Die Funktionsprüfung endokriner Drüsen

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Die Funklionsprüfung endokriner Drüsen
B A N* T 5/i9°o MEDI ^
AUS DEM KRANKENHAUS „BÄUERISCHE STIFTUNG", GIESSEN,
(CHEFARZT: PROF. DR. E. SCHLIEPHAKE)
E. S C H L I E P H A K E
Die Funktionsprüfung endokriner Drüsen,
insbesondere der Hypophyse mit Kurzwellen-Reizen
unter besonderer Berücksichtigung der vegetativen Dystönie
In früheren Arbeiten ist bereits dargelegt worden, daß Kurzwellen die Tätigkeit inkretorischer Drüsen aktivieren, was an verschiedenen Blutbestandteilen festgestellt werden kann, vor allen Dingen am Blutzucker. Dieser
sinkt nach Durchflutung von Muskeln ab, nach Durchflutung von Hypophyse und Oberbauch steigt er an, Durchflutung der Keimdrüsen bewirkt eine zweigipfelige Kurve mit überwiegendem Abfall des Blutzuckers. Die Ansprechbarkeit der Hypophyse für den Kurzwellenreiz bleibt bei einem und demselben Individuum unter gleichen
Bedingungen weitgehend konstant, kann aber durch physikalische Maßnahmen verändert werden, so durch allgemeine Überwärmung und Unterkühlung.
Um festzustellen, inwieweit das Pankreas bei diesen Reaktionen beteiligt ist, wurden Kaninchen mit Alloxan
vergiftet. Der Bhitzuckeranstieg nach Durchflutung sowohl des Pankreas als auch der Hypophyse war danach
verstärkt, was darauf schließen läßt daß bei der Wirkung einer Durchflutung der Hypophyse auf den Blutzucker das Pankreas beteiligt ist.
Bei Menschen mit den Erscheinungen der vegetativen Dystönie ist der Anstieg des Blutzuckers nach Durchflutung der Hypophyse abgeschwächt oder nicht vorhanden. In den meisten Fällen geht diese Störung parallel
mit der hypotonen Regulationsstörung des Kreislaufs. Es ist dadurch möglich, zwischen der echten vegetativen
Dystönie und rein psychogenen Zuständen zu unterscheiden. Bei schweren Fällen dieser Art sinkt auch der Blutzucker nach körperlicher Belastung (Steigen von 3 Treppen) um 10 bis 20 mg°/o ab, woraus sich die kollapsartigen Erscheinungen nach körperlicher Belastung erklären.
Dans les travaux precedents il fut demontre que les ondes courtes activaient Faction des glandes endocrines,
constatable aux differentes composantes du sang et surtout au sucre sanguin. Celui-ci diminue apres irradiation
des muscles et augmente par Pirradiation de l'hypophyse et la partie superieure de l'abdomen. L'irradiation des
glandes genitales provoque une courbe ä deux montees avec une grande diminution de sucre sanguin. La reactivite de l'hypophyse aux ondes courtes reste constante sous les memes conditions pour le mcme individu. peut
toutefois se changer par des mesures physiques comme par un rechauffement ou une refrigeration generate.
Pour constatcr a quel titre le pancreas participe ä ces reactions on a empoisonne des lapins avec de l'alloxan.
Le sucre sanguin apres irradiation du pancreas et de l'hypophyse s'augmentait ce qui laisse supposer que le pancreas participe a Faction d'une irradiation de l'hypophyse sur le sucre sanguin.
Des l'apparition d'une dystonie vegetative chez rhommc, l'augmentation du sucre sanguin est affaiblie ou
manque totalement apres une irradiation de l'hypophyse. Dans la plupart des cas, ce trouble va de pair avec un
trouble de regulation hypotonique de la circulation. II devient ainsi possible de distinguer entre une dystonie
vegetative veritable et des etats psydiogenes purs. Dans des cas graves de ce genre, le sucre sanguin diminue
egalement apres des efforts corporels (monter 3 escaliers) de 10 ä 20 mg% ce qui explique les apparitions de
collapsus apres ces efforts corporels.
In former publications it had been shown that short waves increase the activity of endocrine glands. This can
be evidenced by alterations in various constituents of the blood, specially the blood sugar. The blood sugar is
reduced after short-wave application to muscles and it increases after short-waves having been applied to the
hypophysis and the upper parts of the abdomen. Short waves administered to the gonads result in a twoamplitude curve with a dominating reduction in blood sugar. The sensitivity of the hypophysis of the same
Individuum to a short-wave stimulation remains constant to a far reaching extent under the same conditions,
but it can be varied by physical measures, such as hyperthermy or undercooling.
To find out to which extent the pancreas is involved in these reactions, rabbits have been poisoned with Alloxan.
The blood sugar increase following the short-wave application to the pancreas and the hypophysis was higher.
Consequently one can assume that the -pancreas is involved in the blood sugar increase when treating the hypophysis.
With people suffering from vegetative dystonia the increase of blood sugar after treatment of the hypophysis
is either lower or non-existent In most cases this disturbance is paralleled by a hypotonic regulation disturbance of the blood circulation. Thus it is possible to differ between the true vegetative dystonia and purely psychogenic conditions. In severe cases of this kind the blood sugar decreases after work (mounting 3 stairs) by 10 to
20 mg°/o, which explains the collapse-like conditions after work.
En trabajos anteriores ha sido explicado ya que las on das cortas activan el funcionamiento de las gländulas de
secrecion interna, lo que puede ser constatado en varies componentes de la sangre, ante todo en el azucar de la
misma. Este azucar disminuye despues de una penetracion en los musculos y aumenta desques de una penetracion en la hipofisis y en el epigastrio. La penetracion en las glandulas genitales produce una ourva con dos cumbres
y descenso predominate del azucar de la sangre. La capacidad de reaccion de la hipofisis a la excitacion de ondas
cortas permanece ampliamente constante en un mismo individuo bajo iguales condiciones, pero puede ser alterada
con medidas fisicas, como el sobrecalentamiento y el subenfriamiento generales.
Para constatar hasta que punto toma parte el pancreas en estas reacciones, han sido envenenados conejos con
aloxän. Despues de esto y de una penetracion del pancreas y de la hipofisis se habia intensificado el aumento
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de azucar en la sangre, lo que permite la conclusion de que el pancreas toma parte en el efecto de una penetracion de la hipofisis sobre el azucar de ia sangre.
En las personas con los sintomas de la distonia vegetativa, el aumento del azucar contenido en la sangre despues
de una penetracion de la hipofisis estä debilitado o es inexistente. En la mayoria de los casos, · este trastorno
transcurre paralelamente con el trastorno hipotonico en la regulacion de la circulation. Con ello es posible
distinguir entre la verdadera distonia vegetativa y los estados puramente psicogenos. En los casos graves de esta
indole disminuye tambien el azucar de la sangre despues de un trabajo corporal (subir las escaleras de tres pisos)
10 hasta 20 mg°/o, con lo cual se explican los fenomenos al estilo de colapsos despues de trabajos corporales.
In früheren Untersuchungen des Verfassers und
seiner Mitarbeiter ist schon festgestellt worden,
daß die Tätigkeit inkretorischer Drüsen durch
Kurzwellen-Durchflutungen angeregt wird. Dies
läßt sich am besten durch Untersuchungen des Blutzuckers feststellen. Es hat sich ergeben, daß die
meisten endokrinen Drüsen den Blutzuckerspiegel
mehr oder weniger stark beeinflussen.
Die vorliegenden Untersuchungen haben die Aufgabe, festzustellen:
1. Bleibt die Form der Blutzuckerkurven nach
einem Kurzwellenreiz von bestimmter Dosis bei
einem und demselben Individuum konstant?
2. Wird sie durch Überwärmung und Unterkühlung
des Körpers verändert?
3. Wirken Kurzwellen-Durchflutungen der Hypophyse auf den Blutzucker direkt oder auf dem
Umweg über das Pankreas?
4. Wie verhalten sich Menschen mit den Symptomen der Vegetativen Dystönie, insbesondere
solche, die lange Zeit in Kriegsgefangenschaft
gewesen sind?
Hierzu mußten zunächst Tierversuche gemacht werden. Im Prinzip hat sich ergeben, daß die Reaktionen des Blutzuckers bei Menschen und Säugetieren in derselben Weise verlaufen.
Die Versuche wurden an Kaninchen ausgeführt. Bei
den Tieren wurde der Kopf im Kondensatorfeld bei
einer Wellenlänge von 11 m durchflutet. Danach
steigt der Blutzucker in individuell verschiedener
Weise an, durchschnittlich um 30 mcf0/o. Vergleichsversuche mit einer 12,5 cm-Mikrowelle ergaben
grundsätzlich das gleiche Verhalten des Blutzuckers.
Dies weicht von dem früher von uns beobachteten
Verhalten beim Menschen ab. Die Blutzuckerkurve
nach Mikrowelle steigt beim Menschen nicht so
hoch und hat eine etwas andere Form, was mit der
Verteilung und Tiefenwirkung der elektrischen Felder im viel größeren Schädelraum zusammenhängt.
Bei dem viel kleineren'Schädel des Kaninchens sind
die Unterschiede in der Feldverteilung nicht so
groß, und wir konnten zu unseren Untersuchungen
die Mikrowelle verwenden. Sie hat den Vorteil,
daß die Tiere dabei nicht irritiert werden, denn
durch die Erregung der Tiere allein können schon
geringe Schwankungen des Blutzuckers eintreten,
') Die Untersuchungen wurden im Forsdiungsauftrag
und mit finanzieller Hilfe des Bundesministeriums für
Arbeit ausgeführt.
die das Ergebnis verwischen. Die morgens nüchtern
bestimmten Blutzuckerwerte sind auch bei einem
und demselben Kaninchen oft ziemlich stark verschieden. Deshalb wurde jedes Tier sechs- bis
siebenmal derselben Behandlung unterworfen. So
wurde beispielsweise ein Kaninchen in Abständen
von 10 bis 14 Tagen behandelt, indem der Oberbauch jeweils fünf Minuten lang dem Kurzwellenfeld ausgesetzt wurde. Da die Ausgangswerte verschieden hoch lagen, waren sechs bis sieben Versuche notwendig, um zu einigermaßen gesicherten
Durchschnittswerten zu kommen. Aus diesen Durchschnittswerten wurden Kurven zusammengestellt,
die dann -als Grundlage für die weiteren Versuche
dienten, und auf die die Veränderungen nach
Alloxan- und Synthalinbehandlung bezogen werden
konnten. Nur so sind die Versuchsergebnisse gegen
die individuellen Schwankungen der nicht vorbehandelten Tiere abzugrenzen.
Die Kaninchen erhielten im allgemeinen Bestrahlungen mit Dosis 4 (kräftige Erwärmung) auf den
Kopf, den Oberbauch oder -auf den Oberschenkel
von 5 min Dauer. Bei Verwendung verschiedener
Dosen fanden wir, daß bei Erhöhung der Dosis zunächst der Blutzuckeranstieg stärker wird, beim
überschreiten einer bestimmten Maximaldosis aber
nicht mehr über einen bestimmten Wert steigt.
Weiterhin wurden die Veränderungen verglichen,
die nach Behandlung im Kondensatorfeld der 11 mWelle und dem Strahlenfeld einer 12,5 cm-Welle
entstehen. Im allgemeinen lagen die Durchschnittswerte nach 3 min langer Durchflutung mit der
12,5 cm-Welle höher als nach 5 min langer Durchflutung im 11 m-Kondensatorfeld. Der Behandlung
im Strahlenfeld folgt meist ein wesentlich stärkerer
Abfall (Bild l u. 2).
Es scheint ein Optimum für die wirksamere Dosis
zu geben, nach dessen überschreiten die Wirkung
wieder geringer wird. Dies entspricht auch den Er-
DO V
Bild 1. Kaninchen-Durchschnittswerte.
Blutzuckerkurven nach KW-Durchflutung des Kopfes
a = Mikrowelle; b = Kondensatorfeld
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UOV
7'
IS'
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Bild 2.
Kurven der Durchschnittswerte von Kaninchen „silbergrau".
Kondensatorfeld und Mikrowelle bei verschiedener Dosierung
1 = 5 min Kopf KW Dos. IV
2 = 2 min Kopf KW Dos. II
3 = 5 min Kopf KW Dos. V
4 = 5 min Kopf MW Dos. II
5 = 3 min Kopf MW Dos. II
fahrungen mit der Kurzwellenwirkung am Gefäßsystem und bei gewissen Reaktionen der Kolloide
im Serum und in den Zellen.
Bei einem Tier, dessen Oberschenkel 5 min lang
mit Mikrowellen behandelt wurde, zeigten die Kurven besonders starke Schwankungen. Dies könnte
damit erklärt werden, daß selbst bei -sorgfältiger
Einstellung der Elektroden endokrine Organe, etwa
Nebennieren oder Gonaden, von Feldlinien mit getroffen werden, was bei einem so kleinen Tier nicht
zu vermeiden ist.
Wie schon erwähnt, können Erregungen der Tiere
den Blutzuckerspiegel beeinflussen. Deshalb muß es
vermieden werden, die Tiere zu beunruhigen, etwa
durch Fesselung oder indem man -sie in eine unnatürliche Lage bringt (etwa indem m-an sie auf die
Seite legt). Schon ein kurzes Heben des Kastens,
in dem sie zur Blutentnahme sitzen, kann geringe
Anstiege des Blutzuckers herbeiführen. Wir ließen
darum die Kaninchen in ihrer normalen Hockstellung sitzen und durchfluteten den Kopf schräg
von oben. Auch die Durchflutung des Oberbauches
konnte ohne Beunruhigung der Tiere im Kondensatorfeld durchgeführt werden.
Von dem allgemeinen Anstieg des Blutzuckers nach
Durchflutung des Kopfes und des Oberbauches
sahen wir nur je eine Ausnahme. Nach einer Bauchdurchflutung bei Nr. 380 fiel der Wert nach Durchflutung ab, ebenso bei Nr. 384 nach Durchflutung
des Kopfes mit Mikrowelle Dosis 2.
I. W ü s t beschreibt ebenfalls einzelne abfallende
Werte bei unterernährten Menschen 1944. Auf
diesen Abfall folgte 24 Stunden danach ein Anstieg. Es wurde angenommen, daß vielleicht die
Glykogenreserven in der Leber weitgehend abgebaut waren, so daß keine Ausschüttung mehr erfolgen konnte und ein Abfall des Blutzuckers eintrat. Solche Annahmen müßten aber durch weitere
Versuche gestützt werden, bei denen der Verlauf
der Kurven nach starker Zufuhr von Kohlehydraten
und nach Vorbehandlung mit Insulin untersucht
wird.
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Die Tiere gewöhnten sich bald an die Bestrahlungen und erregten sich nicht mehr, so daß eine Beeinflussung der Blutzuckerwerte durch Aufregung
nicht mehr in Frage kam. Sie wurden bis zum Ende
jedes Versuches nüchtern gelassen.
Insgesamt wurden 110 Versuche ausgeführt. Die
Kurven, bis auf die beiden erwähnten Ausnahmen,
zeigen den Anstieg des Blutzuckers, der bei allen
Tieren nach 5 Minuten eintritt. Nadi einer halben
Stunde fällt er wieder -ab und nach spätestens zwei
Stunden wird der Normalwert wieder erreicht.
Meist wird am nächsten Tag morgens nüchtern eine
Erniedrigung des Blutzuckers gefunden.
Durchflutungen des Oberbauches bewirken ebenfalls einen Anstieg des Blutzuckers von geringerer
Stärke. Der Abfall nach zwei Stunden ist meist
stärker ausgeprägt.
Bei den Durchflutungen des Oberbauches werden
mehrere Organe getroffen, die an der Regulierung
des Blutzuckers beteiligt sind, und zwar Pankreas,
Leber und Nebennieren, vielleicht -auch die Milz.
Die Wahrscheinlichkeit spricht dafür, daß die Änderungen hauptsächlich durch die Aktivierung des
Pankreas hervorgerufen werden, jedoch haben hierfür bisher schlüssige Beweise gefehlt.
Eine operative Verlegung des Pankreas unter die
Bauchhaut, um isolierte Bestrahlungen durchführen
zu können, war mit unseren bisherigen Mitteln
nicht möglich. Die noch zu beschreibenden Versuche
mit Alloxan geben jedoch Anhaltspunkte dafür,
daß die Anregung des Pankreas durch das Kurzwellenfeld ein hauptsächlicher Faktor für die Veränderungen des Blutzuckers ist.
Der Anstieg des Blutzuckers, der nach Durchflutungen des Kopfes auftritt, ist von der Dosis abhängig.
Bei Wiederholung der Durchflutungen in größeren
Abständen ändert sich bei einem und demselben
Tier die Form der Kurven nur wenig. Man kann
daher sagen, daß unter gleichen Voraussetzungen
die Änderung des Blutzuckers in individuell charakteristischer Form verläuft. Zwischen den einzelnen Individuen dagegen bestehen mehr oder weniger große Unterschiede im Kurvenverlauf.
Bei Durchflutung eines Beines entstehen ebenfalls
Änderungen des Blutzuckers, und zwar immer mit
fallender Tendenz. Die Kurven unterscheiden sich
deutlich von denjenigen nach Durchflutung von
Kopf und Oberbauch.
Die Annahme, daß die Durchflutung des Kopfes im
wesentlichen über die Hypophyse auf den Blutzucker wirkt, wird durch folgende Beobachtungen
gestützt:
Es ist bekannt, daß das Zentralnervensystem gegenüber
den Kurzwellen sehr unempfindlich ist; Störungen sind
bisher nur bei sehr hohen Dosen beobachtet worden, die
bereits Zellschädigung hervorrufen.
K r o l l und B e c k e r sowie R e i s s reizten bei Menschen die operativ freigelegte Hypophyse mit elektrischen Strömen. Dabei entstanden Veränderungen des
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Blutzuckers, die denselben Verlauf hatten wie diejenigen nach Kurzwellendurchflutung.
Bei zwei verschiedenen Patienten haben wir Hypophysengewebe zu therapeutischen Zwecken in den M.
glutaeus implantiert. Die Implantationsstelle war vorher
durchflutet worden, wobei der Blutzucker in der typischen Weise absank, wie sie nach Durchflutung von
Muskulatur (Bein) beobachtet wird. Nach Einheilen des
Implantats wurde nochmals durchflutet. Dabei fand sich
ein Anstieg des Blutzuckers von der Form, wie er nach
Durchflutung der Schädelbasis auftritt. Drei Monate
später verlief die Kurve wieder wie vor der Implantation. Daraus kann geschlossen werden, daß das eingepflanzte Hypophysengewebe noch einige Zeit durch Kurzwellen zur Hormonabgabe angeregt werden kann, diese
Fähigkeit aber später verliert (wahrscheinlich durch Resorption).
Bei Durchflutung des Oberbauches steigt der Blutzucker
in den ersten 5 bis 30 Minuten an und fällt dann meist
etwas unter den Ausgangswert ab. Auch hier bestehen
individuelle Verschiedenheiten, auch bei einem und demselben Tier kann der Verlauf der Kurven stärker
schwanken als bei Durchflutungen der Hypophyse. Bei
manchen Tieren ist der Anstieg nach Hypophysendurchflutung stärker, nach Durchflutung des Oberbauchs geringer, bei anderen ist das Verhalten umgekehrt.
Es ist wahrscheinlich, daß nicht nur das Pankreas
anspricht, sondern auch Nebennieren, Leber und
Milz. Um die Anteile dieser Organe auseinanderzuhalten, müßten noch besondere Untersuchungen
durchgeführt werden.
Wir konnten nur der Frage nachgehen, ob A 11 o x - a n v e r g i f t u n g die Form der Kurven beeinflußt. Dieser Stoff vergiftet die B-Zellen der
Bauchspeicheldrüse, die das Insulin produzieren, und
erzeugt dadurdi Diabetes. Alloxan wurde mehreren
Tieren intravenös eingespritzt. Da die ersten Tiere
danach zugrunde gingen, injizierten wir nur noch
Mengen von 70 bis 100 mg. Kurz nach der Injektion steigt der Blutzucker um 20 bis 30 mg an und
geht nach ein bis zwei Stunden wieder auf den
Ausgangswert zurück. Man -sieht, daß bei wiederholten Untersuchungen die Nüchternwerte niedriger
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liegen als im Anfang. Erst nach öfter wiederholten
Injektionen stellen sich die Nüchternwerte auf eine
erhöhte Basis ein. Wird nach Alloxaninjektionen
der Kopf durchflutet, so wird der Anstieg des Blutzuckers stärker als vor der Alloxanbehandlung. Bei
den länger mit Alloxan behandelten Tieren -sind
die Anstiege etwas geringer (Bild 3).
Durchflutung des Pankreas bei den mit Alloxan behandelten Tieren bewirkt im Anfang einen verstärkten Anstieg des Blutzuckers. Bei den Tieren,
die nur eine Alloxan-Injektion eine Woche vorher
erhalten hatten, sind die Anstiege nur gering oder
fehlen ganz. In einigen Versuchen kam es sogar zu
einem Abfall (Bild 4).
Bild 4. Kaninchen Nr. 380.
Blutzuckerkurven von Oberbauch vor und nach Behandlung
mit Alloxan
1. 26. 1. 58 100 mg Alloxan, 5 min KW Oberbauch
l.a) 1. 4. 58 kein Alloxan, 5 min KW <Oberbauch
l.b) 21. 5. 58 kein Alloxan, 5 min KW Oberbauch
2. 27. 5. 58 100 mg Alloxan, 5 min KW <Oberbauch
2.a) 30. 5. 58 kein Alloxan, 5 min KW Oberbauch
3. 7. 6. 58 100 mg Alloxan, 5 min KW 'Oberbauch
4. Durchschnittswerte vor
Behandlung,
5 min KW Oberbauch
Eine erschöpfende Erklärung dieses letzteren Verhaltens ist vorerst nicht möglich. Man könnte sich
vorstellen, daß das Allox-an in der verhältnismäßig
schwachen Dosis einen Reiz auf die B-Zellen ausübt
und sie zu erhöhter Insulinproduktion anregt, oder
daß der zweite Versuch in die (negative) Gegenphase der Alloxanwirkung gefallen ist.
Zunächst kann nur so viel gesagt werden, daß das
Alloxan in dieser Dosis Veränderungen im Pankreas hervorruft, durch die die Reaktion auf Kurzwellen verändert wird, über die genaue Art dieser
Veränderungen können nur weitere Versuchsreihen
Aufschluß geben,
U-, U2
7' 7S'
Bild 3. Kaninchen Nr. 386.
Blutzuckerkurven vor und nach Behandlung mit Alloxan
(Kopf durchflutet)
a) Durchschnittswerte vor Alloxanbehandlung
1. 3. 5. 58 100 g Alloxan, 5 min KW Kopf
2. 14. 5. 58 100 g Alloxan, 5 min KW Kopf
3. 21. 5. 58 100 g Alloxan, 5 min KW Kopf
4. 27. 5. 58 100 g Alloxan, 5 min KW Kopf
5. 4. 6. 58 100 g Alloxan. 5 min KW Kopf
Auch der Anstieg des Blutzuckers nach Durchflutung der Hypophyse beim alloxanvergifteten Tier
ist verstärkt. Dies spricht dafür, daß die Wirkung
der Hypophysiendurchflutung auf den Blutzucker
mindestens zum Teil auf dem Umweg über das
Pankreas erfolgt.
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Versuche über den Einfluß von Wärme und Kälte
Wie bereits erwähnt, ändert sich der Typ des Reaktionsablaufes bei einem und demselben Individuum bei wiederholten Untersuchungen nur wenig
oder nicht, Wir stellten uns deshalb die Frage, ob
starke äußere Reize auf den Gesamtkörper einen
Einfluß -auf diesen Reaktionsablauf haben können.
Aus diesem Grund wurden Untersuchungen mit
Überwärmung und Unterkühlung ausgeführt.
Zunächst wurde eine Hypophysen-Funktionsprüfung in der beschriebenen Weise gemacht. Die
Tiere kamen dann für eine halbe Stunde in einen
Heißluftkasten, danach wurde der Versuch wiederholt. Eine Woche später wurden dieselben Tiere
eine halbe Stunde lang in Eiswasser gesetzt, mit
nachfolgender Funktionsprüfung. Bei allen Tieren
waren vorher schon mehrere soldier Funktionsprüfungen unter normalen Verhältnissen vorgenommen worden, um die normale Schwankungsbreite
festzustellen. Auf diese Weise wurde eine NormalDurchschnittskurve aus mindestens sechs Untersuchungen aufgestellt (Bild 5).
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Hälfte der Tiere verstärkt, bei der anderen Hälfte
verringert. Das entspricht den Erfahrungen bei
Badekuren, wobei verschiedene Menschen in verschiedener Weise ansprechen können, entsprechend
den Reaktionstypen von L a m p e r t.
Es ist schon theoretisdi verschiedentlich die Ansicht geäußert worden, daß bei Badekuren gewisse
Veränderungen im vegetativen System eintreten,
jedoch sind dafür bisher noch keine stichhaltigen
Beweise erbracht worden. Unsere Untersuchungen
zeigen einwandfrei, daß während des Bades eine
Umstellung im endokrinen System erfolgt. Die
Wirkungen von Badekuren auf das Allgemeinbefinden und insbesondere auf die Beschwerden
bei Vegetativer Dystönie dürften in der Hauptsache
daraus zu erklären sein, daß Reize auf das endokrine System ausgeübt werden. Dadurch kann
dieses System, das unter den Einflüssen der Zivilisation gelitten hat, wieder zu einer geordneten
Tätigkeit zurückgeführt werden, vorausgesetzt, daß
die richtigen Reize gegeben und entsprechend dosiert werden. In den Hypophysen-Funktionsprüfungen ist jetzt ein Mittel gegeben, um dies zu
kontrollieren.
Untersuchungen an Patienten
Nachdem S c h l i e p h a k e schon früher vermutet
hatte, daß bei der vegetativen Dystönie eine Dysfunktion im endokrinen System mit Beteiligung der
Hypophyse vorliege, wurden darauf gerichtete Untersuchungen an Patienten, und zwar hauptsächlich
solchen mit vegetativer Dystönie, ausgeführt. Untersuchungen von W ü s t , Ch. S a t t l e r u. a. an
gesunden Studenten hatten gezeigt, daß bei diesen
nach Durchflutung der Schädelbasis der Blutzucker
um 10 bis 30 mg ansteigt, um nach durchschnittlich
zwei
Stunden wieder auf den Ausgangswert -abzuUKW7' 75'
sinken. Die Ergebnisse sind von mehreren Autoren
Bild 5. Kaninchen Nr. 383. Kurven bei Bestrahlung der
bestätigt worden. Es war auch aufgefallen, daß
Schädelbasis vor und nach Überwärmung und Unterkühlung
beim Cushing-Syndrom, bei dem häufig ein basoDas Ergebnis unterliegt starken individuellen philes Adenom bzw. ein überwiegen der basoSchwankungen, immer wird aber der Verlauf der philen Zellen der Hypophyse vorliegt, die BlutKurven beeinflußt. Man erkennt zunächst, daß zuckerwerte nach Durchflutung absinken und daß
Hitze und Kälte bei den meisten Tieren einen Ein- sie bei Krankheiten, die mit überwiegen der eosifluß -auf die Höhe des Nüchtern-Blutzuckers haben. nophilen Zellen einhergehen, -stärker ansteigen. Die
Dieser wurde durch Kälte meistens erhöht, Wärme basophilen Zellen bedingen eine mehr trophotrope
dagegen wirkt verschieden, teils steigernd, teils Einstellung, die eosinophilen Zellen eine mehr ergoherabsetzend. Hieraus ergibt -sich eine ge-wisse Pa- trope Einstellung im Organismus. Nun ist die verallelität zu den Verhältnissen im Magensaft. getative Dystönie ein Leiden, bei dem der ganze
In 1944 durchgeführten Untersuchungen konnten Organismus stark trophotrop eingestellt ist und
S c h l i e p h a k e und R e n k nachweisen, daß die bei dessen Reaktionen der Parasympathicus, dar
Magensäure durch Kälte immer erhöht, durch „.Sparnerv", im Vordergrund steht.
Wärme dagegen individuell verschieden beeinflußt Die vegetative Dystönie zeichnet sich aus durch
Erscheinungen, die von den Betroffenen meist auf
wird.
Der Verlauf der Blutzuckerkurven nach Kurzwellen- das Herz bezogen werden, bei der -aber Reaktionen
be-strahlung wird durch die Bäder verändert, aber des peripheren Blutkreislaufs im Vordergrund
nicht immer gleichsinnig. Nach Unterkühlung fan- stehen. Die Patienten neigen zu Akrocyanose, bei
den wir -in fast allen Fällen einen verstärkten An- der besonders die Hände blau werden infolge überstieg, nach Überwärmung war der Anstieg bei der füllung der subpapillaren Gefäßplexus, zu leichtem
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Die Fimktionsprüfung endokriner Drüsen
Schwitzen, zu Unregelmäßigkeiten des Pulses und
des Blutdrucks. Dies zeigt sich insbesondere bei
den Funktionsprüfungen nach Schellong: Bei einige
Minuten langem Stehen sinkt der Blutdruck ab,
es kann sogar zur Blutleere des Gehirns und dadurch zu Kreislaufkollapsen kommen. Der Puls
wird bei Anstrengung zunächst stark beschleunigt
und in der Erholungsphase verlangsamt, wobei der
Blutdruck oft unter den Ausgangswert sinkt.
Viele dieser Erscheinungen können genau so auf
rein psychogenen Ursachen beruhen, so daß es
widitig ist, hier eine objektive Unterscheidung zu
finden.
Die echte vegetative Dystönie kommt am häufigsten als Zivilisationsschaden vor, hauptsächlich
durch den Mangel an kräftiger Muskelarbeit,
sitzende Lebensweise, Autofahren und zum Teil
wohl auch unzweckmäßige Ernährung. Es fehlen
Stoffe, die die ergotrope Phase des Endokriniums
anregen.
Schwere Formen der Dystönie können auch durch
äußere Einflüsse und Krankheiten entstehen, die
das Endokrinium schädigen. Hier kommen Infektionskrankheiten in Frage, wie Typhus, Fleckfieber,
bei denen oft eine Schädigung der Nebennierenrinde eintritt. Diese steht in enger Wechselbeziehung zur Hypophyse; es ist mehr als wahrscheinlich, daß auch diese bei solchen Krankheiten geschädigt werden kann, jedoch sind keine Arbeiten
über anatomische Schäden an der Hypophyse bei
und nach solchen Krankheiten bekannt.
Andererseits gibt es Anhaltspunkte dafür, daß
durch äußere Einflüsse, besonders durch Ärger und
Lärm mit der Zeit organische Veränderungen an
der Hypophyse eintreten können, wie C o r n e l i u s und S c h u n k an Katzen zeigen konnten,
die sie täglich längere Zeit hindurch von Hunden
anbellen ließen.
Wichtig ist die Frage nach Schäden durch die Entbehrungen in langer Kriegsgefangenschaft, denn
unter den Spätheimkehrern finden sich zahlreiche
Menschen mit schweren Erscheinungen von vegetativer Dystönie, die durch kaum ein Mittel zu beeinflussen sind. Die Störungen gehen oft weit über
das hinaus, was man bei der vegetativen Dystönie
durch Zivilisationsschäden zu sehen gewohnt ist.
Es ist bekannt, daß bei Dystrophikern schwere Veränderungen an innersekretorischen Drüsen, insbesondere an den Keimdrüsen, eintreten können. Der
ganze Stoffwechsel stellt sich bei ihnen gewissermaßen auf Spargang ein, wobei alle ergotropen,
Nährstoff verbrauchenden Funktionen aufs äußerste
eingeschränkt werden.
O v e r z i e r untersuchte bei verstorbenen Patienten, die Dystrophie durchgemacht hatten, die Hypophyse und fand, daß bei vielen von ihnen die
eosinophilen Zellen fast verschwunden waren, während die basophilen Zellen eine Vermehrung aufwiesen. Bei einer großen Zahl dieser Menschen ist
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mit einer Rückbildung dieser Erscheinungen zu
rechnen; es darf aber angenommen werden, daß
Schäden an der Hypophyse bei einem Teil zurückbleiben können. In diesem Fall ist zu erwarten,
daß die Hypophyse abnorm reagiert; die Blutzuckerprüfung nach Hypophysendurchflutung gibt
uns ein Mittel dazu in die Hand.
Meine Untersuchungen wurden an 168 Frauen ausgeführt, die Erscheinungen von vegetativer Dystönie aufwiesen, sowie bei 22 Männern, darunter
11 Spätheimkehrern, mit schwerer vegetativer
Dystönie. Ein Teil von ihnen hatte Fleckfieber oder
andere schwere Infektionskrankheiten im Feld
durchgemacht. Bei der Mehrzahl der Kranken wurden gleichzeitig die Schellongsche Kreislauffunktionsprüfungen ausgeführt, außerdem genaue Kreislaufuntersuchungen, meist mit Elektrokardiogramm.
Bei den untersuchten Frauen kam es in 10% zu
geringen Steigerungen des Blutzuckers bis um 10 bis
20 mc/Yo, bei 50·% blieben die Werte unverändert
und bei 40"% zeigte sich ein geringer Abfall.
Inzwischen hat sich ergeben, daß die Phase des
Zyklus, in der die Untersuchung ausgeführt wird,
einen gewissen Einfluß hat. Hierüber* müssen aber
noch eingehende Untersuchungen angestellt werden. Vergleiche mit den Kreislauffunktionsprüfungen nach Schellong ergaben, daß eine gewisse Parallelität besteht. Bei solchen Personen, deren Blutdruck im Stehen stark abfällt, ist nie eine Steigerung des Blutzuckers, vielfach eine leichte Senkung
nach Durchflutung der Hypophyse vorhanden.
Wegen der etwaigen Beeinflussung durch den
Zyklus bei Frauen ist den Untersuchungen bei
Männern größeres Gewicht beizumessen.
Auch hier ergab sich eine weitgehende Parallelität
mit dem Ausfall der Schellongschen Proben. Wenn
ein stärkerer Abfall des Blutdrucks im Stehen auftrat, blieb auch immer der Blutzucker nach Durchflutung gleich oder wurde gesenkt. Diese Reaktion
des Blutzuckers ist aber ein viel empfindlicheres
Zeichen als die Blutdruckveränderung und hat
außerdem viel größeren objektiven Wert.
Bei Spätheimkehrern, die an schweren Symptomen
der vegetativen Dystönie mit Adynamie und Kreislaufstörungen litten, trat nach Durchflutung der
Hirnbasis oft sogar eine ausgesprochene Senkung
des Blutzuckers auf, als objektives Zeichen einer
veränderten Reaktion der Hypophyse.
In mehreren Fällen wurde auch die Blutzuckerreaktion auf Durchflutung der Keimdrüsen untersucht. Bei gesunden Menschen entsteht dabei eine
typisch dreiphasige Kurve mit zwei Senkungen,
bei Dystonikern fand ich die Form dieser Kurven
häufig verändert, und zwar war in schweren Fällen
oft keine Reaktion vorhanden, die Werte sanken
nur gleichmäßig ab, wie wir das auch bei der Durchflutung von Armen und Beinen sahen.
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Die Funktionsprüfung endokriner Drüsen
Die Patienten mit vegetativer Dystönie klagen
häufig darüber, daß sie sich schon nach kleinen
Anstrengungen schlapp fühlen, schwitzen und
schwindelig werden. Es war von vornherein klar,
daß solche Erscheinungen nichts mit dem Herzen
zu tun haben können, sondern daß inkretorische
Störungen zugrunde liegen, die zum Absinken des
Blutzuckers führen. Eine genügende Höhe des Blutzuckers ist zwar zur Aufrechterhaltung des Muskelstoffwechsels notwendig und schnelles Absinken
des Blutzuckers führt zu ähnlichen Erscheinungen,
wie sie von diesen Patienten geschildert werden.
So lag der Gedanke nahe, ob nicht bei den schweren Dystonikern der Blutzucker durch Muskelanstrengung -sinkt. Deshalb wurden Untersuchungen
zur Klärung dieser Frage durchgeführt. Die Zahl der
Patienten ist noch gering, weil mit diesen Untersuchungen erst spät begonnen wurde.
Hier seien angeführt:
Str. 42 Jahre alt. Im Feld Fleckfieber, dann in Gefangenschaft. Seit der Entlassung immer schlapp
und kraftlos, hat sich öfter behandeln lassen, jedoch
ohne Erfolg. Der Patient macht einen durchaus
arbeitswilligen Eindruck, hat aber seinen Beruf als
Schneider aufgeben müssen, weil ihm bei der kleinsten Anstrengung übel wird, es kommt zu Schweißausbruch und Zittern. Zum Zweck der Differentialdiagnose gegenüber psychogenen Störungen wurden mehrere Untersuchungen ausgeführt. Die
Schellongsche Prüfung ergab folgendes:
In Ruhe
Im Stehen sofort
Nach l Minute · · ·
Nach 3 Minuten .
Nach Belastung .
Nach l Minute
Nach 2 Minuten .
Nach 3 Minuten ·
Blutdruck
100/70 mm Hg
110/80 mm Hg
100/80 mm Hg
105/80 mm Hg
100/65 mm Hg
95/65 mm Hg
95/65 mm Hg
95/70 mm Hg
Puls
60/min
72/min
76/min
76/min
76/min
72/min
66/min
66/min
Die Hypophysenfunktionsprüfung mit 15 Minuten
langer Durchflutung der Hirnbasis rief einen ausgesprochenen Abfall des Blutzuckers hervor.
Am nächsten Tag -stieg der Patient in einem Hause
zweimal drei Treppen hoch. Der Blutzucker war
vorher 90 mg%, nach der Anstrengung fiel er auf
60 mg°/o ab.
Bei dem 54jährigen W. K. war 1954 eine Magenresektion vorgenommen. Einige Zeit danach traten
schwere Erscheinungen von Dystönie bei ihm auf,
mit Anfällen von Schwindel und Erbrechen. Bei ihm
ergab die Funktionsprüfung nach Schellong:
Im Liegen
Nach 5 Minuten Stehen
Nach Belastung
3 Minuten später
Blutdruck
120/80 mm Hg
100/75 mm Hg
125/65 mm Hg
95/70 mm Hg
Die Hypophysenfunktionsprüfung ergab:
Puls
70/min
70/min
95/min
65/min
ELEKTROMEDIZIN
B A N D 5/1960
Nr. 2
15 Minuten Durdiflutung der Hirnbasis mit UKW.
Vorher 134 mg % Blutzucker.
5 Minuten nach Durchflutung
120 mg UA>
15 Minuten nach Durchflutung
104 mg lVo
30 Minuten nach Durchflutung
104 mg °/o
60 Minuten nach Durchflutung
104 mg %>
110 Minuten nach Durchflutung
110 mg °/o
Am nächsten Morgen war der Nüchternblutzucker
134 mg°/o, nach mehrmaligem Treppensteigen sank
er auf 120 mg°/o ab.
Bei einem zweiten Patienten mit reseziertem Magen ergab die Schellongsche Prüfung einen geringen Blutdruckabfall:
In Ruhe
Nach l */2 Minuten
Nach 6 Minuten Stehen
Nach Steigen
Nach 5 Minuten
Die vagotone Reaktion ist somit
Blutdruck
120/45 mm Hg
115/50 mm Hg
105/60 mm Hg
120/65 mm Hg
115/60 mm Hg
nur gering.
Puls
90/min
90/min
110/min
100/min
90/min
Bei diesem Kranken trat nach Steigen kein Absinken des Blutzuckers ein, er blieb 130 mg°/o.
Dieser Patient klagte nicht über die typischen Beschwerden der Dystönie.
Der 25jährige Schreinermeister L. kam mit Erscheinungen von Dystönie, die so schwer waren, daß eisernen Beruf nicht mehr ausführen konnte. Er befand sich in guter Position, hatte keine seelischen
Belastungen und litt schwer unter diesem Zustand,
durch den sein Geschäft zurückging.
Die Funktionsprüfung nach Schellong ergab starken
Abfall des Blutdruckes im Stehen.
20.10.1959 Hypophysenfunktionsprüfung:
102 — 90 — 88 — 93 — 101 — 97 mg°/o Blutzucker.
4.11.1959 Blutzucker nüchtern 80mg%>, nadi Treppensteigen 60mg°/o.
Bei dem 54jährigen K. wurde 1954 zwei Drittel des
Magens durch Resektion entfernt. Seitdem tritt
jeden Morgen Schwindel auf, der Herzschlag ist
unruhig.
Funktionsprüfung nach Schellong:
Blutdruck
Im Liegen
Nach 5 Minuten .
Im Stehen
Nach 5 Minuten .
Nach Belastung .
Nach \% Minuten
Nach 3 Minuten .
Nach 5 Minuten .
120/80 mm Hg
120/80 mm Hg
120/85 mm Hg
100/75 mm Hg
120/65 mm Hg
95/70 mm Hg
95/70 mm Hg
110/80 mm Hg
Puls
70/min
60/min
70/min
70/min
95/min
60/min
65/min
70/min
Hypophysenfunktionsprüiung:
135 — 120 — 104 — 104 — 104 — 110 mg «/o Blutzucker.
Blutzucker nüchtern 134mg°/o, nach Belastung 120mg°/o.
Die 31jährige Hausfrau hat früher eine Kniegelenkstuberkulose durchgemacht. Sie kommt jetzt wegen
schwerer Dystönie mit Schwindel, Herzjagen und
Druck in der Brust.
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ELEKTROMEDIZIN
B A N D 5/1960
Nr. 2
Die Funktionsprüfung endokriner Drüsen
Funktionsprüfung nach Schellong:
Blutdruck
Puls
1307 90 mm Hg 100/min
Im Liegen
1257 80 mm Hg
90/min
Nach 5 Minuten · ·
1207 70 mm Hg
96/min
Im Stehen
Nach 5 Minuten - · 1157 85 mm Hg
90/min
Nadi Belastung - · 1507 70 mm Hg 120 zahlr. Extras.
Nach l Y* Minuten 130/100 mm Hg 120 zahlr. Extras.
1307 95 mm Hg 11 O/min
Nach 3 Minuten · 1257 90 mm Hg 104/min
Nach 5 Minuten - Nach 8 Minuten .. 1207 95 mm Hg 100/min
Hypophysenfunktionsprüfung:
101 — 93 — 87 — 83 — 84 — 85 mg %> Blutzucker.
Z u s a m m e n f a s s e n d läßt sich folgendes
sagen:
Nach Kurzwellendurchflutung des Kopfes tritt im
Tierversuch ein Anstieg des Blutzuckers auf, der
ein bis zwei Stunden anhält. Bei wiederholten
Durchflutungen ändert sich die Form der Blutzuckerkurve nicht oder nur sehr wenig. Zwischen
verschiedenen Tieren bestehen aber individuelle
Unterschiede der Kurvenform. Durch Überwärmung
und Unterkühlung der Tiere ändert sich die Verlaufsform der Kurven.
Bei Durchflutung des Oberbauches tritt ebenfalls
ein Anstieg des Blutzuckers auf. Diese Kurven sind
nicht so konstant.
Nach Vergiftung mit Alloxan wird der Anstieg der
Kurven -sowohl nach Durchflutung des Oberbauches
als -auch der Hypophyse verstärkt. Daraus wird geschlossen, daß die Wirkung der Hypophyse auf den
Blutzucker mindestens zum Teil auf dem Umweg
über das Pankreas ausgeübt wird.
Nach Durchflutung der Beine sinkt der Blutzucker ab.
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Die Hypophysenfunktionsprüfung mittels Blutzuckeruntersuchung vor und nach UKW-Durchflutung der Hypophyse ist ein diagnostisches Mittel,
mit dem sich die Einstellung der Hypophyse —
mehr ergotrop oder mehr trophotrop — bestimmen
läßt. Sie ist geeignet zur objektiven Diagnose der
vegetativen Dystönie. Bei dieser Störung fehlt die
Blutzuckersteigerung nach Hypophysendurchflutung, wahrscheinlich deshalb, weil die Funktion der
Hypophyse und des Endokriniums zu stark nach
der trophotropen Richtung hin eingestellt ist.
Dieses Verhalten geht weitgehend parallel mit dem
Verhalten des Blutdrucks, der bei den Dystonikern
meist im Stehen abfällt. Die Hypophysenprobe ist
aber wesentlich objektiver und empfindlicher.
Im Verlauf dieser Untersuchungen hat sich ergeben, daß bei Kranken mit schwerer Dystönie
auch nach Anstrengung der Blutzucker absinkt,
manchmal um recht erhebliche Werte. Hieraus erklären sich viele Erscheinungen bei diesen Kranken, wie Schwitzen, Kraftlosigkeit, Abfall des Blutdrucks, Schwindel und Herzklopfen. Auch diese
Belastungsprobe erscheint brauchbar zur Diagnose
der vegetativen Dystönie.
Besonderen Wert dürften diese Verfahren zur Beurteilung der Beschwerden von Spätheimkehrern
haben, für deren Objektivierung es bisher keine
Möglichkeiten gegeben hat.
Anschrift des Verfassers:
Professor Dr. Erwin Schliephake,
Chefarzt der Baiserischen Stiftung,
Gießen, Wilhelmstr. 14
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