bürokratieabbau müssen eine Daueraufgabe sein. n Die vereinbarten Berichte zum Milchmarkt in 2010 und 2012 müssen rechtzeitig vorgelegt und gegebenenfalls Maßnahmen ergriffen werden. 4.2 Langfristige Europäische Agrarpolitik (nach 2013) Sachstand Beginnend 1992 mit der MacSharry-Reform ist die Gemeinsame Agrarpolitik in vielen Schritten grundlegend reformiert worden. Sie ist an die Anforderungen zunehmend globaler Märkte angepasst worden. Nach dem Beschluss über den Health Check im November 2008 ist die Ausgestaltung der Europäischen Agrarpolitik nach 2013 in den Mittelpunkt der agrarpolitischen Diskussionen auf EU-Ebene gerückt. Dabei wird die Frage der künftigen finanziellen Ausstattung und inhaltlichen Ausrichtung der EU-Agrarpolitik kontrovers diskutiert. Von zentraler Bedeutung ist auch die Frage nach der Zukunft der Direktzahlungen, insbesondere ihre Zwecksetzung und Verteilung. Die Entwicklungen während der letzten Jahre haben die Bedeutung der Ernährungssicherung unterstrichen. Sie haben deutlich gemacht, dass die Land- und Forstwirtschaft eine Schlüsselrolle spielt. Auch in der jüngsten Finanz- und Wirtschaftskrise ist die Land- und Ernährungswirtschaft ein stabilisierendes Element. Die Europäische Union ist auch langfristig auf eine starke Gemeinsame Agrarpolitik angewiesen – sie bleibt eine starke Klammer der europäischen Einigung. Die Land-, Forst-, Agrar- und Ernährungswirtschaft mit den vor- und nachgelagerten Bereichen beschäftigt allein in Deutschland vier Millionen Menschen. Sie n sichert die Versorgung der EU-Bevölkerung mit hochwertigen und unter hohen Standards erzeugten Lebensmitteln, n liefert wichtige Beiträge zur Energieversorgung und zum Klimaschutz, n erhält und pflegt eine vielfältige Kulturlandschaft, n ist tragende Säule und Garant vitaler ländlicher Räume. Forderungen n Nach mehreren großen System umwälzenden Reformen seit 1992 muss jetzt die europäische Agrarpolitik behutsam und konsistent weiterentwickelt werden. n Entscheidend ist, dass zuerst die Ziele und Maßnahmen der EU-Agrarpolitik nach 2013 festgelegt werden. Erst danach ist die Frage der finanziellen Ausstattung – in der ersten wie in der zweiten Säule – zu entscheiden. n Eine Kofinanzierung der ersten Säule wird entschieden abgelehnt. 5 Ländliche Entwicklung Sachstand Forderungen Die Förderung der ländlichen Entwicklung ist die zweite Säule der EU-Agrarpolitik. Wichtige Elemente darin sind Investitionsförderung, Agrarumweltprogramme, Ausgleichszulage für benachteiligte Gebiete, Förderung der Diversifizierung usw. Beide Säulen der Agrarpolitik sind gleichermaßen wichtig für eine Zukunftsperspektive der Landwirtschaft in der Europäischen Union. Die landwirtschaftlichen Betriebe sind der Kern des ländlichen Raums. Sie tragen maßgeblich zur Sicherung von Wirtschaftskraft und Arbeitsplätzen bei. n Eine solide, eigenständige Finanzierung der zweiten Säule ist sicherzustellen. n Die Förderung der ländlichen Entwicklung muss Teil der EU-Agrarpolitik bleiben und im Schwerpunkt auf die Landund Forstwirtschaft ausgerichtet sein. n Der Grundsatz der Kofinanzierung der zweiten Säule muss beibehalten werden. n Planungs-, Verwaltungs- und Bürokratieaufwand müssen so gering wie möglich gehalten werden. n Die benachteiligten Gebiete in Deutschland müssen weiterhin auf der Basis der landwirtschaftlichen Vergleichszahl (LVZ) abgrenzt werden. Während die Politik zwar die Bedeutung der zweiten Säule unterstreicht, wurden bei der mittelfristigen Finanzperspektive 2007-2013 die EU-Mittel dafür aber trotzdem gekürzt. Über die neue Modulation wird die reduzierte zweite Säule auch noch durch Kürzungen der ersten Säule finanziert. 6 Klimapolitik Sachstand Der Klimawandel ist für die Landwirtschaft eine zentrale Herausforderung, da sich die Landwirtschaft an veränderte Klimabedingungen, an extreme Wetterereignisse und Veränderungen der Anbauverhältnisse anpassen muss. Diese Klimaänderungen werden erhebliche Auswirkungen auf die Produktion von Nahrungs- und Futtermitteln sowie nachwachsenden Rohstoffen und damit auf die Versorgung der Weltbevölkerung haben. Gleichzeitig ist die Landwirtschaft der einzige Wirtschaftsbereich, der im Rahmen seiner Produktion CO2- bindet und mit nachwachsenden Rohstoffen oder der Bindung von CO2 in landwirtschaftlichen Böden eine dauerhafte Entlastung der Klimabilanz leisten kann. Die Forderung nach verbindlichen Reduktionszielen für die Landwirtschaft verkennt die Tatsache, dass die Emissionen in der Landwirtschaft bei natürlichen Prozessen entstehen und nicht per se zu verhindern sind. Anders als viele andere Wirtschaftsbereiche hat die Landwirtschaft ihre Emissionen in Deutschland seit 1990 bereits um über 22 % gesenkt. Die fortschreitende Verbesserung der Produktionsweisen und des Einsatzes von Betriebsmitteln führt zu einer erhöhten Effizienz der landwirtschaftlichen Produktion und reduziert hierdurch entscheidend etwaige Umweltauswirkungen. Forderungen n Die Bekämpfung des Klimawandels ist eine globale Herausforderung, an welcher sich alle Wirtschaftsbereiche der EU sowie weltweit beteiligen müssen. n Die Besonderheit des positiven Beitrags der Land- und Forstwirtschaft zum Klimaschutz müssen anerkannt werden. n Eine Renaissance der Agrarforschung für innovative Produktionsmethoden und Anpassungsstrategien ist dringend erforderlich. n Verzichts- und Extensivierungsstrategien unter dem Deckmantel des Klimaschutzes sind vor dem Hintergrund der weltweiten Zunahme des Bedarfs an landwirtschaftlichen Produkten nicht sachgerecht. n Die positiven Klimaschutzleistungen der Land- und Forstwirtschaft müssen auch im Rahmen internationaler Klimaschutzinventare dem Sektor Land- und Forstwirtschaft angerechnet werden. n Nachhaltigkeitsstrategien dürfen nicht nur in der EU gelten, sondern müssen weltweit zur Anwendung gebracht werden. 7 Schutz der natürlichen Ressourcen Der Schutz der natürlichen Ressourcen liegt im ureigenen Interesse der deutschen Landund Forstwirte, die in Generationen denken und wirtschaften. 7.1 Bodenschutz Sachstand Der Boden ist die wichtigste Produktionsgrundlage für die Landwirtschaft. Alle Maßnahmen im Bereich Forschung, Beratung und Förderung, die die Landwirte in die Lage versetzen, ihre Produktion und die nachhaltige Nutzungsfähigkeit ihrer Böden zu sichern, müssen unterstützt werden. Die Unterschiedlichkeit der Bodenverhältnisse, der Bewirtschaftung und des Klimas in der EU sprechen jedoch eindeutig gegen allgemein verbindliche Regelungen zum Schutz der Böden auf europäischer Ebene. Darüber hinaus gewährleistet das Bundesbodenschutzgesetz den Schutz und die Wiederherstellung der Bodenfunktionen in Deutschland. Forderungen n Bodenschutz muss im Sinne der Subsidiarität weiterhin in nationalstaatlicher Verantwortung liegen. Die Schaffung einer eigenen europäischen Rahmenrichtlinie zum Bodenschutz wird abgelehnt. 7.2 Naturschutz und biologische Vielfalt Sachstand Ende 2008 veröffentlichte die Europäische Kommission eine Mitteilung zur Halbzeitüberprüfung der Umsetzung des gemeinschaftlichen Biodiversitätsaktionsplans (2006-2010), die den Erhalt der Biodiversität in der EU als eine große Herausforderung beschreibt. Deutschland ist geprägt von einer vielgestaltigen Kulturlandschaft, mit einer hohen Diversität an Arten und Biotopen. Zum Beispiel bestätigte das Bundesamt für Naturschutz (BfN) in der letzten Inventur der Tierwelt Deutschlands, dass mit fast 48.000 Arten etwa 4.000 Arten mehr bestandsmäßig aufgenommen werden konnten als noch 1984. Seit Jahren wird die Erhaltung der Lebensräume von Tier- und Pflanzenarten durch die Ausweisung von Schutzgebieten bzw. einen traditionellen, hoheitlichen Natur- Landwirtschaft muss verstärkt Eingang in die Naturschutzpolitik der EU finden. Nur durch die landwirtschaftliche Nutzung können Artenvielfalt und attrak- schutz betrieben. Zentrale Instrumente dafür sind auf europäischer Ebene die beiden EU-Richtlinien von NATURA 2000 (FFH- und Vogelschutzrichtlinien). Während der hoheitliche Naturschutz über Schutzgebiete oftmals nur bescheidene Erfolge aufweist, werden über den Naturschutz auf freiwilliger Basis im Rahmen des Vertragsnaturschutzes und der Agrarumweltprogramme deutliche Erfolge erreicht. tive Kulturlandschaften in Deutschland sichergestellt werden. n Eine Überprüfung der gemeinschaftlichen Instrumente sowie die Zusammenführung der FFH- und Vogelschutzrichtlinien sind notwendig, um Bewertungsmaßstäbe sowie Regelungen aufeinander abzustimmen und zu vereinheitlichen. n Die sich durch den Naturschutz ergebenden Lasten müssen ausgeglichen und gesamtgesellschaftlich getragen werden. Forderungen n Das Prinzip „Naturschutz durch Nutzung“ und die Kooperation mit der 7.3 Wasserpolitik Sachstand Seit 2000 gilt die europäische Wasserrahmenrichtlinie. Diese fasst verschiedene Ansätze bereits bestehender und europäischer Wassergesetzgebungen zusammen und soll den Gewässerschutz von der Quelle bis zur Flussmündung sowie über Landesgrenzen hinweg sicherstellen. Die Richtlinie hat zum Ziel, bis zum Jahr 2015 einen guten chemischen und ökologischen Zustand der Oberflächengewässer sowie einen guten mengenmäßigen Zustand des Grundwassers zu erreichen. Die Landwirtschaft schaltet sich aktiv in den Umsetzungsprozess der Wasserrahmenrichtlinie ein, um praxistaugliche Lösungen zu erreichen. Forderungen n Der Gewässerschutz muss in Kooperation mit der Landwirtschaft betrieben werden. Es sind Lösungen zu finden, die ökologisch und wirtschaftlich vertretbar sind und die eine effiziente Landwirtschaft weiterhin erlauben. Zusätzliche ordnungsrechtliche Regelungen neben der bestehenden Nitratrichtlinie, der EU-Pflanzenschutzgesetzgebung und vielen anderen europäischen Vorgaben, die eine nachhaltige Landbewirtschaftung sicherstellen, werden grundsätzlich abgelehnt. tungsplänen an Gewässern müssen durch die Gesellschaft getragen werden. Dies gilt auch für die Lasten der gesamtgesellschaftlichen Aufgabe des Gewässerschutzes. n Lasten durch die Umsetzung von Maßnahmenprogrammen und Bewirtschaf- 7.4 Schutz genetischer Vielfalt – EU-Biopatentrichtlinie Sachstand 1998 wurde die EU-Biopatentrichtlinie verabschiedet. Schon damals waren die Regelungen hoch umstritten. Heute zeigt sich, dass die unklaren Formulierungen der Richtlinie entgegen der ursprünglichen Intention die weit reichende Patentierung von genetischem Material und Züchtungsverfahren ermöglichen. Außerdem nimmt die Kritik von Landwirten und Verbrauchern darüber, dass die freie Verfügbarkeit des weltweiten Genpools zugunsten von Monopolstellungen einzelner eingeschränkt werden soll, stark zu. Forderungen n Die EU-Biopatentrichtlinie muss dringend überarbeitet werden. n Es muss ein Verbot der Patentierung von Tieren und Pflanzen aufgenommen werden, damit der weltweite Genpool weiterhin frei verfügbar bleibt. n Die Formulierungen zum Verbot der Patentierung herkömmlicher Züchtungsverfahren müssen deutlicher gefasst werden, um jeglichen Missbrauch, wie aktuell im „Brokkolipatent“ und im „Schweinepatent“ auszuschließen. n Das Patenterteilungsverfahren muss auf den Prüfstand. Es kann nicht sein, dass Fehlentscheidungen nur auf Initiative der betroffenen Landwirte und Züchter in teuren und langwierigen Einspruchsverfahren überprüft werden. 8 Tierschutz Sachstand Forderungen Tierschutz ist insbesondere aufgrund der hohen gesellschaftspolitischen Sensibilität ein Dauerthema auch auf europäischer Ebene. Aktuell widmet sich die EU-Kommission im Rahmen des EU-Tierschutz-Aktionsplans verschiedenen Nutztierarten. So gibt es Überlegungen, die Anforderungen an die Haltung von Schweinen (v. a. in Bezug auf die Besatzdichte, die Bodengestaltung und die Kastration) zu erhöhen und für andere Tierarten wie Rinder und Puten, für die es bisher keine speziellen Vorschriften gibt, neue Richtlinien zu erlassen. Auch sollen die Anforderungen in der bestehenden Verordnung zum Transport von Tieren aus dem Jahr 2005 in Bezug auf die Transportdauer und die Besatzdichte verschärft werden. Schließlich soll ein Tierschutzlabel eingeführt werden, durch das die Verbraucher gezielt zwischen Produkten mit einfachen und höheren Tierschutznormen auswählen können sollen. Bislang wird zu wenig berücksichtigt, dass europäische Landwirte im Wettbewerb mit Drittlandsprodukten stehen, die zum Teil unter weitaus niedrigeren Tierschutzbedingungen erzeugt werden. Außerdem ist es im Eigeninteresse der Bauern, mit tiergerechten Haltungsverfahren auch wirtschaftlichen Erfolg zu erzielen. n Es muss sichergestellt werden, dass für Importe von tierischen Erzeugnissen die gleichen Tierschutzstandards sowie Kontrollmechanismen wie in Europa eingehalten werden. Ein weiterer Ausbau der Tierschutzstandards darf nicht erfolgen, wenn diese Voraussetzung nicht geschaffen ist. Dies gilt sowohl für die Haltungsvorschriften wie auch für die Vorschriften bei Transport und Schlachtung. n Ein Tierschutzlabel darf nur auf der Basis objektiver und nachvollziehbaren Kriterien entwickelt werden. Gerade bei der objektiven Bewertung des Tierschutzes gibt es noch erheblichen Klärungsbedarf. Ein Tierschutzlabel kann Drittlandsimporte mit geringeren Standards aus Drittländern nicht verhindern und ist deshalb kein Ersatz für strenge Importauflagen. Ein Tierschutzlabel sollte grundsätzlich freiwillig erfolgen. n Alle Entscheidungen müssen sachlich begründet und praxistauglich sein. n Tierschutzvorschriften müssen auch den Belangen des Umweltschutzes, der Lebensmittelsicherheit und des Arbeitsschutzes Rechnung tragen. n Neue Richtlinien insbesondere zur Haltung von Rindern werden abgelehnt. den. Landwirte, die ihre eigenen Tiere transportieren, sind z. B. keine Transportunternehmer und benötigen hier einen besonderen Befähigungsnachweis. n Bevor Änderungen bei der Tierschutztransportverordnung erfolgen, müssen die Wirkungen der neuen Verordnung geprüft werden. Ferner sollte in jedem Fall unnötige Bürokratie abgebaut wer- 9 Lebensmittelqualität Sachstand Die EU-Qualitätspolitik im Lebensmittelbereich sollte nicht nur dem Verbraucherschutz und der Gesundheit der Bevölkerung dienen, sondern auch der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Land- und Ernährungswirtschaft. Es ist von besonderem Interesse, den hohen EU-Qualitätsstandard für alle Produkte sicherzustellen, die innerhalb der EU verarbeitet oder vertrieben werden. Hier gibt es noch erhebliche Defizite, welche aus Sicht der Wettbewerbsgleichheit nicht akzeptiert werden können. Des weiteren gilt, dass kein Lebensmittel aufgrund seines Fett-, Salz- oder Zuckergehaltes per se gut (grün) oder schlecht (rot) ist, weshalb sich Ampelkennzeichnungen oder farbliche Bewertungen von Lebensmitteln verbieten. Forderungen nicht ausgewiesen werden kann, ist über einheitliche Logos zu unterstützen n Prozessorientierte Kennzeichnung von Lebensmitteln, die unter Verwendung von GVO hergestellt worden sind. n Die Herkunft und die im Vergleich zu Drittstaaten hohen EU-Anforderungen und deren Einhaltung müssen gegenüber den europäischen Verbrauchern besser kommuniziert werden. n Die Produzenten außerhalb der EU müssen sich dem gleichen Kontrollregime unterwerfen, wie dies innerhalb der EU vollzogen wird. Hier muss eine WTOkonforme Lösung geschaffen werden. n Es dürfen nur solche Produkte importiert werden, die den gleichen Produktionsund Produktstandards unterliegen. n Die Ernährungspolitik sollte auf mehr Aufklärung und Beratung setzen statt auf Bevormundung. n Die Kennzeichnung der nationalen Her- n Nährwertprofile auf Grundnahrungsmit- kunft, und der EU-Herkunft, dort, wo die nationale Herkunft wegen Vermischung/Verarbeitung nur schwer bzw. tel werden strikt abgelehnt – natürliche und traditionelle Lebensmittel sind nicht ungesund. 10 Energiepolitik Sachstand Kernaufgabe der Landwirtschaft wird auch in Zukunft die Erzeugung von Nahrungsmitteln sein. Bioenergie und nachwachsende Rohstoffe sind aber eine immer wichtigere Ergänzung. 2008 wurde – durch die Annahme der Richtlinie über die Förderung Erneuerbarer Energien (EU-Klima- und Energiepaket) – ein verlässlicher europäischer Rahmen für den Ausbau erneuerbarer Energien in Europa vorgegeben, ohne in die bereits bestehenden Fördersysteme der EU-Mitgliedstaaten einzugreifen. Die Nachhaltigkeit der Biokraftstoffe wird zukünftig durch Nachhaltigkeitskriterien gewährleistet, die sicherstellen sollen, dass Flächen mit einer hohen Biodiversität (zum Beispiel Regenwälder oder Moore) nicht durch den Bio- ! masseanbau für die Biokraftstoffproduktion in Mitleidenschaft gezogen werden. Forderungen n Um die Ziele der deutschen und europäischen Kraftstoffpolitik zu erreichen, muss die Politik langfristig angelegt sein. Es darf keinen politischen Zickzackkurs geben. n Internationale Zertifizierungssysteme müssen eine nachhaltige Rohstoffproduktion weltweit sicherstellen. Für die europäischen Landwirte muss Cross Compliance als hinreichender Beleg für die Nachhaltigkeit der Produktion anerkannt werden. Zusätzliche Bürokratie und Auflagen sind wegen des bereits engen Regelungsgeflechtes der guten fachlichen Praxis überflüssig. n Eine gemeinsame europäische Agrarpolitik ist auch zukünftig eine wichtige Aufgabe der Europäischen Union zur Sicherung der Ernährung und Gewährleistung der Energieunabhängigkeit. n Vor dem Hintergrund der globalen Herausforderungen sind die ökologischen und ökonomischen Aspekte der Landwirtschaft in einen angemessen Einklang zu bringen. n Die deutschen und europäischen Bauernfamilien brauchen eine gleichwertige wirtschaftliche und soziale Perspektive