Förderung naturgerechter Einstellungen und Verhaltensweisen Dialogform Naturbewusstsein, August 2010 PD Dr. Gundula Hübner AG Gesundheits- und Umweltpsychologie Institut für Psychologie der Martin-Luther-Universität Halle – Wittenberg Einstellungen angewandt Einstellung Verhalten Einstellung Verhalten Bedeutung des Einstellungskonzeptes Anliegen: naturschonendes Verhalten verstehen und vorhersagen 1. Einstellungs-Verhaltens-Relation 2. Einstellungen als Verhaltensdeterminanten 3. Einstellungsbildung und -änderung 4. Interventionsansätze Einstellungsbegriff Die Einstellung ist eine psychische Tendenz, die sich in der positiven oder negativen Bewertung eines Objektes oder Verhaltens äußert. (Eagly & Chaiken, 1993) Abgrenzung zu Werten / Bewusstsein Werte / Bewusstsein Einstellung Naturbewusstsein – ein umfassender Begriff Verhalten die Enttäuschung Erwartung...................................enge Einstellungs-Verhaltens-Relation Wickers Literaturauswertung..........................................................r < .10 Konsequenz.............................................Abschied von der Einstellung? die Hoffnung Aggregationsniveau 1. allgemeine Einstellungen – aggregiertes Verhalten z. B. biologische Vielfalt z. B. Summe naturschonender Verhaltensweisen 2. Einstellung zu spezifischem Verhalten – singuläres Verhalten z. B. Einsatz Pestizide z. B. Verzicht Pestizide Prinzip der Korrespondenz Übereinstimmung Handlung, Gegenstand, Kontext, Zeit (Ajzen & Fishbein, 1977) Bedeutung des Milieuansatzes und der Naturbewusstseinstypen 1. allgemeine Einstellungen, Verhaltenssumme verstehen 2. Verhaltensmotivation verstehen 3. mögliches Verhalten bestimmen 4. zielgruppenspezifische Kommunikation und Intervention Theorie geplanten Verhaltens Einstellung Subjektive Norm Verhaltenskontrolle (Ajzen, 1995) Intention duale Einstellungsstruktur Kognition interaktiv Emotion Verhalten Einfussschema für umweltbewusstes Verhalten Verhaltensangebote umweltbezogene Einstellungen Werte umweltrelevantes Wissen umweltrelevantes Verhalten Handlungsanreize wahrgenommenes Verhalten / Konsequenzen nach Fietkau & Kessel, 1981 fünf Verhaltensarten 1. Naturschutzaktivismus aktive Teilnahme an, Initiierung von Naturschutzaktionen 2. nicht-aktives politisches Verhalten Mitgliedschaft, Spende, Petition 3. Verbraucherverhalten Kauf naturschonender Produkte, Freizeitaktivitäten 4. naturunterstützendes Verhalten Nistkästen, Bienenweiden, Forschzäune installieren 5. professionelle Tätigkeiten Produkte optimieren, nachhaltiges Design / Architektur Verhaltensqualitäten 1. spontanes Verhalten Mitnahme Handzettel, Spontankäufe 2. Gewohnheiten Verkehrsmittelwahl, Wocheneinkauf 3. geplantes Verhalten Austellungsbesuch, Urlaubsplan 4. singuläres / wiederholtes Verhalten Abo Naturzeitschrift / Kauf regionaler Produkte 5. Verhaltensschwierigkeit / -wahrscheinlichkeit hohe Schwierigkeit, geringe Wahrscheinlichkeit, weil ressourcenintensiv klären: fördernde / hemmende Faktoren, Konkurrenz Interventionsebenen 1. individuumbezogen individuelle Rückmeldung, Zielsetzung usw. 2. gruppenbezogen kollektive Rückmeldung, Partizipation Interventionsansätze 1. dem Verhalten vorgelagert (antezedente Ansätze) Information, Selbstverpflichtung, Appell, Modell, Zielsetzung 2. dem Verhalten folgend (konsequente Ansätze) Belohnung, Bestrafung, Feedback 3. situative Ansätze technische, strukturelle Veränderungen / Verhaltensangebote Beispiele antezedente Interventionen 1. Selbstverpflichtung – öffentliche / private Strom- und Gassparen: private Selbstverpflichtung am erfolgreichsten (Pallack & Cummings, 1976) 2. Zielsetzung – leicht (2 % ) / schwer (20 %); Feedback / keins Energiesparen Haushalt, alle Information, Feedback 3 x wöchentlich: Feedback + schweres Ziel 15 % (Becker, 1984) 3. Information – Workshops und Informationsbroschüre Energiesparen Haushalt: Wissen steigt, Verhalten nicht (Geller, 1981) 4. Information – Massenmedienkampagne Klimaschutz (NL) Ursachen und umweltfreundliche Verhaltenshinweise: Bewusstsein steigt, Verhalten nicht (Staats et al. 1996) Studie zum Schneeschuh-Wanderen (Freuler & Hunziker, 2007) Problem Schneeschuhläufer in Schutzgebieten, Ibergeregg-Alpthal Einstellungs-Verhaltenslücke ausgeprägtes Naturbewusstsein – mangelndes Verhalten Schneeschuh-Motivation Naturerleben, Sicherheit Untersuchungsziel Einstellungen in Verhalten übersetzen gewählte Interventionen Information und Appelle, 3 Varianten Schneeschuh-Wanderer-Ergebnisse Bedingung A Wegmarken + Weg-Basis-Informationen am Einstieg + Karten zu Schutzgebieten Prozentsatz der Menschen auf dem Weg 100 % 81 % 49 % 50 % Bedingung B + Schilder mit Appellen ‘verlasse den Weg nicht!’ + Info zu Sensibilität von Wildtieren im Winter + Info zu alternativen Wegen 32 % 0 A B C Bedingung Bedingung C + Schilder zur Erinnerung an kritischen Abweichungspunkten Beispiele konsequente Intervention 1. Belohnung monetäre und soziale Belohungen 2. Rückmeldung – individuell / vergleichend Energiesparen Haushalt individuell / vergleichend finanzielle Kosten / Umweltkosten Feedback über Handzettel / PC PC erfolgreicher Stark-Verbraucher: 3,7 % Einsparung Durchschnittlich-Verbraucher: 2,5 % Einsparung Gering-Verbraucher: 11,7 % Zunahme! (Brandon & Lewis, 1999) Studie zur Normaktivierung (Schultz et al., 2007) Problem hoher Stromverbrauch privater Haushalte in Kalifornien vergleichendes Feedback Boomerang-Effekt vermeiden zwei Normen unterscheiden Ist-Norm: dekriptiv / Soll-Norm: injunktiv Intervention Ausgangsverbrauch, Durschnittsverbrauch (287 Haushalte) vergleichende Rückmeldung über Türanhänger deskriptive: Verbrauchsinfo + Info Durchschnitt in Nachbarschaft + Spar-Tipps tägliche Veränderung im Stromverbrauch in kWh Ergebnisse Normaktivierung 2 1 oberhalb Durchschnitt 0 unterhalb Durchschnitt –1 –2 –3 deskriptives Feedback deskriptives + injunktives Feedback überzeugend kommunizieren – zwei Wege motivierte, inhaltliche Auseinandersetzung, Prüfen der Argumente, starke Verankerug der Einstellung, guter Verhaltensprädiktor zentraler Weg Nebensächliches überwiegt, nur eingeschränkte Auseinandersetzung, kurzlebige Veränderung, nur kurzfristige Verhaltensänderung peripherer Weg EinstellungsVerhaltensänderung Motivation stimulieren Motivation und Fähigkeit hoch zentraler Weg EinstellungsVerhaltensänderung Motivation und Fähigkeit gering peripherer Weg Fazit: zielgruppenspezifische Relevanz schaffen Einstellungs-Verhaltenskorellation Gruppennorm zielgruppenspezifisch aktivieren 1 Einstellung abweichend von Gruppennorm Einstellung kongruent mit Gruppennorm 0,5 0 niedrig hoch Gruppenidentifikation (Terry, Hogg & McKimmie, 2000) Beispiel zielgruppenspezifische Relevanz 1. Naturschutzorientierte Verantwortung für Natur, Schönheit der Vielfalt 2. Unbesorgte Naturverbundene Garten erleben, Ruhe und Erholung im Grünen 3. Desinteressierte Unternehmungen mit Freunden, egoistische Motive Fazit _Verhalten als strategisches Ziel _Einstellungs-Verhaltens-Relation beachten _Komplexität als Herausforderung Zielgruppe verstehen / motivieren genaue Verhaltensanalyse Interventionen kombinieren realistische Ziele setzen _Gesamtkonzept ganzheitlich planen