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Research Collection
Doctoral Thesis
Modulintegriertes Umrichtersystem für die Netzanbindung einer
einzelnen grossflächigen Niederspannungs-Solarzelle
Author(s):
Riatsch, Jon
Publication Date:
2001
Permanent Link:
https://doi.org/10.3929/ethz-a-004281305
Rights / License:
In Copyright - Non-Commercial Use Permitted
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ETH Library
Diss ETH Nr. 14130
Modulintegriertes Umrichtersystem
für die Netzanbindung einer einzelnen
grossflächigen Niederspannungs-Solarzelle
Abhandlung
zur Erlangung des Titels
DOKTOR DER TECHNISCHEN WISSENSCHAFTEN
der
EIDGENÖSSISCHEN TECHNISCHEN HOCHSCHULE
ZÜRICH
vorgelegt von
JON RIATSCH
Dipl. El.-Ing. ETH
geboren am 2. Juli 1966
von Vnà (Ramosch), Graubünden
angenommen auf Antrag von
Prof. Dr. H. Stemmler, Referent
Prof. Dr. T. M. Undeland, Korreferent
Prof. Dr. J. W. Kolar, Korreferent
2001
-2-
-3-
Quista dissertaziun es dedichada a
mia amia Martina
mia mamma Tina e meis bap Vittorio
mias sours Bettina, Anna e Corina
-4-
-5-
Vorwort
Die vorliegende Arbeit entstand in den Jahren 1995-2001 während meiner
Tätigkeit als Assistent und als Oberassistent an der Professur für Leistungselektronik und Messtechnik der ETH Zürich.
Herrn Professor Dr. H. Stemmler, der mir die Durchführung dieser spannenden Arbeit ermöglichte, möchte ich an dieser Stelle für seine langjährige vertrauensvolle Zusammenarbeit und Unterstützung sowie für die Übernahme
des Referates herzlich danken. Besonders danken möchte ich ihm dafür, dass
er mir es erlaubt hat, dieses ‘High Risk’-Thema in Angriff zu nehmen. Sein
Vertrauen war mir Verpflichtung, ihn dafür auf keinen Fall zu enttäuschen! So
entstand mit der Zeit eine Zusammenarbeit, die mir einen vertieften Einblick
in viele Bereiche eines modernen Lehr- und Forschungsbetriebes gewährte.
Ebenso danke ich Herrn Professor Dr. T. M. Undeland und Herrn Professor
Dr. J. W. Kolar für Ihr Interesse an dieser Arbeit und für die freundliche Übernahme des Korreferates.
Die Arbeit wurde im Rahmen eines von der Europäischen Union geförderten
internationalen Forschungsprojektes durchgeführt. Die Finanzierung des
Schweizer Anteils innerhalb des Projektes wurde durch das Bundesamt für
Bildung und Wissenschaft sichergestellt. Das breit abgesteckte Projekt bot
genügend Platz für zwei eigenständige Arbeiten innerhalb unserer Professur
und mir persönlich die sehr schöne Erfahrung einer echten und substantiellen
Zusammenarbeit mit meinem Kollegen Rainer Schmidt über viele Jahre hinweg. Dafür möchte ich mich bei Dir Rainer sehr herzlich bedanken.
Ein besonderer Dank gilt ferner allen jetzigen und ehemaligen Mitarbeitern
der Professur für Leistungselektronik und Messtechnik, die durch ihre zahlreichen Anregungen, Ratschläge und in unzähligen fachlichen Diskussionen
wesentlich zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen haben.
Ein herzliches Dankeschön gebührt auch den über 50 Studenten, die mit viel
Begeisterung und oft mit beträchtlichem zeitlichem Einsatz ihre Semesterund Diplomarbeiten im Fachbereich Photovoltaik absolviert haben und mir
vor allem beim Hardware-Aufbau sehr behilflich waren.
Nicht zuletzt möchte ich mich bei meiner Lebenspartnerin Martina und bei
meinen Eltern und Geschwistern für ihre moralische Unterstützung in
schwierigen Zeiten bedanken sowie für ihr Verständnis dafür, dass meine
Arbeit mich in den letzten Jahren oft stark beansprucht hat.
-6-
-7-
Inhaltsverzeichnis
Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5
Inhaltsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
Summary . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
1 Einleitung
15
1.1 Europäisches Forschungs-Projekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
1.1.1 Grundidee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
1.1.2 Themenbereiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
1.1.3 Gliederung der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
2 Das photovoltaische Energiesystem
21
2.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
2.2 Grundprinzip photovoltaischer Energiesysteme . . . . . . . . . . . . . . . 21
2.3 Verfügbare Einstrahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
2.4 Elektrisch nutzbare Einstrahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
2.4.1 Grundsätzliche Funktionsweise der Solarzellen . . . . . . . . . . . . . 25
2.4.2 Solarzellentechnologien und erreichbare Wirkungsgrade . . . . . 27
2.5 Ausbeute photovoltaischer Energiesysteme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36
2.5.1 Photovoltaisches Flächen- und Energieertrags-Potential . . . . . . 36
2.6 Entwicklungstendenzen in der Photovoltaik . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43
2.6.1 Technologische Entwicklung im Bereich der Solarzellen . . . . . 44
2.6.2 Preis- und Marktentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47
2.6.3 Finanzielle Fördermodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53
2.6.4 Generelle Entwicklungen im Systembereich . . . . . . . . . . . . . . . 58
2.7 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58
3 Anlagenaufbau und Funktionsweise
61
3.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61
3.2 Funktionsweise der Solarzelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62
-8-
3.3
3.4
3.5
3.6
3.7
3.2.1 Das Funktionsprinzip der Solarzelle. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62
3.2.2 Die Kennlinie und ihre mathematische Beschreibung . . . . . . . . 65
3.2.3 Der Einfluss verschiedener Parameter auf die Kennlinie . . . . . . 69
Aufbau und Betriebsverhalten des Solarmoduls . . . . . . . . . . . . . . . 81
3.3.1 Parallelschaltung von Solarzellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81
3.3.2 Serieschaltung von Solarzellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83
Konventionelle Photovoltaik-Anlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93
3.4.1 Aufbau und Funktionsweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93
3.4.2 Charakteristische Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97
Modularer Anlagebau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97
3.5.1 Photovoltaik-Anlage nach dem String-Konzept . . . . . . . . . . . . . 98
3.5.2 Photovoltaik-Anlage mit modulintegrierten Wechselrichtern. . . 99
3.5.3 Photovoltaik-Anlage mit Einzellen-Wechselrichtern . . . . . . . . 102
Stellenwert der einzelnen Anlagentypen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103
Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105
4 Systemübersicht
107
4.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107
4.2 Einzellen-Solargenerator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109
4.3 Systemanforderungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111
4.3.1 Ertragseinbussen durch Leistungspulsationen . . . . . . . . . . . . . 111
4.4 Umrichterstruktur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117
4.4.1 Prinzipiell in Frage kommende Umrichterkonzepte . . . . . . . . . 117
4.4.2 Aufbau und Funktionsweise unseres Gesamtumrichters . . . . . 128
4.5 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136
5 Wahl der Leistungsbauteile
139
5.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139
5.2 Grundanforderungen an den Eingangskreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139
5.3 Halbleiterwahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139
5.3.1 Diode. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139
5.3.2 Bipolartransistor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141
5.3.3 IGBT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141
5.3.4 Leistungs-MOSFET . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142
-95.4 Wahl der reaktiven Komponenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146
5.4.1 Kondensatoren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146
5.4.2 Magnetische Bauteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154
5.5 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201
6 Niederspannungs-Hochsetzstufe
205
6.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205
6.2 Schaltungsstruktur und Topologiewahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205
6.2.1 Anforderungen an den Niederspannungs-Hochsetzer . . . . . . . 206
6.2.2 Suche der optimalen Schaltungsstruktur der Hochsetzstufe . . . 207
6.2.3 Beanspruchung der Leistungshalbleiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243
6.2.4 Einfluss der Streuinduktivität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246
6.2.5 Folgerungen für die Wahl der optimalen Schaltungstopologie. 256
6.3 Optimierter Niederspannungs-Hochsetzsteller . . . . . . . . . . . . . . . 257
6.3.1 Aufbau und Funktionsweise des optimierten Hochsetzstellers 257
6.3.2 Wirkungsgrad und Verlustaufteilung des Hochsetzstellers. . . . 261
6.3.3 Energieeinbussen an der Solarzelle. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268
6.3.4 Schaltungsdesign und Messergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271
6.3.5 Optimierungsansätze und ihr Potential . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280
6.3.6 Redesign des Niederspannungs-Hochsetzstellers . . . . . . . . . . . 283
6.4 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286
7 Gleichspannungs-Wechselrichterstufe
289
7.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289
7.2 Wirkungsgrad-Messanordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290
7.2.1 Wirkleistungsmessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290
7.2.2 Wirkungsgradberechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290
7.3 Wirkungsgradmessungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291
7.3.1 Parametereinflüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292
7.4 Optimierung des einphasigen Netzwechselrichters . . . . . . . . . . . . 295
7.4.1 Diodenrückstrom als Mass für die Schaltverluste. . . . . . . . . . . 296
7.4.2 Topologie und Taktung des optimierten Wechselrichters . . . . . 296
7.4.3 Wirkungsgradverlauf des optimierten Wechselrichters . . . . . . 298
7.4.4 Einfluss der Taktfrequenz auf die Gesamtverluste . . . . . . . . . . 299
- 10 7.4.5 Design des Netzwechselrichters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300
7.4.6 Schlussfolgerungen zur Netzwechselrichterstufe . . . . . . . . . . . 300
7.5 Wirkungsgrad des Gesamtumrichters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301
7.6 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303
8 Modulation und Regelung
305
8.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305
8.2 Regelung des Gesamtsystems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306
8.2.1 Übersicht der Regelungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306
8.2.2 Der Kammfilter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308
8.2.3 Die Netzsynchronisation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312
8.2.4 Die Leistungsfluss-Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 320
8.2.5 Die Maximalleistungs-Regelung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 324
8.3 Modulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333
8.3.1 Funktionsweise der Toleranzband-Regelung . . . . . . . . . . . . . . 334
8.4 Praktische Regler-Implementierung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345
8.5 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 346
Literaturverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349
Lebenslauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 357
- 11 -
Zusammenfassung
Obwohl die Photovoltaik mit durchschnittlichen jährlichen Kapazitätssteigerungen von 20 bis 30% bei der Solarmodulherstellung derzeit zu den weltweit
am stärksten wachsenden Wirtschaftszweigen zählt, leidet sie immer noch
unter den hohen Gestehungskosten. Studien belegen, dass in der Schweiz ein
beträchtliches Potential für Photovoltaik existiert. Allein durch Nutzung der
gut bis sehr gut geeigneten Gebäudeflächen könnte mit heutiger Technologie
über ein Drittel unseres jährlichen Strombedarfes gedeckt werden.
Konventionelle netzgekoppelte Photovoltaik-Anlagen bestehen heute meistens aus parallelgeschalteten Seriesträngen von Solarmodulen, die über
einen zentralen Wechselrichter ans Netz gekoppelt sind. Diese Anlagen sind
aber sehr empfindlich gegenüber Teilabschattungen einzelner Solarzellen
und Module, welche bewirken, dass die Generatorleistung einbricht. Besonders in überbautem Gelände mit schwierigen und sich dauernd ändernden
Abschattungsverhältnissen versprechen modulare Anlagen mit integrierten
Wechselrichtern einen höheren Energieertrag als konventionelle Anlagen. Ihr
Merkmal besteht darin, dass jedes Solarmodul über einen eigenen Kleinwechselrichter verfügt, der dafür sorgt, dass das Modul stets in seinem Punkt
maximaler Leistung betrieben wird. Der Wechselrichter entkoppelt die
Module voneinander, so dass überproportionale Leistungseinbussen aufgrund von Teilabschattungen einzelner Zellen auf das betroffene Modul
beschränkt bleiben. Weitere Vorteile der Anlagen mit modulintegrierten
Wechselrichtern sind der hohe Standardisierungsgrad, die hohe Flexibilität
und Redundanz, das Kosteneinsparungspotential dank industrieller Massenfertigung in grossen Stückzahlen sowie der deutlich geringere Engineeringbedarf im Vergleich zu den konventionellen Photovoltaik-Anlagen.
Mit einem Anteil von 50 bis 70% machen die Solarzellen selbst nach wie vor
den Hauptanteil an den Gesamtkosten aus. Mit dem Einzellen-Ansatz wurde
deshalb versucht, eine möglichst einfache grossflächige Einzelzelle zu verwenden, die mittels Dünnfilmverfahren in einer Bandfabrikation sehr einfach
und kostengünstig hergestellt werden kann. Ein solches Modul mit integriertem Umrichter verhindert darüber hinaus prinzipbedingt überproportionale
Leistungseinbussen bei Teilabschattungen auch innerhalb des einzelnen
Solarmodules und stellt somit ein optimal schattentolerantes System dar.
Die Vorteile des Einzellen-Ansatzes sind aber nur dann nutzbar, falls es
gelingt, einen Umrichter zu entwickeln, der in der Lage ist, die bei sehr niedriger Spannung von 1 bis 2V und hohem Strom von bis zu 100 A anfallende
Energie mit einem brauchbaren Wirkungsgrad ins Netz einzuspeisen. Diese
- 12 Fragestellung bildet den Kern der vorliegenden Arbeit. Der Umrichter besteht
im wesentlichen aus einem Hochsetzer und einem Wechselrichter, die durch
einen Gleichspannungszwischenkreis miteinander gekoppelt sind. Dabei stellt
der Hochsetzer die eigentliche Schlüsselkomponente des gesamten Systems
dar. Er setzt die sehr niedrige Eingangsspannung mit einem Wirkungsgrad von
über 94% auf das Zwischenkreisspannungsniveau von 340V hoch. Die Vorzüge der Schaltung sind der sehr gute Teillastwirkungsgrad, der nahezu kontinuierliche Eingangsstrom unter Vermeidung jeglicher Drosseln auf der
Hochstromseite sowie die nahezu stromlos schaltenden MOSFET-Leistungshalbleiter im Eingangskreis mit seinen hohen Strömen. Das Quasi-Zero-Current-Switching wird dabei nicht durch hohe Stromamplituden im Haupt- oder
in einem Zusatzschalter erkauft. Die Kernidee besteht darin, durch Trennung
der Schalt- von der Leitfunktion den einen Transistor gezielt für den Schaltbetrieb zu optimieren während der andere auf optimale Durchlasseigenschaften
getrimmt wird. Die Regelung des gesamten Leistungsflusses der Hochsetzstufe erfolgt von der Hochspannungsseite her und hält die leistungsbedingte
100Hz -Spannungspulsation des Zwischenkreises vollständig von der Solarzelle fern. Dies gewährleistet eine optimale Energieausbeute. Der eingesetzte
Hochfrequenz-Transformator ermöglicht einen kompakten Schaltungsaufbau.
Ein weiterer Vorteil des neuen Einzellen-Ansatzes ist die Modulintegration
des Umrichters auf die Rückseite jedes Fassadenelementes.
Auf der Netzseite würde man im Leistungsbereich von 200W mit einem mit
Power-MOSFETs bestückten konventionellen Gleichspannungswechselrichter keine hohen Wirkungsgrade erreichen. Verantwortlich dafür ist die von
der Halbleiterstruktur des MOSFETs her unvermeidbare langsame “BodyDrain”-Diode. Die in dieser Arbeit vorgestellte Netzwechselrichtertopologie
zeichnet sich durch besonders niedrige Schaltverluste aus und erreicht bei
einer Zwischenkreisspannung von 350V und einer Taktfrequenz von 25kHz
einen Wirkungsgrad von knapp 97%.
Die Modulation der beiden steuerbaren Umrichterstufen wird über analog
implementierte Strom-Toleranzband-Regelungen realisiert, so dass die restlichen Regelungsaufgaben auf einem einfachen und billigen Mikrokontroller
implementiert werden können. Generell wurde beim Entwurf sämtlicher Leistungsstufen und ihrer Steuer- und Regeleinrichtungen stets auf eine möglichst einfache und effiziente hardwaremässige Umsetzung geachtet.
Der in dieser Arbeit entwickelte Umrichter zeigt, dass trotz der sehr geringen
Eingangsspannung und des hohen Eingangsstromes ein Gesamtwirkungsgrad zwischen Solarzelle und Netz von über 91% realisierbar ist. Damit
konnte die Machbarkeit eines modulintegrierten Umrichtersystems für die
Netzanbindung eines einzelligen Solarmoduls aufgezeigt werden.
- 13 -
Summary
Although photovoltaics is one of the fastest growing economy sectors worldwide regarding the average annual growth of 20 to 30% in the production
capacity for solar modules, it is still suffering from high generation costs.
Surveys claim that there exists a considerable potential for photovoltaics in
Switzerland. Utilizing only the well and very well suited building cladding
areas with today’s photovoltaic technology over a third of our annual electric
energy consumption of 50TWh could be covered.
Today, conventional mains coupled photovoltaic generators consist of parallel connected strings of solar modules. They are coupled with the grid via
one single large inverter. These plants, however, are very sensitive to partial
shadowing of solar cells and modules which may reduce the power yield
drastically. Especially in urban areas with difficult and constantly changing
shadowing, modular systems with integrated converters are expected to have
a greater solar power performance than conventional systems. They are characterised by a small converter for each single solar cell module that guarantees to operate the solar module in its maximum power point. The converter
decouples the modules electrically from each other. Hence, super proportional power reductions from partial shadowing of solar cells are restricted to
the concerned module. Other advantages of systems with module integrated
converters are the high degree of standardisation, the increased flexibility
and redundancy, the cost savings potential due to industrial mass production
as well as the significantly reduced engineering effort compared to conventional photovoltaic plants.
With a share of 50 to 70% the solar cells are still the most expensive system
component. Therefore, the single cell approach tries to use a rather simple
large area cell that can easily be produced in a continuous flow manufacturing process with today’s thin film technologies. Furthermore, such a module
with integrated converter avoids principally super proportional power yield
reductions. It represents a pv system with optimum shadowing insensitivity.
The advantages of the single cell approach can be utilised only if a converter
can be designed which is able to feed the energy produced at a very low voltage of 1 to 2V and a high current of up to 100 A into the mains with a reasonable conversion efficiency. This represents the main subject of this thesis.
- 14 The converter consists principally of a boost converter and a voltage source
inverter coupled via a dc voltage link. The boost converter is key component
of the whole system. It converts the very low input voltage with an efficiency
of over 94% to the dc link voltage level of 340V . The main features of the
optimized boost circuit are its very good efficiency at part load, its continuous current avoiding high current inductors, and its high current MOSFETs
operating at nearly zero current switching conditions. The quasi zero current
switching causes no additional current stress either in the main nor in the
auxiliary switches. The strategy is to optimize one of the two switches for
low conduction losses and the other for low switching losses by separating
these two functions. The power flow is controlled on the high voltage side
and keeps the pulsating cd link voltage completely away from the solar cell.
This guarantees an optimum solar energy yield. The employed high frequency transformer allows a compact power circuit design which facilitates
the integration of the converter of the back plane of a facade element.
With a conventional inverter stage with power MOSFETs at the mains side a
good efficiency could not be reached. This is caused by the slow body drain
diode which is inevitably part of every power MOSFET due to its device
structure. The mains inverter topology presented in this thesis is characterised by very low switching losses and reaches an efficiency of almost 97% at
a switching frequency of 25kHz and a dc link voltage of 350V .
The modulation of the two controlled converter stages is implemented using
analogue hysteresis type current controllers. The remaining control task can
therefore be accomplished by a low cost microcontroller. Generally, the
design of all the power stages and controls was conducted by the demand of
easy and efficient implementation.
The converter system developed in this thesis demonstrates, that an overall
efficiency from the solar cell to the mains of more than 91% can be achieved
despite the single cell’s high current and low voltage. Hence, the feasibility
of a module integrated converter system for a large sized single solar cell
could be proved.
- 15 -
1
Einleitung
Die hier vorliegende Arbeit ist Bestandteil eines grösseren Forschungsprojektes, das von der Europäischen Union und vom Bundesamt für Bildung und
Wissenschaft gefördert wurde. Um das einbettende Umfeld dieser Arbeit auszuleuchten, soll das Projekt kurz umrissen werden.
1.1
Europäisches Forschungs-Projekt
Das Projekt mit dem Titel: “Single Cell Module Integrated Converter
system” (kurz SCMIC ) wurde 1995 innerhalb des 4. Rahmenprogrammes
“R&D, JOULE, Non Nuclear Energy, Renewable Energies” der europäischen
Union (EU) eingereicht und als eines von lediglich 7.5% bewilligter Gesuche
gutgeheissen [2], [7], [10], [11].
Die hohen Herstellungskosten der Solarzellen stellen derzeit eines der Hauptnachteile der Photovoltaik dar. Das SCMIC -Projekt schlägt ein neues netzgekoppeltes System vor, das substantielle Kosteneinsparungen bei der
Solarzellenherstellung ermöglichen soll. Das Projekt-Ziel bestand darin, die
Machbarkeit des SCMIC -Konzeptes anhand eines Prototyps aufzuzeigen.
1.1.1
Grundidee
Das Solarmodul, als Fassadenelement in Gebäudehüllen eingesetzt, besteht
nur aus einer einzigen grossflächigen Dünnschicht-Solarzelle. Jedes Modul
besitzt ein eigenes Umrichtersystem mit direktem Netzanschluss. Folgende
Faktoren senken dabei die Herstellungs- und Energiegestehungskosten:
• die Serieschaltung vieler Dünnschicht-Solarzellen zur Erhöhung der
Systemspannung entfällt;
• eine kontinuierliche Bandproduktion der grossflächigen Solarzelle ist
denkbar;
• das System ist sehr tolerant gegenüber Teilabschattungen und daher als
Fassadenelement in einer Umgebung, in der sich die Einstrahlungsverhältnisse stark ändern, bestens geeignet;
• die Anlagengrösse ist durch das modulare Konzept beliebig skalierbar
und jederzeit erweiterbar ohne dabei bestehende Anlagenteile ersetzen
zu müssen.
- 16 -
- 17 -
• Netzanschluss: mit Vorteil einphasig, 230 [V] / 50 [Hz]
2
• Kompatibles Fassadenelement mit einer Fläche von A = 1…2 [m ]
auf Aluminium-Kunststoff-Aluminium Basis
1.1.2
Themenbereiche
Eine internationale 10 -köpfige Projektgemeinschaft versuchte zwischen
Anfang 1996 und Ende 1998 die Realisierbarkeit der Konzeptidee in verschiedenen Aspekten wie Aufbau des Solargenerators, Gebäudeintegration,
Massenproduktion und Umrichtersystem aufzuzeigen.
Die an der Professur für Leistungselektronik und Messtechnik der ETH Zürich gemachten Untersuchungen sollten den Nachweis der Machbarkeit
eines Umrichtersystems für das SCMIC -Konzept durch Bau und Optimierung eines Laborprototypen aufzeigen. Um den geforderten Nachweis zu
erbringen, waren umfangreiche Untersuchungen notwendig. Sie erfolgten in
enger Zusammenarbeit mit Rainer Schmidt und führten zu zwei eigenständigen Dissertationen.
Figur 1.1 zeigt die im Rahmen der beiden Dissertationen bearbeiteten Themenbereiche und ihre thematischen Schwergewichte. Das übergeordnete Ziel
beider Arbeiten bestand dabei darin, ein möglichst einfaches Gesamtsystem
mit einem möglichst hohen Gesamtwirkungsgrad zu finden. Als besonders
erschwerend erwiesen sich dabei die niedrige Eingangsspannung und die
hohen Eingangsströme des Umrichtersystems sowie der aus Gründen der
Zuverlässigkeit und der Lebensdauer notwendige Verzicht auf ElektrolytKondensatoren im Leistungskreis:
• Untersuchung des Systemverhaltens
Das Ziel der Arbeit von Rainer Schmidt besteht darin, das Systemverhaltens eines netzgekoppelten einphasigen modularen Solarumrichters
unter Verzicht von Elektrolyt-Kondensatoren im Leistungskreis zu
untersuchen und zu optimieren [1]. Dazu gehört auch die möglichst ressourcenschonende Implementierung der voneinander abhängigen
Regelkreise: Netzsynchronisation, Maximalleistungsregler sowie Zwi-
• Synthese eines Umrichters mit möglichst hohem Wirkungsgrad
Die Synthese eines solchen Umrichters stellt angesichts der sehr niedrigen Eingangsspannung von lediglich 1 bis 2V und der sehr hohen Eingangsströme von bis zu 150 A das Kernproblem und die eigentliche
Herausforderung am einzelligen Systemansatz dar und bildet das
Schwergewicht meiner Arbeit. Soviel sei an dieser Stelle bereits vorweggenommen: Der von uns entwickelte Schaltungsprototyp ermöglicht in seiner endgültigen Ausführung, die von der Solarzelle gelieferte
Energie mit einem stolzen Gesamtwirkungsgrad von über 91% ins
öffentliche Energieversorgungsnetz einzuspeisen!
Digitale
Regelung
Modul
Integration
Messgrössen Vorschriften
Erfassung
Normen
Spannungs
Zwischenkreis
Fertigungs
Aspekte
Ansteuerung
Modulation
Wechsel
richter
• Solarzellentechnologie:Amorphe Silizium-Dünnfilm-Technologie als
Tandem oder Trippelzelle ausgeführt
Solarmodul-Spannung: U = 1…2 [V]
Solarmodul-Strom: I = 100…150 [A]
Hochsetzer
• Leistung: maximal 200 [W]
schenkreis-Leistungsflussregler. Im Rahmen meiner Arbeit werden
daher die Systemaspekte nur soweit ausgeleuchtet, als sie für das
Gesamtverständnis und für die Bestimmung der massgebenden Randbedingungen bei der Umrichtersynthese erforderlich sind. Einheitliche
Bezeichnungen mit Rainers Dissertation [1] sollen die Einbindung seiner Schwergewichte ins Gesamtbild vereinfachen.
Solarzelle
Die wichtigsten Spezifikationen des SCMIC -Konzepts lauten:
Gebäude
Integration
Figur 1.1: Themenbereiche mit Schwergewichten beim Umrichtersystem:
Zentraler Berührungspunkt
Schwergewicht dieser Arbeit
Schwergewicht der Arbeit von Rainer Schmidt
- 18 1.1.3
Gliederung der Arbeit
Kapitel 1 “Einleitung” vermittelt neben der Grundidee und den wichtigsten
Kenngrössen des untersuchten neuen Systemansatzes einen Einblick in das
nähere und weitere Umfeld, in dem diese Arbeit eingebettet ist.
Kapitel 2 “Das photovoltaische Energiesystem” gibt einen Überblick über die
photovoltaische Energieerzeugung und zeigt ihr Potential anhand einiger
physikalischer und technischer Eckdaten der verschiedenen SolarzellenTechnologien sowie anhand der in der Schweiz verfügbaren und für Photovoltaik geeigneten Fassaden- und Dachflächen auf. Abgerundet wird das
Kapitel mit einigen Überlegungen zur Preis- und Marktentwicklung.
Kapitel 3 “Anlagenaufbau und Funktionsweise” behandelt zu Beginn das
elektrische Verhalten der Solarzelle und deren Modellbildung. Anschliessend
werden die Einflüsse verschiedener Parameter wie Temperatur und Strahlungsstärke auf den Energieertrag quantitativ untersucht. Besonderes Augenmerk wird dabei auf das Verhalten des Gesamtsystems bei teilbeschattetem
Generator gelegt und mögliche Massnahmen zur Verminderung der Energieertragseinbussen aufgezeigt. Die quantitativen Untersuchungen der Ertragseinbussen belegen eindrücklich, dass konventionelle Photovoltaik-Anlagen
aufgrund ihrer Solargeneratorstruktur mit sehr vielen in Reihe geschalteten
Solarzellen und -modulen äusserst empfindlich gegenüber Teilabschattungen
sind. Modular aufgebaute Anlagen sind in dieser Hinsicht im Vergleich dazu
deutlich robuster. Das neue Konzept mit den modulintegrierten EinzellenWechselrichtern stellt die konsequente Fortsetzung der Modularisierung im
Photovoltaik-Anlagenbau dar und führt zu einem optimal schattentoleranten
Gesamtsystem.
Kapitel 4 “Systemübersicht” vermittelt zu Beginn die hervorstechendsten
Merkmale des neuen einzelligen modulintegrierten Wechselrichteransatzes.
Anschliessend wird eine mögliche Realisierungsform eines grossflächigen
einzelligen Solarmoduls präsentiert und die sich daraus ergebenden Auswirkungen aus das Gesamtsystem im allgemeinen und auf den Umrichter im
besonderen hergeleitet. Ausgehend von den Systemanforderungen führt ein
systematischer Vergleich der verschiedenen prinzipiell in Frage kommenden
Umrichterkonzepte zu der von uns realisierten zweistufig steuerbaren
Umrichterstruktur mit einphasiger Netzanbindung. Ein mathematisches
Modell des Gesamtumrichters bestätigt die Machbarkeit des gewählten
Umrichterkonzeptes auf Systemebene unter Vermeidung der aufgrund ihrer
unzureichenden Lebensdauer unerwünschten Elektrolyt-Kondensatoren im
Leistungskreis.
- 19 Kapitel 5 “Wahl der Leistungsbauteile” setzt sich intensiv mit den konkreten
Auswirkungen der sehr niedrigen Eingangspannung und des hohen Eingangsstromes sowie des geforderten wartungsfreien Betriebes auf die Wahl
und Dimensionierung der Bauteile auseinander. Zu Beginn werden die
Grundanforderungen an den Eingangsstromkreis des Umrichters definiert,
gefolgt von den prinzipiellen Überlegungen zur Wahl der Leistungshalbleiter.
Das Schwergewicht des Kapitels bildet jedoch die Wahl und Dimensionierung der reaktiven Bauelemente. Entscheidend für die Beurteilung ihrer Einsatzmöglichkeiten sind die Verluste, die Baugrösse und die Kosten. Wie die
Ausführungen zeigen werden, dürfen dabei insbesondere bei den induktiven
Bauelementen auf der Niederspannungs-Hochstromseite parasitäre Effekte
wie Stromverdrängung aufgrund des Skin- und des Proximity-Effektes nicht
ausser Acht gelassen werden. Die in diesem Kapitel erarbeiteten Zusammenhänge bilden nicht nur die Grundlage für die Dimensionierung der einzelnen
Schaltungskomponenten, sondern wirken sich auch unmittelbar auf die Wahl
und Optimierung der Schaltungstopologie aus.
Kapitel 6 “Niederspannungs-Hochsetzstufe” stellt das Hauptkapitel dieser
Dissertation dar. Das Ziel dieses Kapitels besteht darin, die bei sehr niedrigen
Spannungen von 1…2V und hohen Strömen von über 100 A anfallende
Energie des grossflächigen einzelligen Solarmoduls mit einem möglichst
guten Wirkungsgrad auf eine Zwischenkreisspannung von 340V hochzusetzen. Auf der Suche nach einer optimalen Schaltungstopologie für die Niederspannungs-Hochsetzstufe werden in einer ersten Phase alle möglichen
Schaltungsfamilien gezielt auf ihre Eignung für unseren konkreten Anwendungsfall hin untersucht. Dies erfolgt unter Berücksichtigung aller massgeblichen parasitären Effekte, die in der Praxis beispielsweise zu einer
Beschränkung des Spannungsübersetzungsverhältnisses oder zu Überbeanspruchungen der Leistungshalbleiter führen können. Die auf diese Weise
gewonnenen Erkenntnisse bilden die Basis für die anschliessende Synthese
des optimierten Niederspannungs-Hochsetzstellers, bei der es uns gelang,
viele Vorzüge der einzelnen Schaltungsfamilien in beinahe idealer Weise miteinander zu kombinieren. Das Ergebnis ist ein optimierter Schaltkreis mit
Quasi-Zero-Current-Switching mit einem erstaunlichen Wirkungsgrad von
über 94%. Im zweiten Teil von Kapitel 6 werden Design und Eigenschaften
des optimierten Niederspannungs-Hochsetzstellers ausführlich besprochen
und die Ergebnisse durch Messungen verifiziert.
Kapitel 7 “Gleichspannungs-Wechselrichterstufe” beschäftigt sich mit den
Besonderheiten der praktischen Realisierung eines netzgekoppelten 200W Kleinleistungs-Wechselrichters. Durch Optimierung konnte der Wirkungs-
- 20 grad des Netzwechselrichters, ohne den Einsatz von CoolMOS und SiliziumCarbid-Dioden, die uns im Rahmen dieser Arbeit leider noch nicht zur Verfügung standen, bis auf knapp 97% gesteigert werden. Um auch kleinste
Unterschiede im Wirkungsgrad zuverlässig messen zu können, wurde in
einer ersten Phase die Messanordnung analysiert und optimiert. Der daraus
entstandene automatisierte Messplatz ermöglichte uns, den Einfluss der verschiedenen Parameter auf den Wirkungsgrad gründlich und systematisch zu
erfassen. Die so gewonnenen Erkenntnisse bilden die Grundlage für unseren
optimierten 200W -Netzwechselrichter. Er zeichnet sich durch seinen ausgezeichneten Wirkungsgrad und die geringsten frequenzabhängigen Verluste
aller untersuchten Schaltungstopologien aus. Diese Eigenschaft hat zur Folge, dass sich der Wirkungsgradgewinn unseres optimierten Wechselrichters
gegenüber den übrigen Topologien mit zunehmender Taktfrequenz noch vergrössert. Die optimierte Schaltung offenbart damit ein grosses Potential zur
Verringerung der Baugrösse der reaktiven Komponenten und zur Erhöhung
der Leistungsdichte in Anwendungen, wo dies von Interesse ist. Abschliessend wird, ausgehend von den Wirkungsgradverläufen des NiederspannungsHochsetzstellers und des Gleichspannungs-Wechselrichters, der Gesamtwirkungsgrad des Umrichters berechnet und mit jenem eines NormalspannungsUmrichters verglichen.
Kapitel 8 “Modulation und Regelung” vermittelt zu Beginn eine Übersicht
über die Regelung des Gesamtsystems. Anschliessend werden mit der Netzsynchronisations-, der Leistungsfluss- und der Maximalleistungs-Regelung
die digitalen Regelkreise des Systems der Reihe nach besprochen. Der
Kammfilter, der in unserem digitalen Regelungskonzept eine zentrale Rolle
spielt, wird ebenfalls ausführlich besprochen. Das Schwergewicht des zweiten Teils dieses Kapitels behandelt die Modulation. Dabei spielen die Toleranzband-Regelungen, welche zugleich die innersten Regelkreise unseres
Systems darstellen, eine zentrale Rolle, denn sie entlasten den µ -Controller
von der sehr rechenintensiven Berechnung der Schaltfunktionen und bilden
somit die Voraussetzung für die Verwendung eines Low-Cost- µ -Controllers
mit einer bescheidenen Rechenleistung von 1 MIPS. Eine kurze Beschreibung der implementierten Regler-Plattform schliesst dieses letzte Kapitel ab,
welches im wesentlichen eine Zusammenfassung jener Themenbereiche darstellt, die im Rahmen unseres gemeinsamen EU-Projektes von Rainer
Schmidt bearbeitet wurden [1].
- 21 -
2
Das photovoltaische Energiesystem
2.1
Einleitung
Unter dem Begriff Photovoltaik versteht man die direkte Umwandlung der
Sonneneinstrahlung in elektrische Energie. Die Photovoltaik zählt damit zur
Gruppe der erneuerbaren Energieträger, welche in der zukünftigen Energieversorgung an Bedeutung gewinnen werden.
Zu Beginn dieses Übersichtskapitels wird das Potential des photovoltaischen
Energiesystems anhand von ein paar physikalischen und technischen Eckdaten dargelegt. Anschliessend geht es mir darum aufzuzeigen, wo die Photovoltaik zur Zeit steht, in welche Richtungen sie sich entwickeln könnte und
welchen Beitrag sie zu einer zukünftigen Energieversorgung leisten kann.
2.2
Grundprinzip photovoltaischer Energiesysteme
Solarzellen wandeln die Sonneneinstrahlung direkt in elektrische Energie
um, welche an den Klemmen der Zelle als Gleichspannung oder Gleichstrom
direkt abgegriffen werden kann. Die anfallende Energie muss in den meisten
Anwendungsfällen zuerst umgeformt werden, weil sie nicht den Bedürfnissen der angeschlossenen Verbraucher entspricht. Das nutzbare Potential ist
durch die verfügbare Einstrahlung und die für die Energiegewinnung zur
Verfügung stehende Oberfläche sowie durch den technischen Wirkungsgrad
der gesamten Wirkungskette des Energiesystems beschränkt.
2.3
Verfügbare Einstrahlung
Die Sonnenstrahlung besteht aus Lichtstrahlen verschiedener Wellenlängen.
Unterhalb des für das menschliche Auge sichtbaren mittleren Wellenlängenbereichs existiert noch der sogenannte Ultraviolett- und oberhalb des sichtbaren Lichts der Infrarot-Bereich. Für den Energieertrag ist sowohl die
Intensität I als auch die spektrale Zusammensetzung I ( λ ) der Einstrahlung
massgeblich. Figur 2.1 zeigt die Intensität I der Sonnenstrahlung in Abhängigkeit der Wellenlänge λ . AM01 bezeichnet die Strahlungsintensität I ( λ )
vor Eintritt in die Erdatmosphäre, AM1 jene an der Erdoberfläche am Äqua1) AM0, AM1, AM1.5: Die Zahl bezeichnet das Verhältnis zwischen der mittleren Weglänge der Sonnenstrahlung durch die Atmosphäre bezogen auf die kürzeste mögliche
Länge, nämlich jene am Äquator.
- 23 -
tor und AM1.5 die Intensität an Orten mittlerer geographischer Breite wie
beispielsweise der Schweiz.
abhängig. Welcher Strahlungsanteil bis auf die Erde durchdringt, hängt von
der Jahreszeit und der geographischen Breite des Standortes sowie von den
lokalen Wetterverhältnissen ab. Ein weiterer nicht zu vernachlässigender
Faktor in diesem Zusammenhang stellt die Höhe über Meer dar. Hochalpine
Lagen weisen deutlich höhere Globalstrahlungswerte G auf als beispielsweise Orte mit häufigem Nebel wie das schweizerische Mittelland.
Die Figuren 2.2 und 2.3 sollen ein Gefühl für die Grössenordnungen vermitteln. In Figur 2.2 erkennt man, wie stark die über ein Jahr gemittelte horizontale Globalstrahlung G in Europa variiert. Im Vergleich zu Skandinavien mit
2
jährlichen Strahlungswerten im Bereich G = [ 950…1000kW ⁄ m ] verfügen demzufolge Photovoltaikanlagen im Mittelmeerraum mit Werten von
2
G = [ 1700…1750kW ⁄ m ] über beinahe doppelt soviel Strahlungsenergie.
Spektrale Intensität I(λ) [kW/(m2 µm)]
- 22 -
2.4
1.6
0.8
0
0
0.4
0.8
1.2
1.6
Wellenlänge λ [µm]
2
2.4
Figur 2.1: Spektrale Zusammensetzung der Einstrahlungsintensität I ( λ ) :
I AM0 vor Eintritt in die Erdatmosphäre
I AM1.5 auf Meereshöhe in Mitteleuropa
Durch Integration der spektralen Strahlungsintensität I ( λ ) erhält man den
zeitlichen Verlauf der sogenannten horizontalen Globalstrahlungsstärke
G' ( t ) . Sie kann direkt mit einem Pyranometer gemessen werden.
∞
G' AMx ( t ) =
∫ I AMx ( λ, t ) dλ
(2.1)
0
Für den erzielbaren Energieertrag in einer interessierenden Zeitspanne T ist
die horizontale Globalstrahlung G entscheidend. Sie entspricht dem Integral
der Globalstrahlungsstärke G' ( t ) im Zeitintervall T . G gibt direkt die eingestrahlte Energiemenge pro Fläche an.
G =
∫ G' ( t ) dt
(2.2)
T
Die Figur 2.1 veranschaulicht sehr schön, wie ein Teil der Strahlung in der
Atmosphäre absorbiert wird. Die Absorption ist stark von der Wellenlänge λ
Figur 2.2: Verteilung der jährlichen horizontalen Globalstrahlung G in
2
Europa [ kW ⁄ m ]
Die Figur 2.3 zeigt neben den Unterschieden bei den Absolutwerten auch die
jahreszeitlichen Unterschiede bei der anfallenden Globalstrahlung G für
verschiedene Schweizer Standorte. Im Winter, wo die Tage kurz sind und der
Sonneneinfallswinkel flach ist, fällt deutlich weniger Energie an als im Sommer. In der Schweiz sind ferner Standorte im Jura, in den Alpen oder im Tessin wegen ihrer klaren Sicht für die photovoltaische Energienutzung deutlich
- 25 -
besser geeignet als das Mittelland, wo das Wetter im Sommer oft dunstig und
im Winter oft neblig ist.
Struktur des Systems sowie von der Orientierung des Solargenerators ab. In
diesem Kapitel soll in einem ersten Schritt die grundsätzliche Funktionsweise einer Solarzelle erläutert werden. Anschliessend sollen die wichtigsten Technologien mit ihren erzielbaren Wirkungsgraden einander gegenüber gestellt werden.
7
6
2.4.1
5
4
3
2
1
0
Zürich
Olten
Bern
Locarno
Mont−Soleil Jungfraujoch
Standort
Figur 2.3: Horizontale Globalstrahlung G in Zürich, Olten, Bern und
Locarno sowie auf dem Mont-Soleil und auf dem Jungfraujoch:
über das ganze Jahr gemittelt
über den Sommermonat Juli gemittelt
über den Wintermonat Dezember gemittelt
Die statistische Langzeiterfassung der Einstrahlungsdaten ermöglicht zuverlässige Vorhersagen über die zu erwartende Globalstrahlung G an jedem
beliebigen Standort. Nur so lassen sich zuverlässige Angaben zum mittleren
Energieertrag gewinnen, welche auch die lokalen Besonderheiten und die
unmittelbaren Wetterbedingungen mitberücksichtigen. In der Schweiz sind
Ertragsvorhersagen dank Meteonorm2 mit hoher Zuverlässigkeit möglich.
Dieses Werkzeug erlaubt, quantitativ verlässliche Aussagen zu treffen über
die jährliche Globalstrahlung G und deren Verteilung über das Jahr hinweg.
2.4
Elektrisch nutzbare Einstrahlung
Bei gegebener horizontaler Globalstrahlung G hängt der erzielbare Energieertrag in erster Linie von der eingesetzten Solarzellentechnologie, von der
2) Meteonorm: Programm zur Ermittlung der Einstrahlungsdaten beliebiger Standorte
in der Schweiz.
Grundsätzliche Funktionsweise der Solarzellen
Um die Funktionsweise der Solarzelle richtig zu verstehen, müssen wir uns
mit ein paar Grundlagen der Halbleitertechnik beschäftigen, denn Solarzellen stellen von ihrem Aufbau her im wesentlichen grossflächige Halbleiterdioden mit lichtexponierter Sperrschicht dar.
Die Materialwissenschaft besagt, dass der Energieinhalt E e der Elektronen
in einem Festkörper nicht kontinuierlich verteilt ist, sondern in sogenannten
Energiebändern verläuft. Zwischen den im Kristallgitter fest gebundenen
Elektronen des Valenzbandes und den frei beweglichen Elektronen des Leitungsbandes existiert eine verbotene Zone. Damit ein Elektron vom Valenzband ins Leitungsband gelangen kann, muss es die sogenannte Bandlückenenergie E g überwinden.
Energie E p des Photons:
Leitungsband
Energie [E]
Globalstrahlung G pro Tag [kWh/m2]
- 24 -
Photon hν
Loch
Ep = h ⋅ ν
= h⋅c⁄λ
Elektron
Eg
Ladungsträger-Paarbildung:
Valenzband
E p ≥ Eg
Ep
[Ws]
Energie des Photons
Eg
[Ws]
Bandlückenenergie
h = 6.6261 ⋅ 10
c
= 2.9979 ⋅ 10
– 34
8
(2.3)
2
[Ws ]
–1
[ ms ]
(2.4)
Plancksches Wirkungsquantum
Lichtgeschwindigkeit
Figur 2.4: Energiebänder-Modell des Halbleiters und innerer Photoeffekt
Neben der Bandlückenenergie E g des Halbleiters spielt auch dessen Temperatur T für die Elektronen eine wichtige Rolle beim Überwinden der verbo-
- 27 -
tenen Zone. Steigt die Temperatur T an, so nehmen die Schwingungen der
Atome um ihre Gleichgewichtslage im Kristallgitter zu, was dazu führt, dass
einige der Valenzbindungen aufbrechen und die frei werdenden Elektronen
ins Leitungsband gelangen können. Je höher die Temperatur T und je kleiner
die Bandlückenenergie E g ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass
einem Elektron der Sprung vom Valenz- ins Leitungsband gelingt. Die Leitfähigkeit des Materials nimmt in diesem Fall zu.
Durch Bestrahlung mit genügender Intensität I können die Elektronen ebenfalls aus dem Valenz- ins Leitungsband angehoben werden. An der Stelle im
Valenzband, wo sich das herausgebrochene Elektron befand, entsteht ein
positiv geladenes Loch. Fällt ein Elektron eines benachbarten Atoms in dieses Loch, so rekombinieren Loch und Elektron und das Loch verschwindet
an dieser Stelle. Dabei entsteht aber dort, wo das Elektron für die Rekombination herkommt, ein neues Loch. Durch diesen Vorgang kann sich ein Loch
wie ein freies Elektron im Halbleiter bewegen und trägt auf diese Weise
ebenfalls zur Leitfähigkeit des Materials bei. Dieser Prozess, welcher in der
Solarzelle für die Stromerzeugung genutzt wird, heisst innerer Photoeffekt.
Solarzelle zur Energieerzeugung genutzt wird. Die Ausgangslage bildet der
idealisiert dargestellte Verlauf der spektralen Intensität I AM1.5 . Die Flächeninhalte A i unter der Intensitätskurve I ( λ ) stellen gemäss Gleichung 2.1
Strahlungsstärken G' dar. An der Stelle λ = λ g stimmt die Energie E p des
Photons genau mit der Bandlückenenergie E g überein. Dort, wo die Energie
E p des Photons grösser ist als die Bandlückenenergie E g , wird die Energiemenge E g zur Ladungsträger-Paarbildung genutzt. Bei diesem Prozess wird
das Photon absorbiert und gibt die Energie E g an das Elektron ab. Die überschüssige Energie E p – E g wird in Wärme umgewandelt. Aus der Figur 2.5
geht klar hervor, dass dieser Vorgang nur im Wellenlängenbereich λ ≤ λ g
möglich ist. Im Bereich mit Wellenlängen von λ > λ g genügt die Energie des
Photons E p nicht aus, um ein Elektron aus seiner Kristallstruktur herauszulösen und es vom Valenz- ins Leitungsband zu heben. Die Energie des Photons E p kann daher in diesem Wellenlängenbereich auch nicht absorbiert
werden. Das Material ist für die Strahlung in diesem Frequenzbereich durchsichtig.
Die Bandlückenenergie E g spielt nicht nur bei der zuvor beschriebenen
Elektronen-Loch-Paarbildung eine entscheidende Rolle, sondern geht auch
direkt in die Leerlaufspannung u sz0 der Solarzelle ein. Die Intensität I der
Strahlung bestimmt den Kurzschlussstrom der Solarzelle i sz0 .
Anhand der Flächeninhalte der einzelnen Teilflächen von Figur 2.5 kann nun
der sogenannte spektrale Wirkungsgrad η s der Solarzelle wie folgt definiert
werden:
Spektrale Intensität I(λ) [kW/(m2 µm)]
- 26 -
1.5
1
AA
η s = -----------------------------------A A + AW + AD
0.5
0
0
0.2
0.4
0.6
0.8
λ = λg
1.4
1.6
1.8
2.0
2.2
2.4
Wellenlänge λ [µm]
Der spektrale Wirkungsgrad η s hängt bei gegebener Strahlungsintensität I
nur von der Bandlückenenergie E g ab und stellt eine idealisierte theoretische
Kenngrösse dar, welche unter praktischen Anwendungsbedingungen nicht
erreichbar ist.
2.4.2
Figur 2.5: Energieerzeugung in der Solarzelle durch Energieabsorption:
geglättete spektrale Intensität in Äquatornähe I AM1.5
A A absorbierter und strombildender Nutzanteil
A W in Wärme umgewandelter Verlustanteil
A D nicht absorbierter unwirksamer Strahlungsanteil
Figur 2.5 zeigt das Prinzip der spektralen Energieabsorption, welches in der
(2.5)
Solarzellentechnologien und erreichbare Wirkungsgrade
Die Bandlückenenergie E g der Solarzelle hängt vom Halbleitermaterial und
von dessen Dotierung ab. Figur 2.6 zeigt den von Rappaport hergeleiteten
Zusammenhang zwischen dem theoretisch erreichbaren Wirkungsgrad η th
und der Bandlückenenergie E g [15], [16].
Ist E g klein, reicht die Energie E p beinahe bei allen Photonen aus, um ein
Elektron-Lochpaar bilden zu können. Die absorbierte Energie pro Elektron
E g ist jedoch klein. Ist E g hingegen sehr gross, so können nur wenige Pho-
- 28 -
- 29 -
tonen ein Elektron ins Leitungsband anheben. Jedes erfolgreiche Elektron
absorbiert aber bei diesem Vorgang viel Energie. Beide beschriebenen
Extrempunkte sind nicht optimal, denn das Wirkungsgrad-Maximum befindet sich dazwischen.
• Beschattung durch Frontelektroden
Die geringe elektrische Leitfähigkeit des Halbleitermaterials erfordert
eine feingliedrige Leiterstruktur für den frontseitigen Stromabgriff.
Diese meist lichtundurchlässigen Frontelektroden stellen eine Selbstbeschattung dar und Verringern durch Reduktion der aktiven Zellenfläche
den Solarzellen-Wirkungsgrad.
25
20
• Ohmsche Verluste
Sowohl im Halbleitermaterial als auch in den Stromabgriffsstrukturen
entstehen ohmsche Verluste.
15
0
0.6
0.8
1
1.2
1.4
1.6
• Temperaturabhängige Verluste
Der Wirkungsgrad der Solarzellen nimmt mit steigender Temperatur ab.
GaP
a−Si
CdTe
GaAs
InP
c−Si
10
Ge
Theoretischer Wirkungsgrad ηth [%]
30
5
• Reflexionsverluste
Ein Teil des einfallenden Lichtes wird an der Solarzellenoberfläche
reflektiert. Durch eine optische Antireflexbeschichtung können diese
Verluste um einige Prozentpunkte reduziert werden.
1.8
2
2.2
2.4
Bandlückenenergie Eg [eV]
Figur 2.6: Theoretischer Solarzellen-Wirkungsgrad η th in Funktion der
Bandlückenenergie E g bei einer Temperatur von 25°C
Gemäss dem Diagramm von Figur 2.6 weisen Solarzellen aus GalliumArsenid (GaAs), Cadmium-Tellurid (CdTe) aber auch solche aus amorphem
Silizium (a-Si) von ihrem theoretisch erreichbaren Wirkungsgrad η th her
das höchste Potential auf.
Der theoretische Wirkungsgrad η th ist eine wichtige Grösse zur Beurteilung
des Potentials und des Entwicklungsstands der verschiedenen SolarzellenTechnologien. Er stellt sozusagen für den Wirkungsgrad jeder Technologie
eine Zielgrösse dar, welche diese in ausgereiftem Entwicklungszustand unter
idealisierten Bedingungen nahezu erreichen kann. In der Praxis wird dieser
theoretische Wirkungsgrad η th noch durch die folgenden prinzipiell unvermeidbaren Effekte weiter reduziert:
• Rekombinationsverluste
Nicht alle durch den inneren Photoeffekt erzeugten Elektronen-LochPaare entstehen in der Nähe der Raumladungszone, so dass Elektron
und Loch durch das elektrische Feld getrennt werden können. Ein Teil
von ihnen rekombiniert innert kürzester Zeit.
All diese Einflüsse bewirken, dass der praktische Solarzellen-Wirkungsgrad
η sz heute teilweise noch deutlich unter den theoretisch möglichen Werten
liegt. Die Tabelle 2.1 zeigt, welche Wirkungsgrade η sz heute in der Praxis
erreicht werden können. Sie zeigt sehr deutlich, dass man klar zwischen dem
Wirkungsgrad von kleinen Laborzellen und jenem der grossflächigen kommerziellen Produkte unterscheiden muss. Dazwischen liegt ein Jahre dauernder nicht zu unterschätzender Technologie-Transferprozess von der kleinen
Laborzelle zum grossflächigen Modul.
Die in der Tabelle 2.1 dargestellten Verhältnisse gelten für terrestrische
Anwendungen. Im Bereich der hocheffizienten Solarzellen, die aufgrund
ihrer sehr hohen Kosten vorwiegend für Weltraumanwendungen konzipiert
sind, liegen die Wirkungsgrade noch wesentlich höher. In Japan wurde mit
einer InGaP-GaAs-In GaAs-Tripelzelle im Jahre 1998 ein WirkungsgradRekordwert von η sz = 33% erreicht [18]. Neben den erwähnten Weltraumanwendungen findet man Gallium-Arsenid-Solarzellen auch in terrestrischen Anwendungen. Oft werden sie in Verbindung mit optischen
Konzentratoren eingesetzt. Bei diesen Systemen wird das Sonnenlicht zur
Wirkungsgradsteigerung mittels optischer Linsen auf eine meist sehr kleine
Solarzellenfläche mit sehr hohem Wirkungsgrad gebündelt. Weil diese
Systeme vor allem auf den direkten Strahlungsanteil der Sonne ausgerichtet
sind, muss der Linsenapparat dem Sonnenstand nachgeführt werden. Dazu
ist eine teure und aufwendige mechanische Infrastruktur erforderlich.
- 30 -
- 31 -
Kommerzielle Zellen
Material
Technologie
Laborzellen
Typischer
Maximaler
Maximaler
Wirkungsgrad Wirkungsgrad Wirkungsgrad
[%]
[%]
[%]
Monokristallines
Silizium
12 - 15
22.7
24.4
Multikristallines
Silizium
11 - 14
15.3
19.8
Amorphes Silizium
Einzelzelle
6-7
10.2
12.7
Cadmium-Tellurid
7-9
9.2
16
Kupfer-IndiumDiselenid (CIS)
8 - 12
14
20.0
Farbstoffzelle
(Graetzel)
-----
-----
11
Mikromorphe Zelle
(a-Si/µc-Si Tandem)
-----
-----
11.6
Amorphe Trippel Zelle
(a-Si/a-SiGe/a-SiGe)
7-9
13
15.2
Nachfolgend werden die verschiedenen Solarzellen-Technologien und ihre
charakteristischen Eigenschaften kurz dargestellt.
Kristalline Solarzellen
Die Haupteigenschaften der kristallinen Solarzellen, welche heute nach wie
vor das Rückgrat der photovoltaischen Energieerzeugung bilden, sind:
• hoher Wirkungsgrad
• hoher Material- und Energiebedarf
• Serieschaltung aufwendig und teuer
Tabelle 2.1: Praktisch erzielbare Solarzellen-Wirkungsgrade η sz
[17], [18], [19], [20], [21], [22], [29]
In Tabelle 2.1 kommt der unterschiedliche Entwicklungsstand der einzelnen
Solarzellen-Technologien klar zum Vorschein. Die kristalline Technologie
ist die am weitesten ausgereifte Technologie. Sie nimmt eine beherrschende
Stellung ein, sowohl in bezug auf den Marktanteil als auch in bezug auf die
erzielbaren Wirkungsgrade. Bei den Dünnfilm-Technologien hat sich bisher
nur die amorphe Technologie wirklich auf dem Markt etablieren können. Die
CIS- und die Cadmium-Tellurid-Technologie befinden sich zur Zeit in der
Pilotphase für die Produktion. Erste Produktionsanlagen existieren bereits
und die erzielten Ergebnisse sind vielversprechend. Die Farbstoff-Zelle und
die mikromorphe Solarzelle, bei der die Schweiz mit dem IMT in Neuenburg
an vorderster Front in der Forschung vertreten ist und immer wieder mit
weltweit hervorragenden Ergebnissen aufwarten kann, sind noch kaum über
den Laborzustand hinausgekommen.
Dem Vorteil des guten Wirkungsgrades stehen die Nachteile des hohen
Material- und Energiebedarfs sowie der aufwendigen und somit teuren
Serieschaltung gegenüber. Die Gründe für den hohen Preis sind also primär
in der Fertigung zu suchen.
Ausgangspunkt bei der Herstellung von kristallinen Silizium-Solarzellen ist
ein p-dotierter Kristallblock, welcher bei hohen Temperaturen gezüchtet
werden muss. Dieser wird anschliessend in Scheiben von 200 bis 300 µm
Dicke geschnitten. Vor der Dotierung mit den n-wertigen Atomen muss die
Oberfläche der Silizium-Waferscheiben poliert und auf ihre endgültige Form
zugeschnitten werden. Im Anschluss an den Dotierungsvorgang werden die
elektrischen Kontakte auf der Front- und auf der Rückseite angebracht. Dies
erfolgt heute meistens im Siebdruckverfahren. Zum Schluss wird die Oberfläche der Zelle mit einer Antireflexschicht versehen, um die Reflexionsverluste der einfallenden Strahlung möglichst gering zu halten.
Die Familie der kristallinen Solarzellen unterteilt sich in 2 Hauptgruppen:
• monokristalline Solarzellen
• multikristalline Solarzellen
Bei den monokristallinen Solarzellen bildet beim Kristallblock ein SiliziumEinkristall die Ausgangsbasis für die Zellenfertigung. Dieser Einkristall
wird in einem Schmelztiegel in einem sehr arbeits- und energieaufwendigen
Prozess gezüchtet. Aufgrund seiner zylindrischen Form sind monokristalline
Solarzellen häufig rund, obwohl dies von der Ausnutzung der Modulfläche
her nicht optimal ist. Das Zuschneiden auf eine optimalere rechteckige Form
ist mit erheblichen Verlusten an hochwertigem Rohmaterial verbunden.
Bei den sogenannten poly- oder multikristallinen Solarzellen lässt man die
flüssige Siliziumschmelze zu einem Quader erkalten. Dadurch entsteht kein
Einkristall, sondern eine multikristalline Struktur. Die unregelmässigere
Struktur des Materials führt bei den multikristallinen Solarzellen zu Wir-
- 32 -
- 33 -
kungsgradeinbussen im Bereich einiger Prozente im Vergleich zu den monokristallinen Solarzellen. Diesem Nachteil stehen eine wesentlich einfachere
Kristallherstellung mit bedeutend tieferem Energieaufwand und viel geringere Materialverluste beim Zuschneiden der Zellen dank der quadratischen
Form des Kristallblocks gegenüber.
Im Gegensatz zur kristallinen Wafer-Technologie, bei der die elektrische
Serieschaltung aufwendige Arbeitsgänge im Anschluss an die eigentliche
Solarzellenfertigung erfordert, kann die Serieschaltung bei den Dünnfilmverfahren in den Herstellungsprozess integriert werden. Das Prinzip der
monolythischen Serieschaltung ist in Figur 2.7 dargestellt. Das Material einzelner Schichten kann dabei von einer Technologie zur anderen wechseln.
Die kristalline Technologie nimmt dank ihren hohen Wirkungsgraden im
Bereich zwischen 11% und 15% auch heute noch eine marktbeherrschende
Stellung ein. In den letzten Jahren wurden grosse Anstrengungen unternommen, um die Herstellungsprozesse für mono- und multikristalline Zellen hinsichtlich Material- und Energiebedarf sowie Kosten zu optimieren. Die
Energierücklaufzeiten3 betragen zwischen 3 und 6 Jahren. Bei einer Lebensdauer von über 25 Jahren fällt die Energiebilanz kristalliner Solarzellen
immer noch sehr positiv aus.
Weil die kristalline Solarzellentechnologie bereits sehr ausgereift ist, sind in
Zukunft keine Entwicklungs-Quantensprünge, sondern lediglich punktuelle
kleinere Verbesserungen zu erwarten.
Dünnfilm-Solarzellen
Einer der herausragenden Vorteile aller Dünnfilm-Solarzellen gegenüber den
kristallinen Solarzellen ist ihr geringer Material- und Energiebedarf bei der
Herstellung. Im Gegensatz zu den kristallinen Wafern, die aus mechanischen
Stabilitätsgründen wesentlich dicker sind als aufgrund der Lichtabsorption
erforderlich wäre, sind die Dünnfilm-Solarzellen nur so dick wie für den
Lichteinfang unbedingt erforderlich. Dazu genügen je nach Material hauchdünne Halbleiterschichtdicken zwischen 0.5µm und 5µm . Weitere Vorzüge
der Dünnfilmtechnologien sind:
• Solarzellen-Bandfabrikation möglich
• Elektrische Serieschaltung im Fertigungsprozess integrierbar
• Optische Serieschaltung möglich
Bei der Herstellung von Dünnschicht-Solarzellen geht es darum, die dünnen
Halbleiterschichten auf ein gewünschtes Trägermaterial abzuscheiden. Das
oberste Ziel besteht dabei darin, ein möglichst einfaches, effizientes und für
eine industrielle Massenfertigung geeignetes Verfahren zu finden. Das angestrebte Ergebnis ist ein Fertigungsprozess für eine kostengünstige Bandfertigung.
3) Energierücklaufzeit: Zeitspanne, die benötigt wird, um soviel Energie zu produzieren
wie für die Herstellung aufgewendet werden musste.
Verkapselung
Rückseitige Leiterschicht
Halbleiterschichten
Frontseitige Leiterschicht
Substratmaterial
Figur 2.7: Monolythische Serieschaltung bei Dünnfilm-Solarzellen
In einem ersten Schritt wird die frontseitige Leiterschicht auf das Substratmaterial aufgebracht. Für die Serieschaltung muss diese Leiterschicht als
nächstes in Streifen unterteilt werden. In den folgenden Arbeitsgängen wird
die eigentliche Solarzelle abgeschieden. Die dazu erforderliche Anzahl
Arbeitsschritte hängt sehr stark vom Zellentyp ab. Im Anschluss an die
Solarzellenabscheidung müssen die Zellschichten wiederum in einzelne
Streifen unterteilt werden. Dies erfolgt je nach Solarzellentyp und Verfahren
chemisch oder mittels Laserschneiden. Als nächstes wird die rückseitige
Leiterschicht aufgebracht, gefolgt von einem nächsten Teilungsvorgang, um
die einzelnen Zellen gegeneinander zu isolieren. Aus Schutz- und Haltbarkeitsgründen wird die gesamte Anordnung am Schluss möglichst luft- und
wasserdicht verkapselt.
Die optische Serieschaltung ist ein weiterer Vorteil der Dünnfilm-Solarzellen
gegenüber den kristallinen Zellen. Darunter versteht man die Serieschaltung
von 2 oder 3 pn-Übergängen mit unterschiedlichen Bandlückenenergien E g .
Wie Figur 2.8 deutlich zeigt, ermöglicht dies, das Intensitätsspektrum I ( λ )
des einfallenden Sonnenlichtes besser auszunützen und somit den Wirkungsgrad η sz der Solarzelle zu erhöhen. Bei der praktischen Realisierung müssen
dazu die einzelnen pn-Übergänge in der Reihenfolge ihrer Bandlückenenergien E g vertikal übereinander geschichtet werden, wobei die Zelle mit der
grössten Bandlückenenergie E g auf der lichtexponierten Seite zuvorderst zu
stehen kommt. Die vorderste, der Sonne zugewandte Solarzelle mit der
Bandlückenenergie E g1 absorbiert die kurzwellige Strahlung. Die langwel-
- 35 -
ligeren Strahlungsanteile dringen ungehindert durch sie hindurch. Die nachfolgenden Zellen mit ihren geringeren Bandlückenenergien E g2 und E g3
sind aber dafür besorgt, dass ein Grossteil der langwelligen Strahlung ebenfalls zur Strombildung genutzt wird. Die optische Serieschaltung nimmt eine
Schlüsselstellung ein bei den heutigen Bestrebungen, den Wirkungsgrad der
Dünnfilmsolarzellen substantiell zu erhöhen. Werden 2 pn-Übergänge
optisch in Serie geschaltet, spricht die Fachwelt von einer Tandemzelle, im
Falle von 3 pn-Übergängen handelt es sich um eine Trippelzelle.
sogenannten lichtinduzierten Degradation, welche dazu führt, dass sich der
Wirkungsgrad der Solarzellen beträchtlich reduziert, wenn diese erstmals
dem Licht ausgesetzt werden. In der Folge stabilisiert sich der Wirkungsgrad
η sz auf einem bescheidenen Wert von 6% bis 7%.
Spektrale Intensität I(λ) [kW/(m2 µm)]
- 34 -
1.5
1
0.5
Figur 2.6 zeigt, dass die amorphen Dünnfilmtechnologien ihr theoretisches
Wirkungsgrad-Potential bei weitem noch nicht voll ausschöpfen. Der Grund
liegt in der im Vergleich zu den kristallinen Technologien sehr viel komplexeren Materialstruktur. Da viele im amorphen Material auftretenden physikalischen Effekte schlicht noch zu wenig erforscht sind, existieren auch
keine guten Modelle, welche eine effiziente und zielgerichtete Optimierung
des Wirkungsgrades η sz ermöglichen würden.
Die verstärkten Forschungsanstrengungen der letzten Jahre im Bereich der
Solarzellen scheinen nun erste Früchte zu tragen. So wurden immer neue
Materialien, Technologien und Zelltypen im Labor erforscht und optimiert.
Aus der riesigen Vielfalt scheinen nun einige vielversprechende Solarzellentypen den Weg in die Pilot- und in die Fertigungsphase zu finden. Darunter
befinden sich unter anderen folgende Typen:
• Amorphe Silizium-Solarzelle
0
0
0.2
0.4
λg1
λg2
1.2
1.4
λg3
• Cadmium-Tellurid-Solarzelle
1.8
2
2.2
2.4
Wellenlänge λ [µm]
Figur 2.8: Verbesserte Nutzung des Intensitätsspektrums I ( λ ) des Sonnenlichtes durch optische Serieschaltung bei einer Trippelzelle:
geglättete spektrale Intensität in Äquatornähe I AM1.5
nutzbare Fläche der Zelle mit Bandlückenenergie E g1
nutzbare Fläche der Zelle mit Bandlückenenergie E g2
nutzbare Fläche der Zelle mit Bandlückenenergie E g3
Bei der Herstellung von Dünnfilm-Solarmodulen kann sowohl die Anzahl
Solarzellen als auch deren Fläche relativ einfach variiert werden, was zu
einer hohen Flexibilität in der Wahl der elektrischen Klemmengrössen des
fertigen Solarmoduls führt.
Den vielen Vorteilen der Dünnfilmtechnologien steht derzeit noch ein
gewichtiger Nachteil gegenüber. Im Wirkungsgrad fielen die DünnfilmSolarzellen bisher gegenüber den kristallinen Zellen deutlich ab. Bei den
Solarzellen aus amorphem Silizium (a-Si) liegt ein Hauptgrund dafür in der
• Kupfer-Indium-(Gallium)-Diselenid-Solarzelle
Im Labor weisen einige der oben aufgeführten Solarzellentypen stabilisierte
Solarzellen-Wirkungsgrade η sz von weit über 10% auf. Besonders von der
CIS4-Technologie versprechen sich sehr viele Fachleute grosse Fortschritte
auf dem Weg zu einer kostengünstigen Solarzelle mit überdurchschnittlichem Wirkungsgrad.
Leider werden bei einigen dieser neuen Solarzellen-Technologien giftige
Stoffe verwendet. Die Substitution dieser umweltbelastenden Materialien
durch unbedenkliche Stoffe wird und muss unbedingt vorangetrieben werden, wenn diese Technologien einen Beitrag zu einer kostengünstigen und
umweltfreundlichen Stromerzeugung leisten wollen.
Der geringe Material- und Energiebedarf zur Herstellung von DünnfilmSolarzellen und das beachtliche Potential einiger Dünnfilm-Technologien
rechtfertigen die hohen Forschungsanstrengungen in diesem Bereich. Mit
einer Energierücklaufzeit von weit unter einem Jahr liegen die amorphen
Siliziumzellen bereits heute rund einen Faktor 10 unterhalb jener der kristal4) CI(G)S: Kürzel für CuInGaSe2- oder Kupfer-Indium-(Gallium)-(Di)Selenid.
- 36 -
- 37 -
linen Solarzellen. Es ist daher absehbar, dass der Weg zu billigem Photovoltaik-Strom in naher Zukunft über die Dünnfilmtechnik führen wird. Ebenso
klar ist hingegen auch, dass diese Technik noch lange nicht ausgereift ist.
Position um die Ost-West-Achse darüber hinaus noch von der Jahreszeit
abhängig. Am Äquator steht die Sonne zum Frühlings- und Herbstanfang
genau senkrecht. Zum Sommeranfang hat sie mit 23.45° und zum Winteranfang mit – 23.45 ° die grösste Abweichung von dieser Position [23]. Für
einen optimalen Energieertrag muss die vertikale Lage der Solarzellen in
Abhängigkeit von der geographischen Breite und von der Jahreszeit nachgeführt werden. In der Praxis ist dies aber oft aus konstruktiven Gründen oder
aus preislichen Überlegungen nicht oder nur bedingt machbar. Stattdessen
werden die Solarzellen in Abhängigkeit des Standortes vertikal um einen
bestimmten Winkel versetzt montiert. Wie gross der Lagewinkel β für einen
maximalen Ertrag zu wählen ist und mit welchen Einbussen gegenüber dem
optimalen Fall mit Nachführung der Solarzellen gerechnet werden muss,
kann in [1] nachgelesen werden.
2.5
Ausbeute photovoltaischer Energiesysteme
In diesem Kapitel soll das technische Potential der Photovoltaik in der
Schweiz kurz dargestellt werden. Ausgehend von der verfügbaren Globalstrahlung G soll der erzielbare Energieertrag E pv unter Berücksichtigung
des photovoltaischen Flächenbedarfs A pv und der in der Schweiz für dieses
Energiesystem zur Verfügung stehenden Flächen berechnet werden.
2.5.1
Photovoltaisches Flächen- und Energieertrags-Potential
Die Ausführungen in Kapitel 2.3 zeigen, dass die verfügbare Einstrahlung
von sehr vielen Faktoren wie beispielsweise der geographischen Lage, den
lokalen Wetterverhältnissen und der Höhe über Meer abhängt.
Die sich aufgrund dieser Verhältnisse ergebende mittlere horizontale Globalstrahlung G bildet die Grundlage für die Energieproduktion.
Einstrahlung
β
N
α
S
Figur 2.9: Einfluss der geographischen Breite und der Erdumlaufbahn auf
die Einstrahlungsverhältnisse
Will man jederzeit die einfallende Strahlung optimal verwerten, so muss die
Solarzelle um zwei Achsen nachgeführt werden. Dies rührt einerseits von
der elliptischen Erdumlaufbahn um die Sonne und andererseits von der
Eigenrotation der Erde her. Aufgrund der Erdrotation müsste die Solarzelle
der Tageszeit folgend von Osten nach Westen um die Nord-Süd-Achse nachgeführt werden. Der optimale vertikale Neigungswinkel β hängt, wie in
Figur 2.9 ersichtlich, von der geographischen Breite ab. Weil aber die Erdrotationsachse nicht senkrecht zur Erdumlaufbahn verläuft, ist die optimale
Wie hoch das Potential der Photovoltaik ist, kann mit folgendem Beispiel
sehr anschaulich gezeigt werden: Mit einer Jahressumme an horizontaler
2
Globalstrahlung G = 1100 kWh ⁄ m 5 und einem durchschnittlichen Wirkungsgrad der Photovoltaikanlage von η = 10.5% 6 wäre insgesamt eine
Generatorfläche A CH , tot notwendig, um den jährlichen Elektrizitätsbedarf
der Schweiz von E CH , tot = 50 TWh 7 nur mittels Photovoltaik zu decken.
E CH , tot
A CH , tot = ------------------G⋅η
(2.6)
12
2
50 ⋅ 10 Wh ⋅ m
6 2
2
- = 433 ⋅ 10 m = 433 km
A CH , tot = -----------------------------------------------6
1.1 ⋅ 10 Wh ⋅ 0.105
Die Fläche A CH , tot entspricht in sehr guter Näherung der doppelten Fläche
des Neuenburgersees. Dem Problem der Energiespeicherung, aufgrund der
tageszeitlich beschränkten und wetterbedingt reduzierten Verfügbarkeit der
photovoltaischen Kraftwerke, müsste bereits bei einer Teilsubstitution
nuklearer oder fossiler Anlagen durch Photovoltaik grösste Beachtung
geschenkt werden.
5) 1000 kWh/m2: Dieser konservative Wert ist auch an photovoltaisch nicht optimalen
Standorten im schweizerischen Mittelland problemlos erreichbar.
6) 10.5% Wirkungsgrad für die Gesamtanlage sind heute unter Verwendung der marktbeherrschenden kristallinen Solarzellen gut möglich.
7) Elektrizitätsverbrauch im Jahr 1998 gemäss Statistik des Vereins Schweizerischer
Elektrizitätswerke VSE.
- 38 -
- 39 -
Energieertrag E pv ( A )
K E ( A ) = ----------------------------------------------------------------Energieertrag E pv ( A opt )
(2.7)
Das photovoltaische Energieertrag-Kriterium K E einer Fläche A gibt den
Energieertrag E pv ( A ) dieser Fläche bezogen auf den Ertrag E pv ( A opt )
einer gleich grossen optimal ausgerichteten Fläche A opt am selben Ort an.
Auf diese Weise wird jede photovoltaische Nutzfläche A mit einer Ertragskennzahl K E versehen. Ein Ertragskriterium K E = 0.9 bedeutet somit, dass
die betroffene Fläche A mindestens 90% des maximalen jährlichen Energieertrages erzielen muss.
In Figur 2.10 sind -gestützt auf Bischof und Mühlbauer 1993- die Prozentanteile der Dachflächen in Abhängigkeit der Dachneigung d aufgeführt, die
das Mindestertragskriterium K E erfüllen [24]. Die Dachneigung d beträgt
bei einem Flachdach 0° und bei einer Fassade 90° . Die Figur 2.10 zeigt
deutlich, dass ein sehr hoher Anteil der Flachdächer für eine photovoltaische
Nutzung äusserst geeignet wären. Bei den Fassadenflächen8 hingegen liegen
aufgrund des ungünstigen Lagewinkels für den Solargenerator prinzipbedingt Energieerträge mit K E > 75% nicht drin.
8) In der Figur 2.10 werden Fassaden als Dachflächen mit 90° Neigung dargestellt.
100
Dachflächenanteil [%]
Neue Photovoltaik-Anlagen werden in der Schweiz aufgrund unseres beschränkten Raumangebotes und aus Gründen des Umwelt- und Landschaftsschutzes kaum auf der grünen Wiese installiert werden, sondern vorwiegend im bebauten Gebiet. In den letzten Jahren wurden grosse
Anstrengungen unternommen zur Schaffung eines Instrumentariums zur differenzierten Erfassung des Photovoltaik-Potentials im Gebäudepark unter
Berücksichtigung technologischer und wirtschaftlicher Faktoren [24], [25].
Als Mass für die photovoltaische Eignung dient der erzielbare Energieertrag.
Ausgehend von den Brutto-Nutzflächen, welche alle Dach- und Fassadenflächen des Gebäudeparks umfassen, werden in einem ersten Schritt all jene
Flächenanteile subtrahiert, die aus architektonischen, raumplanerischen,
technischen oder aus Nutzungskonkurrenz-Gründen für photovoltaische
Nutzung ungeeignet sind. Beispiele hierfür sind die Flächen für Türen und
Fenster genauso wie alle durch Hindernisse wie Kamine, Bäume oder Nachbarhäuser beschatteten Flächen. Daraus ergibt sich die photovoltaische
Netto-Nutzfläche. Weil aber die photovoltaische Eignung dieser Fläche nicht
überall gleich ist, musste ein Mass für die solarwirtschaftliche Güte dieser
Flächen gefunden werden:
80
60
40
20
0
55
Ertr
65
ags
75
rium
K
krite
E
85
[%]
95
90
80
70
60
50
40
gd
igun
ne
hen
10
0
[%]
c
hflä
Dac
20
30
Figur 2.10: Verteilung der Dachflächen nach ihrem Mindestenergieertrag
Der mögliche Beitrag der Photovoltaik zur elektrischen Energieversorgung
fällt je nach Region sehr unterschiedlich aus, wie ein energetischer Vergleich
zwischen der Stadt Zürich und dem eher ländlich geprägten Kanton Freiburg
in Tabelle 2.2 zeigt.
Stadt Zürich
Elektrisches
Photovoltaik-Potential
Beitrag Beitrag
absolut relativ
Kanton Freiburg
Beitrag
absolut
Beitrag
relativ
Aktueller Strombedarf
2.6
TWh
100%
1.8
TWh
100%
Energieproduktion mit bestehender Technologie auf Flächen mit
minimalem Ertragskriterium 90%
0.27
TWh
10%
0.56
TWh
33%
Energieproduktion mit bestehender Technologie auf Flächen mit
minimalem Ertragskriterium 80%
0.44
TWh
16%
0.86
TWh
48%
Tabelle 2.2: Photovoltaisch nutzbares elektrisches Energie-Produktionspotential in der Stadt Zürich und im Kanton Freiburg [25]
- 40 -
- 41 -
Vergleicht man den Energieertrag aller Gebäudeflächen im Kanton Freiburg
mit gutem ( K E > 80% ) bis sehr gutem ( K E > 90% ) photovoltaischem Ertragspotential mit den entsprechenden Flächen in der Stadt Zürich, so stellt
man fest, dass damit im ländlichen Kanton Freiburg knapp die Hälfte des
elektrischen Energiebedarfs decken könnte, während man sich in der Stadt
Zürich mit einem 3 Mal kleineren Deckungsgrad zufrieden geben muss.
Setzt man die für Photovoltaik potentiell zur Verfügung stehenden Flächen
aus Tabelle 2.3 in Verbindung zur Bevölkerungsdichte und zum Energieverbrauch, die in Tabelle 2.4 aufgeführt sind, so zeigt sich mit aller Deutlichkeit,
warum die Photovoltaik in ländlichen Gebieten einen markant höheren Beitrag zur Strombedarfsabdeckung leisten kann als in städtischer Umgebung.
Tabelle 2.4 zeigt, dass die hohe Bevölkerungsdichte und die höhere Energienutzungsintensität der städtischen Gebiete gepaart mit einem tendenziell
geringeren Flächenangebot pro Einwohner im Vergleich zu ländlicher Umgebung die hauptsächlichen Gründe dafür sind, dass die Photovoltaik auf
dem Land potentiell einen höheren Beitrag zur elektrischen Energieversorgung leisten kann als in der Stadt.
Quantitativ zuverlässige Aussagen zum nutzbaren Photovoltaik-Potential
des gesamten Gebäudeparks der Schweiz erfordern aufgrund der teilweise
stark unterschiedlichen Sonneneinstrahlungs- und Besiedlungsverhältnisse
in unserem Land eine detaillierte Analyse unter Berücksichtigung dieser
regionalen Unterschiede. In Tabelle 2.5 sind die potentiell für Photovoltaik
verfügbaren Dachflächen aufgeführt.
Photovoltaisches
Flächenpotential
Stadt Zürich
Kanton Freiburg
Flächen mit Ertragskriterium
K E ≥ 90%
2.1 km2
5.6 km2
Mindestertragskriterium K Emin
Flächen mit Ertragskriterium
80% ≤ K E < 90%
2.7 km2
3.3 km2
Tabelle 2.3: Für Photovoltaik potentiell zur Verfügung stehende Gebäudeflächen in der Stadt Zürich und im Kanton Freiburg
Faktoren
Stadt Zürich
Kanton Freiburg
Jährlicher Elektrizitätsabsatz
bezogen auf Gebäudegrundfläche
243 kWh/m
Verfügbare Gebäudegrundfläche
pro EinwohnerIn
30m2/Einwohner
82m2/Einwohner
Photovoltaisch geeignete
Dachflächen mit minimalem
Ertragskriterium K E ≥ 90%
bezogen auf Gebäudegrundfläche
0.25m2/1m2
0.30m2/1m2
Jährliche Einstrahlungsenergie
auf optimal orientierter Fläche
1167 kWh/m2
1250 kWh/m2
2
99
kWh/m2
Tabelle 2.4: Faktoren für unterschiedlichen elektrischen Energiedeckungsgrad zwischen städtischen und ländlichen Gebieten [25]
Photovoltaisches Flächenpotential A pv, pot
minimal
maximal
0.9
46 km2
84 km2
0.8
95 km2
179 km2
0.7
122 km2
217 km2
0.6
144 km2
248 km2
0.5
203 km2
303 km2
Tabelle 2.5: Abschätzung der für Photovoltaik geeigneten Gebäudeflächen
in der Schweiz in Abhängigkeit ihres Energieertrages [24]
Die grosse Spanne zwischen dem berechneten minimalen und dem maximalen Flächenpotential A pv, pot kann in Zukunft durch praktische Validierung
und statistischen Abgleich der für die Berechnung benötigten Gebäudedaten
sicherlich noch wesentlich verringert werden.
Mit Hilfe des in Tabelle 2.5 aufgeführten photovoltaischen Flächenpotentials
A pv, pot und unter Berücksichtigung des Ertrages E pv all jener Anlagen, die
in der Schweiz bereits in Betrieb sind, kann sowohl das Leistungspotential
P pv, pot als auch das jährliche Energieertragspotential E pv, pot der Dachflächen in der Schweiz abgeschätzt werden. Die Ergebnisse sind in Tabelle 2.6
dargestellt. Bei der Montage der Solarmodule wurden zwei Varianten unterschieden: bei der Flachvariante werden die Module parallel zur Dachfläche
befestigt und liegen somit flach auf dem Dach, währenddem sie bei der
- 42 -
- 43 -
Gestellvariante mit optimaler Neigung an einem Gestell befestigt sind.
Damit lässt sich unter Inkaufnahme einer kleinen Energie-Ertragseinbusse
die aktive Solarzellenfläche A reduzieren.
Variante
Leistungspotential
P pv, pot in GWp
Energieertragspotential
E pv, pot in TWh
K Emin = 0.8 K Emin = 0.5 K Emin = 0.8 K Emin = 0.5
Minimale
Flachvariante
13.2
17.6
11.3
14.9
Maximale
Flachvariante
18.8
24.9
16.0
21.2
Minimale
Gestellvariante
10.2
14.6
8.8
12.4
Maximale
Gestellvariante
14.6
20.7
12.4
17.6
Tabelle 2.6: Photovoltaisches Leistungs- und Energieertragspotential
der Dachflächen im Gebäudepark der Schweiz [24]
Die in Tabelle 2.6 dargestellten Ergebnisse zeigen, dass in der Schweiz die
gut bis sehr gut geeigneten Dachflächen mit einem Ertragskriterium von über
K E = 80%
ein sehr beachtliches Energieertragspotential von
E pv, pot = 16.0 TWh aufweisen. Dies entspricht einem knappen Drittel
unseres jährlichen Bedarfs an elektrischer Energie von E CH , tot = 50 TWh .
Die Tabelle 2.6 führt aber ebenso deutlich vor Augen, dass die zu installierende Leistung in diesem Fall mit P pv = 18.8 GW einen Spitzenwert aufweist, der beinahe doppelt so hoch ist wie die im Jahr 1998 aufgetretene
momentane Elektrizitäts-Verbrauchsspitze im schweizerischen Energieversorgungsnetz von P CH , max = 10.8 GW [26].
Zusammenfassend kann man in bezug auf das Potential der Photovoltaik in
der Schweiz folgendes festhalten:
• Mit heutiger Technologie ergibt eine installierte Solarzellenfläche von
2
A = 10m in der Schweiz eine Spitzenleistung P max von über 1 kWp
und einen durchschnittlichen Jahresertrag von E pv = 850 kWh .
• Zur Deckung des gesamten Elektrizitätsbedarfs E CH , tot der Schweiz
wäre mit heutiger Solarzellentechnologie mindestens eine Fläche von
2
A CH , tot = 430 km notwendig. Dies entspricht ungefähr der doppelten Fläche des Neuenburgersees.
• Der schweizerische Gebäudepark besitzt ein beträchtliches Potential an
photovoltaisch nutzbaren Flächen. Allein die Nutzung der gut bis sehr
gut geeigneten Gebäudeflächen mit einem minimalen Ertragskriterium
von K Emin = 0.8 ergibt ein photovoltaisches Leistungspotential von
maximal P pv, pot = 18.8 GW , was einen maximalen Energieertrag
von E pv, pot = 16.0 TWh pro Jahr ergibt.
Diese Ausführungen zeigen, dass die Photovoltaik bereits mit dem heutigen
Stand der Technik ein beträchtliches Potential aufweist und in Zukunft einen
wesentlichen Beitrag zur elektrischen Energieversorgung leisten könnte.
2.6
Entwicklungstendenzen in der Photovoltaik
Die sehr hohen Herstellungskosten der photovoltaischen Energiesysteme
stellen immer noch das Haupthindernis für eine breite Markteinführung der
Photovoltaik dar. Der photovoltaisch produzierte Strom ist auf dem freien
Markt im Vergleich zu Strom aus Kernkraft oder aus Wasserkraft nicht konkurrenzfähig.
In diesem Kapitel werden die Entwicklungstendenzen der Photovoltaik aufgezeigt. Die zukünftige Entwicklung dieser Technik hängt im wesentlichen
von folgenden zwei Faktoren ab:
• Technologische Entwicklung im Bereich der Schlüsselkomponenten
des photovoltaischen Energiesystems.
• Preis- und Marktentwicklung für Photovoltaik-Produkte.
Im Bereich der technologischen Entwicklung sind mit der Steigerung des
Wirkungsgrades einerseits und der Senkung der Herstellungskosten andererseits zwei teilweise widersprüchliche Stossrichtungen erkennbar. Dass die
Dünnfilmtechnik zunehmend an Bedeutung gewinnt, ist hingegen unverkennbar.
Seitens der Preis- und Marktentwicklung zeichnen sich langsam die ersten
Erfolge ab. Der Photovoltaik-Markt gehört mit jährlichen Steigerungsraten
der Solarmodul-Produktionskapazität von 20% bis 30% zu den bedeutenden Zukunftsmärkten.
Für die zukünftige Marktentwicklung der Photovoltaik spielen neben dem
Preis auch die politischen und gesetzlichen Rahmenbedingungen eine entscheidende Rolle.
- 44 Technologische Entwicklung im Bereich der Solarzellen
Kristalline Solarzellen beherrschen zur Zeit den Markt für Solarzellen. Eine
an der Photovoltaik-Weltkonferenz 1998 veröffentlichte Marktanalyse [27]
zeigt dies mit einem Marktanteil von 54% für Zellen aus monokristallinem
und einem solchen von 26% für Solarzellen aus polykristallinem Silizium
mit aller Deutlichkeit.
Sollen Solarzellen aber in grossem Stil zur Energiegewinnung eingesetzt
werden, so können die bisherigen, auf kristalline Wafer-Technik basierenden
Herstellungsverfahren aus folgenden Gründen kaum beibehalten werden:
• Materialbedarf
• Bedarf an grauer Energie
• Herstellungskosten
Die Solarzellen-Wafer können aus mechanischen Stabilitätsgründen nicht in
Scheiben mit einer Dicke unterhalb 200 bis 300 µm geschnitten werden,
obwohl für die Lichtabsorption bereits halb so dicke Silizium-Wafer voll
ausreichen würden. Dies hat einen sehr hohen Materialbedarf von ungefähr
10 Tonnen hochreinem Silizium pro installiertes Megawatt zur Folge [28].
Auch in bezug auf den Bedarf an Primärenergie schneiden die kristallinen
Zellen mit einem Bedarf von etwa 10 kWh pro installiertes Watt im Vergleich zu den Dünnfilm-Technologien schlecht ab [28]. Hauptverantwortlich
dafür ist die sehr energieaufwendige Herstellung des Ausgangsmaterials für
die Solarzellenproduktion. Dazu müssen bei hohen Temperaturen SiliziumKristalle gezüchtet werden, woraus dann anschliessend die Waferscheiben
geschnitten werden. Diese aufwendigen Herstellungsprozesse, welche
grösstenteils der Mikroelektronik entnommen sind, verursachen sehr hohe
Herstellungskosten, welche sich letztendlich im hohen Preis der kristallinen
Solarzellen niederschlagen.
Im Vergleich zu allen anderen Solarzellen-Technologien ist die kristalline
Wafertechnik die am weitesten ausgereifte Technik und wird aufgrund ihrer
derzeitigen Marktstellung auch in den nächsten Jahren in der praktischen
Umsetzung sicher noch die vorherrschende Rolle spielen. In der kristallinen
Technologie werden Verbesserungen im Wirkungsgrad nur noch punktuell
und in kleinen Schritten erfolgen. Bei den Herstellungskosten sind durch
Automatisierung und Optimierung der Produktionsverfahren bedeutende
Fortschritte möglich.
Die Dünnfilmtechnologien stellen eine vielversprechende Hoffnung für die
Zukunft dar, denn sie versprechen in einigen Jahren ähnliche Wirkungsgrade
wie die heutigen kristallinen Solarzellen bei deutlich geringerem Materialund Energieaufwand in der Herstellung.
Allen Dünnfilm-Verfahren gemeinsam ist der sehr sparsame Umgang mit
dem Halbleitermaterial. Im Gegensatz zu den kristallinen Wafern sind die
Dünnfilm-Solarzellen mit einer Dicke zwischen 0.5µm und 5µm hauchdünn. Ihre Dicke richtet sich nach dem Absorptionskoeffizienten des Materials und wird nur so dick gewählt, dass ein Grossteil der einfallenden
Strahlung im Material absorbiert werden kann.
Ein weiterer grosser Vorteil der Dünnfilmtechniken besteht darin, dass die
Serieschaltung einzelner Zellen zu einem Modul in den Herstellungsprozess
der Solarzellen integriert werden kann. Dadurch lassen sich Solarmodule mit
höherer Ausgangsspannung in einem kontinuierlichen Bandprozess herstellen. Diese Eigenschaft ist im Hinblick auf eine kostengünstige industrielle
Massenfertigung viel entscheidender als der für die Serieschaltung erforderliche Zusatzaufwand.
Von den Dünnfilmtechnologien ist einzig die amorphe Silizium-Technologie
mit einem Marktanteil von knapp 15% auf dem Markt etabliert [27]. Ihr
grosser Nachteil ist der sehr niedrige Wirkungsgrad bei den kommerziell
erhältlichen Modulen. Die Cadmium-Tellurid und die CIS-Technologie, die
vom Wirkungsgrad her bessere Ergebnisse verspricht, befindet sich zur Zeit
in der Pilotphase oder in der Markteinführungsphase. Tabelle 2.1 zeigt, dass
die bisher erreichten Labor-Wirkungsgrade vor allem bei den CIS-Solarzellen mit Spitzenwerten von η sz = 20% äusserst erfreulich sind. Figur 2.11
zeigt aber, dass die erzielbaren Wirkungsgrade in der Massenfertigung immer hinter den entsprechenden Werten der Laborzellen hinterherhinken [18].
Wunsch
Labor
Wirkungsgrad
2.6.1
- 45 -
Realistisches Ziel
Pilotanlage
Industrie
Komplexität
Figur 2.11: Wirkungsgrad und Komplexität der Solarzellen
in ihren verschiedenen Entwicklungsstadien
Die Komplexität der sehr kleinflächigen Laborzellen muss einerseits im Hin-
- 46 -
- 47 -
blick auf eine kostengünstige Massenfertigung so weit wie möglich reduziert
werden, andererseits entstehen bei der Aufskalierung aber auch zusätzlich
neue technische Probleme. Die Anzahl der Fehlerstellen und Inhomogenitäten im Halbleiter steigt beispielsweise mit zunehmender Fläche stark an.
Betriebsstunden verringert, um sich dann auf einem tieferen Niveau zu stabilisieren. An der Lösung dieses Problems wird zur Zeit weltweit geforscht.
Ein vielversprechender Ansatz scheint die an der Universität Neuchâtel entwickelte sogenannte mikromorphe Solarzelle. Es handelt sich dabei um eine
Tandemzelle bestehend aus einer amorphen Silizium- und einer mikrokristallinen Silizium-Solarzelle. Dieser Solarzellentyp befindet sich zur Zeit
noch im Laborstadium. Die Ergebnisse dort sind sehr ermutigend und könnten den Stellenwert der amorphen Solarzellen-Technologie bereits in naher
Zukunft wesentlich steigern.
Für den kommerziellen Erfolg der Photovoltaik sind die Energiegestehungskosten EP pv entscheidend. In der Praxis werden zur Zeit zwei Ansätze verfolgt, um dieses Ziel zu erreichen:
[ SFr ⁄ Zellenfläche ]
EP pv = [ SFr ⁄ Watt ] = ------------------------------------------------------[ Zellenfläche ⁄ Watt ]
(2.8)
Im Zähler der Gleichung 2.8 steht ein Mass für die Produktionskosten, die
Grösse im Nenner hingegen ist umgekehrt proportional zum Wirkungsgrad
der Solarzellen. Laut Gleichung 2.8 stellt sich nun bei der Optimierung die
Frage, ob die Technologie auf höchste Wirkungsgrade oder auf möglichst
tiefe Herstellungskosten getrimmt werden soll. Die Erfahrungen zeigten,
dass sich mit der teuren kristallinen Technologie auch die besten Wirkungsgrade erzielen liessen, während all jene Technologien, welche wesentlich tiefere Produktionskosten versprachen, leider auch mit einem sehr bescheidenen Wirkungsgrad aufwarteten [30]. Neueste Laborergebnisse und erste
Erfahrungen in der Pilotphase, insbesondere für die CIS-Technologie, versprechen auch für industriell gefertigte Dünnfilm-Solarzellen in Zukunft
Wirkungsgrade im Bereich η sz = [ 10..... 15 ]% . An der Substitution des in
den CIS-Solarzellen verwendeten umweltschädlichen Cadmiums durch ein
unbedenkliches Material wird derzeit ebenfalls geforscht. Sollte dieses Vorhaben gelingen, könnte die CIS-Technologie der Photovoltaik den Weg zu
einer kostengünstigen und umweltfreundlichen Stromerzeugung weisen.
Eine Verbilligung der photovoltaischen Stromproduktion verspricht auch die
Cadmium-Tellurid-Technologie. Ihr Wirkungsgrad liegt zwischen demjenigen der amorphen und jenem der CIS-Solarzellen. Die Vorbehalte in bezug
auf die Umweltverträglichkeit der verwendeten Materialien gilt natürlich
auch für die Cadmium-Tellurid-Solarzellen.
Völlig unbedenklich für die Umwelt ist die amorphe Silizium-Technologie.
Silizium ist völlig ungiftig und eines der Elemente, welche in der Erdkruste
am allerhäufigsten vorkommen. Versorgungsengpässe sind daher kaum zu
befürchten, denn Sand besteht hauptsächlich aus Silizium. Das grosse Problem der amorphen Silizium-Technologie ist die lichtinduzierte Degradation
aufgrund des Staebler-Wronski-Effektes. Sie bewirkt, dass sich der Wirkungsgrad η sz der amorphen Solarzellen in den ersten paar Hundert
Neben den besprochenen Dünnfilm-Technologien existieren noch weitere
Typen von Solarzellen, wie beispielsweise die unter dem Namen GraetzelZellen bekannt gewordenen farbstoffsensitiven nanokristallinen Solarzellen.
Es handelt sich dabei um eine elektrochemische Flüssigkeitszelle mit Titandioxid als Elektrolyten und einem Farbstoff zur Verbesserung der Lichtabsorption. Sie befindet sich gegenwärtig noch in einem Entwicklungsstadium, in dem grundlegende Fragen wie jene ihrer Langzeit-Stabilität oder
der industriellen Reproduzierbarkeit ihres Herstellungsprozesses untersucht
werden. Bis zu ihrem Markteintritt dürften daher noch mindestens 5 bis 10
Jahre vergehen.
Das Potential und der gegenwärtige Entwicklungsstand der wichtigsten
Dünnfilm-Solarzellen-Typen versprechen in absehbarer Zeit Wirkungsgrade
im Bereich der heutigen kristallinen Technologien, allerdings bei wesentlich
geringerem Material- und Herstellungsaufwand.
2.6.2
Preis- und Marktentwicklung
Für die zukünftige Marktentwicklung der Photovoltaik ist eine Reihe schwer
quantifizierbarer Faktoren entscheidend. Die wichtigsten unter ihnen sind:
• Preis der Photovoltaik-Anlagen und insbesondere der Solarmodule
• Volumen und Marktanteil der Photovoltaik an der elektrischen
Energieversorgung
• Art, Umfang und Laufzeit von öffentlichen Förderprogrammen
• Höhe der Vergütung für ins Energieversorgungsnetz eingespeisten
Photovoltaik-Strom
• Verfügbarkeit an Kapital bei potentiellen Anlagenbetreibern
• Verfügbarkeit an Rohstoffen und Produktionsanlagen zur Herstellung
von Solarzellen
- 48 -
- 49 -
• Preisentwicklung der marktbeherrschenden Energieträger
Geht man davon aus, dass sich die Rahmenbedingungen in Zukunft nicht
allzu stark ändern werden, wird sich der Markt auch in gleicher Weise wie
bisher entwickeln. Unter dieser Annahme lassen sich aufgrund der verfügbaren Daten aus den letzten 10 bis 20 Jahren relativ verlässliche Vorhersagen
über die zukünftige Entwicklung der Photovoltaik machen.
Produktionskapazität [MWp /Jahr]
Die Figur 2.12 zeigt den Verlauf des weltweiten Umsatzes an PhotovoltaikModulen in MW p pro Jahr [31]. Daraus wird ersichtlich, dass der Markt für
Photovoltaik-Module in den letzten 12 Jahren eine durchschnittliche Steigerungsrate von 15% aufweist und dass sich das Wachstum seit 1996 deutlich
beschleunigt hat. Bei gleichbleibendem Wachstum von jährlich 15% muss
im Jahre 2010 mit einem Solarmodul-Umsatz von etwa 630 MW p gerechnet werden. Dies würde die weltweit installierte Photovoltaik-Gesamtleistung bis zu diesem Zeitpunkt auf über 4000 MW p steigern. Gegenüber
dem Stand des Jahres 1995 mit einer weltweit installierten Gesamtleistung
von 530 MW p stellt dies eine Steigerung der Energieproduktionskapazität
mittels Photovoltaik um 750% in lediglich 15 Jahren dar. Angesichts der
Wachstumsbeschleunigung der letzten Jahre kann diese Marktabschätzung
als eher vorsichtig bezeichnet werden.
150
125
100
module und die fortlaufende Verbesserung und Rationalisierung der Herstellungsverfahren gerieten auch die Preise für Solarstromanlagen ins Rutschen.
Figur 2.13 zeigt den Verlauf der teuerungsbereinigten Preisentwicklung der
Gesamtsystemkosten für Photovoltaik-Anlagen in der Schweiz seit 1988.
Photovoltaik−Systempreis [SFr./ Wp ]
• Gesetzliche Rahmenbedingungen in den Bereichen Bauwesen, Steuern
und Einspeisevorschriften
30
25
20
15
10
5
0
1988
1990
1994
1996
1998
2000
Jahr
Figur 2.13: Systemkosten für Photovoltaik-Anlagen in der Schweiz [32]
Aus Figur 2.13 ist ersichtlich, dass sich die Systemkosten pro installiertes
Photovoltaik-Watt innerhalb von nur 10 Jahren um den Faktor 3 verringert
haben. Die spezifischen Kosten variieren dabei sehr in Abhängigkeit von der
Anlagengrösse, wie die in Tabelle 2.7 dargestellten mittleren Systemkosten
der durch das Bundesamt für Energie (BfE) in den Jahren 1997 und 1998
geförderten Anlagen in der Schweiz zeigen.
Systemgrösse
75
1992
Spezifische Kosten
1-2
kW p
15’470.- SFr. ⁄ kW p
50
2-4
kW p
14’040.- SFr. ⁄ kW p
25
4 - 10
kW p
13’100.- SFr. ⁄ kW p
10 - 50
kW p
12’570.- SFr. ⁄ kW p
50 - 100
kW p
11’960.- SFr. ⁄ kW p
0
1970
1975
1980
1985
1990
1995
2000
Jahr
Figur 2.12: Weltweiter Photovoltaik-Modul-Umsatz in MWp pro Jahr
Durch den starken Ausbau der weltweiten Produktionskapazitäten für Solar-
Tabelle 2.7: Mittlere Systemkosten der durch das BfE
in den Jahren 1997 und 1998 geförderten
Photovoltaik-Anlagen in der Schweiz [31]
- 50 -
- 51 -
Vorraussetzung für eine wirksame Kostenoptimierung sind möglichst genaue
Kenntnisse der Kostenaufteilung innerhalb des Energiesystems.
einsparungspotential noch nicht ausgeschöpft. Die vielfältige und innovative
BOS-Industrie trug in den letzten Jahren wesentlich dazu bei, dass die Photovoltaik-Anlagen effizienter, zuverlässiger und billiger wurden.
Kostenverteilung
Typ 1
SFr. ⁄ W p
Typ 2
SFr. ⁄ W p
Typ 3
SFr. ⁄ W p
Systemkomponenten
Kostenverteilung
Solarmodule ohne Rahmen
5.13 SFr. ⁄ W p
Solarmodule mit Rahmen
6.15
6.15
6.15
Wechselrichter
2.92 SFr. ⁄ W p
Wechselrichter
2.92
4.89
2.45
Batterie ( 4 kWh )
1.91 SFr. ⁄ W p
---
2.45
---
Übrige BOS-Komponenten und
Installation
Übrige BOS-Komponenten
und Installation
Total
3.64
3.64
3.28
9.96 SFr. ⁄ W p
Total
12.71
Systemkomponente
Tabelle 2.9: Systemkostenverteilung für Photovoltaik-Fassadenanlagen
17.13
11.88
Tabelle 2.8: Systemkostenverteilung für Photovoltaik-Schrägdachanlagen:
Typ 1: Netzgekoppelte Anlage mit zentralem Wechselrichter
Typ 2: Inselanlage mit Batterie und zentralem Wechselrichter
Typ 3: Netzgekoppelte Anlage mit Modulwechselrichtern [33]
Die anfallenden Kosten für ein photovoltaisches Energiesystem hängen sehr
stark vom Anlagentyp ab, so dass allgemeingültige Aussagen schwierig sind.
In einer Studie der Firma Solarex wurde die Kostenaufteilung für Dach- und
Fassadenanlagen untersucht [33]. Für Schrägdachanlagen wurden drei unterschiedliche elektrische Konfigurationen miteinander verglichen: eine netzgekoppelte Anlage mit zentralem Wechselrichter, eine Inselanlage mit
Batteriespeicher und zentralem Wechselrichter sowie eine netzgekoppelte
Anlage mit modulintegrierten Wechselrichtern. Die spezifischen Kosten für
diese drei Fälle sind in Tabelle 2.8 dargestellt, während in Tabelle 2.9 die
Werte für kommerzielle Photovoltaik-Fassadenanlagen aufgeführt sind. Die
zwei Tabellen 2.8 und 2.9 zeigen, dass die Solarmodule bei netzgekoppelten
Anlagen rund die Hälfte der Kosten ausmachen. Bei Inselanlagen fällt ihr
Anteil aufgrund des benötigten teuren Energiespeichers geringer aus.
Sowohl bei den Solarzellen als auch bei den sogenannten Balance-ofSystem-Komponenten9 des photovoltaischen Energiesystems ist das Kosten-
9) BOS-Komponenten: Die Balance-of-System-Komponenten umfassen ausser den
Solarmodulen alle notwendigen Systemkomponenten wie Batterien, Wechselrichter,
Kabel, Stecker, Schalter, Steuer- und Regelungsplattform, Modulbefestigungen usw.
Bei der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit der Photovoltaik müssen die verschiedenen Anwendungsgebiete und die geographische Verteilung der Nachfrage berücksichtigt werden. Figur 2.14 gibt eine Übersicht über die
heutigen Anwendungsgebiete der Photovoltaik. Daraus ist klar ersichtlich,
dass die Inselanwendungen gegenüber den netzgekoppelten Anlagen eindeutig überwiegen.
3% 3%
21%
3%
3%
4%
5%
7%
16%
11%
15%
3%
Kommunikationssysteme
3%
21%
4%
Solar−Home−Systems
Konsumer−Leistungsanwendungen
5%
Netzgekoppelte Anlagen
Wasserpumpsysteme
7%
Netzfernes Wohnen
Konsumer−Kleinanwendungen
Dorfstromversorgungen
16% Korrosionsschutzanlagen
11%
Militär/Signalanlagen
Sonstige Inselsysteme
12%
Figur 2.14: Übersicht der Anwendungsgebiete der Photovoltaik [34]
Bei den Inselanlagen bilden die Kommunikationsanwendungen die Hauptanwendung, gefolgt von den verschiedenen Siedlungsanwendungen wie
Dorfstromversorgungen, Wasserpumpsystemen und den sogenannten “Solar
- 52 -
- 53 -
Home Systems”. Letztere gewinnen zunehmend an Bedeutung, denn diese
Systeme ermöglichen die Grundversorgung mit Elektrizität der über zwei
Milliarden Menschen, die heute nach wie vor ohne Strom leben. Im Jahre
1997 wurden weltweit über 200’000 solche Systeme installiert, welche die
Menschen mit Elektrizität für Radio, Fernsehen, Licht, Kühlschrank und ein
weiteres Elektrogerät versorgen und ihnen somit neue Bildungs- und
Arbeitsmöglichkeiten eröffnen. Im Konsumer-Sektor überwiegen die Leistungsanwendungen gegenüber den Kleinanwendungen. Beispiele für Leistungsanwendungen sind Stromversorgungen für Campingwagen, Segelboote und andere Freizeitgeräte, während Solarzellen für Uhren, Taschenrechner usw. unter die Kleinanwendungen fallen.
Figur 2.14 zeigt, dass die netzgekoppelten Anlagen mit 12% Marktanteil
immer noch eine relativ bescheidene Stellung einnehmen. Der Grund liegt
darin, dass die Stromgestehungspreise dieser Anlagen im Vergleich zu den
konventionellen Elektrizitätsproduktionsmethoden in Kern-, Kohle-, Gasund Wasserkraftwerken nicht konkurrenzfähig sind.
Indien verfügte 1995 mit einem jährlichen Umsatz von rund 9 MW p über
den weltweit grössten Photovoltaik-Markt. Grund dafür sind Indiens nahezu
ideale Bedingungen: sehr hohe Einstrahlungswerte, gut ausgebildete Fachkräfte, über 100 Millionen Menschen ohne Elektrizitätsversorgung, hohe
Nachfrage nach flächendeckenden Kommunikationseinrichtungen. Darüber
hinaus trug die grosszügige finanzielle Unterstützung seitens der indischen
Regierung auch dazu bei, dass man heute in Indien alle typischen netzfernen
Photovoltaik-Systeme vorfindet. Die Aussichten für die Photovoltaik sehen
in Indien mit einem erschliessbaren Marktpotential im Gigawatt-Bereich
ebenfalls äusserst erfreulich aus.
Bei netzfernen Anwendungen sind Investitionen in photovoltaische Inselsysteme bereits heute oft wirtschaftlich rentabler als die Erschliessung dieser
weit entlegenen Regionen mit dem Energieversorgungsnetz. Aus diesem
Grunde erstaunt die in Figur 2.15 dargestellte Übersicht der wichtigsten
Abnehmerländer für Photovoltaik-Module aus dem Jahre 1995 keineswegs.
Die wichtigsten Anwendungen in der arabischen Welt sind der kathodische
Korrosionsschutz von Pipelines, Akkuladestationen und Stromversorgungen
entlegener Dörfer. Dank der hohen Kaufkraft der Kunden werden überdurchschnittlich grosse Anlagen installiert. Die arabische Welt rückte damit in die
Spitzengruppe der Abnehmerländer für Photovoltaik-Module vor.
Die grössten Zuwachsraten sind in naher Zukunft bei den netzgekoppelten
Anlagen zu erwarten. Hauptverantwortlich dafür sind grosse Solarkraftwerksprojekte in der Wüste von Nevada im Leistungsbereich von 250 MW p
sowie die vielen öffentlichen Förderprogramme in Mitteleuropa, Japan und
in den USA für netzgekoppelte Photovoltaik-Anlagen.
2.6.3
Solarmodulumsatz [MWp /Jahr]
10
9
8
7
6
5
4
3
2
1
Ar
ab In
. S die
ta n
at
e
D
eu U n
S
t
Sü sch A
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M ika
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i
W Ita k
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Br frik
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n
0
Figur 2.15: Wichtigste Abnehmerländer für Photovoltaik-Module [34]
Finanzielle Fördermodelle
Die Energieversorgung basiert heute hauptsächlich auf Erdöl, Kohle, Gas
und Kernkraft. Angesichts der beschränkten Primärenergie-Vorkommen
gehört die Förderung erneuerbarer Energiesysteme zu den vordringlichsten
gesellschaftlichen Aufgaben, um auch in Zukunft die Energieversorgung
sicherstellen zu können. Ohne starkes Engagement der öffentlichen Hand
und verschiedenster Organisationen aus dem Umwelt- und Energiesektor
sowie einzelner Idealisten für eine saubere, umweltgerechte und nachhaltige
Energieversorgung wären sowohl die bisher erzielten als auch die notwendigen künftigen Fortschritte kaum möglich.
Die Förderung der Photovoltaik stützt sich auf zwei Säulen. Dank intensiver
Unterstützung der Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten sollen alle
Schlüsselkomponenten des photovoltaischen Energiesystems technisch und
wirtschaftlich optimiert werden. Dies ist ein sehr kosten- und zeitintensiver
Vorgang. Hohe Forschungs- und Entwicklungsanstrengungen können jedoch
langfristig nur finanziert werden, wenn sich auf dem Markt mit dem hergestellten Produkt Gewinne erzielen lassen. Die Marktentwicklung ist aus die-
- 54 -
- 55 -
sem Grunde von entscheidender Bedeutung und bildet die zweite Säule in
der Förderung der Photovoltaik. Figur 2.16 zeigt die grosse Vielfalt an konkreten Massnahmen zur Markteinführung und Marktentwicklung der Photovoltaik.
USA gar ein 1 Million-Dächer-Programm angekündigt, welches bisher aber
aufgrund beschränkter Finanzen der US-Administration noch nicht richtig
ins Rollen kam. In Europa haben die Niederlande neben Deutschland das zur
Zeit ehrgeizigste Photovoltaik-Programm mit dem Ziel, die installierte Leistung bis ins Jahr 2010 auf 250 MW p zu steigern. Dies entspricht im Vergleich zu heute einer Zunahme um mehr als den Faktor 50.
Deutschland ist sehr innovativ im Bereich der Solarenergie-Förderung. Das
dort neu lancierte 100’000 Dächer-Programm beruht im Gegensatz zu den
meisten bisherigen öffentlichen Programmen mit Subventionscharakter auf
zinslosen Darlehen während 10 Jahren [31]. Das Ziel, für interessierte Anlagebauer verbilligtes Kapital zur Verfügung zu stellen, verfolgen neben dem
Staat auch einige Solargenossenschaften und andere privatrechtliche Organisationen.
Das Sponsoring ist vor allem in Schulen und auf öffentlichen Gebäuden weit
verbreitet. Die daran beteiligten Unternehmen wollen damit ihr ökologisches
Engagement dokumentieren und nutzen diesen Effekt zur eigenen ImagePflege. Der Staat kann auch mittels Steuervergünstigungen Solarenergieförderung betreiben. Dieses Instrument wurde bisher aber nur vereinzelt eingesetzt, indem die Anlagebauer einen Teil ihrer Investitionskosten als Steuerabzüge geltend machen konnten.
Massnahmen zur PVMarkteinführung
und Marktförderung
Investitionsanreize
Demonstrationsanlagen
Subventionsprogramme
Sponsoring
Kredite und Anleihen
Steuervergünstigungen
Energieproduktionsorientierte Massnahmen
Vergütungsanreize
Grüne Stromtarife
Finanzierungsfonds
Solarbörsen
Gemeinschaftsanlagen
Grüne Stromversorger
Sonstige Faktoren
Politisches Umfeld
Information
Figur 2.16: Massnahmen zur Markteinführung und zur Marktförderung der
Photovoltaik [35]
Gemäss Figur 2.16 kann man die Massnahmen zur Markteinführung und
Marktförderung in zwei Hauptgruppen unterteilen. Durch Investitionsanreize sollen die Kosten, die ein potentieller Anlagebauer für den Bau seiner
Photovoltaik-Anlage selber zu tragen hat, gesenkt und die Machbarkeit der
Technologie bewiesen werden. Eine zweite Gruppe umfasst produktionsorientierte Massnahmen mit dem Ziel, den Photovoltaikanteil am gesamten
Elektrizitätsmarkt durch Verbesserung der finanziellen Ertragslage und freiwillige Aufwendungen verschiedenster Gruppierungen zu steigern.
Staatliche Programme zur Förderung der Photovoltaik haben eine lange Tradition. Hohe Beachtung erlangte das zu Beginn der neunziger Jahre in der
Bundesrepublik Deutschland lancierte 1000 Dächer-Programm, in welchem
der Bund und die Länder der BRD insgesamt 70% der Anlagenkosten durch
Subventionen beisteuerten. Dieses Programm rief viele Nachahmer auf den
Plan: in Japan wurde ein nationales 70’000 Dächer-Programm und in den
Bei den produktionsorientierten Fördermodellen spielte die Stadt Burgdorf
in der Schweiz eine Vorreiterrolle. Seit Beginn des Jahres 1991 garantieren
die lokalen industriellen Betriebe den Photovoltaik-Anlagenbetreibern die
Abnahme des erzeugten Solarstromes während der gesamten Lebensdauer
ihrer Anlagen und während den ersten 12 Betriebsjahren einen Strompreis
von 1.- SFr. ⁄ kWh . Die auf dieses Weise entstehenden Mehrkosten für den
Photovoltaikstrom werden auf den gesamten Stromverbrauch verteilt, was
im Falle von Burgdorf im Jahre 1994 Zusatzkosten von 0.31 Rp. ⁄ kWh verursachte [36]. Das Burgdorfer Modell verfehlte seine Wirkung nicht und
kurbelte die Photovoltaik-Investitionen derart stark an, dass die Stadt den im
Aktionsprogramm “Energie 2000” des Bundes gesamtschweizerisch angestrebten Anteil photovoltaisch erzeugter Elektrizität von 1 ⁄ 8 % gemessen
an der gesamten Elektrizitätsproduktion in der Schweiz bereits im Jahre
1995 erreichte. Burgdorf ist noch heute die Schweizer Stadt mit der höchsten
installierten Photovoltaik-Leistung pro Kopf der Wohnbevölkerung.
Das Burgdorfer Modell fand in gleicher oder in ähnlicher Form im In- und
Ausland viele Nachahmer. In Deutschland hat sich mittlerweile das sogenannte “Aachener Modell” der kostendeckenden Vergütung in über 20 Städten und Gemeinden bewährt. Sie deckt alle Kosten zum Bau und Betrieb der
- 56 -
- 57 -
Photovoltaik-Anlage inklusive die Kapitalbeschaffungskosten. Die zugestandene Rendite entspricht dem langfristigen durchschnittlichen Zinssatz
inländischer Wertpapiere und stimmt mit jener Rendite überein, die von der
staatlichen deutschen Strompreisaufsicht auch den Stromversorgern für
deren Investitionen zugestanden wird. In einem unkündbaren Liefervertrag
mit einer Laufzeit von 20 Jahren wird dem Solaranlagenbetreiber vom Netzbetreiber eine über die gesamte Vertragsdauer feste Vergütung des eingespeisten Solarstromes verbindlich zugesagt [41]. Die Höhe der Vergütung wird
von einer Kommission, in der alle massgebenden Kreise vertreten sind, unter
Berücksichtigung der aktuellen Marktpreise periodisch angepasst. Sie betrug
für Anlagen, die bis Ende 1996 ans Netz gingen, 2.01 DM ⁄ kWh , für solche, die bis zum 31. Dezember 1998 ans Netz gingen, 1.89 DM ⁄ kWh und
ab dem 1. Januar 1999 1, 76 DM ⁄ kWh . Mit dem Modell der kostendeckenden Vergütung ist der Preis für eingespeisten Solarstrom so hoch, dass sich
der Bau und Betrieb von privaten Solaranlagen betriebswirtschaftlich rechnet. Die entstehenden Mehrkosten werden auch hier auf sämtliche Tarifkunden abgewälzt. Die Befürworter dieses Modells begründen diesen Sachverhalt damit, dass die umweltfreundliche Stromerzeugung eine Gemeinschaftsaufgabe aller Stromkunden ist.
Banken und andere Finanzinstitute betrachten Investitionen in PhotovoltaikAnlagen immer noch als ein unbekanntes, grosses und unattraktives Risiko.
Im Gegensatz dazu stützen sich alle grünen Tarifmodelle auf die Bereitschaft
interessierter Kunden, freiwillig höhere Strompreise zur Förderung neuer
alternativer und umweltfreundlicher Energiesysteme. Sie leisten durch ihre
Mehrzahlungen einen wichtigen Beitrag zur Markteinführung dieser neuen
Technologien. Die Solarstrombörse bildet eine besondere Form grüner
Stromtarif-Modelle, welche von den Elektrizitätswerken der Stadt Zürich
eingeführt wurde und mittlerweile im In- und Ausland Nachahmer gefunden
hat. Dort tritt das Elektrizitätswerk als Vermittler auf zwischen den Anlagebesitzern und all jenen Konsumenten, die bereit sind, für Photovoltaik-Strom
einen höheren Preis zu bezahlen. In der Stadt Zürich sind dies 2.5 % aller
EWZ10-Kunden. Im Umfang der Nachfrage dieser Kundschaft nach Solarstrom schliesst nun das Elektrizitätswerk mit privaten Partnern langjährige
Stromlieferverträge ab. Das EWZ tritt also nicht selber als PhotovoltaikStromerzeuger auf, sondern versucht den Strom für seine Kunden möglichst
preiswert bei seinen Vertragspartnern einzukaufen. Der harte Konkurrenzkampf unter den Vertragspartnern des EWZ sorgt einerseits dafür, dass die
Kosten für Photovoltaik-Strom stetig sinken, schreckt aber andererseits
potentielle Investoren davor ab, sich in diesem Sektor zu engagieren. Die
10) EWZ: Elektrizitätswerk der Stadt Zürich.
Neben diesen Modellen existiert noch eine Vielzahl von Vereinen und
Genossenschaften zur Förderung der Photovoltaik. Ihre Vielfalt in bezug auf
Besitzverhältnisse und Aktivitäten ist sehr hoch: so bauen einige dieser
Organisationen Gemeinschaftsanlagen, andere sind in der Produktion und im
Verkauf grüner Elektrizität spezialisiert und nochmals andere versuchen, die
gesellschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen der Photovoltaik zu
verbessern. Der grosse Vorteil aller vergütungsorientierten Modelle liegt
darin, dass jeder Photovoltaik-Anlagenbetreiber ein sehr grosses Interesse
hat, seine Anlage zu warten und sie in einwandfreiem Zustand zu halten,
denn nur so kann er möglichst lange von den hohen Vergütungserlösen für
den ins Energieversorgungsnetz eingespeisten Strom profitieren.
Das politische und gesellschaftliche Umfeld spielt eine wichtige Rolle bei
der Einführung und Umsetzung neuer Technologien. Eine nachhaltige Entwicklung der Nachfrage, welche für eine kontinuierliche Marktentwicklung
der Photovoltaik unbedingt erforderlich ist, kann ohne günstige gesetzliche
Rahmenbedingungen nicht erzielt werden. Die Schweiz steht derzeit im
Bereich der Energiepolitik vor neuen Weichenstellungen. In Deutschland ist
dies teilweise mit dem Beschluss, aus der Atomenergie auszusteigen, bereits
erfolgt. Auch bei der Förderung erneuerbarer Energien hat Deutschland eine
Vorreiterrolle inne. So nimmt die Nutzung der Windkraft vor allem in den
dafür geeigneten Küstenbereichen stark zu und für Solarstrom werden in der
Bundesrepublik seit April dieses Jahres mindestens 99 Pfennige pro kWh
vergütet [37].
Die zukunftsweisenden Förderprogramme Deutschlands sind genau so wie
die erzielten Erfolge anderer Länder das Ergebnis jahrelanger Bemühungen.
Daran beteiligt sind Hochschulen, Forschungsinstitute, eine Vielzahl von
Unternehmungen aus dem Bau, Industrie- und Energieversorgungssektor,
viele Energie- und Umweltorganisationen sowie einflussreiche Vertreter aus
Wissenschaft, Politik und Wirtschaft. Nicht zu vernachlässigen ist auch der
Beitrag all jener, die durch Information und Demonstration der Machbarkeit
photovoltaischer Energiesysteme, dazu beitrugen, dass in den letzten Jahren
die Zahl jener stark gestiegen ist, die sich Gedanken über eine nachhaltige
ressourcen- und umweltschonende zukünftige Energieversorgung machen
und auch bereit sind, in irgend einer Form einen Beitrag in diese Richtung zu
leisten.
- 58 2.6.4
Generelle Entwicklungen im Systembereich
Entscheidend für den erzielbaren Energieertrag von Photovoltaik-Anlagen
ist in erster Linie der Wirkungsgrad der Solarmodule und des Umrichters
sowie die Ausrichtung, die Beschattung und der Anstellwinkel des Solargenerators. Diese Faktoren definieren die Leistungs-Performance der Solaranlage. Für den finanziellen Ertrag sind jedoch noch weitere Einflussgrössen
wie Kauf- und Wartungskosten sowie die Zuverlässigkeit der Anlage von
entscheidender Bedeutung. Ein Wechselrichterausfall verursacht beispielsweise bei einer konventionellen Anlage einen 100-prozentigen Produktionsausfall. Die Verfügbarkeit des Wechselrichters geht also ebenso unmittelbar
in die Gestehungskosten für Photovoltaik-Strom ein wie beispielsweise die
Anschaffungskosten der Anlage. Der Steigerung der Zuverlässigkeit von
Solaranlagen muss hohe Beachtung geschenkt werden. Die Standardisierung
der technischen Spezifikationen sowie der Prüf- und Produktionsverfahren
der Schlüsselkomponenten und insbesondere die Mehrfachnutzung des
Solargenerators versprechen weitere Kostensenkungen. Standardisierte
Komponenten ermöglichen höhere Stückzahlen, fördern den Wettbewerb
unter den Komponentenherstellern und führen somit zu tieferen Kosten pro
Einheit. Sie äussert sich ebenfalls im heutigen Trend weg von den Grossanlagen hin zu kleineren modularen Systemen. Eine Mehrfachnutzung lässt
sich durch die Gebäudeintegration der Photovoltaik-Anlage erreichen, denn
dadurch wird es möglich, den Solargenerator gleichzeitig auch als Gebäudehülle zu verwenden. Auf diese Weise können die Gesamtinvestitionskosten
für Gebäudehülle samt Photovoltaik-Anlage gesenkt und die Kosten im
Bereich des Balance-of-Systems weiter reduziert werden. Bei einem Kostenanteil von 30 bis 50% an den Gesamtkosten sind auch in Zukunft noch weitere Kostensenkungen in diesem Bereich nötig.
Das Ergebnis der Mehrfachnutzung sind Solardächer und Solarfassaden.
Neben der technischen Machbarkeit dieses Ansatzes zeigten in den letzten
Jahren unzählige Beispiele nicht nur in der Schweiz, sondern weltweit, dass
die Solararchitektur auch sehr hohen ästhetischen Ansprüchen gerecht werden kann.
2.7
Zusammenfassung
Langfristig werden sich die Energieversorgungssysteme aufgrund der
beschränkten fossilen Ressourcen auf erneuerbare Energiequellen abstützen
müssen. Photovoltaik-Anlagen, welche das Sonnenlicht direkt in elektrische
Energie umwandeln, erfüllen die Anforderungen an eine nachhaltige
- 59 umweltverträgliche Energieversorgung und werden aus diesem Grunde in
Zukunft weiter an Bedeutung gewinnen.
Das technische Potential der Photovoltaik ist beträchtlich, und mit jährlichen
2
Strahlungswerten von G = [ 950…1400kW ⁄ m ] je nach Standort verfügt
die Schweiz im Vergleich zu vielen Gegenden Mitteleuropas auch über gute
Rahmenbedingungen. Zur Deckung ihres gesamten Strombedarfs wäre eine
2
Fläche von A CH , tot = 430 km notwendig, was etwa der doppelten Fläche
des Neuenburgersees entspricht. Studien belegen ferner, dass der Gebäudepark der Schweiz auch über ein grosses photovoltaisches Potential verfügt.
Allein durch Nutzung der gut bis sehr gut geeigneten Gebäudeflächen mit
einem Energieertrag von mindestens 80% des am jeweiligen Standort maximal erzielbaren Wertes könnte über ein Drittel unseres jährlichen Strombedarfs von E CH , tot = 50 TWh gedeckt werden.
Um aber das technisch nutzbare Potential voll auszuschöpfen, sind vor allem
im Bereich der Solarzellen noch grosse Fortschritte notwendig. Kommerziell
erhältliche Solarmodule weisen heute einen stabilisierten Wirkungsgrad
zwischen 6 und 15% auf. Die kristallinen Solarzellen beherrschen mit ihren
guten Wirkungsgraden von 11% bis 15% nach wie vor den Markt. Leider
nehmen sie aufgrund ihrer sehr energieintensiven Produktionsverfahren, insbesondere dem Ziehen der Siliziumkristalle zur Waferherstellung, auch in
bezug auf die Kosten eine Spitzenstellung ein. Die Dünnfilmtechnologien
versprechen starke Material- und Energieeinsparungen bei der Herstellung
gegenüber der kristallinen Technologie. Damit lässt sich auch die Energierücklaufzeit11 von ungefähr 4.5 Jahren heutiger Anlagen mit kristallinen
Solarzellen um mehr als den Faktor 2 reduzieren. Mit ersten Modulwirkungsgraden im Bereich zwischen 12% und 14% stellt insbesondere die
CIS12-Technologie ein grosses Versprechen für die Zukunft dar. Ihr Potential
ist aber genauso wie jenes anderer vielversprechender Dünnfilmtechnologien bei weitem noch nicht ausgeschöpft, sondern erfordert weitere Forschungsanstrengungen.
Obwohl sich die Kosten für Solarmodule seit 1988 um mehr als den Faktor 3
verringert haben, ist Strom aus Photovoltaik-Anlagen immer noch lediglich
11) Energierücklaufzeit: Zeitspanne, die von einer Photovoltaik-Anlage benötigt wird,
um soviel Energie zu produzieren wie für die Herstellung sämtlicher Anlagenteile
aufgewendet werden musste.
12) CIS: Kürzel für CuInSe2- oder Kupfer-Indium-(Di)Selenid.
- 60 in netzfernen Anwendungen wirtschaftlich rentabel. Es erstaunt daher nicht,
dass Indien mit über 100 Millionen Menschen ohne Stromversorgung und
die arabische Welt die weltweit grössten Photovoltaik-Märkte darstellen.
Energieversorgungen für Kommunikationsanlagen stellen die Hauptanwendung dar, gefolgt von den Dorfstromversorgungen, Wasserpumpsystemen
und den sogenannten “Solar Home Systems”, welche die Menschen mit
genügend Elektrizität für Radio, Fernsehen, Licht, Kühlschrank und ein weiteres Elektrogerät versorgen.
Die höchsten Zuwachsraten werden in den nächsten Jahren bei den netzgekoppelten Anlagen zu erwarten. Dafür sprechen Grossprojekte in der Wüste
von Nevada sowie die öffentlichen Förderprogramme für netzgekoppelte
Photovoltaik-Anlagen in Mitteleuropa, Japan und in den USA.
Die Photovoltaik gehört bereits heute mit jährlichen Zuwachsraten zwischen
20% und 30% weltweit zu den bedeutendsten Wachstumsmärkten. Rechnet
man in den nächsten Jahren mit einem durchschnittlichen Wachstum von
jährlich 15%, wird die Produktionskapazität für Solarmodule bis ins Jahr
2010 auf ungefähr 630 MW p pro Jahr steigen. Dies würde die weltweit
installierte Photovoltaik-Gesamtleistung bis zu diesem Zeitpunkt auf über
4000 MW p steigern. Trotz stolzer Zuwachsraten sieht diese Zahl im Quervergleich mit anderen Energiesystemen immer noch sehr bescheiden aus. Sie
entspricht in etwa der Produktionskapazität von 4 Kernkraftwerken. Die
getroffene Annahme von 15% Wachstum pro Jahr ist eher konservativ und
wurde in den letzten beiden Jahren zum Teil deutlich übertroffen.
Setzt sich die bisherige Entwicklung auch im Preisbereich fort, kann mindestens mit Halbierung der Anlagen innerhalb der nächsten 10 Jahre gerechnet
werden. Dies würde den Preis für Photovoltaikstrom in Mitteleuropa unter
50 Rp. ⁄ kWh drücken [38]. In sonnenreichen Ländern wie Griechenland,
Italien, Spanien oder im Süden der USA, wo der Strom wegen der höheren
Einstrahlung nochmals einen Faktor 2 billiger zu stehen kommt, erreichen
die Preise für Solarstrom eine Marke, welche die Photovoltaik zur Deckung
der Spitzenlast in der elektrischen Energieversorgung langsam wirtschaftlich
interessant erscheinen lässt. Dies würde speziell in den südlichen Ländern
Europas sowie etwa in Kalifornien völlig neue Marktdimensionen für die
Photovoltaik eröffnen. Solche Investitionen im Gigawattbereich hätten zur
Folge, dass die Photovoltaik aus ihrer bisherigen Nischenstellung heraustreten und zur breit angewendeten Grosstechnologie werden würde. Wie lange
es bis zu diesem Schritt dauern wird, hängt von sehr vielen schwer quantifizierbaren Faktoren ab und lässt sich zur Zeit nicht vorhersagen.
- 61 -
3
Anlagenaufbau und Funktionsweise
3.1
Einleitung
Dieses Kapitel gibt einen Überblick über Aufbau und Wirkungsweise von
Photovoltaik-Anlagen. Zu Beginn wird die Funktionsweise der Solarzelle
beschrieben. Das Schwergewicht liegt dabei in der Beschreibung ihres elektrischen Verhaltens in Abhängigkeit der wichtigsten Betriebsparameter wie
Strahlungsstärke G′ und Temperatur T sowie in der mathematischen Modellierung der Solarzellen-Kennlinie.
Ausgehend vom elektrischen Verhalten der Solarzelle werden anschliessend
Aufbau und Funktionsweise einer konventionellen Photovoltaik-Anlage
besprochen. Besonderes Augenmerk gilt dabei dem Verhalten der Anlage,
wenn Teile des Generators beschattet sind. Abschattungen können zu überproportional starken Leistungs- und Ertragseinbussen führen und bergen darüber hinaus auch die Gefahr der Zerstörung von Solarmodulen aufgrund
thermischer Überlastung und der Ausbildung sogenannter Hot-Spots1. Speziell bei Grossanlagen muss dem Betriebsverhalten bei Teilbeschattung des
Solargenerators sowohl aus wirtschaftlichen Überlegungen als auch aus
Sicherheitsgründen Beachtung geschenkt werden.
Abschattungen lassen sich in der Praxis niemals vollständig verhindern.
Laubblätter, Vogelexkremente, sonstiger Schmutz, Teilabdeckung durch
Schnee oder Schattenwurf benachbarter Objekte wie Häuser, Bäume oder
Berge sind die hauptsächlichen Abschattungsquellen. Wie hoch die dadurch
hervorgerufenen Ertragseinbussen sind, hängt natürlich vom Grad der
Abschattung, aber auch in starkem Masse von der Struktur der Anlage ab. In
diesem Bereich liegt einer der Hauptvorzüge des modulintegrierten Ansatzes
gegenüber dem klassischen Photovoltaik-Anlagenbau.
Beim modulintegrierten Ansatz verfügt jedes Solarmodul über einen eigenen
Umrichter. Dank ihm lässt sich jedes einzelne Modul elektrisch vom Rest
des Solargenerators vollständig entkoppeln und individuell im MPP2-Punkt
regeln. Dies führt zu einer wesentlichen Steigerung der Schattentoleranz des
Gesamtsystems, denn nun wirken sich Teilabschattungen des Solargenera-
1) Hot-Spot: bildet sich dann, wenn in einer einzelnen Solarzelle, die beispielsweise
durch ein Laubblatt voll beschattet ist und daher zum Verbraucher wird, ein Grossteil
der von den benachbarten Zellen erzeugten Leistung in Wärme umgesetzt wird.
2) MPP: Kürzel für “Maximum-Power-Point”; Die MPP-Regelung sorgt dafür, dass der
Solargenerator stets im Punkt mit maximaler Leistungsabgabe betrieben wird.
- 62 -
- 63 -
tors nicht mehr auf das Gesamtsystem aus, sondern beschränken sich auf die
betroffenen Solarmodule. Weil die heute kommerziell erhältlichen Module
im Innern wiederum aus in Reihe geschalteten Einzelzellen bestehen, treten
im Abschattungsfall auch innerhalb eines Einzelmoduls prinzipbedingt diesselben Effekte, wenn auch in einer abgeschwächten Form auf. Vollständig
vermeiden lassen sie sich nur durch den Verzicht auf die Serieschaltung der
Solarzellen auch innerhalb der einzelnen Module.
Der Einzellen- oder SCMIC3- Systemansatz ist demzufolge die logische
Konsequenz des Modularisierungstrends im Photovoltaik-Anlagenbau.
Seine wesentlichen Merkmale bestehen darin, dass jedes Modul aus einer
einzigen grossflächigen Solarzelle besteht und dass jedes Modul über einen
eigenen Umrichter verfügt. Dies verleiht den einzelnen Teilflächen des
Solargenerators ein Höchstmass an Entkopplung und führt zu einem optimal
schattentoleranten System. Darüber hinaus birgt dieser neue Ansatz ein beachtliches Kosteneinsparungspotential. Dazu muss eine vollautomatisierbare
Massenfertigung eines standardisierten und direkt ans öffentliche Energieversorgungsnetz anschliessbaren Produktes angestrebt werden. Dies bewirkt
nicht nur sinkende Stückpreise, sondern hat auch beträchtliche Einsparungen
beim teuren Engineering neuer Photovoltaik-Anlagen zur Folge.
Die Beurteilung des praktischen Stellenwertes der verschiedenen AnlagenKonzepte sowie die Spezifikation der Anforderungen an den Solargenerator
und an den modulintegrierten Umrichter des SCMIC-Systemansatzes folgen
am Schluss dieses Kapitels.
die Solarzelle in Flussrichtung betrieben und ist aufgrund ihrer natürlichen
Spannungsbegrenzung auf geringe Werte sehr robust. Völlig anders verhält
sie sich in Sperrichtung: dort sperrt die Diode bis zu wesentlich höheren
negativen Spannungen u sz , ehe der Strom beim Erreichen der Zener- oder
Durchbruchsspannung u b rapide ansteigen kann. Wird in diesem Betriebsbereich der Solarzellenstrom i sz nicht von aussen auf kleine Werte begrenzt,
kann die Solarzelle durch thermische Überhitzung zerstört werden.
3.2
Funktionsweise der Solarzelle
3.2.1
Das Funktionsprinzip der Solarzelle
Gemäss den Ausführungen in Kapitel 2.4.1 wandeln Solarzellen die Sonneneinstrahlung durch spektrale Lichtabsorption direkt in elektrische Energie
um. Aus physikalischer Sicht handelt es sich bei den Solarzellen um Halbleiterdioden mit einer sehr grossen lichtexponierten Sperrschicht.
Ihr elektrisches Verhalten lässt sich anhand des vereinfachten Ersatzschaltbildes von Figur 3.1 und der in Figur 3.2 dargestellten Kennlinien anschaulich erklären. Die Solarzelle kann durch die Parallelschaltung einer
Stromquelle und einer Diode modelliert werden. Der resultierende Strom i sz
in der Solarzelle berechnet sich demnach aus der Differenz zwischen dem
Photostrom i ph und dem Diodenstrom i d . Bei positiver Spannung u sz wird
3) SCMIC-System: Kürzel für “Single Cell Module Integrated Converter”-System.
i sz
i ph
id
i sz
u sz
u sz
Figur 3.1: Symbol und vereinfachtes Ersatzschaltbild der Solarzelle
i sz
Bestrahlte Zelle (i ph = i ph1 )
Dunkelzelle ( i ph = 0 )
ub
id
i ph1
u sz
Figur 3.2: Kennlinie der Solarzelle im beleuchteten Fall und bei
vollständiger Dunkelheit
Für die Photovoltaik ist der hellgrau hervorgehobene Bereich von Figur 3.2
mit positiver Spannung u sz und positivem Strom i sz , in dem die Solarzelle
elektrische Energie abgibt, besonders wichtig. Trotzdem dürfen bei der Planung und dem Betrieb von Photovoltaik-Anlagen die übrigen Quadranten
nie ausser Acht gelassen werden, denn wird eine Anlage auch nur kurzzeitig
in diesen Arbeitspunkten betrieben, so führt dies nicht nur zu Ertragseinbussen, sondern kann auch, wie bereits erwähnt, Beschädigungen hervorrufen.
- 64 -
- 65 -
Figur 3.3 zeigt den qualitativen Verlauf der Kennlinien für den Strom i sz und
die Leistung p sz an der Solarzelle in Funktion der Spannung u sz sowie die
Kennlinienpunkte mit speziellen Eigenschaften wie der Leerlaufpunkt (LL),
der Kurzschlusspunkt (KS) und der Punkt maximaler Leistung (MPP).
als Generator. Betreibt man sie in Vorwärtsrichtung bei höherer Spannung
u sz als der Leerlaufspannung u sz0 , so wird sie genau so zum Verbraucher,
wie wenn man sie in Rückwärtsrichtung beansprucht, d.h. mit einer negativen Spannung u sz beaufschlagt. Aufgrund der geringen Spannungswerte
u sz ist der Betrieb als Verbraucher in Vorwärtsrichtung zwar unerwünscht
aber ungefährlich, weil die anfallende Verlustleistung beschränkt ist. Kritischer wird es beim Betrieb in Rückwärtsrichtung, denn im Bereich des
Durchbruchs existiert keine Strombegrenzung. Wird der Strom in diesem
Bereich nicht durch geeignete äussere Massnahmen begrenzt, kann die Verlustleistung derart ansteigen, dass die Zelle durch auftretende sogenannte
Hot-Spots thermisch zerstört wird.
Wie man der u sz p sz – Leistungskennlinie in Figur 3.3 entnehmen kann,
weist jede u sz i sz – Solarkennlinie in eindeutig identifizierbares Leistungsmaximum p szMPP auf. In Fachkreisen hat sich dafür die englische Bezeichnung “Maximum Power Point” oder kurz MPP durchgesetzt. Die Spannung
u szMPP und der Strom i szMPP im MPP sind aber nicht konstant, sondern
eine Funktion der Strahlungsstärke G' , der Zellentemperatur T sowie einiger weiterer Faktoren. Daher muss der an der Solarzelle angeschlossene Verbraucher seinen Arbeitspunkt durch Anpassen seiner Eingangsimpedanz
dauernd den sich ändernden Verhältnissen nachführen, um die Energieausbeute zu maximieren. Diesen Nachführvorgang des Arbeitspunktes nennt
man “Maximum Power Tracking”.
i sz
i sz0
i szMPP
u sz0
u szMPP
ub
u sz
p sz
p szMPP
ub
KS
LL
u sz
MPP
3.2.2
Die Kennlinie und ihre mathematische Beschreibung
Ausgehend von der vereinfachten Solarzellen-Ersatzschaltung von Figur 3.1
gelangt man zu folgender Gleichung für die Solarzelle:
u
i sz
sz
 -------------
m ⋅ uT 

–1
= i ph – i d = i ph – i s ⋅ e




(3.1)
kT
u T = -----e
mit
Figur 3.3: Kennlinien für Strom i sz und Leistung p sz an der Solarzelle:
Betrieb der Solarzelle als Erzeuger p sz > 0
Betrieb der Solarzelle als Verbraucher p sz < 0
Zwischen dem Leerlauf- und dem Kurzschlusspunkt arbeitet die Solarzelle
(3.2)
T
m
[K]
[]
k
= 1.3807 ⋅ 10
– 23
e
= 1.6021 ⋅ 10
– 19
Absolute Temperatur
Dioden-Idealitätsfaktor
–1
[WsK ] Bolzmann-Konstante
[As]
Elementarladung
- 66 -
- 67 -
Der Dioden-Idealitätsfaktor m kann prinzipiell einen Wert zwischen 1 und 2
annehmen. Für Siliziumdioden liegt er meist knapp unter 2 [39].
Aus der Gleichung 3.1 folgt durch Einsetzen von i sz = 0 A bzw. u sz = 0V
die Leerlaufspannung u sz0 und der Kurzschluss-Strom i sz0 der Solarzelle.
Um quantitativ zuverlässige Aussagen über die Energieerträge bei den unterschiedlichsten Beschattungsverhältnissen treffen zu können, reicht die vereinfachte Ersatzschaltung von Figur 3.1 nicht aus. Man gelangt auf diese
Weise zum erweiterten Ersatzschaltbild von Figur 3.4, das in PhotovoltaikFachkreisen als Eindioden-Ersatzschaltbild der Solarzelle bezeichnet wird.
i sz0 = i sz
u SZ = 0
u sz0 = u sz
i SZ = 0
= i ph
(3.3)
i ph
= m ⋅ u T ⋅ ln  ------- + 1
 is

(3.4)
Gleichung 3.3 zeigt, dass der Kurzschlussstrom i sz0 identisch ist mit dem
Photostrom i ph der Solarzelle, welcher in erster Näherung proportional zur
Strahlungsstärke G′ ist. Die Temperatur T stellt die zweite sehr wichtige
Einflussgrösse in den Solarzellengleichungen 3.1 bis 3.4 dar. Neben der
Temperaturspannung u T , die linear mit der Temperatur T zunimmt, steigt
insbesondere der Sättigungsstrom der Sperrschicht in Sperrichtung i s sehr
stark mit zunehmender Temperatur T an. Als grobe Faustregel gilt, dass der
Sperrstrom i s sich bei einer Temperaturerhöhung von 10°C verdoppelt [39].
Eine genauere Beschreibung der Temperaturabhängigkeit des Sättigungsstromes i s liefert folgende Gleichung [47]:
3
is = cs ⋅ T ⋅ e
mit
Eg
– ---------k⋅T
–3
(3.5)
cs
[AK ]
Temperaturkoeffizient des Sättigungsstromes
Eg
[eV]
Bandlückenenergie des Halbleitermaterials
id
• Der Seriewiderstand R s setzt sich im Wesentlichen aus dem Widerstand des Halbleitermaterials, den Kontaktwiderständen sowie dem
Widerstand der elektrischen Stromabgriffsstrukturen inklusive Zuleitungen zusammen. Im Gegensatz zum Parallelwiderstand R p wird
beim Seriewiderstand R s ein möglichst kleiner Wert angestrebt [23].
Unter Berücksichtigung der Modellerweiterungen gemäss Figur 3.4 gelten
für die Kennlinie der Solarzelle folgende Gleichungen:
i sz = i ph – i d – i rp
(3.6)
u
d
 -------------
m ⋅ uT 

id = is ⋅ e
–1




(3.7)
u d = u sz + R s ⋅ i sz
(3.8)
ud
i rp = -----Rp
(3.9)
Setzt man die Gleichungen 3.7 bis 3.9 in die Gleichung 3.6 ein, so gelangt
man nach einigen Umformungsschritten zu folgender Kennliniengleichung
für das Eindiodenmodell der Solarzelle:
Eindioden-Ersatzschaltbild
i ph
• Mit dem Parallelwiderstand R p werden Kristallfehler, Unzulänglichkeiten in der Dotierung und andere Defekte modelliert. Um die Leistungsverluste in engen Grenzen zu halten, sollte der Widerstand R p
möglichst gross sein.
i rp
Rp
Rs
ud
u +R ⋅i
i sz
u sz
Figur 3.4: Eindioden-Ersatzschaltbild der Solarzelle
i sz
sz
s sz
- 
 ---------------------------Rp
u sz
m ⋅ uT

= ------------------ ⋅ i ph – i s ⋅ e
– 1 – ------
 Rp
Rs + R p


(3.10)
Mit der Gleichung 3.10 des Eindiodenmodells kann das quantitative Verhalten der Solarzelle zwischen Leerlauf- und Kurzschlusspunkt bereits sehr gut
beschrieben werden. In jenen Fällen, in denen dies noch nicht ausreicht,
- 68 -
- 69 -
muss im Modell gemäss Figur 3.4 parallel zur bestehenden Diode eine
zweite Diode mit unterschiedlichem Sperrstrom i s und unterschiedlichem
Diodenidealitätsfaktor m hinzugefügt werden. Auf diese Weise gelangt man
zum Zweidiodenmodell der Solarzelle. Für die prinzipiellen Untersuchungen des Quellenverhaltens der Solarzelle im Rahmen dieser Arbeit reicht das
Eindiodenmodell aus.
der Gleichungen 3.7 und 3.9 sowie unter Berücksichtigung des Erweiterungstermes 3.11 für die Stromquelle i r nach einigen Umformungsschritten
zur Gleichung 3.13 für die Kennlinie der Solarzelle:
i sz = i ph – i d – i rp – i r
(3.12)
u
Erweiterungsterm für den Betrieb in Sperrichtung
i sz
Das Eindiodenmodell der Solarzelle ermöglicht, das Verhalten der Solarzelle
im ersten Quadranten quantitativ gut zu beschreiben. Um auch den Betrieb in
Sperrichtung und insbesondere im Bereich des Durchbruchs modellieren zu
können, muss die Schaltung von Figur 3.4 mit einer zusätzlichen Stromquelle wie folgt erweitert werden:
mit
i ph
id
i rp
Rp
ir
Rs
ud
i sz
u sz
d
 -------------
ud –n
m ⋅ uT 
1

= i ph – i s ⋅ e
– 1 – u d ⋅ ------ + b ⋅  1 – -----



Rp
u b


(3.13)
u d = u sz + R s ⋅ i sz
Gleichung 3.13 beschreibt den Verlauf der Solarkennlinie i sz ( u sz ) über den
gesamten Spannungsbereich u sz und ermöglicht somit, das Betriebsverhalten der Solarzelle in sämtlichen aktiven und passiven Betriebszuständen, die
in der Praxis von Bedeutung sind, quantitativ zu erfassen.
3.2.3
Der Einfluss verschiedener Parameter auf die Kennlinie
Umwelteinflüsse
Figur 3.5: Erweiterung des Eindioden-Ersatzschaltbildes für den
Betrieb der Solarzelle im Bereich des Durchbruchs
Bei der Quelle i r handelt es sich um eine spannungsgesteuerte Stromquelle.
Ihre Gleichung lautet:
ud –n
i r = b ⋅ u d ⋅  1 – -----

u b
(3.11)
Bei einer kristallinen Solarzelle gelten für die in Gleichung 3.11 vorkommenden Grössen folgende Werte [40], [46]:
u b = – 18
n = 1.9
b = 2.33 ⋅ 10
–3
[V]
Durchbruchspannung
[]
Lawinendurchbruchexponenten
–1
[Ω ]
Anpassungsleitwert
Ähnlich wie bei der Herleitung der Gleichung 3.10 des Eindiodenmodells
der Solarzelle gelangt man, ausgehend von Gleichung 3.12, durch Einsetzen
In diesem Kapitel geht es darum, den Einfluss der verschiedenen Parameter
wie Strahlungsstärke G′ , Temperatur T usw. auf die Kennlinie der Solarzelle quantitativ zu beschreiben.
In der linken Hälfte der Figur 3.6 ist die Abhängigkeit der Strom-Spannungskennlinie der Solarzelle von der Globalstrahlungsstärke G′ dargestellt, während auf der rechten Seite die Leistungskennlinien in Funktion derselben
Grössen aufgeführt sind. Wie nicht anders zu erwarten, hängt die Kennlinie
der Solarzelle sehr stark von der verfügbaren Strahlungsstärke G′ ab. Dies
liegt in erster Linie am Photostrom i ph , welcher sich in sehr guter Näherung
direkt proportional zur Strahlungsstärke G′ verhält. Daraus folgt unter
Berücksichtigung der Kennliniengleichungen 3.1 und 3.10 des vereinfachten
und des erweiterten Ersatzschaltbildes der Solarzelle unmittelbar, dass der
Kurzschlussstrom i sz0 der Zelle ebenfalls proportional zur Strahlungsstärke
G′ ist. Die u sz i sz – Kurvenschar von Figur 3.6 veranschaulicht darüber hinaus, dass die Abhängigkeit der Leerlaufspannung u sz0 von der Strahlungsstärke G′ im Gegensatz dazu eher gering ist. Dies hat aber zur Folge, dass
die Solarzellenspannung u sz beispielsweise in der Dämmerung bereits bei
geringen Einstrahlungen hohe Werte erreichen kann. Die MPP-Ortskurven
- 70 -
- 71 -
zeigen, dass die MPP-Spannung u szMPP mit steigender Strahlungsstärke G′
ebenfalls zunimmt.
Leistungsreduktion mit zunehmender Temperatur T . Man muss also darauf
achten, dass die Solarzellen im Betrieb möglichst kühl bleiben, was in Anbetracht der Tatsache, dass sich die Zellen selbst erwärmen, wenn sie der Sonne
ausgesetzt sind, ein schwieriges Unterfangen darstellt.
Die Figur 3.7 führt deutlich vor Augen, wie wichtig einerseits eine gute
Standortwahl für die Photovoltaik-Anlage und andererseits eine durchdachte
Hinterlüftung der Solarzellen für eine optimale Energieausbeute sind.
G’1
2
G’2 = 800 [W/m ]
2.5
2
G’2
2
G’ = 600 [W/m ]
3
G’3
1.5
2
0
0
0.2
0.4
0.6
Solarzellenspannung usz [V]
0.9
G’4
0.3
2
G’5 = 200 [W/m ]
0.5
1.2
0.6
G’4 = 400 [W/m ]
1
1.5
G’5
0
0.2
0.4
0.6
Solarzellenspannung usz [V]
0
Figur 3.6: Einfluss der Globalstrahlungsstärke G′ auf die Kennlinie einer
kristallinen Solarzelle bei konstanter Temperatur von T = 25 °C :
u sz i sz – und u sz p sz – Kennlinienscharen
MPP-Ortskurven
Neben der Strahlungsstärke G′ hat auch die Temperatur T einen starken
Einfluss auf die Kennlinienform der Solarzelle. Verantwortlich dafür sind,
wie bereits erwähnt, die Temperaturabhängigkeit des Sättigungsstromes i s
und der Temperaturspannung u T . Ihr Einfluss ist in Figur 3.7 dargestellt.
Dabei verhalten sich die Leerlaufspannung u sz0 und der Kurzschlussstrom
i sz0 gegenläufig unter dem Einfluss der Temperatur T :
• Der Kurzschlussstrom i sz0 nimmt mit zunehmender Temperatur T um
etwa 0.1% ⁄ °C zu. Unter konstanten Strahlungsverhältnissen ruft
somit eine Temperaturzunahme von 20°C auf 80°C einen Anstieg des
Kurzschlussstromes i sz0 um 6% hervor.
• Die Leerlaufspannung u sz0 nimmt mit zunehmender Temperatur T um
ungefähr 3mV ⁄ °C ab. Eine Solarzelle mit einer Leerlaufspannung von
u sz0 = 0.6V bei 20°C erreicht bei 80°C noch eine Leerlaufspannung
von u sz0 = 0.42V . Dies stellt eine beträchtliche Spannungseinbusse
von 30% dar.
Die Abnahme der Leerlaufspannung u sz0 ist also weit grösser als die
Zunahme des Kurzschlussstromes i sz0 . Das führt zu einer beträchtlichen
4
2.1
1.8
3 G’ = 1000 [W/m2]
1.5
T = 80 C →
o
2
o
60 C
40o C
o
20 C
1
o
0 C
T = 80o C
60o C
→
→
0
→
→
0.2
0.4
0.6
Solarzellenspannung usz [V]
1.2
→
40o C
o
20 C
0o C
o
−20 C
→
−20o C
0
→
0
0.2
0.9
→
0.4
→
0.6
→
0.3
→
0
0.6
Solarzellenleistung psz [W]
3
Solarzellenstrom isz [A]
1.8
G’1 = 1000 [W/m2]
Solarzellenleistung psz [W]
Solarzellenstrom isz [A]
3.5
Solarzellenspannung usz [V]
Figur 3.7: Einfluss der Temperatur T auf die Kennlinie einer kristallinen
Solarzelle bei konstanter Globalstrahlungsstärke G′ :
u sz i sz – und u sz p sz – Kennlinienscharen
MPP-Ortskurven
In der Praxis sind die Strahlungsintensität G′ und die Temperatur T der
Solarzellen miteinander gekoppelt. In sehr guter Näherung lässt sich ein
linearer Zusammenhang gemäss Gleichung 3.14 finden:
T = k GT ⋅ G′ + T U
mit T
TU
G′
(3.14)
[K]
[K]
Solarzellen-Temperatur
Umgebungs-Temperatur
–2
[Wm ]
–1
Globalstrahlungsstärke
2
k GT = [0.03 .. 0.06] [KW m ] Strahlungs-TemperaturKopplungsfaktor
- 72 -
- 73 -
Die Auswirkungen der Kopplung zwischen Temperatur T und Strahlungsstärke G′ auf das Kennlinienfeld der Solarzelle sind in Figur 3.8 dargestellt.
über der Umgebungstemperatur T U je nach Grösse des Strahlungs-Temperatur-Kopplungsfaktors k GT eine Temperaturerhöhung von 30 bis 60 °C
auf. Der Temperaturunterschied ist umso geringer, je geringer die Einstrahlung ist und je besser die Wärmeübergänge zwischen Solarzelle, Solarmodul
und Umgebung einerseits sind und je besser die Solarmodule mit einem kühlenden Luftstrom andererseits versorgt werden. Eine Temperaturerhöhung
von lediglich 30 °C gegenüber der Umgebungstemperatur T U lässt sich nur
bei Anlagen mit sehr guter Hinterlüftung erreichen. In der oberen Bildreihe
von Figur 3.8 sind die Kennlinienverläufe für diesen Fall dargestellt. Im Vergleich dazu sind in der unteren Bildreihe die Kennlinienverläufe für einen
doppelt so hohen Strahlungs-Temperatur-Kopplungsfaktor k GT aufgeführt.
Bei voller Einstrahlung führt dies auch zu einer doppelt so hohen Überhöhung der Zellentemperatur T gegenüber der Umgebungstemperatur T U .
Strahlungs−Temperatur−Kopplungsfaktor kGT = 0.03 [oC⋅m2/W]
2
Solarzellenstrom isz [A]
G’1 = 1 [kW/m2]
3
G’1
2.5 G’2 = 0.8 [kW/m2]
2
2
G’3 = 0.6 [kW/m ]
1.5
2
1 G’4 = 0.4 [kW/m ]
G’2
→
G’3
→
G’4
→
G’5
→
0
0.2
0.4
0.6
Solarzellenspannung u [V]
sz
G’
G’4 2
G’5 G’
3
0
1.6
1.2
0.8
0.4
→
0.5 G’ = 0.2 [kW/m2]
5
0
G’1
0.2
0.4
0.6
Solarzellenspannung usz [V]
Solarzellenleistung psz [W]
4
3.5
Figur 3.8 ist deshalb sehr wichtig, weil sie das Verhalten der Solarzelle als
Energiequelle in Abhängigkeit der wichtigsten Umweltfaktoren beschreibt.
Aufgrund der dort dargestellten Kennlinienverläufe und Zusammenhänge
sollten bei der Planung und dem Betrieb von Photovoltaik-Anlagen folgende
Punkte beachtet werden:
0
Strahlungs−Temperatur−Kopplungsfaktor kGT = 0.06 [oC⋅m2/W]
2
Solarzellenstrom isz [A]
3.5
G’1
3
1.6
G’1
G’2
2.5
2
G’2
G’3
G’3
1.5
1
G’4
0.5
G’5
0
0
0.2
0.4
0.6
Solarzellenspannung usz [V]
0
→
→
G’4
→
G’5
→
G’1
G’4
G’2
G’5
G’3
→
0.2
0.4
0.6
Solarzellenspannung usz [V]
1.2
0.8
0.4
Solarzellenleistung psz [W]
4
0
Figur 3.8: Auswirkungen der Strahlungs-Temperatur-Kopplung k GT auf
das Kennlinienfeld einer kristallinen Solarzelle:
u sz i sz – und u sz p sz – Kennlinienschar bei T U = 0 [°C]
MPP-Ortskurven bei T U = 0 [°C]
u sz i sz – und u sz p sz – Kennlinienschar bei T U = 20 [°C]
MPP-Ortskurven bei T U = 20 [°C]
u sz i sz – und u sz p sz – Kennlinienschar bei T U = 40 [°C]
MPP-Ortskurven bei T U = 40 [°C]
Laut Gleichung 3.14 weisen die Solarzellen bei voller Einstrahlung gegen-
• Die Energieausbeute ist dann optimal, wenn die Solarzellen bei einer
möglichst geringen Temperatur T betrieben werden. Ein Anstieg der
Umgebungstemperatur T U um 40°C hat bei unveränderter Strahlungsstärke G′ eine Leistungseinbusse von 20 bis 40% zur Folge.
• Ein geringer Strahlungs-Temperatur-Kopplungsfaktor k GT ist aus zwei
Gründen besonders wichtig. Einerseits trägt er auf diese Weise zu einer
tiefen Solarzellen-Temperatur T bei, andererseits verringert er aber vor
allem deren Strahlungsabhängigkeit. Als Folge davon verschiebt sich
auch die “Maximum Power Point”-Spannung u szMPP weniger stark,
wenn sich die Strahlungsstärke G′ ändert.
• Die MPP-Ortskurven zeigen, dass die maximale “Maximum Power
Point”-Spannung u szMPP bei mittleren Einstrahlungsverhältnissen
erreicht wird. Aufgrund der Strahlungs-Temperatur-Kopplung fallen
bei hohen Strahlungsstärken G′ die durch den Temperaturanstieg verursachten Spannungsverluste stärker ins Gewicht als die durch die
höhere Strahlungsstärke G′ hervorgerufene Spannungszunahme.
Eine enge Streuung der MPP-Spannung u szMPP über den gesamten Arbeitsbereich der Strahlungsstärke G′ ist für die Parallelschaltung von Solarzellen
von entscheidender Bedeutung, weil in einer solchen Anordnung alle Zellen
mit derselben Spannung u sz betrieben werden. Je geringer die Streuung der
- 74 -
- 75 -
MPP-Spannungen u szMPP ist, desto geringer fallen auch die Anpassungsverluste unter den parallel verschalteten Einheiten aus.
Beim Modell C müssen die Ströme der zwei Teilzellen addiert werden, um
den resultierenden Strom der abgeschatteten Solarzelle zu erhalten. Aufgrund der verkleinerten Fläche der Teilzellen ändern sich im Vergleich zum
Modell B aber auch einige Parameter der Solarzelle wie beispielsweise der
Sättigungsstrom i s . Figur 3.9 zeigt den Ausgangspunkt mit der zur Hälfte
abgeschatteten Solarzelle sowie die zwei beschriebenen Modelle B und C.
Die Verschiebung der MPP-Ortskurven aufgrund unterschiedlicher Umgebungstemperaturen T U wirkt sich aus folgenden Gründen nicht so gravierend aus wie die Arbeitspunktverschiebungen, welche durch Änderungen
der Strahlungsstärke G′ hervorgerufen werden:
• Die Strahlungsstärke G′ weist im Vergleich zur Zellentemperatur T
eine höhere Dynamik auf. Die Strahlungsstärke G′ kann sich an Tagen
mit lückenhafter Bewölkung im Sekundenbereich stark ändern, wenn
die Wolkenfelder, durch den Wind getrieben, wiederholt für gewisse
Zeit die Sonnensicht versperren.
A
B
C
• Nennenswerte Änderungen der Solarzellen-Temperatur T verlaufen
normalerweise im Minutenbereich. Durch gute thermische Kopplung
der Solarzellen und Solarmodule untereinander kann der Temperaturunterschied zwischen den einzelnen Solarzellen so gering gehalten
werden, dass die von der Temperaturstreuung verursachten Anpassungsverluste gering gehalten werden.
Teilabschattung einer einzelnen Zelle
Das Verhalten einer teilbeschatteten Einzelzelle zu beschreiben, ist extrem
schwierig, weil die Temperatur T streng genommen nicht über die gesamte
Zellenoberfläche gleich ist. Das Berechnen der Temperaturverteilung über
die Solarzellenoberfläche in Funktion der Teilabschattung ist aber nicht
Gegenstand dieser Arbeit. Im Rahmen dieser Arbeit besteht das Ziel vielmehr darin, ein einfaches Modell zu finden, um das elektrische Verhalten
einer teilabgeschatteten Solarzelle quantitativ korrekt zu beschreiben. Ein
Blick in die Literatur zeigt, dass dieses Problem bereits vielfach untersucht
wurde, so auch von Volker Quaschning in seinem Artikel über den Einfluss
von Abschattungen auf die elektrischen Parameter von Solarzellen [48].
Auch er geht von der vereinfachenden Annahme aus, dass die Temperatur T
über die gesamte Solarzellenfläche konstant ist. Er stellt sich anschliessend
die Frage, wie eine Solarzelle, die zur Hälfte vollständig abgeschattet ist,
modelliert werden kann:
• Ein denkbares Modell (B) ist die Bildung des Mittelwertes G′ der einfallenden Globalstrahlungsstärke G′ über die abgeschattete Solarzelle.
• Exakter wäre in diesem Fall der Ansatz, die Zelle an der Abschattungsgrenze zu teilen und den abgeschatteten Solarzellenteil parallel zum
nicht abgeschatteten Teil zu schalten (C).
Figur 3.9: Modellierung einer zur Hälfte abgeschatteten Solarzelle:
A: Zur Hälfte vollständig abgeschattete Einzelzelle
B: Mit Strahlungsstärke-Mittelwert G′ bestrahlte Einzelzelle
C: Unterteilte Zelle mit unterschiedlich bestrahlten Teilhälften
In Figur 3.10 sind die berechneten Solarkennlinien für die beiden Modelle B
und C sowie der relative Stromfehler ∆i sz aufgeführt, den man sich durch
das vereinfachte Modell B gegenüber dem exakteren Modell C einhandelt.
Als Bezugsgrösse für den relativen Stromfehler ∆i sz dient der Kurzschlussstrom i sz0 der Solarzelle gemäss Modell B. Betrachtet man den Verlauf des
relativen Fehlers ∆i sz , so stellt man fest, dass die Kennlinienunterschiede
zwischen Modell B und C über zwei Drittel des Spannungsbereiches u sz der
Solarzelle vernachlässigbar sind. Der relative Stromfehler ∆i sz beträgt im
Kurzschlusspunkt weniger als 1‰ , im MPP rund 1% , und erreicht im
Bereich des Leerlaufes der Solarzelle seinen Maximalwert von etwa 5% .
Der relative Unterschied in der Leerlaufspannung u sz0 beträgt ebenfalls
weniger als 1% . Diese geringfügigen Unterschiede sind sehr erfreulich,
denn sie ermöglichen die Verwendung des Globalstrahlungsmittelwertes G′
für die Berechnung der Solarkennlinie bei teilabgeschatteten Solarzellen,
ohne dass man dabei nennenswerte Abstriche in der Genauigkeit machen
- 76 -
- 77 -
müsste. Diese Tatsache gilt insbesondere auch für den “Single Cell”-Ansatz,
bei dem das Solarmodul aus einer einzigen grossflächigen Solarzelle besteht.
Fall reduziert. Ein Beschattungsgrad von B g = 0 ist somit gleichbedeutend
mit keiner Beschattung.
5
2.4
4
1.8
3
1.2
2
0.6
0
1
0
0.1
0.2
0.3
0.4
0.5
0.6
3.5
0
0.7
Solarzellenspannung usz [V]
Figur 3.10: Kennlinien i sz ( u sz ) und relativer Stromfehler ∆i sz für die
Modelle B und C einer zur Hälfte abgeschatteten Solarzelle:
Kennlinie des vereinfachten Modells B
Kennlinie des exakteren Modells C
Relativer Stromfehler ∆i sz
Für die weiteren Untersuchungen des Energieertrags verschiedener Systemkonfigurationen wird ein Abschattungsgrad B g wie folgt definiert:
A sz, d
G'
B g = ------------- = 1 – ----A sz
G'
2
mit A sz, d [m ]
3
1 [kΩ]
1 [Ω]
0.5 [Ω]
1.8
1.5
→
Rp = 10 [Ω]
2.5
2
→
R = 1 [kΩ]
p
1.2
R = 1 [Ω] →
p
0.9
1.5
0.2 [Ω]
0.5 [Ω]
1
Rp = 0.2 [Ω]
0.5
0
Rp = 0.1 [Ω]
0
0.2
0.4
0.6
Solarzellenspannung usz [V]
0.6
0.3
0.1 [Ω]
0
0.2
0.4
0.6
Solarzellenspannung usz [V]
0
Figur 3.11: Einfluss des Parallelwiderstandes R p auf die Kennlinien einer
kristallinen Solarzelle bei konstanter Temperatur T = 25 [ °C ]
2
und konstanter Strahlungsstärke G′ = 1[kW ⁄ m ] :
u sz i sz – und u sz p sz – Kennlinienscharen
MPP-Ortskurven
(3.15)
Abgeschatteter Flächenanteil des Solarzelle
2
10 [Ω]
Solarzellenleistung psz [W]
3
Die Kennlinienform hängt nicht nur von den zuletzt besprochenen zeitlich
veränderlichen Umweltfaktoren Strahlungsstärke G′ und Umgebungstemperatur T U , sondern auch massgeblich von der Solarzellentechnologie ab.
Solarzellenstrom isz [A]
6
Relativer Stromfehler ∆isz [%]
Solarzellenstrom isz [A]
Technologieeinflüsse
3.6
A sz
[m ]
G'
[Wm ] Mittelwert der Globalstrahlungsstärke der Zelle
G'
[Wm ] Globalstrahlungsstärke der unbeschatteten Zelle
Gesamtfläche der Solarzelle
–2
–2
Der Abschattungsgrad B g gibt also unmittelbar an, in welchem Verhältnis
sich die mittlere Globalstrahlungsstärke G' gegenüber dem unbeschatteten
Zur detaillierten Modellierung des Kennlinienverlaufes wird der Parallelund der Seriewiderstand des erweiterten Ersatzschaltbildes von Figur 3.4
benötigt. Figur 3.11 zeigt den Einfluss des Parallelwiderstandes R p auf die
u sz i sz – und u sz p sz – Kennlinienscharen. Der Parallelwiderstand R p wirkt
sich umso stärker aus, je höher die Solarzellen-Spannung u sz und je kleiner
der Widerstandswert R p ist. Er beeinflusst daher die Kennlinienform vor
allem in der Nähe des Leerlaufpunktes. Der Wert des Parallelwiderstandes
R p liegt bei den meisten heutigen Solarzellen deutlich über 10Ω , sehr oft
sogar im Bereich von 500Ω [23].
Figur 3.12 zeigt die Auswirkungen des Seriewiderstandes R s auf die
u sz i sz – und u sz p sz – Kennlinienscharen. Der Seriewiderstand R s verringert
die Klemmenspannung u sz mit zunehmendem Strom i sz . Die Neigung der
- 78 -
- 79 -
Kennlinien in der Nähe des Leerlaufpunktes verringert sich also mit steigendem Seriewiderstand R s . Praktische Werte für den Seriewiderstand R s liegen im Bereich weniger mΩ [40].
2.5
→
10
10 [mΩ]
[mΩ]
→
1.5
0.2 [Ω]
R = 50 [mΩ] →
s
Rs = 1 [Ω]
0.1 [Ω]
→
1
0.2 [Ω]
0.5 [Ω]
Rs =
=1
1 [Ω]
[Ω]
R
s
0
0.2
0.4
0.6
Solarzellenspannung usz [V]
0.5 [Ω]
1.8
1.5
1.2
0.9
0.6
0.3
Solarzelle C
Rs = 1mΩ, Rp = 100Ω
A
2.5
2
Solarzelle B
R = 20mΩ, R = 10Ω
s
p
1.5
→
FFB = 71.91 [%]
1
Solarzelle A
R = 50mΩ, R = 8Ω
s
p
FFA = 58.11 [%]
= 58.11 [%]
FFA
0.5
0
→
FFC = 82.18 [%]
0
0.1
0.2
→
0.3
uszMPP
A
uszMPP usz0
0.7
C
Solarzellenspannung usz [V]
→
0.5
0
→
Rs = 10 [mΩ]
→
0.1 [Ω]
1 [mΩ]
→
R = 5 [mΩ]
s
→
50 [mΩ]
2
1 [mΩ]
Solarzellenstrom isz [A]
3
5 [mΩ]
Solarzellenleistung psz [W]
Solarzellenstrom isz [A]
3.5
isz0
iszMPP
iszMPPC
0
0.2
0.4
0.6
Solarzellenspannung usz [V]
Figur 3.13: Einfluss der Parameter R s und R p auf den Kurvenverlauf
und auf den Füllfaktor FF sz der Solarkennlinie
0
Tabelle 3.1 zeigt einige typische Kennwerte heutiger Silizium-Solarzellen:
Figur 3.12: Einfluss des Seriewiderstandes R s auf die Kennlinien einer
kristallinen Solarzelle bei konstanter Temperatur T = 25 [ °C ]
2
und konstanter Strahlungsstärke G′ = 1[kW ⁄ m ] :
u sz i sz – und u sz p sz – Kennlinienscharen
MPP-Ortskurven
Eine Solarzelle ist umso idealer, je grösser der Parallelwiderstand R p und je
kleiner der Seriewiderstand R s ist. Als Mass für diese Idealität dient in der
Photovoltaik der sogenannte Füllfaktor FF sz . Er ist gemäss Gleichung 3.16
definiert und beschreibt, wie stark die Solarkennlinie zwischen Leerlauf- und
Kurzschlusspunkt gekrümmt ist. Je höher der Füllfaktor FF sz , desto eckiger
ist der Kennlinienverlauf der Solarzelle.
p szMPP
u szMPP ⋅ i szMPP
FF sz = ---------------------- = -------------------------------------u sz0 ⋅ i sz0
u sz0 ⋅ i sz0
(3.16)
Figur 3.13 zeigt die Kennlinien von drei Solarzellen mit unterschiedlichem
Füllfaktor FF sz . Der Flächeninhalt der markierten Rechtecke entspricht
dabei der MPP-Leistung p szMPP . Diese Flächen werden in Bezug gesetzt
zum Flächeninhalt des Rechtecks, welcher von der Leerlaufspannung u sz0
und dem Kurzschlussstrom i sz0 aufgespannt wird. Daraus folgt unmittelbar
der Füllfaktor FF sz .
Solarzellentyp
Kenngrösse
monokristallin
multikristallin
amorph
tandem
amorph
trippel
Leerlaufspannung
u sz0 [V]
0.61
0.59
1.76
2.16
Leerlaufstrom
i sz0 [A]
3.3
3.0
0.66
0.51
MPP-Spannung
u szMPP [V]
0.49
0.47
1.35
1.5
MPP-Strom
i szMPP [A]
3.1
2.7
0.52
0.4
MPP-Leistung
p szMPP [W]
1.5
1.3
0.7
0.6
Füllfaktor
FF sz [%]
0.75
0.72
0.6
0.55
Tabelle 3.1: Typische Kenngrössen kommerzieller Silizium-Solarzellen
2
bei G' = 1[kW/m ] und T = 25[°C] , [42], [43], [44], [45]
- 80 -
- 81 -
Die Tabelle 3.1 gibt einen guten Überblick über die typischen Kennwerte
heutiger kommerzieller Silizium-Solarzellen. Die Werte gelten für eine
2
Solarzelle mit einer Fläche von 1dm . Dies entspricht der Fläche heutiger
kristalliner Solarzellen. Die Werte in Tabelle 3.1 für die mono- und die multikristallinen Zellen sind somit sehr gute praktische Richtwerte. Die amorphen Zellen bieten aufgrund der in Figur 2.7 erläuterten monolythischen
Serieschaltung grössere Freiheiten bei der Skalierung der Strom- und Span2
nungsachse. So sind mittels Serieschaltung durchaus auch 1dm grosse
amorphe Zellen mit höheren Spannungen und entsprechend geringeren Strömen als in Tabelle 3.1 denkbar. Typisch sind die im Vergleich zu den kristallinen Zellen höhere Leerlaufspannung u sz0 und der geringere Füllfaktor
FF sz der einzelnen amorphen Tandem- und Trippelzellen. Aus den Angaben in Tabelle 3.1 geht aber deutlich hervor, dass die Kenngrössen und die
genaue Kennlinienform sehr stark von der verwendeten Solarzellentechnologie abhängig sind.
Figur 3.14 zeigt die Verläufe der Solarkennlinien gemäss Gleichung 3.13 für
eine kristalline Solarzelle. Die Grafik auf der linken Seite von Figur 3.14 veranschaulicht, dass der aktive Bereich der Kennlinie im Vergleich zu den zwei
passiven Bereichen sehr klein ist. Gefährlich ist vor allem der Betrieb der
Solarzelle in der Nähe des Durchbruchs, denn dort steigt die Verlustleistung
rapide an und kann zu lokaler Überhitzung oder im schlimmsten Fall gar zur
thermischen Zerstörung der Solarzelle führen. In Photovoltaik-Fachkreisen
bezeichnet man dieses Phänomen der Erhitzung einzelner als Verbraucher
arbeitender Solarzellen als “Hot Spot”-Bildung. Die in der Solarzelle in
Wärme umgesetzte Verlustleistung muss von aussen zugeführt werden. In
der Regel stammt sie von den benachbarten Zellen.
Trotz grosser Anstrengungen, diesen Betriebsfall in der Praxis zu vermeiden,
stellt er vermutlich immer noch einen der Hauptgründe für unerklärliche
Ertragseinbussen bei einigen neu errichteten Photovoltaik-Anlagen gegenüber den Vorhersagen vor dem Bau dar [48].
Kennlinienverlauf in Sperrrichtung
Der Kennlinienverlauf in Sperrrichtung darf aus Gründen der Zuverlässigkeit und des Energieertrages nicht ausser Acht gelassen werden, denn
betreibt man die Solarzelle in Sperrrichtung, so wird sie zum Verbraucher.
An
4.5
3
Bg = 0 [%]
Bg = 0 [%]
20 [%]
40 [%]
60 [%]
0
Bg = 80 [%]
100 [%]
Bg = 20 [%]
3.2
Bg = 40 [%]
2.4
Bg = 60 [%]
1.6
Bg = 80 [%]
0.8
→ →
1.5
−1.5
−18 −15 −12 −9 −6 −3
0
Solarzellenspannung usz [V]
4
0
Solarzellenstrom isz [A]
6
→ → →→
Solarzellenstrom isz [A]
7.5
B = 100 [%]
g
3
0
0.2
0.4
0.6
Solarzellenspannung usz [V]
−0.8
Figur 3.14: Kennlinien i sz ( u sz ) einer polykristallinen Solarzelle über den
gesamten Spannungsbereich u sz für eine Strahlungsstärke von
2
G′ = 1[kW ⁄ m ] beim Abschattungsgrad B g = 0 [ % ] :
u sz i sz – Kennlinienscharen
MPP-Ortskurven
3.3
Aufbau und Betriebsverhalten des Solarmoduls
Die Solarzelle stellt die Basis aller photovoltaischen Energiesysteme dar.
Durch Serie- und Parallelschaltung vieler Einzelzellen gelangt man zum
Solarmodul als nächstgrösserer Einheit. Das Modul verhält sich nur im Falle
homogener Bestrahlung ähnlich wie eine einzelne Zelle. So nimmt im Falle
einer gleichmässigen Abschattung des gesamten Moduls dessen Leistung
proportional zum Abschattungsgrad B g ab. Vollständig anders verhält es
sich hingegen, wenn nur ein Teil des Moduls oder gar nur eine einzelne Zelle
abgeschattet wird. Die nachfolgenden Ausführungen werden zeigen, dass
das Ausmass der Energie-Ertragseinbussen entscheidend davon abhängt, wie
die Solarzellen innerhalb eines Moduls miteinander verschaltet sind.
3.3.1
Parallelschaltung von Solarzellen
Bei der in Figur 3.15 dargestellten Parallelschaltung von n Solarzellen zu
einem Modul liegt über allen Zellen dieselbe Spannung u sz an und die
Ströme i sz der Einzelzellen addieren sich zum Modulstrom i sm . Somit gilt:
u sm = u sz, 1 = u sz, 2 = u sz, 3 = … = u sz, n
(3.17)
n
i sm = i sz, 1 + i sz, 2 + i sz, 3 + … + i sz, n =
∑ isz, x
x=1
(3.18)
- 82 -
- 83 -
Bei inhomogenen Einstrahlungsverhältnissen reduziert sich die maximale
Energieausbeute der parallel geschalteten Solarzellen gegenüber dem Idealfall, wo jede Einzelzelle in ihrem Punkt maximaler Leistung betrieben wird.
Wie sich weisen wird, halten sich diese Einbussen bei der Parallelschaltung
im Vergleich zur Serieschaltung in engen Grenzen. Der Grund liegt darin,
dass die MPP-Spannung u szMPP einer guten Anlage sich nur geringfügig in
Funktion der Globalstrahlungsstärke G′ ändert. Die in der oberen Hälfte von
Figur 3.8 und in Figur 3.14 dargestellten MPP-Ortskurvenverläufe untermauern diese Aussage. Weichen die MPP-Spannungen u szMPP der Einzelzellen nur schwach voneinander ab, so handelt man sich mit der durch die
Parallelschaltung aufgezwungenen gemeinsamen Spannung u sm keine allzu
gravierenden Anpassungsverluste ein.
Der gefährlichste Zustand bei der Parallelschaltung von Solarzellen tritt
dann auf, wenn eine einzelne Zelle abgeschattet ist und das ganze Modul im
Leerlauf ist. Dann arbeiten die bestrahlten Zellen in der Nähe ihres Leerlaufpunktes LL und speisen ihre Leistung in die abgeschattete Zelle ein. Wird
die Anzahl parallel geschalteter Solarzellen klein gehalten, so erreichen die
Spannungen u sz und Ströme i sz auch in diesem ungünstigsten Betriebsfall
nie Werte, die für die Sicherheit des Moduls kritisch werden oder gar zu
einem Ausfall des Solarmoduls führen könnten. Die Gefahr der thermischen
Zerstörung der Solarzellen durch die Parallelschaltung ist somit gering.
der Parallelschaltung verringert sich im Normalbetrieb der Gesamtstrom i sm
des Moduls im Abschattungsfall um den Betrag, den die abgeschattete Solarzelle zuvor zum Gesamtstrom i sm beigetragen hatte.
Auf die reine Parallelschaltung von Solarzellen innerhalb eines Moduls wird
in der Praxis wegen der dabei auftretenden hohen Ströme und den dadurch
erforderlichen hohen Kupferquerschnitten, die erforderlich wären, um die
Leitungsverluste zu begrenzen, meistens verzichtet.
i sz, 1
i sz, 2
u sz, 1
i sz, 3
u sz, 2
i sm
i sz, n
u sz, 3
u sz, n
3.3.2
Serieschaltung von Solarzellen
Die Serieschaltung aller Solarzellen innerhalb eines Moduls stellt in den
meisten praktischen Anwendungen den Regelfall dar. Weil aus historischen
Gründen die meisten Module auf den Betrieb in Zusammenspiel mit 12VBatterien ausgerichtet waren, hat sich hierfür eine Zellenzahl zwischen 36
und 40 durchgesetzt. Erst in jüngerer Zeit drängen vermehrt auch grössere
Module mit 72 oder mehr in Serie geschalteten Solarzellen auf den Markt.
Prinzipiell sind aber je nach Anwendungsfall auch Solarmodule mit deutlich
mehr genauso wie solche mit sehr wenigen Zellen innerhalb eines Seriestranges denkbar. Die Leistung kommerzieller Module bestehend aus 36 in
Serie geschalteten kristallinen Silizium-Solarzellen beträgt heute typischerweise 50W .
Der Vorteil der Serieschaltung liegt in der Leistungssteigerung bei gleichbleibendem Strom. So kann die Leistung ohne zusätzliche Ansprüche an die
Kabelquerschnitte für die Verdrahtung des Solargenerators gesteigert werden. Figur 3.16 zeigt die Serieschaltung von n Solarzellen zu einem Modul.
u sm
i sz, n
u sz, n
i sm
u sm
i sz, 3
u sz, 3
i sz, 2
u sz, 2
u sm
i sz, 1
u sz, 1
i sm
Figur 3.15: Parallelschaltung von n Solarzellen innerhalb eines Solarmoduls
u sm
Sobald das Solarmodul belastet wird, verringert sich seine Spannung u sm
und somit auch der negative Strom i sz in der abgeschatteten Solarzelle. Bei
i sm
Figur 3.16: Serieschaltung von n Solarzellen innerhalb eines Solarmoduls
- 84 -
- 85 -
Bei der Serieschaltung sind alle Zellenströme i sz gleich, während sich die
Spannungen u sz der Einzelzellen zur Modulspannung u sm addieren.
Im Falle gleichmässiger Einstrahlungsverhältnisse über das gesamte Modul
weisen alle Solarzellen dieselbe Kennlinie auf. Dann gelten für die Spannung u sm und den Strom i sm des Solarmoduls folgende Zusammenhänge:
i sm = i sz, 1 = i sz, 2 = i sz, 3 = … = i sz, n
(3.19)
i sm = i sz
u sm = n ⋅ u sz
(3.21)
n
u sm = u sz, 1 + u sz, 2 + u sz, 3 + … + u sz, n =
∑ usz, x
(3.20)
x=1
Alle in Serie geschalteten Solarzellen bilden einen Zellstrang4. Das Betriebsverhalten des Solarzellenstranges hängt massgebend von der Einstrahlungsverteilung ab. Die Gründe dafür liegen einerseits in der elektrischen
Kopplung der Einzelzellen durch die Serieschaltung und andererseits in der
Abhängigkeit zwischen Solarzellenstrom i sz und Strahlungsstärke G′ .
Figur 3.17 zeigt die Verhältnisse für ein Standard-Solarmodul mit 36 in Serie
geschalteten Zellen. Bei homogenen Einstrahlungsverhältnissen erfährt die
Solarkennlinie i sz ( u sz ) durch die Serieschaltung lediglich eine Streckung
längs der Spannungsachse u sz , ihr Füllfaktor FF sz verändert sich aber nicht.
In Figur 3.17 erkennt man darüber hinaus, dass die Ausgangsleistung p sz
von 36 zur Hälfte abgeschatteten Solarzellen unter homogenen Einstrahlungsverhältnissen gleich hoch ist wie jene von 18 voll bestrahlten Zellen.
Inhomogene Einstrahlungsverhältnisse
Homogene Einstrahlungsverhältnisse
56
B = 0 [%]
g
3
B = 0 [%]
g
2.5
48
40
2
Bg = 50 [%]
Bg = 50 [%]
32
1.5
24
1
16
←1 Z ←9 Z
0.5
0
←2 Z 18 Z→ 36 Zellen →
0
4
8
12 16 20 24 0
Solarzellenspannung usz [V]
8
18 Z
Solarzellenleistung psz [W]
Solarzellenstrom isz [A]
3.5
36 Zellen
0
4
8
12 16 20 24
Solarzellenspannung usz [V]
Figur 3.17: Solarzellen-Serieschaltung in einem Standard-Solarmodul bei
einer Temperatur von T = 25 [°C] und einer Strahlungsstärke
2
von G′ = 1[kW ⁄ m ] beim Abschattungsgrad B g = 0 [ % ] :
u sz i sz – und u sz p sz – Kennlinienschar bei B g = 0 [ % ]
u sz i sz – und u sz p sz – Kennlinienschar bei B g = 50 [ % ]
MPP-Ortskurven bei B g = 0 [ % ]
MPP-Ortskurven bei B g = 50 [ % ]
4) Photovoltaik-Fachleute verwenden dafür auch die englische Bezeichnung “String”.
Bei inhomogenen Einstrahlungsverhältnissen weisen die in Serie geschalteten Zellen eines Seriestranges nicht mehr dieselbe Kennlinie auf. Dies verunmöglicht, alle Zellen eines Seriestranges gleichzeitig in ihrem MPP zu
betreiben und führt somit zu den sogenannten Anpassungs- oder MismatchVerlusten. Figur 3.18 zeigt den genauen Mechanismus der Fehlanpassung
anhand eines sehr einfachen Beispiels. Dabei gehen wir von der Annahme
aus, dass von den 36 seriegeschalteten Solarzellen eine zur Hälfte abgeschattet ist und die restlichen 35 voll bestrahlt sind.
Auch bei inhomogenen Einstrahlungsverhältnissen gilt, dass der Strom i sz
in allen Zellen desselben Seriestranges gleich ist. Gesucht ist die resultierende Modulkennlinie i sm ( u sm ) . Da die Kennlinien i sz ( u sz ) der 35 Zellen
mit Abschattungsgrad B g = 0% gleich sind, können ihre Spannungen
u sz, A einfach addiert werden und ergeben die Spannung u sz, C . Dieses Zwischenergebnis muss anschliessend mit der Spannung u sz, B der Zelle mit
Abschattungsgrad B g = 50% zur resultierenden Modulkennlinie i sm ( u sm )
verknüpft werden. Dies erfolgt, wie Figur 3.18 für die beiden Ströme i sm1
und i sm2 anschaulich zeigt, durch Addition der zwei Teilspannungen u sz, B
und u sz, C über den gesamten Strombereich des Solarmoduls. Dabei wird
deutlich, dass die abgeschattete Einzelzelle u sz, B für Ströme jenseits ihres
Kurzschlusspunktes zum Verbraucher wird. In Figur 3.18 ist dieser Bereich
grau hinterlegt. Ein namhafter Anteil der Leistung, welche die voll bestrahlten Zellen produzieren, wird somit umgehend in der abgeschatteten Zelle
wieder vernichtet. Beim Strom i sm2 in Figur 3.18 werden beispielsweise in
der halb abgeschatteten Zelle 27W in Wärme umgewandelt. Dies stellt mehr
- 86 -
- 87 -
als die Hälfte der von den 35 voll bestrahlten Zellen produzierten Leistung
von 46W dar.
nichtet werden. Die Zelle erwärmt sich dadurch sehr stark und bildet einen
sogenannten Hot-Spot. Tritt diese Konstellation über einen längeren Zeitraum auf, so führt dies unweigerlich zu Schäden und Ausfällen, denn eine
2
einzelne Solarzelle mit einer Fläche von 1dm ist unter normalen Betriebsbedingungen ohne forcierte Kühlmassnahmen nicht in der Lage, solch hohe
Verlustleistungen über eine längere Zeitspanne zu ertragen. Weggeschmolzenes Zellmaterial ist ein typisches Zeichen für einen Hot-Spot-Schaden.
1 Zelle mit
B = 0 [%]
g
4
MPPmax
3
ism2
2
1
MPPsz,C
MPP
MPPsz,A
sz,A
1 Zelle mit
Bg = 50 [%]
MPPsz,B
MPPsm
ism1
0
−18
−12
−6
0
6
12
Solarmodulspannung usm [V]
18
24
3
2.5
48
25 [%]
50 [%]
50 [%]
75 [%]
100 [%]
40
32
→
25 [%]
2
56
Bg = 0 [%]
→
1.5
24
1
75 [%]
0.5
0
→
Die elektrische Verlustleistung in der abgeschatteten Zelle steigt gegen den
Kurzschlusspunkt K S sm des Solarmodules hin an und erreicht dort ihr
Maximum. Obwohl die Leistung an den Modulklemmen dort 0W beträgt,
werden im Innern des Moduls beträchtliche Leistungen umgesetzt, denn in
diesem Arbeitspunkt muss die von den 35 aktiven Solarzellen produzierte
Leistung von über 46W zu 100% in der zur Hälfte abgeschatteten Zelle ver-
[%]
BB
==00[%]
gg
100 [%]
0
4
8
12 16 20 24 0
Solarmodulspannung usm [V]
→
Wie stark die Einbussen in unserem Beispiel mit lediglich einer halb abgeschatteten Solarzelle sind, wird erst anhand folgender Überlegung richtig
deutlich: Im Vergleich zu idealen Einstrahlungsverhältnissen liegt auf der
Eingangsseite des Solarmodules eine um lediglich 1.4% niedrigere mittlere
Strahlungsstärke G′ an. Durch die Serieschaltung vermindert sich aber die
MPP-Leistung p smMPP des Gesamtmoduls um nicht weniger als 40% .
3.5
→
Figur 3.18: Serieschaltung von 35 voll bestrahlten B g = 0 [ % ] und einer
zur Hälfte abgeschatteten B g = 50 [ % ] Zelle in einem
Standard-Solarmodul mit polykristallinen Solarzellen:
Kennlinie einer Einzelzelle mit B g = 0 [ % ] und 50[%]
Serieschaltung von 35 Zellen mit B g = 0 [ % ]
Serieschaltung von 36 Solarzellen mit B g = 0 [ % ]
Serieschaltung von 35 Zellen mit B g = 0 [ % ] und einer
Zelle mit B g = 50 [ % ]
Die Serieschaltung von Solarzellen verhält sich wie eine Kette. Genau wie
dort werden die Eigenschaften der Gesamtanordnung durch das schwächste
Glied geprägt. In Figur 3.19 ist der Einfluss der schwächsten Zelle auf die
Performance eines Solarmoduls dargestellt. Wir gehen dabei von der
Annahme aus, dass das Modul aus 36 in Serie geschalteten monokristallinen
Solarzellen desselben Typs bestehe, wie sie in den Solarmodulen M55 von
Siemens eingesetzt werden. Von den 36 Zellen sind 35 immer voll bestrahlt.
Bei der letzten Solarzelle des Seriestranges nimmt der Beschattungsgrad von
B g = 0 [ % ] auf B g = 100 [ % ] zu.
16
8
Solarmodulleistung psm [W]
5
Solarmodulstrom ism [A]
Solarmodulstrom ism [A]
6
0
4
8
12 16 20 24
Solarmodulspannung usm [V]
Figur 3.19: Einfluss des Abschattungsgrades B g der schwächsten Solarzelle
auf das Verhalten der Serieschaltung von insgesamt 36 monokristallinen Zellen innerhalb eines Standard-Solarmoduls, bei dem
die restlichen 35 Solarzellen voll bestrahlt sind:
u sz i sz – und u sz p sz – Kennlinienscharen des Moduls
MPP-Ortskurven des Gesamtmoduls
u sz i sz – und u sz p sz – Kennlinie der 35 voll bestrahlten
Solarzellen
- 88 -
- 89 -
In Figur 3.19 erkennt man, dass die Beschattung einer einzelnen Solarzelle
im Seriestrang sich sowohl auf die Kennlinienform i sm ( u sm ) als auch auf die
Leistung p sm ( u sm ) des Solarmoduls sehr stark auswirkt. Dadurch verändert
sich auch der Füllfaktor FF sm des Moduls in Funktion der Einstrahlungsverhältnisse. Neben den Leistungseinbussen an sich muss vor allem die ungleichmässige Verteilung der anfallenden Verluste beachtet werden. Sobald
die Spannung des Gesamtmoduls kleiner wird als die Spannung der 35 voll
bestrahlten Solarzellen, wird die abgeschattete Zelle zum Verbraucher.
Besonders kritisch sind dabei jene Fälle, bei denen diese Einzelzelle beispielsweise durch ein Laubblatt beinahe vollständig abgeschattet wird.
Tabelle 3.2 zeigt auf, wie überproportional die Leistungseinbussen bei einer
einzigen abgeschatteten Solarzelle im Seriestrang sind und wie die abgeschattete Solarzelle mit zunehmenden Abschattungsgrad B g vom Erzeuger
zum Verbraucher werden kann. So hat beispielsweise eine Einstrahlungsreduktion von 0.7% eine Leistungseinbusse von beinahe 14% zur Folge
und eine Verminderung von knapp 3% auf der Einstrahlungsseite führt mit
Einbussen von über 95% praktisch zu einem Totalausfall des Modules. Als
Bezugsgrösse für die Beurteilung der Einstrahlungsreduktion und der Leistungseinbusse dient der Fall, in dem alle 36 Solarzellen voll bestrahlt sind.
Einstrahlungsund
Leistungsverhältnisse
Abschattungsgrad B g der 36. Zelle [%]
0
25
50
75
100
Modulleistung p smMPP [W]
54.79
47.15
32.89
16.90
2.27
Leistung der 35 vollbestrahlten
Zellen im Modul-MPP [W]
53.26
46.18
32.23
16.65
6.61
Erzeugte p sz > 0 Leistung der
abgeschatteten Solarzelle [W]
1.53
0.97
0.66
0.25
-4.34
Einstrahlungsreduktion
gegenüber Vollbestrahlung [%]
0
0.7
1.4
2.1
2.8
Leistungseinbusse
gegenüber Vollbestrahlung [%]
0
13.94
39.97
69.16
95.86
Tabelle 3.2: Leistungseinbussen und anfallende Verlustleistungen in einem
monokristallinen Solarmodul bestehend aus 35 voll bestrahlten
und abgeschatteten Solarzellen in Funktion des Abschattungsgrades B g der 36. Zelle
Einsatz von Bypass-Dioden und ihre Wirkung
Zur Verminderung der überproportionalen Anpassungsverluste innerhalb des
Seriestranges bei inhomogener Einstrahlung und vor allem zum Schutz einzelner abgeschatteter Solarzellen vor thermischer Überlastung muss der negative Spannungsbereich der Solarkennlinie verringert werden. Dies erfolgt,
wie in Figur 3.20 dargestellt, durch sogenannte Bypass-Dioden antiparallel
zu einer einzelnen oder zu einem Teil der in Serie geschalteten Solarzellen.
u sz, n
u sz, 3
i sz, n
u sz, 2
i sz, 3
u Fbp
u Fbp
u sz, 1
i sz, 2
u Fbp
i sz, 1
u Fbp
u sm
u sz, n
u sz, 3
i sz, n
A
i sm
u sz, 2
i sz, 3
u sz, 1
i sz, 2
B
i sz, 1
u Fbp
u sm
i sm
Figur 3.20: Bypass-Dioden zur Verringerung der Anpassungsverluste und
zur Begrenzung der thermischen Verluste abgeschatteter Solarzellen bei inhomogenen Einstrahlungsverhältnissen:
A: Bypass-Diode über jede einzelne Solarzelle
B: Bypass-Diode über einen Teilstrang seriegeschalteter Zellen
Bei homogenen Einstrahlungsverhältnissen sind diese Dioden inaktiv. Im
Falle von Teilabschattungen beschränken die Bypass-Dioden die negative
Sperrspannung über der Serieanordnung auf ihren eigenen Spannungsabfall
in Flussrichtung von typischerweise u Fbp = 0.7V . Dadurch verringert sich
auch die elektrische Verlustleistung in der abgeschatteten Solarzelle in
- 90 -
- 91 -
beträchtlichem Masse, denn die abgeschattete Zelle muss im schlimmsten
Fall nur noch die von den bestrahlten Solarzellen innerhalb des Teilstranges,
welcher von derselben Bypass-Diode abgedeckt wird, gelieferte Leistung
absorbieren. Dies begrenzt automatisch auch die Solarzellentemperatur T
und verhindert somit die Hot-Spot-Bildung.
In Figur 3.21 ist der Einfluss der Bypass-Dioden auf die Solarkennlinie dargestellt. Die technisch optimale Lösung ergibt sich, wenn jede Solarzelle mit
einer Bypass-Diode versehen wird. Dadurch entstehen schattentolerante
Solarmodule, die optimalen Schutz der Einzelzellen vor thermischer Zerstörung bieten. Untersuchungen belegen ferner, dass Anpassungsverluste bei
inhomogener Bestrahlung durch den Einsatz schattentoleranter Solarmodule
deutlich niedriger ausfallen als bei konventionellen Modulen [49].
Beitrag zur Nutzleistung. Ihre Leistung wird vollumfänglich in den abgeschatteten Zellen des von der Bypass-Diode umfassten Teilstranges in Form
von Wärme vernichtet. Je kleiner also die Anzahl Zellen pro Bypass-Diode
ist, desto schneller greift die Spannungsbegrenzung in Sperrrichtung und
desto geringer fallen die Anpassungsverluste und die thermische Belastung
der abgeschatteten Solarzellen aus.
3
→
6Z
2.5
9Z
2
12 Z
18 Z
→
→
←11Zelle
Zelle
←
2Z
6 Zellen
←
9Z
4Z
→
1.5
→
←
1 Z 48
←
2 Z 40
4Z
32
←
24
16
0.5
0
→
→
12 Z
18 Z
1
→
8
0
4
8
12 16 20 24 0
Solarmodulspannung usm [V]
M55
Hersteller
Anzahl Zellen
pro Modul
56
Solarmodulleistung psm [W]
Solarmodulstrom ism [A]
3.5
Solarmodultyp
Kenngrösse
0
4
8
12 16 20 24
Solarmodulspannung usm [V]
Figur 3.21: Einfluss der Anzahl Solarzellen pro Bypass-Diode auf das
Kennlinienfeld eines Solarmodules, bestehend aus der Serieschaltung von 35 voll bestrahlten ( B g = 0% ) Solarzellen und
einer Einzelzelle, die zu 75% abgeschattet ist:
u sz i sz – und u sz p sz – Kennlinienscharen des Moduls
MPP-Ortskurven des Gesamtmoduls
u sz i sz – und u sz p sz – Kennlinie ohne Bypass-Diode
u sz i sz – und u sz p sz – Modulkennlinie ohne Abschattung
Anhand der Figur 3.21 erkennt man deutlich, dass die Spannungsverluste
durch Teilabschattung umso geringer ausfallen, je kleiner die Anzahl Solarzellen pro Bypass-Diode ist. Dieses Ergebnis ist einleuchtend, denn bei
bestromter Bypass-Diode liefern alle Solarzellen parallel zum Bypass keinen
SolarzellenTechnologie
BP585
Siemens
BP Solar
Solar
36
3 ⋅ 12
36
4⋅9
Silizium Silizium
mono
mono
NT51A85E
50-ALF
UPM880
Sharp
ASE
Unisolar
36
4⋅9
36
4⋅9
----
Silizium
mono
Silizium Silizium
multi
amorph
MPP-Leistung
p smMPP [W]
53
85
85.5
50
22
MPP-Spannung
u smMPP [V]
17.4
18
17.4
17.2
15.6
MPP-Strom
i smMPP [A]
3.05
4.72
4.91
2.9
1.4
Leerlaufspannung
u sm0 [V]
21.7
22.03
22
20.7
22
Kurzschlussstrom
i sm0 [A]
3.35
5
5.5
3.2
1.8
Wirkungsgrad
η sm [%]
12.5
13.5
13.4
11.5
5.4
120 x 53
97 x 45
119 x 34
36
2
13
Abmessungen
[cm x cm]
Anzahl
Bypass-Dioden
129 x 33 119 x 53
2
2
Tabelle 3.3: Technische Daten ausgewählter kommerzieller Standard-Solarmodule unter Standard Test Conditions (STC) [40]
- 92 -
- 93 -
Der australische Forscher Prof. Green hat aufgezeigt, dass die antiparallele
Bypass-Diode halbleitertechnisch direkt in den Produktionsprozess der
amorphen Solarzellen integriert werden könnte [54]. Trotzdem konnte sich
dieses technisch sehr fortschrittliche Konzept auf dem Markt nicht durchsetzen, wie die erstmals von der Firma Sharp kommerziell produzierten Module
der Reihe NT51A85E zeigten. Die Gründe dafür sind gemäss Herstellerangaben vor allem bei den Kosten und der Wirtschaftlichkeit zu suchen. Nicht
die technisch optimale Lösung ist gefragt, sondern eine wirtschaftlich
umsetzbare. In Tabelle 3.3 sind die technischen Daten einiger ausgewählter
Standard-Solarmodule inklusive ihrer Anzahl Bypass-Dioden aufgeführt.
Figur 3.22 zeigt aber deutlich, dass sich die Lage des MPP durch den Einsatz
von Bypass-Dioden unter gewissen Einstrahlungsbedingungen sehr stark
verschiebt und dass bei starker Abschattung der Einzelzelle verschiedene
Abschattungsgrade B g zum selben MPP führen können. Dies ist immer dann
der Fall, wenn die lokalen Leistungsmaxima im oberen Spannungsbereich
nicht über dem Leistungsmaximum P max1 im unteren Bereich der Spannung u sm hinausragen.
Sowohl bei den drei monokristallinen als auch beim multikristallinen und
beim amorphen Solarmodul sind alle Zellen in Serie geschaltet. Sie sind in
Reihen zu je 9 oder 12 Zellen angeordnet. In der Praxis werden die meisten
Module aus Kostengründen mit nur 2 Bypass-Dioden ausgestattet, denn
diese lassen sich bei einem Standard-Modul mit 36 bis 40 Zellen preiswert in
der Anschlussbox einbauen. Damit können die Solarzellen in der Mehrzahl
von Abschattungsfällen gegen thermische Überlastung geschützt werden.
56
Bg = 0 [%]
3
25 [%]
2.5
Bg = 0 [%]
25 [%]
48
→
40
→
→
2
50 [%]
1.5
60 [%]
1
75 [%]
0.5
90 [%]
90 [%]
100 [%]
100 [%]
0
0
4
8
12 16 20 24 0
Solarmodulspannung usm [V]
50 [%]
Pmax1
60 [%]
→
32
24
75 [%]
16
8
Solarmodulleistung psm [W]
Solarmodulstrom ism [A]
3.5
0
4
8
12 16 20 24
Solarmodulspannung usm [V]
Figur 3.22: Kennlinien eines Standard-Solarmoduls mit 36 Solarzellen und
2 Bypass-Dioden über jeweils 18 Zellen. Von den insgesamt 36
monokristallinen Zellen innerhalb des Solarmoduls sind 35 voll
bestrahlt ( B g = 0% ), bei der 36. wird der Abschattungsgrad B g
schrittweise von 0% auf 100% gesteigert:
u sz i sz – und u sz p sz – Kennlinienscharen des Solarmoduls
MPP-Ortskurven des Gesamtmoduls
Die Kennlinien von Figur 3.22 führen sehr deutlich vor Augen, dass sich
überproportionale Leistungseinbussen im Abschattungsfall durch den heute
kommerziell am weitesten verbreiteten Einsatz von lediglich einer BypassDiode pro 18 seriegeschalteten Zellen nicht vermeiden lassen.
3.4
Konventionelle Photovoltaik-Anlage
Wie bereits erwähnt, bestehen die heute kommerziell meistverwendeten
Standard-Solarmodule aus jeweils 36 oder 72 in Serie geschalteten Solarzellen mit einer Modul-Nennleistung im Bereich von 50W oder 100W . Daneben existiert eine Vielzahl von Sonderanfertigungen mit Leistungswerten
sowohl oberhalb als auch unterhalb dieses Bereichs. Grössere Leistungen
lassen sich jedoch nur mittels Parallel- und Serieschaltung sehr vieler Einzelmodule erzielen. Die höheren Spannungen und Ströme machen aber verstärkte Schutzmassnahmen erforderlich. Weil darüber hinaus auch der
Energieertrag einer Photovoltaik-Anlage sehr stark von ihrer Struktur
abhängt, sollen nachfolgend die wichtigsten Typen von netzgekoppelten
Anlagen und ihre Eigenschaften kurz dargelegt werden.
3.4.1
Aufbau und Funktionsweise
Bei den netzgekoppelten Photovoltaik-Anlagen gemäss konventioneller
Bauweise kennt man 2 praktische Ausführungen. Sie unterscheiden sich in
der Art der Serie- und Parallelschaltung der Module innerhalb des Solargenerators. Während der Generator in der ersten Variante aus parallelgeschalteten Seriesträngen besteht, sind die Module in der zweiten Ausführungsart
matrixförmig miteinander verschaltet.
Solargenerator mit parallelgeschalteten Seriesträngen
In dieser Ausführungsart werden die Solarmodule zunächst innerhalb eines
Stranges in Serie geschaltet, bis die gewünschte Gleichspannung erreicht ist.
Sind grössere Leistungen gefragt, werden anschliessend mehrere identische
- 94 -
- 95 -
Seriestränge parallelgeschaltet. Figur 3.23 zeigt die prinzipielle Struktur
einer Photovoltaik-Anlage aus parallelgeschalteten Seriesträngen.
des Moduls. Die früher oft eingesetzten Strangdioden zum Schutze des
Stranges vor dem Betrieb in Vorwärtsrichtung im Abschattungsfall entfallen
heute in den meisten Fällen aufgrund ihrer geringen Schutzwirkung und aufgrund ihres permanenten Spannungsabfalls oder werden durch Sicherungen
ersetzt. Aus Wartungsgründen empfiehlt es sich, die einzelnen Stränge mittels Trennschalter an die Genaratorsammelschiene zu koppeln. Im Störungsfall kann so der fehlerhafte Strang vom übrigen Teil des Generators getrennt
werden, so dass Fehlersuche und Reparatur den Betrieb der Anlage nur minimal beeinträchtigen.
Bypass-Dioden
Strangdiode
Sicherungen
Trennschalter
Bei der Verschaltung der Module zum Solargenerator treten prinzipiell dieselben Phänomene auf wie bei der Verschaltung der Solarzellen innerhalb
eines einzelnen Modules, denn homogen bestrahlte Solarmodule stellen im
wesentlichen nur hochskalierte Solarzellen dar. So erweist sich die Struktur
mit den vielen seriegeschalteten Modulen innerhalb eines Seriestranges vor
allem bei Teilabschattungen oder bei starker Streuung der Modulleistung als
negativ, da in diesen Fällen -wie bei der Serieschaltung der Solarzellen innerhalb des Solarmoduls- mit überproportional grossen Leistungseinbussen
gerechnet werden muss.
Trennschalter
Sammelschiene (+)
Sammelschiene (-)
(+)
Varistor
Konventionelle Anlagen nach dem Prinzip parallelgeschalteter Seriestränge
decken einen sehr hohen Leistungsbereich von einigen wenigen Kilowatt bis
hin zu Megawatt ab. Vor allem bei Grossanlagen mit ihren räumlich weit verteilten Solarmodulfeldern ist ein durchdachtes Erdungs-, Blitzschutz- und
Überspannungsschutzkonzept erforderlich.
3 Netzphasen
DC
Erde
(-)
Nullleiter
AC
Schutzerde
Figur 3.23: Konventionelle Photovoltaik-Anlage mit einem Solargenerator
bestehend aus parallelgeschalteten Seriesträngen
Zum Schutze muss jedes Modul mit mindestens einer Bypass-Diode geschützt werden. Meistens erfolgt die Montage direkt in der Anschlussbox
Solargenerator mit matrixförmiger Verschaltung der Solarmodule
Bei dieser Ausführungsart werden, wie in Figur 3.24 ersichtlich, zunächst
Gruppen parallel geschalteter Solarmodule gebildet. Anschliessend werden
so viele Gruppen in Serie geschaltet, bis die gewünschte Gleichspannung
erreicht ist. Innerhalb jeder Gruppe werden die Solarmodule mittels Strangund Bypass-Dioden gegen thermische Überlastung im Abschattungsfall
geschützt.
Durch die matrixförmige Vermaschung des Solargenerators werden innere
Unsymmetrien teilweise ausgeglichen, so dass der Generator auf fertigungsbedingte Unterschiede in den Modulkennlinien und auf Teilabschattungen
weniger empfindlich reagiert als in der Ausführung mit parallelgeschalteten
Seriesträngen. Wesentliche Nachteile der matrixförmigen Verschaltung sind
die stark erschwerte Fehlersuche sowie die Tatsache, dass im Fehlerfall der
gesamte Solargenerator für die Dauer der Fehlersuche und der Reparatur
- 96 -
- 97 -
abgeschaltet werden muss. Darüber hinaus dürfen auch die Spannungsabfälle über den zahlreichen Strangdioden der matrixförmigen Verschaltung
nicht ausser Acht gelassen werden, denn sie vermindern den Wirkungsgrad,
insbesondere auch bei idealen homogenen Einstrahlungsbedingungen. Dies
sind auch die Hauptursachen, weshalb grössere Photovoltaik-Anlagen selten
in Matrix-Bauweise erstellt, sondern beinahe durchwegs mit parallelgeschalteten Seriesträngen aufgebaut werden. In Figur 3.24 ist die durch die parallele und serielle Verschaltung der Module entstehende Matrix-Struktur des
Solargenerators deutlich sichtbar.
3.4.2
Charakteristische Eigenschaften
Die hauptsächlichsten Eigenschaften heutiger konventioneller netzgekoppelter Photovoltaik-Anlagen sind:
• Jede Anlage stellt ein Einzelprodukt dar, das für sich gemäss den örtlich
vorhandenen technischen Möglichkeiten und gemäss den Wünschen
der Bauherrschaft neu geplant, entwickelt und gebaut werden muss.
Dies erfordert einen hohen Engineering-Aufwand, der die Anlagen
zusätzlich verteuert.
• Es existiert nicht für jede Anlagengrösse ein passender Wechselrichter.
Dies zwingt die Bauherrschaft entweder die Anlagengrösse zu reduzieren oder den nächstgrösseren verfügbaren Wechselrichter zu verwenden, was wiederum Nachteile in bezug auf den Wirkungsgrad mit sich
bringt.
Strangdiode
• Die Verwendung eines einzelnen zentralen Wechselrichters stellt ein
Zuverlässigkeits-Risiko dar, denn der Wechselrichter ist in Bezug auf
die Lebensdauer das schwächste Glied des Systems. Aufgrund der fehlenden Redundanz führt ein Umrichterdefekt automatisch zu einem
Totalausfall der Anlage, und dies wiederum sehr schnell zu namhaften
Energie-Ertragseinbussen.
• Aufgrund ihrer Struktur sind konventionelle Photovoltaik-Anlagen sehr
empfindlich gegen Teilabschattungen. Trotz sorgfältiger Planung bei
der Verschaltung des Solargenerators lassen sich in bebautem Umfeld
mit seinen tages- und jahreszeitlich ändernden Einstrahlungsbedingungen überproportionale Einbussen im jährlichen Energieertrag aufgrund
von Teilabschattungen des Generators nicht immer verhindern.
Bypass-Dioden
Sicherung
Sammelschiene (+)
Sammelschiene (-)
Trennschalter
(+)
Varistor
3 Netzphasen
DC
Erde
(-)
• Die allermeisten Komponenten einer konventionellen PhotovoltaikAnlage wie Kabel, Sicherungen, Varistoren, Wechselrichter usw. sind
aufgrund ihrer geringen Stückzahl teuer. Darüber hinaus gilt es zu
bedenken, dass der Überstromschutz auf der Gleichstromseite aufgrund
der fehlenden Stromnulldurchgänge aufwendiger und somit auch kostspieliger ist als bei einer Wechselstromanlage vergleichbarer Leistung.
Nullleiter
AC
Schutzerde
Figur 3.24: Konventionelle Photovoltaik-Anlage mit einem Solargenerator
mit matrixförmig verschalteten Solarmodulen
3.5
Modularer Anlagebau
Viele Nachteile konventioneller Photovoltaik-Anlagen können mit einer
modularen Anlagenstruktur gemildert oder gar behoben werden. An dieser
Stelle sollen die wichtigsten Vertreter modularer Photovoltaik-Anlagen kurz
besprochen werden. Technisch unterscheiden sie sich voneinander haupt-
- 98 -
- 99 -
sächlich im Modularisierungsgrad. Weitere Unterschiede sind in der Marktstellung erkennbar, wo bisher erst das String-Konzept Fuss fassen konnte.
Neben den Vorteilen im Betriebsverhalten bei inhomogenen Einstrahlungsverhältnissen weist der String-Ansatz noch folgende weitere Vorteile gegenüber den konventionellen Photovoltaik-Anlagen auf:
3.5.1
Photovoltaik-Anlage nach dem String-Konzept
Beim String-Konzept wird jedem Solarzellen-Seriestrang ein eigener Wechselrichter zugeordnet. Wie Figur 3.25 deutlich zeigt, lassen sich dadurch die
einzelnen Stränge vollständig voneinander entkoppeln und damit die Empfindlichkeit des Systems gegenüber Teilabschattungen verringern.
• Die Modularität erhöht die Flexibilität im Anlagenbau und erhöht sehr
stark die Erweiterbarkeit bestehender Photovoltaik-Anlagen.
• Die Redundanz erhöht die Zuverlässigkeit der Anlage, denn bei einem
Wechselrichterversagen fällt im Gegensatz zu den konventionellen
Anlagen mit ihren zentralen Grosswechselrichtern nicht die gesamte
Anlage aus, sondern nur der betroffene Seriestrang.
• Durch den Einsatz standardisierter Komponenten für die Montage, die
Verkabelung und den Schutz der Anlage weisen Anlagen nach dem
String-Konzept bei entsprechenden Stückzahlen ein grosses Kosteneinsparungspotential gegenüber den konventionellen Anlagen mit ihren
individuell gefertigten Komponenten auf.
DC
AC
DC
AC
Heutige kommerzielle String-Umrichter haben eine Nennleistung P n im
Bereich von 500W bis 1.5kW und ihre Netzanbindung erfolgt vorwiegend
einphasig. Dazu sind 10 bis 30 Standard-Solarmodule zu 50W erforderlich.
Bei grösseren Anlagen muss darauf geachtet werden, dass die einzelnen
String-Umrichter ausgangsseitig gleichmässig auf die drei Netzphasen verteilt werden. Bei 10 bis 30 in Reihe geschalteten Solarmodulen, die ihrerseits
wiederum aus 36 seriegeschalteten Solarzellen bestehen, entsteht rasch eine
sehr hohe Anzahl Zellen innerhalb eines Seriestranges. Es erstaunt daher
nicht, dass die überproportionalen Leistungseinbussen bei Teilabschattungen
des Solargenerators mit dem String-Konzept nur verringert, aber nicht vermieden werden können.
DC
AC
Bypass-Dioden
DC
AC
DC
AC
3.5.2
DC
AC
3 Netzphasen
Seriestrang
Nullleiter
Schutzerde
Figur 3.25: Struktur einer modularen Photovoltaik-Anlage nach dem
String-Konzept
Photovoltaik-Anlage mit modulintegrierten Wechselrichtern
Modulintegrierte Wechselrichter stellen bei Teilabschattungen die weit bessere Lösung dar als konventionelle Photovoltaik-Anlagen oder solche nach
dem String-Ansatz. Durch die Modulintegration des Wechselrichters sind
alle Solarmodule elektrisch voneinander entkoppelt und können so einzeln
geregelt werden. Damit ist es möglich, jedes Modul dauernd in seinem Punkt
maximaler Leistung (MPP) zu betreiben.
Im Unterschied zum String-Ansatz wird beim modulintegrierten Ansatz die
Gleichstromverkabelung des Solargenerators überflüssig. Das Solarmodul
liefert an seinem Ausgang direkt eine netzkompatible Wechselspannung.
Photovoltaik-Fachkreise sprechen in diesem Zusammenhang auch von sogenannten AC-Solarmodulen. Figur 3.26 zeigt die Struktur einer aus modulintegrierten Wechselrichtern bestehenden Photovoltaik-Anlage.
- 100 -
- 101 -
DC
AC
DC
AC
DC
AC
DC
AC
DC
AC
DC
AC
DC
AC
DC
AC
DC
AC
DC
AC
DC
AC
DC
AC
DC
AC
DC
AC
DC
AC
DC
AC
DC
AC
DC
AC
DC
AC
DC
AC
DC
AC
DC
AC
DC
AC
DC
AC
DC
AC
DC
AC
DC
AC
DC
AC
DC
AC
Die Baugrösse eines Solargenerators mit modulintegriertem Wechselrichter
liegt im Bereich zwischen 50W und 250W . Dazu ist je nach eingesetzter
2
2
Solarzellentechnologie eine Fläche zwischen 0.4m und 2m erforderlich.
Dabei können sowohl Standard-Solarmodule als auch Sonderanfertigungen
zum Einsatz gelangen. Logischerweise erfolgt die Netzanbindung aufgrund
der geringen Leistung praktisch ausschliesslich einphasig. Genau wie bei
den Anlagen nach dem String-Konzept muss bei Grossanlagen mit modulintegrierten Wechselrichtern auf eine möglichst gleichmässige Verteilung der
einphasigen Wechselrichterausgänge auf alle 3 Netzphasen geachtet werden.
Die bereits beim String-Ansatz erwähnten Vorteile wie hohe Flexibilität und
leichte Erweiterbarkeit der Anlage oder hohe Zuverlässigkeit durch Redundanz gelten bei den Photovoltaik-Anlagen mit modulintegrierten Wechselrichtern noch in verstärktem Masse. Darüber hinaus weisen sie folgende
Merkmale auf:
• Sowohl der Überspannungs- und Blitzschutz der Anlage als auch der
Überstromschutz auf der Gleichspannungsseite werden durch den nicht
mehr von aussen zugänglichen Gleichspannungskreis wesentlich
erleichtert und können darüber hinaus im Umrichter integriert werden.
• Die entfallende Gleichspannungs-Verkabelung verringert nicht nur die
Leitungsverluste und den Schutzaufwand auf der Gleichspannungsseite, sondern macht auch speziell geschultes Personal für die Gleichspannungs-Installationen und die Wartung des Solargenerators überflüssig. Im Gegensatz zu konventionellen Solarmodulen sind solche mit
integriertem Wechselrichter an ihren Klemmen spannungslos, sofern
keine Netzspannung anliegt. Dies erhöht in wesentlichem Masse die
Personen-Sicherheit bei der Montage, Wartung und beim Betrieb der
Anlage.
DC
AC
3 Netzphasen
Nullleiter
Schutzerde
Figur 3.26: Struktur einer modularen Photovoltaik-Anlage bestehend aus
modulintegrierten Wechselrichtern
• Durch den höheren Modularisierungsgrad ist das Kosteneinsparungspotential durch Massenfertigung bei den Photovoltaik-Anlagen mit
modulintegriertem Wechselrichter weit höher als bei den Anlagen nach
dem String-Ansatz. Gemäss den Gesetzen der “Economy of Volume”
halbiert sich der Stückpreis eines industriell gefertigten Massenproduktes bei jeder Verzehnfachung des Produktionsvolumens. Dies ist ein
wichtiger Unterschied zu den herkömmlichen Energiesystemen mit
deren “Economy of Scale”. Dort werden die Energiegestehungskosten
gesenkt, indem die Produktionsanlagen vergrössert werden.
• Die Kosten für das Anlagen-Engineering werden auf ein Minimum
reduziert, denn das Solarmodul mit integriertem Wechselrichter stellt
- 102 ein anschlussfertiges Produkt dar, mit dem der Bauherr oder Architekt
eine modulare Photovoltaik-Anlage beliebiger Grösse frei nach seinen
Wünschen und Möglichkeiten zusammenstellen kann.
Den vielen Vorteilen der Photovoltaik-Anlagen mit modulintegriertem
Wechselrichter stehen ein geringfügig niedrigerer Wechselrichter-Wirkungsgrad sowie sehr hohe Anforderungen an die Zuverlässigkeit des Umrichters
gegenüber, denn dieser muss aufgrund seiner schwer zugänglichen Lage auf
der Rückseite des Solarmoduls wartungsfrei über die gesamte Lebensdauer
der Anlage funktionieren.
3.5.3
Photovoltaik-Anlage mit Einzellen-Wechselrichtern
Die Energieeinbussen aufgrund inhomogener Einstrahlungsverhältnisse verringern sich von der konventionellen Anlage über jene nach dem StringAnsatz bis hin zum modulintegrierten Wechselrichter-Ansatz fortlaufend. Je
höher also der Modularisierungsgrad des Solargenerators ist, desto geringer
fallen auch die Ertragseinbussen bei Teilabschattungen aus.
Trotz eines Höchstmasses an Entkopplung der Module voneinander können
gemäss den Ausführungen in Kapitel 3.3.2 beim modulintegrierten Wechselrichter-Ansatz überproportionale Ertragseinbussen bei Teilabschattungen
nicht ausgeschlossen werden, denn das Solarmodul besteht je nach Nennleistung aus einer Serieschaltung von bis zu 180 Solarzellen. Sollen die überproportionalen Einbussen im Teilabschattungsfall eliminiert werden, so
muss auf die Serieschaltung auch innerhalb des Solarmodules verzichtet
werden. Genau dieses Ziel verfolgt der modulintegrierte Einzellen-Wechselrichter-Ansatz. Er stellt somit die konsequente Fortsetzung des Modularisierungsgedankens im photovoltaischen Anlagenbau dar.
Im Gegensatz zu herkömmlichen Solarmodulen mit ihren serieschaltungsbedingten überproportionalen Einbussen verhält sich ein grossflächiges einzelliges Solarmodul im Abschattungsfall wie eine Einzelzelle. Wie die Ausführungen in Kapitel 3.2.3 zeigen, verringert sich bei einer teilabgeschatteten Einzelzelle der Energieertrag E sz genau in dem Masse wie sich die mittlere Globalstrahlungsstärke G′ über der gesamten Solarzellenfläche A sz
reduziert. Dies verleiht den Photovoltaik-Anlagen mit Einzellen-Wechselrichtern ein optimales Verhalten bei Teilabschattungen des Solargenerators.
Als Spezialfall eines modulintegrierten Wechselrichtersystems besitzt das
Einzellen-Wechselrichtersystem natürlich dieselbe Struktur und auch dessen
Hauptmerkmale. Im Vergleich zum modulintegrierten Wechselrichter-
- 103 Ansatz weist das System mit Einzellen-Wechselrichtern folgende zusätzliche Stärken auf:
• Das aus amorphem Silizium bestehende Einzellen-Solarmodul weist im
Vergleich zu den konventionellen, meist aus kristallinen Solarzellen
bestehenden Standard-Solarmodulen mit ihren unvermeidbaren Zwischenräumen zwischen den einzelnen Zellen weniger inaktive Flächenanteile.
• Das Einzellen-Solarmodul besteht -wie der Name besagt- aus einer einzigen grossflächigen amorphen Dünnfilm-Solarzelle. Dadurch wird die
in Kapitel 2.4.2 beschriebene monolythische Serieschaltung der Solarzellen überflüssig, was den Produktionsprozess des Solarmodules
zusätzlich vereinfacht und somit dazu beiträgt, die Kosten des Gesamtsystems zu senken.
All diese Stärken können aber praktisch nur dann genutzt werden, wenn es
gelingt, die vom grossflächigen Einzellen-Modul gelieferte Energie mit
einem guten Wirkungsgrad ins Netz einzuspeisen. Dies stellt in Anbetracht
der niedrigen Ausgangspannung u pv von lediglich 1…2V dc und des hohen
Stromes i pv des einzelligen Solarmodules, welcher Werte von über 100 A
erreichen kann, sehr hohe Ansprüche an den Umrichter.
3.6
Stellenwert der einzelnen Anlagentypen
Konventionelle Photovoltaik-Anlagen
Konventionelle Photovoltaik-Anlagen, bestehend aus parallelgeschalteten
Seriesträngen, beherrschen auch heute noch den Markt bei den netzgekoppelten Photovoltaik-Anlagen. Sie decken einen sehr weiten Leistungsbereich
ab, welcher von den beliebten dachintegrierten 3kW -Anlagen bis hin zu den
Grossanlagen auf dem Mont-Soleil mit 500kW oder auf dem Dach der
Messe München mit einer Leistung von 1MW reicht. Anlagen nach konventioneller Bauweise werden sich in Zukunft vor allem dort durchsetzen, wo
die Einstrahlungsverhältnisse einfach und leicht vorhersehbar sind und wo
höhere Leistungen gefragt sein werden. In einzelnen Bereichen werden auch
die Grenzen zwischen den einzelnen Konzepten fliessender. So weist etwa
die 1MW -Anlage auf dem Dach der Messe München anstelle des charakteristischen zentralen Grosswechselrichters drei parallele kleinere Wechselrichter auf [50]. Die so entstehende Redundanz verringert das Ausfallrisiko
und verbessert den Wirkungsgrad der Anlage im Teillastbetrieb.
- 104 -
- 105 -
Photovoltaik-Anlagen nach dem String-Ansatz
Photovoltaik-Anlage mit Einzellen-Wechselrichtern
In bebautem Gebiet mit seinen schwierigen und sich oft ändernden Abschattungsverhältnissen gewinnen die modularen Konzepte aufgrund ihrer geringeren Empfindlichkeit gegenüber Teilabschattungen im Vergleich zu den
konventionellen Anlagen immer mehr Marktanteile. Dies verdanken sie vor
allem dem Anlagenbau nach dem String-Ansatz, welcher sich in den letzten
Jahren auf dem Markt etablieren konnte. Der String-Ansatz ermöglicht, im
kommerziellen Anlagenbau den wichtigen Schritt von der massgefertigten
Einzelanlage zum standardisierten Produkt in höheren Stückzahlen zu vollziehen. Ein zur Zeit nicht zu unterschätzender Vorteil des String-Ansatzes
gegenüber den modulintegrierten Lösungen besteht darin, dass der Wechselrichter genau so wie bei den konventionellen Anlagen vor Witterungseinflüssen geschützt und frei zugänglich im Inneren des Gebäudes plaziert werden
kann. Durch die Wartungsmöglichkeit kann eine hohe Verfügbarkeit der
Anlage gewährleistet werden, obwohl die Zuverlässigkeit der heutigen
Wechselrichter noch hinter jener der Solarmodule hinterherhinkt.
Das neue Konzept mit den Einzellen-Wechselrichtern stellt die konsequente
Fortsetzung der Modularisierung im Photovoltaik-Anlagenbau dar [2]. Damit werden die durch die Serieschaltung verursachten überproportionalen
Ertragseinbussen bei Teilabschattungen des Solargenerators prinzipbedingt
eliminiert. Im Vergleich zu den konventionellen Solarmodulen vereinfacht
sich der Fertigungsprozess des grossflächigen Solarmodules noch zusätzlich. Damit lassen sich die Stärken des modulintegrierten WechselrichterAnsatzes und jene der amorphen Dünnfilm-Solarzellentechnologien miteinander verbinden. Zur Zeit befindet sich das Konzept noch in der PrototypenPhase, und es existieren demzufolge auch noch keine kommerziell käuflichen, grossflächigen einzelligen Solarmodule. Die Anforderungen an den
Umrichter verschärfen sich noch im Vergleich zum modulintegrierten
Ansatz mit einem Standard-Solarmodul, denn beim einzelligen Solarmodul
fällt die Energie bei sehr niedrigen Spannungen und hohen Strömen an. Wie
sich im Rahmen dieser Arbeit aber zeigen wird, kann die Machbarkeit eines
modulintegrierten Umrichters mit einem Wirkungsgrad η tot von über 90%
für die Netzanbindung des einzelligen Grossmoduls nachgewiesen werden.
Photovoltaik-Anlagen mit modulintegriertem Wechselrichter
Die meisten Vorteile der Modularisierung wie hohe Zuverlässigkeit durch
Redundanz, hohe Kosteneinsparungen durch Standardisierung und hohe
Stückzahlen, hohe Flexibilität in der Konzeption, Gestaltung und Erweiterbarkeit der Anlage sowie hohe Schattentoleranz des Systems lassen sich erst
mit dem modulintegrierten Ansatz richtig ausschöpfen. Derzeit befinden
sich die Photovoltaik-Anlagen mit modulintegrierten Wechselrichtern für
Standard-Solarmodule mehrheitlich in der Prototypen- und in der Markteinführungsphase. Vor allem die hohe Flexibilität bei der Konzeption und der
Gestaltung der Anlagen und die geringen technischen Einschränkungen aufgrund der hohen Modularität werden den Architekten in Zukunft völlig neue
Möglichkeiten bieten, Photovoltaik-Anlagen in ihre Neubauten zu integrieren, die auch höchsten ästhetischen Anforderungen genügen können. Voraussetzung für den Markterfolg dieses neuartigen Konzeptes bildet nicht nur
ein konkurrenzfähiger Preis, sondern das Sicherstellen einer genügend
hohen Zuverlässigkeit. Die modulintegrierten Umrichter müssen aufgrund
ihrer unzugänglichen Lage während der gesamten Lebensdauer des Solarmoduls von 15 bis 30 Jahren wartungsfrei funktionieren. Unter Berücksichtigung der sehr schwierigen Umweltbedingungen, die beispielsweise bei
einer Fassadenanlage vorherrschen, wie sehr tiefe und sehr hohe Temperaturen und vor allem die täglichen Temperaturzyklen, stellt dies sehr hohe
Anforderungen an die Zuverlässigkeit des Umrichters.
3.7
Zusammenfassung
Die Kennlinienform der Solarzelle, welche die Basis jedes photovoltaischen
Energiesystems bildet, hängt sowohl von der verwendeten Solarzellentechnologie als auch von den vorherrschenden Umweltbedingungen ab. Dazu
zählen in erster Linie die Globalstrahlungsstärke G′ und die Temperatur T .
Der Leerlaufstrom i sz0 der Solarzelle nimmt direkt proportional zur Globalstrahlungsstärke G′ zu, während sich die Leerlaufspannung u sz0 der Zelle
mit steigender Temperatur T verringert.
Durch Parallel- und Serieschaltung vieler Einzelzellen kann die Leistung
gesteigert werden. Während die Parallelschaltung von Solarzellen keine
allzu grossen technischen Schwierigkeiten bereitet, können Teilabschattungen einzelner Solarzellen bei der Serieschaltung überproportionale Ertragseinbussen hervorrufen oder gar zu Ausfällen der abgeschatteten Zellen
wegen thermischer Überlastung führen. Durch den Einsatz von BypassDioden können einerseits die Ausfälle weitgehend verhindert, die überproportionalen Einbussen andererseits aber nur gemildert und nicht beseitigt
werden. Die Mehrzahl der konventionellen Photovoltaik-Anlagen sind aufgrund ihrer Struktur aus parallelgeschalteten Seriesträngen sehr empfindlich
- 106 -
- 107 -
gegenüber inhomogenen Einstrahlungsverhältnissen. Wissenschaftliche
Untersuchungen belegen ferner, dass Abschattungen die Hauptursache für
den verminderten Energieertrag mehrerer Photovoltaik-Anlagen innerhalb
des “1000 Dächer”-Förderprogrammes in Deutschland darstellen [48].
4
Systemübersicht
4.1
Einleitung
Sind Teilabschattungen des Solargenerators zu erwarten, verspricht der
modulare Anlagenbau bessere Energieerträge. Man unterscheidet dabei nach
steigendem Modularisierungsgrad zwischen dem Anlagenbau nach dem
String-Ansatz, demjenigen mit modulintegriertem Wechselrichter und dem
Einzellen-Wechselrichter-Ansatz. Während sich der String-Ansatz bereits
im Markt etabliert hat und der modulintegrierte Wechselrichter-Ansatz sich
in der Markteinführungsphase befindet, hat der Einzellen-WechselrichterAnsatz das Prototypen-Stadium noch nicht verlassen. Forschungsbedarf
besteht derzeit vor allem im Bereich des grossflächigen einzelligen Solarmoduls. Die Machbarkeit eines modulintegrierten Umrichters für das EinzellenKonzept konnte erbracht werden.
Das hervorstechendste Merkmal des neuen Systems ist das einzellige Solarmodul mit folgenden Merkmalen:
Als Spezialfall eines Energiesystems mit modulintegrierten Wechselrichtern
verfügt der Einzellen-Ansatz auch über dessen Hauptvorteile wie hoher
Standardisierungsgrad, hohe Flexibilität und Redundanz sowie hohes
Kosteneinsparungspotential dank Massenfertigung in hohen Stückzahlen
und geringer Engineeringbedarf beim Anlagenbau. Durch den prinzipbedingten Wegfall der überproportionalen Ertragseinbussen bei Teilabschattungen stellt der Einzellen-Ansatz ein optimal schattentolerantes Energiesystem dar [2]. Unter schwierigen Umweltbedingungen verspricht es einen
höheren Energieertrag trotz des leicht geringeren Wirkungsgrades η tot des
Umrichters im Vergleich zu den Grosswechselrichtern der konventionellen
Photovoltaik-Anlagen.
Die Modularisierung im Photovoltaik-Anlagenbau hat erst begonnen. Aufgrund ihrer vielen Vorteile wird aber der Marktanteil der modularen Energiesysteme in der Photovoltaik in Zukunft sehr stark ansteigen.
• Die Serieschaltung der Zellen innerhalb des Solarmoduls entfällt, denn
jedes Modul besteht aus einer einzigen grossflächigen Solarzelle.
• Kontinuierliche Bandproduktion einer grossflächigen Solarzelle ist
denkbar. Die amorphe Dünnfilmtechnologie würde sich dazu ausserordentlich gut eignen.
• Keine Anpassungsverluste durch Teilbeschattung am Solargenerator,
weil der integrierte Umrichter dafür sorgt, dass jedes Solarmodul im
Punkt maximaler Leistung (MPP) betrieben wird.
• Solargenerator ist gleichzeitig Bestandteil der Gebäudehülle. Dadurch
muss einerseits nicht zusätzliches Land für die Energieerzeugung geopfert werden und andererseits können gleichzeitig die Kosten für die
Halterungen der Solarmodule verringert werden.
• Durch die Integration des Wechselrichters ins Solarmodul sind die
Gleichstromkreise nicht mehr von aussen zugänglich. Dies vereinfacht
den Anlagenschutz und erhöht die Sicherheit der Anlage.
• Die Anlagengrösse ist beliebig skalierbar und ohne Ersatz bestehender
Anlagenteile jederzeit erweiterbar. Dies erhöht die Flexibilität der
Architekten und der Anlagenbauer beim Design der Anlage sowie der
Bauherren bei nachträglichen Erweiterungen.
• Das Solarmodul wird als anschlussfertiges Fassadenelement vertrieben.
Damit kann eine Solaranlage ohne jegliches Engineering und ohne
besondere Photovoltaik-Fachkenntnisse erstellt und betrieben werden.
All diese Eigenschaften verleihen dem neuen Ansatz ein sehr grosses
Kostensenkungspotential im Vergleich zu den konventionellen Solaranlagen,
die praktisch alle Einzelanfertigungen darstellen. Dies erfordert sehr viel
Engineeringaufwand und erhöht aufgrund der teuren Einzelkomponenten die
Gesamtkosten des Systems. Der neue modulare Ansatz erlaubt eine rationelle Fertigung aller Komponenten in hohen Stückzahlen, was letztlich eine
beträchtliche Senkung der Einzelkosten bewirkt. Weitere Vorteile des modularen Ansatzes sind das praktisch ideale Systemverhalten bei Teilabschattungen sowie die erhöhte Zuverlässigkeit aufgrund der Redundanz.
- 108 -
4.2
Einzellen-Solargenerator
∼ 0.5 – 1.5m
In einem zweiten Schritt werden die Ursachen und anschliessend die quantitativen Auswirkungen einer pulsierenden Leistung an der Solarzelle untersucht. Die Wahl der Umrichterstruktur hat weitreichende Folgen sowohl auf
Energieausbeute als auch auf den Wirkungsgrad und auf den Preis des
Gesamtsystems. Aus diesem Grunde wird die Wahl der bestgeeigneten
Umrichterstruktur sehr sorgfältig in einem “Top-Down”-Modellierungsprozess vorgenommen. Das prinzipiell am besten geeignete Konzept eines einphasigen Umrichters mit zwei stetig steuerbaren Umrichterstufen lässt sich
mit der von uns geforderten wartungsfreien Lebensdauer von mindestens 10
bis 15 Jahren technisch nur realisieren, wenn es gelingt, die auf der Netzseite
prinzipbedingt auftretende 100Hz -Leistungspulsation ohne Verwendung
von Elektrolyt-Kondensatoren, die unter den SCMIC-Einsatzbedingungen
eine zu geringe Lebensdauer aufweisen, von der Solarzelle fernzuhalten.
Aus diesem Grunde muss der Frage der kurzzeitigen Energiespeicherung bei
der Topologiewahl ebenfalls Beachtung geschenkt werden.
A-A
∼ 1 – 2m
Grundriss
Solarzelle
Aufriss A-A
StromSammelstreifen
StromSammelschienen
StromDurchführungen
Umrichter
≈ 30 – 50
µm
AC-Versorgungsnetzanschluss
≈3–4
mm
Eine ausführliche Systembeschreibung der von uns gewählten zweistufigsteuerbaren einphasigen Umrichterstruktur rundet das Kapitel ab. Dabei
wird ein allgemeingültiges Modell zur Beschreibung der Spannungs-,
Strom- und Leistungsverläufe hergeleitet und anschliessend schrittweise für
den uns interessierenden Fall mit konstantem Leistungsfluss auf der Erzeuger- und sinusförmigem Strom auf der Verbraucherseite verfeinert. Die
mathematisch hergeleiteten Beziehungen für die pulsierende Zwischenkreisspannung und die Modulationsfunktionen der beiden Umrichterstufen
beweisen einerseits die Machbarkeit des einphasigen Umrichtersystems mit
einer Leistung von 200W ohne Verwendung von Elektrolyt-Kondensatoren
im Leistungskreis und bilden andererseits die Grundlage für der Realisierung der zugehörigen Steuerung und Regelung des gesamten Umrichtersystems.
Witterungsschutz
Sammelstreifen +
OberflächenAbdeckung
1. PN - Übergang
2. PN - Übergang
Metall - Substrat
Laminat
Amorphe
Dünnfilmzelle
Metallplatte Polyäthylen
Metallplatte +
Kommerzielles
Verbundmaterial
Querschnitt
Einzelliges Solarmodul
Zu Beginn dieses Kapitels wird eine mögliche Realisierungsform eines
grossflächigen einzelligen Solarmoduls vorgestellt. Anschliessend werden
die Auswirkungen eines solchen Solarmoduls auf das Gesamtsystem untersucht und die sich daraus ergebenden Anforderungen an das Umrichtersystem formuliert. Ein besonderes Augenmerk wird dabei auf die
Energieertragsoptimierung auf der Solarzellenseite gerichtet.
- 109 -
Figur 4.1: Möglicher Aufbau eines grossflächigen einzelligen Solarmoduls
- 110 -
- 111 -
In Figur 4.1 ist ein denkbarer Aufbau eines grossflächigen einzelligen Solarmoduls dargestellt. Bereits heute existieren auf dem Markt Solarzellen mit
zwei und drei vertikal übereinander angeordneten PN-Übergängen. Diese
sogenannten Tandem- oder Trippelzellen liefern gegenüber einer Zelle mit
einem einzigen PN-Übergang eine wesentlich höhere Ausgangsspannung.
Da der Solarzellenstrom proportional zur Zellenfläche ist, weist ein einzelli2
ges Solarmodul von 1 bis 2m Fläche sehr niedrige Spannungen von 1 bis
2V und sehr hohe Ströme auf, die je nach Wirkungsgrad der Solarzelle bis
zu 100 A und mehr erreichen können. Die Kombination aus niedriger Spannung und hohem Strom wirkt sich in mehrfacher Hinsicht auf Konzept und
Systemgestaltung aus.
4.3
Die Rückseite der Solarzelle ist über eine elektrisch leitende Laminatschicht
direkt mit der einen Platte des Verbundmaterials verbunden. Die Stromabgriffe auf der Frontseite müssen demzufolge durch das Verbundmaterial hindurchgeführt und mit der zweiten Metallplatte des Verbundmaterials
elektrisch kontaktiert werden. Um die Verluste in den Stromzuführungen
zum Umrichter möglichst gering zu halten, müssen die Ströme -wie in Figur
4.1 dargestellt- möglichst rasch von der Front- auf die Rückseite des Trägermaterials geleitet werden. Gelingt dies, kann das aus Aluminium-KunststoffAluminium bestende Verbundmaterial selbst als elektrischer Leiter genutzt
werden. Dadurch können die Zuleitungsverluste minimal gehalten werden.
Eine Serieschaltung der hohen Ströme ist in unserem Fall technisch nicht
möglich, denn bereits geringste Spannungen von wenigen 100mV rufen
aufgrund der sehr geringen Nutzspannung riesige Wirkungsgradeinbussen
hervor. Letztendlich erfordern somit die hohen Ströme und die geringe Nutzspannung am Solarmodul aus Verdrahtungs-, Kontaktierungs- und Verlustüberlegungen zwingend die Modulintegration des Umrichters.
Diese Forderungen wirken sich direkt auf die Struktur und auf die Betriebsweise des Systems aus. Vor allem die Forderung nach dauerndem Betrieb der
Solarzelle in ihrem MPP stellt hohe Anforderungen an den Umrichter als
Gesamtsystem und soll daher anschliessend noch genauer dargelegt werden.
Auf der Seite des Solarmoduls stellen die Stromabführung auf der Frontseite
der Solarzelle und die Stromdurchführungen auf die Pluspol-Metallplatte
des Verbundmaterials die grosse Herausforderung dar. All die Vorteile, die
ein solches sehr einfach als Bandfabrikat zu fertigendes einzelliges Solarmodul bietet, lassen sich nur ausschöpfen, wenn es gelingt, die bei 1 bis 2V und
Strömen von über 100 A anfallende Energie effizient ins Netz einzuspeisen.
Die technische Herausforderung, einen speziell an die besonderen Anforderungen des einzelligen modulintegrierten Umrichtersystems angepassten
einfachen und preisgünstigen Umrichter mit möglichst gutem Wirkungsgrad
zu entwickeln, ist Gegenstand dieser Arbeit.
Systemanforderungen
Das Umrichtersystem soll einen möglichst grossen Energieertrag der gesamten Photovoltaik-Anlage sicherstellen. Um dies zu erreichen, ist ein sehr
guter Energie-Umwandlungs-Wirkungsgrad unerlässlich. Dies allein reicht
aber noch nicht aus, denn der beste Umrichterwirkungsgrad nützt nicht viel,
wenn die Solarzelle nicht in ihrem “Maximum Power Point” (MPP) betrieben wird. In bezug auf sein Klemmenverhalten lassen sich somit folgende
Forderungen an das Umrichtersystem formulieren:
• Konstanter MPP-Betrieb auf der Eingangsseite
• Sinusförmiger Strom mit cos ( ϕ ) = 1 auf der Ausgangsseite
4.3.1
Ertragseinbussen durch Leistungspulsationen
Wie hoch ist die Energieeinbusse, wenn am Solarmodul der Strom und damit
verknüpft die Leistung pulsiert? Die Leistungspulsation am Solargenerator
kann einerseits durch die Umrichterstruktur und andererseits aus regelungstechnischen Gründen auftreten. Das Ziel dieses Kapitels besteht darin, quantitative Aussagen zu den zu erwartenden Einbussen zu treffen.
Leistungspulsationen als Verursacher von Energieeinbussen
Um den Energieertrag einer Solarzelle oder eines Solarmoduls, nachfolgend
vereinfachend Erzeuger genannt, zu maximieren, muss gewährleistet sein,
dass das nachfolgende Umrichtersystem den Erzeuger stets im MPP E
betreibt. Für die nachfolgenden Untersuchungen sollen die im Sekundenbereich erfolgenden “langsamen” Änderungen des MPP E durch die Strahlungsstärke G′ und die Temperatur T sz gegenüber den schnellen
Arbeitspunktauslenkungen, die durch das nachgeschaltete Umrichtersystem
verursacht werden, vernachlässigt werden. Der MPP E bleibt durch diese
Annahme über den Betrachtungszeitraum T nach Gleichung (4.1) konstant:
u E, MPP = U E, MPP
i E, MPP = I E, MPP
p E, MPP = P E, MPP
(4.1)
- 112 -
- 113 -
Jeder pulsierende Erzeuger-Leistungsverlauf p E führt, wie aus Figur 4.2
ersichtlich, zu Arbeitspunkt-Bewegungen auf der up -Leistungskennlinie.
Die pulsierende Leistung p E erreicht höchstens zu einzelnen Zeitpunkten die
maximal mögliche Leistung P E, MPP und liegt sonst immer darunter. Folglich resultiert bei Leistungspulsation eine mittlere Erzeuger-Leistung P E , die
unter der MPP E -Leistung P E, MPP liegt. Um den Energieertrag zu maximieren, muss daher eine erzeugerseitige Leistungspulsation so gering wie möglich gehalten werden.
dem MPP E am Erzeuger gibt es im wesentlichen drei Gründe für eine pulsierende Leistung p E am Erzeuger:
• das “Maximum Power Point Tracking”
• Schaltungsoberschwingungen des Umrichters
• Unvollständig unterdrückte Netzleistungspulsationen
Diese drei Gründe weisen also unterschiedliche Ursachen auf, ihre Wirkung
ist aber immer dieselbe: eine Minderung des Energieertrages.
iE
Umrichtersystem
“Maximum Power Point Tracking”-bedingte Leistungspulsationen
pE
uE
pE
pE
P E, MPP
t
uE
Figur 4.2: Pulsierender Leistungsverlauf p E bei konstanter ui -Solarkennlinie
Jeder “Maximum Power Tracking”-Algorithmus, der aktiv auf der Kennlinie
den MPP-Punkt sucht, erzeugt im Endeffekt eine Arbeitspunktvariation um
den MPP herum. Je nach Verfahren kann dies sporadisch wenige Male pro
Minute mit grossen Auslenkungen oder auch kontinuierlich mit geringen
Arbeitspunktauslenkungen erfolgen. In beiden Fällen resultiert über die Zeit
betrachtet eine ertragsmindernde Leistungspulsation. Ein guter TrackingAlgorithmus versucht die durch ihn verursachte Leistungspulsation auf der
Erzeugerseite möglichst gering zu halten.
Durch Schaltungsoberschwingungen verursachte Leistungspulsationen
Die erzeugerseitige Energieertragseinbusse E Ee soll nach Gleichung (4.2)
angesetzt werden. Die Gleichung gilt allgemein sowohl für zeitlich ändernde
MPP E -Punkte wie auch für beliebige pulsierenden Erzeuger-Leistungsverläufe p E . Ist nun der MPP E über den Betrachtungszeitraum T konstant und
der Verlauf der pulsierenden Leistung p E bezüglich T periodisch, vereinfacht sich (4.2) zur Gleichung (4.3).
∫ pE ⋅ dt
T
E Ee = 1 – -------------------------------p E, MPP ⋅ dt
∫
(4.2)
T
Der grosse Vorteil von leistungselektronischen Systemen besteht darin, dass
sie durch ihren Schaltbetrieb -abgesehen von einigen Nichtidealitäten- nahezu verlustlos Energie umformen können. Ihr Prinzip beruht dabei darauf,
dass nie an einem Leistungshalbleiter gleichzeitig Spannung und Strom
anliegt und somit das Produkt dieser beiden Grössen zu jedem Zeitpunkt
näherungsweise Null ist. Die Kehrseite des Schaltbetriebes besteht darin,
dass dadurch prinzipbedingt Spannungs- und Stromoberschwingungen entstehen. In der Praxis macht dies in den allermeisten Fällen den Einsatz von
Filtern unerlässlich. In unserem Fall führen unvollständig unterdrückte
Spannungs- und Stromoberschwingungen auf der Erzeugerseite zu Energieertragseinbussen.
Unvollständig unterdrückte Netzleistungspulsationen
1
--- p E ⋅ dt
T
T
= 1 – ----------------------P E, MPP
∫
E Ee
(4.3)
Bei stationären Einstrahlungsverhältnissen und demzufolge gleichbleiben-
In diesem Zusammenhang muss man prinzipbedingt zwischen den Systemen
mit einphasiger und solchen mit dreiphasiger Netzanbindung unterscheiden:
• Einphasige Netzanbindung
Alle einphasigen Umrichtertopologien erzeugen am Netzanschlusspunkt eine mit der doppelten Netzfrequenz pulsierende Leistung.
Gelingt es dem Umrichter aufgrund seiner Struktur und/oder seiner
- 114 -
- 115 -
Regelung nicht, die am Netzanschlusspunkt entstehende Leistungspulsation von der Erzeugerseite vollständig fernzuhalten, verursacht diese
eine Energieertragseinbusse E Ee .
• Dreiphasige Netzanbindung
Bei symmetrischen Verhältnissen weisen dreiphasige Systeme einen
konstanten Leistungsfluss auf der Netzseite auf. Dies ermöglicht, die zu
installierenden Filter bei gleicher Leistung gegenüber dem einphasigen
Fall stark zu verkleinern. Bei Unsymmetrien in den Netzanschlussspannungen treten aber dadurch bei symmetrischer Stromeinspeisung auch
bei dreiphasigen Systemen Leistungspulsationen mit der doppelten
Netzfrequenz auf. Gelangen diese wiederum ungehindert auf die Erzeugerseite, so führen auch sie zu Energieertragseinbussen E Ee . Geht man
von der maximal zulässigen Netzspannungs-Unsymmetrie gemäss
EN50160-Norm [67] aus, so treten bei Nennleistung und symmetrischen Netzströmen immerhin Leistungspulsationen mit der doppelten
Netzfrequenz von bis zu 6% der Nennleistung auf.
Quantitative Abschätzung der Ertragseinbussen
Figur 4.3 zeigt das zur quantitativen Beurteilung der Energieeinbussen E Ee
verwendete Modell. Die meisten käuflichen Solarumrichter benötigen auf
ihrer Eingangsseite eine Spannungsquellen-Charakteristik. Die Modellierung trägt diesem Umstand durch den Einsatz einer Filter-Kapazität C E als
Energiezwischenspeicher Rechnung. Der Umrichter als Verbraucher wird
durch eine Laststromquelle modelliert. Der Laststrom i L setzt sich dabei aus
einer DC und einer AC -Komponente zusammen.
pE
uE
pL
iL
1
CE
Î Lac, n
I Ldc, n t
Figur 4.3: Modell zur quantitativen Beurteilung der Energieertragseinbusse
Im Falle, dass der Stromrippel von einer unvollständig unterdrückten Pulsation der Netzleistung herrührt, kann dies wie folgt mathematisch beschrieben
werden:
i L = I Ldc + i Lac
mit
i Lac = Î Lac ⋅ sin ( 2ω b ⋅ t )
Für die numerische Simulation werden die Last-Stromamplitude Î Lac , die
Filterkapazität C E und die ui -Kennlinie der Solarmoduls vorgegeben. Die
Matlab-Simulink-Simulation optimiert nun in einem ersten Schritt den LastGleichstromanteil I Ldc derart, dass der Mittelwert der vom Solarmodul
gelieferten Erzeuger-Leistung p E maximal wird. Setzt man anschliessend
diesen Mittelwert ins Verhältnis zur MPP E -Leistung P E, MPP , kann die
Energieertragseinbusse E Ee leicht ermittelt werden.
Um die Ergebnisse besser darstellen zu können, werden die einzelnen Grössen normiert. Die Bezugs-Impedanz Z E, b ist nach (4.5) als Verhältnis aus
den Bezugsgrössen Leerlaufspannung U E0, b und Kurzschlussstrom I E0, b
definiert. Daraus lässt sich nun die Bezugs-Filter-Kapazität C E, b berechnen.
U E0, b
1
Z E, b = --------------- = ----------------------I E0, b
ω b ⋅ C E, b
und
I E0, b 1
C E, b = --------------- ⋅ -----U E0, b ω b
(4.4)
(4.5)
Nun wird auch noch die Filterkapazität C E selbst normiert. Dies erfolgt
nach Gleichung (4.6):
CE
C E, n = -----------C E, b
i L, n
iE
Dabei stellt ω b = 2π ⋅ f b die Netzkreisfrequenz und f b = 50Hz die Netzfrequenz dar. Die AC -Komponente i Lac im Laststrom bewirkt eine Leistungspulsation p L auf der Eingangsseite des Umrichters. Je nach Grösse
der Filter-Kapazität C E gelangt ein mehr oder weniger grosser Anteil der
Wechselleistung p Lac direkt auf die Erzeugerseite und verursacht dort eine
pulsierende Erzeugerleistung p Eac . Der Mittelwert der erzeugerseitigen
Leistung p E und der Mittelwert der lastseitigen Leistung p L stimmen stationär bei verlustlos angenommener Kapazität C E überein.
(4.6)
Figur 4.4 zeigt die Energieertragseinbusse E Ee in Abhängigkeit der FilterKapazität C E, n , des Laststrom-Wechselanteils Î Lac, n und des Füllfaktors
FF E der ui -Solarkennlinie. Um die Kurvenscharen für verschiedene Füllfaktoren FF E miteinander vergleichen zu können, wird die Last-Stromamplitude Î Lac, n auf den zum Füllfaktor FF E dazugehörigen BezugsMPP E -Strom I E, MPP nach Gleichung (4.7) ebenfalls normiert:
Î Lac
Î Lac, n = ---------------------I E, MPP, b
mit I E, MPP, b = I E, MPP
(4.7)
- 116 -
- 117 -
Die Matlab-Simulink-Simulation trägt diesem Umstand Rechnung und setzt
für die tatsächlich verwendete Last-Stromamplitude Î Lac die normierte
Last-Stromamplitude Î Lac, n multipliziert mit dem Bezugs- MPP E -Strom
I E, MPP, b des entsprechenden Füllfaktors FF E ein.
rem Anwendungsfall auf normierte Kapazitätswerte C E, n von maximal 1
bis 2 beschränkt, so dass wir kaum in den Genuss der Dämpfung des Tiefpassfilters kommen. Mit anderen Worten gesagt, bedeutet dies gemäss Figur
4.4 nichts anderes, als dass nur Schaltungen mit sehr geringen Stromoberschwingungen auf ihrer Eingangsseite für uns in Frage kommen. Die Figur
4.4 zeigt uns aber auch, dass der relativ geringe Füllfaktor FF E unserer
amorphen Dünnfilm-Solarzelle entgegenkommt, denn bei gleichbleibender
Filterkapazität C E, n und Last-Stromamplitude Î Lac, n führt ein hoher Wert
des Füllfaktors FF E gegenüber einem niedrigen Wert zu grösseren Energieertragseinbussen E Ee . Die Ergebnisse von Figur 4.4 zeigen, dass sich
Anstrengungen zur Reduktion der Oberschwingungen auf der Erzeugerseite
sehr stark auszahlen. So bewirkt beispielsweise eine Verringerung der
Schwankungsamplitude Î Lac, n des Laststromes um den Faktor 10 eine
Reduktion der Energieertragseinbusse E Ee um beinahe einen Faktor 100.
Weitere Details sind in [1], Kapitel 3.6, nachzulesen.
0
10
ILac,n=1.0
−1
Energieertragseinbusse EEe
10
−2
10
0.1
−3
4.4
10
−4
10
0.01
−5
10
−6
10
−1
10
0
1
10
10
2
10
Filterkapazität: CE,n
Figur 4.4: Energieertragseinbusse E Ee in Funktion der Filterkapazität C E, n
und des Erzeuger-Füllfaktors FF E :
FF E = 0.5
FF E = 0.6
FF E = 0.7
FF E = 0.8
Die Ergebnisse zeigen die zu erwartende Tiefpass-Filterwirkung der Eingangskapazität C E, n deutlich auf. Die Energieertragseinbusse E Ee fällt
dabei umso geringer aus, je grösser die Filterkapazität C E, n gewählt wird.
Allerdings wirkt die Filterkapazität C E, n erst ab genügend grossen Kapazitätswerten nachhaltig. Wie sich in Kapitel 6 weisen wird, sind wir in unse-
Umrichterstruktur
In diesem Kapitel stellt sich in einer ersten Phase die Frage nach dem Aufbau
und der Funktionsweise des Leistungsteils unseres gesamten Umrichtersystems. Ausgangslage bildet dabei einerseits die Forderung nach möglichst
permanentem Betrieb des Erzeugers in seinem Punkt maximaler Leistung
(MPP) und andererseits der gewünschte sinusförmige Netzstrom auf der
Ausgangsseite. Im Sinne einer Top-Down-Vorgehensweise geht es darum,
zuerst abzuklären, welche Umrichteranordnungen für unseren Anwendungsfall prinzipiell in Frage kommen. Dazu gehören auch die Fragen, ob sich eine
ein- oder eine dreiphasige Netzanbindung besser eignet oder wieviele
Umrichterstufen mit welchen Eigenschaften zur Lösung der gestellten
Anforderungen mindestens erforderlich sind. Der systematische Vergleich
der verschiedenen in Frage kommenden Umrichterkonzepte bildet die
Grundlage für die Wahl der für unseren Anwendungsfall am besten geeigneten Umrichterstruktur.
4.4.1
Prinzipiell in Frage kommende Umrichterkonzepte
Für die nachfolgenden Betrachtungen sind nur die Systemeigenschaften der
einzelnen Umrichterstufen von Interesse. Aus diesem Grunde reicht bereits
die Modellierung der einzelnen Umrichterstufen als reine Impedanzwandler
aus, denn dies erlaubt die Umrichter systemtechnisch zu beschreiben, ohne
sich dabei mit schaltungstechnischen Details auseinandersetzen zu müssen.
- 118 -
- 119 -
Modell eines einphasigen Umrichters
Für die folgende Betrachtung wird ein einzelner einphasiger Umrichter als
kontinuierlicher, leistungserhaltender Impedanzwandler gemäss Figur 4.5
betrachtet. Die Modulationsfunktion m bestimmt zu jedem Zeitpunkt die
Impedanzwandlung zwischen den Ein- und den Ausgangsgrössen.
1
Eingang
i1
p1
Ausgang
m
u1
p2
i2
u2
m
t
–1
1
m
t
–1
1
Gleichspannungswechselrichter
DC/DC Steller
mit fixem Übersetzungsverhältnis
m
–1
DC/DC Steller
t mit variablem Übersetzungsverhältnis
Figur 4.5: Einphasiger, kontinuierlicher und leistungsinvarianter Impedanzwandler
Die Ausgangsspannung u 2 erhält man nach Gleichung (4.8) durch Multiplikation der Eingangsspannung u 1 mit der betragsbegrenzten Modulationsfunktion m . Dadurch wird die Ausgangsspannung u 2 in ihrem Betrag
immer kleiner oder gleich dem Betrag der Eingangsspannung u 1 .
u2 = m ⋅ u1
i1 = m ⋅ i2
mit
–1 ≤ m ≤ 1
(4.8)
(4.9)
Die Eingangsleistung p 1 = u 1 ⋅ i 1 und die Ausgangsleistung p 2 = u 2 ⋅ i 2
stimmen gemäss den Gleichungen (4.8) und (4.9) zu jedem Zeitpunkt überein. Dies gilt unter der Annahme, dass der Umrichter verlustlos arbeitet und
auch kurzzeitig keine Energie zwischenspeichert. Der Zusammenhang zwischen Eingangsstrom i 1 und Ausgangsstrom i 2 und der Modulationsfunktion m ist dann umgekehrt proportional zu jenem zwischen Eingangsspannung u 1 und Ausgangsspannung u 2 . Da der Leistungsfluss in beide
Richtungen möglich ist, richtet sich der Begriff “Eingang” und “Ausgang”
nicht an die Richtung des Leistungsflusses.
u1
u2
2
----- = ----- ⋅ m
i1
i2
(4.10)
Gleichung (4.10) gibt die Impedanz am Ausgang u 2 ⁄ i 2 des Wandlers als
Funktion der Impedanz u 1 ⁄ i 1 an dessen Eingang und seiner Modulationsfunktion m an.
Wie in Figur 4.5 anhand der drei Klassen von Modulationsfunktionen m
leicht zu erkennen ist, entscheidet allein die Modulationsfunktion m über die
Funktionalität der verschiedenen einphasigen Umrichter:
• Betreibt man den Umrichter als Gleichspannungswechselrichter an der
Netzspannung u 2 = u N , weist die Modulationsfunktion m beide Vorzeichen auf und ist bei konstanter Umrichter-Eingangsspannung u 1
sinusförmig. Dazu muss die Eingangsspannung u 1 mindestens so gross
wie die Netz-Phasenspannungsamplitude û N sein.
• Soll die Umrichter-Ausgangsspannung u 2 um ein fixes Verhältnis herabgesetzt werden, erreicht man dies mit einer konstanten Modulationsfunktion m und gelangt so zu einem Tiefsetzsteller mit fixem
Übersetzungsverhältnis. Vertauscht man die Ausgangs- und Eingangsseite, wird aus einem Tiefsetz- ein Hochsetzsteller. Den sogenannten
Inverswandler erhält man durch Steuerung des Umrichters mit einer
Modulationsfunktion mit negativem Vorzeichen.
• Besitzt ein Umrichter die Möglichkeit, das Tastverhältnis im laufenden
Betrieb zu verändern, so äussert sich dies durch eine variable Modulationsfunktion m . Sowohl der Tiefsetz- als auch der Hochsetzsteller und
der Inverswandler können, wenn es ihre Steuerung erlaubt, grundsätzlich auch mit einer variablen Modulationsfunktion betrieben werden.
Ist eine Umrichterschaltung intern über einen Hochfrequenz-Transformator
mit einem durch das Verhältnis seiner Windungszahlen gegebenen Übersetzungsverhältnis realisiert, kann dieser Sachverhalt durch die Serieschaltung
eines zweiten Umrichtermodells mit konstanter Modulationsfunktion in
Tiefsetz oder Hochsetzteller-Konfiguration erfolgen. Damit lassen sich auch
Sperr- und Durchflusswandler problemlos modellieren.
Modell des dreiphasigen Umrichters
Analog zum einphasigen Modell kann auch das in Figur 4.6 gezeigte dreiphasige Modell hergeleitet werden. Die Zwischenkreisspannung u 1 , welche
die Eingangsspannung des dreiphasigen Umrichters darstellt, wird in zwei
identische Teilspannungen u 1 ⁄ 2 unterteilt. Die Impedanzwandlung erfolgt
durch die Vorgabe der drei Modulationsfunktionen m a , m b und m c . Der
- 120 -
- 121 -
Ausgang des Umrichters ist in Stern geschaltet. Die Nullpunktspannung u 0
bezeichnet den stromlosen Spannungsabfall zwischen dem Sternpunkt und
dem Mittelpunkt der Zwischenkreisspannung u 1 .
gangsströme i 2a, b, c aufgrund der Knotenregel im Sternpunkt ebenfalls Null
ergibt, gelangt man zur Gleichung (4.12), die den Zusammenhang zwischen
dem Eingangsstrom i 1 und den Ausgangsströmen i 2a, b, c beschreibt. Hier
zeigt sich der grosse Unterschied gegenüber dem einphasigen Umrichter.
Während beim einphasigen Umrichter die Modulationsfunktion m zusammen mit den Eingangsgrössen u 1 , i 1 sowohl Spannungs- und Stromverläufe
am Ausgang u 2 , i 2 eindeutig definieren, weicht diese eindeutige Zuordnung
beim dreiphasigen Umrichter einer Summe aus den Ausgangsströmen
i 2a, b, c gewichtet mit ihren Modulationsfunktionen m a, b, c .
Eingang
Ausgang
p 2a
i1
u
----12
u1
----2
p1
ma
mb
mc
u 2a
i 2a
u Na
i 2b
u Nb
i 2c
u Nc
p 2b
u 2b
p 2c
u 2c
u0
Figur 4.6: Dreiphasiger, kontinuierlicher und leistungsinvarianter
Impedanzwandler als Modell des dreiphasigen Umrichters
Die Ansatzgleichungen (4.11) für die Ausgangsspannungen u 2a, b, c sind
analog zur einphasigen Modellierung angesetzt. Eine einzelne Ausgangsspannung u 2a, b, c ergibt sich aus der Multiplikation der halben Eingangsspannung u 1 ⁄ 2 mit der entsprechend betragsbegrenzten Modulationsfunktion m a, b, c .
Werden rein sinusförmige Modulationsfunktionen m a, b, c verwendet, muss
die Eingangsspannung u 1 mindestens die doppelte Netz-Phasenspannungsamplitude û N aufweisen. Der Faktor 2 kann maximal auf den Wert
3 = 1.73 reduziert werden, wenn allen drei Modulationsfunktionen
m a, b, c noch geeignete gleichphasige Anteile überlagert werden. Im einfachsten Fall erfolgt dies durch Überlagerung einer dritten Harmonischen, die bei
offenem Sternpunkt stromlos über u 0 abfällt.
Gültigkeitsbereich der beiden Modelle
Das besprochene kontinuierliche und leistungsinvariante Modell ist sowohl
für den ein- wie auch den dreiphasigen Umrichter unter den folgenden zwei
Gesichtspunkten zulässig:
• Die Taktfrequenz des Umrichters liegt ein Mehrfaches über der höchsten zu betrachtenden Frequenzkomponente der Eingangsleistung p 1 .
u 2a = m a ⋅ u 1 ⁄ 2 

u 2b = m b ⋅ u 1 ⁄ 2  mit – 1 ≤ m a, b, c ≤ 1

u 2c = m c ⋅ u 1 ⁄ 2 
(4.11)
i 1 = m a ⋅ i 2a + m b ⋅ i 2b + m c ⋅ i 2c
(4.12)
1
1
u 0 = --- ⋅ u 1 ⁄ 2 ⋅ ( m a + m b + m c ) – --- ⋅ ( u Na + u Nb + u Nc )
3
3
(4.13)
• Die Verluste des Umrichters sind so gering, dass sich die Leistungen an
seinem Ein- und an seinem Ausgang nicht nennenswert unterscheiden,
dann gilt also p 1 = p 2 .
Die Nullpunktspannung u 0 ergibt sich nach (4.13) aus der Summe der
Modulationsfunktionen m a, b, c und der Summe der drei Netz-Phasenspannungen u Na, b, c . Für symmetrische sinusförmige Verhältnisse am Netz stellen sowohl die Netz-Phasenspannungen u Na, b, c als auch die Modulationsfunktionen m a, b, c drei um 120° versetzte Sinuskurven dar. In diesem Fall
wird die Nullpunktspannung u 0 zu Null. Berücksichtigt man die Leistungsinvarianz des Umrichters und die Eigenschaft, dass die Summe der drei Aus-
Die erste Bedingung ist zwingend, um ein für langsame Vorgänge verzögerungsfreies Verhalten des Umrichters zu gewährleisten. Sind die Umrichterverluste nicht mehr vernachlässigbar, muss die Eingangs- oder die Ausgangsleistung mit einem dem mittleren Wirkungsgrad η entsprechenden
Faktor korrigiert werden. Die Richtung des Leistungsflusses bestimmt dann
ob die Eingangs- oder die Ausgangsleistung des Umrichters um den Wirkungsgrad η korrigiert werden muss. Bei Umkehr der Energierichtung
ändert sich demzufolge auch die Zuordnung des Faktors.
Damit sind die parasitären Kapazitäten und Induktivitäten im Innern des
Umrichters als Energiespeicher für die zu betrachtenden langsameren Vorgänge vernachlässigbar klein, und die geschalteten Grössen dürfen über ihre
Kurzzeitmittelwerte als kontinuierliche Verläufe betrachtet werden.
- 122 Weitere Randbedingungen des Systems
Darunter fallen insbesondere die aufgrund der Quellencharakteristik erforderlichen Strom- und Spannungsbereiche sowie die Art und Weise der kurzzeitigen Energiespeicherung innerhalb des Gesamtsystems.
• Spannungs- und Strombereich
Grundlage dafür bilden die in Kapitel 3 hergeleitete Beschreibung des
elektrischen Verhaltens des Solargenerators in Abhängigkeit seiner
wichtigsten Betriebsparameter wie Strahlungsstärke G′ und Temperatur T . Setzt man die bei tiefster Umgebungstemperatur auftretende
Leerlaufspannung ins Verhältnis zu der bei höchster Umgebungstemperatur resultierenden MPP -Spannung, ergibt sich ein sehr weiter relativer Eingangsspannungsbereich u pv des Umrichters von 100 bis 160%.
Mit anderen Worten gesagt, bedeutet dies, dass der Umrichter spannungsmässig um mindestens 60% gegenüber der für Netzeinspeisung
minimal erforderlichen Eingangsspannung überdimensioniert werden
muss, um die Solarzelle unter allen Betriebsbedingungen in ihrem MPP
betreiben zu können. Strommässig muss der Umrichter am Eingang so
ausgelegt sein, dass er den Strom kontinuierlich verstellen kann von 0
bis 100% seines Kurzschlussstromes i sz0 bei der tiefsten auftretenden
Umgebungstemperatur.
• Kurzzeitige Energiespeicherung
Bei einphasigen netzgekoppelten Photovoltaikanlagen mit sinusförmigen Spannungs- und Stromverläufen am Netzanschlusspunkt entstehen
prinzipbedingt pulsierende Leistungen mit doppelter Netzfrequenz. Im
dreiphasigen Fall treten Leistungspulsationen nur bei Netzunsymmetrien auf. In allen Fällen pulsiert aber die momentane Leistung einer
Phase zwischen 0…200% ihres Mittelwertes.
Jede Leistungspulsation auf der Erzeugerseite führt aber gemäss den
Ausführungen von Kapitel 4.3.1 zu Energieertragseinbussen E Ee . Der
Erzeuger muss für eine maximale Energieausbeute zwingend mit konstanter Leistung betrieben werden. Der Einsatz eines Energiespeichers
im System kann den pulsierenden Leistungsanteil kurzzeitig zwischenspeichern und so eine Entkopplung zwischen dem Erzeuger und dem
Netz sicherstellen.
Die Energiespeicherung kann mittels einer Kapazität oder einer Induktivität erfolgen. Als Energiezwischenspeicher sind Kondensatoren auf
Grund ihres deutlich tieferen Preises pro Energie-Inhalt, ihres geringeren Gewichtes und ihres kleineren Volumens eindeutig gegenüber den
Induktivitäten vorzuziehen. Aus denselben Gründen verbietet sich auch
- 123 der Einsatz eines 50Hz -Transformators am Netzanschlusspunkt. Wir
legen aufgrund all dieser Argumente fest, dass die kurzzeitige Energiespeicherung innerhalb des Umrichters im Rahmen dieser Arbeit in
einem Kondensator erfolgen soll. Auf den Einsatz eines schweren und
klotzigen 50Hz -Transformators soll ebenfalls verzichtet werden. Ist
eine Potentialtrennung erforderlich, kann diese sehr viel eleganter mit
einem kleinen Hochfrequenztransformator sichergestellt werden.
Aufgrund dieser Randbedingungen sind wir nun in der Lage, die prinzipiell
in Frage kommenden Umrichter-Anordnungen zur Einspeisung der von der
einzelligen modulintegrierten Photovoltaik-Anlage gelieferten Energie ins
öffentliche 230V ⁄ 50Hz -Energieversorgungsnetz anzugeben. In Tabelle 4.1
sind die denkbaren Umrichter-Grundstrukturen ohne 50Hz -Netztransformator und mit einem Kondensator als Energiespeicher aufgeführt.
Klasse
einphasig
dreiphasig
Einstufig
steuerbar
Zweistufig
halbsteuerbar
Zweistufig
steuerbar
Tabelle 4.1: Übersicht der möglichen Umrichter-Anordnungen ohne 50Hz Netztransformator und mit einer Kapazität als Energiespeicher
Die in Tabelle 4.1 gezeigten einzelnen Umrichterstufen sollen gemäss den in
Kapitel 4.4.1 hergeleiteten Modellen als kontinuierliche, leistungsinvariante
und über ihre Modulationsfunktionen gesteuerte Impedanzwandler betrachtet werden. Der Netzanschluss kann dabei wie gesehen entweder ein- oder
- 124 -
- 125 -
dreiphasig erfolgen. Steuerbar bedeutet, dass zu jedem Zeitpunkt die Modulationsfunktionen m der beiden Umrichter über ihre Regelung und/oder
ihren Modulator verändert werden können. Halbsteuerbar im zweistufigen
Konzept bedeutet, dass der erzeugerseitige Umrichter mit einer fest vorgegebenen konstanten Modulationsfunktion m , während der netzseitige mit
variablen Modulationsfunktionen betrieben wird.
phasigen Anteilen auf die Modulationsfunktionen m a, b, c beziehungsweise
2 ⋅ 2 ⋅ 230 = 650V ohne Injektion gleichphasiger Komponenten. Beim
dreiphasigen Umrichter erweist sich vor allem die im Vergleich zur einphasigen Ausführung um den Faktor 1.73 bis 2 höhere Eingangsspannung als
grosser Nachteil, denn sie führt zu deutlich höheren Schaltverlusten und
somit zu einem geringeren Umrichter-Wirkungsgrad. Hinzu kommen noch
die deutlich höheren Umrichterkosten der dreiphasigen Ausführung aufgrund des höheren Aufwandes an Halbleitern, Ansteuerungen, Modulatoren,
Regelkreisen und Entkopplungsinduktivitäten. Aus all diesen Gründen ist
ein einphasiger Netzanschluss einem dreiphasigen Anschluss bei UmrichterBauleistungen unter 1kW vorzuziehen.
Vergleich zwischen einphasigem und dreiphasigem Netzanschluss
Charakteristisches Kennzeichen des einphasigen Netzanschlusses ist die
zwischen 0 und 200% des Leistungsmittelwertes pulsierende Leistung der
netzseiten Umrichterstufe. Ein Energiespeicher, der einen Pulsationsanteil
von 100% der Nennleistung aufnehmen kann, ist bei einphasiger Netzanbindung prinzipbedingt erforderlich. Die minimale Eingangsspannung des netzseitigen Gleichspannungswechselrichters beträgt 2 ⋅ 230 = 325V .
Erfolgt die Netzanbindung hingegen dreiphasig, addieren sich bei idealen
symmetrischen Verhältnissen die drei pulsierenden Phasenleistungen zu
einer konstanten Leistung. Dies würde den Einsatz eines Energiespeichers
überflüssig machen. Generell können aber, wie in Kapitel 4.3.1 ausgeführt,
bei Netzunsymmetrien pulsierende Leistungsanteile entstehen.
Nach aktuell gültiger Netznorm [67] dürfen in Europa die SpannungsUnsymmetrien nur so hoch sein, dass die aus der Summe aller drei Netz-Phasenleistungen resultierende Leistungspulsation mit doppelter Netzfrequenz
einen Maximalwert von 6% der Nennleistung nicht übersteigt. Gelangt aber
eine derartige Leistungspulsation ungehindert an den Solargenerator, sind
Energieeinbussen E Ee von ungefähr 3% zu erwarten, was aus Ertragsüberlegungen nicht mehr toleriert werden kann. Es wäre denkbar, die Steuerung
und Regelung des netzseitigen dreiphasigen Umrichters so zu modifizieren,
dass die Summe der drei pulsierenden Phasenleistungen stets konstant bleibt.
Dies stellt aber einerseits hohe Anforderungen an die Netzspannungserfassung, um Leistungsschwankungen im Prozentbereich erfassen und anschliessend ausregeln zu können, und erfordert andererseits Modulationsverfahren, die unsymmetrische Ströme in den einzelnen Phasen zulassen. Aus
Kostengründen empfiehlt es sich daher, auch bei dreiphasigem Netzanschluss den sehr viel einfacheren Umrichter mit symmetrischer Stromeinspeisung zusammen mit einem kleinen Energiespeicher einzusetzen, der eine
allfällige Leistungspulsation im Prozentbereich aufnehmen kann.
Die Eingangsspannung des netzseitigen Gleichspannungswechselrichters
beträgt minimal 3 ⋅ 2 ⋅ 230 = 564V bei Injektion von geeigneten gleich-
Für unser einzelliges modulintegriertes Umrichtersystem mit einer Nennleistung von 200W sollte daher aus Wirkungsgrad- und Kostenüberlegungen
unbedingt eine einphasige Netzanbindung angestrebt werden.
Einstufig steuerbarer Ansatz
Der einstufige Ansatz setzt eine genügend hohe Erzeugerspannung voraus.
Im Falle eines einphasigen Netzanschlusses beträgt die minimal erforderliche MPP -Spannung 325V und bei dreiphasiger Netzanbindung je nach verwendetem Steuerverfahren zwischen 564 und 650V . Aufgrund unseres
einzelligen Niederspannungs-Solarmoduls fällt diese Struktur in unserem
Anwendungsfall ausser Betracht.
Zweistufig halbsteuerbarer Ansatz
Der Ansatz ermöglicht gegenüber dem einstufigen Fall, mit einer tieferen
Erzeugerspannung zu operieren, da der erste Umrichter als Hochsetzstufe
ausgelegt werden kann. Bei Umrichtern ohne Potentialtrennung stellt dabei
das technisch minimal einstellbare Tastverhältnis der Leistungshalbleiter
und damit in unserem Modell der minimal zulässige Modulationsgrad m in
den meisten Fällen die begrenzende Grösse dar. Wird erzeugerseitig eine
Umrichterstruktur mit Hochfrequenz-Transformator eingesetzt, so fällt diese
Beschränkung wegen des zusätzlichen Freiheitsgrades durch das Übersetzungsverhältnis des Transformators praktisch weg. In diesem Falle lassen
sich grosse bis sehr grosse Spannungsübersetzungsverhältnisse zwischen
Ein- und Ausgang technisch realisieren.
Durch die konstante Modulationsfunktion des erzeugerseitigen Umrichters
ist die Zwischenkreisspannung stets ein proportionales Abbild der Erzeugerspannung. Das hohe Verhältnis zwischen der maximalen Erzeuger-Leerlaufspannung zu der minimalen Erzeuger MPP -Spannung von 160% zwingt
- 126 -
- 127 -
uns daher, die netzseitige Umrichterstufe spannungsmässig kräftig überzudimensionieren: Einphasig führt dies im Zwischenkreis zu Maximalspannungen von 553V und dreiphasig gar zu Spitzenwerten von 1.1kV ! Mit
Spannungen im kV -Bereich fällt der zweistufig halbgesteuerte dreiphasige
Ansatz für unseren Anwendungsfall ebenfalls ausser Betracht.
Der grosse Vorteil der zweistufig steuerbaren Anordnung liegt also in der
vollständigen Entkopplung der Erzeuger- von der Lastseite. In unserem Fall
ist diese Anordnung aufgrund ihrer tiefen minimal zulässigen Erzeugerspannung und -leistung prinzipiell geeignet. Um die Frage beurteilen zu können,
ob sich in unserem Anwendungsfall eine einphasige oder eine dreiphasige
Netzanbindung besser eignet, müssen wir uns anschliessend noch mit der
technischen Realisierung der Energiezwischenspeicherung vertieft auseinandersetzen.
Beim einphasigen Fall stellt die Leistungspulsation ein grosses Problem dar,
denn die Erzeugerspannung muss wiederum, um Energieertragseinbussen zu
vermeiden, möglichst konstant gehalten werden. Die netzseitig zwischen 0
und 200% um ihren Mittelwert pulsierende Leistung muss daher mit einer
Kapazität als Energiespeicher entweder erzeugerseitig auf tiefem Spannungsniveau oder zwischen den beiden Umrichterstufen auf hohem Niveau
möglichst vollständig gepuffert werden. Weil dies sehr hohe Kapazitätswerte
erfordert, die sich nach heutigem Stand der Technik nur mittels Elektrolytkondensatoren realisieren lassen, fällt -wie wir gleich sehen werden- auch
der prinzipiell geeignete zweistufig halbsteuerbare einphasige Umrichteransatz für den einzelligen modulintegrierten Wechselrichteransatz ausser
Betracht.
Zweistufig steuerbarer Ansatz
Der zweistufig steuerbare Ansatz weist genau so wie der zweistufig halbsteuerbare Ansatz die günstige Eigenschaft einer tiefen minimalen Erzeugerspannung und -leistung auf. Durch die Steuerbarkeit des erzeugerseitigen
Umrichters muss die Zwischenkreisspannung aber kein proportionales
Abbild der Erzeugerspannung mehr sein und darf daher beinahe beliebig
pulsieren. Die Steuerbarkeit des erzeugerseitigen Umrichters ermöglicht
auch bei pulsierender Zwischenkreisspannung jederzeit eine konstante
Erzeugerspannung und ermöglicht somit, den Erzeuger permanent in seinem
MPP zu betreiben. Der netzseitige Umrichter gibt einphasig und auch bei
dreiphasig, unsymmetrischen Verhältnissen eine pulsierende Leistung ins
Netz ab. Dieser Wechselanteil in der Leistung führt zu einem Auf- und Entladen des Energiespeichers im Zwischenkreis. Wie stark sich dabei die Spannung über der Kapazität verändert, ist eine Dimensionierungsfrage. Je
kleiner man die Kapazität wählt, desto heftiger pulsiert der Zwischenkreis.
Analog zum Wechselanteil der Netzleistung kann eine durch den “Maximum
Power Tracker” erzeugte geringe Wechselkomponente auf der Erzeugerseite
mit beliebiger Frequenz im Zwischenkreis isoliert und somit vom Netz ferngehalten werden. Die resultierende Pulsation im Zwischenkreis entsteht
durch Überlagerung der netzseitigen 100Hz -Wechselleistung und der in der
Regel sehr viel kleineren trackingbedingten Eingangs-Wechselleistung.
Vergleich zwischen Folien- und Elektrolyt-Kondensatoren
Elektrolyt-Kondensatoren stellen bezüglich der Lebensdauer verglichen mit
anderen Bauelementen eines Umrichters die Schwachstelle dar. Die Alterung von Elektrolyt-Kondensatoren beschleunigt sich -wie wir in Kapitel 5.4
noch sehen werden- sehr stark mit steigenden Betriebstemperaturen und mit
zunehmender Strombelastung. In unserem Fall können aber auf der Hinterseite eines Fassadenelementes oder auf der Unterseite eines auf dem Dach
montierten Solarmoduls problemlos Temperaturen von über 80°C auftreten.
Die Lebensdauer von aktuellen “Long Life”-Elektrolyt-Kondensatoren beträgt gemäss Herstellerangaben [65] bei den in unserer Anwendung vorherrschenden Temperaturen höchstens 25000 Stunden. Gehen wir davon aus,
dass die Kondensatoren während mindestens 4000 der insgesamt 8760
Stunden eines Jahres unter Spannung stehen, erreichen also die ElektrolytKondensatoren eine maximale Lebensdauer von 6 bis 7 Jahren. Ist der
Umrichter an einem einfach zugänglichen Ort installiert, können die Kondensatoren problemlos im Rahmen von Wartungsarbeiten von Zeit zu Zeit
ersetzt werden. Weil dies aber bei unserem modulintegrierten Umrichtersystem nicht möglich ist und trotzdem wartungsfreie Betriebszeiten von
mehr als 10 Jahren gefordert werden, muss folgerichtig auf den Einsatz von
Elektrolyt-Kondensatoren im Leistungskreis vollständig verzichtet werden.
Weicht man auf Folienkondensatoren [66] aus, so gewinnt man ein Vielfaches an Lebensdauer und kann dadurch die angestrebte wartungsfreie Zeit
des modulintegrierten Ansatzes prinzipiell erreichen. Werden nur Folienkondensatoren im Leistungskreis eingesetzt, muss man aber gegenüber den
Elektrolyt-Kondensatoren bei vernünftigem Kosten- und Bauteilaufwand
etwa 10 bis 50 mal geringere Kapazitätswerte in Kauf nehmen. In der Darstellung von Figur 4.4 können mit Folienkondensatoren noch normierte
Kapazitätswerte bis C n = 2 mit vertretbarem Aufwand realisiert werden.
Grössere Energiespeicher setzen gemäss derzeitigem Stand der Technik
noch sinnvollerweise die Verwendung von Elektrolyt-Kondensatoren voraus.
- 128 -
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Die Frage nach der einphasigen oder dreiphasigen Netzanbindung lässt sich
damit auch beantworten. Gelingt es, die einphasige Netzleistungspulsation
ohne Verwendung von Elektrolyt-Kondensatoren regelungstechnisch in den
Griff zu bekommen, stellt die einphasige Lösung sowohl in Bezug auf den
Wirkungsgrad als auch in Bezug auf den Aufwand und die Kosten die optimale Lösung dar. Andernfalls muss wohl oder übel auf die zweistufig steuerbare dreiphasige Umrichter-Anordnung zurückgegriffen werden.
Energieversorgungsnetz kompatiblen sinusförmigen 50Hz -Netzstrom i 2 .
Der in Figur 4.7 zu sehende Umrichter 1 stellt somit einen Hochsetzsteller
dar, während es sich beim Umrichter 2 um einen Wechselrichter handelt.
Um die Strom-, Spannungs- und Leistungsverhältnisse untersuchen zu können, greifen wir wiederum auf das in Kapitel 4.4.1 hergeleitete einphasige
Modell unseres kontinuierlich steuerbaren leistungsinvarianten Impedanzwandlers zurück. Weil die nachfolgenden Ausführungen sich nicht auf unseren Fall mit einer Solarzelle als Quelle und dem Netz als Verbraucher
beschränken, werden die Gleichungen in der allgemeinen Form für einen
beliebigen Erzeuger und Verbraucher hergeleitet:
Aufbau und Funktionsweise unseres Gesamtumrichters
Für die weitere Umrichterentwicklung gehen wir von einer Tandem- oder
Trippelzelle auf der Erzeugerseite und von einem einphasigen Netzanschluss
aus. Die elektrischen Umrichter-Kenndaten lauten:
Erzeuger
4.4.2
iE
pE
mE
uE
• Einphasiger 230V ⁄ 50Hz -Netzanschluss
Von der Struktur her gehen wir nachfolgend von dem in Figur 4.7 gezeigten
Umrichtersystem mit zwei steuerbaren Umrichterstufen ohne 50Hz -Netztransformator aus.
uC
i 2C
C
i2
Umrichter 2
Umrichter 1
p1
C
i VC
p VC
pV
mV
iC
iV
uV
Figur 4.8: Allgemeines Modell für beliebigen Erzeuger und Verbraucher
• Eingangsstrom: I 1 = 100 – 150 A
u1
i EC
Spannungs-Zwischenkreis
• Eingangsspannung: U 1 = 1 – 2V
i 1C
p EC
uC
• Nennleistung: P 1 = 200W
i1
Verbraucher-Umrichter
Eingang
Ausgang
Erzeuger-Umrichter
Ausgang
Eingang
Verbraucher
Dank intensiven Anstrengungen gelang es uns, die angestrebte einphasige
Lösung technisch zu realisieren, so dass wir uns in der Folge auf die zweistufig steuerbare Umrichter-Anordnung mit einphasiger Netzanbindung konzentrieren können.
p2
u2
Die als Impedanzwandler arbeitenden Umrichter werden durch Gleichung
(4.14) beschrieben. Der Energiespeicher C im Spannungs-Zwischenkreis
gehorcht der bekannten Differentialgleichung (4.15) des Kondensators. Die
vorausgesetzte Leistungsinvarianz der Umrichter äussert sich unmittelbar im
Gleichungssystem (4.16). Für die nachfolgenden Betrachtungen setzen wir
sowohl für den Erzeuger als auch für den Verbraucher stationäre Verhältnisse
voraus.
Erzeuger-Umrichter
uE = mE ⋅ uC
i EC = m E ⋅ i E
Figur 4.7: Struktur des modulintegrierten Umrichtersystems
Die von der Solarzelle auf sehr tiefem Spannungsniveau u 1 gelieferte Energie muss in einer ersten Umrichterstufe mindestens auf gleichgerichtetem
Netzspannungsniveau hochgesetzt werden. Eine zweite Umrichterstufe
erzeugt anschliessend aus der Zwischenkreisspannung u C einen mit dem
iC = C ⋅
–1 ≤ mE ≤ 1
du C
dt
p EC = p E = u E ⋅ i E
p VC = p V = u V ⋅ i V
Verbraucher-Umrichter
uV = mV ⋅ uC
i VC = m V ⋅ i V
– 1 ≤ m V ≤ 1 (4.14)
Zwischenkreis-Kapazität
(4.15)
Leistungserhaltung
(4.16)
- 130 -
- 131 -
Die Leistung p C der Zwischenkreiskapazität C berechnet sich aus der Leistungsdifferenz der erzeuger- und der verbraucherseitigen Leistungen p EC
und p VC :
funktion F ( t ) und der Integrations-Konstanten K zusammensetzt. Ist die
Zwischenkreisspannung u C zu jedem Zeitpunkt t grösser als die momentanen Beträge der Erzeuger-Spannung u E und der Verbraucher-Spannung u V ,
so ist die im Ansatzgleichungssystem (4.14) geforderte Begrenzung der beiden Modulationsfunktionen m E und m V stets gewährleistet. Dadurch ergeben sich bezüglich der Konstanten K zwei weitere in Gleichung (4.21)
formulierte Randbedingungen, die eingehalten werden müssen.
p C = u C ⋅ i C = p EC – p VC
(4.17)
Setzt man nun die Eigenschaft der Leistungsinvarianz aus Gleichung (4.16)
in Gleichung (4.17) ein, gelangt man zur Differentialgleichung (4.18):
C ⋅ uC ⋅
du C
= uE ⋅ iE – uV ⋅ iV
dt
Der Term links des Gleichheitszeichens von Gleichung (4.18) entspricht 0.5
2
Mal der Ableitung von u C . Durch Integration der Gleichung (4.18) gelangt
man somit zum unbestimmten Integral von Gleichung (4.19):
2
uC
2
= ---- ⋅ ( u E ⋅ i E – u V ⋅ i V ) dt = F ( t ) + K
C
∫
(4.19)
Aus der Stammfunktion F ( t ) ergibt sich zusammen mit der Integrations2
konstanten K das Quadrat der Zwischenkreis-Spannung u C . Die Zwischenkreis-Stammfunktion F ( t ) kann aus der Leistungsdifferenz der beiden
Umrichter p E – p V und dem Zwischenkreis-Kapazitätswert C wie folgt
berechnet werden:
uC =
F(t) + K
mit K ≥ – F ( t ) für ∀t
F ( t ) + K ≥ uE
uC =
(4.18)
(4.20)
Als hinreichende Bedingung für die Existenz einer reellen Lösung der Differentialgleichung (4.18) für beliebige stationäre, periodische Kurvenverläufe
der Umrichterleistungen p E und p V genügt es, dass die beiden Umrichterleistungen in ihren Mittelwerten übereinstimmen, also p E = p V . Die Periodendauer der Erzeuger- und Verbraucher-Grössen dürfen dabei verschieden
sein. Daraus folgt, dass die mittlere Leistung p C der Kapazität C zu Null
werden muss. Die Stammfunktion F ( t ) wird nun zu einer mittelwertfreien
Wechselgrösse, die bei begrenzter Erzeuger- und Verbraucher-Leistung p E
und p V ebenfalls begrenzt bleibt. Ein reelle Lösung für die ZwischenkreisSpannung u C existiert nach Gleichung (4.20) dann, wenn die Konstante K
positiv und betragsmässig immer grösser oder mindestens gleich gross wie
der negativste Wert der Stammfunktion F ( t ) gewählt wird.
Daraus ergibt sich nach Gleichung (4.20) eine pulsierende Zwischenkreisspannung u C , welche sich ganz allgemein aus der zeitlich variablen Stamm-
F ( t ) + K ≥ uV
und u C =
für ∀t
(4.21)
Die Modulationsfunktionen m E und m V der beiden Umrichter können ganz
allgemein bei gegebener Erzeuger-Spannung u E und Verbraucher-Spannung
u V nach Gleichung (4.22) bestimmt werden:
uE
m E = ------------------------F (t) + K
uV
und m V = ------------------------F (t) + K
(4.22)
Die Konstante K muss nun mindestens so gross gewählt werden, dass keine
der Ungleichungen in (4.14), (4.20) und (4.21) verletzt wird. Durch Quadrieren von Gleichung (4.21) gelangt man zu folgenden Ungleichungen:
2
K ≥ uE – F ( t )
2
und K ≥ u V – F ( t )
für ∀t
(4.23)
Ein Vergleich der Ergebnisse von (4.23) mit Ungleichung (4.20) zeigt, dass
die Ungleichungen in (4.23) strenger sind. Das Quadrat der Erzeuger-Span2
2
nung u E und Verbraucher-Spannung u V erhöhen den Minimalwert gegenüber der reinen negativen Stammfunktion – F ( t ) aus Ungleichung (4.20).
Welche Ungleichung aus (4.23) stärker ins Gewicht fällt, muss anhand der
Kurvenverläufe der Erzeuger- und der Verbrauchergrössen getroffen werden
und kann nicht allgemeingültig formuliert werden.
Sind auf der Erzeuger- und Verbraucherseite die Spannungen u E , u V und
die Ströme i E , i V bestimmt oder aufgeprägt, folgt nach Festlegung der minimal notwendigen Konstanten K und Berechnung der Stammfunktion F ( t )
unmittelbar die Zwischenkreisspannung u C . Die Ströme i EC , i VC und i C
können anschliessend aus den Ansatzgleichungen (4.14) bestimmt werden.
Die Ergebnisse dieses allgemeingültigen Modells zeigen, dass eine ideale
Entkopplung der Kurvenverläufe von zwei stationär arbeitenden einphasigen
Systemen mit unterschiedlichen momentanen Leistungen über die in Figur
4.8 gezeigte Anordnung aus zwei steuerbaren Umrichterstufen mit einer
- 132 -
- 133 -
Zwischenkreiskapazität C stets möglich ist, wenn folgende Punkte eingehalten werden:
Verbraucherseite charakterisieren und das idealisierte 230V ⁄ 50Hz -Stromversorgungsnetz modellieren. Der eingespeiste Strom i V soll gleichfrequent
und ebenfalls sinusförmig sein. Die Phasenlage ϕ V des Verbraucher-Stromes i V kann gegenüber der Verbraucher-Spannung u V gemäss Gleichung
beliebig vorgegeben (4.24) werden. Da der Verbraucher sich ebenfalls im
stationären Zustand befindet, sind neben der Verbraucher-Kreisfrequenz ω V
auch die Verbraucher-Spannungsamplitude Û V und die Verbraucher-Stromamplitude Î V konstant.
• Die Leistungsmittelwerte der beiden Teilsysteme p E und p V müssen
übereinstimmen, damit eine pulsierende Zwischenkreis-Spannung u C
entstehen kann.
• Die Zwischenkreis-Spannung u C muss zu jedem Zeitpunkt die höchste
Spannung in der Anordnung sein.
• Das Mass der Zwischenkreis-Spannungspulsation hängt von der
momentanen Leistungsdifferenz p E – p V der beiden Teilsysteme, der
Grösse der Zwischenkreis-Kapazität C und von der Wahl der Konstanten K ab.
• Die Konstante K darf einen aus den Ungleichungen resultierenden
Minimalwert nicht unterschreiten. Sie darf aber beliebig grösser
gemacht werden. Im praktischen Betrieb muss diese Grösse geregelt
werden. Das heisst, die Kapazität C muss im Mittel auf einer genügend
hohen Spannung gehalten werden.
Nachdem wir bisher die Verhältnisse für eine allgemeingültige Anordnung
bestehend aus zwei stetig steuerbaren Umrichterstufen mit einem beliebigen
Erzeuger und Verbraucher beschrieben haben, wollen wir uns nun dem in
Figur 4.9 gezeigten und für unseren Anwendungsfall massgebenden Sonderfall mit einer konstanten Erzeugerspannung U E und einer sinusförmigen
Verbraucherspannung U V zuwenden:
Erzeuger-Umrichter
Ausgang
Eingang
iE
uE
pE
mE
p EC
uC
i EC
Verbraucher-Umrichter
Eingang
Ausgang
C
i VC
iC
p VC
mV
pV
iV
uV
Figur 4.9: Umrichtermodell für den Sonderfall konstanter Erzeugerspannung u E und sinusförmiger Verbraucherspannung u V
Auf der Erzeugerseite weist nicht nur die Spannung U E einen konstanten
Verlauf auf, sondern auch der Strom I E und die Leistung P E .
Eine Sinus-Wechselspannungsquelle u V mit der Kreisfrequenz ω V soll die
Durch die getroffenen Annahmen bezüglich der Kurvenform der Erzeugerund Verbraucher-Ströme und -Spannungen können die Gleichungen (4.14)
bis (4.16) wie folgt neu geschrieben werden:
Erzeuger
Verbraucher
uE = U E
u V = Û V ⋅ sin ( ω V ⋅ t )
iE = I E
i V = Î V ⋅ sin ( ω V ⋅ t + ϕ V )
pE = PE = U E ⋅ I E
p V = Ŝ V ⋅ [ cos ( ϕ V ) – cos ( 2ω V ⋅ t + ϕ V ) ]
0 ≤ U E ≤ Û V
– 90 ≤ ϕ V ≤ 90 [° ]
mit
(4.24)
Û V ⋅ Î V
S V = -----------------2
Von der Erzeuger-Spannung U E wird vorausgesetzt, dass sie positiv und
kleiner oder gleich der Verbraucher-Spannungsamplitude Û V ist. Eine
geeignete Leistungsfluss-Regelung sorgt dafür, dass die mittlere ErzeugerLeistung P E und die mittlere Verbraucherleistung p V stets gleich gross
gehalten werden. Die Gleichgewichtsbedingung für den stationären Betrieb
folgt unmittelbar aus den Gleichungen für P E und S V in (4.24) und ist in
Gleichung (4.25) formuliert:
P E = S V ⋅ cos ( ϕ V )
Gleichgewicht der mittleren Leistungen (4.25)
Nun sind wir in der Lage aus den Gleichungen (4.19), (4.24) und (4.25) die
Stammfunktion F ( t ) zu bestimmen. Sie lautet:
SV
F ( t ) = ---------------- ⋅ sin ( 2ω V ⋅ t + ϕ V )
ωV ⋅ C
(4.26)
Durch Wahl einer genügend grossen Konstante K kann aus Gleichung (4.20)
zusammen mit der in Gleichung (4.26) dargestellten Stammfunktion F ( t )
- 134 -
- 135 -
die Zwischenkreisspannung u C bestimmt werden. Das Ergebnis ist in Gleichung (4.27) zu sehen. Während die Stammfunktion F ( t ) dabei proportional auf die Verbraucher-Scheinleistung S V und umgekehrt proportional auf
die Zwischenkreiskapazität C reagiert, verzerrt die Wurzeloperation die
Ergebnisse bei der Zwischenkreisspannung u C nichtlinear.
verhältnisse sowie der erforderlichen Modulationsfunktionen bei konstanter
Leistung am Erzeuger und sinusförmigem Strom am Netz.
(4.27)
Bildet man nun separat auf der Erzeuger- und Verbraucherseite den Quotienten aus dem entsprechenden vorgegebenen Spannungsverlauf U E und u V
und der Zwischenkreisspannung u C nach Gleichung (4.22), erhält man
direkt die für die Umrichtersteuerung notwendigen Modulationsfunktionen
m E und m V :
Û V ⋅ sin ( ω V ⋅ t )
m V = ------------------------------------------------------------------------------SV
---------------- ⋅ sin ( 2ω V ⋅ t + ϕ V ) + K
ωV ⋅ C
m2
i 2C
pC
uC
C
i2
400
200
0
200
−200
t [ms]
u1 [V]
20
0
t [ms]
100 500
6
0
20
t [ms]
0
uc [V]
i1 [A]
u2 [V]
425
325
274
0
2
0
t [ms]
0
−325
0
20
0
m1
t [ms]
20
800
Figur 4.10 vermittelt einen Eindruck der Strom-, Spannungs- und Leistungs-
t [ms]
20
t [ms]
20
m2
1
425
Anhand des nun hergeleiteten Modells sind wir nun in der Lage, das koordinierte Zusammenspiel zwischen der Hochsetzer- und der Wechselrichterstufe unseres Umrichtersystems mathematisch exakt zu beschreiben. Eine
kurze Darstellung des in unserer Anwendung massgeblichen Betriebsfalles
konstanter Leistung an der Solarzelle und sinusförmig ohmschen Stromes
auf der Netzseite rundet die Systemübersicht im Rahmen dieser Arbeit ab.
Für weitere Details sei auf Rainers Arbeit [1] verwiesen. In Kapitel 5 seiner
Dissertation werden die Verhältnisse am pulsierenden Zwischenkreis sehr
eingehend und systematisch besprochen. So wird dort insbesondere der Einfluss der Zwischenkreiskapazität C und der Phasenlage ϕ V des Netzstromes
auf das Spannungs- und Strompulsationsband im Zwischenkreis sowie die
Bestimmung des minimal erforderlichen Wertes der Integrationskonstante K
in Abhängigkeit Zwischenkreiskapazität C , der Erzeugerspannung U E und
der Phasenlage ϕ V des Verbraucherstromes i V ausführlich besprochen.
0
ucmin,cmittel,cmax [V]
1
20
i2 [A]
1.3
353
(4.28)
u2
p2 [VA]
200
0
p2
pc [VA]
p1 [VA]
400
0
UE
m E = ------------------------------------------------------------------------------SV
---------------- ⋅ sin ( 2ω V ⋅ t + ϕ V ) + K
ωV ⋅ C
p1
u1
i 1C
Umrichter 2
SV
---------------- ⋅ sin ( 2ω V ⋅ t + ϕ V ) + K
ωV ⋅ C
Umrichter 1
uC =
m1
i1
0
274
0
t [ms]
0
0
20
0 12 C [µF]
350
0
0
100 f [Hz] 300
0
uc [V]
m1
1
−1
60
m2
1
0
0
100 f [Hz] 300
0
0
100 f [Hz] 300
Figur 4.10: Leistungsverläufe, Spannungsverläufe, Modulationsfunktionen
und Spektren auf der Solarzellenseite (links), im Zwischenkreis
(mitte) und auf der Netzseite (rechts)
Im stationären Betrieb müssen die beiden Leistungsmittelwerte auf der
Solarzellen- und auf der Netzseite übereinstimmen. Ihre momentane Leistungsdifferenz wird durch die Zwischenkreiskapazität C aufgenommen be-
- 136 -
- 137 -
ziehungsweise abgegeben. Der Spannungsverlauf u C an der Zwischenkreiskapazität C pulsiert bei einer Eingangsleistung von 200W und bei Verwendung einer Kapazität von 12µF , die sich in unserem Anwendungsfall noch
ohne Verwendung eines Elektrolyt-Kondensators technisch realisieren lässt,
sehr kräftig zwischen 274V und 425V . Die in Figur 4.10 ebenfalls dargestellte Abhängigkeit zwischen der Pulsationsbandbreite [ U Cmin …U Cmax ]
der Zwischenkreisspannung u C vom Wert der Zwischenkreiskapazität C
zeigt, dass die Spannungsschwankungen bei weiterer Reduktion des Kapazitätswertes sehr schnell auf nicht mehr beherrschbare Werte ansteigen, denn
bereits ein Spitzenwert von 425V stellt bei einer Sperrspannung der verwendeten Halbleiter von 500V sehr hohe Anforderungen an die Dynamik der
Regelung des Gesamtsystems. Genaueres dazu folgt zusammen mit der
Erzeugung der Modulationsfunktionen m 1 und m 2 in Kapitel 8.
Kondensatoren einzusetzen nur durch Verwendung von Schaltungen mit
kontinuierlichem Eingangsstrom effizient begrenzt werden können.
4.5
Zusammenfassung
Beim neuen einzelligen modulintegrierten Wechselrichteransatz besteht
jedes Solarmodul aus einer einzigen grossflächigen amorphen DünnfilmSolarzelle. Der vollständige Verzicht auf die sonst übliche Serieschaltung
mehrerer Solarzellen innerhalb eines Moduls und die Modulintegration des
Umrichters verleihen dem System ein optimal schattentolerantes Verhalten.
Besonders in der Schweiz, wo neue Photovoltaik-Anlagen aufgrund der
beschränkten frei bebaubaren Flächen zunehmend gebäudeintegriert auf
Dächern und an Fassaden erstellt werden, sind schattentolerante Systeme zur
Verhinderung von grossen Ertragseinbussen bei Teilabschattung des Solargenerators besonders wichtig.
Neben dem stark vereinfachten Herstellungsprozess bietet vor allem die
Modularisierung des Systems viele Vorteile. Beliebig skalierbare Anlagengrösse und hohe Flexibilität bei nachträglichen Erweiterungen und Änderungen zählen genau so dazu wie das hohe Kostensenkungspotential durch
Massenfertigung eines standardisierten Produktes in hohen Stückzahlen.
Von der Umrichterseite stellen die Klemmengrössen eines grossflächigen
einzelligen Solarmodules mit einer Nutzspannung von weniger als 2V und
einem Strom von über 100 A eine grosse Herausforderung dar. Um die Energieausbeute zu maximieren, muss das Solarmodul möglichst dauernd im
Punkt maximaler Leistung (MPP) betrieben werden. Quantitative Untersuchungen der Ertragseinbussen haben ergeben, dass die Einbussen unter den
vorliegenden Rahmenbedingen unserer Anwendung und ohne Elektrolyt-
Bei der Wahl der grundsätzlichen Umrichterstruktur schwang letztendlich
der zweistufig steuerbare Umrichter mit einphasigem Netzanschluss obenaus. Er besteht aus einer Hochsetzer- und einer Wechselrichterstufe, die
beide stetig steuerbar sind. Diese Schaltungsstruktur weist viele Vorzüge auf.
Dazu zählt einerseits der einphasige Netzanschluss, welcher im Vergleich zu
einer dreiphasigen Netzanbindung einerseits weniger Aufwand erfordert und
andererseits aufgrund der geringeren Systemspannungen einen höheren Wirkungsgrad verspricht. Da beim einphasigen Lösungsansatz auf den Einsatz
von Elektrolyt-Kondensatoren, die aufgrund ihrer ungenügenden Lebensdauer für unsere Anwendung nicht in Frage kommen, verzichtet werden
muss, mussten die Auswirkungen der mit 100Hz pulsierende Netzleistung
auf die verschiedenen Systemgrössen genau untersucht werden. Dazu wurde
auf Systemebene ein genaues Modell des Umrichter mittels kontinuierlichen
leistungsinvarianten Impedanzwandlern erstellt und anschliessend für unseren Anwendungsfall ausgewertet. Die Ergebnisse bestätigen bei einer Leistung von 200W die Machbarkeit des zweistufig steuerbaren Umrichterkonzeptes mit einphasigem Netzanschluss auf Systemebene auch ohne Verwendung der unerwünschten Elektrolyt-Kondensatoren im Leistungskreis.
Damit wurden auf Systemebene die Voraussetzungen geschaffen, damit wir
uns in der Folge den Detailfragen der Realisierung und Optimierung der einzelnen Umrichterstufen und ihrer Komponenten zuwenden können.
- 138 -
- 139 -
5
Wahl der Leistungsbauteile
5.1
Einleitung
Der hohe Strom i pv des grossflächigen Einzellen-Moduls, der Werte von
100 A und mehr erreichen kann, wirkt sich sehr stark auf die Wahl der Bauteile des Eingangskreises der Hochsetzstufe aus. Zu Beginn werden daher
die Grundanforderungen an den Eingangskreis beschrieben. Anschliessend
wird eingehend auf die Folgerungen der niedrigen Eingangsspannung u pv
und des hohen Eingangsstromes i pv für die einzelnen Bauteile des Niederspannungs-Hochstrom-Kreises des Umrichters eingegangen. Wie sich dort
zeigen wird, ist der diesbezügliche Spielraum sehr eng und die erzielbaren
Wirkungsgrade hängen massgeblich von einer optimal auf die ausserordentlich harten Anforderungen unseres Anwendungsfalles angepassten Wahl der
Bauteile und der Schaltungstopologie ab. Eine ausführliche Analyse der
Nichtidealitäten und der verschiedenen parasitären Eigenschaften der einzelnen Bauteile bildet daher die Grundlage für die in den nächsten Kapiteln
erfolgende Synthese und Optimierung des modulintegrierten Niederspannungsumrichters.
5.2
Grundanforderungen an den Eingangskreis
Aufgrund der sehr geringen Nutzspannung u pv muss im Eingangskreis vor
allem darauf geachtet werden, dass die Bauteile einen möglichst geringen
Spannungsabfall erzeugen. Dies wirkt sich sowohl auf die Bauteilwahl als
auch auf die Struktur des Eingangskreises und folglich unmittelbar auf die
Wahl der optimalen Schaltungstopologie aus. In diesem Kapitel werden wir
uns mit der Wahl und Optimierung der Bauteile befassen. Dabei wird uns das
Ziel, möglichst geringe Spannungsabfälle zu gewähren, leiten.
5.3
Halbleiterwahl
Tabelle 5.1 zeigt das Schaltsymbol, das Ausgangskennlinienfeld und die
Ersatzschaltung in Durchlassrichtung all jener Halbleiter, die auf der Niederspannungsseite von ihren elektrischen Daten her in Frage kommen.
5.3.1
Diode
Dioden für die geforderten hohen Ströme von über 100 A sind technisch kein
- 140 Schaltsymbol
- 141 -
Ausgangskennlinienfeld
A
A
i AK
i AK
i AK
∆i
10 A
u AK
∆u
R B = ----∆i
uF
u AK
K
C
i CE
i CE
15 A
A B
iB
iB = 3 A
iB = 2 A
uF
RB
E
i CE
i CE
u GE
15 A
u CE
iG
uF
– 25 V
C
uGE
= 15V
uGE
= 10V
uGE
= 3V
i DS
i DS
A
B
u GS uGS
= 15V
uGS
= 10V
uGS
–u F
– 1.5 V
S
u CE
E
u DS
G
u GS
UF
RB
15 A
iG
i CE
u CE
2.5V
E
D
u CE
u CE
2.5V
E
G
UF
iB = 1 A
– 25 V
C
i CE
C
u CE
B
C
iB
2.5V
= 3V
D
i DS
R DS
einem Seriewiderstand R B modelliert werden. Die geringsten Spannungsabfälle u AK weisen Schottky-Dioden mit einer Schleusenspannung u F von
200…300mV und einem differentiellen Widerstand R B von 1…3mΩ . Der
Spannungsabfall u AK über dem Element berechnet sich wie folgt:
u AK = u F + R B ⋅ i AK
(5.1)
Dies ergibt bei einem Strom i AK von 100 A einen Spannungsabfall u AK von
300…600mV . Setzt man diesen Spannungsabfall in Bezug zu den 1…2V
Nutzspannung, so sieht man, dass eine einzige Diode im Hochstrompfad die
verfügbare Spannung um 15 bis 60% verringert. Damit folgt aus Wirkungsgradgründen unmittelbar, dass der Eingangskreis keine Dioden mit langer
Leitdauer enthalten darf.
RB
u AK
1.5V
K
u GE
UF
∆u
– 25 V 10mA
u BE
Ersatzschaltung
u DS
u DS
S
Tabelle 5.1: Verfügbare Leistungshalbleiter samt Ausgangskennlinienfeld
und Ersatzschaltbild in Durchlassrichtung beim Betrieb als
leistungselektronisches Bauelement
5.3.2
In der Mitte der zweiten Reihe von Figur 5.1 ist das Ausgangskennlinienfeld
des Bipolartransistors aufgeführt. Mit dem Basisstrom i B kann der Spannungsabfall u CE , den der Transistor dem Strom i CE im Lastkreis entgegensetzt, stetig verändert werden. Im Gegensatz zur Signalverarbeitung sind für
den in der Leistungselektronik angewendeten Schaltbetrieb nur der Betrieb
in der Sättigung (Punkt A) und in der Quasisättigung (Punkt B) von praktischem Interesse. In der Sättigung weist der Bipolartransistor den kleinstmöglichen Spannungsabfall u CE auf. Der Preis dafür sind verlängerte
Ausschaltzeiten und somit höhere Schaltverluste im Vergleich zum Betrieb
in der Quasisättigung. Von seinem Durchlassverhalten her verhält sich der
Bipolartransistor in der Sättigung ähnlich wie die Diode. Genau wie dort
setzt sich der Spannungsabfall u CE über dem Element aus der Summe der
inneren Sättigungsspannung u F und dem Spannungsabfall über dem Kollektorbahnwiderstand R B zusammen. Weil der Kollektorbahnwiderstand R B in
der Regel sehr klein ist, weist die Kennlinie im Sättigungsbereich eine sehr
hohe Steilheit auf, so dass der Spannungsabfall u CE nur in geringem Masse
vom Laststrom i CE abhängt. Das verleiht der Kennlinie im Durchlassbereich
ihre typische Sättigungscharakteristik. In unserem Fall erweist sich genau
diese Eigenschaft als schwerwiegender Nachteil, denn wie bei der Diode
führt dies in Anbetracht der geringen Nutzspannung u pv zu prozentual sehr
hohen Spannungsabfällen und somit auch zu hohen Verlusten. Aus diesem
Grunde fällt der Bipolartransistor für den Eingangskreis ausser Betracht.
5.3.3
Problem. Ihr Durchlassverhalten kann mit einer Spannungsquelle u F und
Bipolartransistor
IGBT
Der Insulated Gate Bipolar Transistor -kurz IGBT- besteht auf der Steuer-
- 142 -
- 143 -
seite aus einem Feldeffekt- und auf der Lastseite aus einem Bipolartransistor
und kombiniert damit die Vorteile von MOSFET und Bipolartransistor. Dank
seiner Spannungssteuerung kann die benötigte Ansteuerleistung im Vergleich zum Bipolartransistor deutlich verringert werden. Das AusgangsKennlinienfeld des IGBT weist aufgrund seiner bipolaren Ausgangsstufe
dieselbe Sättigungs-Charakteristik auf wie jenes des Bipolartransistors. Der
IGBT kommt aus diesem Grunde für den Niederspannungs-Hochstrom-Teil
der Hochsetzstufe ebenfalls nicht in Frage.
so gering wie möglich zu halten, empfiehlt es sich sowohl die Schalter- als
auch die Dioden-Funktion im Eingangskreis mit MOSFETs zu realisieren.
5.3.4
Leistungs-MOSFET
Wie der IGBT ist auch der Leistungs-Feldeffekttransistor -kurz MOSFETspannungsgesteuert. Das Bauteil kann somit über die Steuerspannung u GS
mit geringem Leistungsaufwand stetig durchgesteuert werden. Im Normalbetrieb als Leistungshalbleiter ist nur der ohmsche Bereich (A) des Ausgangskennlinienfeldes von Interesse. Im sogenannten Abschnürbereich (B),
in dem sich der Transistor wie eine gesteuerte Stromquelle verhält, würde er
aufgrund der hohen Verlustleistung zerstört.
Im ohmschen Bereich verhält sich der MOSFET wie ein stetig steuerbarer
Widerstand. Mit zunehmender Steuerspannung u GS sinkt der Durchlasswiderstand R DS im Ausgangskreis des Leistungshalbleiters. Durch Parallelschaltung mehrerer MOSFETs kann der resultierende Widerstand weiter
gesenkt werden. Dank dem positiven Temperaturkoeffizienten des Widerstandes R DS teilen sich die Ströme bei der Parallelschaltung automatisch so
auf, dass keiner der einzelnen Transistoren überlastet wird.
Aufgrund seines Aufbaus enthält der MOSFET prinzipbedingt eine antiparallele Diode und kann demzufolge in Rückwärtsrichtung keine Spannung
aufnehmen. Seine ohmsche Durchlasscharakteristik behält er aber auch bei
negativem Laststrom i DS bei. Dies ermöglicht, den Spannungsabfall u DS
über dem Bauteil bei negativem Strom i DS bis zum Erreichen der Schleusenspannung u F der antiparallelen Diode durch Einschalten des Transistors zu
verringern. Dadurch können herkömmliche Dioden mit ihrer unerwünschten
Schleusenspannung u F von einigen 100mV überall dort, wo extrem niedrige Durchflussspannungen gefragt sind, durch niederohmige in Rückwärtsrichtung betriebene MOSFET-Transistoren ersetzt werden. Bei ElektronikSpeisungen mit niedriger Ausgangsspannung und hohen Strömen wird dieses sogenannte synchrone Gleichrichter-Prinzip bereits heute in grossem Stil
angewendet.
Von den Durchlasseigenschaften her eignet sich von allen heute verfügbaren
Leistungshalbleitern einzig der MOSFET für die Anforderungen des Eingangskreises des Niederspannungs-Hochsetzers. Um die Spannungsabfälle
Der Durchlasswiderstand R DS des MOSFETs im eingeschalteten Zustand
ist eines der Schlüsselparameter für die Machbarkeit des NiederspannungsHochsetzers. Er setzt sich aus mehreren Einzelwiderständen zusammen, die
jedoch für Niederspannungs- und Hochspannungstransistoren unterschiedlich ins Gewicht fallen. Neben den Widerständen sind vor allem die aufbaubedingten Kapazitäten bei der konkreten Beurteilung und Auswahl des
Leistungshalbleiters entscheidend, denn während die Widerstände für die
Durchlasseigenschaften bestimmend sind, prägen die Kapazitäten das dynamische Verhalten. In der Figur 5.1 sind die wichtigsten Komponenten des
MOSFET-Ersatzschaltbildes und ihre Anordnung im Schnittbild eines NKanal-Transistors dargestellt [52].
G
Poly Si
S
C GS
D
Si O 2 Al Si O 2
R Epi
RG
C GD
RK
nC DS
R Epi
n+
D
C GD
n+
p
C DS
G
RG
RK
C GS
S
Figur 5.1: Schnittbild und Ersatzschaltung eines N-Kanal-Transistors mit
Zuordnung der wichtigsten Teilwiderstände und Kapazitäten
zur Transistorstruktur
Beim N-Kanal-Transistor dient das n+ -Substrat als Trägermaterial. Darüber
schliesst sich eine n- -Epitaxieschicht an. Ihre Dicke und Dotierung hängen
unmittelbar von der geforderten Sperrspannung ab. Im obersten Teil der
Epitaxieschicht sind die p -Wannen mit den n+ -“Source”-Zonen eingebettet. Das darüberliegende Gate aus n+ -Polysilizium ist vollständig von isolierendem Siliziumdioxid umgeben. Die Sourcemetallisierung aus Aluminium
überdeckt die gesamte Struktur und schaltet die einzelnen Transistorzellen
des Halbleiterchips parallel.
- 144 -
- 145 -
Der Epitaxiewiderstand R Epi ist sehr eng mit der Drain-Source-Durchbruchspannung U DS ( DB ) verknüpft, da beide von der Dicke, der Dotierung und
allenfalls von der Struktur der Epitaxieschicht abhängen. Für eine aktive
2
Chipfläche von 1cm gilt nach [52] folgender Zusammenhang:
ringsten Widerstandswert weisen einen typischen Durchlasswiderstand von
R DS = 5…10mΩ und eine Sperrspannung von U DSS = 20…30V auf.
2.5
(5.2)
Der konstante Faktor k 1 berücksichtigt die Beweglichkeit der Ladungsträger
für n-Silizium, dessen maximal zulässige Feldstärke sowie die Dotierung
und Raumladungszonenweite. Die in den Datenblättern von MOSFET-Transistoren spezifizierte Sperrspannung U DSS liegt in der Regel etwa 10% unter
der in Gleichung (5.2) aufgeführten Durchbruchspannung U DS ( DB ) , da die
Hersteller Material- und Fertigungstoleranzen berücksichtigen müssen. Die
Gleichung (5.2) zeigt, dass der Epitaxiewiderstand R Epi mit steigender
Sperrspannung U DSS rasch ansteigt. Für höher sperrende Bauelemente wird
er somit ausschlaggebend und liefert den Hauptbeitrag zu dem Durchlasswiderstand R DS .
Bei den Niederspannungs-Transistoren mit Sperrspannungen U DSS unter
100V dominiert der Kanalwiderstand R K gegenüber dem Epitaxiewiderstand R Epi . Er kann durch Erhöhen der Packungsdichte der Zellen und der
Kanalweiten verringert werden. Heutzutage sind MOSFETs mit Durchlasswiderständen von R DS = 5 …10mΩ im Standardgehäuse TO-220 erhältlich.
Bei derartig kleinen Widerstandswerten gewinnen die Substrat-, Source-,
Gehäuse-, Bonddraht- und Metallisierungswiderstände genau so wie die
Kontaktierungs- und Übergangswiderstände an den Lötstellen sehr stark an
Bedeutung. Je kleiner und kompakter die Gehäuse bei gleicher Chipfläche
sind, desto besser sind auch die elektrischen Eigenschaften des Bauteils,
denn kurze Bonddrähte und Anschlüsse verringern nicht nur den Durchlasswiderstand, sondern auch die unerwünschten Streuinduktivitäten. Neueste
Gehäusetechniken, bei denen auf die Bonddrähte verzichtet werden kann,
versprechen daher weitere substantielle Verbesserungen des Durchlassverhaltens der Niederspannungs-MOSFETs.
Um das Potential für tiefe Durchlasswiderstände voll ausschöpfen zu können, muss der Transistor samt Gehäuse und Kontaktierung mit den restlichen
Schaltungskomponenten als Ganzes optimiert werden. Darüber hinaus muss
die Schaltungswahl auf möglichst geringe Anforderungen an die Sperrspannung U DSS des MOSFETs ausgerichtet werden, denn je tiefer dessen Spannungsklasse ist, desto geringer fällt der Durchlasswiderstand R DS des Transistors aus. Die zur Zeit kommerziell erhältlichen MOSFETs mit dem ge-
12
Eingangskapazität C iss :
10
Kapazität C [nF]
R Epi = k 1 ⋅ U DS ( DB )
Die Eignung eines Halbleiterbauteils für eine konkrete Anwendung wird
nicht nur durch seine Durchlasseigenschaften bestimmt, sondern auch massgeblich durch sein Schaltverhalten. Im Falle des MOSFETs sind die Kapazitäten zwischen Gate-Source C GS , Gate-Drain C GD und Drain-Source C DS
hauptverantwortlich für das dynamische Verhalten beim Ein- und Ausschalten des Bauelements. Da sie bei jedem Ein- und Ausschaltvorgang des Transistors umgeladen werden müssen, haben sie massgeblichen Einfluss auf die
Schaltgeschwindigkeit und auf die Schaltverluste. Die im Ersatzschaltbild
von Figur 5.1 angegebenen Kapazitäten sind nicht einzeln messbar. In den
Datenblättern werden daher die folgenden verknüpften Grössen angegeben:
C iss ≈ C GS + C GD
8
Ciss
6
4
Coss
2
Crss
0
0
5
10 15 20 25 30
Durchlassspannung UDS [V]
Ausgangskapazität C oss :
C oss ≈ C DS + C GD
Rückwirkungskapazität C rss :
C rss ≈ C GD
Figur 5.2: Spannungsabhängigkeit der Kapazitäten eines Power-MOSFETs
(IRL3803: U DSS = 30V , R DS = 6mΩ , I DSmax = 140 A )
Für das Schaltverhalten ist die Spannungsabhängigkeit der Gate-Drain- oder
auch “Miller”-Kapazität C GD sehr wichtig. Sie führt dazu, dass die Kapazität im Verlaufe des Einschaltvorganges bei abnehmender Drain-SourceSpannung u DS stark ansteigt. Dies erhöht die notwendige Ansteuerleistung
und bewirkt ferner, dass sich die anfänglich sehr steile Spannungsflanke über
dem Transistor im Verlaufe des Schaltvorganges abflacht. Dies verlängert
die Dauer des Schaltvorganges und führt letztendlich zu höheren Schaltverlusten. In bezug auf die kapazitiven Verluste ist aber die niedrige Nutzspannung u pv unseres Anwendungsfalles von Vorteil, so dass die zur Senkung
- 146 -
- 147 -
der Durchlassverluste erforderliche Parallelschaltung vieler MOSEFT-Transistoren nicht mit unzulässig hohen Schaltverlusten verbunden ist.
5.4
Wahl der reaktiven Komponenten
Die hohen Ströme i pv und die niedrigen Spannungen u pv wirken sich auch
unmittelbar auf die kapazitiven und magnetischen Komponenten aus. Entscheidend für die Beurteilung der Einsatzmöglichkeiten sind die Verluste,
die Baugrösse und die Kosten.
5.4.1
Kondensatoren
Üblicherweise werden in DC/DC-Stellern zur Filterung gepulster Eingangsoder Ausgangsströme Elektrolytkondensatoren eingesetzt. Sie weisen im
Vergleich zu Folienkondensatoren höhere Kapazitätswerte auf. Figur 5.3
zeigt anhand eines rein kapazitiven Stromfilters, dass die im Kondensator
anfallende mittlere Verlustleistung P Cv durch seine Strombelastung I Ceff
und seinen inneren Seriewiderstand R ESR bestimmt wird.
du C ( t )
i C ( t ) = C ⋅ ---------------dt
Das folgende Beispiel soll den Einfluss der Strombelastung auf den Mittelwert der Verlustleistung P Cv im Kondensator veranschaulichen. Dabei
gehen wir von der Annahme aus, dass der Eingangsstrom i 1 in der kapazitiven Filteranordnung von Figur 5.3 ideal geglättet und somit konstant ist.
Anordnung A
i2
2
p Cv ( t ) = R ESR ⋅ i C ( t )
iC
C
R ESR
u CC
u CR
uC
i1
i1
I d1
t
i2
Iˆ2
T1
T1
Iˆ2
I d1
I d1
t
∫
P Cv = R ESR ⋅ I Ceff
(5.3)
iC
T
iC
T1
I d1
∫
Der Seriewiderstand R ESR sinkt mit steigender Kapazität C und Baugrösse
des Kondensators und liegt bei kommerziellen Elektrolytkondensatoren für
Spannungen bis 100V im Bereich zwischen 20 und 100mΩ . Bei einem
Stromrippel von wenigen Ampères ist normalerweise der Spannungsabfall
u CR über dem Seriewiderstand R ESR so klein, dass er gegenüber der Spannung u CC über der Kapazität C vernachlässigt werden kann. Dann gilt zwischen dem Strom i C und der Spannung u C die bekannte Gleichung:
t
T2
T
(5.4)
Figur 5.3: Ersatzschaltung zur Berechnung der momentanen und mittleren
Verlustleistung eines kapazitiven Stromfilters
I d1 -Iˆ 2
I d1 -Iˆ 2
uC
T1
I d1
t
T
2
t
T
1
1
2
= --- p Cv ( t ) dt = R ESR ⋅ --- i C ( t ) dt
T
T
T
t
i2
Mittlere Verlustleistung P Cv :
P Cv
Anordnung B
I d1
Momentane Verlustleistung p Cv ( t ) :
i1
(5.5)
T1
T
uC
∆u pp
U dc
T1
∆u pp
U dc
t
T
t
T
Figur 5.4: Spannungs- und Stromverläufe eines kapazitiven Stromfilters bei
starker (Anordnung A) und bei schwacher (Anordnung B) Strombelastung
In Figur 5.4 sind die Spannungs- und Stromverläufe am idealen kapazitiven
Filter dargestellt. Bei konstantem Eingangsstrom i 1 = I d1 richtet sich die
Strombelastung des Kondensators nach der Kurvenform des Ausgangsstro-
- 148 -
- 149 -
2
(5.6)
Dabei stellt F p einen von der Stromkurvenform abhängigen Verlustfaktor
dar. Analog dazu kann man einen Stromformfaktor F i definieren, welcher
dem Verhältnis zwischen Effektivwert I Ceff des Kondensatorstromes i C
und dem linearen Mittelwert I d1 des Eingangsstromes i 1 entspricht. Die
graphischen Kurvenverläufe von F i und F p in Abhängigkeit der Pulsweite
T 1 ⁄ T sind in der untersten Zeile von Tabelle 5.2 dargestellt. Sie zeigen, dass
sowohl der Stromformfaktor F i als auch der Verlustfaktor F p mit sinkender
Pulsweite T 1 ⁄ T in der Anordnung A mit ihren pulsförmigen Strömen sehr
rasch ansteigen. Dies führt gemäss Gleichung (5.6) zu einem starken Anstieg
der Verluste P Cv . Für die Stromform mit geringerer Welligkeit von Anordnung B hingegen verlaufen F i und F p viel flacher. Wie hoch die Verlustreduktion ausfällt, soll anhand der vier Punkte A bis D von Tabelle 5.2 aufgezeigt werden.
Für die Berechnung nehmen wir eine mittlere Kondensatorspannung U dc
von 2V , einen konstanten Eingangsstrom I d1 von 100 A und einen Seriewiderstand R ESR von 2mΩ an. Ein solcher Widerstandswert kann mit heutiger
Eingangsstrom i 1 ( t ) :
i 1 ( t ) = I d1 = konst
(5.7)
Ausgangsstrom i 2 ( t ) :
∫
(5.9)
T
∫
(5.10)
T + T1
I d2 = I d1 = ---------------- ⋅ Iˆ2
2T
Kondensatorstrom i C ( t ) :
∫
1
I d2 = --- ⋅ i 2 ( t ) dt
T
T
T1
I d2 = I d1 = ------ ⋅ Iˆ2
T
1
2
--- ⋅ i C ( t ) dt
T
(5.8)
Ausgangsstrom i 2 ( t ) :
1
I d2 = --- ⋅ i 2 ( t ) dt
T
I Ceff =
i 1 ( t ) = I d1 = konst
Kondensatorstrom i C ( t ) :
(5.11)
1
2
--- ⋅ i C ( t ) dt
T
∫
I Ceff =
T
(5.12)
T
( T – T 1 ) ( T + 3T 1 )
I Ceff = I d1 ⋅ ---------------------------------------------2
3(T + T 1)
T
I Ceff = I d1 ⋅ ------ – 1
T1
Mittlere Kondensatorverluste P Cv : Mittlere Kondensatorverluste P Cv :
2 ( T – T 1 ) ( T + 3T 1 )
P Cv ∼ I d1 ⋅ --------------------------------------------2
3(T + T 1)
2
T
P Cv ∼ I d1 ⋅  ------ – 1
T1 
Einfluss der Pulsweite a = T 1 ⁄ T : Einfluss der Pulsweite a = T 1 ⁄ T :
2
2
B
1.5
Fi
Fp
A
1
0.5
0
1.5
1
0.5
0
0.25 0.5 0.75
1
Relative Pulsweite T1 / T
0
2
2
1.5
1.5
1
1
Fi
0.5 C
D
0.5
Fp
0
0
C
D
0.25 0.5 0.75
1
Relative Pulsweite T1 / T
Faktor Fi = ICeff / Id1
2
P Cv = R ESR ⋅ I Ceff = R ESR ⋅ I d1 ⋅ F p
Eingangsstrom i 1 ( t ) :
Faktor Fp = PCv / RESR ⋅ I 2d1
Die folgenden quantitativen Überlegungen sollen einen Eindruck vermitteln,
wie wichtig es in unserem Anwendungsfall ist, einen möglichst geringen
Effektivwert I Ceff des Kondensatorstromes i C anzustreben. Die im Kondensator anfallenden Verluste P Cv berechnen sich nach Gleichung (5.4) wie
folgt:
Anordnung B
Faktor Fi = ICeff / Id1
Die Verluste verlaufen gemäss Gleichung (5.4) proportional zum quadratischen Mittelwert des Stromes i C . Tabelle 5.2 zeigt anhand der zwei Beispiele von Figur 5.4 den Einfluss der Stromkurvenform i C ( t ) auf den
Effektivwert I Ceff und somit auf die Verluste P Cv im Filterkondensator. Für
den Vergleich gehen wir von der Annahme aus, dass der lineare Mittelwert
des Stromes I d1 , der Spannung U dc und somit auch jener der Leistung P d1
am Eingang des kapazitiven Filters in beiden Anordnungen identisch ist. Da
der Mittelwert I dc des Kondensatorstromes i C unter stationären Bedingungen Null ist, stimmen die Mittelwerte I d1 und I d2 der Ströme i 1 und i 2
ebenfalls überein.
Anordnung A
Faktor Fp = PCv / RESR ⋅ I 2d1
mes i 2 . Auf der linken Seite von Figur 5.4 sind die Verhältnisse für einen
pulsförmigen Strom i 2 mit dementsprechend hoher Strombelastung für den
Kondensator aufgeführt, während auf der rechten Seite die Spannungen und
Ströme bei geringer Welligkeit des Ausgangsstromes i 2 zu sehen sind.
0
Tabelle 5.2: Einfluss der Stromkurvenform auf die Kondensatorverluste
- 150 -
- 151 -
Technik mittels Parallelschaltung von etwa 10 Elektrolyt-Kondensatoren mit
einem Durchmesser zwischen 15 und 25mm und einer Höhe von 30 bis
40mm realisiert werden. Auf diese Weise gelangt man zu folgenden Zahlenwerten für den Effektivwert I Ceff des Stromes und für die Verluste P Cv im
Kondensator.
Neben dem Seriewiderstand des Kondensators dürfen die Strombelastbarkeit
und die Lebensdauer in der Praxis nicht ausser Acht gelassen werden. Beide
Grössen nehmen mit zunehmender Umgebungstemperatur T U stark ab. Die
Hersteller spezifizieren -wie in Figur 5.5 dargestellt- eine sogenannte
Brauchbarkeitsdauer D B in Funktion der Umgebungstemperatur T U und
der Wechselstrombelastung I AC . Sie bezeichnet die Zeitspanne bis zum
Erreichen eines vorgegebenen Ausfallsatzes von beispielsweise 0.5%, wobei
der Ausfallsatz das Verhältnis der ausgefallenen Bauelemente zu ihrer
Gesamtzahl darstellt.
173.21
60
C
57.74
6.67
D
12.99
0.34
Tabelle 5.3: Strom-Effektivwert I Ceff und mittlere Verluste P Cv im FilterKondensator bei einem Seriewiderstand R ESR = 2mΩ und
einem Eingangsstrom-Mittelwert I d1 = 100 A
Im Arbeitspunkt A beträgt die Pulsweite a = 50% und der Kondensator
wird mit positiven und negativen rechtecksförmigen Strompulsen mit der
Amplitude I d1 belastet. In diesem Fall stimmen der lineare Mittelwert I d1
und der Effektivwert I Ceff überein. Bei einer Eingangsleistung von
P d1 = 200W fallen die Kondensatorverluste P Cv = 20W bereits stark ins
Gewicht. Mit sinkender Pulsweite a steigen die Verluste dramatisch an, wie
Arbeitspunkt B deutlich zeigt. Gegenüber Punkt A hat sich dort die Pulsweite a halbiert, während sich die Verluste im gleichen Atemzug verdreifacht haben. Im Arbeitspunkt B werden auf diese Weise 30% der
Eingangsleistung P d1 bereits im Eingangsfilter vernichtet.
Bereits viel besser sieht die Lage im Punkt C aus, in welchem der Strom dreiecksförmig verläuft. Dank dem deutlich geringeren Effektivwert I Ceff des
Kondensatorstromes i C betragen dort die Verluste nur noch P Cv = 6.67W .
Optimale Verhältnisse herrschen im Arbeitspunkt D vor. Die Pulsweite a
beträgt dort 95% und führt zu einem -abgesehen von kurzen Einbrüchensehr gut geglätteten Laststrom i 2 . Als Folge der sehr geringen Strombelastung sinken die Verluste P Cv im Kondensator auf unter 0.5W . Solche Tastverhältnisse a sind bei einer Taktfrequenz f T von 25kHz durchaus
denkbar. Bei einer Periodendauer von T = 40µs weisen die Stromeinbrüche eine Dauer von T – T 1 = 2µs auf. Diese Zeitspanne reicht beispielsweise für einen Kommutierungsvorgang des Stromes von einem Schalter
zum nächsten vollkommen aus.
3
IACmax, 40oC
Thermisch unzulässiger
2.5
Betriebsbereich
2
1.5
IACmax, 85o
1
0.5
0
40
50
60
70
80
o
Umgebungstemperatur TU [ C ]
8′000
8′000
B
10′000
10′000 hh
20
25′000
25′000 hh
100
50′000
50′000 hh
A
100′000
100′000 hh
Verluste P Cv in [ W ]
250′000
250′000 hh
Effektivwert I Ceff in [ A ]
Strombelastung IAC / IAC, 85 oC [ ]
Arbeitspunkt
90
Figur 5.5: Zulässige Strombelastung I AC und Brauchbarkeitsdauer D B
eines Aluminium-Elektrolyt-Kondensators für erhöhte Anforderungen in Funktion der Umgebungstemperatur T U
(Siemens: Baureihe B 41336; Rundbecher-Bauform, LL-Typ)
Die Figur 5.5 zeigt, dass die maximal zulässige Strombelastung I AC des
Kondensators bei einer Erhöhung der Umgebungstemperatur T U von 40°C
auf 85°C beinahe um einen Faktor 3 verringert werden muss. Die Angaben
in Figur 5.5 gelten für Dauerbetrieb bei Nennspannung. Bei einer niedrigeren Betriebsspannung lässt sich sowohl der Wechselstrom I AC als auch die
Brauchbarkeitsdauer D B steigern. In unserem Anwendungsfall wird ein 15
bis 20 Jahre dauernder wartungsfreier Betrieb bei zeitweilig sehr hohen
Umgebungstemperaturen T U von bis zu 85°C gefordert. Aus Figur 5.5 geht
aber deutlich hervor, dass dies kaum oder dann nur mit deutlich überdimensionierten Kondensatoren zu erreichen ist, denn dazu sind Brauchbarkeitsdauern D B von mindestens 60’000 Stunden erforderlich.
- 152 -
- 153 -
Wie die nachfolgende Figur 5.6 zeigt, muss beim Einsatz von Folienkondensatoren zu Filterzwecken am Eingang der Niederspannungs-Hochsetzstufe
nicht in erster Linie aus Verlustüberlegungen ein möglichst geringer Effektivwert I Ceff angestrebt werden, sondern wegen des Spannungsrippels
∆u pp . Für pulsförmige Ströme gemäss Anordnung A in Figur 5.4 berechnet
sich dieser wie folgt:
T
1
∆u pp = ---- ⋅
C
T
I d1
1
- ⋅ (T – T 1)
∫ iC ( t ) dt = ---C- ⋅ ∫ I d1 dt = -----C
T1
(5.13)
T1
Für die Stromkurvenform mit geringerer Welligkeit von Anordnung B ergibt
die Berechnung folgendes Ergebnis:
2
T2
∆u pp
1
= ---- ⋅
C
2
T – T1
--------------------4T
1
0
2


4T
1
2
I d1 T – T 1
∆u pp = ------- ⋅ ---------------------C
4T
Anordnung A
(5.15)
I d1
T – T1
∆u pp
∆u pp ′ = ------------ = ------------------ ⋅ ---------------------- Anordnung B
U dc ⋅ C
4T
U dc
(5.16)
2
2
In Figur 5.6 ist der Verlauf des relativen Spannungsrippels ∆u pp ′ in Funktion der Kapazität C für die Arbeitspunkte A bis D von Tabelle 5.2 sowie für
einen zusätzlichen Punkt E gemäss Anordnung B mit nur halb so langen Einbrüchen wie im Arbeitspunkt D graphisch dargestellt. Wie von den Systemanforderungen aus Kapitel 4 her bekannt ist, sollte der relative Spannungsrippel ∆u pp ′ nicht mehr als ± 5% betragen, da andernfalls der Anpassungswirkungsgrad η AP aufgrund zu grosser Arbeitspunktbewegungen sehr stark
sinkt.
50
Anordnung A
Anordnung B
40
a = 0 [%]
30
← a = 25 [%]
→
←
← a = 95 [%]
←
a = 97.5 [%]
0
0.05 0.1
1
a = 50 [%]
20
10
10
50
Kapazität C des Filter−Kondensators [mF]
⋅ t + 1 dt
∫ iC ( t ) dt = ---C- ⋅ ∫ I d1 ⋅  – T---------------------2
2

–T
0
I d1
∆u pp
∆u pp ′ = ------------ = ------------------ ⋅ ( T – T 1 )
U dc ⋅ C
U dc
Relativer Spannungsrippel ∆upp [%]
Die Zuverlässigkeit und somit auch die Brauchbarkeitsdauer D B des Filters
kann durch den Verzicht auf Elektrolyt-Kondensatoren wesentlich erhöht
werden. Folienkondensatoren kennen im Gegensatz zu den Elkos das Problem des Austrocknens nicht, sind aber auch in ihrer Kapazität auf deutlich
geringere Werte beschränkt. Bei der Firma Arcotronics sind heute Folienkondensatoren mit Kapazitäten C von 10µF bis 60µF , Seriewiderständen
R ESR zwischen 2.5mΩ und 6mΩ und Strombelastungen I ACeff bei 70°C
Umgebungstemperatur T U und 100kHz Taktfrequenz f T im Bereich von
7 A bis 22 A kommerziell erhältlich. Die Baugrössen der Kondensatoren
variieren in der Breite zwischen 18mm und 35mm , in der Länge zwischen
32mm und 57.5mm und in der Höhe zwischen 33mm und 50mm . Durch
Parallelschaltung kann der Kapazitätswert C wohl gesteigert werden, für
Werte über 0.5…1mF lässt sich aber der Aufwand weder aus Platz- noch
aus Kostengründen rechtfertigen.
(5.14)
Setzt man die Ergebnisse von Gleichung (5.13) und (5.14) ins Verhältnis zur
mittleren Eingangsspannung u pv = U dc , so gelangt man zu folgenden Ausdrücken für den relativen Spannungsrippel ∆u pp ′ :
Figur 5.6: Relativer Spannungsrippel ∆u pp ′ über dem Filter-Kondensator
in Funktion von seiner Kapazität C bei einer mittleren Eingangsspannung U dc von 2V , einem mittleren Eingangsstrom
I d1 von 100 A und einer Periodendauer T von 40µs :
Ströme nach Anordnung A mit Pulsweite a = T 1 ⁄ T
Ströme nach Anordnung B mit Pulsweite a = T 1 ⁄ T
Grenzkurve für relativen Spannungsrippel ∆u pp ′ ≤ ± 5%
In der vorangehenden Figur 5.6 ist jener Bereich grau markiert, welcher
- 154 -
- 155 -
noch mit parallel geschalteten Folienkondensatoren abgedeckt werden kann
und in dem der relative Spannungsrippel ∆u pp ′ noch innerhalb der geforderten Grenzen von ± 5% liegt. Die Kurvenverläufe von Figur 5.6 zeigen, dass
Folienkondensatoren bei einer Taktfrequenz f = 1 ⁄ T von 25kHz nur im
Falle sehr geringer Welligkeit des Kondensatorstromes i C ausreichen, um
die geforderte Filterwirkung zu erzielen, denn die Stromkurve D mit ihren
2µs langen Stromeinbrüchen und die Kurve E mit solchen von lediglich
1µs Dauer sind die einzigen Stromkurvenformen aus Anordnung A und B,
welche die grau hinterlegte Fläche schneiden.
Wicklungen besteht. Die Dimensionierung der magnetischen Bauteile muss
sich natürlich auf die physikalischen Zusammenhänge abstützen. Die dazu
benötigten Grundgleichungen zur Beschreibung des elektrischen und
magnetischen Verhaltens sollen deshalb in den folgenden Abschnitten im
Hinblick auf unseren Anwendungsfall kurz aufbereitet werden.
Zusammenfassend können wir festhalten, dass Elektrolyt-Kondensatoren
sich aufgrund ihrer reduzierten Zuverlässigkeit und Strombelastbarkeit unter
hohen Umgebungstemperaturen nur sehr beschränkt als kapazitive Filterkomponenten für unseren Anwendungsfall eignen. Durch die Verwendung
von Folienkondensatoren sind aber nur kleine Kapazitäten realisierbar. Um
in diesem Fall sowohl den Spannungsrippel ∆u pp als auch die Verluste P Vc
im Filterkondensator auf wenige Prozent zu beschränken, muss auf der Eingangsseite der Niederspannungs-Hochsetzstufe eine Stromkurvenform mit
möglichst geringer Welligkeit und minimalem Effektivwert I Ceff angestrebt
werden.
5.4.2
Magnetische Bauteile
Die niedrige Spannung u pv und vor allem der hohe Strom i pv auf der Eingangsseite des Niederspannungs-Hochsetzers wirken sich sehr stark auf die
Grösse und die Kosten der magnetischen Bauteile aus. Dabei muss zwischen
Drosseln und Transformatoren unterschieden werden, denn obwohl es sich
bei beiden um magnetische Bauteile handelt, gibt es bei der Funktionsweise
und Dimensionierung einen gewichtigen Unterschied. Verwendet man den
Transformator als Durchflusswandler, so wird im Transformator praktisch
keine Energie zwischengespeichert und die magnetische Feldstärke H hängt
dann einzig vom sogenannten Magnetisierungsstrom i m ab. Im Gegensatz
dazu wird das H -Feld bei der Drossel direkt durch den Laststrom bestimmt.
Dies kann im Falle grosser Lastströme zu grossen, schweren und somit sehr
teuren Drosseln führen. Dieses unterschiedliche Verhalten von Drossel und
Transformator soll nun unter den besonderen Bedingungen des EinzellenAnsatzes ausgeleuchtet werden.
Figur 5.7 zeigt die grundsätzliche Anordnung des magnetischen Kreises,
welcher im wesentlichen aus einem Kern und einer bestimmten Anzahl
A Fe
A WF
N2 N1
φ
i1
H Fe
i2
u1
u2
HL
BL
lL
B Fe
N1 N2
Figur 5.7: Einfache Anordnung des magnetischen Kreises bei einem Zweiwicklungs-Transformator mit den dazugehörigen geometrischen,
magnetischen und elektrischen Kenngrössen
Für die Herleitung der magnetischen Grundgleichungen treffen wir folgende
Annahmen:
• Die Feldverteilung sowohl der magnetischen Feldstärke H als auch der
magnetischen Induktion B ist homogen über die gesamte Querschnittsfläche A Fe des Kernes.
• Die Feldlinien überqueren den Luftspalt auf dem kürzesten Weg, so
dass keine nennenswerten Streufelder vorliegen.
• Alle magnetischen und elektrischen Grössen sind zeitlich veränderlich.
Durchflutungsgesetz
Das Durchflutungsgesetz besagt, dass das Umlaufintegral der magnetischen
Feldstärke H entlang eines geschlossenen Linienzuges s genau der Summe
aller Ströme i entspricht, welche die vom Linienzug s aufgespannte Fläche
durchsetzen. In seiner Integralform lautet das Durchflutungsgesetz somit:
- 156 θ =
∫
H ⋅ ds =
s
∑
N n ⋅ in
- 157 -
(5.17)
n
Für die in Figur 5.7 dargestellte Anordnung verläuft der Vektor der magnetischen Feldstärke H parallel zum geschlossenen Linienzug der Länge l Fe im
Kern und der Länge l L im Luftspalt. Das Durchflutungsgesetz (5.17) kann
dann wie folgt geschrieben werden:
θ = H Fe ⋅ l Fe + H L ⋅ l L = N 1 ⋅ i 1 + N 2 ⋅ i 2
(5.18)
Die magnetische Feldstärke H erzeugt sowohl innerhalb des Kernes als auch
im Luftspalt einen magnetischen Fluss φ . Die magnetischen Flusslinien weisen keinen Anfang und kein Ende auf, sondern bilden geschlossene Linien.
Für die Anordnung von Figur 5.7 gilt insbesondere, dass der Fluss im Kern
φ Fe und jener im Luftspalt φ L gleich gross sind. Die allgemeine Regel zur
Berechnung des magnetischen Flusses φ durch eine bestimmte Querschnittsfläche A lautet:
φ =
∫ B ⋅ dA
Die genaue Form der Hysterese hängt in sehr komplexer Weise von den
magnetischen Eigenschaften des Materials, von der Vorgeschichte sowie von
vielen anderen Parametern wie Temperatur, magnetischem Aussteuerungsgrad und Frequenz, mit der das Material magnetisiert und entmagnetisiert
wird. Je nach Anwendungsfall sind wiederum andere, der sehr vielfältigen
Eigenschaften der magnetischen Werkstoffe gefragt. Auf der linken Seite
von Figur 5.8 ist die B-H-Charakteristik bei einem Transformator und bei
einem Dauermagneten dargestellt, während auf der rechten Seite mögliche
Hystereseverläufe für eine Drossel zu sehen sind. Die hartmagnetischen
Werkstoffe zeichnen sich durch eine breite Hysteresekurve und eine hohe
Remanenzinduktion B rem aus. Damit lassen sich wirksame Dauermagnete
fertigen. Da der Flächeninhalt der Hysteresekurve ein direktes Mass für die
Kernverluste darstellt, kommen hartmagnetische Werkstoffe als Kernmaterialien für Transformatoren und Drosseln nicht in Frage. In solchen Fällen
werden weichmagnetische Werkstoffe mit einer möglichst schlanken Hysterese bevorzugt. Wie aus Figur 5.8 deutlich hervorgeht, hängt der Flächeninhalt der Hysterese und somit auch die im Kern anfallende Verlustleistung
sehr stark von der Frequenz f ab, mit welcher der Kern ummagnetisiert wird.
Je höher die Frequenz f ist, desto höher fallen auch die Kernverluste aus.
(5.19)
A
Der Vektor d A steht dabei senkrecht auf die vom Magentfeld durchdrungene Fläche A . In Figur 5.7 stehen die Querschnittsflächen A Fe und A L
senkrecht zur magnetischen Induktion B im Kern und im Luftspalt. Gleichung (5.19) lässt sich dann wie folgt schreiben:
φ = B Fe ⋅ A Fe = B L ⋅ A L
B sat
B rem
B
B
B sat
∆B
Hc
∆B
B rem
H
H=
H
(5.20)
Der Zusammenhang zwischen der magnetischen Feldstärke H und der
magnetischen Induktion B ist stark nichtlinear und hängt sehr stark vom verwendeten Kernmaterial ab. Figur 5.8 zeigt einige typische Verläufe zwischen
B und H . Erstes typisches Merkmal ist die Sättigungscharakteristik, welche
sich darin äussert, dass der Induktionszuwachs dB bei höheren Feldstärken
H immer geringer wird und schliesslich gänzlich erlahmt. Ein weiteres
Merkmal bildet die Tatsache, dass beim Auf- und beim Entmagnetisieren des
Kernmaterials, also bei wachsender und bei sinkender magnetischer Feldstärke H unterschiedliche Magnetisierungskurven durchlaufen werden.
Diese Erscheinung wird in Fachkreisen Hysterese genannt.
Figur 5.8: B-H-Charakteristik magnetischer Werkstoffe bei Dauermagneten
und Transformatoren (links) sowie bei Drosseln (rechts):
Hartmagnetischer Werkstoff
Weichmagnetisches Material bei der Frequenz f = 20kHz
Weichmagnetisches Material bei der Frequenz f = 1kHz
Für die Beschreibung des magnetischen und elektrischen Verhaltens von
Drosseln und Transformatoren ist der exakte Hystereseverlauf nicht immer
erforderlich. Oft genügt bereits die in Figur 5.9 dargestellte sogenannte
Magnetisierungskurve B ( H ) , die den nichtlinearen Zusammenhang zwi-
- 158 -
- 159 -
schen H und B über den gesamten magnetischen Aussteuerungsbereich
beschreibt. Formal lässt sich dieser Zusammenhang wie folgt ansetzen:
B Fe = µ ⋅ H Fe = µ 0 ⋅ µ r ⋅ H Fe
(5.21)
Fe
mit
µ 0 = 4π ⋅ 10
–7
–1
–1
[VsA m ]
Permeabilität des Vakuums
Im Gegensatz zur Permeabilität µ 0 des Vakuums, welche eine Konstante
darstellt, handelt es sich bei der sogenannten relativen Permeabilität µ r um
einen von der Feldstärke H abhängigen dimensionslosen Faktor, welcher ein
direktes Mass für die Steilheit der Magnetisierungskurve ist. Innerhalb des
linearen Bereiches der Magnetisierungskurve ist µ r ebenfalls konstant.
N 1 ⋅ i1 + N 2 ⋅ i2
H L = -------------------------------------l Fe
--------- + l L
µr
(5.24)
Fe
Damit lässt sich der magnetische Fluss φ in Funktion der Permeabilität µ ,
der Durchflutung θ = N 1 ⋅ i 1 + N 2 ⋅ i 2 sowie der Geometriefaktoren wie
Querschnitt A Fe und mittlere Feldlinienlängen l Fe und l L anschreiben:
N 1 ⋅ i1 + N 2 ⋅ i2
φ = µ 0 ⋅ µ r ⋅ H Fe ⋅ A Fe = ------------------------------------------------------------Fe
l Fe
lL
---------------------------------- + -------------------µ 0 ⋅ µ r ⋅ A Fe µ 0 ⋅ A Fe
(5.25)
Fe
Gleichung (5.25) lässt sich wie folgt umformen:
B sat1
B sat1
B
B
B sat2
B sat2
B sat3
B sat3
H
H
H sat3
H
sat2
H sat1
Figur 5.9: Approximation der Hysterese magnetischer Werkstoffe (links)
durch ihre Magnetisierungskurve (rechts)
Da die relative Permeabilität µ r der Luft den Wert 1 hat, gilt für den Zusammenhang zwischen Feldstärke H und Induktion B im Luftspalt folgende
Gleichung:
BL = µ ⋅ H L = µ0 ⋅ H L
(5.22)
Setzt man die Gleichungen (5.20), (5.21) und (5.22) in die Gleichung (5.18)
ein, so gelangt man unter der Annahme, dass die Querschnittsfläche des Kernes A Fe mit derjenigen A L des Luftspaltes übereinstimmt, zu folgenden
Gleichungen für die magnetische Feldstärke H im Kern und im Luftspalt:
N 1 ⋅ i1 + N 2 ⋅ i2
H Fe = -------------------------------------l Fe + µ r ⋅ l L
Fe
(5.23)
N 1 ⋅ i1 + N 2 ⋅ i2
N 1 ⋅ i1 + N 2 ⋅ i2
φ = --------------------------------------------------------------------------- = -------------------------------------lL
l Fe
l Fe
---------------------------------- ⋅  1 + µ r ⋅ -------
---------------------------------

Fe
µ 0 ⋅ µ r ⋅ A Fe
l Fe
µ 0 ⋅ µ r ⋅ A Fe
Fe
mit
µr
eff
(5.26)
eff
µr
Fe
= -----------------------------[ ] Effektiv wirksame Permeabilität µ r
eff
lL
1 + µ r ⋅ ------Fe l
Fe
Mit der effektiv wirksamen Permeabilität µ r eff kann der Zusammenhang
zwischen magnetischer Feldstärke H und Induktion B für den gesamten
magnetischen Kreis wie folgt formuliert werden:
B = µ0 ⋅ µr
eff
⋅H
(5.27)
Anhand von Gleichung (5.26) wird die Wirkung des Luftspaltes sichtbar: Er
verringert die relative Permeabilität µ r des Kernmaterials. Dieser Effekt
Fe
wird als Scherung des magnetischen Kreises bezeichnet.
Figur 5.10 zeigt deutlich auf, wie sich die Scherung auf die Magnetisierungskurve auswirkt. Sie bewirkt eine Streckung in Richtung der magnetischen
Feldstärke-Achse H . Die Scherung ist bei gegebenen Kernabmessungen
umso stärker, je höher die relative Permeabilität µ r des Kernmaterials und
Fe
je grösser der Luftspalt l L ist. Da die Sättigungsinduktion B sat durch den
Luftspalt nicht beeinträchtigt wird, verschiebt sich durch die geringere Stei-
- 160 -
- 161 lungsflüsse φ . Bei homogenen Feldverhältnissen im Innern einer langen
Spule mit der Querschnittfläche A kann das Induktionsgesetz auch in der
Form (5.30) geschrieben werden.
B
l L ⁄ l Fe = 4 ⋅ 10
l L ⁄ l Fe = 2 ⋅ 10
–4
–4
= 0.4 ‰
B sat
= 0.2 ‰
l L ⁄ l Fe = 0
φ
H
H sat2
B
H sat1
Figur 5.10: Einfluss des Verhältnisses zwischen Luftspaltlänge l L und mittlerer Feldlinienlänge l Fe im Kern auf die Steigung der Magnetisierungskurve B ( H ) und auf die Sättigungsfeldstärke H sat eines
Leistungsferrites mit einer relativen Permeabilität µ r Fe von 5000
gung der Magnetisierungskurve jener Punkt, an welchem der Kern in die
Sättigung geht, zu höheren magnetischen Feldstärken H hin. Durch Einsetzen der effektiv wirksamen Permeabilität µ r eff in die Gleichung (5.27) kann
die Feldstärke H sat im Knickpunkt der Sättigungskurve berechnet werden.
lL
B sat
- ⋅  1 + µ r ⋅ -------
H sat = ------------------
Fe l
µ0 ⋅ µr 
Fe
Induktionsgesetz





H sat3
(5.28)
i1
dφ
dψ
u 1 = N 1 ⋅ ------ = ------dt
dt
(5.29)
dB
u 1 = N 1 ⋅ A ⋅ ------dt
(5.30)
u1
N1
Querschnittsfläche A
Figur 5.11: Induktionsgesetz bei einer Spule mit Windungszahl N 1
Besteht der magnetische Kreis der Drossel wie in Figur 5.7 aus einem Kernmaterial mit Luftspalt, so kann ausgehend von Gleichung (5.26) mit
N 2 = 0 die Flussverkettung ψ wie folgt berechnet werden:
ψ =
Fe
N 1 ⋅ i 1 ⋅ µ 0 ⋅ µ r ⋅ A Fe
eff
N 1 ⋅ φ = N 1 ⋅ -----------------------------------------------------l Fe
2
Induktionsgesetz
Neben dem Durchflutungsgesetz gibt es mit dem Induktionsgesetz ein weiteres Grundgesetz zur Beschreibung magnetischer Bauelemente. Das Induktionsgesetz erlaubt, einen Zusammenhang zwischen dem magnetischen
Fluss φ und den an einer Drossel oder an einem Transformator auftretenden
Spannungen u herzustellen. Zur Veranschaulichung des Prinzips gehen wir
von der in Figur 5.11 gezeigten sehr einfachen Wicklungsanordnung einer
Spule mit Windungszahl N 1 und der Querschnittsfläche A aus. Gemäss
Gleichung (5.29), die das Induktionsgesetz in seiner allgemeinen Form darstellt, ist die in der Spule induzierte Spannung u 1 proportional zur Windungszahl N 1 und zur Änderung des magnetischen Flusses φ . Darin
bezeichnet ψ den Gesamtfluss, die sogenannte Flussverkettung. Liegen die
einzelnen Wicklungen genügend nahe beeinander oder wird die magnetische
Induktion B durch ein hochpermeables Kernmaterial gut gebündelt, werden
die einzelnen Wicklungen alle vom gleichen Fluss φ durchsetzt. In diesem
Fall berechnet sich die Flussverkettung ψ , als Summe der einzelnen Wick-
=
2
µ 0 ⋅ µ r ⋅ N 1 ⋅ A Fe
µ 0 ⋅ µ r ⋅ N 1 ⋅ A Fe
eff
Fe
------------------------------------------------ ⋅ i1
⋅ i 1 = ----------------------------------------------l Fe
lL


l Fe ⋅ 1 + µ r ⋅ ------

Fe l
Fe
(5.31)
Anhand von Gleichung (5.31) und dem Induktionsgesetz (5.29) kann nun
unmittelbar auf die Induktivität L der Drossel geschlossen werden:
2
µ 0 ⋅ µ r ⋅ N 1 ⋅ A Fe di 1 !
di 1
dψ
Fe
- ⋅ ------- = L ⋅ ------u 1 = ------- = ----------------------------------------------lL
dt
dt
dt
l Fe ⋅  1 + µ r ⋅ -------


Fe l
Fe
2
µ 0 ⋅ µ r ⋅ N 1 ⋅ A Fe
Fe
L = ----------------------------------------------lL


l Fe ⋅ 1 + µ r ⋅ ------

Fe l
Fe
(5.32)
- 162 -
- 163 -
Die Gleichungen (5.31) und (5.32) zeigen, dass einerseits die Induktivität L
durch Einfügen eines Luftspaltes l L in den magnetischen Kreis verringert
wird und andererseits die Flussverkettung ψ einer Spule allein durch den
eigenen Wicklungsstrom i 1 bestimmt ist:
ψ = L ⋅ i1
(5.33)
Verringert man somit die Induktivität L , sind höhere Ströme i 1 möglich
ohne das Kernmaterial in die Sättigung zu treiben. Die Gleichungen (5.32)
und (5.33) bestätigen somit die Aussage, dass sich durch Vergrössern des
Luftspaltes der Sättigungspunkt zu höheren Strömen i 1 und somit zu höheren magnetischen Feldstärken H hin verschiebt.
Betrachten wir die in Figur 5.7 gezeigte Anordnung eines ZweiwicklungsTransformators, so setzt sich die Flussverkettung ψ 1 und ψ 2 in der Primärund in der Sekundärwicklung des Transformators aus jeweils zwei Anteilen
zusammen:
ψ 1 = ψ 11 + ψ 12
ψ 2 = ψ 21 + ψ 22
(5.34)
In Analogie zur Gleichung (5.33) tragen beim Transformator sowohl der primärseitige als auch der sekundärseitige Strom zur Flussverkettung in den
einzelnen Wicklungen bei:
ψ 1 = L 11 ⋅ i 1 + L 12 ⋅ i 2
ψ 2 = L 21 ⋅ i 1 + L 22 ⋅ i 2
(5.35)
Die Zuordnung der einzelnen Summanden in den Gleichungen (5.34) und
(5.35) kann anhand des in Figur 5.12 gezeigten Modells des Magnetkreises
und den darin vorkommenden magnetischen Flüssen φ erfolgen. Ähnlich
wie der elektrische Leiter, der den Strom durch seinen sehr geringen Widerstand führt, stellen die hochpermeablen Kernmaterialien einen sehr guten
Leiter für die magnetischen Feldflüsse φ dar. Bei idealer Kopplung zwischen
den zwei Wicklungen ist der Fluss in beiden Wicklungen gleich gross. Dann
gilt φ = φ 1 = φ 2 = φ h und die beiden Streuflüsse φ σ1 und φ σ2 , welche
jeweils nur mit der eigenen Wicklung, nicht aber mit der Gegenwicklung
gekoppelt sind, sind Null.
i1
i2
φh
P
u1
P
φ1
N1
N1
φ σ2
φ σ1
S
N2
φ2
S
u2
N2
φh
Figur 5.12: Magnetkreis und Flüsse φ eines Zweiwicklungs-Transformators:
φ 1 , φ 2 Primär- und sekundärseitiger Wicklungsfluss
φh
Koppel- oder Hauptfluss
φ σ1 , φ σ2 Primär- und sekundärseitiger Streufluss
In der in Figur 5.12 gezeigten Anordnung sind die primär- und die sekundärseitige Wicklung des Transformators gegensinnig gewickelt. Die beiden
Wicklungen mit den Windungszahlen N 1 und N 2 sind über den Hauptfluss
φ h magnetisch miteinander gekoppelt. In der Literatur findet man daher
dafür auch häufig die Bezeichnung Koppelfluss. Es ist technisch unmöglich,
Transformatoren ohne Streuung zu bauen. Je nach Anwendung ist dies auch
gar nicht erwünscht. Im Vergleich zum Hauptfluss φ h liegen die Streuflüsse
φ σ1 und φ σ2 normalerweise im Prozentbereich. Die Summe des Haupt- und
des Streuflusses ergibt jeweils den Gesamtfluss φ 1 oder φ 2 in der Primärbzw. in der Sekundärwicklung:
φ 1 = φ h + φ σ1
φ 2 = φ h + φ σ2
(5.36)
Vergleicht man die beiden ersten Gleichungen der Gleichungssysteme (5.34)
und (5.36) unter Berücksichtigung der Beziehung ψ 1 = N 1 ⋅ φ 1 zwischen
dem magnetischen Fluss und der Flussverkettung, so folgt, dass einerseits
die Flussverkettung ψ 11 nur vom Strom i 1 abhängt und somit dem Streuanteil N 1 ⋅ φ σ1 entspricht, während andererseits die Flussverkettung ψ 12
von beiden Wicklungsströmen i 1 und i 2 abhängig ist und somit dem vom
Hauptfluss φ h gebildeten Flussverkettungsanteil N 1 ⋅ φ h entspricht. Man
gelangt auf diese Weise zu folgendem Gleichungssystem:
- 164 -
- 165 -
ψ 1 = ψ 11 + ψ 12 = N 1 ⋅ φ σ1 + N 1 ⋅ φ h
(5.37)
ψ 2 = ψ 21 + ψ 22 = N 2 ⋅ φ h + N 2 ⋅ φ σ2
Durch Umformung des Gleichungssystems (5.35) kann die Zuordnung der
Summanden vorgenommen und somit die in Figur 5.13 dargestellte Ersatzschaltung des verlustlosen Transformators hergeleitet werden:
ψ 1 = ( L 11 – L 12 ) ⋅ i 1 + L 12 ⋅ ( i 1 + i 2 ) = L σ1 ⋅ i 1 + L h ⋅ ( i 1 + i 2 )
ψ 2 = L 21 ⋅ ( i 1 + i 2 ) + ( L 22 – L 12 ) ⋅ i 2 = L h ⋅ ( i 1 + i 2 ) + L
σ2
(5.38)
⋅ i2
Dabei bezeichnet L σ1 die primärseitige und L σ2 die sekundärseitige Streuinduktivität und L h die Hauptinduktivität. Bei diesem Modell muss beachtet
werden, dass es nur für lineare Verhältnisse gilt, das heisst nur so lange das
Kernmaterial nicht in die Sättigung geht. Ferner muss man sich stets darüber
im Klaren sein, dass es sich dabei um ein Modell handelt, denn ein Transformator kann in den wenigsten Fällen durch drei Induktivitäten praktisch realisiert werden. Gründe dafür sind die fehlende Potentialtrennung und die Tatsache, dass die Streuinduktivitäten L σ1 = L 11 – L 12 und L σ2 = L 22 – L 12
auch negativ werden können.
L σ1
L σ2
i1
u1
L 11 – L 12
i2
Lh
im
u2
i2
L 12
u2
Bei idealer Kopplung werden die Streuinduktivitäten L σ1 und L σ2 zu Null.
Wendet man dann das Induktionsgesetz auf das Gleichungssystem (5.37) an,
so folgt:
dφ h
dψ 2
u 2 = ---------- = N 2 ⋅ --------dt
dt
(5.40)
Zur Berechnung des Stromübersetzungsverhältnisses müssen wir auf Gleichung (5.26) zurückgreifen. Daraus lässt der Durchflutungsbedarf θ h des
Transformators berechnen:
l Fe
θ h = N 1 ⋅ i 1 + N 2 ⋅ i 2 = φ h ⋅ ---------------------------------µ 0 ⋅ µ r ⋅ A Fe
(5.41)
eff
Bei einem Kern ohne Luftspalt wird der Durchflutungsbedarf θ h bei idealer
magnetischer Leitfähigkeit µ r → ∞ des Kernmateriales aufgrund von
eff
Gleichung (5.41) zu Null:
θh =
l Fe


lim  φ h ⋅ ---------------------------------- = 0
µ 0 ⋅ µ r ⋅ A Fe
µr → ∞ 
eff
eff
(5.42)
N2
i1
---- = – ------N1
i2
(5.43)
im
Figur 5.13: Galvanisch gekoppelte Ersatzschaltungen eines verlustlosen
Transformators
dφ h
dψ 1
u 1 = ---------- = N 1 ⋅ --------dt
dt
u1
N1
----- = ------u2
N2
Dies ergibt folgendes Stromübersetzungsverhältnis:
L 22 – L 12
i1
u1
Daraus ergibt sich unmittelbar, dass die Spannungsübersetzung zwischen
dem Eingang und dem Ausgang des Transformators bei idealer Kopplung
allein vom Verhältnis der Windungszahlen N 1 und N 2 abhängt und somit
unabhängig von der Belastung des Bauteils ist:
(5.39)
Ein derartiges Bauelement wird als idealer Transformator bezeichnet. Der
ideale Transformator stellt im Grunde gesehen ein reines Übertragungsglied
dar, welches die Spannungen mit dem Verhältnis der Windungszahlen, die
Ströme mit dem negativ reziproken Verhältnis und die Impedanzen mit dem
Quadrat des Verhältnisses der Windungszahlen N 1 und N 2 transformiert.
Im Ersatzschaltbild des Transformators wird die zur Magnetisierung des
Kernes benötigte Durchflutung θ h durch den sogenannten Magnetisierungsstrom i m modelliert. Wie in Figur 5.13 zu sehen, fliesst i m durch Hauptinduktivität L h . Beim idealen Transformator wird der Magnetisierungsstrom
i m aufgrund von Gleichung (5.42) zu Null.
Im Vergleich zum idealen Transformator müssen beim realen Transformator
neben der nichtidealen Kopplung und der zur Magnetisierung benötigten
- 166 -
- 167 -
Durchflutung noch die auftretenden Verluste berücksichtigt werden. Bei den
magnetischen Bauteilen können im Kern und in den Wicklungen zwei Verlustquellen lokalisiert werden. Die Kernverluste P K sind in erster Näherung
proportional zur Frequenz f und zum Quadrat der Wicklungsspannungen u 1
und u 2 und werden durch den Widerstand R Fe angenähert. Die in den Wicklungen des Transformators entstehenden ohmschen Verluste P W werden
durch die Wicklungswiderstände R W 1 und R W 2 modelliert.
als und anschliessend durch Einbezug der Streuung schrittweise erweitert
und so zur Ersatzschaltung des verlustlosen Transformators gelangt. Die
Hauptinduktivität L h kann dabei entweder primär- oder sekundärseitig dargestellt werden. Je nach Anwendungsfall wird der einen oder der anderen
Darstellungsart von Figur 5.14a) der Vorzug gegeben. Beide Darstellungen
sind aber einander äquivalent. Zur Festlegung der Spannungspolarität werden die Wicklungsanfänge bei gleichem Wicklungssinn durch Punkte gekennzeichnet.
a)
L σ1
i1
u1
L σ2
L σ1
i2
L h1
N1
N2
i1
u2
i2
u1
N1
N2
L h2





IdealerTransformator
IdealerTransformator
RW 1
L σ1
L σ2
RW 1
i1
In vielen Fällen vereinfacht sich die Schaltungsanalyse oder -synthese durch
Verwendung eines galvanisch gekoppelten Modells des Transformators. In
diesem Fall müssen entweder die sekundärseitigen Grössen auf die Primärseite oder die primärseitigen auf die Sekundärseite umgerechnet werden. In
der in Figur 5.14c) dargestellten, auf die Primärseite bezogenen Ersatzschaltung des realen Transformators berechnen sich die bezogenen Grössen wie
folgt:
i2
R Fe
u1
c)
RW 1
L h1
N1
N2
L σ2 ′
L σ1
u2
RW 1 ′
i2 ′
i1
u1
u2
i m2





i m1
b)
Ausgehend von der Ersatzschaltung des verlustlosen Transformators gelangt
man unter Berücksichtigung der Kern- und der Wicklungsverluste zur in
Figur 5.14b) gezeigten Ersatzschaltung des realen Transformators.
L σ2
R Fe
L h1
u2 ′
Figur 5.14: Ersatzschaltungen eines Zweiwicklungs-Transformators:
a) Verlustloser Transformator mit primärseitiger (links) oder
sekundärseitiger (rechts) Hauptinduktivität
b) Realer Transformator mit primärseitiger Hauptinduktivität
c) Auf die Primärseite bezogene galvanisch gekoppelte Ersatzschaltung des realen Transformators
Figur 5.14a) zeigt, wie man ausgehend vom idealen Transformator das
Modell zuerst durch Berücksichtigung der Magnetisierung des Kernmateri-
N1
u 2 ′ = ------- ⋅ u 2
N2
N1 2
L σ2 ′ =  ------- ⋅ L σ2
 N 2
N2
i 2 ′ = ------- ⋅ i 2
N1
N1 2
R W 2 ′ =  ------- ⋅ R W 2
 N 2
(5.44)
Die einzelnen Parameter in der Ersatzschaltung des Transformators nach
Figur 5.14 sind stark von den elektrischen Kenngrössen sowie von der Bauform des Transformators abhängig. Die Streuungen L σ1 und L σ2 und die
Wicklungswiderstände R W 1 und R W 2 beispielsweise verändern sich sehr
stark in Funktion des Leiterquerschnittes sowie in Abhängigkeit der Anordnung und Geometrie der Wicklungen. Für die Kernverluste ist das verwendete Kernmaterial, die Frequenz sowie der Induktionshub entscheidend. Die
Eigenschaften und der erzielbare Wirkungsgrad hängen massgeblich von
den Nichtidealitäten wie Streuung, Wicklungs- und Kernverluste des Transformators ab, insbesondere in unserem konkreten Anwendungsfall mit seiner
aussergewöhnlich niedrigen Eingangsspannung u pv und dem sehr hohen
Eingangsstrom i pv . Wir kommen daher nicht umhin, uns noch eingehend
mit den material- und aufbaubedingten Eigenschaften der magnetischen
Bauteile zu befassen.
- 168 Praktische Realisierung von Drosseln und Transformatoren
Magnetische Werkstoffe nehmen in vielen technischen Anwendungen eine
Schlüsselstellung ein. Für den Bau von Transformatoren und Drosseln sind
weichmagnetische Werkstoffe mit möglichst schmaler Hysteresekurve und
möglichst hoher Permeabilität µ und Sättigungsinduktion B sat gefragt.
Magnetische Werkstoffe, die diesen Anforderungen genügen, lassen sich in
drei Hauptgruppen unterteilen:
- 169 Permeabilität µ als auch eine höhere Sättigungsinduktion B sat auf. Sie
erlaubt im Vergleich zu den Ferriten Umrichterschaltungen mit geringeren
Taktfrequenzen zu realisieren. Tabelle 5.4 gibt einen Überblick über die
wichtigsten Kenngrössen einiger magnetischer Werkstoffe.
SättigungsCurieLeitfähig- FrequenzInduktion Temperatur
keit
Bereich
–1
B sat [ T ]
T Cu [ °C ] σ [( Ωm ) ] f [ kHz ]
Werkstoff
• Ferromagnetische Werkstoffe
• Ferrimagnetische Werkstoffe (Ferrite)
• Amorphe nanokristalline Werkstoffe
Die magnetischen Eigenschaften all dieser Materialien sind temperaturabhängig. So nimmt die Sättigungsinduktion B sat beispielsweise mit steigender Temperatur ab. Oberhalb der sogenannten Curie-Temperatur T Cu
verlieren sie gar ihre magnetischen Eigenschaften. Soll das Material als
magnetischer Werkstoff genutzt werden, so muss gewährleistet sein, dass
seine Betriebstemperatur die Curie-Temperatur T Cu nicht überschreitet.
Zu den ferromagnetischen Werkstoffen gehören neben Eisen und Nickel
auch Kobalt sowie Legierungen aus Silizium, Eisen, Platin und Chrom wie
auch solche aus Kupfer, Mangan und Aluminium. Typische Merkmale dieser
Werkstoffe sind ihre sehr hohe Permeabilität µ und Sättigungsinduktion
B sat aber auch ihre gute Leitfähigkeit σ . Wie sich bei der Herleitung der
Kernverluste weisen wird, muss der zulässige Frequenzbereich der ferromagnetischen Werkstoffe aufgrund ihrer hohen Leitfähigkeit σ auf wenige
100Hz beschränkt werden [56].
Im Gegensatz zu den ferromagnetischen Werkstoffen zeichnen sich Ferrite
durch eine deutlich niedrigere Leitfähigkeit σ aus. Bei diesen magnetischen
Werkstoffen handelt es sich um polykristalline Materialien bestehend aus
Eisenoxid-Verbindungen mit anderen Metalloxiden. Ihre geringe Leitfähigkeit σ führt zu deutlich geringeren Wirbelstromverlusten und ermöglicht, sie
auch bei Anwendungen mit wesentlich höheren Frequenzen einzusetzen.
Mangan-Zink-Ferrite können bis zu einigen MHz , Nickel-Zink-Ferrite gar
bis zu einigen hundert MHz verwendet werden. Im übrigen verhalten sie
sich wie ferromagnetische Stoffe, haben jedoch niedrigere Sättigungsinduktionen B sat und niedrigere Curie-Temperaturen T Cu .
Die dritte Gruppe magnetischer Werkstoffe sind die amorphen nanokristallinen Materialien. Sie weisen im Vergleich zu ferromagnetischen Materialien
nur geringfügig kleinere Sättigungsinduktionen B sat aber deutlich geringere
Leitfähigkeiten σ . Gegenüber den Ferriten weisen sie sowohl eine höhere
Ferromagnetisch
Reines Eisen
1.5
Siliziumeisen
2.0
770
750
10 ⋅ 10
6
2.5 ⋅ 10
6
Nickeleisen
0.8
400
1.6 ⋅ 10
6
Kobalteisen
2.35
950
3.0 ⋅ 10
6
Mangan-Zink
0.4
>130
1
Nickel-Zink
0.3
>130
1.2
600
0.05 - 0.5
0.05 - 0.5
0.05 - 0.5
0.05 - 0.5
Ferrit
5.0 ⋅ 10
50 ⋅ 10
–5
3
300 ⋅ 10
3
Amorph-nanokristallin
Vitroperm 500F
84
200
Tabelle 5.4: Typische Kenngrössen einiger weichmagnetischer Werkstoffe
für Transformator- und Drosselkerne [53], [56], [59], [60]
In den magnetischen Komponenten wie Transformatoren und Drosseln lassen sich prinzipiell folgende zwei Verlustquellen identifizieren:
• Wicklungsverluste P W
• Kernverluste P K
Bei den Wicklungsverlusten handelt es sich um rein ohmsche Verluste in den
Wicklungen. Sie lassen sich nach folgender Regel berechnen:
P W = R W ⋅ I Weff
2
(5.45)
Dabei stellt R W den Wicklungswiderstand und I Weff den Effektivwert des
Wicklungsstromes i W dar. Der Widerstandswert R W kann in erster Nähe-
- 170 -
- 171 -
rung über die Länge l W und den Querschnitt A W des Wicklungsdrahtes wie
folgt ermittelt werden:
sind, anhand des einfachen Beispiels eines runden langen Leiters erarbeitet
werden.
lW
R W = ρ Cu ⋅ -------AW
mit
ρ Cu = 1.7 ⋅ 10
(5.46)
–8
[ Ωm ]
Spezifischer elektrischer Widerstand
des Kupfers
Bei genauerem Hinsehen ist der Widerstandswert von R W nicht konstant,
sondern sowohl eine Funktion der geometrischen Leiteranordnung als auch
der Betriebsfrequenz f des magnetischen Bauteils. Der Grund für diesen
Sachverhalt liegt in der Stromverdrängung im elektrischen Leiter aufgrund
des Skin- und des Proximity-Effekts. Je grösser die Arbeitsfrequenz f und je
grösser die Wicklungsströme sind, desto gravierender können sich diese
Effekte auswirken. Im einzelnen versteht man darunter:
• Skin-Effekt
Aufgrund des eigenen elektrischen Wechselfeldes E im stromdurchflossenen elektrischen Leiter wird der Strom an den Rand des Leiters
verdrängt. Durch die so entstandene inhomogene Stromverteilung trägt
nicht der gesamte Leiterquerschnitt A W in gleichem Masse zum Stromfluss bei, sondern es entstehen entlang der Leiterhülle Bereiche mit sehr
hoher Stromdichte j . Daher rührt auch der Name “Skin-” oder auf
deutsch “Haut-Effekt” her. Dies führt letztendlich zu einem höheren
ohmschen Widerstand im stromführenden Leiter und damit zu höheren
Leistungsverlusten.
• Proximity-Effekt
Beim Proximity-Effekt kommen dieselben Effekte zum Zuge wie beim
Skin-Effekt. Der Hauptunterschied besteht darin, dass die Stromverdrängung nicht durch das eigene elektrische Wechselfeld E hervorgerufen wird, sondern durch jenes benachbarter stromführender Leiter.
Ähnlich wie beim Skin-Effekt deutet auch hier der Name bereits auf das
Phänomen hin.
Physikalisch liegen dem Skin- und dem Proximity-Effekt die Maxwell’schen
Gleichungen zugrunde. Sie beschreiben in allgemeingültiger Form den
Zusammenhang zwischen der Stromdichte j , der elektrischen Feldstärke E
sowie der magnetischen Feldstärke H und Induktion B . Nachfolgend sollen
die Zusammenhänge, soweit sie für das Verständnis des Skin-Effektes nötig
Damit in einem realen Leiter ein Strom fliessen kann, muss gemäss ohmschem Gesetz eine Spannung angelegt werden. Die folgende Gleichung zeigt
das ohmsche Gesetz in allgemeiner Form:
j = σ⋅E
(5.47)
Dabei stellt j die Stromdichte, E die elektrische Feldstärke und σ die spezifische elektrische Leitfähigkeit dar. Die dabei auftretenden Feldstärken E
sind aufgrund der hohen Leitfähigkeit σ der elektrischen Leitermaterialien
sehr klein. Die Stromdichte j und das angelegte Feld E sind gemäss Gleichung (5.47) proportional und zeigen in dieselbe Richtung. Fliesst also im
Leiter ein Wechselstrom i , so stellen auch die Stromdichte j und das angelegte elektrische Feld E Wechselgrössen dar.
E, j
E i , ji
H, B
H, B
E i , ji
Figur 5.15: Verkettung der elektrischen und magnetischen Felder
aufgrund der Maxwell’schen Gleichungen
Wie Figur 5.15 zeigt, erzeugt das angelegte elektrische Wechselfeld E ein
induziertes magnetisches Wechselfeld H . Das elektrische und das magnetische Feld stehen dabei vektoriell senkrecht zueinander. Das magnetische
Feld H erzeugt seinerseits wiederum ein induziertes elektrisches Feld E i .
Grundlage dafür bildet die nachfolgend aufgeführte zweite Maxwell’sche
Gleichung [57].
dB
rot E i = – ------dt
(5.48)
- 172 -
- 173 -
In unserem Beispiel des runden Leiters heben sich mit Ausnahme der Komponenten in Leiterrichtung alle übrigen Komponenten des induzierten elektrischen Feldes E i gegenseitig auf. Die Gleichung (5.48) vereinfacht sich
somit zu:
rende magnetische Feldstärke H bei zunehmender Frequenz f des
elektrischen Wechselfeldes E .
dB
E i = – ------dt
H (r )
(5.49)
A
B
C
D
E
F
E(r )
A
Gemäss dem ohmschen Gesetz ruft das induzierte elektrische Feld E i genau
wie das angelegte Feld E eine zur Feldstärke E i proportionale Stromdichte
j i hervor, welche Wirbelstromdichte genannt wird. Dementsprechend wird
die induzierte Feldstärke E i auch elektrischer Wirbelfeldvektor genannt.
In Figur 5.16 sind die Auswirkungen der Maxwell’schen Gleichungen im
runden elektrischen Leiter bei zeitlich veränderlichen Strömen dargestellt.
Das induzierte elektrische Wirbelfeld E i unterstützt das angelegte Feld E
am Leiterrand und schwächt das angelegte elektrische Feld E im Innern des
Leiters.
B
C
D
r
E
F
AW
r
d⁄2
Induzierte elektrische Wirbelfelder
Induziertes elektrisches Wechselfeld
Induziertes
magnetisches
Feld
Ei
H
Ei
E
Ei
Angelegtes elektrisches Wechselfeld
E
Angelegtes elektrisches Wechselfeld
Figur 5.16: Elektrische Feldverteilung als Ursache der Stromverdrängung
in einem elektrischen Leiter mit kreisrundem Querschnitt
Figur 5.17 zeigt auf der linken Seite den prinzipiellen Verlauf der resultierenden elektrischen Feldstärke E und auf der rechten Seite die dazugehö-
d⁄2
Figur 5.17: Resultierende elektrische Feldstärke E und magnetische Feldstärke H bei Stromverdrängung:
Verteilung E ( r ) bei Gleichstrom ( A )
Verteilung E ( r ) mit steigender Stromfrequenz f ( B → F )
Verteilung H ( r ) bei Gleichstrom ( A )
Verteilung H ( r ) mit steigender Stromfrequenz f ( B → F )
Aus der Gleichung (5.47) für das ohmsche Gesetz folgt direkt, dass der qualitative Verlauf der Stromdichte j mit dem Verlauf der elektrischen Feldstärke E übereinstimmt. Der Verlauf der Kurve F in Figur 5.17 zeigt
deutlich auf, dass der Stromtransport bei sehr hohen Wechselstromfrequenzen f (Mikrowellen) beinahe nur noch in der Aussenhaut des Drahtes verläuft. Da der Strom im Innern des Leiters in solchen Fällen praktisch Null ist,
drängt sich aus Materialspargründen entweder eine Verringerung des Leiterradius r oder die Verwendung von Hohlleitern auf. Aus den Kurvenverläufen von Figur 5.17 wird ebenfalls ersichtlich, dass sich bei Stromverdrängung der Stromfluss dort konzentriert, wo die magnetische Feldstärke H
betragsmässig am grössten ist. Nur im Falle von Gleichstrom liegt eine
homogene elektrische Feldverteilung über dem gesamten Leiterquerschnitt
- 174 -
- 175 -
vor. Das ergibt einerseits eine ebenfalls homogene Stromverteilung und führt
andererseits dazu, dass die magnetische Feldstärke H im Innern des Leiters
linear mit dem Radius r ansteigt.
Figur 5.19 vermittelt ein Gefühl für die Grössenordnungen der Eindringtiefe
δ bei einem runden Kupferleiter für verschiedene Frequenzen f :
Bei starker Stromverdrängung ist die Berechnung des Wicklungswiderstandes R W nach Gleichung (5.46) nicht mehr zulässig, da der Hauptanteil des
Stromes mit zunehmender Stromverdrängung immer mehr an den Rand des
Leiters gedrängt wird. Dies hat zur Folge, dass der innere Teil eines massiven
Leiterdrahtes bei Stromverdrängung elektrisch und magnetisch nicht ausgenutzt wird und somit praktisch nichts zum Stromfluss beitragen kann. In der
Praxis definiert man daher eine äquivalente Leiterschichtdicke δ . In der
Literatur wird dafür auch oft der Begriff Eindringtiefe verwendet. Für die
Berechnung des Wicklungswiderstandes R W ~ bei Wechselstrom reduziert
sich durch den Skin-Effekt der nutzbare Leiterquerschnitt A W ~ gegenüber
dem vollen Querschnitt A W bei Gleichstrom -wie in Figur 5.18 dargestelltauf einen Ring der Breite δ entlang der Drahthülle. Dies führt bei Wechselstrombelastung zu einem Anstieg des Wicklungswiderstandes R W ~ gegenüber dem Gleichstromwiderstand R W . Die für die quantitative Bestimmung
des Widerstandswertes R W ~ erforderliche Eindringtiefe δ kann gemäss [57]
wie folgt angegeben werden.
2
-------------------------------- =
ω ⋅ µ0 ⋅ µr ⋅ σ
δ =
1
---------------------------------------π ⋅ f ⋅ µ0 ⋅ µr ⋅ σ
(5.50)
Mit Hilfe der Gleichung (5.50) und der Angaben in Figur 5.18 lässt sich der
wirksame Wechselstromwiderstand R W ~ leicht berechnen:
Wechselstromwicklungswiderstand R W ~ :
lW
R W ~ = ρ Cu ⋅ ----------AW ~
(5.51)
Wirksamer Querschnitt A W ~ :
δ
π
2
2
A W ~ = --- ⋅ ( d – d 1 )
4
d1
d
A W ~ = πδ ⋅ ( d – δ )
(5.52)
Figur 5.18: Berechnung des Wicklungswiderstandes bei Stromverdrängung
f = 0Hz
50Hz
1kHz
δ
25kHz
50kHz
100kHz
1MHz
Frequenz f
Leitfähigkeit σ
δ = 0mm 9.3mm
2.1mm
0.42mm 0.30mm 0.21mm 0.07mm
Figur 5.19: Eindringtiefe δ in Funktion der Stromfrequenz f bei einem
runden Kupferleiter
Zu den Ergebnissen von Figur 5.19 gelangt man durch Auswerten der Gleichung (5.50) unter Verwendung von µ r = 1 und σ Cu = 5.8 ⋅ 10 7 [ ( Ωm ) –1 ]
für Kupfer. Gleichung (5.50) und Figur 5.19 zeigen, dass die Eindringtiefe δ
mit zunehmender Leitfähigkeit σ des Materials und mit steigender Frequenz
f des Stromes abnehmen.
Figur 5.20 zeigt die anhand der Gleichungen (5.52), (5.51) und (5.50) berechnete Abhängigkeit des wirksamen Wicklungswiderstandes R W ~ bei
Wechselstrombelastung von der Frequenz f und von der Leitergeometrie.
Die Diagramme von Figur 5.20 sind für verschiedene Leiterdurchmesser d
so aufgetragen, dass die mittlere Stromdichte j im Leiter in allen Fällen stets
2
im praktisch zulässigen Bereich [ 2…10 ] A ⁄ mm liegt.
In der oberen Reihe von Figur 5.20 ist der Wechselstromwiderstand R W ~ für
eine 100 A -Hochstrom-Wicklung dargestellt, während unten rechts die Verhältnisse für eine Niederstrom-Wicklung dargestellt sind. Die Diagramme
zeigen, dass der Skin-Effekt bei gegebenem Leiterstrom I dc umso früher
einsetzt, je kleiner die Stromdichte j gewählt wird. Der Grund liegt darin,
dass der Drahtdurchmesser d mit steigender Stromdichte abnimmt und die
Stromverdrängung somit erst bei höheren Frequenzen f einsetzt.
Die grösseren Leiterabmessungen sind auch dafür verantwortlich, dass sich
der Skin-Effekt bei Leitungen für Ströme im kA -Bereich bereits bei der
Netzfrequenz f N von 50Hz bemerkbar macht.
- 176 -
- 177 -
dc
lw=100 [cm]; j =10 [A/mm2]
2
j = 5 [A/mm ]
20
j = 2 [A/mm ]
2
j = 5 [A/mm ]
→
→
j = 2 [A/mm2]
10
2
→
2
lw=10 [cm]; j =10 [A/mm ]
→
15
2
j = 5 [A/mm ]
j = 2 [A/mm2]
→
2
2.5
lw=10 [cm]; j =10 [A/mm2]
→
5
1.5
1
0.5
→→
→
Wicklungswiderstand RW∼ [mΩ]
25
gleichbar mit dem Gleichstromwiderstand R W einer Wicklung mit identischem Querschnitt und zehnfacher Windungszahl.
= 100 [A]
0
102
103
104
105
Stromfrequenz f [Hz]
106
Wicklungswiderstand RW∼ [mΩ]
Hochstrom−Wicklung mit I
0
102
103
104
105
Stromfrequenz f [Hz]
106
∞
PW =
Niederstrom−Wicklung mit Idc = 1 [A]
3
lw=1 [m]; j =10 [A/mm2]
2
2.5
j = 5 [A/mm ]
→
2
j = 2 [A/mm ]
2
mit:
→
I dc
d = 2 ⋅ ---------π⋅ j
→
1
δ = ---------------------------------- ∧ δ ≤ d
---

2
π ⋅ f ⋅ µ 0 ⋅ σ Cu  
1.5
1
0.5
102
103
104
105
Stromfrequenz f [Hz]
∑ RW ~x ⋅ I 2x + 1
2
(5.53)
x=0
Wicklungswiderstand RW∼ [Ω]
lW
R W ~ = ---------------------------------------------π ⋅ σ Cu ⋅ δ ⋅ ( d – δ )
Die vergrösserte Darstellung der kurzen Hochstrom-Wicklung oben rechts in
Figur 5.20 zeigt, dass bei einer Taktfrequenz f von 25kHz bereits die
Grundschwingung vom Skin-Effekt betroffen ist. Der Wechselstromwiderstand R W ~ ist bei dieser Frequenz f je nach Stromdichte j zwei- bis dreimal
grösser als bei Gleichstrom, weist aber bei 25kHz einen Widerstandswert
R W ~ von weniger als 0.5mΩ auf. Bei einer rechtecksförmigen Stromform
kommen im Spektrum alle ungeraden Vielfachen der Grundfrequenz f vor.
Ihre Amplituden I n nehmen dabei umgekehrt proportional zur Ordnungszahl n ab. Die Wicklungsverluste P W berechnen sich danach wie folgt:
0
106
Figur 5.20: Frequenzabhängigkeit des Wicklungswiderstandes R W ~ verschieden langer Wicklungen für hohe Ströme (oben) und für
kleine Ströme (unten) und bei verschiedenen Stromdichten j
In bezug auf unseren Niederspannungs-Umrichter muss dem Skin-Effekt vor
allem bei magnetischen Komponenten auf der Niederspannungsseite besondere Beachtung geschenkt werden. Die Diagramme in der oberen Reihe von
Figur 5.20 zeigen, dass der Skin-Effekt bei einer 100 A -Wicklung ab einer
Frequenz f von 1kHz einsetzt. Um den Wechselstromwiderstand R W ~ in
akzeptablem Rahmen zu halten, ist es besonders wichtig, dass die Wicklung
so kurz wie möglich ist. Der Wechselstromwiderstand R W ~ einer einzelnen
Wicklung von ungefähr 10cm Länge ist bei der Frequenz f von 1MHz ver-
wobei I n die n-te Harmonische des Stromes und R W ~n den Wechselstromwiderstand bei der n-fachen Grundfrequenz f darstellt. Die ohmschen Verluste der 3. Harmonischen berechnen sich beispielsweise durch Multiplikation
des Wechselstromwiderstandes R W ~3 bei der dreifachen Grundfrequenz f
mit dem Quadrat der 3. Stromharmonischen I 3 . Bei rechtecksförmigem
Strom hat das Quadrat der 3. Harmonischen noch 1 ⁄ 9 und jenes der 5. Harmonischen noch 1 ⁄ 25 des Gewichtes der Grundschwingung. Das Diagramm oben rechts von Figur 5.20 zeigt, dass die Wechselstromwiderstände
der 3. und der 5. Stromharmonischen bei einer einzelnen Windung immer
noch weniger als 1mΩ betragen.
Die Kurvenverläufe im unteren Bild von Figur 5.20 zeigen, dass der SkinEffekt bei der Niederstrom-Wicklung mit einer Grundsschwingungsfrequenz f von 25kHz im Gegensatz zur Hochstrom-Wicklung sowohl für die
Grundschwingung als auch für die 3. und 5. Harmonische des Stromes kein
nennenswertes Problem darstellt. Die Gründe dafür sind wiederum im geringen Drahtdurchmesser d zu suchen.
Ganz generell lässt sich sagen, dass der Skin-Effekt durch Verwendung sehr
dünner Leiterquerschnitte wesentlich entschärft werden kann. Sind aufgrund
des zu führenden Stromes grosse Querschnitte erforderlich, so verwendet
man nicht einen einzelnen dicken Kupferleiter, sondern ein Drahtgeflecht,
das im Innern aus sehr vielen dünnen Drähten besteht. Solche Leiter werden
- 178 -
- 179 -
aufgrund ihrer stark verbesserten Eigenschaften bei hohen Frequenzen f
Hochfrequenzlitzen genannt.
Da die einzelnen Leiter einer Wicklung innerhalb des Wickelkörpers sehr
nahe beieinander liegen, kommt neben dem Skin- auch der Proximity-Effekt
zum tragen. Darunter versteht man Stromverdrängungserscheinungen, die
durch das magnetische Feld H benachbarter Leiter hervorgerufen werden.
Wie die Kurvenverläufe in Figur 5.17 zeigen, nimmt die magnetische Feldstärke H bei homogener Stromverteilung innerhalb des Leiters linear mit
dem Radius r zu. Ausserhalb des Leiters sinkt die Amplitude umgekehrt
proportional zum Radius r ab. Liegen nun die Leiter sehr eng beieinander, so
klingt das Magnetfeld H des einen Leiters aufgrund des fehlenden Abstandes zum Nachbarleiter nicht ab, sondern durchdringt ihn. Figur 5.21 zeigt die
so entstehenden resultierenden Verläufe der magnetischen Feldstärke H W
innerhalb des Wickelfensters A WF sowie die Verlustleistungsdichte p W in
den einzelnen Windungen bei einer Drossel sowohl für den Fall geringer
Stromverdrängung als auch bei starker Stromverdrängung ( δ « d ) . Bitte
beachten Sie bei der Beurteilung der Zusammenhänge von Figur 5.21 die
logarithmische Skalierung bei der Verlustleitungsdichte p W .
Ohne Berücksichtigung des Proximity-Effektes würde aufgrund des SkinEffektes -in Übereinstimmung mit Figur 5.17- ein exakt symmetrisches
Stromverteilungsprofil j innerhalb des Wicklungsleiters der Drossel entstehen. Unter Mitberücksichtigung des Proximity-Effektes verschiebt sich
jedoch das Stromverteilungsprofil j in Richtung der höheren magnetischen
Feldstärken H W . Die auf diese Weise hervorgerufene Stromverdrängung
macht sich aus zwei Gründen in der Verlustleistungsdichte p W und damit
auch bei den gesamten Drosselverlusten besonders gravierend bemerkbar:
erstens nehmen die durch den Skin- und den Proximity-Effekt induzierten
elektrischen Wirbelfelder E i gemäss Gleichung (5.49) proportional zur
Ableitung der magnetischen Feldstärke H W zu und zweitens sind die so entstehenden Wirbelstromverluste im Wicklungsleiter mit dem Quadrat der
Feldstärke E i innerhalb des Leiters verknüpft. Sollen die ohmschen Verluste
P W in den Wicklungen minimiert werden, muss demzufolge eine möglichst
gleichmässige Verteilung der magnetischen Feldstärke H W innerhalb des
Wicklungsfensters A WF angestrebt werden. Bei einer Drossel lässt sich aber
aufgrund des Durchflutungsgesetzes nichts am in Figur 5.21 deutlich zu
sehenden prinzipiellen Anstieg der magnetischen Feldstärke H W ändern.
Um Stromverdrängungseffekte aufgrund des Proximity-Effektes soweit wie
möglich zu vermeiden, sollten daher genau gleich wie beim Skin-Effekt die
δ>d
δ<d
A WF
HW
HW
~12 i
~12 i
~8 i
~8 i
~4 i
~4 i
0
x
0
pW
pW
~ 100
~ 100
~ 10
~ 10
0
x
x
0
x
Figur 5.21: Schematische Darstellung der Wicklungsanordnung und prinzipieller Verlauf der magnetischen Feldstärke H W sowie der Leistungsdichte p W im Wicklungsfenster A WF einer Drossel [58]
Wicklungen nicht aus einem einzelnen Kupferleiter, sondern aus HF-Litze
oder aus gegenseitig isolierten Leiterfolien bestehen. Durch Verdrillen der
Hochfrequenzlitze kommt jeder einzelne Draht der Litze abwechselnd auf
der Innen- und auf der Aussenseite der Wicklungslage zu liegen. Dadurch
lassen sich die durch den Proximity-Effekt hervorgerufenen Wirbelstromverluste in der Drosselwicklung stark mildern.
Im Gegensatz zur Drossel kann beim Transformator der Spitzenwert der
magnetischen Feldstärke H W im Wicklungsfenster durch Verschachtelung
- 180 -
- 181 -
der Primär- und der Sekundärwicklung reduziert werden, denn die Durchflutung der Sekundärwicklung θ 2 ist von ihrem Vorzeichen her derjenigen der
Primärwicklung θ 1 entgegengesetzt. Durch Verringerung der magnetischen
Feldstärke H W können die Auswirkungen des Proximity-Effektes auf die
Verlustleistungsdichte p W abgeschwächt werden, was letztendlich zu niedrigeren Wicklungsverlusten P W führt. In Verbindung mit den bereits
erwähnten Massnahmen, wie der Verwendung von dünnen Leiterfolien oder
HF-Litzen, besitzt somit der Transformator im Vergleich zur Drossel ein
höheres Optimierungspotential bei den ohmschen Wicklungsverlusten.
Figur 5.22 zeigt auf der linken Seite den Verlauf der magnetischen Feldstärke H W im Wicklungsfenster A W sowie der Verlustleistungsdichte p W in
den Wicklungen bei einem Transformator mit konzentrierten Wicklungen,
während auf der rechten Seite dieselben Grössen für einen Transformator
mit verschachtelten Wicklungen aufgeführt sind.
A WF
HW
HW
N 1 ⋅ i1
~1
~2 ⁄ 3
~1 ⁄ 3
0
~-1 ⁄ 3
N ⋅i
1 1
N 2 ⋅ i2
1
--- ⋅ N ⋅ i
1 1
3
0
x
1
– --- ⋅ N 1 ⋅ i 1
3
pW
pW
~ 100
~ 100
~ 10
~ 10
0
x
0
x
x
Figur 5.22: Schematische Darstellung der Wicklungsanordnung und prinzipieller Verlauf der magnetischen Feldstärke H W sowie der Leistungsdichte p W im Wicklungsfenster A WF eines Transformators
mit konzentrierten und eines mit verschachtelten Wicklungen
Weil die Wirbelstromverluste proportional zum Quadrat der magnetischen
Feldstärke H W sind, verringern sie sich bei einer Halbierung der Feldstärke
H W auf 1 ⁄ 4 , bei einer Reduktion von H W auf ein Viertel betragen sie gar
nur noch 1 ⁄ 16 ihres ursprünglichen Wertes. Die Wicklungsverluste P W
können also durch immer feinere Verschachtelung der Primär- und der
Sekundärwicklung -im Extremfall bis die einzelnen Wicklungspakete aus
einer einzigen Wicklungslage bestehen- verringert werden. Dies erfolgt aber
nicht ohne Inkaufnahme einiger Nachteile. Die Herstellung fein verschachtelter Wicklungen ist aufwendig und teuer, die unerwünschte parasitäre Koppelkapazität zwischen der Primär- und der Sekundärwicklung steigt
proportional zur Anzahl Wicklungspakete und die Anforderungen an die Isolation steigen. Der zusätzliche Isolationsaufwand beansprucht Platz und verringert somit die aktive Kupferfläche und den Kupferfüllfaktor, was
wiederum zu einer Erhöhung der Wicklungsverluste P W und zu einer Verringerung der Leistungsdichte des Transformators führt. Das Optimum für
die Verschachtelungstiefe muss aus diesem Grunde von Fall zu Fall einzeln
ermittelt werden.
Mit Hilfe der beschriebenen Verfahren können zuverlässige Abschätzungen
der anfallenden Wicklungsverluste P W für einfache Wicklungsanordnungen
erstellt werden. Die sehr gute Übereinstimmung der Abschätzungen mit den
Verlustmessungen an den magnetischen Bauteilen unserer Laboraufbauten
bestätigen diese Aussage. Exakte Berechnungen der Feldverläufe für komplexe Wicklungsanordnungen erfordern den Einsatz von “Finite-Elemente”Feldberechnungsverfahren und sind nicht Gegenstand dieser Arbeit.
Der magnetische Feldverlauf H W im Wicklungsfenster A W ist nicht nur für
Wicklungsverluste P W von grosser Bedeutung, sondern insbesonders auch
für die primär- und sekundärseitig messbaren Streuinduktivitäten L σ12 und
L σ21 . Sie lassen sich über die im Wicklungsvolumen V W gespeicherte
magnetische Energie E W wie folgt definieren:
1
1
1
2
2
E W = --- ⋅ L σ12 ⋅ i 1 = --- ⋅ L σ21 ⋅ i 2 = --- ⋅
2
2
2
∫ ∫ ∫ BW ⋅ H W dV
VW
(5.54)
- 182 -
- 183 -
Die Messanordnung zur Ermittlung der Streuinduktivitäten L σ12 und L σ21
ist in Tabelle 5.5 dargestellt. Die Messung erfolgt jeweils durch Anlegen
einer sinusförmigen Spannung u ~ an eine Wicklung und gleichzeitigem
Kurzschliessen der restlichen Wicklungen. Über die gemessene Impedanz Z
kann nach folgender Tabelle auf den Wert der Streuinduktivitäten L σ12 und
L σ21 geschlossen werden.
l
P
S
hW
N1
Streuinduktivität L σ12
U1
I1
U1
Z 12 = ------I1
I2
U2 = 0
U2 = 0
1
= -----------------jωL σ12
Streuinduktivität L σ21
U1 = 0
I1
U2
Z 21 = ------I2
x
I2
U1 = 0
θ
(5.55)
Nach dem Durchflutungsgesetz (5.17) folgt unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die magnetische Feldstärke H Fe im Kern gegenüber jener H W
im Wicklungsfenster A WF vernachlässigt werden kann, die Gleichung:
(5.56)
lW
HW
H W m ax
1
= -----------------jωL σ21
Unter der Annahme, dass die Zwischenräume zwischen den einzelnen Wicklungslagen und zwischen Wicklung und Kern gegenüber der Wicklungsbreite vernachlässigt werden können, gilt für die vom Linienzug l
eingeschlossene Durchflutung θ l folgende Näherung:
bW
lW
θ m ax
Nachfolgend soll die Streuinduktivität L σ12 für die in der linken Hälfte von
Figur 5.22 dargestellte Wicklungsanordnung berechnet werden. Die für die
Berechnung notwendigen geometrischen Abmessungen sowie der Verlauf
der magnetischen Feldstärke H W sind in Figur 5.23 aufgeführt.
bW
x
θ l ( x ) = N 1 ⋅ i 1 ⋅ -------------- für 0 ≤ x ≤ ------bW ⁄ 2
2
A WF
bW
U2
Tabelle 5.5: Messanordnung zur Ermittlung der Streuinduktivitäten L σ12
und L σ21 eines Zweiwicklungs-Transformators
θl ( x ) ≈ H W ( x ) ⋅ hW
N2
N 1 ⋅ i1 = N 2 ⋅ i2
0
bw ⁄ 2
x
0
bw
bw ⁄ 2
x
bw
Figur 5.23: Wicklungsanordnung sowie Verlauf der Durchflutung θ ( x ) und
der magnetischen Feldstärke H W ( x ) im Wicklungsfenster A WF
bei einem Zweiwicklungs-Transformator mit konzentrierten
Wicklungen
Mit Hilfe der Gleichungen (5.55) und (5.56) kann die magnetische Feldstärke H W im Wicklungsfenster in Funktion des Stromes i 1 , der Windungszahl N 1 sowie der Kernabmessungen angegeben werden:
2 ⋅ N 1 ⋅ i1
bW
H W ( x ) = ----------------------- ⋅ x für 0 ≤ x ≤ ------2
bW ⋅ hW
(5.57)
Analog folgt für den Bereich der Sekundärwicklung:
2 ⋅ N 1 ⋅ i1
bW
x
H W ( x ) = ----------------------- ⋅  1 – ------- für ------- ≤ x ≤ b W

2
hW
bW
(5.58)
Mit den Ergebnissen (5.57) und (5.58) kann nun das Dreifachintegral von
Gleichung (5.54) ausgewertet werden. Die Windungslänge l Wx , welche
exakt genommen eine Funktion ihrer Lage x ist, wird der Einfachheit halber
- 184 -
- 185 -
durch die mittlere Windungslänge l W approximiert. Darüber hinaus gilt für
die relative Permeabilität im Wicklungsfenster µ r ≈ 1 . Auf diese Weise
gelangt man zu folgendem Ergebnis für Gleichung (5.54):
P
S
P
N
N
1
-------
bW
1
1
2
E W = --- ⋅ L σ12 ⋅ i 1 ≈ --- ⋅ µ 0 ⋅ h W ⋅ l W ⋅
2
2
∫
2
H W ( x ) dx
N
1
-------
2
bW ⁄ 2
∫
0
2
 2 ⋅ N 1 ⋅ i1  2
 ----------------------- ⋅ x dx
 bW ⋅ hW

θ
2
2
(5.60)
µ0 ⋅ N 1 ⋅ bW ⋅ lW
L σ12 ≈ -----------------------------------------3 ⋅ hW
(5.61)
Ausgehend von Gleichung (5.60) und unter Berücksichtigung des Durchflutungsgleichgewichts N 1 ⋅ i 1 = N 2 ⋅ i 2 gelangt man zu folgendem Ergebnis
für die Streuinduktivität L σ21 :
2
µ0 ⋅ N 2 ⋅ bW ⋅ lW
L σ21 ≈ -----------------------------------------3 ⋅ hW
(5.62)
Durch Verschachtelung der Primär- und der Sekundärwicklung des Transformators verringert sich auch der Wert der Streuinduktivitäten L σ12 und L σ21 .
Um dies zu veranschaulichen, wurden nach dem gleichen Verfahren wie
beim Transformator mit konzentrierten Wicklungen nach Figur 5.23 die
Streuinduktivitäten L σ12 und L σ21 für die zwei in Figur 5.24 gezeigten
Wicklungsanordnungen berechnet. Die Ergebnisse sind in Tabelle 5.6 zusammengestellt und bestätigen, dass die Streuinduktivitäten L σ12 und L σ21
umso geringer ausfallen, je feiner die Primär- und die Sekundärwicklung des
Transformators miteinander verschachtelt sind.
N
1
-------
N
N
1
-------
N
N
1
-------
2
---2
2
2
---2
4
bW
A
θ
WF
1
0.75
N 1 ⋅ i1 = N 2 ⋅ i2
0.5
N 1 ⋅ i1 = N 2 ⋅ i2
0.5
0.25
0
2
P
bW
0.25
Durch Erweitern der Gleichung (5.60) folgt unmittelbar für die Streuung:
S
4
0.75
2
P
hW
1
µ0 ⋅ N 1 ⋅ i1 ⋅ bW ⋅ lW
≈ -----------------------------------------------------6 ⋅ hW
S
hW
(5.59)
0
1
≈ --- ⋅ µ 0 ⋅ h W ⋅ l W ⋅ 2 ⋅
2
P
– 0.25
1
--- b
2 w
x
0
bw
– 0.25
– 0.5
– 0.5
– 0.75
– 0.75
–1
–1
x
1
--- b
2 w
bw
Figur 5.24: Verringerung der Durchflutung θ im Wicklungsfenster A W durch
Verschachtelung der primär- und sekundärseitigen Wicklungen
Anordnung
Streuinduktivität L σ12
Streuinduktivität L σ21
2
2
2
2
Figur 5.24 links
µ0 ⋅ N 1 ⋅ bW ⋅ lW
µ0 ⋅ N 2 ⋅ bW ⋅ lW
L σ12 ≈ ------------------------------------------ L σ21 ≈ -----------------------------------------12 ⋅ h W
12 ⋅ h W
Figur 5.24 rechts
µ0 ⋅ N 1 ⋅ bW ⋅ lW
µ0 ⋅ N 2 ⋅ bW ⋅ lW
L σ12 ≈ ------------------------------------------ L σ21 ≈ -----------------------------------------48 ⋅ h W
48 ⋅ h W
Tabelle 5.6: Approximation der in Tabelle 5.5 definierten Streuinduktivitäten L σ12 und L σ21 der Wicklungsanordnungen von Figur 5.24
Anhand der Gleichungen (5.61), (5.62) und der Ergebnisse von Tabelle 5.6
- 186 -
- 187 -
kann die folgende allgemein gültige Formel für die Streuinduktivitäten L σ12
und L σ21 bei verschachtelten Wicklungen hergeleitet werden.
Wirbelstromverluste P Kw sind umso grösser, je höher die Leitfähigkeit σ Fe
des Kernmaterials ist. Aufgrund der hohen Leitfähigkeit σ Fe des Kernmaterials stellen die Wirbelstromverluste P Kw vor allem bei den ferromagnetischen Materialien ein grosses Problem dar, welches zumindest teilweise
durch Laminierung des Kernes -wie auf der rechten Seite von Figur 5.25 dargestellt- entschärft werden kann. So aufgebaute Kerne bestehen aus vielen
sehr dünnen und gegenseitig isolierten Eisenblechen. Dadurch können der
effektiv wirksame Widerstand ρ Fe des Kernes erhöht und die Wirbelströme
j i verringert werden. Die Wirbelstromverluste P Kw können gemäss [83] wie
folgt approximiert werden:
2
µ0 ⋅ N 1 ⋅ bW ⋅ lW
L σ12 ≈ -----------------------------------------2
3 ⋅ m ⋅ hW
2
µ0 ⋅ N 2 ⋅ bW ⋅ lW
L σ21 ≈ -----------------------------------------2
3 ⋅ m ⋅ hW
(5.63)
Dabei stellt m die Anzahl Übergänge zwischen den einzelnen Windungspaketen der Primär- und der Sekundärwicklungen dar.
Die Kernverluste P K stellen neben den Wicklungsverlusten P W die zweite
Verlustquelle in den magnetischen Bauteilen dar. Sie bestehen im wesentlichen aus den folgenden zwei Komponenten:
• Wirbelstromverluste P Kw
• Hystereseverluste P Kh
Die Ursache der Wirbelstromverluste P Kw liegt in der in Figur 5.15 dargestellten Verkettung der elektrischen und magnetischen Felder aufgrund der
Maxwell’schen Gleichungen. Das magnetische Wechselfeld H Fe im Kern
induziert gemäss Gleichung (5.49) elektrische Wirbelfelder E i , welche dem
ohmschen Gesetz von Gleichung (5.47) folgend die unmittelbare Ursache
der Wirbelströme j i darstellen.
φ
φ
H Fe
H Fe
Ei
Ei
ji
ji
H Fe
H Fe
Figur 5.25: Entstehung und Minimierung der Wirbelströme j i im Kern von
Drosseln und Transformatoren
Figur 5.25 verdeutlicht nochmals den Zusammenhang zwischen dem
magnetischen Feld H Fe und Fluss φ Fe im Kern und den induzierten Wirbelfeldern E i und Wirbelströmen j i . Die Wirbelströme j i und somit auch die
2
2
2
d ⋅ ω ⋅ B̂ ⋅ V Fe
P Kw ≈ ----------------------------------------24 ⋅ ρ Fe
(5.64)
Dabei stellen d die Dicke und ρ Fe den spezifischen Widerstand der Eisenbleche dar, während V Fe das Gesamtvolumen des Kernes, B̂ den Scheitelwert der magnetischen Induktion und ω deren Kreisfrequenz bezeichnen.
Zur Vergrösserung des spezifischen Widerstandes ρ Fe wird zur Herstellung
der Eisenbleche nicht reines Eisen, sondern eine Legierung mit einem zweiten Material mit geringerer Leitfähigkeit σ Fe verwendet. Sind aber von der
Anwendung her Frequenzen f im kHz -Bereich gefragt, muss man sich auf
Kernwerkstoffe mit hohem spezifischen Widerstand ρ Fe beschränken.
Tabelle 5.4 zeigt sehr eindrücklich, dass Ferrite im Vergleich zu allen anderen magnetischen Werkstoffen in dieser Beziehung unerreicht sind. Dank
ihrem sehr hohen spezifischen Widerstand ρ Fe sind die Wirbelstromverluste
P Kw auch bei höchsten Frequenzen f so gering, dass sie gegenüber den
Hystereseverlusten P Kh vernachlässigt werden können, Dies macht die Ferritwerkstoffe zum bevorzugten Kernmaterial bei hohen Frequenzen f .
Die Hystereseverluste P Kh entstehen durch Umpolen der Molekularmagnete
im Kernmaterial aufgrund des angelegten magnetischen Wechselfeldes H Fe .
Der Magnetisierungs- und Entmagnetisierungsvorgang des Kernes verläuft
entlang der bekannten Hysteresekurven, die ein wesentliches Merkmal der
verschiedenen Kernwerkstoffe bilden. Wie die Figur 5.8 zeigt, sind die
Hystereseverluste P Wh proportional zum Flächeninhalt der Hysterese.
Genau genommen stellt der Flächeninhalt innerhalb der Hysteresekurve die
pro Ummagnetisierungszyklus anfallende Energie E h dar. Sie stellt die
Energie dar, die dem magnetischen Feld H Fe pro Umlauf entnommen und in
Wärme umgewandelt wird.
- 188 -
- 189 -
B max
Eh =
∫
H ⋅ dB
(5.65)
B min
Ausgehend von der Energie E h lassen sich die Hystereseverluste P Kh durch
Multiplikation mit der Ummagnetisierungsfrequenz f sehr einfach ermitteln.
P Wh = E h ⋅ f
(5.66)
In der praktischen Anwendung ist es letztendlich nicht massgebend, welchen
Anteil die Hystereseverluste P Kh und welchen Anteil die Wirbelstromverluste P Kw zu den gesamten Kernverlusten P K beisteuern. Die Hersteller von
magnetischen Werkstoffen geben daher meist die gesamten Kernverluste P K
in geschlossener Form über das folgende empirische Steinmetz-Gesetz an.
P K′ = k ⋅ f
1+x
⋅ ∆B
2+y
(5.67)
mit 0 ≤ x ≤ 1 und 0 ≤ y ≤ 1
Dabei bezeichnen P K′ die spezifische Kernverlustleistung bezogen auf das
Kernvolumen V K , ∆B den in Figur 5.8 dargestellten Wechselanteil der
magnetischen Induktion B im Kern und f die Frequenz, mit welcher der
Kern ummagnetisiert wird. Die Koeffizienten k , x und y charakterisieren
die einzelnen Magnetwerkstoffe und sind von der Temperatur, vom Material
und von der Kernform abhängig. Zur Veranschaulichung soll an dieser Stelle
die Gleichung (5.67) sowohl für einen Leistungsferrit (3F3) als auch für
einen amorphen nanokristallinen Kern (Vitroperm 500) ausgewertet werden.
3
–6
⋅ f [ kHz ]
1.3
⋅ ∆B [ mT ]
2.5
3
–6
⋅ f [ kHz ]
1.8
⋅ ∆B [ mT ]
2.1
P K′ [ mW ⁄ cm ] = 1.5 ⋅ 10
P K′ [ mW ⁄ cm ] = 0.9 ⋅ 10
Ferrit
Amorph
Anhand dieser zwei Gleichungen erkennt man die Stärken der einzelnen
Werkstoffe auf den ersten Blick: Die Ferrite sind am besten geeignet bei
hohen bis sehr hohen Frequenzen f und geringen Induktionswerten ∆B ,
während die Stärken der amorphen nanokristallinen Werkstoffe bei mittleren
Frequenzen f und hohen Induktionswerten ∆B am besten zum Zug kommen. Die zwei in Tabelle 5.7 aufgeführten Zahlenbeispiele belegen diesen
Sachverhalt:
Magnetische
Beanspruchung
Spezifische Kernverluste P K′
3
in [ mW ⁄ cm ]
Ferrit (3F3)
Vitroperm 500
f = 10kHz ; ∆B = 200mT
16.9
3.9
f = 200kHz ; ∆B = 20mT
2.6
6.7
Tabelle 5.7: Vergleich der spezifischen Kernverluste P K′ eines Leistungsferrits (3F3) und eines amorphen nanokristallinen Kernwerkstoffes (Vitroperm) in unterschiedlichen Anwendungsfällen
Die Gleichung (5.67) bietet eine gute Hilfe bei der grundsätzlichen Wahl des
Kernmaterials. Aufgrund der sehr vielfältigen Eigenschaften der Magnetmaterialien und der Wechselwirkung zwischen Frequenz f , Induktionshub ∆B
und Temperatur T werden bei den Magnetwerkstoffen für Leistungsanwendungen die spezifischen Gesamtkernverluste P K′ in den jeweiligen Datenblättern in Funktion der genannten Grössen explizit angegeben. Zuverlässige
Abschätzungen der Kernverluste P K sind im Einzelfall nur in Kenntnis des
exakten Materials und der Grösse des Kernes sowie der genauen Betriebsparameter f , ∆B , T und unter Verwendung der Graphiken in den jeweiligen
Datenblättern der Hersteller möglich.
Grundlagen für den Baugrössenvergleich Transformator - Drossel
Nach der Aufbereitung der Grundlagen für die Dimensionierung der magnetischen Bauteile sind wir nun in der Lage, einen sauberen Vergleich zwischen der Baugrösse eines Transformators und einer Drossel durchzuführen.
Die Basis dieses Vergleichs bildet die identische magnetische Belastung des
Kernes und übereinstimmende Strombelastungen der Wicklungen von
Transformator und Drossel. Konkret erfolgt der Vergleich bei identischem
Kernquerschnitt A Fe , Wicklungsfenster A WF , Stromdichte-Effektivwert
J eff in den Wicklungen sowie bei identischer Betriebsfrequenz f und übereinstimmendem Induktionsmaximum B̂ im Kernmaterial. Zuerst wird ein
Mass für die Baugrösse der Drossel hergeleitet. Anschliessend wird dieser
mit jenem des Transformators verglichen. Weil die Baugrösse von der Spannungs- und Stromkurvenform abhängt, sind einige Fallunterscheidungen
nötig. Ausgehend von der Anordnung von Figur 5.26 sollen die Induktivität
L und die zulässige Strombelastung Î L , bzw. I Leff in Funktion der magnetischen Kenndaten sowie der Kernabmessungen angegeben werden.
- 190 -
- 191 -
Geometrische Kenngrössen der Drossel L :
A Ku
A WF
φ
A WF
Wicklungsfensterfläche
A Fe
Kernquerschnittsfläche
A Ku
Windungsquerschnittsfläche
k Ku
Kupfer-Füllfaktor
N
Windungszahl
L ⋅ Î L ⋅ I Leff = k Ku ⋅ J eff ⋅ A WF ⋅ A Fe ⋅ B̂ Fe
2
Auch bei voll bewickeltem Wicklungsfenster ist nie die gesamte Querschnittsfläche A WF mit Kupfer gefüllt. Wie hoch der tatsächliche Anteil ist,
wird durch den Kupfer-Füllfaktor k Ku angegeben und hängt einerseits vom
verwendeten Windungsleiter und seinen Abmessungen und andererseits vor
allem von der erforderlichen Isolationsspannung der Wicklung ab. Bei Verwendung von Hochfrequenzlitzen sind Füllfaktoren von 30 bis 60% keine
Seltenheit. Für die Anordnung von Figur 5.26 gilt:
2 ⋅ k Ku ⋅ J eff ⋅ A WF ⋅ A Fe ⋅ B̂ Fe
(5.73)
Die Gleichungen (5.72) und (5.73) bilden die Basis für die Auslegung der
Drossel, denn sie setzen ihre Induktivität L sowie den Spitzenwert Î L und
den Effektivwert I Leff ihres Stromes i L in Beziehung zu den Materialparametern J eff und B̂ Fe sowie zu den Formparametern k Ku , A WF und A Fe .
Analog zur Vorgehensweise bei der Drossel sollen nun auch beim Transformator die elektrischen Parameter in Bezug zu den Material- und Formparametern gesetzt werden. Im Gegensatz zur Drossel verfügt der Transformator
über mindestens 2 Wicklungen. Figur 5.27 zeigt schematisch die Anordnung
der zwei Wicklungen innerhalb des Wicklungsfensters A WF .
(5.68)
k Ku ⋅ A WF
⋅ -----------------------N
(5.69)
Da der in Gleichung (5.70) dargestellte Zusammenhang zwischen Flussverkettung ψ und dem Strom i L in der Induktivität L auch für ihre jeweiligen
Spitzenwerte gilt, gelangt man unter Berücksichtigung von Gleichung (5.20)
zu Gleichung (5.71):
ψ ( t ) = N ⋅ φ ( t ) = L ⋅ iL ( t )
(5.70)
L ⋅ Î L = N ⋅ φ̂ = N ⋅ B̂ Fe ⋅ A Fe
(5.71)
Durch Multiplikation der Gleichungen (5.69) und (5.71) gelangt man zur
A WF1
A Ku1
φ
Bei gegebenem Effektivwert J eff der Stromdichte in den Kupferwindungen
berechnet sich der Effektivwert I Leff des Wicklungsstromes i L ( t ) unter
Berücksichtigung von Gleichung (5.68) wie folgt:
I Leff = J eff ⋅ A Ku = J eff
(5.72)
Bei sinusförmigem Strom i L kann man Gleichung (5.72) wie folgt schreiben:
L ⋅ Î L =
Figur 5.26: Schematische Anordnung eines voll bewickelten Drosselkernes
N ⋅ A Ku
A WF = -----------------k Ku
gewünschten Kenngrösse für die Drossel-Baugrösse, die sowohl der magnetischen als auch der ohmschen Beanspruchung des Bauteils Rechnung trägt.
A Ku2
A WF2
Aufteilung des Wicklungsfensters A WF :
A WF = A WF1 + A WF2
(5.74)
N 1 ⋅ A Ku1
A WF1 = -----------------------k Ku1
(5.75)
N 2 ⋅ A Ku2
A WF2 = -----------------------k Ku2
(5.76)
Figur 5.27: Schematische Anordnung eines voll bewickelten Kernes eines
Zweiwicklungs-Transformators
Durch Einsetzen der Gleichungen (5.75) und (5.76) in die Gleichung (5.74)
gelangt man unter der Annahme, dass die Kupfer-Füllfaktoren k Ku1 und
k Ku2 der beiden Wicklungen übereinstimmen, zu folgendem Ergebnis:
1
A WF = -------- ⋅ ( N 1 ⋅ A Ku1 + N 2 ⋅ A Ku2 )
k Ku
(5.77)
- 192 -
- 193 -
Nimmt man ferner an, dass die Stromdichte j Ku1 in der Primärwicklung mit
jener j Ku2 in der Sekundärwicklung übereinstimmt, so folgt unter Beachtung des Durchflutungsgleichgewichts zwischen Primär- und Sekundärwicklung unmittelbar:
(5.78)
Die Gleichungen (5.77) und (5.78) erlauben nun, die Kupferquerschnitte
A Ku1 und A Ku2 der beiden Wicklungen des Transformators sehr einfach zu
ermitteln.
k Ku ⋅ A WF
A Ku1 = -----------------------2 ⋅ N1
A Ku2
k Ku ⋅ A WF
= -----------------------2 ⋅ N2
0
u1 ( t )
1
--- T
2
t
T
– Û 1
– B̂
B ( t ) = B̂ Fe ⋅ sin ( ωt )
(5.82)
u 1 ( t ) = Û 1 ⋅ cos ( ωt )
(5.83)
mit:
Û 1 = N 1 ⋅ A Fe ⋅ ω ⋅ B̂ Fe
2⋅π
ω = ---------- = 2 ⋅ π ⋅ f
T
(5.79)
Aus Figur 5.28 folgt für die Amplitude Û 1 und den Effektivwert U 1eff der
Spannung u 1 :
(5.80)
Als nächstes müssen die Effektivwerte der Spannungen und Ströme von
Gleichung (5.80) berechnet werden. Zwischen der Spannung u 1 an der Primärwicklung des Transformators und der magnetischen Induktion B in seinem Kern gilt gemäss dem Induktionsgesetz der Zusammenhang nach
Gleichung (5.81):
dψ 1 ( t )
dφ 1 ( t )
dB ( t )
u 1 ( t ) = ----------------- = N 1 ⋅ ---------------- = N 1 ⋅ A Fe ⋅ -------------dt
dt
dt
Û 1
B(t )
Figur 5.28: Zusammenhang zwischen der Spannung u 1 ( t ) und der magnetischen Induktion B ( t ) bei sinusförmiger Aussteuerung
Die Scheinleistung S stellt das klassische Mass zur Beurteilung der Baugrösse eines Transformators dar. In ihrer allgemeinsten Form wird sie in
Funktion ihrer Wicklungsspannungen u 1 , u 2 und ihrer Wicklungsströme i 1 ,
i 2 wie folgt definiert:
S = U 1eff ⋅ I 1eff = U 2eff ⋅ I 2eff
B̂
(5.81)
Für die nachfolgenden Betrachtungen müssen Annahmen über die Kurvenform der elektrischen Klemmengrössen u 1 und i 1 sowie der magnetischen
Induktion B im Kern des Transformators getroffen werden. In Figur 5.28
sind die Verhältnisse für sinusförmige Kurvenverläufe dargestellt. Die Gleichung (5.83) folgt dabei unmittelbar aus den Gleichungen (5.81) und (5.82).
Û 1 = 2 ⋅ π ⋅ f ⋅ N 1 ⋅ A Fe ⋅ B̂ Fe U 1eff = 2 ⋅ π ⋅ f ⋅ N 1 ⋅ A Fe ⋅ B̂ Fe (5.84)
Für den Effektivwert I 1eff des Stromes i 1 gilt analog zur Gleichung (5.69)
und unter Verwendung von Gleichung (5.79):
k Ku ⋅ A WF
I 1eff = J 1eff ⋅ A Ku1 = J eff ⋅ A Ku1 = J eff ⋅ -----------------------2 ⋅ N1
(5.85)
Mit Hilfe der Gleichungen (5.84) und (5.85) kann nun die Scheinleistung S
des Transformators berechnet werden.
π
S = U 1eff ⋅ I 1eff = ------- ⋅ f ⋅
2
k Ku ⋅ J eff ⋅ A WF ⋅ A Fe ⋅ B̂ Fe













i1
A Ku1
N2
---- = ------------ = ------i2
A Ku2
N1
Induktion B ( t ) und Spannung u 1 ( t ) :
(5.86)
y
Genau wie die Gleichung (5.72) für die Drossel stellt die Gleichung (5.86)
den grundlegenden Zusammenhang zwischen den elektrischen Grössen und
den Material- und Formparametern für den Transformator bei sinusförmigem Betrieb her.
Vergleicht man die Gleichungen (5.72) und (5.86), so stellt man fest, dass
der Term y in Gleichung (5.86) mit dem Ausdruck auf der rechten Seite der
- 194 -
- 195 -
Gleichung (5.73) übereinstimmt. Dies erlaubt auf äusserst einfache Art und
Weise, die Baugrösse des Transformators in bezug zu jener der Drossel zu
setzen.
gelangt man zur Scheinleistung S des Transformators bei rechtecksförmigem Spannungsverlauf u 1 .
S = U 1eff ⋅ I 1eff = 2 ⋅ f ⋅ k Ku ⋅ J eff ⋅ A WF ⋅ A Fe ⋅ B̂ Fe
π
S = U 1eff ⋅ I 1eff = ------- ⋅ f ⋅ L ⋅ Î L ⋅ I Leff
2
Die Gleichung (5.87) gilt bei sinusförmiger Beanspruchung des Transformators. In DC-DC-Wandlern wird der Transformator aber häufig mit rechtecksförmigen Spannungen betrieben. Daher soll an dieser Stelle der
Zusammenhang nach Gleichung (5.87) auch für jene wichtige Betriebsart
hergeleitet werden. Ausgangspunkt bilden wiederum die Gleichung (5.81)
sowie die in Figur 5.29 dargestellten Kurvenverläufe der Spannung u 1 und
der magnetischen Induktion B .
B̂
Û 1
0
– Û 1
– B̂
ψ̂ 1 = N 1 ⋅ A Fe ⋅ B̂ Fe
B( t ) ∼ ψ1( t )
1
--- T
2
(5.88)
T ⁄2
u1 ( t )
∆ψ 1 =
t
∫
T
Û 1 dt = Û 1 ⋅ --2
(5.89)
0
T
(5.92)
(5.87)
∆ψ 1
ψ̂ 1 = ---------2
(5.90)
In diesem Fall ändert sich auch die Formel (5.87) für den Baugrössenvergleich zwischen der Drossel und dem Transformator. Die Scheinleistung S
beträgt in diesem Fall:
S = U 1eff ⋅ I 1eff = 2 ⋅ f ⋅ L ⋅ Î L ⋅ I Leff
(5.93)
Diese Ausführungen verdeutlichen, dass die erforderliche Bauleistung der
magnetischen Bauteile nicht nur von der zu übertragenden Leistung, sondern
auch massgeblich von den Strom- und Spannungskurvenformen am Bauteil
abhängt. In Figur 5.31 sind die Ergebnisse des elektrischen Bauleistungsvergleichs zwischen Drossel und Transformator für verschiedene Strom- und
Spannungskurvenformen in einer abschliessenden Übersicht zu sehen.
Anhand der elektrischen Scheinleistung S können nun die geometrische
Baugrösse und das Volumen der verschiedenen magnetischen Bauteile leicht
ermittelt werden. Um einen Volumen- und Gewichtsvergleich anstellen zu
können, reicht es aus, die Wachstumsgesetze von Transformatoren und Drosseln zu kennen. Aus diesem Grunde sollen sie an dieser Stelle kurz hergeleitet werden.
Figur 5.29: Zusammenhang zwischen der Spannung u 1 ( t ) , der magnetischen
Flussverkettung ψ 1 ( t ) und der magnetischen Induktion B ( t ) des
Transformators bei rechtecksförmigen Spannungsverläufen
A WF
A Fe
x⋅h
Mit Hilfe der Gleichungen (5.88) bis (5.90) können nun auch für den Fall
rechtecksförmiger Spannungsverläufe die Amplitude Û 1 und der Effektivwert U 1eff der Spannung u 1 in Funktion der Frequenz f sowie der geometrischen und magnetischen Kernparameter angegeben werden. Man beachte,
dass die Amplitude Û 1 und der Effektivwert U 1eff bei rechtecksförmiger
Spannungsform u 1 übereinstimmen.
Û 1 = U 1eff = 4 ⋅ f ⋅ N 1 ⋅ A Fe ⋅ B̂ Fe
h
x⋅b
b
l
x⋅l
Figur 5.30: Wachstumsgesetze bei der Skalierung magnetischer Bauteile
(5.91)
Durch Einsetzen der Gleichungen (5.85) und (5.91) in die Gleichung (5.80)
Die Gleichungen (5.72) und (5.86) zeigen, dass die Bauleistung S eines
magnetischen Bauteils bei gegebenem Material und bei gegebener Betriebs-
- 196 -
Û 1
Transformator
i1 ( t )
u1 ( t )
Û 1
Î 1
0
- 197 -
Î 1
T
2T
t
0
– Î 1
– Î 1
– Û 1
– Û 1
iL ( t )
T
2T
t
Transformator
i1 ( t )
u1 ( t )
0
T
t
2T
4
S∼x ;
3
Vm ∼ x ;
Mm ∼ x
3
(5.94)
Verknüpft man diese drei Ausdrücke miteinander, so erhält man die Gesetzmässigkeit des Wachstums der induktiven Bauteile in Funktion ihrer Scheinleistung S :
Û 1 ⋅ Î 1 π
2
S = ---------------- = --- ⋅ f ⋅ L ⋅ Î L
2
2
V m ∼ Mm ∼ S
Û 1
Î 1
Transformator
i1 ( t )
u1 ( t )
Î 1
T
2T
t
0
– Î 1
– Î 1
– Û 1
– Û 1
iL ( t )
T
T
t
2T
Drossel
Drossel
Î L
0
iL ( t )
– Î L
Û 1 ⋅ Î 1
π
S = ---------------- = ------- ⋅ f ⋅ L ⋅ Î L ⋅ I Leff
2
2
0
t
2T
Î L
– Î L
Û 1
T
Drossel
Drossel
Î L
0
Transformator
i1 ( t )
u1 ( t )
frequenz f durch die Grösse seines Wickelfensters A WF und seines Kernquerschnittes A Fe bestimmt ist. Skaliert man nun alle Abmessungen eines
magnetischen Bauteils, wie in Figur 5.30 dargestellt, um den Faktor x , so
nehmen sowohl die Fläche A Fe seines Kernquerschnittes als auch jene A WF
2
seines Wicklungsfensters jeweils um den Faktor x zu. Die Scheinleistung S
des Bauteiles steigt gemäss den Gleichungen (5.72) und (5.86) demzufolge
4
mit dem Faktor x . Das Volumen V m und das Gewicht M m nehmen jedoch
3
lediglich mit dem Faktor x zu. Man gelangt auf diese Weise zu den folgenden Proportionalitäten für die Scheinleistung S , das Volumen V m und das
Gewicht M m des Bauteiles in Funktion des Skalierungsfaktors x seiner
Abmessungen:
2T
iL ( t )
Î L
t
– Î L
S = Û 1 ⋅ Î 1 = 2 ⋅ f ⋅ L ⋅ Î L ⋅ I Leff
0
T
t
2T
– Î L
S = Û 1 ⋅ Î 1 =
2 ⋅ f ⋅ L ⋅ Î L
3⁄4
(5.95)
Das hergeleitete Mass für die Baugrösse der magnetischen Bauteile versetzt
uns nun in die Lage, die Eignung von Drosseln und Transformatoren für
unseren konkreten Fall des modulintegrierten Umrichtersystems mit seiner
Niederspannungs-Hochstromsolarzelle als Quelle genau beurteilen zu können. Wir gehen dabei von den in Tabelle 5.8 aufgeführten elektrischen Kenndaten aus:
Kenngrösse
Solarzellenseite
Netzseite
Spannungsamplitude
Û pv = 1…2 [ V ]
Stromamplitude
Î pv = 0…100 [ A ]
Î n = 0…1.3 [ A ]
Frequenz
f pv = 0 [ Hz ]
f n = 50 [ Hz ]
Û n =
2 ⋅ 230 [ V ]
2
Figur 5.31: Die Scheinleistung S als Mass für die elektrische Baugrösse
von Drosseln und Transformatoren bei verschiedenen Stromund Spannungskurvenformen
Tabelle 5.8: Elektrische Kenndaten des Niederspannungs-Umrichtersystems
Nachfolgend sollen die einzelnen magnetischen Komponenten in bezug auf
ihre Eigenschaften und auf ihre Verwendungsmöglichkeiten in unserem konkreten Anwendungsfall des modulintegrierten Niederspannungsumrichters
beurteilt werden.
- 198 -
- 199 -
Der Transformator
Drossel
Der Transformator bietet die beste Möglichkeit, die sehr niedrige Eingangsspannung u pv auf Netzspannungsniveau hochzusetzen. Gemäss den Gleichungen (5.84) und (5.91) nimmt der Scheitelwert B̂ der magnetischen
Induktion B bei gegebener Spannungsamplitude Û 1 umgekehrt proportional zur Frequenz f ab. Belässt man den Scheitelwert B̂ der Induktion B konstant, so können durch Erhöhen der Frequenz f der Kernquerschnitt A Fe und
somit das Kernvolumen V Fe verringert werden. Setzt man die Betriebsfrequenz f -wie in unserem Anwendungsfall mit f = 25kHz - genügend hoch
an, erhält man ein kompaktes Bauteil mit sehr hoher Leistungsdichte. Ein
weiterer nicht zu vernachlässigender Vorteil dieser Wahl liegt darin, dass der
Umrichter völlig lautlos arbeitet, da das menschliche Ohr Frequenzen f über
20kHz nicht mehr wahrnehmen kann.
Um eine optimale Energieausbeute auf der Solarzellenseite gewährleisten zu
können, müssen an der Solarzelle sowohl die Spannung u pv als auch der
Strom i pv eine möglichst geringe Welligkeit aufweisen. Dies kann, wie
bereits zuvor in diesem Kapitel gezeigt wurde, durch Glättung der Spannung
u pv mit einem Filterkondensator C sichergestellt werden. Prinzipiell ist
aber auch eine Glättung des Stromes i pv denkbar. Mit welchen Folgen
bezüglich Aufwand und Baugrösse dies verbunden wäre, soll anhand der
nachfolgenden Ausführungen aufgezeigt werden.
Bei allen Durchflusswandler-Schaltungen mit symmetrischer Aussteuerung
wird der Transformator nicht mit einer mittelwertbehafteten Grösse belastet.
Weil die primärseitige und die sekundärseitige Durchflutung θ unterschiedliches Vorzeichen aufweisen, kompensieren sich im Kern die beiden Flüsse
φ 1 und φ 2 weitgehend. Auf diese Weise trägt nicht der gesamte Eingangsstrom i 1 zur Magnetisierung des Kernes bei, sondern nur der sogenannte
Magnetisierungsstrom i m , welcher in unserem Fall etwa bei 2% des Eingangsstromes i 1 liegt. Dies erlaubt eine optimale magnetische Ausnutzung
des Bauteils. Bei rechtecksförmigem Spannungsverlauf u 1 beträgt die
Scheinleistung S gemäss Figur 5.31:
S = Û 1 ⋅ Î 1 = Û pv ⋅ Î pv = 200 [ VA ]
Für unsere Untersuchungen gehen wir von der in Figur 5.32 gezeigten
Anordnung aus. Wir wollen dabei annehmen, dass die Eingangsspannung
u L1 des Filters ideal geglättet ist und dass sich auf seiner Ausgangseite eine
leistungselektronische Schaltung befindet, die eine rechtecksblockförmige
Spannung u L2 erzeugt. Unter diesen Annahmen können nun mit Hilfe der
Zusammenhänge von Figur 5.31 und 5.32 sowie unter Berücksichtigung des
Wachstumsgesetzes der magnetischen Bauteile (5.95) die wichtigsten Kenngrössen der Glättungsdrossel L in Funktion der Eingangsspannung u L1 und
des relativen Stromrippels ∆i pp ′ berechnet werden. Die Ergebnisse sind in
Tabelle 5.9 aufgeführt.
Vorgaben
U d1 [ V ]
(5.96)
Auch bezüglich der Wicklungsverluste P W schneidet bei gleicher Stromdichte J eff im Gleichstromfall der Transformator im Vergleich zur Drossel
besser ab. Der Grund liegt darin, dass beim Transformator die magnetischen
Feldstärkespitzen Ĥ W im Wicklungsfenster A WF durch Verschachtelung
der Primär- und der Sekundärwicklung verringert werden können. Dadurch
können die Auswirkungen der Stromverdrängung aufgrund des ProximityEffektes abgeschwächt und somit auch die ohmschen Wicklungsverluste
P W reduziert werden. Bei sorgfältiger Wahl des Kupferquerschnittes und
der Wicklungsanordnung können für den wirksamen Wechselstromwiderstand R W ~ der 100 A -Hochstromwicklung bei 25kHz trotz Stromverdrängung durch den Skin- und den Proximity-Effekt Widerstandswerte von unter
0.5mΩ erzielt werden.
Ergebende Drossel-Kenngrössen bei f = 25kHz
∆i pp ′ [%]
L
Î L [ A ] I Leff [ A ]
S [ VA ]
V m′ [ ]
1
40 [ µH ]
100.5
100.00
20100
31.7
5
8 [ µH ]
102.5
100.01
4100
9.63
10
4 [ µH ]
105
100.04
2101
5.84
20
2 [ µH ]
110
100.17
1102
3.6
100
0.4 [ µH ]
150
104.08
312
1.4
200
0.2 [ µH ]
200
115.47
231
1.11
2
Tabelle 5.9: Induktivitätswert L , Spitzenwert Î L und Effektivwert I Leff des
Stromes i L sowie elektrische Scheinleistung S und relative
geometrische Baugrösse V m′ der Glättungsdrossel L in Funktion des Mittelwertes U dc der Eingangsspannung u L1 sowie
des zulässigen relativen Stromrippels ∆i pp ′
- 200 -
Induktives Stromfilter:
Der relative Stromrippel ∆i pp ′ und die relative geometrische Baugrösse
V m′ von Tabelle 5.9 sind dabei wie folgt definiert:
Eingangsspannung u L1 :
u L1 ( t ) = U d1 = konst
L
iL
(5.97)
Ausgangsspannung u L2 ( t ) :
uL
u L1
- 201 -
u L2
1
U d2 = --- ⋅ u L2 ( t ) dt
T
∫
T
T – T1
U d2 = ---------------- ⋅ Û L2
T
Spannungs- und Stromverläufe:
U d2 = ( 1 – a ) ⋅ Û L2
u L1
(5.98)
T1
mit a = ------ = T 1 ⋅ f
T
U d1
t
u L2
Stromwelligkeit ∆i pp :
T1
1
∆i pp = --- ⋅
L
Û L2
U d1
t
T
uL
T1
U1
U1
∆i pp = ------- ⋅ T 1 = ----------- ⋅ a (5.99)
L
f ⋅L
Stromspitzenwert Î L :
U d1
t
U d1 -Û L2
T1
∆i pp
Î L
I dc
(5.100)
Vm
V m ′ = --------------------Vm
(5.102)
Trafo
Als Bezugsgrösse für die relative Baugrösse V m′ dient die Grösse V m Trafo
des mit rechteckförmiger Spannung u 1 bei gleicher Frequenz f und identischen elektrischen Nenngrössen für die Spannung u 1 und den Strom i 1
betriebenen Hochfrequenz-Transformators, welcher -wie bereits erwähntdas magnetische Bauelement optimal ausnutzt. Gemäss Gleichung (5.96)
weist ein solcher HF-Trafo eine Scheinleistung S = 200VA auf. Aufgrund
der Proportionalität zwischen dem Volumen V m und dem Gewicht M m der
magnetischen Bauteile stimmt das relative Gewicht M m′ mit der relativen
geometrischen Baugrösse V m′ überein.
Der grau hinterlegte Bereich von Tabelle 5.9 kennzeichnet jenen Bereich der
Stromwelligkeit ∆i pp , der von den Ertragseinbussen auf der Solarzellenseite
her noch zulässig ist. Als Faustregel gilt, dass die Ertragseinbussen bei kleinen Arbeitspunktbewegungen um dem MPP herum etwa halb so hoch sind
wie der relative Stromrippel ∆i pp ′ . Steigt dieser also über 5% an, sinkt der
Anpassungswirkungsgrad auf unzulässig tiefe Werte ab. Die Ergebnisse von
Tabelle 5.9 zeigen eindrücklich wie teuer eine Induktivität auf der Hochstromseite zu stehen kommt: Im Vergleich zu einem bei gleicher Spannung
u pv und gleichem Strom i pv betriebenen Transformator ist eine mindestens
20 Mal höhere Scheinleistung S und das Zehnfache Volumen V m und
Gewicht M m erforderlich. Die Ergebnisse in Tabelle 5.9 veranschaulichen,
dass vertretbare Drosselgrössen nur zu haben sind, wenn grosse Rippelströme ∆i pp in Kauf genommen werden. In unserem Anwendungsfall ist
dies jedoch aufgrund der Quellencharakteristik der Solarzelle nicht zulässig.
Aus diesem Grunde muss von einer induktiven Stromfilterung auf der Niederspannungs-Hochstromseite unseres Umrichters abgesehen werden.
Stromeffektivwert I Leff :
t
T
∆i pp
Î L = I dc + ----------2
U d1
Î L = I dc + ------------------ ⋅ a
2⋅ f ⋅L
T
iL
∫ uL ( t ) dt
T1
∆i pp
∆i pp ′ = ----------I dc
I Leff =
1
2
--- ⋅ i L ( t ) dt
T
∫
5.5
(5.101)
T
Figur 5.32: Ersatzschaltung, Dimensionierungs-Grundlagen sowie
Spannungs- und Stromverläufe eines induktiven Stromfilters
Zusammenfassung
Der hohe Strom i pv und die sehr niedrige Spannung u pv des grossflächigen
Einzellen-Moduls erfordert eine äusserst sorgfältige Bauteilwahl im Niederspannungs-Hochstromteil des Umrichters. Weil bereits geringste Spannungsabfälle dramatische Wirkungsgradeinbussen hervorrufen, kommen als
- 202 -
- 203 -
Leistungshalbleiter einzig Feldeffekttransistoren in Frage. Aufgrund ihrer
ohmschen Durchlasseigenschaften kann der Widerstand R DS im eingeschalteten Zustand durch Parallelschaltung mehrerer MOSFET-Transistoren
genügend weit verringert werden.
Beim Transformator lassen sich die Auswirkungen des Skin- und des Proximity-Effektes auf den Wirkungsgrad durch Verschachtelung der primär- und
der sekundärseitigen Wicklungen stark entschärfen. Dadurch lässt sich eine
gleichmässigere Verteilung der magnetischen Feldstärke H W innerhalb des
Wicklungsfensters erreichen, was unmittelbar zu einer Verringerung der
ohmschen Wicklungsverluste P W und der Streuung L σ führt. Im Vergleich
zur Drossel ist die magnetische Beanspruchung des Kernmaterials ebenfalls
sehr viel geringer. In Verbindung mit einem sorgfältigen, den Anwendungsbedingungen optimal angepassten Design kann somit ein sehr kompakter
Transformator hoher Leistungsdichte gefertigt werden. Wie sich noch später
weisen wird, ist dies besonders wichtig, denn in unserem Anwendungsfall ist
ein Hochfrequenz-Transformator mit möglichst geringem primärseitigem
Wicklungswiderstand R W und mit minimaler Streuung L σ unentbehrlich.
Die Wirkung kapazitiver Filter ist auf der Niederspannungsseite sehr
beschränkt. Die hohen Ströme und die niedrigen Spannungen erfordern sehr
grosse Kapazitätswerte, um kleine Spannungsrippel zu gewährleisten, denn
bereits Spannungsschwankungen von unter 100mV führen in unserem
Anwendungsfall zu unzulässigen Ertragseinbussen an der Solarzelle. Unter
den äusserst harten Einsatzbedingungen des modulintegrierten Umrichters
mit seinen täglichen Temperaturzyklen und Spitzentemperaturen von über
80°C nimmt die Lebensdauer und die zulässige Strombelastbarkeit von
Elektrolyt-Kondensatoren verglichen zum Fall konstanter Umgebungstemperatur von 25°C stark ab. Ferner schlagen bei hoher Strombelastung die
aufgrund des Seriewiderstandes R ESR des Elektrolyt-Kondensators entstehenden Verluste beim Wirkungsgrad ebenfalls stark negativ zu Buche. Verzichtet man aus all diesen Gründen auf den Einsatz von ElektrolytKondensatoren, sind nur noch Filter mit geringen Kapazitätswerten und
demzufolge auch nur mit beschränkter Filterwirkung realisierbar.
Bei den magnetischen Bauteilen muss klar zwischen Transformatoren und
Drosseln unterschieden werden. In den Wicklungen der Drosseln stellt die
Stromverdrängung aufgrund des Skin- und des Proximity-Effektes ein sehr
grosses Problem dar. Verantwortlich dafür ist der grosse Eingangsstrom i pv ,
welcher zwangsläufig zu hohen magnetischen Feldstärken führt und somit
grosse Leiterabmessungen erforderlich macht. Die Folge davon sind sehr
hohe Wicklungsverluste P W , welche den Wirkungsgrad drastisch verschlechtern. Neben der Wicklungs- ist bei der Drossel aufgrund der sehr
hohen Gleichstromvormagnetisierung auch die Kernbeanspruchung wesentlich grösser als beim Transformator, bei dem der Kern lediglich durch den im
Vergleich zum gesamten Strom i pv im Prozentbereich liegenden Magnetisierungsstrom i m belastet wird. All diese Gründe führen letztendlich dazu,
dass die Scheinleistung S einer 25kHz -Hochfrequenz-Drossel, welche die
Filteranforderungen des einzelligen modulintegrierten Umrichtersystems
erfüllt, mindestens 20 Mal und das Volumen V m und Gewicht M m mindestens 10 Mal grösser ist als bei einem Hochfrequenz-Transformator mit denselben elektrischen Eingangsgrössen u pv und i pv und derselben Betriebsfrequenz f . Die Verwendung einer Filterdrossel auf der NiederspannungsHochstromseite fällt damit aufgrund ihrer Baugrösse und ihres Gewichtes
und somit letzten Endes auch aus Kostengründen ausser Betracht.
- 204 -
- 205 -
6
Niederspannungs-Hochsetzstufe
6.1
Einleitung
Die Niederspannungs-Hochsetzstufe stellt das Kernelement des Umrichters
dar. Das Hauptproblem besteht darin, die sehr niedrige Spannung u pv des
einzelligen Solarmoduls von 1…2V mit einem möglichst guten Wirkungsgrad η HS auf eine Zwischenkreisspannung u dc von 340V hochzusetzen,
damit die nachgeschaltete Wechselrichterstufe die anfallende Solarenergie
ins öffentliche 230V ⁄ 50Hz Energieversorgungsnetz einspeisen kann.
Der hohe Strom i pv des grossflächigen Einzellen-Moduls, der Werte von
100 A und mehr erreichen kann, wirkt sich nicht nur sehr stark auf die Bauteile aus, sondern bestimmt auch massgeblich die Wahl der zulässigen Schaltungstopologien für den Niederspannungs-Hochstrombereich des Umrichters. Die optimierte Niederspannungs-Hochsetzer-Schaltung stellt das
Ergebnis ausgedehnter Topologieuntersuchungen dar. Nach der Beschreibung des Aufbaus und der Funktionsweise der Schaltung folgt eine ausführliche Wirkungsgradanalyse mit einer Aufteilung der Verluste in Funktion der
wichtigsten Schaltungsparameter. Messungen an einem ersten SchaltungsPrototypen bestätigen, dass Wirkungsgrade η HS von über 90% für die
Hochsetzstufe trotz der sehr niedrigen Eingangsspannung u pv durchaus im
Bereich des Möglichen liegen.
Ein Redesign des Niederspannungsteils rundet das Kapitel ab. Dabei wurde
einerseits der Wirkungsgrad des Niederspannungs-Hochsetzers nochmals
beträchtlich gesteigert und andererseits besonderen Wert darauf gelegt, dass
auch der Leistungsteil auf der Niederspannungsseite mit den bewährten Herstellungsverfahren für elektronische Leiterplatten gefertigt werden kann. In
ihrer endgültigen Ausführung erreicht die Hochsetzstufe einen stolzen EuroWirkungsgrad η HS von 94.7% !
6.2
Schaltungsstruktur und Topologiewahl
In diesem Kapitel geht es darum, in einem ersten Schritt die Grundanforderungen an den Eingangskreis des Hochsetzers zu definieren, um anschliessend eine an die aussergewöhnlichen Anforderungen optimal angepasste
Niederspannungs-Hochsetzstufe entwickeln zu können. Dabei geht es zuerst
darum, aus der Vielzahl prinzipiell in Frage kommender Hochsetzerschaltungen systematisch all jene Schaltungs-Topologien auszuscheiden, die aufgrund ihrer besonderen Eigenschaften für die niedrigen Eingangsspannun-
- 206 -
- 207 -
gen u pv und die hohen Eingangsströme i pv ungeeignet sind. Die Grundlagen zu den einzelnen Bauteilen und ihren Eigenschaften und Verlusten wurden in Kapitel 5 erarbeitet.
6.2.1
der hohen Strombelastung im Eingangskreis sehr sperrig und teuer werden. Ein kapazitiver Filter erweist sich bei den niedrigen Spannungen
und hohen Strömen als wenig wirkungsvoll. Die Hochsetzer-Schaltung
muss aus diesem Grunde prinzipbedingt bereits einen kontinuierlichen
und möglichst gut geglätteten Eingangsstrom i 1 aufweisen.
Anforderungen an den Niederspannungs-Hochsetzer
In der Systemübersicht von Kapitel 4 wurden die Anforderungen an den
Gesamtumrichter hergeleitet und definiert. Daraus lassen sich folgende
Hauptanforderungen für die Niederspannungs-Hochsetzstufe ableiten:
• Hochsetzen der sehr niedrigen Solarzellenspannung u pv von 1…2V
auf das Zwischenkreisniveau u zk von durchschnittlich 340V mit möglichst gutem Wirkungsgrad.
• Bezug eines möglichst gut geglätteten kontinuierlichen SolarzellenStromes i pv , um Leistungspulsationen, welche zu unerwünschten
Energieertragseinbussen führen, von der Solarzelle fernzuhalten.
Aus Kosten- und Wirkungsgradüberlegungen muss bei einem Leistungsniveau von 200W eine einphasige Netzanbindung angestrebt werden. Dies ist,
wie in Kapitel 4 gezeigt wurde, unter Vermeidung von Elektrolyt-Kondensatoren wegen ihrer verminderten Zuverlässigkeit und Lebensdauer nur durch
Inkaufnahme einer stark pulsierenden Zwischenkreisspannung u zk möglich.
Zusammen mit der sehr niedrigen Quellenimpedanz verschärft dies zusätzlich die Anforderungen an die Hochsetzstufe wie folgt:
• Die Hochsetzstufe muss eine kontinuierliche Variation des Übersetzungsverhältnisses u pv ⁄ u zk zwischen der Eingangsspannung u pv und
der Zwischenkreisspannung u zk ermöglichen, um die pulsierende Zwischenkreisspannung u zk von der Solarzelle fernzuhalten. Auf diese
Weise ist es möglich, die Solarzelle dauernd im Punkt maximaler Leistung zu betreiben und damit einen optimalen Energieertrag zu erzielen.
• Als Leistungshalbleiter kommen auf der Niederspannungsseite aufgrund ihrer ohmschen Durchlasscharakteristik nur Power-MOSFETs in
Frage. Sie weisen im Gegensatz zu IGBTs oder Dioden keinen Flussspannungsabfall auf, der in unserem Anwendungsfall unzulässig hohe
Durchlassverluste hervorrufen würde, die den gesamten UmrichterWirkungsgrad zunichte machen würden. Beim MOSFET hingegen
können durch Vergrössern der Anzahl parallel geschalteter Leistungshalbleiter die Durchlassverluste stark verringert werden.
• Die Filterung der Eingangsgrössen des Niederspannungs-Hochsetzers
ist aufgrund der sehr kleinen Nutzspannung u pv und des sehr hohen
Eingangsstromes i pv äusserst schwierig. Eine Drossel würde aufgrund
6.2.2
Suche der optimalen Schaltungsstruktur der Hochsetzstufe
Bei der Suche der optimalen Schaltungsstruktur geht es darum, aus der Fülle
möglicher Schaltungen systematisch all jene auszuscheiden, die aufgrund
einer oder mehrerer Eigenschaften die zuvor beschriebenen Anforderungen
nicht oder nur in ungenügendem Masse erfüllen. Im einzelnen handelt es
sich dabei um folgende Schaltungsfamilien:
Schaltungen mit Halbbrücken- oder Brückenstruktur
Zu dieser Gruppe gehören neben der klassischen Gleichspannungswechselrichterbrücke -oder kurz Gleichspannungswechselrichter genannt- auch der
Eintakt- und der Gegentaktdurchflusswandler. Die Figuren 6.1 bis 6.3 zeigen
die Grundschaltungen mit den Schaltmustern der Leistungshalbleiter sowie
die dazugehörigen Spannungs- und Stromverläufe. Im Gegensatz zum
Gleichspannungswechselrichter kann der Leistungsfluss beim Eintakt- und
beim Gegentaktdurchflusswandler nur in eine Richtung erfolgen.
Der Wechselrichter stellt die universellste Schaltung dar. Sein Verhalten wird
wesentlich durch die Taktung bestimmt. Prinzipiell unterscheidet man zwischen der Grundfrequenztaktung, bei der die Taktperiodendauer T T mit der
Grundfrequenzperiode T übereinstimmt und der sogenannten Zwischentaktung, bei der die Taktperiode T T in der Regel wesentlich kleiner ist als jene
der Grundschwingung der erzeugten Wechselspannung. Die Zwischentaktung kann dazu verwendet werden, um die Oberschwingungen der erzeugten
Wechselrichterausgangsspannung und somit auch jene des wechselspannungsseitigen Stromes zu verringern. Wir werden uns diese Eigenschaft des
Wechselrichters auf der Netzseite zunutze machen. Beim Hochsetzsteller
hingegen wäre dies jedoch mit einem gravierenden Nachteil verbunden. Der
Grund liegt darin, dass die Baugrösse des Transformators bei gegebener Leistung mit sinkender Frequenz f zunimmt. Die Zwischentaktung hat somit
bei einer bestimmten Taktfrequenz f T der Leistungshalbleiter eine geringere Grundschwingungsfrequenz f der Wechselrichterausgangsgrössen zur
Folge, welche wiederum die Baugrösse des Hochfrequenz-Transformators
vergrössert. Um die Baugrösse des Transformators minimal zu halten, muss
- 208 -
- 209 -
der Gleichspannungswechselrichter in Figur 6.1 daher mit Grundfrequenztaktung betrieben werden.
Durch versetzte Taktung der beiden Wechselrichterzweige von Figur 6.1
kann die Pulsbreite der Spannung u p am Eingang des Transformators und
damit auch das Übersetzungsverhältnis u pv ⁄ u zk des gesamten Hochsetzers
variiert werden. Die Wechselrichterschaltung nach Figur 6.1 ermöglicht eine
optimale Nutzung des Transformators. In unserem Anwendungsfall ist sie
trotzdem aus folgenden Gründen ungeeignet:
i pv
i in
S1
S3
u pv
S2
ip
up
is
ii
us
u zk
S4
• Der Bauteilaufwand ist sehr hoch, wenn man berücksichtigt, dass die
einzelnen Schalter S 1 bis S 4 selbst wiederum aus der Parallelschaltung
mehrer Leistungstransistoren bestehen, um die erforderlichen tiefen
Durchlasswiderstände zu erreichen.
• An der primärseitigen Stromführung sind immer zwei der vier Schalter
beteiligt. Dies wiegt in unserem Fall, wo minimale Spannungsabfälle
gefragt sind, besonders schwer.
S1
t
S2
• Der pulsförmige Eingangsstrom i in kann aufgrund der Impedanzverhältnisse nur ungenügend gefiltert werden.
t
S3
t
S4
t
up
t
T1
T
i in
t
ip
t
im
ii
t
∆ i pp
t
Figur 6.1: Einphasiger Gleichspannungswechselrichter mit HochfrequenzTransformator: Schaltkreis, Schaltmuster und dazugehörige
Spannungs- und Stromverläufe
Trotz des nur halb so grossen Leistungshalbleiteraufwandes im Vergleich zur
Wechselrichterschaltung, kommt für unsere Anwendung auch der in Figur
6.2 dargestellte Eintakt-Durchflusswandler nicht in Frage, denn bei ihm sind
ebenfalls immer zwei Schalter an der primärseitigen Stromführung beteiligt.
Wie der Name Eintakt-Durchflusswandler bereits besagt, wird pro Periode
nur während eines der drei Taktintervalle A , B , C Energie von der Eingangs- zur Ausgangsseite transferiert. Dieser Eintaktbetrieb verschärft noch
das Problem der gepulsten Eingangsstöme i in gegenüber der Wechselrichterschaltung von Figur 6.1 und führt nicht zuletzt zu einer ungenügenden
Nutzung des Transformators, der nur unipolar magnetisiert wird. Darüber
hinaus ist die Frequenz der gleichgerichteten Ausgangsspannung des Hochfrequenz-Transformators bei gleicher Taktfrequenz f T der Leistungstransistoren nur halb so hoch wie bei der Schaltung nach Figur 6.1. Dadurch steigt
auch der erforderliche Filteraufwand zur Glättung des Ausgangsstromes i i .
Der in Figur 6.3 gezeigte Gegentakt-Durchflusswandler scheint auf den
ersten Blick eine sehr gute Lösung darzustellen, denn er besitzt viele der
genannten Nachteile des Eintakt-Durchflusswandlers und der Wechselrichterbrücke nicht. So liegt auf der Niederspannungs-Hochstromseite immer
nur ein Schalter im Strompfad, und auch der hochfrequent betriebene Transformator wird bipolar ausgesteuert. Die gleichgerichtete Ausgangsspannung
des Hochfrequenz-Transformators weist, verglichen mit jener des EintaktDurchflusswandlers, genau wie bei der Wechselrichterbrücke die zweifache
- 210 -
- 211 -
Pulszahl auf. Die Schaltung verspricht somit minimale Spannungsabfälle auf
der Niederspannungs-Hochstromseite sowie eine optimale Nutzung des
Transformators bei vertretbarem ausgangsseitigem Filteraufwand.
i pv
i in1
S1
ip
C1
i pv
i in
up
u pv
S1
u pv
ip
is
up
us
is
ii
us
u zk
ii
C2
u zk
i in2 S 2
S1
S2
t
S2
S 1, S 2
t
T1
t
T1
up
up
T
T
t
t
i in 1
i in
A
B
C
A
B
t
t
i in 2
ip
t
t
ip
im
ii
∆ i pp
t
t
t
Figur 6.2: Eintakt-Durchflusswandler: Schaltkreis, Schaltmuster und dazugehörige Spannungs- und Stromverläufe
im
ii
Dass der Gegentakt-Durchflusswandler trotzdem nicht in Frage kommt, liegt
hauptsächlich daran, dass am Transformator jeweils nur die halbe Eingangsspannung u pv anliegt. Bei gleicher Leistung auf der Eingangsseite werden
die Wicklungsströme i in1 und i in2 demzufolge im Vergleich zur Wechsel-
t
∆ i pp
t
Figur 6.3: Gegentakt-Durchflusswandler: Schaltkreis, Schaltmuster und
dazugehörige Spannungs- und Stromverläufe
- 212 -
- 213 -
richterbrücke nach Figur 6.1 doppelt so hoch. Dies ist aufgrund der sehr
hohen Stromamplituden des Eingangsstromes i pv unzulässig, denn dadurch
würden die Wicklungsverluste dramatisch ansteigen. Ein weiteres Problem
liegt im kapazitiven Mittelpunkt auf der Solarzellenseite. Der Mittelwert der
pulsförmigen Wicklungsströme i in1 und i in2 stimmt mit dem Eingangsstrom i pv überein. Ihr Wechselanteil fliesst aber voll über die Kondensatoren
C 1 beziehungsweise C 2 . In Anbetracht der sehr hohen Werte von i pv und
des nicht zu vernachlässigenden Seriewiderstandes der Kondensatoren
würde dies einerseits die Parallelschaltung sehr vieler Kondensatoren erfordern und andererseits trotzdem zu sehr hohen Leistungsverlusten führen.
Aus Kosten- und Wirkungsgradüberlegungen fällt damit auch der Gegentakt-Durchflusswandler ausser Betracht.
der Spannung u L über der Induktivität L für stationäre Verhältnisse Null ist.
Anschaulich lässt sich Gleichung (6.1) sehr einfach mit dem Gleichgewicht
der in Figur 6.4 grau gekennzeichneten positiven und negativen Spannungszeitflächen über der Drossel L erklären:
U pv ⋅ T 1 + ( U pv – U zk ) ⋅ ( T – T 1 ) = 0
(6.2)
Daraus lässt sich das Spannungsübersetzungsverhältnis M des Hochsetzstellers in Funktion des Tastverhältnisses a des Leistungstransistors S 1 wie
folgt berechnen:
U zk
1
M = --------- = -----------U pv
1–a
T1
a = -----T
mit
(6.3)
Schaltungen ohne galvanische Trennung
Wie aus Kapitel 4 bekannt, ist von den Systemanforderungen des einzelligen
modulintegrierten Umrichteransatzes her eine Potentialtrennung zwischen
der Solarzelle und dem Netzanschluss nicht erforderlich. Weil Schaltungen
ohne galvanische Trennung in der Regel einfacher und billiger sind, lohnt es
sich zu überlegen, ob und allenfalls unter welchen Bedingungen eine solche
Lösung für unsere Anwendung in Frage käme. Wir tun dies anhand des in
Figur 6.4 gezeigten Hochsetzstellers. Dabei wollen wir vorerst der Einfachheit halber annehmen, dass sowohl die Eingangsspannung u pv als auch die
Ausgangsspannung u zk ideal geglättet sind und dass alle Bauteile verlustfrei
arbeiten. Unter diesen Voraussetzungen gelangt man bei genügender Belastung am Ausgang des Hochsetzstellers zu den in Figur 6.4 dargestellten
Kurvenverläufen für Spannung und Strom. Weil der Drosselstrom i L -wie in
Figur 6.4 zu sehen- zu keiner Zeit innerhalb der Taktperiode T zu Null wird,
spricht man im vorliegenden Fall von kontinuierlicher Stromführung. Sinkt
der Mittelwert i dL des Stromes i L unter den Wert ∆i Lpp ⁄ 2 , beginnt der
Strom i L zu lücken und man gelangt zur diskontinuierlichen Stromführung,
welche ein typisches Merkmal von Schwachlast ist.
Unter stationären Bedingungen stimmt der Strom i L in der Induktivität L zu
Beginn und am Ende einer Taktperiode T überein. Mathematisch lässt sich
dies wie folgt formulieren:
1
∆i L = --- u L ( t ) dt = 0
L
∫
i pv
L
iL
uL
u pv
C1
D
uD
S1
uS
C2
u zk
S1
t
T1
uS
T
u zk
t
uL
u pv
t
u pv - u zk
iL
∆ i pp
(6.1)
T
Gleichung (6.1) bedeutet nichts anderes als, dass der lineare Mittelwert I dL
t
Figur 6.4: Idealer Hochsetzsteller: Schaltkreis, Schaltmuster und dazugehörige Spannungs- und Stromverläufe
- 214 -
- 215 -
Gleichung (6.3) zeigt, dass das Spannungsübersetzungsverhältnis M des
idealen Hochsetzstellers bei kontinuierlicher Stromführung in der Induktivität L nur vom Tastverhältnis a des Transistors S 1 abhängt. Ihr graphischer
Verlauf ist in Figur 6.6 dargestellt und zeigt, dass M für Tastverhältnisse in
der Nähe von a = 1 sehr rasch ansteigt.
Differentialgleichungssystem zweiter Ordnung der Schaltung nach Figur 6.5
ermittelt und für stationäre Betriebsbedingungen ausgewertet werden. Konkret bedeutet dies, dass der Strom i L und die Spannung u C jeweils zu
Beginn und am Ende einer Taktperiode T des Stellers übereinstimmen.
Anschaulich gilt dann neben dem Spannungszeitflächengleichgewicht für
die Induktivität L auch das Stromzeitflächengleichgewicht für die Kapazität
C 2 . Dies ist gleichbedeutend mit der Aussage, dass sowohl die Spannung u L
als auch der Strom i C mittelwertfrei sind. Nach einer längeren Rechnung
gelangt man zu folgendem Ergebnis für das Spannungsübersetzungsverhältnis M des in Figur 6.5 gezeigten Hochsetzstellers:
i pv
u pv
C1
L
RL
uL
uR
iL
D
RC
L
S1
uS
uR
C
R
C2
iC
u zk
uC
iR
Figur 6.5: Modellerweiterung des belasteten Hochsetzstellers zur Erfassung
der Verluste in der Drossel L und in der Ausgangskapazität C 2
Für die Berechnung des Spannungsübersetzungsverhältnisses M muss das
2

















R ( R + RC ) ( 1 – a )
U zk
1
M = --------- = ------------ ⋅ -----------------------------------------------------------------------------------------------21–a
U pv
2
RL ( R + RC ) + R RC ( 1 – a ) + R ( 1 – a )



In Wirklichkeit wird das Spannungsübersetzungsverhältnis M einerseits
durch die technisch realisierbare minimale und maximale Pulsdauer T 1 und
andererseits durch die Strombelastung des Stellers begrenzt. Ist beispielsweise ein Übersetzungsverhältnis von M = 200 gefordert, beträgt das Tastverhältnis a = 99.5% . Bei einer Taktfrequenz f T von 25kHz ist der
Leistungstransistor S 1 demzufolge pro Taktperiode 39.8µs lang eingeschaltet und während lediglich 200ns ausgeschaltet. Je nach Leistungsniveau und
eingesetzter Schaltertechnologie lassen sich solch kurze Pulsdauern gar
nicht mehr technisch realisieren. Solche Probleme werden meistens noch
von Schwierigkeiten bei der messtechnischen Auflösung und Verarbeitung
von Tastverhältnisunterschieden im Promillebereich begleitet.
Um die Abhängigkeit des Spannungsübersetzungsverhältnisses M von der
Belastung des Hochsetzstellers zu veranschaulichen, muss das Modell des
idealen Stellers von Figur 6.4 erweitert werden. Im Modell von Figur 6.5
werden die in Wirklichkeit unvermeidbaren Verluste in der Induktivität L
und in der Ausgangskapazität C 2 mit den Widerständen R L und R C berücksichtigt. Die Belastung des Hochsetzstellers wird durch den Lastwiderstand
R bestimmt. Der Einfachheit halber werden alle restlichen Bauteile weiterhin als verlustlos und die Eingangsspannung u pv als konstant angenommen.
Unter diesen Voraussetzungen fallen in der Kapazität C 1 auch keine Verluste an.
ideal
Korrekturfaktor
(6.4)
Die Gleichung (6.4) zeigt, dass das Spannungsübersetzungsverhältnis M des
verlustbehafteten Hochsetzstellers von Figur 6.5 sich aus demjenigen nach
Gleichung (6.3) für den idealen Hochsetzsteller und einem Korrekturfaktor
zusammensetzt. Wie Figur 6.6 deutlich aufzeigt, hängt das technisch erreichbare Spannungsübersetzungsverhältnis M massgeblich von der Güte der
verwendeten Bauteile ab. Die parasitären Widerstände R L und R C liegen im
Normalfall im Prozent- und bei sorgfältiger Bauteilwahl im Promillebereich
des Lastwiderstandes R bei Vollast. In Figur 6.6 entspricht das den hellbzw. dunkelgrau gekennzeichneten Flächen. Vergleicht man den Verlauf der
Übertragungskennlinien des realen verlustbehafteten Stellers mit jener des
idealen verlustlosen Stellers, so erkennt man, dass sich der Einfluss des Korrekturfaktors von Gleichung (6.4) erst bei höheren Tastverhältnissen a richtig bemerkbar macht. Er sorgt dafür, dass das Spannungsübersetzungsverhältnis M des realen Hochsetzstellers im Gegensatz zum idealen Hochsetzsteller zu Null wird, wenn das Tastverhältnis a gegen Eins strebt. Dies
ist auch aus einem anderen Blickwinkel sehr einleuchtend, denn im Extremfall mit Tastverhältnis a = 1 und dauernd eingeschaltetem Transistor S 1
wird ja die Diode D nicht mehr bestromt und somit gelangt auch keine Energie mehr in den Lastkreis u zk . In diesem Fall wird -sofern die Bauteile nicht
aufgrund der auftretenden sehr grossen Ströme im Eingangskreis des Hochsetzstellers zerstört werden- die gesamte von der Quelle u pv gelieferte Energie im parasitären Widerstand R L der eingangsseitigen Drossel L vernichtet.
- 216 -
Pmax = 246 [W]
ideal: RL = RC = 0Ω
→
80
100
= 124 [W]
→
60
70
80
Tastverhältnis a [%]
→
60
P
= 4.8 [W]
→
40
90
100 82
→
Pmax = 0.5 [W]
20
dass der in unserem Anwendungsfall geforderte riesige Spannungshub von
über 400 mit einem einfachen Hochsetzsteller trotz sorgfältigster Bauteilauswahl und -optimierung technisch nicht realisierbar ist.
Natürlich existieren auch galvanisch gekoppelte Hochsetzstellertopologien
mit höherem Übersetzungsverhältnis M als der bisher besprochene Hochsetzsteller nach Figur 6.4 und 6.5. Sie weisen aber alle an anderer Stelle
Nachteile auf, die sich in unserem Anwendungsfall als gravierend erweisen.
So auch der in Figur 6.7 gezeigte Hochsetzsteller mit Drosselanzapfung, der
stellvertretend für diese Schaltungsgruppe kurz besprochen werden soll.
→
50
= 25 [W]
max
real: R = R = 1°/oo ⋅ R
L
C
80
P
max
Pmax = 4.8 [W]
20
0
40
max
Pmax = 50 [W]
60
40
P
→
120
Spannungsübersetzung M
100
→
→
Spannungsübersetzung M
120
- 217 -
85
87
90
93
0
96 100
Tastverhältnis a [%]
Figur 6.6: Spannungsübersetzungsverhältnis M und übertragbare Leistung
P max des realen Hochsetzstellers nach Figur 6.5 in Funktion der
parasitären Widerstände R L und R C bei einer Eingangsspannung
U pv von 1V und einem Lastwiderstand R von 10Ω :
R L = R C = 0Ω
bzw. idealer Hochsetzsteller
R L = R C = 0.5Ω bzw. R L = R C = 1 ° ⁄ o ⋅ R
R L = R C = 50mΩ bzw. R L = R C = 1 ° ⁄ oo ⋅ R
R L = R C = 10mΩ
R L = R C = 5mΩ bzw. R L = R C = 0.1 ° ⁄ oo ⋅ R
R L = R C = 2mΩ
R L = R C = 1mΩ bzw. R L = R C = 0.02 ° ⁄ oo ⋅ R
Die Figur 6.6 bestätigt, dass die Niederspannungs-Hochsetzstufe die Knacknuss des Gesamtsystems darstellt. Während für Tastverhältnisse unter 80%
keine nennenswerten Unterschiede zwischen dem idealen und dem realen
Spannungsübersetzungsverhältnis M vorhanden sind, wird die Performance
des Hochsetzstellers bei höheren Tastverhältnissen a entscheidend durch die
parasitären Effekte bestimmt. Sie begrenzen -wie Figur 6.6 deutlich vor
Augen führt- sowohl die erzielbare maximale Spannungsübersetzung M als
auch die maximal übertragbare Leistung P max . Durch sorgfältige Wahl und
Optimierung der Schaltungsbauteile lassen sich problemlos Spannungsübersetzungen von bis zu 20 erreichen. Um aber in die Nähe unserer Zielvorgaben zu gelangen, wären nach Figur 6.6 Verbesserungen bei den Widerständen R L und R C um etwa 2 Zehnerpotenzen erforderlich. Drosseln und
Kondensatoren mit parasitären Widerständen von weniger als 1mΩ sind
aufgrund der Ausführungen von Kapitel 5.4 bei den geforderten Spannungen
und Strömen unserer Anwendung kaum realisierbar. Dies macht deutlich,
i pv
L
i L1
N1
u pv
C1
i L2
N2
D
iR
uD
u L1
C2
R
u zk
uS
S1
S1
t
T1
uS
u zk ⋅ N 1 + u pv ⋅ N 2
-------------------------------------------------N1 + N2
T
t
u L1
u pv
t
N1
( u pv - u zk ) ⋅ --------------------
N1 + N2
i L1
∆ i pp
I pv
t
i L2
t
Figur 6.7: Hochsetzsteller mit Drosselanzapfung: Schaltkreis, Schaltmuster
sowie Spannungs- und Stromverläufe
- 218 -
- 219 -
Durch die Anzapfung der Drossel ist während des Magnetisierungsvorganges nicht mehr ihre volle Induktivität L wirksam. Auf diese Weise kann der
Magnetisierungsvorgang im Vergleich zum herkömmlichen Hochsetzsteller
beschleunigt werden. Gemäss Gleichung (5.32) berechnet sich die während
des Einschaltintervalles T 1 wirksame Induktivität L 1 wie folgt:
Weise können die Durchlassverluste gesenkt und der Wirkungsgrad des
Hochsetzstellers verbessert werden.
2
N1
L 1 = L ⋅  --------------------
 N 1 + N 2
∫ U pv dt
T1
+
∫
N1
( U pv – U zk ) ⋅ -------------------- dt
N1 + N2
= 0
(6.6)
T – T1
Aus Gleichung (6.6) lässt sich das Spannungsübersetzungsverhältnis M des
Hochsetzstellers mit Drosselanzapfung nach Figur 6.7 berechnen:
U zk
1+a⋅n
M = --------- = ------------------U pv
1–a
Kenngrösse
ohne Drosselanzapfung
(nach Figur 6.4)
mit Drosselanzapfung
(nach Figur 6.7)
Spannungsübersetzung
M
U zk
1
M = --------- = -----------U pv
1–a
U zk
1+a⋅n
M = --------- = ------------------U pv
1–a
Sperrspannung am
Transistor S 1
U zk
U zk + n ⋅ U pv
-------------------------------n+1
Sperrspannung an der
Diode D
U zk
– ( U zk + n ⋅ U pv )
(6.5)
Die Berechnung des Spannungsübersetzungsverhältnisses M zwischen der
Eingangsspannung u pv und der Ausgangsspannung u zk erfolgt wiederum
über das Spannungszeitflächengleichgewicht an der Drossel L . Unter
Berücksichtigung der Tatsache, dass im Entmagnetisierungsintervall nicht
mehr die volle Differenzspannung ( u pv – u zk ) anliegt, lässt sich Gleichung
(6.1) nun wie folgt schreiben:
1
∆i L1 = ----- ⋅
L1
Hochsetzsteller
mit
T1
a = ------ und
T
N2
n = ------N1
(6.7)
Weil das Wicklungsverhältnis n in Gleichung (6.7) immer ≥ 0 ist, führt die
Anzapfung der Drossel L über den gesamten Aussteuerungsbereich des
Stellers zu einer Steigerung des Spannungsübersetzungsverhältnisses M im
Vergleich zu dem in Figur 6.4 dargestellten Hochsetzsteller.
Wie die Spannungsverläufe in Figur 6.7 zeigen, verändert sich durch die
Drosselanzapfung auch die Belastung der einzelnen Schaltungsbauteile.
Tabelle 6.1 zeigt eine Gegenüberstellung der wichtigsten Kenngrössen der
beiden besprochenen Hochsetzstellerschaltungen. Unter Berücksichtigung,
dass n stets positiv und U pv stets kleiner als U zk ist, folgt aus Tabelle 6.1
unmittelbar, dass die Anzapfung der Drossel L die Spannungsbeanspruchung des Transistors S 1 im Sperrzustand verringert, jene der Diode D aber
im Gegenzug erhöht. Die Verringerung der Spannungsbeanspruchung des
Leistungstransistors S 1 ist deshalb so wichtig, weil sie die Verwendung niederohmigerer MOSFET-Leistungstransistoren ermöglicht. Auf diese Art und
Tabelle 6.1: Vergleich des Spannungsübersetzungsverhältnisses M und der
maximalen Spannungsbeanspruchung des Transistors S 1 und
der Diode D zwischen der Hochsetzerschaltung mit und jener
ohne Drosselanzapfung ( a = ( T 1 ⁄ T ) , n = N 2 ⁄ N 1 )
Neben all diesen erwünschten Eigenschaften zeigt Figur 6.7 anhand des
Stromverlaufes i L1 auch den schwerwiegenden Nachteil des Hochsetzstellers mit Drosselanzapfung auf. Aufgrund der Anzapfung der Drossel L weist
der Eingangsstrom i L1 -wie in Figur 6.7 unschwer zu erkennen- Unstetigkeitsstellen auf. Sie sind eine direkte Folge der Energieerhaltung im Magnetfeld unmittelbar vor und nach dem Schaltvorgang des Hochsetzstellers. Die
im Magnetfeld gespeicherte Energie E L berechnet sich wie folgt:
1
2
E L = --- ⋅ L 1 ⋅ i L1
2
1
2
E L = --- ⋅ L ⋅ i L2
2
im Intervall T 1
(6.8)
im Intervall ( T – T 1 )
Im Umschaltzeitpunkt stimmen die beiden Gleichungen (6.8) überein. Unter
Berücksichtigung von Gleichung (6.5) gelangt man damit unmittelbar zu folgendem Ausdruck:
N1
i L2 = i L1 ⋅ -------------------N1 + N2
(6.9)
- 220 -
- 221 -
Im Entmagnetisierungsintervall ( T – T 1 ) stimmen der Eingangsstrom i L1
und der Ausgangsstrom i L2 überein. Liegt die Anzapfung beispielsweise in
der Mitte der Drossel L , so verdoppelt sich der Eingangsstrom i L1 laut Gleichung (6.9) bei jedem Einschaltvorgang des Transistors S 1 und halbiert sich
wiederum bei jedem Ausschaltvorgang von S 1 . Die Auswirkungen sind in
Figur 6.7 deutlich zu sehen: der Rippel ∆i pp des Eingangsstromes i L1 ist im
Vergleich zum Hochsetzsteller ohne Drosselanzapfung deutlich höher. Aufgrund der in Kapitel 4.3 beschriebenen Systemanforderungen und unter
Berücksichtigung der sehr beschränkten kapazitiven Filtermöglichkeiten auf
der Solarzellenseite fällt somit auch der Hochsetzsteller mit Drosselanzapfung nach Figur 6.7 für unseren Anwendungsfall ausser Betracht.
i pv
i L1
L1
u L1
u pv
i L2
uC
S1
C1
C
iC
uS
L2
iR
u L2
uD
D
C2
u zk
R
iD
iS
S1
t
Schaltungen mit kapazitivem Energietransfer
T1
Das besondere Merkmal dieser Schaltungsfamilie mit dem Cuk- und dem
SEPIC-Konverter als ihre bekanntesten Vertreter ist ihr Kondensator in
Längsrichtung. Im Gegensatz zu den bisher besprochenen Schaltungen liegt
der Kondensator -wie wir noch sehen werden- somit voll im Energiefluss
und man spricht daher folgerichtig von kapazitivem Energietransfer.
Figur 6.8 zeigt die Cuk-Konverter-Schaltung und ihre wichtigsten Stromund Spannungsverläufe unter der Anname, dass die Kapazitäten C , C 1 und
C 2 so gross sind, dass die taktfrequenten Schwankungen der Spannungen
u pv , u C und u zk vernachlässigt werden können. Der grosse Vorteil des CukKonverters liegt darin, dass sowohl der Eingangsstrom i L1 als auch der Ausgangsstrom i L2 einen kontinuierlichen Verlauf aufweisen. Dadurch ist es
möglich, den Cuk-Konverter von Figur 6.8 ohne zusätzliche Ein- oder Ausgangsstromfilter zu betreiben.
Das Spannungsübersetzungsverhältnis M des Cuk-Konverters kann anhand
der in Figur 6.8 gezeigten Spannungsverläufe und der Tatsache, dass die
Drosselspannungen u L1 und u L2 unter stationären Bedingungen mittelwertfrei sind, sehr einfach berechnet werden. In diesem Fall stimmen der lineare
Mittelwert der Transistorspannung u S mit der Eingangsspannung u pv und
jener der Diodenspannung u D mit der Ausgangsspannung u zk überein. Der
Mittelwert der Spannung u C über den Längskondensator C beträgt somit:
U C = U pv – U zk
uS
T
u pv - u zk
t
u L1
u pv
t
u zk
∆ i L 1 pp
i L1
I pv
t
u L2
u pv
t
u zk
i L2
∆ i L 2 pp
IR
t
iC
i L1
– i L2
t
iS
(6.10)
Diese Spannung liegt bei kontinuierlichem Stromfluss in den beiden Induktivitäten L 1 und L 2 im Sperrzustand über dem Leistungstransistor S 1 an.
Weil ihr Mittelwert -wie bereits erklärt- mit der Eingangsspannung U pv
t
Figur 6.8: Cuk-Konverter: Schaltkreis, Schaltmuster sowie Spannungs- und
Stromverläufe
- 222 -
- 223 -
übereinstimmt, folgt somit nach kurzer Umrechnung das gewünschte Übersetzungsverhältnis M zwischen der Eingangs- und der Ausgangsspannung
in Funktion des Tastverhältnisses a des Leistungstransistors S 1 :
U zk
a
M = --------- = – -----------1–a
U pv
mit
T1
a = -----T
a)
L1
i pv
u pv
Das negative Vorzeichen in Gleichung (6.11) kommt daher, dass Ein- und
Ausgangsspannung des Cuk-Konverters umgekehrte Polarität aufweisen.
Figur 6.9a) zeigt den Cuk-Konverter mit gekoppelter Eingangs- und Ausgangsinduktivität. Zwei gekoppelte Induktivitäten stellen von ihrem Prinzip
her aber nichts anderes als einen Transformator dar. Aus diesem Grunde
kann man den Cuk-Konverter auch in der in Figur 6.9b) gezeigten Form darstellen. Unter Vernachlässigung der taktfrequenten Spannungsschwankungen über den Kapazitäten C , C 1 und C 2 gelten die in Figur 6.8 gezeigten
Spannungsverläufe am Cuk-Konverter nach wie vor. Figur 6.9c) weist nochmals darauf hin, dass die zeitlichen Verläufe der Spannungen u L1 und u L2
übereinstimmen. Diese Tatsache ermöglicht uns, ausgehend von Figur 6.9b),
das Phänomen der Rippelauslöschung sehr einfach zu untersuchen. Wir verwenden dazu das in Kapitel 5.4.2 hergeleitete Ersatzschaltbild des verlustlosen Transformators.
Wie bereits mehrfach erwähnt, stimmt die Eingangsspannung u L1 des verlustlosen Transformators von in Figur 6.10a) mit der Ausgangsspannung
u L2 überein. Sollen nun die Stromoberschwingungen i L2OS auf der Ausgangsseite zu Null werden, muss die Spannung u Lσ2 über der sekundärseitigen Streuinduktivität L σ2 dauernd Null sein. Man gelangt somit zum
vereinfachten Ersatzschaltbild nach Figur 6.10b). Daraus lässt sich unmittelbar die Bedingung für die Rippelfreiheit des Ausgangsstromes i L2 ermitteln:
N2
L σ1 = L h ⋅  ------- – 1
N1 
(6.12)
uS
i pv
u L2
uD
D
i L1
u L1
iR
C2
u zk
R
iD
iS
b)
L2
i L2
uC
S1
C1
C
iC
u L1
(6.11)
Der Cuk-Konverter weist eine für unseren Anwendungsfall äusserst vielversprechende Eigenschaft auf: durch Kopplung der beiden Induktivitäten L 1
und L 2 ist es möglich, den Stromrippel auf der Eingangs- oder auf der Ausgangsseite zu verringern oder gar vollständig zu unterdrücken. Weil diese
Eigenschaft insbesondere auf der Niederspannungs-Hochstromseite von
sehr hohem Nutzen wäre, wollen wir dieses Phänomen nachfolgend genauer
unter die Lupe nehmen.
i L1
i L2
N1
N2
iR
u L2
iC C
u pv
C1
C2
uS S1
uC
uD
iD
iS
c)
D
u zk
R
S1
t
T1
uS
T
u pv - u zk
u L1
u pv
t
t
u zk
u L2
u pv
t
u zk
Figur 6.9: Cuk-Konverter mit gekoppelten Induktivitäten zur Verringerung
der Stromwelligkeit: Schaltung, Schaltmuster und Spannungsverläufe am Transistor und an den gekoppelten Induktivitäten
- 224 -
- 225 -
Sollen hingegen die Stromoberschwingungen i L1OS auf der Eingangsseite
beseitigt werden, muss die Spannung u Lσ1 dauernd zu Null gemacht werden. In diesem Fall gelangt man zu der in Figur 6.10c) dargestellten Ersatzschaltung, welche zu folgender Bedingung für die Rippelauslöschung beim
Eingangsstrom i L1 führt:
N2 2 N1
L σ2 = L h ⋅  ------- ⋅  ------- – 1
 N 1  N 2 
a)
(6.13)
L σ1
i L1
u L1
u Lσ1
In der Praxis ist es bei einem Transformator äusserst schwierig, ein genau
definiertes Verhältnis zwischen der primär- oder der sekundärseitigen Streuinduktivität und der Hauptinduktivität zu erzielen. Aus diesem Grunde wird
an dessen Stelle oft ein Transformator mit möglichst idealer Kopplung eingesetzt und die für die Rippelauslöschung erforderliche Streuung durch eine
externe diskrete Induktivität realisiert.
L σ2
Lh
u1
N1
N2
u2
u Lσ2
Rippelauslöschung
i L2
Kenngrösse
u L2





im
IdealerTransformator
b)
• Der Rippelstrom auf der Eingangs- und auf der Ausgangsseite kann
nicht gleichzeitig ausgelöscht werden. Für N 2 ⁄ N 1 < 1 kann der Stromrippel des Eingangsstromes i L1 und für N 2 ⁄ N 1 > 1 jener des Ausgangsstromes i L2 zu Null gemacht werden.
Bedingung
für Rippelauslöschung
auf der Eingangsseite
auf der Ausgangsseite
N2 2 N1
L σ2 = L h ⋅  ------- ⋅  ------- – 1
 N 1  N 2 
N2
L σ1 = L h ⋅  ------- – 1
N1 
L σ1
i L1
uL
i L1
u Lσ1
Lh
i L1
u
N
Lh
----1- = ------1 = -------------------uL
N2
L h + L σ1
∆i pp
I pv
N2
L h ⋅  ------
 N 1
i L2
u Lσ2
i L2
t
t
uL
Figur 6.10: Rippelauslöschung beim Cuk-Konverter nach Figur 6.9:
a) Verlustloses Modell der gekoppelten Induktivitäten L 1 und L 2
b) Ersatzschaltung für ausgangsseitige Rippelauslöschung
c) Ersatzschaltung für eingangsseitige Rippelauslöschung
Die Gleichungen (6.12) und (6.13) lassen folgende Schlüsse zu:
• Das Prinzip der Rippelauslöschung beruht darauf, dass die Hauptinduktivität L h und die Streuinduktivitäten L σ1 und L σ2 des Transformators
in einem genau definierten Verhältnis zueinander stehen.
T
uL
di L1
---------- = --------------------dt
L h + L σ1
di L1
---------- = 0
dt
N2 2
L h ⋅  ------
 N 1
N2
u1 ′
------- = ------ = --------------------------------------uL
N1
N2 2
L h ⋅  ------ + L σ2
 N 1
∆i pp
I pv
Eingangsstrom
L σ2
2
T1
= 0
T
c)
N2
u 1 ′ = u L ⋅ -----N1
N1
u 1 = u L ⋅ -----N2
i L1
i L2
T1
i L2
∆i pp
IR
IR
∆i pp
= 0
t
Ausgangsstrom
T
uL
di L2
---------- = ----------------------------------------dt
N2 2
L h ⋅  ------- + L σ2
 N 1
t
T
di L2
---------- = 0
dt
Tabelle 6.2: Bedingungen für Rippelauslöschung beim Cuk-Konverter und
dazugehörige Stromverläufe
- 226 -
- 227 -
Der in Tabelle 6.2 gezeigten positiven Eigenschaft der Rippelauslöschung
stehen leider auch beim Cuk-Konverter einige Nachteile gegenüber.
Betrachtet man nun die Induktivität L in Figur 6.11a) als Ersatzschaltung
des Transformators des Cuk-Konverters mit Potentialtrennung nach Figur
6.11b), so trifft diese Forderung L > L 1, L 2 zu.
Vergleicht man beispielsweise die Gleichungen (6.3) und (6.11), so stellt
man fest, dass das Spannungsübersetzungsverhältnis M des Cuk-Konverters
bei gleichem Tastverhältnis a kleiner ist als jenes des Hochsetzstellers. Das
Problem des beschränkten Übersetzungsverhältnisses verschärft sich somit
noch im Vergleich zum Hochsetzsteller. Es lässt sich durch die in Figur 6.11
dargestellte Ausführung des Cuk-Konverters mit Potentialtrennung lösen.
a)
i pv
i L1 i C A
CA
L1
u L1
u pv
u CA
i pv
i L1
L1
L
C 1 S1
iS
uL
u CA
uS N 1
L2
iR
U CA = U pv
u L2
D
uD C2
R
u zk
u CB
i L2
C B i CB
N2 D
(6.14)
U CB = – U zk
Damit lässt sich die Spannungsbeanspruchung des Leistungstransistors S 1
im ausgeschalteten Zustand wie folgt berechnen:
iD
im
i CA C
A
u L1
u pv
u CB
uS
C 1 S1
iS
b)
CB i
i
CB L2
Da der qualitative Verlauf der Spannungen und Ströme des potentialgetrennten Cuk-Konverters nach Figur 6.11b) mit jenen des bereits besprochenen
Cuk-Konverters ohne galvanische Trennung nach Figur 6.8 weitgehend
übereinstimmt, soll an dieser Stelle lediglich auf die wichtigsten Unterschiede hingewiesen werden. Unter stationären Betriebsbedingungen ist der
Mittelwert der Spannungen über der Induktivität L oder über dem Transformator Null. Daraus folgt unmittelbar für die Mittelwerte der Spannungen
über den Kondensatoren C A und C B von Figur 6.11:
L2
N1
u S = U pv – ------- ⋅ U zk
N2
iR
Unter Berücksichtigung von Gleichung (6.15) ergibt sich folgendes Spannungsübersetzungsverhältnis M für den potentialgetrennten Cuk-Konverter:
u L2
uD C2
(6.15)
R
u zk
iD
Figur 6.11: Potentialgetrennter Cuk-Konverter:
a) Herleitung aus dem Cuk-Konverter ohne Potentialtrennung
b) Potentialgetrennte Ausführung des Cuk-Konverters
Bei der Herleitung des potentialgetrennten Cuk-Konverters gehen wir vom
herkömmlichen Cuk-Konverter nach Figur 6.8 aus. Zuerst teilen wir den
Längskondensator C des Cuk-Konverters so auf die zwei Kondensatoren
C A und C B auf, dass ihre Gesamtkapazität C unverändert bleibt. Anschliessend fügen wir -wie in Figur 6.11a) gezeigt- die Induktivität L ein. Ist ihr
Wert verglichen mit den restlichen Induktivitäten L 1 und L 2 des Konverters
sehr gross, verändert sich dadurch das Verhalten der Schaltung kaum.
N2
U zk
a
M = --------- = – ------------ ⋅ ------1 – a N1
U pv
mit
T1
a = -----T
(6.16)
Gleichung (6.16) bestätigt, dass die in unserer Anwendung geforderte riesige
Spannungsübersetzung mit der Wahl eines genügend grossen Windungszahlverhältnisses N 2 ⁄ N 1 realisiert werden kann. Bei hohen Windungszahlverhältnissen sinkt gemäss Gleichung (6.15) durch die Potentialtrennung
auch die Spannungsbelastung des Transistors S 1 sehr stark. Leider hat aber
auch diese Medaille ihre Kehrseite: der Transformator übersetzt die sekundärseitigen Ströme mit dem umkehrten Verhältnis der Windungszahlen auf
die Primärseite. Dies wirkt sich sowohl auf den Kondensator C A als auch auf
den Transistor S 1 negativ aus. Im leitenden Zustand beträgt der Strom in S 1 :
N2
i S = i L1 + ------- ⋅ i L2
N1
(6.17)
- 228 -
- 229 -
Zur Überwindung des Spannungshubs sind hohe Werte für das Windungszahlverhältnis N 2 ⁄ N 1 notwendig. Die Kehrseite davon wird anhand von
Gleichung (6.17) augenfällig: die Strombelastung des Transistors S 1 steigt
bei hohen Werten von N 2 ⁄ N 1 sehr stark an. Eine derartig starke Zunahme
der Strombelastung kann unter Berücksichtigung des ohnehin bereits sehr
grossen Eingangsstromes i pv der einzelligen Niederspannungs-Solarzelle
nicht hingenommen werden, denn eine Verdoppelung des Schalterstromes
i S hat beispielsweise aufgrund der ohmschen Kennlinie des eingesetzten
Leistungstransistors bereits die vierfachen Durchlassverluste zur Folge. Die
hohe Strombelastung stellt nicht nur für den Leistungstransistor, sondern
auch für den Längskondensator, welcher sich voll im Leistungspfad des
Konverters befindet, ein unüberwindbares Problem dar. Mit der Potentialtrennung steigt aufgrund des Windungszahlverhältnisses N 2 ⁄ N 1 auch die
Strombelastung i CA der primärseitigen Längskapazität C A im Vergleich zu
dem in Figur 6.8 gezeigten Strom i C weiter an.
täten des SEPIC-Konverters im stationären Betrieb folgt unmittelbar für den
Mittelwert der Spannung u C über der Längskapazität C :
Das Problem der sehr hohen Strombelastung der Leistungshalbleiter und des
Längskondensators tritt auch bei dem in Figur 6.12 dargestellten SEPICKonverter auf. SEPIC steht dabei für “Single Ended Primary Inductance
Converter”. Er kann aus dem Cuk-Konverter durch Vertauschen der Diode D
und der Ausgangsinduktivität L 2 hergeleitet werden. Im Gegensatz zu dem
in Figur 6.8 gezeigten Cuk-Konverter weisen die Eingangsspannung u pv
und die Ausgangsspannung u zk beim SEPIC-Konverter dieselbe Polarität
auf. Diesem Vorteil steht aber der Nachteil des pulsierenden Ausgangsstromes i D des SEPIC-Konverters gegenüber.
i pv
L1
i L1
u L1
u pv
C1
C
iC
iD D
uC
S1
iS
uS
u L2
C2
R
u zk
i L2
Figur 6.12: Schaltkreis des SEPIC-Konverters
Die Berechnung des Spannungsübersetzungsverhältnisses M des SEPICKonverters erfolgt in gleicher Art und Weise wie beim Cuk-Konverter. Aufgrund der Mittelwertfreiheit der Spannungen u L1 und u L2 an den Induktivi-
(6.18)
Bei kontinuierlicher Stromführung i L1 und i L2 in den Induktivitäten L 1 und
L 2 liegt somit im Sperrzustand folgende Spannung am Transistor S 1 an:
u S = U pv + U zk
(6.19)
In eingeschaltetem Zustand werden die Diode und der Transistor des SEPICKonverters genau wie jene des in Figur 6.8 gezeigten Cuk-Konverters mit
der Summe des Eingangs- und des Ausgangsstromes belastet. Darüber hinaus stimmt auch ihre Spannungsbeanspruchung überein. Dies folgt unmittelbar aus den Gleichungen (6.10) und (6.19) unter Berücksichtigung der
unterschiedlichen Polarität der Ausgangsspannung zwischen Cuk- und
SEPIC-Konverter.
Da der Mittelwert der Spannung u S über dem Leistungstransistor S 1 mit
jenem der Eingangsspannung u pv übereinstimmt, kann das Spannungsübersetzungsverhältnis M des SEPIC-Konverters -ausgehend von Gleichung
(6.19)- sehr einfach berechnet werden:
1
U pv = --- ⋅ ( U pv + U zk ) ⋅ ( T – T 1 )
T
(6.20)
Durch Umformen der Gleichung (6.20) gelangt man für das Spannungsübersetzungsverhältnis M des SEPIC-Konverters zu folgendem Ergebnis:
U zk
a
M = --------- = -----------U pv
1–a
iR
uD
L2
U C = U pv
mit
T1
a = -----T
(6.21)
Die Gleichungen (6.11) und (6.21) zeigen, dass das Spannungsübersetzungsverhältnis M des Cuk- und des SEPIC-Konverters betragsmässig übereinstimmen. Leider kommen beide Schaltungen für unseren speziellen
Anwendungsfall aufgrund der zu hohen Strombelastungen der Leistungshalbleiter und des Seriekondensators C nicht in Frage. Die sehr hohen
Ströme in S 1 , D und in C haben zur Folge, dass die Verluste in diesen
Schaltungskomponenten trotz des sehr hohen Bauteil- und Kostenaufwandes
keinen annehmbaren Wirkungsgrad zulassen. Aus diesem Grunde fallen
auch alle restlichen Umrichterschaltungen mit kapazitivem Energietransfer
für unseren Anwendungsfall ausser Betracht.
- 230 -
- 231 -
Sperrwandler
Der in Figur 6.13 gezeigte Sperrwandler ist eine der am weitesten verbreiteten Grundschaltungen der Leistungselektronik im Leistungsbereich unter
100W . Ihr Hauptvorteil ist ihre Einfachheit, insbesondere die Notwendigkeit eines einzigen magnetischen Bauteils auch im Falle, dass eine galvanische Trennung zwischen Eingang und Ausgang oder mehrere Ausgänge auf
unterschiedlichen Spannungs- und Potentialniveaus gefordert sind.
Figur 6.13a) zeigt die Grundschaltung des Sperrwandlers, während in Figur
6.13b) seine auf die Primärseite bezogene galvanisch gekoppelte Ersatzschaltung zu sehen ist. Die Umkehr der Spannungspolarität des Ausgangskreises beruht dabei auf dem unterschiedlichen Wicklungssinn der Primärund der Sekundärwicklung des Sperrwandlers. Anhand der in Figur 6.13c)
und d) dargestellten Strom- und Spannungsverläufe ist die Funktionsweise
des Sperrwandlers ersichtlich.
Solange der Leistungstransistor S 1 leitet, liegt die Quellenspannung u pv an
der primärseitigen Wicklung des Transformators an. Die Ausgangsspannung
des Transformators beträgt dann:
N2
N2
u 2 = – ------- ⋅ u 1 = – ------- ⋅ u pv
N1
N1
(6.22)
i pv
u pv
b)
i1
i2
u1
N1
N2
uS
S1
i pv
(6.23)
u1
u pv
Lh
∫
T1
U pv ⋅ T 1
U pv dt = φ 0 + -------------------N1
uS
Dabei bezeichnet φ 0 den Fluss zu Beginn des Einschaltintervalles T 1 .
Unterbricht man den primärseitigen Stromfluss i 1 durch Ausschalten des
i2 ′
D
C2′
u zk ′
iR′
d)
S1
t
uS
u pv
u pv
T1
T2
t
uS
T
T2
T1
T
u max
t
u pv
t
u1
t
u pv
- u zk ′
- u zk ′
i1
I max
i1
I max
I pv
u zk
R
R′
uD ′
S1
c)
t
I pv
t
i2
IR
(6.24)
C2
C1
u1
Aufgrund der negativen Spannung u D sperrt die Diode D im Taktintervall
T 1 und die Sekundärwicklung des Transformators ist somit inaktiv. Die
anliegende positive Spannung u 1 = u pv führt dazu, dass die Magnetisierung des Kerns und somit auch der Strom i 1 in der Primärwicklung linear
mit der Zeit ansteigen. Am Ende des Einschaltintervalles T 1 des Transistors
erreicht der magnetische Fluss φ seinen Maximalwert φ max :
u2 uD
i1
u max
N2
u D = –  ------- ⋅ u pv + u zk
N1

iR
D
C1
S1
Damit kann unmittelbar die Spannung u D über der sekundärseitigen Diode
D berechnet werden:
ψ 1max
1
φ max = --------------- = φ 0 + ------- ⋅
N1
N1
a)
t
i2
t
IR
t
Figur 6.13: a) Grundschaltung des Sperrwandlers
b) Potentialgebundene Ersatzschaltung des Sperrwandlers
c) Spannungen und Ströme bei lückender Stromführung
d) Spannungen und Ströme bei kontinuierlicher Stromführung
- 232 -
- 233 -
Transistors S 1 , so wird durch die im Kern gespeicherte magnetische Energie
in der Primärwicklung des Transformators eine negative und in der Sekundärwicklung eine positive Spannung induziert. Sobald u 2 den Wert der Ausgangsspannung u zk erreicht, beginnt die Diode D zu leiten. Dadurch
wechseln die Spannungen u 1 und u 2 am Sperrwandler ihre Polarität, und
der Fluss φ in seinem Kern baut sich gemäss folgender Gleichung wieder ab:
Die Kurvenverläufe der Ströme i 1 und i 2 in Figur 6.13 zeigen bereits einen
der Nachteile des Sperrwandlers: sowohl der Eingangs- als auch der Ausgangsstrom sind pulsförmig. Dies erfordert einerseits einen höheren Filterund EMV-Aufwand und vergrössert andererseits bei gegebenem Mittelwert
I pv des Solarzellenstromes i pv den Schalterstrom i S im Vergleich zum
Hochsetzsteller mit seinem kontinuierlichen Eingangsstrom. Besonders auf
der Eingangsseite mit ihren hohen Strömen wirkt sich das in unserem
Anwendungsfall sehr nachteilig aus.
U zk ⋅ t
ψ 2max
1
φ = --------------- = φ max – ------- ⋅ U zk dτ = φ max – --------------N2
N2
N2
∫
(6.25)
t
Der Abbau des magnetischen Flusses φ dauert gemäss Gleichung (6.25)
umso länger, je geringer die Ausgangsspannung U zk ist. Unter stationären
Bedingungen stimmt der Fluss φ zu Beginn und am Ende eines Taktintervalles T überein. Wenn φ innerhalb des Ausschaltintervalles ( T – T 1 ) bis auf
Null abgebaut wird, liegt der in Figur 6.13c) gezeigte Fall lückender oder
diskontinuierlicher Stromführung, andernfalls der in Figur 6.13d) dargestellte kontinuierliche Fall vor.
Die negative Spannung u 1 = – U zk ′ im Entmagnetisierungsintervall T 2
des Sperrwandlers erhöht die Spannungsbeanspruchung des Transistors S 1
im ausgeschalteten Zustand:
N1
U max = U pv – u 1 = U pv + U zk ′ = U pv + ------- ⋅ U zk
N2
(6.26)
Die im Magnetfeld gespeicherte Energie kann auch anhand des primär- oder
sekundärseitigen Stromes wie folgt angegeben werden:
1
2
E 1 = --- ⋅ L 1 ⋅ i 1
2
1
2
E 2 = --- ⋅ L 2 ⋅ i 2
2
für
für
i1 ≥ 0
(6.27)
i2 ≥ 0
Aufgrund der Energieerhaltung im Magnetfeld gilt zum Schaltzeitpunkt des
Leistungstransistors jeweils E 1 = E 2 . Unter Berücksichtigung von Gleichung (5.32) folgt daraus der Zusammenhang zwischen den Strömen i 1 und
i 2 im Umschaltzeitpunkt des Schalters S 1 in Figur 6.13c) und d):
N2
i 1 = ------- ⋅ i 2
N1
(6.28)
Für die magnetische Dimensionierung des Kernes ist der Spitzenstrom I max
des Sperrwandlers massgebend. Für die ohmschen Verluste in den Wicklungen und in den Leistungstransistoren ist hingegen der Effektivwert I eff des
Stromes entscheidend. Die übertragene Leistung schliesslich richtet sich
nach dem linearen Mittelwert I pv des Solarzellenstromes i pv . Um die Baugrösse des Transformatorkernes und die ohmschen Verluste im Eingangskreis so gering wie möglich zu halten, müssen demzufolge die Verhältnisse
I max ⁄ I und I eff ⁄ I minimiert werden. Vergleicht man die Stromverläufe in
Figur 6.13c) und d) unter diesem Aspekt, fällt der diskontinuierliche Betrieb
für unsere Anwendung ausser Betracht, denn die trapezförmigen Ströme bei
kontinuierlicher Stromführung weisen bei gleichem Mittelwert I pv einen
wesentlich niedrigeren Effektivwert I eff und Spitzenwert I max als die im
lückenden Betrieb auftretenden dreiecksförmigen Ströme.
Der Mittelwert der Spannung u S über dem Transistor S 1 stimmt stationär
mit der Eingangsspannung U pv überein. Das Spannungsübersetzungsverhältnis M des Sperrwandlers bei kontinuierlicher Stromführung lässt sich
daher sehr einfach anhand von Figur 6.13d) durch Mittelung der Spannung
über dem Transistor S 1 berechnen. Nach einigen Umformungsschritten folgt
somit:
N2
U zk
a
M = --------- = ------------ ⋅ ------1 – a N1
U pv
mit
T1
a = -----T
(6.29)
Gleichung (6.29) zeigt, dass der Sperrwandler sehr gut geeignet ist, um hohe
Spannungsübersetzungsverhältnisse M zu erzielen. Der Hauptanteil des
geforderten Spannungshubs kann dabei über das Verhältnis N 2 ⁄ N 1 der
Windungszahlen des Transformators erreicht werden. Durch Verstellen des
Tastverhältnisses a des Transistors S 1 kann, wenn dies von der Anwendung
her erforderlich ist, die zeitliche Variation von M sichergestellt werden. Aufgrund dieser für unseren Anwendungsfall sehr positiven Eigenschaften lohnt
- 234 -
- 235 -
sich eine genaue Prüfung der Verwendbarkeit des Sperrwandlers als Niederspannungs-Hochsetzstufe. Dazu müssen einerseits die parasitären Effekte
und Nichtidealitäten mitberücksichtigt und andererseits muss bei den Nachteilen geprüft werden, ob diese prinzipbedingt sind oder ob sie sich durch
geringfügige Schaltungsänderungen mildern oder gar beseitigen lassen.
und Mittelwert sowie zwischen Spitzenwert und Mittelwert aufweisen. Die
damit verbundenen Nachteile sind bestens bekannt: höhere Bauleistung der
Sperrwandlertransformatoren und steigende ohmsche Verluste gegenüber
dem Fall mit kontinuierlichem Eingangsstrom.
Das Problem des pulsierenden Eingangsstromes beispielsweise kann durch
Parallelschaltung mehrerer Sperrwandler und durch zeitliche Versetzung
ihrer Eingangsströme, wie Figur 6.14 zeigt, gemildert aber nicht beseitigt
werden. Der Rippel des Summenstromes i 1 wird dadurch wohl geringer, die
Massnahmen reichen aber insgesamt nicht aus, um die verbleibende Restwelligkeit von i 1 unter den gegebenen Impedanzverhältnissen unserer
Anwendung durch einen kapazitiven Filter von der Solarzelle fernzuhalten.
a)
i1
b)
i 1a
i 1b
i 1c
∆i 1 pp
i 1b
∆i 1 pp
i 1c
t
T ⁄3
T ⁄3
T ⁄3
i 1a
i 1b
i 1c
∆i 1 pp
t
i1
T ⁄3
T ⁄3
T ⁄3
i 1a
i 1b
i 1c
T ⁄3
T ⁄3
T ⁄3
i 1a
i 1b
i 1c
T ⁄3
T ⁄3
T ⁄3
∆i 1 pp
I pv
I pv
i1
i 1a
I pv
I pv
i1
i1
t
T ⁄3
T ⁄3
T ⁄3
i 1a
i 1b
i 1c
∆i 1 pp
t
i1
∆i 1 pp
I pv
I pv
t
T ⁄3
T ⁄3
T ⁄3
t
Figur 6.14: Eingangsstrom-Rippelreduktion durch Parallelschaltung von
drei versetzt getakteten Sperrwandlern:
a) bei diskontinuierlicher oder lückender Stromführung
b) bei kontinuierlicher Stromführung
Die Kurvenverläufe von Figur 6.14 zeigen einerseits, dass der Rippel des
Summenstromes i 1 sehr stark vom Tastverhältnis a der einzelnen Wandler
abhängt und andererseits, dass die einzelnen Wandlerströme i 1a , i 1b und i 1c
insbesondere bei diskontinuierlicher Stromführung nach wie vor aufgrund
ihres gepulsten Charakters ein ungünstiges Verhältnis zwischen Effektivwert
Die Hauptschwierigkeit beim Sperrwandler liegt jedoch im Design des
Transformators, der sowohl die Funktion der Potentialtrennung als auch jene
der Energiezwischenspeicherung wahrnimmt. Aus diesem Grunde spricht
man in diesem Zusammenhang oft von einem Speichertransformator. Er
unterscheidet sich damit grundlegend von den üblichen sogenannten Durchflusstransformatoren, bei denen die eingangsseitig hineinfliessende Leistung
im Idealfall vollständig und verzögerungsfrei am Ausgang des Transformators wieder abgegeben wird. Beim Transformator des Sperrwandlers handelt
es sich im Prinzip um eine Drossel mit zwei Wicklungen, die nie gleichzeitig
bestromt sind. Dies wird dann besonders deutlich, wenn man den Transformator des Sperrwandlers -wie in Figur 6.13b) gezeigt- durch sein galvanisch
gekoppeltes streuungsfreies Ersatzschaltbild ersetzt. Über die Primärwicklung wird der Kern jeweils aufmagnetisiert und über die Sekundärwicklung
anschliessend wieder entmagnetisiert. Aufgrund dieser Tatsachen gelten
auch all die in Kapitel 5.4.2 aufgeführten Grenzen und Schwierigkeiten bei
der praktischen Realisierung einer Drossel im Niederspannungs-Hochstromteil unseres Umrichters für den Transformator des Sperrwandlers. Namentlich zu erwähnen gilt es dabei die Nachteile bezüglich der Baugrösse und der
erhöhten Wicklungsverluste aufgrund des Skin- und des Proximity-Effektes.
Wie wir in Kapitel 6.2.4 sehen werden, stellt auch die Streuung des Transformators ein grosses Problem dar. Sie ist beim Speichertransformator des
Sperrwandlers prinzipbedingt grösser als bei einem Durchflusswandler. Die
Ursachen dafür liegen in der Dimensionierung des Kernmaterials. Einerseits
wird der Transformatorkern beim Sperrwandler nur unipolar magnetisiert,
was bereits einen grösseren Kernquerschnitt im Vergleich zu einem Durchflusstransformator gleicher Leistung erfordert. Andererseits muss, um die
zulässige Sättigungsinduktion B sat des Kernmaterials trotz hoher Wicklungsströme nicht zu überschreiten, -wie in Figur 5.10 und Gleichung (5.28)
gezeigt- ein Kern mit relativ grossem Luftspalt verwendet werden. Weil der
magnetische Fluss φ im Bereich des Luftspaltes dadurch weniger gut gebündelt wird, vergrössern sich damit auch die Streuflüsse innerhalb des Transformators, was unmittelbar eine Vergrösserung der Streuinduktivitäten des
Transformators bewirkt. All die genannten Nachteile führen letztendlich
dazu, dass auch der Sperrwandler für unseren konkreten Anwendungsfall
ausser Betracht fällt.
- 236 -
- 237 -
Resonanz- und Quasiresonanzwandler
Um die Vorzüge dieser Schaltungsfamilien verstehen zu können, müssen wir
uns etwas eingehender mit den Schaltvorgängen in leistungselektronischen
Systemen befassen. Wir tun dies anhand des in Figur 6.15 gezeigten Tiefsetzstellers. Der Einfachheit halber wollen wir dabei annehmen, dass sowohl
die Eingangsspannung u 1 als auch der Ausgangsstrom i 2 des Stellers ideal
gefiltert sind. Sie werden daher mit einer idealen Spannungs- bzw. Stromquelle modelliert.
gekennzeichneten Übergänge während des Ein- und des Ausschaltvorganges
des Leistungstransistors S 1 etwas genauer unter die Lupe, so gelangt man zu
den in Figur 6.16 dargestellten qualitativen Kurvenverläufen:
u S, i S
U1
I2
Einschalten
Ausschalten
iS
iS
uS
u1
S1
uS
D
u2
i2
t
pS
S1
t
t
T1
uS
T
U1
t
iS
Figur 6.16: Typische Strom- und Spannungskurvenverläufe sowie die daraus
resultierende Schaltverlustleistung p S während des Ein- und des
Ausschaltvorganges des Transistors S 1 beim hart schaltetenden
Tiefsetzsteller nach Figur 6.15
I2
t
u2
U1
t
Figur 6.15: Idealer Tiefsetzsteller: Schaltung, Schaltmuster, Spannung u 2
sowie Strom- und Spannungsverlauf am Transistor S 1
In Wirklichkeit können die Spannungen und Ströme beim Schalten der Leistungshalbleiter nicht sprungartig ändern. Dies liegt einerseits an den parasitären Eigenschaften der Halbleiter selbst wie beispielsweise den Sperrschichtkapazitäten oder aber auch an den prinzipbedingt nicht zu vermeidenden Zuleitungsinduktivitäten zwischen den einzelnen Schaltungskomponenten aufgrund der Schaltungsausdehnung. Nimmt man die in Figur 6.15 grau
Aufgrund der in endlicher Zeit erfolgenden Schaltvorgänge fliesst während
des Ein- und des Ausschaltintervalles des Transistors S 1 Strom durch das
Element, während gleichzeitig Spannung darüber anliegt. Dadurch entstehen
-wie in Figur 6.16 deutlich sichtbar wird- kurzzeitig sehr hohe Verlustleistungen, die proportional mit der Schaltfrequenz f T des Leistungstransistors ansteigen. Die in Figur 6.16 zu sehende Überstromspitze während des
Einschaltvorganges des Transistors S 1 wird durch den beim Ausräumen der
Minoritätsladungsträger in der Freilaufdiode D fliessenden Inversstrom verursacht. Die Einschaltverluste werden also massgeblich durch das Ausschaltverhalten der beteiligten Freilaufdiode bestimmt! Um die Einschaltverluste des Transistors minimal zu halten, muss eine schnelle Diode mit
möglichst geringer Speicherladung Q rr verwendet werden. Trotzdem lassen
sich Überspannung beim Ausschalten des Transistors S 1 nie vollständig vermeiden. Die Überspannungen rühren hauptsächlich von den bauteil- und
aufbaubedingten parasitären Induktivitäten der Leistungsstromkreise her.
- 238 -
- 239 -
In der Entwicklung moderner hochfrequent getakteter Umrichtersysteme
werden grosse Anstrengungen unternommen, um die Schaltverluste zu verringern, denn der Vorteil tieferer Schaltverluste kann auf vielfältigste Art und
Weise genutzt werden: Erstens kann er dazu genutzt werden, den Wirkungsgrad der Umrichterstufe zu verbessern, zweitens kann er aber auch dazu dienen, die Baugrösse und das Gewicht des Umrichters durch Erhöhen der
Schaltfrequenz zu verringern und damit dessen Leistungsdichte zu erhöhen,
denn das Abführen der anfallenden Verluste stellt bei den hochkompakten
Umrichtersystemen oft ein begrenzendes Problem dar. Nicht zuletzt trägt die
verringerte Bauteilbelastung aufgrund niedrigerer Schaltverluste auch dazu
bei, die Zuverlässigkeit des Umrichters zu steigern.
Löst man die Differentialgleichung (6.30) unter Berücksichtigung der
Anfangsbedingungen i S ( t = t 1 ) = I 2 und u 2 ( t = t 1 ) = 0 auf, so folgt
für den Strom i S und die Spannung u 2 im Intervall T 2 :
Die Grundidee der Resonanzwandler zielt darauf ab, die Schaltverluste im
Vergleich zu den herkömmlichen Umrichtern mit sogenannt harter Kommutierung erheblich zu reduzieren. Nach welchem Prinzip dies erfolgt, veranschaulicht Figur 6.17 anhand des resonanten Tiefsetzstellers. Die Eingangsspannung u 1 und der Ausgangsstrom i 2 seien der Einfachheit halber wie
beim hart kommutierten Tiefsetzsteller von Figur 6.15 ideal geglättet und
demzufolge konstant. Die Resonanzwandler nutzen und verstärken die prinzipbedingt unvermeidbaren parasitären Induktivitäten und Kapazitäten in
leistungselektronischen Schaltungen durch Hinzufügen diskreter Resonanzbauteile. Beim resonanten Tiefsetzsteller von Figur 6.17 sind dies die Resonanzkapazität C r und die Resonanzinduktivität L r sowie aufgrund der
geforderten Sperrfähigkeit des Schalters S 1 in Rückwärtsrichtung die Diode
D S . Diese Zusatzkomponenten versetzen nun den Tiefsetzsteller in die
Lage, praktisch verlustlos zu schalten. Wie dies im Einzelnen funktioniert,
soll anhand des Schaltmusters sowie des Spannungs- und Stromverlaufes
von Figur 6.17 nachfolgend kurz dargestellt werden:
Das Intervall T 2 dauert so lange, bis der Schalterstrom i S auf Null
abgeklungen ist. Im Anschluss daran kann der Transistor S 1 innerhalb
des im Schaltmuster von Figur 6.17 grau markierten Intervalls stromlos
und somit wiederum verlustlos ausgeschaltet werden. Damit dies möglich ist, muss gemäss Gleichung (6.31) der Ausgangsstrom I 2 kleiner
sein als die Amplitude U 1 ⁄ Z r der resonanten Stromschwingung, da
der Strom i S andernfalls nie zu Null werden würde.
• Zum Zeitpunkt t 0 wird der Transistor S 1 eingeschaltet. Aufgrund der
Induktivität L r in Serie zum Transistor erfolgt dieser Vorgang sowohl
spannungs- als auch stromlos, was zur Folge hat, dass keine Einschaltverluste in S 1 auftreten. Im Intervall T 1 steigt der Strom i S linear an.
• Zum Zeitpunkt t 1 erreicht der Strom i S den Wert des Laststromes i 2
und die Diode D beginnt zu sperren. Auch dieser Schaltvorgang erfolgt
spannungs- und stromlos. Im Intervall T 2 gilt folgende Gleichung:
t
di S 1
U 1 = u L + u 2 = L r ⋅ ------- + ------ ⋅ ( i S – I 2 ) dt
dt C r
∫
t1
(6.30)
U1
i S = I 2 + ------- ⋅ sin ( ω ( t – t 1 ) )
Zr
(6.31)
u 2 = U 1 ⋅ [ 1 – cos ( ω ( t – t 1 ) ) ]
(6.32)
mit Z r =
L r ⁄ C r und ω = 1 ⁄ 1 ⁄ L r C r
• Im Intervall T 3 wird die Resonanzkapazität C r über den Laststrom i 2
entladen. Bei konstantem Ausgangsstrom I 2 nimmt somit die Spannung u 2 linear bis auf Null ab.
• Der Einschaltvorgang der Diode D zum Zeitpunkt t 3 erfolgt aufgrund
der Spannung u 2 = 0V wiederum nahezu ohne Schaltverluste. Das
Freilaufintervall T 4 dauert so lange, bis mit dem erneuten Einschalten
des Transistors S 1 der nächste Resonanzzyklus eingeleitet wird.
Auch in bezug auf die Regelung verhält sich der resonante Tiefsetzsteller
nach Figur 6.17 völlig anders als die in Figur 6.15 gezeigte, hart geschaltete
Ausführung. Während der Leistungsfluss beim konventionellen Steller mittels Pulsweitenmodulation der Ausgangsspannung u 2 erfolgt, stellt beim
Resonanzwandler von Figur 6.17 die Dauer der Freilaufphase T 4 die Regelgrösse dar. Je nach Leistungsbedarf vergrössert oder verkleinert sich somit
die Taktperiode T des Resonanzwandlers. Die Regelung führt so zu einer
Frequenzmodulation der Spannungen und Ströme des Umrichters.
Die grosse Stärke der Resonanzwandler liegt darin, dass ihre Leistungshalbleiter strom- oder spannungslos ein- und ausschalten. In der Fachliteratur
haben sich dafür die englischen Kurzbezeichnungen ZVS für “Zero Voltage
Switching” und ZCS für “Zero Current Switching” etabliert.
- 240 -
- 241 -
iS
u1
S1
DS
uS
Lr
Cr
uL
D
u2
i2
S1
t
iS
I 2 max
U1 ⁄ Z r
I2
t
u2
t0 t1
t2
t3
t4
2U 1
U1
t
T1
T2
T3
T4
T
Figur 6.17: Resonanter Tiefsetzsteller: Schaltung, Schaltmuster sowie
Verlauf des Transistorstromes i S und der Ausgangsspannung u 2
Die Nachteile der Resonanzwandler sind in Figur 6.17 ebenfalls deutlich zu
sehen: neben dem erhöhten Bauteilaufwand fallen in diesem Zusammenhang
vor allem die sehr grossen Spannungs- und Stromüberhöhungen im Vergleich zu den Kurvenverläufen des hart kommutierten Tiefsetzstellers von
Figur 6.15 ins Gewicht. Der Spitzenwert der Spannung u 2 ist mit 2U 1
genau doppelt so hoch und jener I 2max des Schalterstromes i S ist sogar
mehr als doppelt so hoch wie I 2 . Aus diesem Grunde fallen die Resonanzwandler in unserem Anwendungsfall mit seinen ohnehin bereits sehr hohen
Strombelastungen auf der Solarzellenseite ausser Betracht.
Die Idee, die Schaltverluste durch ZVS oder ZCS deutlich gegenüber dem
Fall harter Kommutierung zu verringern, ist aber äusserst verlockend und
darf daher nicht voreilig verworfen werden. Ferner ist das zuvor beschrie-
bene Problem der sehr hohen Spitzenbelastungen der Schaltungsbauteile in
den Resonanzwandlern nicht neu. In der Fachliteratur sind daher auch
unzählige Schaltungsvorschläge und Steuerverfahren zu finden, die zum Ziel
haben, genau diesen schwerwiegenden Nachteil der Resonanzwandler zu
beseitigen. Wie ein derartiger Lösungsansatz aussehen kann, ist in Figur
6.18 wiederum am Beispiel eines Tiefsetzstellers zu sehen. Der dort gezeigte
Steller wird in Fachkreisen “Zero Voltage Transition PWM Buck Converter
with Baby-Buck” genannt [61]. Dies kommt daher, dass das aus S A , D A und
L r bestehende Hilfsnetzwerk, um den Hauptschalter S 1 spannungslos einschalten zu können, selbst einen kleineren Tiefsetzsteller darstellt. Nach dem
Einschalten des Hilfstransistors S A sorgen die Resonanzelemente L r und
C r dafür, dass die Spannung u S über dem Hauptschalter auf Null abklingt.
Im Anschluss daran kann der Hauptschalter S 1 im grau gekennzeichneten
Intervall von Figur 6.18 spannungslos einschalten. Weil die Spannung u S
dank der Resonanzkapazität C r sich darüber hinaus nicht sprungartig ändern
kann, schaltet der Haupttransistor S 1 zudem auch spannungslos aus.
Die Kurvenverläufe in Figur 6.18 zeigen, dass der quasiresonante Tiefsetzsteller mit Ausnahme des Stromes i Lr keine nennenswerten Spannungs- und
Stromüberhöhungen gegenüber der in Figur 6.15 gezeigten hart schaltenden
Ausführung aufweist. Darüber weist der quasiresonante Tiefsetzsteller von
Figur 6.18 noch weitere Vorzüge gegenüber dem reinen Resonanzwandler
von Figur 6.17 auf:
• Da sich die Resonanzinduktivität L r nicht im Lastkreis befindet, verursacht sie aufgrund ihrer geringeren Strombelastung auch weniger ohmsche Verluste.
• Das Schalten unter ZVS-Bedingungen ist sowohl für den Hauptschalter
S 1 als auch für die Diode D lastunabhängig.
• Der Wandler kann mit konstanter Taktfrequenz f T betrieben werden.
Dadurch erfolgt auch die Regelung wieder mittels PWM, was vor allem
bei der Filterauslegung grosse Vorteile gegenüber der Frequenzmodulation der Resonanzwandler mit sich bringt.
Die Stärke der Quasiresonanzwandler liegt also darin, dass sie die Vorteile
der hart kommutierenden Wandler und jene der Resonanzwandler vereinen.
Ihr Nachteil liegt im erhöhten Bauteil- und Steuerungsaufwand für das sanfte
Schalten unter ZVS- oder ZCS-Bedingungen. Zusammenfassend kann man
sagen, dass die Kunst bei der Schaltungssynthese also darin besteht, mit
möglichst geringem Zusatzaufwand strom- und spannungslos schalten zu
können und damit in den Genuss sehr niedriger Schaltverluste zu kommen.
- 242 -
- 243 6.2.3
Cr
Die Ausführungen von Kapitel 6.2.2 zeigen, dass der erreichbare Wirkungsgrad der Niederspannungs-Hochsetzstellers wesentlich von der Spannungsund Strombelastung der Komponenten im Eingangskreis abhängt. Das Produkt der maximalen Sperrspannungsbeanspruchung U Smax und des zu führenden Spitzenstromes I Smax kann somit als Mass für die Beanspruchung
eines Leistungshalbleiter in einem Umrichter herangezogen werden, wobei
insbesondere die Ausnutzung der Bauleistung P S = U Smax ⋅ I Smax des Leistungshalbleiters S im Verhältnis zur Ausgangsleistung interessiert. Für den
Hochsetzsteller führt dies zu folgender Gleichung:
iS
S
Lr
uS
u1
i Lr
SA
u SA
DA
D
u2
Beanspruchung der Leistungshalbleiter
i2
iD
P zk
P zk
-------- = ---------------------------------PS
U Smax ⋅ I Smax
S1
(6.33)
t
T1
SA
T
t
uS
U1
iS
t
I2
t
u SA
U1
i Lr
t
I2
u2
t
U1
iD
t
I2
t
Figur 6.18: Quasi resonanter Tiefsetzsteller: Schaltung, Schaltmuster sowie
die wichtigsten Spannungs- und Stromverläufe
Den in Gleichung (6.33) angegebenen Quotienten der Bauleistung P S und
der in den Zwischenkreis gelieferten Ausgangsleistung P zk des Hochsetzstellers bezeichnet man als “Ausnutzung des Leistungstransistors” oder als
“Silicon Utilization”; der Kehrwert P S ⁄ P zk wird “Switch Stress Factor”
genannt. Beide Grössen stellen ein wichtiges Kriterium für die Bewertung
von Umrichterschaltungen dar.
Für die Berechnung der Transistorausnutzung der in Kapitel 6.2.2 besprochenen Grundschaltungen wollen wir von kontinuierlicher Stromführung bei
einer Ausgangsleistung P zk und einer konstanten Ausgangsspannung U zk
ausgehen. Die schaltfrequenten Schwankungen ∆i der Ströme in den Induktivitäten bzw. ∆u der Spannungen über den Kondensatoren werden dabei
vernachlässigt. Das Tastverhältnis a wird so gewählt, dass bei variabler Eingangsspannung U pv stets derselbe Wert U zk für die Ausgangsspannung
resultiert. Mit Hilfe der Definition (6.33) sowie der in Kapitel 6.2.2 hergeleiteten Spannungsübersetzungsverhältnisse M = U zk ⁄ U pv der verschiedenen
Grundschaltungen folgen nach einigen Umformungsschritten die in Tabelle
6.3 gezeigten Zusammenhänge für die Transistorausnutzung P zk ⁄ P S in
Funktion des Tastverhältnisses a und des Wicklungsverhältnisses n beim
Hochsetzsteller mit Drosselanzapfung.
Die in Figur 6.19 graphisch dargestellten Ergebnisse von Tabelle 6.3 zeigen,
dass die Transistorausnutzung des Sperrwandlers, des SEPIC-Konverters
und der verschiedenen Cuk-Konverter-Ausführungen mit einem Maximalwert von 25% sehr niedrig ist. Beim Hochsetzsteller nach Figur 6.4 nimmt
die Transistorausnutzung linear mit steigendem Tastverhältnis a ab. Bei
einer Drosselanzapfung ist die Ausnutzung des Transistors im Vergleich zum
Schaltung
- 245 TransistorAusnutzung
Aussteuerungsbereich
P zk ⁄ P S
[ a min …a max ]
Nr.
Name
1)
Gleichspannungswechselrichter
2)
Gegentaktdurchflusswandler
3)
Eintaktdurchflusswandler
a
4)
Hochsetzsteller
1–a
5)
Hochsetzsteller mit
Drosselanzapfung
1 + an
( 1 – a ) ⋅ --------------1+n
6)
Cuk-Konverter
7)
SEPIC-Konverter
8)
Sperrwandler
2a
0 ≤ a ≤ 0.5
0≤a≤1
n≥0
a ⋅ (1 – a)
Tabelle 6.3: Transistorausnutzung der in Kapitel 6.2.2 besprochenen Grundschaltungen in Funktion des Tastverhältnisses a = T 1 ⁄ T und
des Wicklungsverhältnisses n = N 1 ⁄ N 2
Fall ohne Anzapfung immer geringer und nimmt vor allem bei kleinen Tastverhältnissen a mit steigendem Wicklungsverhältnis n sehr stark ab. In
unserem Anwendungsfall sind bei den Schaltungen Nr. 5 bis 8 aufgrund des
geforderten Spannungsübersetzungsverhältnisses M hohe bis sehr hohe
Tastverhältnisse a erforderlich. Leider ist gemäss Figur 6.19 bei all diesen
Schaltungen genau dort die Ausnutzung der Halbleiter am geringsten! Diese
Tatsache ist auch intuitiv sehr einleuchtend, wie folgendes Beispiel des
Hochsetzstellers veranschaulicht: Die elektrischen Grössen an den Eingangsklemmen betragen U pv = 1.5V und I pv = 100 A . Wir wollen nun
annehmen, dass der Hochsetzsteller die so anfallenden 150W auf
U zk = 300V hochsetzt. Der Transistor des Stellers muss nun in diesem Fall
sowohl für den sehr hohen Eingangsstrom I pv als auch für die hohe Ausgangsspannung U zk dimensioniert werden. Die Folge davon ist, dass ein
Transistor mit einer Bauleistung von P S = 30kVA erforderlich ist, um
bescheidene 150W hochzusetzen! Dies verursacht einerseits sehr hohe Bauteilkosten und wirkt sich andererseits gravierend auf den Wirkungsgrad aus,
denn aufgrund der erforderlichen hohen Sperrspannung U Smax ist man
gezwungen, Transistoren mit vergleichsweise hohen Durchlasswiderständen
R DS einzusetzen, was unmittelbar zu hohen Durchlassverlusten führt.
Transistor−Ausnutzung Pzk / Ps [%]
- 244 -
100
80
n = 0.5
60
n=1
n=2
40
20
0
0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
Tastverhältnis a [%]
Figur 6.19: Transistorausnutzung für die in Tabelle 6.3 aufgeführten
Grundschaltungen in Abhängigkeit des Tastverhältnisses a :
Hochsetzsteller nach Figur 6.4
- Gleichspannungswechselrichter nach Figur 6.1
- Gegentaktdurchflusswandler nach Figur 6.3
Eintaktdurchflusswandler nach Figur 6.2
- Cuk-Konverter nach Figur 6.8
- Potentialgetrennter Cuk-Konverter nach Figur 6.11
- SEPIC-Konverter nach Figur 6.12
- Sperrwandler nach Figur 6.13
Hochsetzsteller mit Drosselanzapfung nach Figur 6.7
in Abhängigkeit des Wicklungsverhältnisses n
Figur 6.19 zeigt, dass sich mit dem Gleichspannungswechselrichter und dem
Gegentaktdurchflusswandler auch bei höheren Tastverhältnissen a wesentlich höhere Transistorausnutzungen erzielen lassen. Dies kommt daher, dass
das erforderliche Spannungsübersetzungsverhältnis M hauptsächlich durch
das Windungszahlverhältis N 2 ⁄ N 1 des Hochfrequenztransformators erreicht wird. Mit dem Tastverhältnis a muss lediglich die vom Systemverhalten her geforderte Regelbarkeit des Spannungsübersetzungsverhältnisses M
gewährleistet werden. Darüber hinaus bewahrt der HF-Transformator die
primärseitigen Leistungshalbleiter vor der hohen Ausgangsspannung u zk
der Hochsetzstufe. Wie Figur 6.19 zeigt, ist die Transistorausnutzung bei
Vollaussteuerung am höchsten. Dann wird der HF-Transformator mit rechtecksblockförmigen Strömen i p und i s betrieben.
- 246 6.2.4
- 247 -
Einfluss der Streuinduktivität
Das Schaltverhalten leistungselektronischer Umrichter wird nicht nur durch
die Leistungshalbleiter selbst, sondern in erheblichem Masse auch durch die
in den Lastkreisen wirksamen parasitären Induktivitäten bestimmt. Um die
Schaltverluste in den Leistungshalbleitern so gering wie möglich zu halten,
müssen möglichst kurze Schaltvorgänge angestrebt werden. Dies wiederum
ist technisch nur bei einem niederinduktiven Schaltungsaufbau möglich,
denn andernfalls würden in den Zuleitungsinduktivitäten zum Schaltelement
aufgrund der sehr steilen Stromflanken derart hohe Spannungen induziert,
dass der Leistungshalbleiter selbst aufgrund von Überspannungen zerstört
würde. Im modernen leistungselektronischen Schaltungsdesign und Anlagebau trägt man diesem äusserst wichtigen Umstand durch grossflächige sandwichartige Leiterführung, die zu einem sehr induktivitätsarmen Schaltungsaufbau führt, Rechnung.
Die Ausführungen in Kapitel 6.2.2 und 6.2.3 zeigen, dass das in unserer
Anwendung erforderliche sehr grosse Spannungsübersetzungsverhältnis M
nur durch Verwendung eines Transformators realisiert werden kann.
a)
b)
L σl S 1
L σl S 1
L σ1
S3
L σ1
Lh
S2
ip
S2
c)
L σl
Lh
ip
S4
d)
S1
L h L σ2
L σl
L σ1
L σ1
ip
Lh
S2
ip
iS ′
S1
Figur 6.20: Für den Schaltvorgang wirksame parasitäre Induktivitäten
u zk ′
Wie gross die für den Schaltvorgang wirksamen parasitären Induktivitäten
sind, hängt entscheidend von der verwendeten Schaltungstopologie ab. Bei
den Topologien in Figur 6.20a) bis c) wird die in der primärseitigen Streuinduktivität L σ1 des Transformators gespeicherte Energie wieder in die Versorgung zurückgespeist. Für den Kommutierungsvorgang sind daher nur die
vom Schaltungslayout herrührenden grau markierten parasitären Induktivitäten L σl der Zuleitungen zwischen dem Filterkondensator und den einzelnen
Leistungstransistoren und Freilaufdioden entscheidend. Für ein optimales
Schaltverhalten muss der Konverter im grau markierten Bereich möglichst
niederinduktiv und kompakt aufgebaut werden.
Völlig anders verhält es sich bei dem in Figur 6.20d) gezeigten Sperrwandler. Aufgrund des fehlenden Freilaufpfades für den primärseitigen Strom i p
muss im Ausschaltzeitpunkt des Transistors S 1 der Strom von der primärauf die sekundärseitige Transformatorwicklung kommutieren. Dies ist
jedoch aufgrund der nichtidealen Kopplung bei einem realen Transformator
nur für die Energieanteile des beide Wicklungen umfassenden Hauptflusses
φ h möglich. Die in den Streufeldern gespeicherte Energie wird hingegen
vernichtet. Für den in Figur 6.20d) gezeigten Sperrwandler bedeutet dies,
dass es nicht mehr ausreicht, nur die layoutbedingten parasitären Induktivitäten L σl für die Modellierung und Berechnung der Kommutierungsvorgänge zu verwenden, sondern dass die Streuinduktivitäten L σ1 und L σ2 ,
welche im Normalfall ein Vielfaches der parasitären Induktivitäten L σl
betragen, mitberücksichtigt werden müssen.
Da einerseits die Schaltungsstrukturen nach Figur 6.20a) bis c) -wie bereits
in Kapitel 6.2.2 ausführlich gezeigt- aufgrund des hohen Eingangsstromes
i pv und der gleichzeitig äusserst niedrigen Eingangsspannung u pv unseres
Anwendungsfalles für den gesuchten optimalen Hochsetzsteller leider alle
nicht in Frage kommen und andererseits die in Figur 6.20d) gezeigte Schaltung der Forderung nach möglichst minimaler Anzahl Bauteile im Eingangskreis in beinahe perfekter Weise entspricht, lohnt es sich, den Einfluss der
Transformatorstreuung auf den Eingangskreis des Hochsetzstellers genau
unter die Lupe zu nehmen. Gute Kenntnisse ihrer Auswirkungen auf die
Schaltverluste und auf die Beanspruchung der Leistungstransistoren im Niederspannungs-Hochstromteil sind für die Synthese und das Design eines
optimierten Hochsetzstellers ohnehin unerlässlich.
Wie kritisch der Einfluss der Streuung des Transformators bei den in unserer
Anwendung vorherrschenden Strom- und Spannungsverhältnissen auf den
- 248 -
- 249 -
Hochsetzsteller ist, kann anhand eines sehr einfachen Beispiels aufgezeigt
werden. Dabei wird das Betriebsverhalten eines Sperrwandlers mit “Normalspannungs”-Versorgung verglichen mit jenem eines Wandlers mit “Niederspannungs-Hochstrom”-Versorgung. Tabelle 6.4 zeigt das für die Simulation
mit dem Netzwerk-Simulationsprogramm SABER verwendete Schaltungsnetzwerk samt seinen genauen Schaltungsparametern. Um einen fairen Vergleich zu gewährleisten, wurde darauf geachtet, dass die Ausgangsspannung
U zk , die Eingangsleistung P pv sowie der primärseitige Streufaktor L σ1 ⁄ L h
für beide Fälle identisch gewählt wurden.
Zu den in Tabelle 6.4 aufgeführten Schaltungsparametern muss folgendes
bemerkt werden: während bei der Normalspannungsausführung ein Durchlasswiderstand von R DS = 0.2Ω mit Leistungstransistoren, die dem heutigen Stand der Technik entsprechen, problemlos erreichbar ist, müssen im
Niederspannungsfall beinahe 10 der heute niederohmigsten auf dem Markt
erhältlichen MOSFETs parallelgeschaltet werden, um einen Widerstandswert von R DS = 0.5mΩ zu erzielen. Ferner muss beachtet werden, dass ein
Streufaktor von lediglich 1% in Anbetracht des erforderlichen Transformatorkerns mit Luftspalt beim Sperrwandler ein sehr niedriger Wert darstellt.
i pv
u1
Lh N 1
N2
u2
i2
u zk
1: n
u Lσ
L σ1
u pv
iS
uS
S
RE
CE
u CE
R DS
Gemeinsame Randbedingungen
P pv
= 200W
U zk
= 340V
L σ1 ⁄ L h = 1%
Normalspannung: U pv = 100V
Niederspannung: U pv = 2V
R DS = 0.2Ω
C E = 20nF
R DS = 0.5mΩ
C E = 2µF
L h = 1mH
R E = 60Ω
L h = 10µH
R E = 0.5Ω
L σ1 = 100nH
n = 100
L σ1 = 10µH
n =
2
Tabelle 6.4: Netzwerk und Parameter des Sperrwandlers für die Schaltungssimulation mit dem SABER-Netzwerksimulator
Anhand der in Figur 6.21 gezeigten Ergebnisse des Schaltungsvergleichs
wird deutlich, dass der Wirkungsgrad η HS des Sperrwandlers im Niederspannungs-Hochstromfall mit 81% trotz all dieser Anstrengungen im Vergleich zu den 92% der Normalspannungsausführung dramatisch abfällt!
Eine wesentliche Ursache dieses enttäuschenden Ergebnisses ist in Figur
6.21 ebenfalls ersichtlich: Bei identischem Streufaktor L σ1 ⁄ L h fallen die
schaltbedingten Überspannungen aufgrund des sehr hohen Stromes i pv im
Niederspannungsfall weit gravierender ins Gewicht als bei höherer Versorgungsspannung U pv und haben exzessive Schaltverluste zur Folge. Die riesigen Überspannungen, die ein Mehrfaches der normalerweise im Betrieb
auftretenden Sperrspannung betragen, verunmöglichen sogar den Einsatz
der niedrigsten MOSFET-Spannungsreihe, was mit einem höheren Durchlasswiderstand R DS bei den Transistoren erkauft werden muss. Dies wiederum wirkt sich in unserer Anwendung mit ihrem sehr grossen Eingangsstrom i pv verheerend auf den Wirkungsgrad aus. In Figur 6.21 ist ferner
noch eine weitere Besonderheit des Niederspannungs-Sperrwandlers erkennbar: Aufgrund der sehr niedrigen Eingangsspannung u pv dauert es trotz
der sehr kleinen Streuinduktivität L σ1 nach einem Einschaltvorgang des
Transistors S 1 jeweils sehr lange, bis der primärseitige Strom i S1 den Wert
n ⋅ i 2 erreicht, um von der Sekundär- wieder auf die Primärseite des Sperrwandlers zu kommutieren. Dies hat zur Folge, dass das Spannungsübersetzungsverhältnis M des Wandlers auch bei kontinuierlichem Stromfluss im
Transformator lastabhängig ist.
Figur 6.21 zeigt, dass sich das Verhalten einer bestens bekannten Schaltung
wie jener des Sperrwandlers unter den speziellen Anforderungen unseres
Anwendungsfalles teilweise drastisch ändern kann. Dies erfordert eine kritische Überprüfung jedes einzelnen Entwicklungsschrittes, denn mit der
ersten fachlichen Einschätzung liegt man aufgrund der aussergewöhnlichen
Randbedingungen oft daneben. Die Untersuchung der Sensitivität einer
- 250 Normalspannung upv = 100V
Spannungen u1, us und uCE
Spannungen u1, us und uCE
24
720%
100
16
8
→
0
−100
Spannung [V]
→
→
32
→
Spannung [V]
40
33%
200
−200
Simulationsergebnisse für den Niederspannungs-Hochstrom-Sperrwandler
unterstreichen den sehr starken Einfluss der Eingangsspannung u pv und der
Streuinduktivität L σ1 auf den Wirkungsgrad η HS des Hochsetzstellers.
Niederspannung upv = 2V
400
300
- 251 -
0
0
20
40
60 0
20
40
Zeit [µs]
Zeit [µs]
Ströme ipv und is
Ströme ipv und is
8
−8
60
160
4
80
40
0
Strom [A]
Strom [A]
120
0
−40
−4
0
20
40
Zeit [µs]
Wirkungsgrad ηHS = 92%
60 0
20
40
−80
60
Zeit [µs]
Wirkungsgrad ηHS = 81%
Figur 6.21: Strom- und Spannungsverläufe und erzielbarer Wirkungsgrad
eines Sperrwandlers mit einer 100V -Spannungsquelle (links)
und eines mit einer Niederspannungs-Hochstrom-Quelle (rechts):
Wandlerspannung u 1 (oben), Eingangsstrom i pv (unten)
Schalterspannung u S (oben), Schalterstrom i S (unten)
Spannung u CE am Entlastungskondensator C E
Schaltung bezüglich einzelnen Parameteränderungen eignet sich in solchen
Situationen jeweils sehr gut, um ein Gefühl für die vorherrschenden Verhältnisse zu gewinnen. Die in Figur 6.22 dargestellten, mit SABER gewonnenen
Auch die in Figur 6.22 gezeigten Ergebnisse wurden unter den Randbedingungen einer konstanten mittleren Eingangsleistung P pv = 200W und
einer konstanten Ausgangsspannung U zk = 340V ermittelt. Für alle nicht
explizit in Figur 6.22 angegebenen Parameter gelten die Tabelle 6.4 aufgeführten Zahlenwerte.
Die untersten drei Bildreihen von Figur 6.22 zeigen die Auswirkungen der
Kombination aus sehr niedriger Eingangsspannung u pv und sehr hohem
Eingangsstrom i pv auf die Funktionsweise des Sperrwandlers deutlich auf:
Sobald der Leistungstransistor S ausschaltet, steigt die Spannung u S aufgrund der in der primärseitigen Streuinduktivität L σ1 gespeicherten Energie
sehr stark an. Ohne Gegenmassnahmen würde dies sofort zur Zerstörung des
Transistors aufgrund von Überspannung führen. Eine Möglichkeit, um dies
zu verhindern, stellt die in Tabelle 6.4 gezeigte sogenannte RCD -Beschaltung des Leistungstransistors dar, bei der die im Ausschaltzeitpunkt in L σ1
gespeicherte Energie über die Diode D in den Entlastungskondensator C E
abgeleitet wird. In unserem Niederspannungs-Hochstrom-Fall fällt die in
C E gespeicherte Energie aufgrund des sehr hohen Stromes i pv auch bei
minimaler Streuung L σ1 bereits sehr stark ins Gewicht und lädt den Kondensator C E bis weit über das normale Sperrspannungsniveau des Transistors S
gemäss Gleichung (6.26) auf. Dies führt einerseits zu sehr hohen Ausschaltverlusten und zu einer sehr hohen Spannungsbeanspruchung des Transistors
und hat andererseits zur Folge, dass der Hauptanteil der im Kondensator C E
gespeicherten Energie bei ausgeschaltetem Schalter S wieder an die Quelle
oder über den Wandler an die Last abgegeben wird. Der verbleibende Rest
wird nach dem Wiedereinschalten von S im Widerstand R E und im MOSFET vernichtet. Insgesamt führt die beschriebene primärseitige Leistungspendelung zu höheren Verlusten in allen beteiligten Schaltungsbauteilen und
verringert somit den Wirkungsgrad des Hochsetzstellers.
Figur 6.22 zeigt, dass der erzielbare Wirkungsgrad η HS sehr stark von der
Eingangsspannung u pv und der primärseitigen Streuinduktivität L σ1 des
Transformators abhängt. Verringert man beispielsweise die Spannung u pv
von 2V auf 1V , so stürzt der Wirkungsgrad η HS von 81% auf 37% ab! Verändert man die Streuinduktivität, ausgehend von L σ1 = 150nH , um
± 100nH , so verändert sich dadurch auch der Wirkungsgrad η HS um volle
- 252 -
- 253 -
u
Lσ1 = 100nH, CE = 2µF
Upv = 1.5V, Lσ1 = 100nH
Upv = 1.5V, CE = 2µF
us [V]
50
30
10
−10
−
+ 10% . Aufgrund der konstanten Ausgangsspannung U zk stellt der Ausgangsstrom i 2 ein direktes Mass für den Wirkungsgrad η HS dar, denn die in
der dritten Reihe von Figur 6.22 dargestellten Stromzeitflächen stellen die
pro Taktperiode an den Zwischenkreis gelieferten Ladungsmengen dar. Je
grösser diese Stromzeitflächen sind, desto grösser ist somit auch der Wirkungsgrad η HS des Stellers.
160
Die Spannungsverläufe u s am Schalter und u CE am Entlastungskondensator
zeigen, dass die Ausschaltüberspannungen sehr stark mit dem Strom i S im
Ausschaltzeitpunkt und mit der Streuinduktivität L σ1 ansteigen. Sie können
wohl, wie die dritte Spalte von Figur 6.22 zeigt, durch Vergrössern der Kapazität C E des Entlastungskondensators verringert werden, allerdings erfolgt
dies auf Kosten des Wirkungsgrades η HS . Die Ursache dafür ist ebenfalls in
der dritten Spalte von Figur 6.22 zu sehen: Durch starkes Vergrössern der
Kapazität C E , vergrössert sich auch die Entladeszeitkonstante R E ⋅ C E des
Entlastungsnetzwerkes derart, dass das Ausschaltintervall des Transistors S
nicht mehr ausreicht, um die im Kondensator gespeicherte Energie bis auf
das Spannungsniveau nach Gleichung (6.26) in den Eingangs- bzw. den Ausgangskreis des Sperrwandlers umschwingen zu lassen. Dadurch vergrössert
sich die nach dem Wiedereinschalten des Transistors S zu vernichtende
Energiemenge. Die Folge davon sind höhere Einschaltverluste im MOSFET
und ein drastisch sinkender Wirkungsgrad η HS der gesamten Umrichterstufe.
is [A]
120
80
40
0
u1 [V]
2
0
−2
−4
2
i2 [A]
1.5
us = 2.0V
1
1.5V
0.5
→
→
1.0V
0
Lσ1 = 50nH
150nH
→
→
CCE = 1µF
→
250nH
4µF
→
→
→
16µF
→
ipv [A]
180
120
60
0
−60
uCE [V]
60
40
20
0
0
10
20
30
Zeit [µs]
Upv = 1.0V: ηHS = 37%
Upv = 1.5V: ηHS = 59%
= 2.0V: ηHS = 81%
pv
U
40 0
10
20
30
Zeit [µs]
40 0
Lσ1 = 50nH: ηHS = 65%
10
20
30
Zeit [µs]
40
CCE = 1µF: ηHS = 59%
L
CCE = 4µF: ηHS = 59%
Lσ1 = 250nH: ηHS = 45%
C
= 150nH: ηHS = 55%
σ1
CE
= 16µF: ηHS = 53%
Figur 6.22: Niederspannungs-Hochstrom-Sperrwandler von Tabelle 6.4:
Linke Spalte: Variation der Eingangsspannung u pv
Mittlere Spalte: Variation der Streuinduktivität L σ1
Rechte Spalte: Variation des Entlastungskapazität C E
Die bisherigen Ausführungen bestätigen die zentrale Bedeutung der Streuung des Transformators für die Performance unseres NiederspannungsHochstrom-Umrichters. Um gute bis sehr gute Wirkungsgrade zu erzielen,
ist eine möglichst niedrige Streuinduktivität absolut unerlässlich. Dies wiederum lässt sich technisch nur mit einem Transformatorkern ohne Luftspalt
realisieren. Die unmittelbare Folge davon besteht darin, dass in unserem
Anwendungsfall des modulintegrierten Einzellen-Wechselrichters nur eine
Durchflusswandlerschaltung als Niederspannungs-Hochsetzsteller in Frage
kommt.
Neben dem in der Sperrwanderschaltung von Tabelle 6.4 verwendeten
RCD -Beschaltungsnetzwerk zur Begrenzung der Ausschaltüberspannungen
am MOSFET existieren noch weitere Lösungsansätze. Figur 6.23 zeigt mit
dem Kappglied eine mögliche Alternative zu dem in der SABER-Simulation
verwendeten RCD -Entlastungsnetzwerk. Wie die Bezeichnung Kappglied
bereits besagt, begrenzt oder “kappt” dieses Netzwerk die Spannung u S über
- 254 -
- 255 -
dem zu schützenden Schalter S . Im Gegensatz zum RCD -Netzwerk kann
die im Kappglied zwischengespeicherte Energie nicht mehr in den Eingangsstromkreis zurückfliessen, sondern wird entweder in einem Lastwiderstand R L vernichtet oder mittels eines zusätzlichen DC/DC-Wandlers
weiterverarbeitet. Dementsprechend spricht man je nachdem, ob die Energie
des Kappgliedes genutzt wird oder nicht, von einem aktiven oder von einem
passiven Kappglied.
müssen. Ein weiterer Vorteil des aktiven Kappgliedes besteht natürlich darin,
dass die in der Kapazität C E enthaltene Energie nicht vernichtet, sondern
weiterverwendet wird. So könnte sie beispielsweise -wie in Figur 6.23
gezeigt- über den DC/DC-Wandler in den Zwischenkreis gespeist werden.
Natürlich wirkt sich dies auch vorteilhaft auf den Wirkungsgrad aus.
Bedenkt man aber, dass bei dem in der SABER-Simulation von Figur 6.22
verwendeten RCD -Entlastungsnetzwerk der Hauptanteil der in der Entlastungskapazität C E gespeicherten Energie ebenfalls bereits entweder in die
speisende Quelle oder in den Ausgangsstromkreis zurückfliesst, so sind auch
durch Verwendung eines aktiven Kappgliedes keine Wirkungsgradwunder
zu erwarten. Ferner gilt es auch den beträchtlichen Zusatzaufwand zu bedenken, der für die wenigen Wirkungsgradprozente betrieben werden muss,
denn beim DC/DC-Wandler des aktiven Kappgliedes handelt es sich -abgesehen von der im Vergleich zum Hauptwandler geringeren Leistung- um eine
komplette Umrichterstufe samt Regelung, Modulation, Ansteuerung und
allen dazu erforderlichen Zusatzeinrichtungen wie Speisungen, Messdatenerfassungen usw.
a)
b)
iS
uS S
DC
iS
CE
RL
u CE
uS S
u CE
CE
C zk
DC
Figur 6.23: Das Kappglied als Alternative zum RCD -Entlastungsnetzwerk:
a) passive Ausführung mit Energievernichtung in R L
b) aktive Ausführung mit Energierückgewinnung
In unserem Anwendungsfall ist die Dimensionierung eines über den gesamten Betriebsbereich des Sperrwandlers wirksamen passiven Kappgliedes
aufgrund der sehr grossen Schwankungen des abzuschaltenden Stromes i S
schwierig, denn einerseits muss dessen Lastwiderstand R L genügend niederohmig sein, um bei hohen Schalterströmen i S die Spannung u S wirksam
begrenzen zu können, andererseits muss aber R L hochohmig genug sein, um
den Entlastungskondensator C E bei Schwachlast nicht innerhalb des Ausschaltintervalles des Transistors S bis unter die Spannungsschwelle nach
Gleichung (6.26) zu entladen, denn dann würde die Diode des Kappgliedes
leitend, und ein Teil der im Transformator gespeicherten Energie im Widerstand R L vernichtet!
In der aktiven Ausführung kann die Spannung u CE am Kappglied durch die
Regelung des nachgeschalteten Wandlers jederzeit auf dem gewünschten
Wert gehalten werden. Der grosse Vorteil des Kappgliedes gegenüber dem
RCD -Entlastungsnetzwerk liegt darin, dass die Kapazität C E wesentlich
grösser gewählt werden kann. Dadurch kann eine wirksamere Ausschaltentlastung sichergestellt werden, ohne dabei -wie wir bei der RCD -Entlastung
in Figur 6.22 gesehen haben- erhöhte Einschaltverluste in Kauf nehmen zu
Weit wirksamer und kostengünstiger als die bisher beschriebenen Beschaltungsnetzwerke wäre ein “Zero-Current-Switching (ZCS)” oder ein “ZeroVoltage-Switching” (ZVS). Darunter fallen alle Schaltungen, bei denen der
Strom (ZCS) oder die Spannung (ZVS) über dem Schaltelement bereits vor
dem Schaltvorgang zu Null gemacht wird. Wie in Kapitel 6.2.2 gezeigt
wurde, haben auch diese Verfahren ihren Preis. So fallen die reinen Resonanzwandler aufgrund ihrer sehr niedrigen Transistorausnutzungen und aufgrund der unzumutbaren resonanzbedingten Stromüberhöhungen ausser
Betracht. Völlig anders präsentiert sich die Angelegenheit bei den sogenannten Quasiresonanzwandlern, bei denen die Spannung oder der Strom über
dem Schaltelement erst kurz vor dem Schaltvorgang durch Aktivieren eines
Hilfsnetzwerkes zu Null gemacht wird. In der restlichen Zeit der Taktperiode
weisen aber sowohl die Spannung als auch der Strom einen sehr ähnlichen
Verlauf wie beim entsprechenden hart geschalteten Umrichter auf. Dadurch
sind im Vergleich zu den Resonanzwandlern eine weit bessere Ausnutzung
der Leistungshalbleiter und geringere Strombelastungen realisierbar. In den
Genuss dieser Vorteile kommt man allerdings nur durch zusätzlichen Schaltungsaufwand für das resonante Hilfsnetzwerk, welches das quasiresonante
Schalten unter ZCS- oder unter ZVS-Bedingungen erst ermöglicht. Das Ziel
bei der Synthese eines optimierten Niederspannungs-Hochsetzstellers muss
also möglichst darin bestehen, einen Hochsetzsteller mit quasiresonantem
Schaltverhalten zu finden, ohne dafür einen grossen zusätzlichen schaltungs-
- 256 technischen Aufwand betreiben zu müssen. Dies gilt insbesondere für die
Niederspannungs-Hochstromseite, wo dies aufgrund der hohen Ströme und
der sehr niedrigen Spannungen mit beträchtlichen Anstrengungen verbunden
ist.
6.2.5
Folgerungen für die Wahl der optimalen Schaltungstopologie
Die in Kapitel 5 dargestellten Auswirkungen der von der einzelligen Solarzelle gelieferten sehr niedrigen Spannung u pv und des sehr hohen Stromes
i pv auf die einzelnen Umrichterbauteile sowie die bei der ausführlichen
Analyse und Suche der optimalen Schaltungstopologie in den Kapiteln 6.2.1
bis 6.2.4 gewonnenen Erkenntnisse in bezug auf den Einfluss der Schaltungsstruktur sowie einzelner Schlüsselparameter auf die Performance und
auf den Wirkungsgrad versetzen uns nun in die Lage, die in Kapitel 6.2.1
definierten Anforderungen an die Synthese eines für unseren Anwendungsfall mit seinen aussergewöhnlichen elektrischen Kenngrössen optimal geeigneten Niederspannungs-Hochsetzstellers wie folgt zu präzisieren:
• Das riesige Spannungsübersetzungsverhältnis zwischen der Eingangsspannung u pv und der Zwischenkreisspannung u zk kann nur mit einem
Transformator überwunden werden. Aus Platz-, Gewichts-, und
Kostengründen muss dabei unbedingt ein Hochfrequenz-Transformator
verwendet werden.
- 257 -
6.3
Optimierter Niederspannungs-Hochsetzsteller
6.3.1
Aufbau und Funktionsweise des optimierten Hochsetzstellers
Die in der Figur 6.24 gezeigte Schaltung ermöglicht, das Übersetzungsverhältnis M zwischen Eingangs- u pv und Ausgangsspannung u zk fortlaufend
und mit nahezu kontinuierlicher Stromführung i in auf ihrer Eingangsseite
anzupassen. Dadurch wird es möglich, dem Solarmodul bereits mit einer
relativ kleinen Filterkapazität C in einen nahezu konstanten Strom i pv zu
entziehen. Die Niederspannungs-Hochsetzsteller-Topologie von Figur 6.24
erfüllt somit all die in Kapitel 4.3 aufgeführten Systemanforderungen. Darüber hinaus zeichnet sie sich auch bei Eingangs-Spannungen von unter 2V
und Strömen von bis zu 100 A durch einen exzellenten Wirkungsgrad von
teilweise weit über 90% aus [6], [7], [70], [73]. Trotzdem ist das Potential
des Niederspannungs-Hochsetzstellers noch nicht ausgeschöpft, denn dafür
wäre ein vollintegriertes Schaltungsdesign unter Verwendung der allerneuesten Errungenschaften aus dem Bereich der Leistungshalbleitertechnologien
wie Silizium-Carbid-Schottky-Dioden und CoolMOS-Transistoren erforderlich. Ein derartig hoher Entwicklungsaufwand rechtfertigt sich aber nur bei
einer industriellen Massenfertigung einer Umrichterschaltung und sprengte
daher den Rahmen dieser Arbeit.
• Der Niederspannungs-Hochstromkreis auf der Eingangsseite des Hochsetzstellers muss auf minimale Spannungsabfälle optimiert werden und
darf daher nur aus einer Transformatorwicklung und einem MOSFETLeistungstransistor bestehen.
• Um die Spannungsbeanspruchung und die Schaltverluste der mit hohen
Strömen belasteten primärseitigen Leistungshalbleiter so gering wie
möglich zu halten, muss der Transformator auf minimale Streuung
getrimmt werden. Dies erfordert eine Durchflusswandlertopologie mit
einem Transformator ohne Luftspalt.
• In bezug auf die Schaltverluste und auf den Wirkungsgrad wäre ein
Hochsetzsteller mit quasiresonantem Schaltverhalten ohne grossen
zusätzlichen Bauteilaufwand auf der Niederspannungs-Hochstromseite
optimal.
Das Ergebnis der langwierigen und oft von Rückschlägen gekennzeichneten
Schaltungssynthese, in welcher versucht wurde, möglichst all die genannten
Forderungen unter einen Hut bringen, ist der im nachfolgenden Kapitel 6.3
beschriebene optimierte Niederspannungs-Hochsetzsteller.
i pv
u pv
is
i in
us
i SA S A
DA
LS
ii
i zk
C zk
u zk
ub
SB
u in
S1
S2
Figur 6.24: Schaltkreis des optimierten Niederspannungs-Hochsetzstellers
mit Quasi-Zero-Current-Switching
Nachfolgend sollen zuerst die Funktionsweise und anschliessend die Hauptvorzüge des optimierten Niederspannungs-Hochsetzstellers von Figur 6.24
besprochen werden. Anhand der in Figur 6.25 gezeigten Schaltmuster der
- 258 Leistungstransistoren sowie der unmittelbar darunter angeordneten Stromund Spannungsverläufe des Niederspannungs-Hochsetzstellers kann seine
Funktionsweise sehr gut erkannt und beschrieben werden:
• Die Schalter S1 und S2 auf der Niederspannungsseite arbeiten im vollen
Gegentaktbetrieb. Dadurch zieht der Hochsetzsteller, abgesehen von
den normalerweise sehr kurzen Kommutierungseinbrüchen ∆t S , einen
nahezu kontinuierlichen Eingangsstrom i in .
• Der riesige Spannungshub M = u zk ⁄ u pv wird in zwei Schritten überwunden. Weil S1 und S2 stets im vollen Gegentaktbetrieb arbeiten, wird
das Spannungsübersetzungsverhältnis zwischen u pv und u b im
wesentlichen nur durch das Verhältnis n 2 ⁄ n 1 der Windungszahlen des
Hochfrequenztransformators bestimmt. In unserem Fall hängt der
erzielbare Spannungshub auch stark von den Spannungsabfällen im
Eingangskreis des Hochsetzstellers ab, welche ihrerseits wiederum von
der Strombelastung abhängig sind. In erster Näherung wird aber die
Spannung zwischen u pv und u b etwa um den Faktor 100 hochgesetzt.
• Die kontinuierliche Spannungsanpassung erfolgt anschliessend in
einem zweiten Schritt mit dem aus der Induktivität L S , dem Schalter
S B und der Diode gebildeten Hochsetzsteller. Der Schalter S B taktet
asynchron zur Gegentaktstufe und ermöglicht, den Strom i i in der
Induktivität L S und somit auch den Eingangsstrom i pv des gesamten
Niederspannungs-Hochsetzstellers zu regeln.
• Der Schalter S A dient als Kommutierungshilfe für die Schalter S 1 und
S 2 . Die Kommutierungshilfe wird immer kurz vor dem Umschaltvorgang der Hochstrom-Transistoren S 1 und S 2 betätigt. Durch Anlegen
der Zwischenkreisspannung u zk an die Sekundärseite des Transformators wird dieser negativ vorgespannt. Dies führt dazu, dass der Sekundärstrom i S bis auf Null abklingt, was ermöglicht, die Transistoren S 1
und S 2 nahezu stromlos zu schalten (ZCS), denn statt des Eingangsstromes i in von bis zu über 100 A muss lediglich der sehr viel kleinere
Magnetisierungsstrom des Transformators aktiv abgeschaltet werden.
Bei den Kurvenverläufen von Figur 6.25 gilt es zu beachten, dass die Dauer
∆t S der Kommutierungseinbrüche aus Gründen der Übersichtlichkeit übertrieben gross dargestellt sind, denn bei einer Taktfrequenz f T von 25kHz
betragen die maximal 2µs langen Einbrüche ∆t S weniger als 5% der gesamten Periodendauer T = 40µs . Dasselbe gilt für die Schwankungsbreite
∆i pp des Eingangsstromes i in . In Wirklichkeit ist der Drosselstrom i i
nahezu ideal geglättet und somit in sehr guter Näherung konstant.
- 259 S1
t
S2
t
SA
t
SB
t
i in
∆t s
∆ i pp
t
us
t
is
∆ i pp
t
ub
t
i SA
ii
∆ i pp
t
t
Figur 6.25: Schaltmuster mit Spannungs- und Stromverläufen des
optimierten Niederspannungs-Hochsetzstellers von Figur 6.24
Unser optimierter Niederspannungs-Hochsetzsteller von Figur 6.24 zeichnet
sich durch folgende Vorzüge aus:
• Bezug eines nahezu kontinuierlichen Eingangsstromes i in ohne Glättungsdrossel auf der Niederspannungs-Hochstromseite, welche aufgrund des hohen Stromes sehr sperrig und teuer würde.
• Durch die nahezu rechtecksförmige primärseitige Stromkurvenform
erreicht man mit einem Wert P zk ⁄ P S von nahezu 50% eine sehr gute
Ausnutzung der primärseitigen Hochstrom-Transistoren S 1 und S 2 .
Dass der Wert nicht zwischen 50 und 100% liegt, ergibt sich aus der
Tatsache, dass die Transistoren S 1 und S 2 -abgesehen von den unver-
- 260 -
- 261 -
meidbaren Ausschaltüberspannungen- im Sperrzustand mit der doppelten Eingangsspannung u pv belastet werden, was aber angesichts der
sehr niedrigen Spannungen u pv am Ausgang unseres einzelligen Solarmoduls von völlig untergeordneter Bedeutung ist.
untergeordnete Rolle. Der Kommutierungshilfe-Transistor S B selbst
führt gemäss Figur 6.25 nur während der halben Dauer der ohnehin
bereits sehr kurzen Kommutierungsintervalle Strom. Weil er darüber
hinaus sekundärseitig angeordnet ist, weist er zudem eine im Vergleich
zu dem Solarzellenstrom i pv sehr kleine Stromamplitude auf. Dies hat
zur Folge, dass die Durchlassverluste beim Zusatzschalter S A vernachlässigt werden können. Die Kommutierungshilfe S A setzt uns nun in
die Lage, die beiden Hochstrom-Schalter S 1 und S 2 durch Parallelschaltung sehr vieler Transistoren auf ihr Durchlassverhalten und den
Zusatzschalter S A im gleichen Atemzug durch Verwendung eines
etwas hochohmigeren Transistors mit kleineren parasitären Kapazitäten
auf sein Schaltverhalten hin zu optimieren.
• Viel wichtiger für die spannungsmässige Dimensionierung der primärseitigen Niederspannungs-Hochstrom-Transistoren S 1 und S 2 sind,
wie wir in Figur 6.22 gesehen haben, möglichst geringe Ausschaltüberspannungen über S 1 und S 2 . Dies wird in unserer Schaltung dank zwei
Faktoren sichergestellt. Dazu zählt erstens die Minimierung der Streuinduktivität des Transformators und zweitens das praktisch nahezu
stromlose Schalten der Hochstrom-Transistoren S 1 und S 2 .
• Das Quasi ZCS-Schaltverhalten der Hochstrom-Schalter S 1 und S 2
wird dank der sekundärseitigen Kommutierungshilfe S A sichergestellt.
Seine Anordnung auf der Sekundärseite und ausserhalb des Hauptstromkreises bringt viele Vorteile mit sich. Durch die geringe Strombelastung kann dieser Zusatztransistor S A sehr klein dimensioniert
werden. In unserem Fall aber viel entscheidender ist die Tatsache, dass
damit die Hochstrom-Transistoren S 1 und S 2 ohne zusätzlichen Schaltungsaufwand auf der Niederspannungs-Hochstromseite in den Genuss
aller Quasi-ZCS-Schaltvorteile kommen. Dank der Kommutierungshilfe S A lassen sich damit die Schaltverluste im Hochstromteil des
Hochsetzstellers praktisch beseitigen und der Wirkungsgrad η HS des
optimierten Niederspannungs-Hochsetzstellers wesentlich steigern.
• Die sekundärseitige Hochsetzsteller ermöglicht durch stetige Anpassung des Spannungsübersetzungsverhältnisses u zk ⁄ u b über das Tastverhältnis des Transistors S B den Strom i i und damit den Leistungsfluss p pv an der Solarzelle derart zu regeln, dass die leistungsbedingten
Spannungspulsationen u zk im Zwischenkreis vollständig von der Solarzelle ferngehalten werden können.
• Die Kommutierungshilfe ermöglicht, Durchlass- und Schaltverluste des
Niederspannungs-Hochstromteils getrennt voneinander zu optimieren.
Dies ist in der Leistungselektronik ein einzigartiger Vorteil, denn normalerweise muss man bei der Reduktion der Durchlassverluste durch
Erhöhung der Anzahl parallel geschalteter Transistoren im Gegenzug
immer höhere Schaltverluste aufgrund der damit verbundenen Vergrösserung der parasitären Kapazitäten in Kauf nehmen. In unserem Fall
schalten aber die Hochstrom-Transistoren S 1 und S 2 dank der Kommutierungshilfe S A nahezu stromlos. Die Schaltverluste spielen daher
auf der Eingangsseite unter normalen Betriebsbedingungen eine völlig
Der optimierte Niederspannungs-Hochsetzsteller erfüllt damit von seinem
Konzept her alle an den Hochsetzsteller gestellten Anforderungen in vorzüglicher Art und Weise. Die nachfolgenden Ausführungen werden diesen
Sachverhalt rechnerisch und messtechnisch bestätigen. In einem ersten
Schritt werden dazu mittels eines Verlustmodells die Hauptverlustquellen
des Stellers lokalisiert und der Einfluss einiger Schlüsselparameter auf die
Performance der Schaltung untersucht. Anschliessend wird anhand eines
ersten Hardware-Prototypen der Funktionsnachweis des entworfenen Hochsetzstellers und die Bestätigung der berechneten Wirkungsgrade erbracht.
Die so gewonnenen Erkenntnisse bilden die Grundlage für das Redesign des
Hochsetzstellers, in das wichtige fertigungstechnische Aspekte ebenfalls
einfliessen werden.
6.3.2
Wirkungsgrad und Verlustaufteilung des Hochsetzstellers
Für die Optimierung der Schaltung sind genaue Kenntnisse der wichtigsten
Verlustmechanismen und der hauptsächlichsten Verlustquellen unerlässlich.
Grundlage für diese Untersuchungen bildet das in Figur 6.26 dargestellte
einfache Verlustmodell des Hochsetzstellers. Darin sind mit Ausnahme der
Schaltverluste alle wichtigen Verlustquellen berücksichtigt. Die Vernachlässigung der Schaltverluste ist auf der Niederspannungsseite aufgrund der
sanften und beinahe stromlosen Schaltvorgänge problemlos möglich. Einzig
beim sekundärseitigen Hochsetzsteller werden -wie sich später auch anhand
der Messungen am Hardware-Prototypen bestätigen wird- die auf diese
Weise berechneten Verluste etwas zu niedrig ausfallen. Aufgrund ihrer untergeordneten Bedeutung für den Gesamtwirkungsgrad η HS des Niederspannungshochsetzstellers ist diese Modellvereinfachung aber zulässig.
- 262 -
- 263 Auswirkungen von S A auf die gleichgerichtete Spannung u b und damit auch
auf das Tastverhältnis a des Leistungstransistors S B werden hingegen -wie
der in Figur 6.26 dargestellte Verlauf der Spannung u b zeigt- berücksichtigt.
i zk
i pv
1
--- ⋅ i p
n
ip
i in
ui
Rm
u pv
R ESR
uF RL
uF
n ⋅ ui
D id
ub
u zk
R DS
RS
R in
uF
iin
ub
∆t S
∆t S
uzk
n ⋅ ui
I pv
U zk = 340V
R ESR = 5mΩ
R S = 1.5Ω
∆t S = 1.5µs
R in = 2mΩ
R L = 1Ω
T = 40µs
R m = 4Ω
R DS = 0.8Ω
U pv = 1.5V
I pv = 100 A
U F = 1.2V
Tabelle 6.5: Grundparameter des Verlustmodells von Figur 6.26
t
T ⁄2
Ausgehend von dem in Figur 6.26 dargestellten Verlustmodell kann nun die
Verlustaufteilung innerhalb des Niederspannungs-Hochsetzstellers anhand
einer Leistungsflussberechnung von der Eingangs- zur Ausgangsseite
berechnet werden. Falls nichts besonderes vermerkt wird, erfolgt die Berechnung unter Verwendung der in Tabelle 6.5 aufgeführten Parametergrössen:
t
T ⁄2
Figur 6.26: Verlustmodell des optimierten Niederspannungs-Hochsetzstellers
Im Modell von Figur 6.26 wird die Solarzelle durch die Stromquelle i pv dargestellt. Der Eingangsstrom i in des Hochsetzstellers weist die in Figur 6.26
gezeigte Kurvenform auf, und sein linearer Mittelwert stimmt mit i pv überein. Die Verluste des kapazitiven Eingangsfilters werden durch den seriellen
Ersatzwiderstand R ESR des Kondensators und die Kernverluste durch den
magnetischen Ersatzwiderstand R m dargestellt. All die restlichen ohmschen
Verluste im Niederspannungsteil wie Wicklungsverluste, Zuleitungsverluste,
Kontaktierungsverluste oder Durchlassverluste der Transistoren werden mit
dem Widerstand R in modelliert.
Auf der Sekundärseite werden die Wicklungsverluste im Transformator
durch R S und jene in der Induktivität des Hochsetzstellers mit R L erfasst,
während die Verluste in den Dioden des Gleichrichters und in jener des
Hochsetzstellers durch ihren Flussspannungsabfall U F dargestellt werden.
Den Leitverluste im Transistor des Hochsetzstellers trägt der Durchlasswiderstand R DS Rechnung, während die Leitverluste der Kommutierungshilfe
S A aufgrund ihrer sehr kurzen Stromleitdauer vernachlässigt werden. Die
Als erstes interessiert uns, welcher Anteil der von der Solarzelle gelieferten
Leistung p pv bereits im Niederspannungs- Hochstromteil des Hochsetzstellers verloren geht. Wir definieren zu diesem Zweck einen Wirkungsgrad η in
für die Eingangsstufe des Hochsetzstellers wie folgt:
ui ( t ) ⋅ i p ( t )
p iT ( t )
1
1
η in = --- ⋅ --------------- dt = --- ⋅ --------------------------------- dt
T u pv ( t ) ⋅ i pv ( t )
T
p pv ( t )
∫
T
∫
(6.34)
T
Dabei bezeichnet die Leistung p iT die vom Transformator von der Primärauf die Sekundärseite übertragene Leistung.
Figur 6.27 zeigt den Einfluss des Gesamtwiderstandes R in des Eingangsstromkreises des optimierten Niederspannungs-Hochssetzstellers sowie der
Eingangsspannung u pv und des Eingangsstromes i pv auf den Wirkungsgrad
η in des Niederspannungsteils. In der oberen Bildreihe von Figur 6.27 wird
die zentrale Bedeutung des Widerstandes R in deutlich sichtbar. Der Widerstandswert ist dabei umso wichtiger je höher der Solarzellenstrom i pv ist.
Bei einem Strom von 100 A und einer Spannung von 1.5V wird beispielsweise bereits bei einem minimalen Gesamtwiderstand R in von 5mΩ mehr
als die Hälfte der Eingangsleistung p pv im Eingangskreis vernichtet! In der
unteren Bildreihe ist der Einfluss der Eingangsspannung u pv , des Eingangs-
- 264 -
- 265 -
stromes i pv sowie der Eingangsleistung p pv auf den Wirkungsgrad η in bei
konstant gehaltenem Widerstand R in = 2mΩ aufgetragen. Wie man leicht
erkennen kann, ist es umso schwieriger einen hohen Wirkungsgrad zu erreichen, je niedriger die Eingangsspannung u pv ist und je höher der Eingangsstrom i pv und die zu übertragende Leistung p pv sind. Abschliessend kann
man festhalten, dass die Güte des Eingangskreises entscheidend für die
gesamte Performance der Schaltung ist.
Niederspannungs-Hochsetzstellers, so stellt man fest, dass die Verluste sehr
stark vom Strom i pv und mit Ausnahme jener des Transformators kaum von
der Spannung u pv abhängen. Dies liegt an der dominierenden Stellung der
ohmschen Verluste im System.
Rin = 2mΩ; upv = 2.0V
PR,Total
PR,Total
25
PR,S1 S2
PR,S1 S2
25
20
PR,Trafo
PR,Trafo
20
15
PR,Hochsetzer
PR,Hochsetzer
→
upv=1.5V
upv=1.0V
20
upv=1.5V
→
0
→
upv=1.0V
upv=0.5V
80
upv=0.5V
1
2
3
4
Widerstand Rin [mΩ]
5 0
Widerstand Rin = 2mΩ
1
2
3
4
Widerstand Rin [mΩ]
Wirkungsgrad ηin [%]
5
0
0
20
40
60
80
Eingangsstrom ipv [A]
100 0
15
10
5
20
40
60
80
Eingangsstrom ipv [A]
0
100
75
Figur 6.28: Berechnete Verlustaufteilung innerhalb des NiederspannungsHochsetzstellers in Funktion des Eingangsstromes i pv beim
Gesamtwiderstand R in und der Eingangsspannung u pv
Widerstand Rin = 2mΩ
100
100
→
90
upv=2.5V
80
→
←
→
←
→
←
u =2.0V
pv
70
u =1.5V
pv
←
→
←
upv=1.0V
60
0
80
ppv=50W
ppv=100W
ppv=150W
p =200W
pv
ppv=250W
u =0.5V
pv
50
5
20
40
60
Eingangsstrom i
80
[A]
pv
100 0.5
60
40
20
Wirkungsgrad ηin [%]
0
85
10
→
→
40
90
→
upv=2.0V
PR,Cin
→
upv=2.0V
→
PR,Cin
→ →
→
60
95
→
→
→
→
→
80
Wirkungsgrad ηin [%]
100
→
Wirkungsgrad ηin [%]
100
30
Verlustleistung PR [W]
Eingangsstrom ipv = 20A
Verlustleistung PR [W]
Eingangsstrom ipv = 100A
→
Rin = 2mΩ; upv = 0.5V
30
0
1
1.5
2
2.5
Eingangsspannung u [V]
pv
Figur 6.27: Einfluss der Spannung u pv , des Stromes i pv und des Eingangswiderstandes R in auf den Wirkungsgrad des Eingangskreises
des Niederspannungs-Hochsetzstellers
Betrachtet man die in Figur 6.28 gezeigte Verlustaufteilung innerhalb des
Obwohl die Verluste sich kaum in Funktion der Spannung u pv ändern, spielt
diese beim Wirkungsgrad eine sehr wichtige Rolle. Ihr Einfluss wird richtig
sichtbar, wenn man die Ergebnisse der beiden Diagramme von Figur 6.28 in
Funktion der Eingangsleistung p pv aufzeichnet. Man gelangt auf diese
Weise zu Figur 6.29, welche deutlich vor Augen führt, dass sich die relativen
Verluste aufgrund der linear mit der Spannung u pv ansteigenden Leistung
p pv sehr stark mit der Spannung u pv ändern. So unterscheidet sich beispielsweise die absolute Verlustleistung des Niederspannungs-Hochsetzstellers gemäss Figur 6.29 bei u pv = 0.5V und I pv = 100 A nicht merklich
von jener bei u pv = 2.0V und I pv = 100 A . Weil aber die Eingangsleistung p pv im einen Fall 50W und im anderen Fall 200W beträgt, machen
die relativen Verluste im einen Fall 60% und im anderen lediglich 15% aus.
Die Figuren 6.28 und 6.29 bestätigen, dass die Verluste im Hochsetzsteller in
erster Linie vom Eingangsstrom i pv abhängig sind. Darüber hinaus zeigen
sie, dass der Transformator und die primärseitigen MOSFET-Transistoren
- 266 -
- 267 zunehmender Leistung. Der Grund ist, wie bereits erklärt, sehr einfach: Weil
die ohmschen Verluste quadratisch mit dem Strom i pv zunehmen, während
die Leistung p pv bei konstanter Eingangsspannung u pv nur linear mit dem
Strom i pv steigt, verschlechtert sich das Verhältnis der Nutz- zur Verlustleistung zu höheren Leistungen p pv hin.
30
upv = 0.5V
upv = 2.0V
20
15
Widerstand Rin = 2mΩ
Widerstand Rin = 0.5mΩ
die Hauptverlustquellen darstellen. Bei der Optimierung muss also das
Hauptaugenmerk auf diese beiden Komponenten gerichtet werden, um einen
möglichst hohen Gesamtwirkungsgrad η HS des Hochsetzstellers zu erzielen. Der Wirkungsgrad η HS ist mit den in Figur 6.24 gewählten Bezeichnungen wie folgt definiert:
u zk ( t ) ⋅ i zk ( t )
1
η HS = --- ⋅ --------------------------------- dt
T u pv ( t ) ⋅ i pv ( t )
∫
(6.35)
T
Für die in Figur 6.30 gezeigten Wirkungsgradberechnungen wurde die Ausgangsspannung u zk des Niederspannungs-Hochsetzstellers durch Verändern
des Tastverhältnisses a des sekundärseitigen Transistors S B konstant auf
340V gehalten. Wie stark der Wirkungsgrad η HS widerstandsabhängig ist,
verdeutlicht in Figur 6.30 der charakteristische Wirkungsgradabfall mit
0
40
80
→
→
→
→
120
160
Eingangsleistung ppv [W]
200 0
40
80
120
160
2.0V
1.75V
70
1.25V
60
50
→
→
←
1.0V
70
90
80
upv = 0.5V
Figur 6.29: Berechnete Verlustaufteilung innerhalb des NiederspannungsHochsetzstellers für R in = 2mΩ in Funktion der Leistung p pv :
Eingangsspannung u pv = 0.5V
Eingangsspannung u pv = 2.0V
Gesamtverluste P R, Total
Verluste in den primärseitigen Transistoren P R, S1 S2
Transformatorverluste P R, Trafo
Verluste im sekundärseitigen Hochsetzer P R, Hochsetzer
Verluste in der eingangsseitigen Filterkapazität P R, Cin
80
2.0V
200
1.75V
180
→
160
→
80
100
120
140
Eingangsleistung ppv [W]
1.5V
60
1.25V
40
→
20
1.0V
0
90
upv = 0.5V
0
Wirkungsgrad ηHS [%]
5
→
100
→
100
60
Wirkungsgrad ηHS [%]
10
1.5V
Verlustleistung PR [W]
25
50
200
Eingangsleistung ppv [W]
Figur 6.30: Berechneter Gesamtwirkungsgrad η HS des in Figur 6.24
dargestellten optimierten Niederspannungs-Hochsetzstellers
Die in Figur 6.30 gezeigten Wirkungsgradverläufe unterstreichen einerseits
die Schlüsselrolle des im Eingangskreis wirksamen Widerstandes R in für
den Wirkungsgrad η HS des Hochsetzstellers, zeigen aber andererseits auch
deutlich auf, dass bei einem Widerstand von R in = 0.5mΩ auch für sehr
niedrige Eingangsspannungen u pv von lediglich 1 – 2V über nahezu den
gesamten Betriebsbereich des Niederspannungs-Hochsetzstellers Wirkungsgrade η HS von weit über 90% möglich sind.
Sehr gute Wirkungsgrade erfordern also einen Gesamtwiderstand R in im
Eingangskreis des Niederspannungs-Hochsetzstellers von weit unter einem
Milliohm! Wenn man bedenkt, dass die besten heute verfügbaren MOSFETTransistoren bereits einen spezifizierten Durchlasswiderstand von 6mΩ aufweisen, sieht man erstens wie hochgesteckt das Ziel ist und zweitens, dass es
nur mittels Parallelschaltung der Transistoren auf der NiederspannungsHochstromseite realisierbar ist.
- 268 6.3.3
- 269 -
Energieeinbussen an der Solarzelle
Die zu optimierende Grösse unseres photovoltaischen Energiesystems ist der
jährliche Energieertrag. Dafür ist neben dem reinen EnergieumwandlungsWirkungsgrad η e des Umrichters, der sich aus dem Produkt des Wirkungsgrades η HS des Niederspannungs-Hochsetzstellers und η WR des Netzwechselrichters zusammensetzt, auch der nachfolgend definierte Anpassungswirkungsgrad η A entscheidend:
p sm
η a = ------------------p smMPP
nung u sz0 = 2.2V , einem Kurzschlussstrom i sz0 = 125 A und einem Füll2
faktor FF sz = 55% bei einer Einstrahlung von G' = 1[kW/m ] aus. Die
sich daraus ergebenden Solarkennlinien in Funktion der Einstrahlung G'
sind zusammen mit der charakteristischen Kurvenform des Eingangsstromes
i in ebenfalls in Figur 6.31 zu sehen. Bei kleiner Kapazität C in führen die
kommutierungsbedingten Schwankungen von i in zu Arbeitspunktauslenkungen um den MPP-Punkt herum. Die so entstehenden Ertragseinbussen
sind -wie in Figur 6.31 zu sehen- bei voller Einstrahlung G' am grössten,
weil dort auch die Abweichungen vom MPP am heftigsten sind.
(6.36)
Dabei stellt p sm die tatsächlich vom Solarmodul abgegebene und p smMPP
ihre maximal mögliche Leistung dar. Für die Verringerung des Anpassungswirkungsgrades η A sind im wesentlichen zwei Erscheinungen verantwortlich: eine statische und eine dynamische. Die statische Komponente gibt an,
wie gut der Maximalleistungsregler den Punkt maximaler Leistung unter stationären Einstrahlungsbedingungen findet. Sie hängt vom Maximum-PowerTracking-Algorithmus und von der Genauigkeit der Mess- und Signalverarbeitungskette ab sowie von den Oberschwingungen der Spannung u pv und
des Stromes i pv an der Solarzelle ab. Die dynamische Komponente gibt an,
wie schnell und genau der Maximalleistungsregler auf Einstrahlungsänderungen reagieren kann. Sie hängt im wesentlichen vom gewählten TrackingAlgorithmus und seinen Regeleigenschaften ab. Ein idealer MaximumPower-Tracker ist also in der Lage, Einstrahlungsänderungen abweichungsund verzögerungsfrei zu folgen.
In unserem Fall stellt sich vor allem bei der statischen Komponente des
Anpassungswirkungsgrades die Frage, inwieweit sich die Kommutierungseinbrüche im Eingangsstrom i in nach Figur 6.25 in Kombination mit den
beschränkten kapazitiven Filterungsmöglichkeiten an der Solarzelle negativ
auf den Anpassungswirkungsgrad η a auswirken. Diese Frage lässt sich, da
uns leider kein funktionsfähiges Niederspannungs-Solarmodul von 200W
Leistung zur Verfügung steht, quantitativ nur mittels Simulation ermitteln.
Aus diesem Grunde wurde das in Figur 6.31 gezeigte Modell in MatlabSimulink implementiert. Das einzellige Niederspannungs-Solarmodul
wurde dabei mit dem in Figur 3.4 gezeigten Eindiodenersatzschaltbild
modelliert. Im einzelligen Fall stimmen die Spannungen und Ströme u pv
und i pv unseres Quellenmodells mit den Zellengrössen u sz und i sz überein.
Für die Simulation gehen wir von einer Trippelzelle mit einer Leerlaufspan-
i
i sz0
i pv
pv
G′ = 1000W ⁄ m
500W ⁄ m
2
200W ⁄ m
2
i in
i in
2
MPP
u pv
u sz0
C in
∆t S
di ⁄ dt
I1
u pv
t
Modell
T ⁄2
Figur 6.31: Modell für die Ermittlung des Anpassungswirkungsgrades η a
unseres optimierten Niederspannungs-Hochsetzstellers aufgrund der Spannungs- und Strompulsationen am Solarmodul
Am Eingangsstrom i in können die Taktperiode T des Hochsetzstellers, die
Flankensteilheit di ⁄ dt der Kommutierungseinbrüche sowie die Amplitude
I 1 vorgegeben werden. In der Simulation wird bei gegebener Einstrahlung
G' , Taktperiode T , Flankensteilheit di ⁄ dt und Filterkapazität C in die
Amplitude I 1 des Stromes i in so lange verändert, bis die von der Solarzelle
in einer Taktperiode T gelieferte Leistung p pv = u pv ⋅ i pv maximal wird.
Daraus lässt sich unmittelbar die Leistungseinbusse gegenüber der MPPLeistung und damit auch der Anpassungswirkungsgrad η a berechnen.
Bei den in Figur 6.32 gezeigten Simulationsergebnissen wurden kolonnenweise für drei unterschiedliche Stromsteilheiten di ⁄ dt im Kommutierungsintervall ∆t S die Spannungen, Ströme und Leistungen sowie der sich daraus
ergebende Anpassungswirkungsgrad η a an der Solarzelle berechnet. Für die
gewählten Stromsteilheiten di ⁄ dt ergeben sich bei einer Stromamplitude
von I 1 = 125 A Kommutierungseinbrüche ∆t S von 1µs , 2µs und 5µs
Länge. Die Grösse der Filterkapazität C in stellt in jeder Kolonne die zweite
variierte Parametergrösse dar.
- 270 di/dt = 25A/µs
- 271 -
di/dt = 62.5A/µs
Die Ergebnisse von Figur 6.32 zeigen, dass ohne Filterkapazität C in je nach
Stromsteilheit di ⁄ dt mit fehlanpassungsbedingten Ertragseinbussen zwischen knapp 2% und knapp 8% zu rechnen ist. Bei dem von uns realisierten
optimierten Niederspannungs-Hochsetzsteller sind die Kommutierungseinbrüche ∆t S dank der sehr geringen Streuinduktivität L σ nur knapp über 1µs
lang. Gemäss den Simulationen von Figur 6.32 genügt unter solchen
Umständen bereits eine sehr kleine Filterkapazität C in von unter 200µF ,
um die anpassungsbedingten Ertragseinbussen auch bei voller Einstrahlung
auf unter 0.3% zu beschränken.
di/dt = 125A/µs
125
iin [A]
100
75
50
25
0
125
ipv [A]
100
Abschliessend können wir folgendes festhalten: Die Simulationsergebnisse
von Figur 6.32 bestätigen, dass dank dem nahezu kontinuierlichen Eingangsstrom i in unseres optimierten Niederspannungs-Hochsetzstellers bereits
eine sehr kleine Filterkapazität C in ausreicht, um an unserem einzelligen
Solarmodul einen ausgezeichneten Anpassungswirkungsgrad η a von über
99.5% erzielen zu können.
75
50
25
0
2.4
upv [V]
2.1
6.3.4
1.8
1.5
1.2
165
132
ppv [W]
Schaltungsdesign und Messergebnisse
Mit einem ersten Schaltungsprototypen konnte die Machbarkeit einer Niederspannungs-Hochsetzstufe für 1 – 2V Eingangsspannung und bis zu 100 A
Eingangsstrom nachgewiesen werden. In Figur 6.33 ist der Hochstromteil
des Hochsetzstellers zu sehen. Das Schaltungsdesign dieses ersten Laborprototypen ist gekennzeichnet durch eine Leiteranordnung in SandwichBauweise. Die Stromzuführungen bestehen dabei -wie in Figur 6.33 deutlich
zu sehen ist- aus zwei Kupferplatten.
99
66
33
0
0
10
20
30
Zeit [µs]
40
Cin = 0µF: ηa = 92.1%
C = 36µF: η = 92.4%
in
a
C = 180µF: η = 95.0%
in
a
Cin = 720µF: ηa = 99.3%
0
10
20
30
Zeit [µs]
40
Cin = 0µF: ηa = 96.9%
C = 36µF: η = 97.3%
in
a
C = 180µF: η = 99.0%
in
a
Cin = 720µF: ηa = 99.9%
0
10
20
30
Zeit [µs]
40
Cin = 0µF: ηa = 98.4%
C = 36µF: η = 98.9%
in
a
C = 180µF: η = 99.7%
in
a
Cin = 720µF: ηa = 100%
Figur 6.32: Strom-, Spannungs- und Leistungsverläufe sowie Anpassungswirkungsgrad η a an der Solarzelle in Funktion der Kapazität
C in und der Stromsteilheit di ⁄ dt :
C in = 0µF
C in = 180µF
C in = 16µF
C in = 720µF
MPP-Grössen (Strom, Spannung bzw. Leistung)
Figur 6.33: Niederohmsch-niederinduktiver Eingangsstromkreis des ersten
Laborprototypen des optimierten Niederspannungs-Hochsetzstellers nach Figur 6.24
- 272 -
- 273 -
Die in Figur 6.33 gezeigte Leiteranordnung in Sandwich-Bauweise ermöglicht, den Eingangsstromkreis des Umrichters sehr niederohmsch und niederinduktiv zu realisieren. Auf ihrer Unterseite sind die Leistungshalbleiter
der Schalter S 1 und S 2 sichtbar. Sie bestehen aus je 4 parallel geschalteten
MOSFETs des Typs IRL3803 von “International Rectifier” und weisen einen
spezifizierten maximalen Duchlasswiderstand von R DS = 6mΩ auf [62].
Der Hochfrequenztransformator ist in Planarbauweise ausgeführt. Die in
Figur 6.33 ebenfalls deutlich zu sehenden Elektrolytkondensatoren werden
lediglich zur Entkopplung des Hochsetzstellers vom verwendeten Netzgerät
zur Speisung der Testschaltung benötigt, da uns im Rahmen dieser Arbeit
leider noch kein einzelliges Solarmodul mit den geforderten elektrischen
Kenngrössen zur Verfügung stand [70], [73].
P1
------
2
• Die Verschachtelung der Wicklung reduziert die magnetische Feldstärke H W im Wicklungsfenster und reduziert so sowohl die Stromverdrängung aufgrund des Skin- und des Proximity-Effektes als auch die
Streuung des Transformators.
• Die primärseitigen Hochstromwicklungen, die eine sehr hohe Stromtragfähigkeit aufweisen müssen, sind mittels Lammellenleitern aufgebaut und bestehen aus einer einzigen Windung. Die Lammellierung
verringert die Stromverdrängung. Mit der Beschränkung auf eine einzelne Wicklung auf der Niederspannungsseite kann ihre Länge minimal
und ihr Querschnitt innerhalb des zur Verfügung stehenden Wicklungsfensters A W maximal gemacht werden. All diese Massnahmen ermöglichen letztendlich einen wirksamen Wicklungswiderstand von weit
unter 1mΩ .
Die Scheinleistung S des in Figur 6.34 gezeigten Planartransformators beträgt 200VA und seine Grundschwingungsfrequenz ist f T = 25kHz . Dabei
P2
S
--2
P1
------
2
HW
x
HW
Planartransformator
In der Planarbauweise bestehen die einzelnen Transformatorwicklungen
nicht wie bei herkömmlichen Transformatoren aus bewickeltem Draht, sondern aus Leiterplatinen. Dank ihrer flachen Struktur können sehr hohe Kupferfüllfaktoren und eine sehr enge magnetische Kopplung erzielt werden.
Figur 6.34 zeigt den eingesetzten Planartransformator, die Anordnung seiner
Wicklungen sowie den Verlauf der Feldstärke innerhalb des Wicklungsfensters bei dem ein Grossteil der in Kapitel 5.4.2 beschriebenen Massnahmen
zur Verringerung der Streuung und des Skin- und Proximity-Effektes verwirklicht sind:
S
--2
x
Figur 6.34: Planartransformator samt Wicklungsanordnung und Verlauf der
magnetischen Feldstärke H W innerhalb des Wicklungsfensters
Ersatzschaltung:
Wicklungswiderstände:
R1
R 1 = 0.2mΩ ; R 2 = 1.9Ω
1
R2
I1
4
N1
U1 2
N2
U2
5
N1
3
U1
L 1 = --------ωI 1
U2
L 2 = --------ωI 2
R1
Streuinduktivität:
U2
L σ21 = --------ωI 2
Wicklungsinduktivitäten:
I2
= 10µH
I2 = 0
= 23mH
I1 = 0
Windungszahlen:
= 64µH
U1 = 0
N 1 = 1 ; N 2 = 96
Tabelle 6.6: Technische Daten des Planartransformators von Figur 6.34
- 274 -
- 275 -
bezeichnen P 1 und P 2 die beiden primärseitigen und S die sekundärseitige
Wicklung des Transformators. Figur 6.34 zeigt darüber hinaus, wie sich der
magnetische Feldstärkeverlauf H W innerhalb des Wicklungsfensters ändert
je nachdem, welche der beiden Primärwicklungen bestromt ist.
Wirkungsgrad η e mit seiner starken Gewichtung der Verhältnisse bei Teillast berücksichtigt diesen wichtigen Umstand sehr gut und liefert daher eine
aussagekräftige Kenngrösse zur Beurteilung einer Wirkungsgradkennlinie
eines Solarumrichters. Aus diesem Grunde verwenden wir ihn fortan als
wichtigste Kenngrösse für die Beurteilung der gemessenen Wirkungsgrade.
Der Hochfrequenz-Planartransformator von Figur 6.34 wurde gemäss unserer Spezifikationen durch die auf dem Gebiet der magnetischen Planarbauelemente spezialisierte israelische Firma Payton gefertigt. Seine genauen
Kenndaten sind in der Tabelle 6.6 dargestellt. Bemerkenswert sind dabei vor
allem der sehr geringe Widerstand R 1 der zwei primärseitigen Hochstromwicklungen sowie die äusserst geringe Streuung L σ21 ⁄ L 2 von lediglich
0.28%! Die primärseitige Streuinduktivität L σ12 fehlt in Tabelle 6.6. Der
Grund dafür liegt darin, dass uns eine zuverlässige Bestimmung von L σ12
aufgrund ihres sehr geringen Wertes messtechnisch nicht möglich war.
Euro-Wirkungsgrad als Kenngrösse
Photovoltaik-Anlagen arbeiten aus Witterungsgründen häufig im Teillastbetrieb. Bei der Optimierung des Umrichters sollte man diesen Umstand unbedingt beachten, denn im Gegensatz zu vielen anderen Anwendungen kommt
es bei einem Photovoltaik-Umrichter nicht in erster Linie darauf an, einen
besonders hohen Wirkungsgrad bei Vollast, sondern einen möglichst hohen
Wirkungsgrad über einen möglichst weiten Teillast-Betriebsbereich zu erreichen. Eine optimale Wirkungsgradkurve eines Solarumrichters steigt somit
sehr schnell an, weist bei Teillast ein flaches Optimum auf und sinkt gegen
den Vollastpunkt hin leicht ab. Der in Figur 6.35 definierte sogenannte Euro-
Punkte und Gewichtung [%]
Euro−Wirkungsgrad ηe
Definition:
100
η e = 0.03 ⋅ η 05 +
75
0.06 ⋅ η 10 +
50
0.13 ⋅ η 20 +
25
0.10 ⋅ η 30 +
0
0.48 ⋅ η 50 +
5 10 20 30
50
Leistung [%]
100
Gemessene Kurvenverläufe am ersten Laborprototypen
Das nachfolgende KO-Bild dokumentiert die gemessenen Spannungs- und
Stromverläufe am ersten Laborprototypen [73]. Darauf erkennt man, dass
die Spannungen und Ströme im Unterschied zu den in Figur 6.25 gezeigten
idealisierten Kurvenverläufen in Realität von einer hochfrequenten Schwingung, welche von dem aus Transformatorstreuung L σ und Sperrschichtkapazität C S der sekundärseitigen Gleichrichterdioden gebildeten Serieschwingkreis herrührt, überlagert sind. Weil sie die Funktionsweise der
Schaltung in keinerlei Art und Weise beeinträchtigen, werden wir auch nicht
näher darauf eingehen.
Arbeitspunkt:
U pv =
1.5V
I pv
=
50 A
U zk
= 340V
Ch1:
Ch2:
Ch3:
Ch4:
Spannung über S 1
Spannung über S 2
Spannung u b [ 200V ⁄ Div ]
Strom i S [ 50 A ⁄ Div ]
Figur 6.36: Gemessene Spannnungen und Ströme am ersten Prototypen des
Niederspannungs-Hochsetzstellers [73]
In Figur 6.36 erkennt man ferner die Grundschwingungsfrequenz f T von
25kHz des Hochsetzstellers. Dies hat einerseits den Vorteil, dass der
Umrichter völlig lautlos arbeitet, und andererseits können die reaktiven
Komponenten auf diese Weise klein gehalten werden.
0.20 ⋅ η 100 (6.37)
Figur 6.35: Definition und Gewichtung der einzelnen WirkungsgradKennlinienpunkte beim Euro-Wirkungsgrad η e
Gemessener Wirkungsgrad des ersten Laborprototypen
Die Messungen von Figur 6.37 erfolgten bei konstanter Ausgangsspannung
U zk = 340V . Die Eingangsspannung U pv wurde zwischen 1 und 2V vari-
- 277 -
iert. Die primärseitigen Leistungstransistoren S 1 und S 2 wurden mit einer
konstanten Taktfrequenz f T von 25kHz und die Kommutierungshilfe S A
demzufolge ebenfalls mit einer konstanten Taktfrequenz f T von 50kHz
betrieben, während der Leistungstransistor S B des sekundärseitigen Hochsetzstellers aufgrund des toleranzbandgeregelten Stromes i i mit einer zwischen f Tmin = 25kHz und f Tmax = 38kHz variierenden Taktfrequenz
f T arbeitete. Dies erfordert bei einer Toleranzbreite von 100mA , was einer
relativen Schwankungsbreite von etwa ± 4% der Nennstromamplitude von
i i entspricht, einen Induktivitätswert L S von 17mH . Aus Verträglichkeitsgründen muss das Schwankungsband [ f Tmin … f Tmax ] der Taktfrequenz
f T von S B zwingend oberhalb der Hörschwelle liegen, denn summende
oder gar pfeifende Solarfassaden wären absolut inakzeptabel.
der Ausgangsspannung u zk am ersten Prototypen des NiederspannungsHochsetzstellers zu. Die dort dargestellten Ergebnisse zeigen, dass auch die
Zwischenkreisspannung u zk beträchtlichen Einfluss auf den Gesamtwirkungsgrad η HS des Niederspannungs-Hochsetzstellers hat. Das Diagramm
auf der linken Seite von Figur 6.38 zeigt den Normalfall, bei dem folgendes
gilt:
• Höhere Zwischenkreisspannungen u zk führen in den sekundärseitigen
Gleichrichterdioden ebenfalls zu höheren Schaltverlusten.
→
2.0V
→
1.75V
=
=
=
=
=
90.3%
88.9%
87.2%
84.6%
80.8%
50 75 100 125 150 175 200
Eingangsleistung ppv [W]
Figur 6.37: Gemessener Gesamtwirkungsgrad des ersten NiederspannungsHochsetzsteller-Prototypen bei einer konstanten Zwischenkreisspannung von U zk = 340V
Die Messergebnisse von Figur 6.37 stimmen im Bereich zwischen 20 und
100% der Nennleistung, in dem die ohmschen Verluste eine vorherrschende
Rolle spielen, sehr gut mit den in Figur 6.30 berechneten Werten für einen
Eingangswiderstand R in von 2mΩ überein [7], [73]. Im untersten Leistungsbereich müsste das Verlustmodell verfeinert werden, da in diesem
Bereich neben den ohmschen auch die restlichen Verlustmechanismen mitberücksicht werden müssen, um zuverlässige Wirkungsgrad-Vorhersagen
treffen zu können.
Sehr interessante Aufschlüsse lässt auch die in Figur 6.38 gezeigte Variation
Eingangsspannung upv = 1V
Eingangsspannung upv = 2V
90
95
85
92
80
89
75
86
70
83
65
0
20
40
60
80
Eingangsstrom ipv [A]
100 0
20
40
60
80
Wirkungsgrad ηHS [%]
25
ηe
ηe
ηe
ηe
ηe
Wirkungsgrad ηHS [%]
0
1.5V
60
1.25V
70
→
80
→
90
50
• Mit steigender Spannung u zk sinkt die Entmagnetisierungsdauer der
Glättungsinduktivität L S . Dies führt bei unveränderter Toleranzbandbreite zu einer Erhöhung der Taktfrequenz f T des sekundärseitigen
Hochsetzstellers und somit in Verbindung mit den höheren zu schaltenden Spannungen auch zu höheren Schaltverlusten.
Dies hat zur Folge, dass sich der Gesamtwirkungsgrad η HS des Hochsetzstellers mit sinkender Zwischenkreisspannung u zk verbessert.
100
upv = 1.0V →
Gesamtwirkungsgrad ηHS [%]
- 276 -
80
100
Eingangsstrom ipv [A]
Figur 6.38: Einfluss der Spannung U zk auf den gemessenen Gesamtwirkungsgrad η HS des Niederspannungs-Hochsetzstellers:
U zk = 220V
U zk = 430V
U zk = 340V
Äusserst interessant ist der im rechten Diagramm von Figur 6.38 sichtbare
Einbruch im Wirkungsgradverlauf des Niederspannungs-Hochsetzstellers,
wenn sich die Eingangsspannung u pv am oberen Ende und die Ausgangs-
- 278 spannung u zk gleichzeitig am unteren Ende ihres Spannungsbereiches befinden. Im Gegensatz zu der zuvor festgehaltenen Regel, dass der Gesamtwirkungsgrad η HS mit sinkender Zwischenkreisspannung u zk ansteigt,
sinkt die Wirkungsgradkurve für U zk = 220V mit zunehmendem Strom i pv
sogar noch unter jene für eine Zwischenkreisspannung von U zk = 340V ab.
Der Grund dafür ist in der reduzierten Wirksamkeit der Kommutierungshilfe
S A für diesen Betriebsfall zu suchen, denn bei 2V Eingangsspannung und
220V Zwischenkreisspannung liegt diese nur geringfügig über der Spannung u b am Gleichrichterausgang. Der geringe Spannungsunterschied zwischen u b und u zk hat sehr flache Stromflanken im Kommutierungsintervall
∆t S der primärseitigen Niederspannungs-Hochstrom-Transistoren S 1 und
S 2 zur Folge, was letztlich dazu führt, dass die MOSFET-Leistungstransistoren S 1 und S 2 -insbesondere bei hohem Eingangsstrom i pv - nicht mehr
unter Quasi-ZCS-Bedingungen schalten können, sondern den Löwenanteil
des durch sie fliessenden Stromes i in aktiv über das Gate ausschalten müssen. Die Schaltverluste in den mit hohen Strömen belasteten primärseitigen
Leistungshalbleitern S 1 und S 2 steigen dadurch sehr stark an, und als Folge
davon fällt der Wirkungsgrad η HS ebenso stark ab.
Die Ausführungen des letzten Abschnittes zeigen einerseits, wie wirksam
das im Rahmen dieser Arbeit vorgestellte neue Schaltungsprinzip ist, um
unter Quasi-ZCS-Bedingungen schalten zu können, und lassen andererseits
folgende Schlüsse zu:
• Den besten Gesamtwirkungsgrad erreicht man, wenn das Spannungsniveau der Zwischenkreisspannung u zk so tief wie möglich gewählt wird.
• Das Übersetzungsverhältnis des Hochfrequenztransformators muss
sehr sorgfältig auf den Eingangsspannungsbereich des Hochsetzstellers
abgestimmt werden, um eine optimale Funktionsweise der Kommutierungshilfe und damit das Schalten unter “Quasi-ZCS”-Bedingungen
über den gesamten Betriebsbereich des optimierten NiederspannungsHochsetzstellers gewährleisten zu können.
• Variiert sowohl die Eingangs- als auch die Ausgangsspannung des Niederspannungs-Hochsetzstellers sehr stark, sollte die Dauer ∆t S des
Kommutierungsintervalles in Funktion des Eingangsstromes i pv und
des Spannungsübersetzungsverhältnisses M = u zk ⁄ u pv im Betrieb
eingestellt werden, denn nur so lassen sich über den gesamten Betriebsbereich Quasi-ZCS-Schaltbedingungen und nahezu vernachlässigbare
Schaltverluste auf der Niederspannungs-Hochstromseite gewährleisten.
- 279 Gemessene Verlustaufteilung
Figur 6.39 zeigt die gemessene Verlustaufteilung an dem in Figur 6.33
gezeigten ersten Laborprototypen des Niederspannungs-Hochsetzstellers.
i pv
u pv
is
i in
us
i SA S A
DA
LS
ii
i zk
C zk
u zk
ub
SB
u in
S1
S2
Boost stage
Hochsetzer
11%
Remainder
Rest
Upv = 1.5V
Ipv = 100A
Udc = 340V
5%
Transistoren
S1 S2
Transistors S1,S2
Gleichrichter
Rectifier
8%8%
40%
Kommutierhilfe
Transistor SA
3%3%
Trafo
Transformator
24%
24%
Kondensator Cin
Copper C Input
Kupfer-Layer
6%
6%
layers
3%
3%
Figur 6.39: Gemessene Verlustaufteilung beim ersten Hardware-Prototypen
des Niederspannungs-Hochsetzers [73]
Aufgrund des in Figur 6.33 gezeigten sehr kompakten niederinduktiven Aufbaus der Hochsetzerstufe ist es nicht möglich, die Verluste jedes Bauteils
gesondert zu messen. Deshalb mussten die messtechnisch nicht abgreifbaren
Grössen aus den verfügbaren Grössen rekonstruiert werden. Dies ist auch der
Grund, weshalb 5% der anfallenden Verluste keinem Bauteil zugeordnet werden konnte und als Rest in der Verlustverteilung von Figur 6.39 erscheint.
- 280 Im Hinblick auf die Optimierung des Wirkungsgrades η HS beim Redesign
des Niederspannungs-Hochsetzstellers sind genaue Kenntnisse der Verlustaufteilung unerlässlich. Figur 6.39 verdeutlicht, dass die NiederspannungsHochstrom-Transistoren den Löwenanteil zu den Verlusten des gesamten
optimierten Niederspannungs-Hochsetzstellers beisteuern, gefolgt von dem
25kHz -Hochfrequenztransformator, dem sekundärseitigen Hochsetzsteller
und dem Diodengleichrichter. Diese Erkenntnisse und die gewonnenen
Erfahrungen im Umgang mit den aussergewöhnlichen Randbedingungen
unserer Fragestellung bilden neben dem Nachweis der Machbarkeit eines
Niederspannungs-Hochsetzstellers mit über 90% Wirkungsgrad den Hauptnutzen des ersten Laborprototypen und setzen uns nun in die Lage, den Niederspannungs-Hochsetzsteller beim Redesign in vielfältiger Hinsicht gezielt
verbessern zu können.
6.3.5
Optimierungsansätze und ihr Potential
Das Redesign stützt sich auf die gewonnenen Erfahrungen bei der Synthese,
beim Aufbau und bei der Charakterisierung des ersten Laborprototypen. Die
Anstrengungen im Hinblick auf das Redesign der Leistungsstufe zielen
hauptsächlich auf eine Steigerung des Wirkungsgrades sowie auf das Finden
eines Schaltungsdesigns ab, das den Anforderungen einer Massenfertigung
gerecht wird.
- 281 zeigt- den Gesamtwirkungsgrad η HS des Niederspannungs-Hochsetzstellers sehr deutlich zu steigern.
• Hochfrequenztransformator
Der in Figur 6.34 gezeigte Planartransformator des ersten Prototypen
ist bereits Ergebnis eines langen Optimierungsprozesses. Abgesehen
von den Wicklungswiderständen und vom Preis lässt er daher technisch
auch kaum Wünsche offen. Aus diesem Grunde wurde mit einem Ringtransformator eine preisgünstigere Alternative auf ihre Tauglichkeit hin
untersucht. Um die Wicklungswiderstände so gering wie möglich zu
halten, wurden seine Transformatorwicklungen mit Hochfrequenzlitze
gewickelt, denn durch Verwendung von Hochfrequenzlitzen kann der
Einfluss des Skin- und des Proximity-Effektes in den Wicklungen und
damit auch der wirksame Wicklungswiderstand verringert werden.
• Gleichrichter
Die Verluste im sekundärseitigen Diodengleichrichter können durch
Verwendung eines Synchrongleichrichters verringert werden. Dabei
werden unter Ausnutzung der in Kapitel 5.3 beschriebenen Leitfähigkeit des MOSFETs in Rückwärtsrichtung die Gleichrichterdioden wie
folgt durch synchron getaktete MOSFET-Transistoren ersetzt:
S D1
D1
Wirkungsgradoptimierung
Bei der Wirkungsgradoptimierung stellen die in Figur 6.39 gezeigten Hauptverlustquellen das primäre Optimierungsziel dar, wobei ihr Potential sehr
unterschiedlich ist. Nachfolgend sollen daher die einzelnen Massnahmen
kurz dargestellt werden:
• Niederspannungs-Hochstrom-Transistoren S 1 und S 2
Die Verluste in den Transistoren S 1 und S 2 können durch Erhöhung
der Anzahl parallel geschalteter MOSFETs verringert werden. Aufgrund des Schaltens unter Quasi-ZCS-Bedingungen dank der sekundärseitig angeordneten Kommutierungshilfe S A erfolgt dies -abgesehen
vom leicht höheren Aufwand und Ansteuerungsenergiebedarf- praktisch ohne irgendwelche Nachteile in Kauf nehmen zu müssen. Aus diesem Grunde wurde die Anzahl parallel geschalteter Leistungstransistoren pro Schalter S 1 oder S 2 beim Redesign von 4 auf 12
erhöht. Dies erlaubt, den Gesamtwiderstand R in im NiederspannungsHochstromkreis auf Werte von 0.5mΩ zu verringern und damit -wie
ein Vergleich des linken mit dem rechten Diagramm von Figur 6.30
us
ub
D2
S D3
D3
D4
ub
us
S D2
S D4
Figur 6.40: Synchron-Gleichrichter: Ersatz der Gleichrichterdioden
durch synchron getaktete MOSFET-Leistungstransistoren
Durch Verwendung des in Figur 6.40 gezeigten Synchrongleichrichters
können die Flussspannungsabfälle im Gleichrichter stark reduziert und
somit der Wirkungsgrad erheblich verbessert werden. Dies trifft umso
mehr zu, falls ein Leistungstransistor aus der neuen CoolMOS-Reihe,
von Siemens eingesetzt wird, denn CoolMOS-Transistoren weisen aufgrund höher dotierter Kolonnen in der Epitaxieschicht einen um den
Faktor 5 geringeren Durchlasswiderstand R DS bei gleicher Chipfläche
- 282 -
- 283 -
und um den Faktor 2 kleinere Schaltverluste bei gleichem R DS als herkömmliche Standard-MOSFET-Transistoren [63].
• Sekundärseitiger Hochsetzsteller
Die Verluste im sekundärseitigen Hochsetzsteller können ebenfalls
durch den Einsatz von CoolMOS-Leistungstransistoren in Verbindung
mit Silizium-Carbid-Dioden, welche derzeit von Infineon angekündigt
werden, sehr stark reduziert werden. Wenn die 600V ⁄ 6 A -SiliziumCarbid-Schottky-Dioden das halten, was die Datenblätter ankündigen,
erlauben sie, aufgrund ihres praktisch inexistenten Rückwärtserholstromes die Schaltverluste in der Diode D A selbst und vor allem die
Einschaltverluste im beteiligten Leistungstransistor S B des sekundärseitigen Hochsetzstellers dramatisch zu reduzieren [64]. Zusammen mit
dem im Vergleich zu den in unseren Laborprototypen verwendeten
Standard-Leistungstransistoren wesentlich niedrigeren R DS der CoolMOS-Transistoren liegt eine Verringerung der Gesamtverluste im
sekundärseitigen Hochsetzstellers um den Faktor 2 sicherlich und um
den Faktor 3 wahrscheinlich drin. Dies allein führt je nach Arbeitspunkt
zu einer Steigerung des Gesamtwirkungsgrades η HS des Niederspannungs-Hochsetzstellers um 1 bis 2%.
Mit Ausnahme der CoolMOS-Transistoren und der Silizium-Carbid-Dioden,
die uns leider im Rahmen dieser Arbeit noch nicht zur Verfügung standen,
wurden alle in diesem Kapitel beschriebenen Massnahmen zur Wirkungsgradsteigerung bei dem im Rahmen eines Redesigns aufgebauten Niederspannungs-Hochsetzstellers der zweiten Generation umgesetzt.
Optimierung im Hinblick auf eine Massenfertigung
Die aufwendigen Handbearbeitungsschritte zur Herstellung des in Figur
6.33 gezeigten ersten Laborprototypen sind für eine Massenfertigung völlig
ungeeignet. Aus diesem Grunde wurde in enger Zusammenarbeit mit dem
Hightech-Leiterplattenhersteller Optiprint AG nach Lösungen gesucht, die
den Anforderungen einer Massenfertigung in hohen Stückzahlen gerecht
werden. Die Ergebnisse dieser Anstrengungen sind äusserst erfreulich:
• Mit leichten Modifikationen des Ätzverfahrens ist es möglich, auch den
Niederspannungs-Hochstromteil des Umrichters mittels Ätzverfahren
herzustellen. Im Vergleich zur konventionellen Leiterplattenherstellung
müssen aufgrund der 0.8mm dicken Kupferlayer die minimal zulässigen Strukturabmessungen sowie die Anzahl Bearbeitungsschritte beim
Belichtungs- und Ätzprozess erhöht werden. Alle übrigen Prozess-
schritte, die dazu erforderlichen Designwerkzeuge sowie die benötigte
Infrastruktur zur Herstellung, Prüfung und Bestückung der Printplatten
können von der konventionellen Leiterplattenherstellung übernommen
werden. Dies macht aufwendige und teure Handbearbeitungsschritte
bei der Fertigung des Niederspannungs-Hochsetzstellers überflüssig.
• Die Verwendung von SMD-Gehäuseformen für die Leistungsbauteile
auf der Niederspannungs-Hochstromseite ermöglicht, die Ausdehnung
der Schaltung zu reduzieren und somit den gesamten Schaltungsaufbau
noch niederohmiger und niederinduktiver zu gestalten.
• Die Kontaktierung der Bauteile auf der Niederspannungs-HochstromLeiterplatte kann in einem Reflow-Ofen erfolgen, muss aber aufgrund
der sehr grossen Wärmekapazität der 0.8mm dicken Kupferlayer sehr
sorgfältig erfolgen, da sonst die Halbleiter überhitzt und zerstört werden können. Die Bestückung unserer Niederspannungs-Hochsetzsteller
der zweiten Generation hat uns gezeigt, dass keine Schäden zu erwarten
sind, falls die von den Halbleiterherstellern vorgeschriebenen Temperaturprofile strikte eingehalten werden.
Die im Rahmen des Redesigns gewonnenen Erfahrungen im Fertigungs- und
Bestückungsbereich sind im Hinblick auf eine Massenfertigung des gesamten Umrichtersystems sehr wertvoll, denn sie zeigen, dass trotz der geforderten sehr hohen Stromtragfähigkeit auf der Eingangsseite des optimierten
Niederspannungs-Hochsetzstellers prinzipiell der gesamte Umrichter als
Massenprodukt vollautomatisch gefertigt, bestückt und getestet werden
kann. Dies ist äusserst wichtig, um die sich durch die Gesetze der “Economy
of Volume” bietenden Preisvorteile voll ausschöpfen zu können. Damit
konnte auch die Machbarkeit einer rationellen Fertigung des gesamten
Umrichtersystems erbracht werden.
6.3.6
Redesign des Niederspannungs-Hochsetzstellers
Die Figuren 6.41 und 6.42 zeigen das Ergebnis des Redesigns des optimierten Niederspannungs-Hochsetzstellers, welcher unter Berücksichtigung der
in Kapitel 6.3.5 genannten Massnahmen zur Wirkungsgradoptimierung
sowie der Anforderungen an eine rationelle Massenfertigung erfolgte. Die
beiden Laborprototypen der zweiten Generation unterscheiden sich im
wesentlichen nur durch ihren Hochfrequenz-Transformator. In der Anordnung von Figur 6.41 wurde der hochwertige Planartransformator des ersten
Laborprototypen wiederverwendet, während in jener von Figur 6.42 ein
preiswerterer Ringkerntransformator eingesetzt wurde.
- 284 -
- 285 -
100
Die Figuren 6.41 und 6.42 zeigen, dass einerseits bei der Ausführung mit
Planartransformator lediglich 4 von den insgesamt 24 NiederspannungsHochstrom-Transistoren auf der oberen Seite der Leiterplatte angeordnet
sind, während sich andererseits die Transistoren bei der Schaltung mit Ringkerntransformator je zur Hälfte zwischen Ober- und Unterseite aufteilen.
Besonders bemerkenswert ist die Tatsache, dass aufgrund des ausserordentlich guten Gesamtwirkungsgrades η HS der in Figur 6.41 und 6.42 gezeigten
Niederspannungs-Hochsetzsteller der 2. Generation in beiden Fällen so
wenig Verlustleistung anfällt, dass die Leistungstransistoren gar keinen
Kühlkörper mehr benötigen, um die Verlustwärme abzuführen. In Figur 6.42
→
→
→
1.75V
2.0V
80
0
25
1.25V
→
upv = 1.0V
85
ηe
ηe
ηe
ηe
ηe
=
=
=
=
=
94.7%
94.3%
93.6%
92.8%
91.6%
ηe
ηe
ηe
ηe
ηe
=
=
=
=
=
94.4%
93.9%
93.3%
92.5%
91.2%
50 75 100 125 150 175 200
Eingangsleistung ppv [W]
100
→
→
→
1.75V
2.0V
upv = 1.0V
85
80
0
25
1.25V
→
→
90
1.5V
95
75
Figur 6.42: Eingangsstromkreis des Laborprototypen der 2. Generation des
optimierten Niederspannungs-Hochsetzstellers nach Figur 6.24
in der Ausführung mit Ringkerntransformator
→
90
1.5V
95
75
Gesamtwirkungsgrad ηHS [%]
Figur 6.41: Eingangsstromkreis des Laborprototypen der 2. Generation des
optimierten Niederspannungs-Hochsetzstellers nach Figur 6.24
in der Ausführung mit Planartransformator
Gesamtwirkungsgrad ηHS [%]
ist überdies die in Kapitel 6.3.5 erwähnte Hochfrequenzlitze bei den Primärwicklungen des Ringkerntranformators sehr gut erkennbar.
50 75 100 125 150 175 200
Eingangsleistung ppv [W]
Figur 6.43: Gemessener Gesamtwirkungsgrad an den NiederspannungsHochsetzsteller-Prototypen der zweiten Generation bei einer
konstanten Ausgangsspannung von U zk = 340V :
oben: Ausführung mit Planartransformator nach Figur 6.41
unten: Ausführung mit Ringkerntransformator nach Figur 6.42
Die in Figur 6.43 gezeigten Messergebnisse bestätigen unsere Erwartungshaltung in bezug auf den Gesamtwirkungsgrad η HS des NiederspannungsHochsetzstellers der 2. Generation. Dank den in Kapitel 6.3.5 besprochenen
Massnahmen konnte η HS im Vergleich zum ersten Laborprototypen nochmals beträchtlich gesteigert werden und erreicht im günstigsten Fall einen
stolzen Euro-Wirkungsgrad η e von 94.7%. Erfreulicherweise fällt der Euro-
- 286 -
- 287 -
Wirkungsgrad η e der Ausführung mit dem Ringkerntransformator im Vergleich zu jener mit dem Planartransformator nur unwesentlich ab. In den
Wirkungsgradverläufen sind hingegen einige bemerkenswerte Unterschiede
erkennbar. So fällt beispielsweise der etwas höhere Wirkungsgrad η HS des
Hochsetzstellers mit Ringkerntransformator bei voller Leistung p pv auf.
Dies rührt hauptsächlich von den leicht geringeren Wicklungswiderständen
aufgrund der verwendeten Hochfrequenzlitze her, die sich insbesondere bei
hohem Eingangsstrom i pv positiv bemerkbar machen. Bei Teillast macht die
geringere Streuung des Planartransformators diesen Vorteil des Ringkerntransformators wieder mehr als wett, so dass die Anordnung mit dem Planartransformator wirkungsgradmässig dort wieder obenausschwingt.
nung zwingend erforderlich ist, ist der zweite Schlüsselparameter des Hochsetzstellers. Ausgedehnte Simulationen haben ergeben, dass die
Schaltverluste ohne spezielle Vorkehrungen auch bei minimaler Streuung ein
nicht tolerierbares Mass erreichen. Der Grund ist einerseits im sehr hohen
Eingangsstrom i pv und andererseits in den sehr beschränkten kapazitiven
Filterungsmöglichkeiten zu suchen. Dieses Problem lässt sich in unserem
Fall nur mittels “Zero-Voltage”- oder “Zero-Current-Switching” effizient
lösen. Das Ziel besteht dabei darin, die Halbleiter entweder spannungs- oder
stromlos zu schalten. Dadurch können die Schaltverluste deutlich verringert
werden.
Abschliessend bleibt mir nur noch die Feststellung, dass die Ergebnisse von
Figur 6.43 mit einem Spitzenwert von η e = 94.7% meine zu Beginn der
Arbeit erträumten Hoffnungen in bezug auf den erzielbaren Gesamtwirkungsgrad η HS des von mir zu bauenden Niederspannungs-Hochsetzstellers
bei weitem übertroffen haben!
6.4
Zusammenfassung
Der in diesem Kapitel vorgestellte Niederspannungs-Hochsetzsteller stellt
das Kernelement des gesamten Umrichters dar und ermöglicht, sehr niedrige
Spannung u pv von lediglich 1…2V und hohe Ströme i pv von über 100 A
mit einem erstaunlichen Wirkungsgrad von 91 bis 95% auf ein Zwischenkreisspannungsniveau u zk = 340V hochzusetzen. Mit einer nachgeschalteten Wechselrichterstufe kann somit die von einem einzelligen Solarmodul
gelieferte elektrische Leistung mit einem Gesamtwirkungsgrad von über
90% ins öffentliche 230V ⁄ 50Hz -Energieversorgungsnetz eingespeist werden. Ein derartig hoher Wirkungsgrad ist nur möglich dank unserem optimal
an die besonderen Anforderungen angepassten neuen Schaltungskonzept
sowie sorgfältiger Optimierung der Leistungskreise und sämtlicher Bauteile
unter Berücksichtigung ihrer Nichtidealitäten wie beispielsweise parasitäre
Induktivitäten und Kapazitäten oder Stromverdrängungseffekte aufgrund
des Skin- und des Proximity-Effektes. Der erzielbare Gesamtwirkungsgrad
η HS des Niederspannungs-Hochsetzstellers hängt hauptsächlich vom resultierenden Widerstand R in des Eingangskreises ab. Technisch lässt sich dies
nur mittels Parallelschaltung sehr vieler MOSFET-Leistungstransistoren
erreichen. Die Streuung des Hochfrequenztransformators, welcher aufgrund
des riesigen Spannungshubs zwischen Eingangs- und Zwischenkreisspan-
In unserem Fall ist für das Schalten der Hochstrom-MOSFETs unter “ZeroCurrent-Switching”-Bedingungen lediglich ein zusätzlicher Transistor erforderlich. Das besonders Elegante an dieser sehr einfachen und daher leicht
umsetzbaren Lösung besteht darin, dass dieser Transistor sekundärseitig und
ausserhalb des Lastkreises angeordnet ist. Dies ermöglicht eine Aufgabenteilung zwischen den Hochstrom-Leistungstransistoren auf der Niederspannungsseite und dem Kommutierungshilfetransistor. Während letzterer auf
Schaltbetrieb getrimmt wird, können die Durchlasseigenschaften der primärseitigen Schalter mittels Parallelschaltung vieler MOSFETs verbessert werden. Ein weiterer Vorzug unseres Niederspannungs-Hochsetzstellers besteht
darin, dass er ohne Glättungsdrossel auf der Niederspannungsseite, welche
wegen des dort fliessenden sehr hohen Stromes sperrig und teuer würde,
einen nahezu kontinuierlichen Eingangsstrom aufweist.
Neben dem Wirkungsgrad richteten wir beim Redesign unser Augenmerk
insbesondere auf verschiedene Fertigungsaspekte, denn ohne eine vollautomatische Fertigung, Bestückung und Endprüfung des gesamten Umrichtersystems lässt sich das Kostensenkungspotential des neuen EinzellenWechselrichter-Ansatzes nicht voll ausschöpfen. In enger Zusammenarbeit
mit einem High-Tech-Leiterplattenhersteller wurde ein Hochsetzsteller entwickelt, bei dem sich auch die 0.8mm dicken Leiterplatten auf der Hochstromseite mittels Ätztechnik fertigen lassen. Die NiederspannungsHochsetzsteller der 2. Generation können somit prinzipiell ohne teure und
aufwendige Handbearbeitungsschritte gefertigt werden.
Das Schwergewicht dieses Kapitels lag in der Analyse der vielen denkbaren
Schaltungskonzepte und ihrer hauptsächlichen Verlustmechanismen sowie
in der Synthese einer neuen Schaltungstopologie, welche optimal an die
besonderen Anforderungen unseres Anwendungsfalles angepasst ist. Die
- 288 Ergebnisse dieser Arbeit sind daher nicht an die heute verfügbaren Bauteile
und Leistungshalbleiter gekoppelt. Trotz des vorzüglichen Gesamtwirkungsgrades von 94.7% unseres optimierten Niederspannungs-Hochsetzstellers
der 2. Generation sind durch die zu erwartenden Fortschritte im Bereich der
Leistungshalbleiter und der magnetischen Bauteile weitere Wirkungsgradsteigerungen in den nächsten Jahren absehbar. Ein erster Schritt in diese
Richtung wird dank der neuen “CoolMos”-Transistorreihe und der in Kürze
für kleine Leistungen verfügbaren Silizium-Carbid-Schottky-Dioden von
Siemens möglich sein. Dadurch lassen sich in unserem Fall beispielsweise
die Verluste des sekundärseitig angeordneten Hochsetzstellers nochmals
mindestens um den Faktor 2 reduzieren, was -je nach Arbeitspunkt- den
Gesamtwirkungsgrad des optimierten Niederspannungs-Hochsetzstellers
nach Figur 6.24 um weitere 1 bis 2% steigert.
- 289 -
7
Gleichspannungs-Wechselrichterstufe
7.1
Einleitung
Gleichphasige Wechselrichterschaltungen gehören heutzutage im mittleren
Leistungsbereich von wenigen kW bis zu einigen MW zu den am weitesten
verbreiteten leistungselektronischen Schaltungen überhaupt. Von daher
erwarteten wir auf der Wechselrichterseite auch keine nennenswerten
Schwierigkeiten. Die ersten Messungen belehrten uns aber nach den sehr
erfreulichen Ergebnissen beim Niederspannungs-Hochsetzsteller mit enttäuschenden Wirkungsgraden von wenig über 90% eines Besseren. Die nachfolgenden Untersuchungen ergaben, dass die Verhältnisse im Leistungsbereich
von 200W sich teilweise grundlegend von jenen im kW -Bereich und darüber unterscheiden. Dies machte eine genaue Untersuchung und Optimierung des Wirkungsgrades auch für den Wechselrichter unerlässlich.
Bevor wir uns aber den Wirkungsgraduntersuchungen zuwenden konnten,
mussten wir uns zuerst eingehend mit der Messtechnik beschäftigen, um die
zur Bestimmung des Wirkungsgrades erforderlichen Verlustleistungen von
wenigen Prozent genau und reproduzierbar messen zu können.
Anschliessend wurde der Einfluss verschiedener Halbleiter-Parameter und
ihrer Taktung für verschiedene Grundschaltungen untersucht. In einem nächsten Schritt wurden die hauptsächlichen Verlustquellen lokalisiert. Die dabei
gewonnenen Erkenntnisse ermöglichten uns, den Wirkungsgrad des netzseitigen Wechselrichters ebenfalls markant zu steigern. In seiner endgültigen
Fassung erreicht unser optimierter Netzwechselrichter mittlerweile einen
Wirkungsgrad von 96.8%!
Abschliessend wurde der Gesamtwirkungsgrad unseres optimierten Niederspannungs-Umrichters von der Quelle mit ihren 1 bis 2V Spannung und
Strömen von über 100 A bis ins öffentliche 230V ⁄ 50Hz -Energieversorgungsnetz mit dem Wirkungsgrad eines Umrichters für NormalspannungsSolarzellen verglichen. Erstaunlicherweise fällt dabei der NiederspannungsUmrichter wirkungsgradmässig keineswegs ab, so dass sein Hauptnachteil
nicht in erster Linie beim Wirkungsgrad, sondern beim höheren Bauteil- und
Herstellungsaufwand zu suchen ist.
- 290 -
Wirkungsgrad-Messanordnung
Im Gegensatz zum konstanten Leistungsfluss beim Niederspannungs-Hochsetzsteller pulsiert beim Netzwechselrichter die Leistung mit der doppelten
Netzfrequenz. Dies erschwert die zuverlässige Bestimmung des Wirkungsgrades auf der Wechselrichterseite. Um quantitativ verlässliche Wirkungsgrad-Aussagen zu erhalten, wurde daher zu Beginn der Wirkungsgraduntersuchungen am Netzwechselrichter das nachfolgend vorgestellte Verfahren zur Messung und Berechnung des Wirkungsgrades entwickelt.
7.2.1
Wirkleistungsmessung
Figur 7.1 zeigt die Messanordnung für die Wirkungsgradmessungen am
200W -Netzwechselrichter. Um die Messgenauigkeit der Wirkleistungen P 1
und P 2 zu erhöhen, werden die Wirkungsgradmessungen bei konstantem
Tastverhältnis am Wechselrichter durchgeführt und die Messanordnung um
die Kapazitäten C 1 und C 2 erweitert. Somit erhält man auch beim Wechselrichter sowohl auf der Eingangs- als auf der Ausgangsseite DC-Grössen.
p1
pV
=
• Der Wirkungsgrad ist in
jedem Arbeitspunkt definiert als:
η dc = P 2 ⁄ P 1
p2
+
i2
i1
A
B
u1
C1
C
L
C2
u2
D
RL
• Die Leistungsvariation erfolgt über den Lastwiderstand RL
• Die Eingangsspannung
und die Taktfrequenz werden konstant gehalten
sen. Der Wirkungsgrad des Netzwechselrichters bei entsprechender Netzstromamplitude kann anschliessend aus den 20 Einzelmessungen mit Hilfe
der Gleichung (7.1) berechnet werden.
Wirkungsgradberechnung
Die uns interessierende Grösse bleibt aber selbstverständlich der Wirkungsgrad bei sinusförmiger, ohmscher Stromeinspeisung ins 230V ⁄ 50Hz -Energieversorgungsnetz. Aus diesem Grunde wird eine Sinus-Viertelwelle in 20
Abschnitte unterteilt und in jedem dieser Abschnitte beim entsprechenden
Tastverhältnis des Wechselrichters mit der in Figur 7.1 gezeigten Messanordnung die Eingangsleistung P 1n und die Ausgangsleistung P 2n gemes-
75
20
50
∑ P2n
25
η = --------------------
0
0
n=1
20
22.5
45
Winkel [o]
67.5
90
(7.1)
∑ P1n
n=1
Figur 7.2: Wirkungsgradberechnung für sinusförmigen Netzstrom aus insgesamt 20 Einzelmessungen unter DC-Bedingungen
Mit Hilfe der in Kapitel 7.2.1 und 7.2.2 beschriebenen Schritte ist es möglich, auch für den netzseitigen Wechselrichter die bekannten Wirkungsgradkurven in Funktion der Eingangleistung zu ermitteln.
Ausgehend von der Wirkungsgradkurve lässt sich anschliessend in einem
weiteren Schritt gemäss der in Kapitel 6.3.4 aufgeführten Definition auch für
den Netzwechselrichter der Euro-Wirkungsgrad η e als wichtigste Kenngrösse berechnen:
η e = 0.03 ⋅ η 05 + 0.06 ⋅ η 10 + 0.13 ⋅ η 20 +
0.10 ⋅ η 30 + 0.48 ⋅ η 50 + 0.20 ⋅ η 100
Figur 7.1: Wirkungsgrad-Messanordnung für den Netzwechselrichter
7.2.2
Die Unterteilung einer Sinusviertelwelle in 20 Klassen bildet den Wirkungsgrad für
Sinusstromeinspeisung nach:
100
Tastverhältnis [%]
7.2
- 291 -
7.3
(7.2)
Wirkungsgradmessungen
Im Anschluss an die Festlegung des Wirkungsgrad-Messverfahrens wurde
eine erste Wechselrichter-Testreihe aufgebaut und ausgemessen. Bei der
Schaltung A handelt es sich um einen mit MOSFET-Transistoren bestückten
Wechselrichter, während Schaltung B zusätzlich noch mit schnellen antiparallelen Epitaxialdioden und Schaltung C schliesslich mit IGBT-Transistoren
und schnellen antiparallelen Epitaxialdioden bestückt wurden. Dank unse-
250
250
200
200
150
150
100
100
50
50
00
70
0.7
75
0.75
80
0.8
85
0.85
0.9
90
0.95
95
1
100
Eingangsleistung P [W]
Eingangsleistung
[W]
250
250
70
0.7
00
75
0.75
80
0.8
50
50
100
100
150
150
e
200
200
η =91.1%
e
ηe=87.0%
η =91.8%
e
η =86.3%
85
0.85
0.9
90
1
100
250
250
150
150
70
0.7
00
75
0.75
80
0.8
85
0.85
0.9
90
1
100
0.95
95
50
50
100
100
MOSFET-WR
Eingangsleistung P [W]
Eingangsleistung
[W]
e
200
200
η =91.0%
e
ηe=91.4%
η =91.7%
e
η =93.2%
Taktungseinfluss
Wirkungsgrad
[%]
Wirkungsgrad
ηeη [%]
Ausgehend von der bekannten Dreipunkttaktung -auch versetzte Taktung
genannt- des einphasigen Wechselrichters haben wir eine modifizierte Taktsequenz mit identischer Wechselrichter-Ausgangsspannung untersucht.
Dabei wurden in Abhängigkeit der Stromrichtung nur die stromführenden
Transistoren auch wirklich getaktet. Wie Figur 7.3 zeigt, lohnt sich bei
Schaltung C diese modifizierte Taktsequenz, während bei A und B die Verbesserungen im Teillastbetrieb durch starke Einbussen im höheren Leistungsbereich wieder zunichte gemacht werden.
Eingangsleistung P [W]
Eingangsleistung
[W]
ηe=95.6%
η =95.9%
e
ηe=96.0%
ηe=95.1%
ηe=94.9%
C
A
Es wurden Halbleiter mit vergleichbaren Grunddaten, aber von verschiedenen Herstellern eingesetzt. Erstaunlicherweise ruft dies sowohl in Schaltung
A als auch in Schaltung B sehr hohe Wirkungsgradunterschiede hervor. Je
nach Fabrikat sind also die MOSFET-Transistoren mehr oder weniger geeignet für den Betrieb in der Brückenstruktur. Werden dieselben Transistoren
hingegen in einem Hochsetzsteller im Zusammenspiel mit einer schnellen
Epitaxialdiode eingesetzt, sehen die Ergebnisse wiederum anders aus.
Im Gegensatz zu den Schaltungen mit MOSFET-Transistoren ist bei der mit
IGBT-Transistoren und Epitaxialdioden bestückten Schaltung C der Einfluss der Halbleiterstreuung gering.
0.95
95
Halbleiterstreuung
B
In einem ersten Schritt wurde der Einfluss der Halbleiterstreuung, ihrer Taktung und jener der Totzeit zwischen dem Aus- und dem Einschaltimpuls der
beiden Schalter im Wechselrichter-Brückenzweig am reinen MOSFETWechselrichter (Schaltung A ), am MOSFET-Wechselrichter mit antiparallelen Epitaxialdioden (Schaltung B ) und am IGBT-Wechselrichter mit antiparallelen Epitaxialdioden (Schaltung C ) untersucht. Die gemessenen
Wirkungsgradverläufe sind in Figur 7.3 und 7.4 dargestellt. Figur 7.3 zeigt
den Einfluss der Halbleiterstreuung auf den Wirkungsgrad mit und ohne
modifizierter Taktsequenz, währenddem in Figur 7.4 jener der Totzeit zu
sehen ist.
MOSFET-WR mit Epitaxialdioden
Parametereinflüsse
Wirkungsgrad
[%]
Wirkungsgrad
ηeη [%]
7.3.1
Wirkungsgrad
[%]
Wirkungsgrad
ηeη [%]
rem vollautomatisierten softwaremässig gesteuerten Messablauf konnten in
sehr kurzer Zeit sehr viele Messreihen durchgeführt und somit die unterschiedlichsten Einflüsse effizient untersucht und erfasst werden [77].
- 293 -
IGBT-WR mit Epitaxialdioden
- 292 -
Figur 7.3: Einfluss der Halbleiterstreuung bei Dreipunkttaktung ohne und
mit modifizierter Taktsequenz
50
50
100
100
150
150
200
200
250
250
Folgerungen
Eingangsleistung P [W]
Eingangsleistung
[W]
250
250
00
70
0.7
75
0.75
80
0.8
0.9
90
85
0.85
0.95
95
1
100
50
50
100
100
150
150
200
200
ηe=88.2%
η =91.8%
e
ηe=92.3%
B
Im Leistungsbereich von 200W haben unsere Messungen an den Wechselrichterschaltungen A bis C ergeben, dass:
Eingangsleistung P [W]
Eingangsleistung
[W]
100
100
50
50
00
70
0.7
75
0.75
80
0.8
0.9
90
85
0.85
0.95
95
1
100
• die langsame Body-Drain-Diode des MOSFET-Transistors hohe Verluste während der Kommutierung im Brückenzweig verursacht.
• das Problem mit der langsamen Body-Drain-Diode sich nicht durch
Hinzufügen zusätzlicher schneller Epitaxialdioden antiparallel zu den
MOSFETs lösen lässt, denn diese zusätzlichen Dioden wirken gar kontraproduktiv und vergrössern die Verluste.
• der IGBT für direkt netzgekoppelte Anwendungen sogar im Leistungsbereich von 200W ein ernsthafter Konkurrent der Standard-MOSFETs
als Schaltelement ist. Einzig die neuen CoolMOS-Transistoren, die uns
im Rahmen dieser Arbeit noch nicht zur Verfügung standen, versprechen, sich bezüglich dem Wirkungsgrad nach oben abzuheben.
250
250
200
200
150
150
A
ηe=93.7%
η =93.2%
e
ηe=92.7%
Wirkungsgrad
[%]
Wirkungsgrad
ηeη [%]
MOSFET-WR mit Epitaxialdioden
Wirkungsgrad
[%]
Wirkungsgrad
ηeη [%]
MOSFET-WR
In einer dritten grossen Messreihe wurde der Einfluss der Totzeit beim Kommutieren der beiden Transistoren im selben Brückenzweig ermittelt. Im Vergleich zur Halbleiterstreuung und zum Einfluss der zuvor beschriebenen
Taktsequenz bewirken Totzeitänderungen in Schaltung A und B geringe
Wirkungsgradänderungen, während in Schaltung C hingegen grössere
Schwankungen auftreten. Eine grosse Totzeit wirkt sich bei kleiner Leistung
positiv auf den Wirkungsgrad aus, während zu höheren Leistungen hin eine
möglichst kleine Totzeit angestrebt werden sollte. Dies stimmt mit dem überein, was die Erfahrungen bei den Wechselrichtern höherer Leistung besagen.
00
70
0.7
75
0.75
80
0.8
0.9
90
85
0.85
0.95
95
1
100
Totzeit
Eingangsleistung P [W]
Eingangsleistung
[W]
ηe=94.5%
η =95.1%
e
ηe=95.5%
- 295 -
C
IGBT-WR mit Epitaxialdioden
- 294 -
Wirkungsgrad
[%]
Wirkungsgrad
ηeη [%]
Figur 7.4: Wirkungsgrad bei kleiner, mittlerer und grosser Totzeit im schaltenden Brückenzweig
7.4
Optimierung des einphasigen Netzwechselrichters
Ausgehend von den Messungen an den Schaltungen A , B und C haben wir
als erstes versucht, die Verlustmechanismen besser zu verstehen und ein
Mass oder einen Indikator für den Wirkungsgrad η e zu finden. Mit dem
Diodenrückstrom, welcher während des Kommutierungsvorganges innerhalb des Brückenzweiges fliesst, konnte auch ein zuverlässiges Mass für den
Wirkungsgrad lokalisiert werden. Die Anstrengungen bei der Schaltungsoptimierung waren demzufolge darauf ausgerichtet, die während des Kommutierungsvorganges fliessenden Querströme innerhalb des Brückenzweigs
zu minimieren.
- 296 7.4.1
- 297 -
Diodenrückstrom als Mass für die Schaltverluste
Bei einem netzgekoppelten Wechselrichter mit einer Nennleistung von
200W wirkt sich die Diodenrückstromspitze deshalb so gravierend auf die
Schaltverluste und damit auch auf den Wirkungsgrad aus, weil sie ein Vielfaches der Netzstromamplitude erreicht. Die in Figur gezeigten Messergebnisse bestätigen, dass der Rückstrom in der Schaltung B mit einem
Spitzenwert von beinahe 12 A rund das Zehnfache der Netzstromamplitude
bei Vollast erreicht. Die Diodenrückstromspitze stellt daher das zuverlässigste Mass für die Schaltverluste im Netzwechselrichter dar. Die KO-Bilder
von Figur bestätigen, dass je kleiner diese Stromspitze ist, desto höher ist
auch der Wirkungsgrad des Umrichters. Die Umladeverluste der Sperrschichtkapazitäten der Leistungshalbleiter sind rund 3 bis 10 mal kleiner als
die Rückstromverluste und spielen daher für unsere weiteren Optimierungsanstrengungen eine untergeordnete Rolle.
MOSFETs S 1 und S 3 bestromt werden. Bei der Schaltungstopologie von
Figur 7.6 gilt es zu beachten, dass sie für unseren Anwendungsfall mit
cos ( ϕ ) = 1 optimiert ist. Sind auch andere Phasenlagen des Netzstromes
gefordert, müssen auch die unteren Schalter S 2 und S 4 des Brückenzweiges
mit Seriedioden versehen werden.
S1
D S1
D E1 S 3
D E3
D S3
L
U zk
iN
uN
u WR
S2
D E2 S 4
D E4
S1
Ch4:
10mV ≡ 2 A
CH 4:
10mV ≡ 2 A
1
0
t
S2
1
0
Schaltung
A
: hohes he
Schaltung
B:
niedriges he
Figur 7.5: Der Diodenrückstrom als wichtigstes Mass für den Wirkungsgrad
t
S3
1
0
t
S4
1
7.4.2
Topologie und Taktung des optimierten Wechselrichters
Verantwortlich für das sehr enttäuschende Abschneiden des mit MOSFETTransistoren bestückten Wechselrichters ist die von der Halbleiterstruktur
des MOSFETs her unvermeidbare langsame Body-Drain-Diode. Die Schaltungsoptimierung muss daher darauf abzielen, diese Diode nicht zu bestromen. Bei unserer optimierten Topologie von Figur 7.6 werden nicht mehr die
langsamen Body-Drain-Dioden der MOSFET-Transistoren an der Kommutierung beteiligt, sondern die rund 10 Mal schnelleren Epitaxialdioden D Ei .
Die Seriedioden D S1 und D S3 verhindern, dass die Body-Drain-Dioden der
0
t
u WR
U dc
t
– U dc
Figur 7.6: Topologie und Taktung des optimierten Netz-Wechselrichters
- 298 -
- 299 -
Die in Figur 7.6 gezeigte Taktungsstrategie gilt ebenfalls nur bei ohmschsinusförmigem Netzstrom i N . Werden andere Phasenwinkel ϕ des Netzstromes gefordert, muss in den Intervallen, wo die Wechselrichterausgangsspannung u WR und der Netzstrom unterschiedliches Vorzeichen aufweisen, einer
der beiden oberen Schalter S 1 oder S 3 an Stelle des diagonal dazu angeordneten unteren Schalters S 2 und S 4 hochfrequent betrieben werden.
Der grosse Vorteil der in Figur 7.6 dargestellten Taktungsvariante besteht
darin, dass abwechselnd jeweils nur ein MOSFET-Transistor und eine
schnelle Epitaxialdiode hochfrequent takten und alle restlichen Elemente
lediglich im 50Hz -Rhythmus schalten. Dadurch lassen sich die Schaltverluste im gesamten auf ein absolutes Minimum beschränken. Ein weiterer Vorteil der nach Figur 7.6 betriebenen optimierten Wechselrichterschaltung
besteht darin, dass die bei ohmsch-sinusförmigem Netzstrom i N niederfrequent taktetenden oberen MOSFETs S 1 und S 3 auf optimale Durchlasseigenschaften und die zeitweise hochfrequent arbeitenden unteren beiden
Transistoren S 2 und S 4 auf möglichst geringe Schaltverluste getrimmt werden können.
Wirkungsgradverlauf des optimierten Wechselrichters
Figur 7.7 zeigt die gemessenen Wirkungsgradverläufe unseres optimierten
Netzwechselrichters nach Figur 7.6. Für die nachfolgenden Untersuchungen
versehen wir ihn mit dem Schaltungsbuchstaben D .
• Die bauteilbedingte Wirkungsgrad-Streuung ist sehr gering. Dies deutet
darauf hin, dass die Vorteile primär in der Struktur und nicht in der Bauteilwahl liegen.
• Die Schaltung ist optimal auf die Anforderungen eines 200W -Netzwechselrichters ausgerichtet und erreicht bestückt mit Standard-MOSFET-Transistoren und schnellen Epitaxialdioden einen Spitzenwert
beim Euro-Wirkungsgrad η e von 96.8%.
7.4.4
Einfluss der Taktfrequenz auf die Gesamtverluste
Wie erwartet, nehmen bei allen Schaltungen die Verluste bei gleichbleibender Netzstromamplitude in sehr guter Näherung linear mit der Taktfrequenz
f T zu. Wie stark die Gesamtverluste jedoch absolut in Abhängigkeit von der
Frequenz zunehmen, variiert je nach Schaltungstopologie sehr stark:
• Bereits ab einer mittleren Taktfrequenz von ungefähr 20kHz überwiegen die Schalt- gegenüber den Leitverlusten.
• Die Frequenzabhängigkeit der Verluste ist bei unserer optimierten
Wechselrichterschaltung D am geringsten. Dies führt zu starken Verbesserungen im Wirkungsgrad gegenüber den Schaltungen A und C ,
falls beispielsweise zur Verringerung der Baugrösse der reaktiven
Schaltungskomponenten und zur Erhöhung der Leistungsdichte die
Taktfrequenz erhöht werden soll.
0.95
95
0.9
90
η =96.3%
e
η =96.6%
e
ηe=96.7%
ηe=96.7%
ηe=96.8%
ηe=96.8%
η =96.7%
e
ηe=96.8%
η =96.8%
0.85
85
80
0.8
75
0.75
e
70
0.7
0
0
50
50
100
150
100
150
Eingangsleistung P [W]
Eingangsleistung P [W]
200
200
250
250
Verluste bezogen auf 200W [%]
Wirkungsgrad
Wirkungsgrad ηη[%]
e [%]
1001
• Die Wirkungsgradkurven verlaufen alle sehr flach und weisen bereits
ab 5% Nennleistung Werte von über 91% auf.
Verluste bezogen auf 200W [%]
7.4.3
Die Messergebnisse von Figur 7.7 lassen folgende Schlussfolgerungen zu:
15
15
A
10
10
C
D
55
Schaltung A
Schaltung C
Schaltung D
00
10
10
15
15
20
20
25
25
30
35
30
35
Taktfrequenz [kHz]
40
40
45
45
50
50
Taktfrequenz [kHz]
Figur 7.7: Gemessene Wirkungsgradverläufe des optimierten
einphasigen 200W -Netzwechselrichters nach Figur 7.6
Figur 7.8: Gemessener Wirkungsgrad des optimierten Netzwechselrichters nach Figur 7.6 in Funktion der Taktfrequenz f T
- 300 -
- 301 -
Die Messergebnisse von Figur 7.8 zeigen deutlich auf, dass die Vorteile
unserer optimierten Netzwechselrichterschaltung umso stärker zum Tragen
kommen, je höher die Taktfrequenz f T ist. Die Schaltung besitzt also überall
dort, wo aufgrund enger Platzverhältnisse möglichst kompakte Lösungen
mit sehr hoher Leistungsdichte gefragt sind, ein sehr hohes Potential.
stungsbereich die beste Wirkungsgrad-Performance. Damit konnte nachgewiesen werden, dass auf der Netzseite auch bei 200W Nennleistung ein sehr
guter Euro-Wirkungsgrad η e von 96.8% erreichbar ist. Besonders wichtig
für die praktische Umsetzung ist dabei die Tatsache, dass dieses Ergebnis mit
einer nur leicht modifizierten Vollbrückenkonfiguration und daher mit relativ
geringem Zusatzaufwand erzielt werden konnte.
7.4.5
Design des Netzwechselrichters
Figur 7.9 zeigt den Prototypen unseres optimierten 200W -Netzwechselrichters. Auf dem Kühlkörper sind dabei die Leistungshalbleiter gut zu erkennen. Das Design ist dabei so gestaltet, dass der Kühlkörper in einer endgültigen Ausführung entfallen könnte und das Solarmodul selbst zur Wärmeabführung genutzt werden würde. In Figur 7.9 sind ferner noch die netzseitige Entkopplungsinduktivität, die Strommessung, die aus Folienkondensatoren aufgebaute Zwischenkreisinduktivität sowie die Steuerungsund Leistungsanschlüsse zu erkennen.
A
B
C
D
?
O
?
O
Wirkungsgrad
Wirkungsgrad ηη
[%]
e [%]
1001
95
0.95
90
0.9
D
85
0.85
C
80
0.8
A
B
75
0.75
ηe=93.2%
ηe=91.8%
ηe=96.0%
ηe=96.8%
70
0.7
0
0
Figur 7.9: Optimierter 200W -Netzwechselrichter mit Zwischenkreiskapazität und netzseitiger Entkopplungsinduktivität
7.4.6
Schlussfolgerungen zur Netzwechselrichterstufe
In Figur 7.10 sind nochmals jeweils die besten Wirkungsgradkurven der
untersuchten Schaltungsanordnungen A bis D in einer Übersicht zu sehen.
Alle Messungen erfolgten mit einer Eingangsspannung von U zk = 350V ,
einer Taktfrequenz von f T = 25kHz , einer einheitlichen Schaltflankensteilheit von du ⁄ dt = 3kV ⁄ ms und einer Dreipunkt-Taktsequenz. Die
Ergebnisse von Figur 7.10 zeigen, dass die Unterschiede im Euro-Wirkungsgrad η e zwischen den einzelnen Schaltungsvarianten des Wechselrichters
mit einer Schwankungsbandbreite von insgesamt 5% beträchtlich sind.
Unser optimierter Netzwechselrichter zeigt dabei über den gesamten Lei-
50
50
100
150
100
150
Eingangsleistung P [W]
Eingangsleistung P [W]
200
200
250
250
Figur 7.10: Gemessener Wirkungsgrad der verschiedenen einphasigen
Netzwechselrichter
Trotz des mit einem Wert von 96.8% bereits sehr guten Euro-Wirkungsgrades unseres optimierten Netzwechselrichters sind mit den in Kürze verfügbaren CoolMOS-Transistoren zusammen mit Silizium-Carbid-SchottkyDioden noch weitere Wirkungsgradsteigerungen zu erwarten.
7.5
Wirkungsgrad des Gesamtumrichters
Der Gesamtumrichter besteht, wie in Kapitel 4 gezeigt wurde, aus der Serieschaltung der Hochsetzsteller- und der Wechselrichterichterstufe. Der
Gesamtwirkungsgrad berechnet sich daher aus dem Produkt der Einzelwirkungsgradkurven. Figur 7.11 zeigt den Vergleich zwischen unserem Nieder-
50
100
150
50
100
150
Eingangsleistung P [W]
Eingangsleistung
P [W]
50
100
150
50
100
150
Eingangsleistung P [W]
Eingangsleistung
P [W]
200
200
75
75
80
80
85
85
90
90
95
95
100
100
spannungs- und mehreren Normalspannungsumrichtern gleicher Leistung.
Dazu wurden als Referenz drei Hochsetzstufen für 50V und 4 A am Eingang
der Hochsetzstufe aufgebaut, jeweils optimiert und ausgemessen [78], [79].
Die Messergebnisse zeigten, dass der Sperrwandler im Vergleich zum Hochsetzsteller und zum Durchflusswandler wirkungsgradmässig deutlich
schlechter abschneidet. In Figur 7.11 beschränken wir uns aus diesem
Grunde auf einen Vergleich unseres Niederspannungsumrichters mit einem
Normalspannungsumrichter mit der klassischen Hochsetzsteller-Schaltung
oder dem Gegentakt-Durchflusswandler als Hochsetzstufe.
In allen Fällen von Figur 7.11 wird auf der Netzseite unser optimierter Netzwechselrichter mit seinem Euro-Wirkungsgrad von ηe = 96.8% eingesetzt.
Weiter sind die Wirkungsgradkennlinie der entsprechenden Hochsetzstufe
sowie jene des Gesamtumrichters mit den entsprechenden Euro-Wirkungsgraden in Figur 7.11 zu erkennen. Beim Niederspannungsumrichter wurde
zwischen den gemessenen Verläufen des ersten Hochsetzsteller-Prototypen
(ηe = 90.3%) und des zweiten (ηe = 94.7%) und den sich daraus ergebenden
Gesamtwirkungsgraden (ηe = 87.5% und ηe = 91.7%) unterschieden.
Die Diagramme in Figur 7.11 verdeutlichen:
• Die Potentialtrennung zwischen Solarzellenseite- und Netzseite erkauft
man sich mit einem um etwa 2% geringeren Euro-Wirkungsgrad η e .
• Im Vergleich zum Normalspannungsumrichter mit galvanischer Trennung sind mit dem Niederspannungsumrichter ähnliche Wirkungsgrade
möglich. Der wesentliche Unterschied liegt im etwa 30% höheren
Schaltungsaufwand.
75
75
80
80
85
85
90
90
95
95
100
100
50
100
150
50
100
150
Eingangsleistung P [W]
Eingangsleistung
P [W]
70
70
0
ηηee==96.8%
96.8%
ηe = 96.4%
ηe = 93.3%
?
?
upv
?
udc?
D
e
Wirkungsgrad
[%]
Wirkungsgradη
ηe [%]
Normalspannungs-Umrichter
(ohne galvanische Trennung)
200
200
upv
70
70
0
ηηee==96.8%
96.8%
ηe = 94.7%
ηe = 90.3%
ηe = 91.7%
ηe = 87.5%
?
?
?
?
udc
D
e
Wirkungsgrad
[%]
Wirkungsgradη
ηe [%]
Niederspannungs-Umrichter
(mit galvanischer Trennung)
70
70
0
ηηee==96.8%
96.8%
ηe = 94.5%
ηe = 91.5%
75
75
80
80
85
85
90
90
95
95
?
?
100
100
?
?
upv
e
udc
D
200
200
- 303 -
Wirkungsgrad
[%]
Wirkungsgradη
ηe [%]
Normalspannungs-Umrichter
(mit galvanischer Trennung)
- 302 -
Figur 7.11: Wirkungsgradvergleich des Niederspannungs- mit Normalspannungsumrichter
Mit einem Gesamtwirkungsgrad von der einzelligen Niederspannungssolarzelle bis ins Netz von 91.7% konnte damit die Machbarkeit eines Umrichters
für den einzelligen modulintegrierten Umrichteransatz deutlich nachgewiesen werden.
7.6
Zusammenfassung
Eine genaue Untersuchung und Optimierung des Wirkungsgrades ist auch
für die netzseitige Wechselrichterstufe unerlässlich, um gute bis sehr gute
Ergebnisse erzielen zu können. In einer ersten Phase wurde der Einfluss verschiedener Parameter auf den Wirkungsgrad untersucht. Dabei zeigte sich,
dass der Einfluss der Halbleiterstreuung, der Taktung sowie der Totzeit wäh-
- 304 rend der Kommutierung innerhalb des Brückenzweiges sehr stark von der
Schaltung abhängig und schwierig vorauszusagen ist. In einem nächsten
Schritt wurde daher versucht, ein allgemeingültiges Mass für den Wirkungsgrad des Wechselrichters zu finden. Dabei erwies sich der Diodenrückstrom
innerhalb der Brückenzweige des Wechselrichters als sehr guter Indikator
für den Wirkungsgrad, welcher uns fortan ermöglichte, den Wirkungsgrad
des Netzwechselrichters gezielt zu optimieren.
Durch leichte Modifikationen in der Brückenstruktur, in der Bestückung
sowie in der Taktung des Wechselrichters gelang es uns, mit Standard-MOSFET-Transistoren und schnellen Epitaxialdioden einen optimierten Netzwechselrichter mit einem stolzen Euro-Wirkungsgrad von η e = 96.8% zu
entwickeln. Aufgrund seiner sehr kleinen frequenzproportionalen Verluste
weist der optimierte Netzwechselrichter darüber hinaus ein sehr grosses
Potential zur Verringerung der Baugrösse der reaktiven Komponenten und
somit auch zur Steigerung der Leistungsdichte auf.
Der abschliessende Vergleich des Gesamtwirkungsgrades unseres optimierten Niederspannungs-Umrichters mit dem Wirkungsgrad eines Umrichters
für Normalspannungs-Solarzellen zeigt, dass die erreichbaren Wirkungsgrade vergleichbar sind. Der einzige Nachteil besteht dabei in einem auf Einzelstückbasis berechneten Zusatzaufwand für den Umrichter von etwa 30%.
Dieses zu Beginn der Arbeit von Fachleuten kaum für möglich gehaltene
Wirkungsgrad-Ergebnis eröffnet nicht nur im Bereich der Photovoltaik neue
Lösungsansätze, sondern auch in all jenen Bereichen, wo Quellen mit niedriger Spannung und hohem Strom eingesetzt werden. Dazu zählen auch die
Brennstoffzellen, die zur Zeit eine der grössten Zukunftshoffnungen zur
Erhöhung der Energieeffizienz und zur Verminderung des Schadstoffausstosses im Bereich des motorisierten Privatverkehrs und im Bereich der
Heiz- und Warmwasseraufbereitungssysteme für Ein- und Mehrfamilienhäuser darstellen.
- 305 -
8
Modulation und Regelung
8.1
Einleitung
In diesem Kapitel soll gezeigt werden, wie sich die verschiedenen Regelkreise des einphasigen Umrichtersystems mit pulsierendem Zwischenkreis
implementieren lassen, so dass ein einfacher µ -Controller eingesetzt werden
kann. Dieses Kapitel stellt dabei eine Zusammenfassung jener Bereiche dar,
die im Rahmen unseres gemeinsamen EU-Forschungsprojektes schwergewichtig von Rainer Schmidt untersucht wurden. Für weitere Details zur
Modulation und Regelung des modulintegrierten Umrichtersystems sei
daher auf seine Dissertation [1] verwiesen.
Zu Beginn des vorliegenden Kapitels werden die Regelungsaufgaben in
einer Übersicht dargestellt und definiert und der in den digitalen Regelkreisen immer wiederkehrende Kammfilter ausführlich beschrieben. Anschliessend werden die verschiedenen digital implementierten Regelkreise und ihre
Aufgaben der Reihe nach vorgestellt:
• Die Netzsynchronisation stellt die zeitliche Basis sowie die netzfrequenzelastische Funktionsweise der zentral eingesetzen Kammfilter für
alle weiteren Regelkreise sicher. Unsere implementierte Netzsynchronisation kann Netzstörungen verschiedenster Arten innerhalb eines
Abtastschrittes erkennen und den Inselbetrieb wirkungsvoll verhindern.
• Die Leistungsflussregelung sorgt für den Gleichgewichtszustand im
Zwischenkreis. Sie wurde dahingehend optimiert, dass die Zwischenkreisspannung bei dynamischen Vorgängen möglichst tief gehalten
werden kann.
• Die Suche des MPP wurde sehr elegant in den Zwischenkreis verlegt.
Die Zwischenkreisspannung trägt die Information, ob man sich im
MPP befindet und in welche Richtung man sich bewegen muss, um in
den MPP zu gelangen. Es wird gezeigt, wie man die Maximalleistungs-Regelung auslegen muss, damit die Arbeitspunkt-Information
gewonnen werden kann und dabei die anderen Regelkreise nicht beeinträchtigt werden.
Im Anschluss an die digitalen Regelkreise werden im Modulationskapitel
die Strom-Toleranzbandregler der beiden Umrichterstufen besprochen. Sie
erfüllen neben ihrer Funktion als Stromregler auch noch automatisch jene
- 306 -
- 307 -
des Modulators. Sie bilden zusammen mit einem ausgeklügelten Gesamtregelungskonzept die Grundlage, um einen Low-Cost- µ -Controller einsetzen
zu können.
Die AD - und DA -Wandler bilden die Schnittstelle zwischen dem digitalen
und dem analogen Teil des Umrichtersystems. Die AD -Wandler übernehmen
dabei die Digitalisierung, während die analogen Stromsollwerte i E, s und
i V , s der Toleranzband-Regelungen durch die DA -Wandler erzeugt werden.
Das Kapitel wird mit der Vorstellung der von uns entwickelten Reglerplattform und ihrer wichtigsten Kenndaten abgerundet.
8.2
Regelung des Gesamtsystems
8.2.1
Übersicht der Regelungsaufgaben
Erzeuger
Umrichter
pE
uE
iE
uC
sE
Verbraucher
Umrichter
Figur 8.1 gibt das Zusammenspiel der Regelkreise ℜ des Gesamtsystems in
einer Übersicht wieder. Dunkel hinterlegt sind der Leistungskreis zusammen
mit den zwei analogen Toleranzband-Regelungen ℜ ES und ℜ VS . Hell hinterlegt sind die digitalen Regelkreise Netzsynchronisation- ℜ NS , Leistungsfluss- ℜ LF und Maximalleistungs-Regelung ℜ ML .
C
uC
Erzeuger
Toleranzband
Regelung ℜ ES
uN
iV
D
uN
Verbraucher
Toleranzband
Regelung ℜ VS
i E, s
iV , s
A
A
Maximal
Leistungs
Regelung ℜ ML
rE
D
vV
D
A
A
Leistungs
Fluss
Regelung ℜ LF
Netz
Synchronisations
Regelung ℜ NS
Die analog arbeitenden Toleranzband-Regelungen ℜ ES und ℜ VS sind die
schnellsten Regelkreise des Umrichtersystems und können sehr kostensparend mit Operationsverstärkern, Komparatoren und einigen logischen Gattern aufgebaut werden. Sie erhalten ihre im Vergleich zu den
Schaltvorgängen langsam ändernden Sollwertsignale i s über jeweils einen
DA -Wandlerkanal von einem einfachen Low-Cost- µ -Controller. Die Funktionsweise und die Kenngrössen der Toleranzband-Regelungen werden ausführlich im Modulationskapitel dargelegt. Auf Grund ihrer sehr schnellen
Regelgeschwindigkeit sind sie für die übergeordneten digitalen Regelkreise
als kontinuierlich zu betrachten.
Leistungsflussregelung
pV
sV
Toleranzband-Regelungen
rV
Figur 8.1: Übersicht unseres zweistufigen Umrichtersystem mit seinen
analogen und
digitalen Regelkreisen ℜ
D
Die Leistungsfluss-Regelung ℜ LF legt den Sollwert i V , s für die Verbraucher-Toleranzband-Regelung ℜ VS fest. Die Leistungsverhältnisse im pulsierenden Zwischenkreis sind durch die beiden Stromregelungen ℜ ES und
ℜ VS bestimmt. Die Leistungsfluss-Regelung ℜ LF führt den VerbraucherStrom-Sollwert i V , s aufgrund der gemessenen Zwischenkreisspannung u C
so nach, dass die Zwischenkreisspannung u C im Mittel um ihren minimal
möglichen Wert herum pulsiert. Sie bestimmt zuerst den Verbraucher-Stromamplituden-Sollwert î V , s , der anschliessend mit dem in Phase zur Netzspannung u N liegenden Einheitssinus, dem Verbraucher-Referenzsignal r V
multipliziert wird. Ein Leistungsüberschuss im Zwischenkreis führt zu einer
erhöhten Zwischenkreisspannung u C und veranlasst den Regelkreis ℜ LF
seinen Verbraucher-Stromamplituden-Sollwert î V , s zu vergrössern. Die Leistungsfluss-Regelung ℜ LF versucht, die in den Zwischenkreis gelieferte
Leistung der Erzeugerseite p E so schnell wie möglich als sinusförmige mit
100Hz pulsierende Leistung p V ins Netz einzuspeisen. Gibt die Maximalleistungs-Regelung ℜ ML noch ein geeignetes Verbraucher-Strom-Vorsteuersignal v V ab, kann die Leistungsfluss-Regelung ℜ LF auf Sprünge der
Eingangsleistung p E schnell reagieren und den entsprechenden Verbraucher-Strom-Sollwert i V , s rascher einstellen. Die Leistungsfluss-Regelung
ℜ LF stellt den schnellsten digitalen Regelkreis dar.
- 308 Die Maximalleistungs-Regelung
Die Maximalleistungs-Regelung ℜ ML gibt den Strom-Sollwert i E, s für die
Erzeuger-Toleranzband-Regelung ℜ ES vor und bestimmt zusammen mit der
aktuellen Solarkennlinie die Erzeugerleistung p E . Die Leistungsfluss-Regelung ℜ LF speist die in den Zwischenkreis gelieferte Leistung sinusförmig
ins Netz ein. Die Maximalleistungs-Regelung ℜ ML benötigt das Referenzsignal r E , um den Punkt der maximalen Leistung MPP E der aktuellen
Solarkennlinie zu finden. Durch Kenntnis des mittleren Strom-Sollwertes
i Edc, s kann die Maximalleistungs-Regelung ℜ ML sehr einfach das Verbraucher-Strom-Vorsteuersignal v V für die Leistungsfluss-Regelung ℜ LF liefern. Die Ausregelungszeit des Regelkreises ℜ ML erstreckt sich über
mehrere Netzperioden, womit dieser im Vergleich zur Leistungsflussregelung ℜ LF einen langsamen Regelkreis darstellt.
- 309 Figur 8.2 zeigt den Aufbau und die Funktionsweise des Kammfilters. Man
kann sich ein Kammfilter als Schieberegister der Länge N zusammen mit
einem Addierer vorstellen. Die Länge N muss gradzahlig sein. Der Inhalt
des Schieberegisters wird zu jedem Abtastzeitpunkt n ⋅ T A um eine Position
nach rechts verschoben. Der älteste Abtastwert fällt somit aus dem Schieberegister heraus, gleichzeitig wird der aktuelle Abtastwert am anderen Ende
ins Register aufgenommen. Der Filterausgang y berechnet sich durch simple
Addition sämtlicher Registerwerte und anschliessender Normierung mit der
Filterlänge 1 ⁄ N .
t
k = 2
k = 1
8.2.2
Der Kammfilter
Weil Kammfilter im digitalen Teil unserer Regelkreise von zentraler Bedeutung sind, soll ihre Wirkungsweise an dieser Stelle etwas genauer dargestellt
und erläutert werden. Sollen die Vielfachen n ⋅ f s einer bestimmten Signalfrequenz f s aus einem periodischen Signal s herausgefiltert werden, so
gelingt dies mit einem Kammfilter besonders elegant. Der Kammfilter, auch
“Moving-Average-Filter” genannt, geht von einem äquidistant abgetasteten
Signal s aus und kann sehr einfach auf einem µ -Controller implementiert
werden.
k nicht ganzzahlig: y ≠ s
Σ
Die Netzsynchronisations-Regelung
Die Netzsynchronisations-Regelung ℜ NS erfüllt mehrere Funktionen. Primär stellt sie jedoch einen netzsynchronen Einheitssinus, das VerbraucherReferenzsignal r V für die Leistungsfluss-Regelung ℜ LF zur Verfügung. Sie
liefert aber auch das bezüglich der Netzfrequenz untersynchrone Referenzsignal r E für die Maximalleistungs-Regelung ℜ ML . Beim Einschalten des
Gesamtsystems muss zuerst die Netzsynchronisation ℜ NS einrasten, bevor
die weiteren Regelkreise aktiviert werden dürfen. Ist sie einmal eingerastet,
muss sie dauernd überprüfen, ob an den Anschlussklemmen ein störungsfreies Netz vorliegt. Im Fall einer Störung soll der Regelkreis raschmöglichst
reagieren und die Energieeinspeisung ins Netz umgehend unterbinden. Die
Netzsynchronisations-Regelung ℜ NS ist im Vergleich zur LeistungsflussRegelung ℜ LF träge, sie ist aber immer noch deutlich schneller als die
Maximalleistungs-Regelung ℜ ML .
k ganzzahlig: y = s
s
1
--8
TA
y
k = 1.6
k = 0.8
Figur 8.2: Links: Aufbau des Kammfilters mit Länge N = 8
Rechts: Verschiede Signalfrequenzen im Kammfilter
Der Kammfilter ist durch seine Abtastfrequenz f A und Länge N bestimmt.
Gehorcht die Frequenz f s eines periodischen Signals s der Gleichung (8.1),
ist der Filterausgang stationär y = s und gibt somit den Mittelwert wieder.
k
f s = ---- ⋅ f A wobei k = 1, 2, 3, … und N = geradzahlig
N
(8.1)
In Figur 8.2 rechts erkennt man gut, dass der Kammfilter immer dann Null
liefert, wenn eine ganzzahlige Periodenzahl k des Signals s im Schieberegister untergebracht werden kann.
Die Impulsantwort y impuls des Kammfilters kann man sich bildlich als den
durch das Schieberegister wandernden Signalimpuls s impuls vorstellen.
Durch die gleichgewichteten Additionen wird der Filterausgang y impuls
während N Abtastwerten konstant und danach Null. Die Impulsantwort hat
somit eine endliche Länge. Damit gehört der Kammfilter zur Klasse der
“Finite Impulse Response” (kurz FIR ) -Filter. Die Schrittantwort y schritt ist
eine bei Null beginnende lineare Rampe, die nach N Abtastwerten ihren
Endwert, nämlich die Schritthöhe, erreicht hat und danach konstant bleibt.
- 310 -
- 311 -
Die z -Übertragungsfunktion des Kammfilters G KF ( z ) kann nach Gleichung
(8.2) angegeben werden1 [80].
Amplitudengang
0
10
N–1
∑z
n=0
–n
–N
1 1–z
= ---- ⋅ ---------------N 1 – z–1
(8.2)
Den Frequenzgang G KF ( f ) findet man durch Auswertung der z -Übertragungsfunktion G KF ( z ) von Gleichung (8.2) entlang des Einheitskreises in
der z -Ebene. Abgesehen von der Zeitverzögerung um ( N – 1 ) ⋅ T A ⁄ 2 ergibt
dies gemäss Gleichung (8.3) einen reellen Ausdruck:
|GKF(f)| und |GTP1(f)|
1
G KF ( z ) = ---- ⋅
N
−1
10
−2
10
−3
– j ⋅ 2πf ⋅ T A ( N – 1 ) ⁄ 2
sin ( 2πf ⋅ T A ⋅ N ⁄ 2 )
e
G KF ( f ) = ----------------------------------------------- ⋅ -------------------------------------------------N
sin ( 2πf ⋅ T A ⁄ 2 )
(8.3)
Der in Figur 8.3 dunkel dargestellte Frequenzgang des Kammfilters G KF ( f )
verläuft periodisch mit der Abtastfrequenz f A und ist spiegelsymmetrisch
zur halben Abtastfrequenz f A ⁄ 2 . In Figur 8.3 wurde nur die erste Periode
des Frequenzganges G KF ( f ) dargestellt. Erwartungsgemäss besitzt der
Amplitudengang Nulldurchgänge bei allen Vielfachen von f A ⁄ N = 50Hz .
Der Phasengang verläuft stückweise linear und besitzt eine konstante Gruppenlaufzeit τ g , die der Gleichung (8.4) gehorcht [81]. Diese Eigenschaft
konstanter Gruppenlaufzeit τ g hat die wünschenswerte Auswirkung, dass
die gegenseitigen Abstände der Nulldurchgänge der Signalverläufe s am Filterausgang y erhalten bleiben. Sie weisen jedoch gegenüber dem Originalsignal s eine der Gruppenlaufzeit entsprechende konstante Zeitverzögerung
τ g auf.
N–1
τ g = ------------- ⋅ T A
2
(8.4)
Die ideale Unterdrückung aller Harmonischen eines Signales s bei Vielfachen der Frequenz f = f A ⁄ N stellt für das Regelungs-Kapitel die Haupteigenschaft des Kammfilters dar.
Das generelle Tiefpass-Verhalten der Enveloppe des Amplitudenganges des
Kammfilters kann durch den in Gleichung (8.5) angegeben kontinuierlichen
1) Die Ordnung n des Kammfilters beträgt n = N – 1 .
arg(GKF(f)), arg(GTP1(f)) [o]
10
Phasengang
180
0
−180
0
50
100
150
200
250
300
350
400
450
500
550
600
Frequenz f [Hz]
Figur 8.3: Frequenzgang des Kammfilters G KF ( f ) für eine Filterlänge
von N = 12 und eine Abtastfrequenz von f A = 600Hz :
G KF ( f )
Kammfilter:
G TP1 ( f )
Approximation:
Filter erster Ordnung G TP1 bis hin zur halben Abtastfrequenz f A ⁄ 2 approximiert werden. Diese Approximation erleichtert die Reglerauslegungen
beträchtlich, da sie den Kammfilter mit seiner hohen Ordnung durch ein einfaches Filter erster Ordnung ersetzt. Die 3dB -Knickfrequenz f TP1, k ist
proportional zur Abtastfrequenz f A und zur Länge N des Kammfilters. Sie
beträgt f TP1, k = f A ⁄ ( N ⋅ π ) und liegt um den Faktor π unterhalb der
ersten Nullstelle des Kammfilters G KF ( f ) .
1
G TP1 ( f ) = -----------------------------------------TA ⋅ N
1 + j2πf ⋅ ---------------2
wobei
0≤ f ≤ fA⁄2
(8.5)
In Figur 8.3 ist die Enveloppen-Approximation G TP1 des Kammfilters durch
den Tiefpassfilter nach Gleichung (8.5) ebenfalls eingezeichnet. Die Abwei-
- 312 -
- 313 -
chung bei tiefen Frequenzen ist gering. Sie nimmt für höhere Frequenzen allmählich zu und beträgt bei der halben Abtastfrequenz f A ⁄ 2 exakt
π ⁄ 2 ≈ 4dB . Die Ergebnisse von Figur 8.3 zeigen aber auch, dass die Approximation nur für den Amplituden-, nicht aber für den Phasengang gilt.
spannungsperiode ermöglichen. Nur die exakte synchrone Abtastung kann
die Unterdrückung der Harmonischen eines in den Regelkreisen eingesetzten Kammfilters genügend genau gewährleisten. Einerseits muss die Netzsynchronisation ℜ NS nach Figur 8.1 die Referenzsignale r E und r V für die
Leistungsfluss-Regelung ℜ LF und die Maximalleistungs-Regelung ℜ ML
bereitstellen. Andererseits müssen auch die Ausgabezeitpunkte der Stützwerte, die über die DA -Wandler zu den analogen Strom-Sollwerten i E, s und
i V , s umgeformt werden, in genügend hoher Abfolge sichergestellt werden.
Darüber hinaus muss der Regelkreis ℜ NS selbstverständlich erkennen, ob er
synchronisiert ist und darf erst dann den Energiefluss im Leistungsteil durch
die Regelkreise ℜ LF und ℜ ML freigeben. Bei Netzstörungen oder Inselbetriebsbildung soll die Energieeinspeisung ins Netz umgehend unterbrochen werden. Sobald die Störung aber wieder vorbei ist, muss selbstständig
eine Neu-Synchronisation eingeleitet werden.
Die Implementation des Kammfilters kann auf dem µ -Controller sehr elegant bewerkstelligt werden. Anstatt bei jedem Abtastzeitpunkt alle bisherigen Stützwerte im Registerspeicher um eine Position zu verschieben und
anschliessend N Additionen vorzunehmen, arbeitet man mit einem Ringspeicher und Zeiger auf die Position des ältesten und aktuellen Stützwertes.
Vom bisherigen Filterwert subtrahiert man in jedem Abtastschritt jeweils den
ältesten Stützwert und addiert anschliessend den aktuellen Stützwert dazu.
Dann verschiebt man beide Zeiger um eine Position. Die Skalierung am
Kammfilterausgang sollte bei genügender Wortbreite der Rechnereinheit
vermieden werden. Sie wird zweckmässig erst nach der letzten Rechenoperation des Regelkreises vorgenommen. Dadurch verliert man nicht an Auflösung in den üblichen “fixed point”-Rechenwerken der µ -Controller. Die
Berechnung des Kammfilters beschränkt sich somit unabhängig von seiner
Länge N auf eine Subtraktion, eine Addition und etwas Zeigerarithmetik für
den Ringspeicher.
Die Messsignal-Auflösung wird in unserem Fall durch die AD -Wandlung
mit ihrer 8 -Bit-Wortbreite bestimmt. Der Kammfilterausgang benötigt unter
der Voraussetzung einer verlustfreien Signaldarstellung bei maximal 32 Stützwerten eine Wortbreite von höchstens 13 -Bit. Führt man die Additionen und Subtraktionen mit einer Genauigkeit von 16 -Bit durch, kann das
numerische Rundungsrauschen des niederwertigsten Bits vernachlässigt
werden. Der Kammfilter erhöht, wenn auf seine direkte Ausgangsskalierung
verzichtet wird, die ursprüngliche 8 -Bit Amplitudenauflösung von DC Signal-Komponenten um zusätzliche log 2 ( N ) Bits und ermöglicht somit
eine höhere stationäre Regelgenauigkeit. Die grössere Wortbreite der 12 Bit- DA -Wandler verglichen mit den 8 -Bit- AD -Wandlern sorgen dafür,
dass die auf diese Weise gewonnene erhöhte DC -Genauigkeit auch an das
Stellglied weitergegeben wird und in den Leistungsteil einfliessen kann.
8.2.3
Die Netzsynchronisation
Ziel der Netzsynchronisation
Die Netzsynchronisation ℜ NS soll im stationären Betrieb die exakte synchrone Abtastung aller gemessenen Signale mit 12 -Stützwerten2 pro Netz-
Konzeptionelle Umsetzung der Netzsynchronisation
Die Netzspannungs-Synchronisation erreicht man grundsätzlich, indem man
den nächst folgenden Abtastzeitpunkt zeitlich etwas vor- oder zurückversetzt. Dies führt zu einer variablen, von der Netzfrequenz f N abhängigen
Abtastzeit T A . Das Netzsynchronisations-Konzept ist zusammen mit der
gesamten zeitlichen Programmabfolge in Figur 8.4 dargestellt [71].
Aus Rechnersicht benötigt man für die Realisierung des Konzeptes von
Figur 8.4 eine genügend fein abgestufte Zeitbasis, die parallel zum Programmablauf arbeitet und zu einem frei programmierbaren Zeitpunkt eine
Interrupt-Routine aufrufen kann. Innerhalb der Interrupt-Routine werden
dann die AD -Wandlungen, die Stützwertausgaben und die verschiedenen
Reglerberechnungen ℜ in der in Figur 8.4 gezeigten Abfolge abgearbeitet.
Der von uns eingesetzte µ -Controller besitzt einen parallel zum Rechenwerk
arbeitenden programmierbaren Vorwärtszähler, der mit einer fixen Zählerfrequenz von f Z = 750kHz betrieben wird3. Erreicht der interne Zähler2) Die 12 -fache Unterteilung einer Netzperiode ergibt sich aus der benötigten Rechenzeit aller Regelkreise ℜ innerhalb eines Abtastschrittes T A von knapp 1.3 [ms]
und der Forderung, dass die Netzsynchronisation sowohl bei einer Netzfrequenz von
f N = 50 [Hz] als auch bei einer von f N = 60 [Hz] funktionieren soll.
3) Im stationären Betrieb beträgt die Abtastzeit T A = 1 ⁄ ( 12 ⋅ 50Hz ) = 1.67ms .
Dadurch ergibt sich ein Zählerendwert von 1250 . Die ganzzahlige Variation dieses
Endwertes ermöglicht eine sehr feine Anpassung der Abtastzeit T A .
- 314 -
- 315 -
stand Z Z den im vorherigen Zyklus berechneten Endwert Z ZE , wird eine
Interrupt-Routine ausgelöst und parallel dazu die erste AD -Wandlung vorgenommen. Der Zähler Z Z beginnt wieder bei Null vorwärts zu zählen. Die
Interrupt-Routine beginnt nach der Messwerterfassung mit der zweiten AD Wandlung und kümmert sich um die Stützwertausgabe. Dann folgen die
Reglerberechnungen ℜ . Die Netzsynchronisations-Regelung ℜ NS liefert
dabei den passenden Zählerendwert Z ZE für den nachfolgenden Abtastzeitpunkt. Alle Reglerberechnungen ℜ müssen mit genügendem Respektabstand vor Erreichen des nächsten Abtastzeitpunktes abgeschlossen sein.
steht, der die beiden Messgrössen hintereinander wandelt. Die Verzögerung
bei der Erfassung der zweiten Messgrösse, der Zwischenkreisspannung u C ,
beträgt weniger als 30µs . Die Abtastung der Netzspannung u N als erste
Messgrösse erfolgt hingegen verzögerungsfrei exakt zum voraus berechneten Abtastzeitpunkt. Für die Ausgabe der Stützwerte des verbraucherseitigen
Stromsollwertes i V , s wird das Abtastintervall T A nochmals in 8 äquidistante Teilstücke unterteilt. Dies ermöglicht eine quasi-kontinuierliche Stützwertausgabe mit 4.8kHz . Zwei ineinandergeschachtelte Interrupt-Routinen
stellen den in Figur 8.4 gezeigten Programm-Ablauf sicher. Die Stützwertausgabe des Verbraucherstrom-Sollwertes i V , s besitzt ebenfalls eine konstante Verzögerung von knapp 30 [µs] gegenüber dem achtfach unterteilten,
synchronen Abtastzeitpunkt. Für die langsam ablaufenden Vorgänge der
Maximalleistungs-Regelung ℜ ML genügt eine Ausgaberate des erzeugerseitigen Strom-Sollwert i E, s von 600Hz . Die Verzögerung von weniger als
60µs gegenüber dem synchronen Abtastzeitpunkt ist dabei vernachlässigbar.
uC
TA
Messgrössen
uN
t
ℜ NS
ℜ LF
ℜ ML
Struktur der Netzsynchronisations-Regelung
TA
i E, s
Die Netzsynchronisations-Regelung ℜ NS ist gemäss Figur 8.5 aufgebaut
und soll nun anschliessend etwas genauer erläutert werden. Die Drift-Konstante D hat vorerst noch den Wert Null.
TA ⁄ 8
Stellgrössen
iV , s
AD -Wandlung
DA -Wandlung
uN
uC
iV , s
i E, s
t
iV , s iV , s iV , s iV , s iV , s iV , s iV , s
Interrupt
Routine 1
Abtastung
Phasen
Diskriminator
Kammfilter
uN
D
y PD
12
Σ
ℜ NS
ℜ LF
D
Regler
T A0
A
sin cos
y KF
PI
TA
12
Routine 2
ℜ ML
y ST cos
Sinus-Tabelle
Nächster
Abtastzeitpunkt
Figur 8.4: Zeitliche Abfolge der Regelaufgaben, Messgrössenabtastung und
Stellgrössenausgabe bei stationärem Betrieb
Figur 8.5: Struktur der Netzsynchronisations-Regelung ℜ NS
In Figur 8.4 erkennt man im obersten Diagramm eine geringe konstante Verschiebung bei der Erfassung der zweiten Messgrösse gegenüber dem Abtastzeitpunkt. Sie resultiert dadurch, dass nur ein AD -Wandler zur Verfügung
In der Sinus-Tabelle mit 12 Einträgen sind die Stützwerte einer im Abstand
von 30° abgetasteten Einheits-Sinusschwingung abgelegt. Für jeden Abtastschritt und der damit verbunden Reglerberechnung wird ein einzelner Stütz-
- 316 -
- 317 -
wert an der aktuellen Zeigerposition ausgelesen. Nach der Reglerberechnung
wird der Zeiger um eine Position nach rechts verschoben und am Ende der
Tabelle wieder auf den ersten Eintrag zurückgesetzt. Mit zwei Zeigern, die
jeweils um 12 ⁄ 4 = 3 Positionen verschoben sind, kann man so beispielsweise gleichzeitig einen “Sinus” und einen “Cosinus” auslesen4.
Nullstellen bei Vielfachen von f A ⁄ N = 50Hz . Für gleichfrequente Signale
f 1 = f 2 liefert er den DC -Anteil aus Gleichung (8.7) und unterdrückt den
AC -Anteil mit doppelter Frequenz durch seine zweite Nullstelle im Amplitudengang ideal. Gegenüber einem Tiefpass mit einer Eckfrequenz in der
Nähe von 0Hz 5 ist die Sprungantwort des Filters massiv kürzer und lässt
einen sehr viel schnelleren Regelkreis zu.
Die nächste Abtastung erfolgt, ausgehend von der aktuellen Abtastung, nach
Ablauf der durch die Netzsynchronisations-Regelung ℜ NS berechneten
Zeitspanne T A . Das Rechenwerk setzt dazu einen zu T A proportionalen
ganzzahligen Zählerendwert Z ZE .
Als Phasendiskriminator dient ein Multiplikator. Er bildet das Produkt zwischen der abgetasteten Netzspannung u N und dem mittels Speicher-Tabelle
erzeugten internen sinusförmigen Signal y ST cos . Das Produkt gehorcht allgemein den Gleichungen (8.6) und (8.7).
x 1 = X̂ 1 ⋅ sin ( 2π ⋅ f 1 ⋅ t )
x 2 = X̂ 2 ⋅ sin ( 2π ⋅ f 2 ⋅ t + ϕ 2 )
y PD = x 1 ⋅ x 2
ϕ PD = 2π ⋅ ( f 2 – f 1 ) ⋅ t + ϕ 2
wobei
(8.6)
1
1
y PD = --- ⋅ cos ( 2π ⋅ ( f 2 – f 1 ) ⋅ t + ϕ 2 ) – --- ⋅ cos ( 2π ⋅ ( f 2 + f 1 ) ⋅ t + ϕ 2 )
2
2
1
y PD = --- ⋅ [ cos ( ϕ PD ) – cos ( 2π ⋅ ( f 2 + f 1 ) ⋅ t + ϕ 2 ) ]
2
(8.7)
Aus der Sicht des Signales x 2 nimmt bei f 1 < f 2 der Phasenunterschied
ϕ PD gegenüber dem “langsameren” Signal x 1 linear zur Zeit t zu. Umgekehrtes gilt für den Fall f 1 > f 2 und somit für ein “schnelleres” Signal x 1 .
Durch diese Eigenschaft besitzt die Strecke hinsichtlich der Phaseninformation ϕ PD integrales Verhalten. Erst für gleichfrequente Signale f 1 = f 2
wird die Phasenlage ϕ PD in Gleichung (8.6) unabhängig von der Zeit t und
nimmt den konstanten Wert ϕ 2 an.
Der Kammfilter weist eine Länge von N = 12 auf. Im stationären, synchronisierten Betrieb beträgt seine Abtastfrequenz f A = 600Hz . Der Amplitudengang des Kammfilters hat gemäss den Erkenntnissen von Figur 8.3 seine
4) Die tatsächlich programmierte Tabelle enthält 12 ⋅ 8 = 96 Einträge, die für die Stützwertausgabe des Verbraucher-Sollstrom i V , s benötigt werden. Der in Figur 8.5 dargestellte Regelkreis liest daher nur jeden 8 -ten Wert aus.
Durch die unipolare Messsignal-Aufbereitung besitzt die Netzspannung u N
einen nicht genau kompensierbaren DC -Anteil. Zusammen mit dem internen mittelwertfreien Signal y ST cos entsteht somit im Produkt y PD eine
50Hz -Komponente, die aber bei stationärem Betrieb durch die erste Nullstelle des Amplitudenganges des Kammfilters ideal weggefiltert wird.
Bei verzerrter Netzspannung u N entstehen weitere Vielfache von 50Hz am
Kammfiltereingang y PD . Mit Ausnahme der Vielfachen von 600Hz werden
all diese Komponenten durch die Nullstellen des Kammfilters unterdrückt.
Die Vielfachen der 12. -ten Harmonischen fliessen als DC -Grössen in den
Filterausgang mit ein und bewirken, sofern die Netzspannung überhaupt
einen genügend grossen Anteil dieser Frequenzkomponenten besitzt, durch
Aliasing einen bleibenden Phasenfehler, der in der Praxis aufgrund seines
sehr kleinen Wertes von weniger als 0.1° vernachlässigt werden kann.
Denkbare Abhilfen für dieses Phänomen wären entweder eine höhere
Abtastfrequenz f A oder eine sehr scharfe Begrenzung der analogen Signalbandbreite der Netzspannung u N vor der AD -Wandlung.
Der Regler ist als einfacher PI -Regler ausgeführt, der -wie Figur 8.5 zeigtdie Abweichung zur Grundabtastzeit T A0 = ( 1 ⁄ ( 50 ⋅ 12 ) )s beisteuert.
Durch das integrale Verhalten der Strecke würde allein schon der P -Anteil
des Reglers die stationäre Frequenzgleichheit zwischen der Netzspannung
u N und dem internen Signal y ST cos bewerkstelligen. Jedoch würde ein konstanter vom Einschwingvorgang abhängiger Phasenunterschied ϕ PD verbleiben. Durch den I -Anteil wird der Phasenunterschied ϕ PD auf Null
geregelt. Im synchronisierten Betrieb hat das zur Folge, dass das interne
Signal y ST cos gegenüber der Netzspannung u N cosinusförmig verläuft,
denn nur so ist der Mittelwert aus dem Produkt eines gleichfrequenten Sinusund eines Cosinus-Signales Null. Aus der Speicher-Tabelle kann aber jeder-
5) Die Eckfrequenz des Tiefpasses muss sehr tief gewählt werden, um den mit der
doppelten Netzfrequenz entstehenden Pulsationsanteil aus y PD genügend dämpfen zu
können.
- 318 zeit durch einen um drei Positionen versetzten Zeiger ein Sinuswert y ST sin ,
der exakt in Phase zur Netzspannung u N ist, ausgelesen werden.
Netzstörungen und Inselbetrieb
Bei netzgekoppelten Photovoltaik-Anlagen geht man vom Vorhandensein
eines genügend stabilen und leistungsfähigen Netzes aus, das jederzeit die
photovoltaisch produzierte Energie aufnehmen kann. Sollte das Netz die
anfallende Leistung aufgrund einer Störung nicht mehr abnehmen können, so
muss das einzelne Umrichtersystem den Leistungsfluss raschmöglichst
unterbinden. Im folgenden werden vier unterschiedliche Mechanismen beschrieben, die eine Netzstörung erkennen lassen, welche alle vier in unserem
Laborumrichter auch implementiert wurden:
• Ausrasten des Kammfilters
Bricht der Kammfilterausgang y KF im eingerasteten, netzsynchronen
Zustand aus einem Ausrast-Toleranzband aus, ist eine Änderung der
Netzspannung u N aufgetreten. Das im Vergleich zum Einrasten weiter
gefasste Ausrast-Toleranzband ermöglicht somit dem Regelkreis, ungestört langsamen Änderungen der Netzfrequenz f N nachzufahren. Erst
das Verlassen des breiteren Ausrast-Toleranzbandes signalisiert mit
einer Verzögerung von höchstens einem Abtastschritt T A = 1.67ms
die aufgetretene Netzstörung.
• Netzspannungs-Sprung
Ein Netzspannungssprung ∆u N kann aus Sicht der Netzsynchronisation einfach und beinahe verzögerungsfrei als Störung erkannt werden,
sofern dieser genügend gross ist. Im eingerasteten störungslosen
Zustand stimmt der Tabellen-Stützwert y ST sin mit dem abgetasteten
Netzspannungs-Wert u N auf etwa ± 10% überein. Die Schwankungsbreite ist durch den gemäss den Netznormen zulässigen Schwankungsbereich der Spannungsamplitude Û N sowie durch allfällig vorhandene
Verzerrungen der Netzspannung bestimmt. Liegt ein abgetasteter Netzspannungs-Wert u N ausserhalb des auf den Tabellen-Stützwert y ST sin
bezogenen ± 10% -Toleranzbandes, liegt demzufolge ebenfalls eine
Netzstörung vor. Der Rechner kann auf diese Weise innerhalb eines Abtastwertes auf einen genügend grossen Spannungssprung ∆u N > 10%
reagieren und den Leistungsfluss sofort unterbrechen.
• Änderung der Netzimpedanz
Hat sich die Netzimpedanz Z N , ohne einen Spannungssprung ∆u N zu
provozieren, kontinuierlich so geändert, dass die Erzeugerleistung p E
- 319 nicht in vollem Umfang ins Netz eingespeist werden kann, so verunmöglicht dies der Leistungsfluss-Regelung ℜ LF , den Zwischenkreis im
Mittel auf konstantem Niveau zu halten. Die Zwischenkreisspannung
u C driftet somit mehr oder weniger schnell nach oben davon. Der zwingend zu realisierende Überspannungsschutz im Zwischenkreis spricht
in diesem Fall an und unterbindet umgehend den Leistungsfluss.
• Inselbetrieb
Inselbetrieb entsteht dann, wenn das Netz wegfällt und gleichzeitig die
mittlere Leistung der am Anschlusspunkt hängenden Verbraucher mit
der Erzeugerleistung Σ p E der am Netz parallelgeschalteten Umrichtersysteme übereinstimmt. Darüber hinaus muss der Übergang zum Inselbetrieb zum Zeitpunkt des Netzausfalles zwingend ohne Verzerrung der
Netzanschluss-Spannung u N erfolgen6. In diesem wohl äusserst selten
auftretenden Fall versagen alle drei bisher vorgestellten DetektionsMechanismen. Die Drift-Konstante D in der NetzsynchronisationsRegelung ℜ NS von Figur 8.5 sorgt in diesem Fall für Abhilfe. Setzt
man D auf einen geringen negativen Wert, so nimmt bei Fehlen der prägenden Frequenz f N des Netzes die Abtastzeit T A linear mit der Zeit
zu, was ein Absinken der Frequenz des Inselnetzes zur Folge hat.
Unterschreitet diese Frequenz im Inselbetrieb einen unteren Schwellwert von beispielsweise 45Hz , so kann eindeutig auf die verbotene
Inselnetzbildung geschlossen und die Umrichter umgehend abgeschaltet werden.
Die Drift-Konstante D erzeugt im Normalbetrieb am Netz einen bleibenden
nacheilenden konstanten Phasenfehler in der synchronen Abtastung. Wählt
man die Drift-Konstante D etwas grösser als das numerische Rauschen des
Rechenwerkes, bleibt der Phasenfehler unter 0.2° und somit vernachlässigbar. Um im Inselbetrieb die von uns gesetzte untere Frequenzschwelle von
45Hz zu erreichen, werden auf diese Weise rund 2s benötigt. Soll diese
Zeitspanne verkürzt werden, muss die Drift-Konstante D betragsmässig vergrössert werden. Im Gegenzug muss aber dafür im stationären Betrieb ein
grösserer nicht linear zunehmender Phasenfehler bei der Abtastung in Kauf
genommen werden.
6) Hat der Übergang vom netzgeführten Betrieb in den Inselbetrieb eine Störung der
Netzspannung u N zur Folge, greift sofort einer der drei vorher beschriebenen
Mechanismen ein.
- 320 8.2.4
Die Leistungsfluss-Regelung
Ziel der Leistungsfluss-Regelung
Die Leistungsfluss-Regelung ℜ LF soll nach Figur 8.1 den Verbraucherstrom-Sollwert i V , s aufgrund der gemessenen Zwischenkreisspannung u C
derart nachführen, dass die Erzeugerleistung p E im Mittel ins Netz eingespeist wird. Die Maximalleistungs-Regelung ℜ ML gibt indirekt über den
Erzeugerstrom-Sollwert i E, s die in den Zwischenkreis hineinfliessende
Erzeugerleistung p E als Vorsteuersignal v V vor. Die in dieser Arbeit
gezeigte Leistungsfluss-Regelung ℜ LF speist den Verbraucher-Strom i V , s
sinusförmig und in Phase zur Netzspannung u N ins 230V ⁄ 50Hz -Energieversorgungsnetz ein [77]. Die Zwischenkreiskapazität C ist für den Volllastfall ausgelegt.
An die Leistungsfluss-Regelung ℜ LF werden im Wesentlichen zwei Forderungen gestellt:
• Die Zwischenkreisspannung u C soll für einen beliebigen dynamischen
Verlauf der Erzeugerleistung p E zwischen Null und Volllast einen im
voraus festgelegten Maximalwert u Clim, n nie überschreiten.
• Der ins Netz eingespeiste Verbraucherstrom i V soll im stationären
Betrieb einen sinusförmigen Verlauf mit konstanter Amplitude Î V und
gleicher Phasenlage wie die Netzspannung u N besitzen.
Die erste Forderung dient zur Auslegung der Spannungsfestigkeit der
Umrichter. Die Ansprechschwelle u Clim des Überspannungs-Schutzes im
Zwischenkreis soll nur wenig über dem bei Volllast regulär auftretenden
Maximalwert u Cmax liegen. Diese Forderung kann erst im Zusammenspiel
mit der Maximalleistungs-Regelung ℜ ML beurteilt werden und wird daher
später nochmals aufgegriffen.
Die zweite Forderung ermöglicht einen netzfreundlichen Betrieb. Die bei
einer mittleren Taktfrequenz von rund f SVd = 25kHz entstehenden Verbraucherstrom-Oberschwingungen i V , OS der Toleranzband-Regelung ℜ VS
sind im relevanten Regelungs-Frequenzbereich vernachlässigbar klein.
Struktur der Leistungsfluss-Regelung
Die für den Regelvorgang massgebende Gleichung aus Kapitel 4.4 sei hier
nochmals als Gleichung (8.8) in Erinnerung gerufen, denn die Struktur der
Leistungsfluss-Regelung ℜ LF von Figur 8.6 folgt unmittelbar aus dieser
Gleichung, die nicht nur im stationären Fall, sondern auch für dynamische
- 321 Vorgänge gültig ist. Die Zwischenkreisspannung u C ist zu jedem Zeitpunkt
durch das Integral der Leistungsdifferenz p E – p V bestimmt. Die Berechnung des minimal notwendigen Wertes der Integrationskonstante K sowie
der Entzerrungskonstante E werden an dieser Stelle als bekannt vorausgesetzt. Details dazu sind in [1] zu finden.
2
2
u C = ---- ⋅ ( u E ⋅ i E – u V ⋅ i V ) dt = F ( t ) + K
C
∫
(8.8)
Die Regelabweichung y RA wird erst nach quadrieren der Zwischenkreisspannung u C gebildet. Sie liefert nach Gleichung (8.8) die “dynamische”
Stammfunktion F ( t ) .
Regelabweichung
uC
x
Kammfilter
Entzerrung
2
y RA
24
Regler
yE
Σ
Vorsteuerung
vV
î V , s
StützwertAusgabe
iV , s
PI
y KF
K
E
sin
96
rV
Sinus-Tabelle
Figur 8.6: Struktur der Leistungsfluss-Regelung ℜ LF :
Mit f A = 600Hz abgearbeitete Funktionsblöcke
Mit f A = 4.8kHz abgearbeitete Funktionsblöcke
Der Kammfilter wird so ausgelegt, dass eine Nullstelle seines Amplitudenganges sicher bei 100Hz zu liegen kommt. Die durch die Einphasigkeit hervorgerufene verbraucherseitige Leistungspulsation kann auf diese Weise
ideal unterdrückt werden. Vielfache von 50Hz -Komponenten können in der
2
quadrierten Zwischenkreisspannung u C dann entstehen, wenn entweder der
Verbraucherstrom i V einen geringen DC -Anteil besitzt oder die Netzspannung u N verzerrt ist. Legt man die Nullstellen des Amplitudenganges des
Kammfilters auf Vielfache von 50Hz , werden all diese “Dreckeffekte” ideal
herausgefiltert. Einzig Vielfache der Abtastfrequenz von 600Hz beziehungsweise Vielfache der 12. -ten Harmonischen der Netzspannung u N verursachen am Ausgang des Kammfilters DC -Komponenten und führen zu
- 322 -
- 323 -
einer Verfälschung der Konstanten K . Allerdings geschieht dies höchstens
im Promille-Bereich und darf daher problemlos vernachlässigt werden.
blattangaben des Solargenerators und berechnet nach Gleichung (8.11) den
Faktor k vst der Vorsteuerung, so ist dieser Wert lediglich als ein erster
Schätzwert zu verstehen.
Unser Kammfilter hat die Länge N = 24 und eliminiert nach Gleichung
(8.1) sogar alle Vielfachen von 25Hz der “dynamischen” Stammfunktion
y RA = F ( t ) . Auf diese Weise werden auch die geringen durch die Maximalleistungs-Regelung ℜ ML erzeugten 25Hz -Vielfachen der Zwischenkreisspannung u C vom Eingang des PI -Reglers ferngehalten und
erscheinen demzufolge auch nicht an dessen Ausgang. Damit wird rasch
ersichtlich, dass im stationären Betrieb die zu Beginn des Kapitels 8.2.4 aufgestellte zweite Forderung bereits zur Hälfte erfüllt ist und die Verbraucherstrom-Amplitude den geforderten konstanten Verlauf î V = Î V besitzt.
Der PI -Regler ist in der Lage, allfällige Ungenauigkeiten des vorgesteuerten
Verbraucher-Stromamplituden-Sollwertes v V aufzufangen und stationär
auszuregeln. Die Summe aus Reglerausgang und Vorsteuerungssignal liefert
den momentanen Verbraucher-Stromamplituden-Sollwert î V , s . Der I -Anteil
im Regler sorgt für den im stationären Betrieb notwendigen konstanten Verbraucher-Stromamplituden-Sollwert î V , s = Î V , s , der die Zwischenkreisspannung u C pulsieren lässt.
Die Vorsteuerung erlaubt es, den PI -Regler schneller auszulegen und den
Regelvorgang somit “idealer” durchzuführen. Im Punkt maximaler Leistung
des Erzeugers, dem MPP gilt unter Vernachlässigung der Umrichterverluste
Gleichung (8.9) und demzufolge auch die in Gleichung (8.10) formulierte
Proportionalität. Dass die Verbraucher-Stromamplitude î V proportional zum
Erzeugerstrom im MPP ist, gilt natürlich auch für die im µ -Controller
erzeugten Strom-Sollwerte nach Gleichung (8.11):
û N ⋅ î V
u E, MPP ⋅ i E, MPP = ---------------2
(8.9)
u E, MPP
î V = i E, MPP ⋅ 2 ⋅ -----------------û N
(8.10)
u E, MPP
î V , s = i Edc, s ⋅ k vst mit k vst = 2 ⋅ -----------------û N
(8.11)
Wie bereits mehrfach gehört, variiert die MPP -Spannung am Erzeuger mit
wechselnder Temperatur und Strahlungsstärke beträchtlich. Ebenso ist die
Netzspannungsamplitude û N nicht immer konstant. Nimmt man die Daten-
Arbeiten die Maximalleistungs-Regelung ℜ ML und die LeistungsflussRegelung ℜ LF stationär, kann der Rechner unmittelbar das Verhältnis der
beiden tatsächlichen Strom-Sollwerte î V , s ⁄ i Edc, s berechnen und so den mit
Unsicherheit behafteten Startwert der Vorsteuerung k vst durch einen aktuellen, weit genaueren Wert überschreiben. In diesem aktuellen Wert k vst sind
darüber hinaus auch alle aufgetretenen alters- oder temperaturbedingten
Parameteränderungen und -unsicherheiten sowie die leistungsabhängigen
Wirkungsgrade η E und η V der zwei Umrichterstufen unseres Systems
bereits berücksichtigt.
Die Stationarität der Leistungsfluss-Regelung ℜ LF ist dann gegeben, wenn
sich der Kammfilterausgang y KF dauernd innerhalb eines Null-Toleranzbandes bewegt. Man kann hier analog zum Einrastmechanismus der Netzsynchronisation ℜ NS mit einem Einrastzähler verfahren, um sicherzustellen,
dass sich der Kammfilterausgang y KF bereits genügend lang innerhalb des
geforderten Toleranzbandes befindet und die Leistungsfluss-Regelung ℜ LF
somit stationär arbeitet.
Ein ähnliches Kriterium gilt auch, wie später noch gezeigt werden wird, bei
der Maximalleistungs-Regelung ℜ ML . Im Falle, dass beide Regelkreise ihre
Stationaritätskriterien erfüllen, kann dann der Rechner die Vorsteuerungskonstante k vst gemäss Gleichung (8.10) quasi adaptiv nachführen.
Die Ausgabe des Sollwertes übernimmt die Netzsynchronisation ℜ NS . Dazu
wird der zuletzt berechnete Verbraucher-Stromamplituden-Sollwert î V , s mit
dem Stützwert aus der fein unterteilten Sinus-Tabelle multipliziert und über
den DA -Wandler in ein analoges Signal umgewandelt. Man erhält so den
quasi-kontinuierlichen Sollwert i V , s , den die Toleranzband-Regelung ℜ VS
schliesslich zur Modulation des Verbraucher-Umrichters benötigt. Die Ausgabe der Stützwerte erfolgt gegenüber der Leistungsfluss-Regelung ℜ LF 8 mal häufiger -also mit f A = 4.8kHz - und benötigt somit eine 96 Einträge
umfassende Sinus-Tabelle. Wie alle Regelkreise verläuft auch die Ausgabe
absolut synchron zur Netzspannung u N . Die hohe Ausgaberate erzeugt
einen mit vernachlässigbar geringen Stufen versehenen VerbraucherstromSollwert i V , s . Die verbleibende Reststufigkeit des DA -Ausgangsignales
kann mit einem einfachen Tiefpassfilter ohne nennenswerte Phasenverschiebung der 50kHz -Grundschwingung herausgefiltert werden.
- 324 8.2.5
Die Maximalleistungs-Regelung
Ziel der Maximalleistungs-Regelung
Die Maximalleistungs-Regelung ℜ ML soll den Erzeuger-Solargenerator
möglichst dauernd im Punkt maximaler Leistung MPP E halten und den
Arbeitspunkt des Solargenerators bei sich ändernden Strahlungsstärken oder
Temperaturen dem Punkt maximaler Leistung MPP E dynamisch nachführen. Ferner soll der Umrichter unter beliebigen Strahlungsstärke-Profilen
derart betrieben werden, dass die Zwischenkreisspannung u C einen vorgegebenen Maximalwert u Clim nie überschreitet.
Erfolgt die Regelung durch aktive Suche des Punktes maximaler Leistung,
so ist das System unabhängig von sämtlichen Parameter-Variationen des
Solargenerators, die durch Einstrahlung, Temperatur, Solarzellentyp und
Alterung verursacht werden. Wie hoch die während eines Jahres bei gegebenen Umweltverhältnissen erzielbare maximale Energieausbeute ist, hängt in
einem solchen Fall einerseits sehr stark vom Wirkungsgrad der einzelnen
Umrichterstufen, andererseits aber auch massgeblich von der Güte der Maximalleistungs-Regelung des Systems ab, denn eine schlechte MPP -Regelung
kann die gesamten Anstrengungen bei der Wirkungsgradoptimierung der
Umrichterstufen wieder zunichte machen!
Maximalleistungs-Indikator
Die Stellgrösse der Maximalleistungs-Regelung ist nach Figur 8.1 der
Erzeugerstrom-Sollwert i E, s . Betrachtet man die ui -Kennlinie des Erzeugers in Figur 8.7, so erkennt man, dass sich der Arbeitspunkt des Solargenerators bei zu grossem Erzeugerstrom-Sollwert i E, s > i E, MPP zum Kurzschlusspunkt KS hin verschiebt. Ein zu geringer Erzeugerstrom-Sollwert
i E, s < i E, MPP verschiebt ihn hingegen zum Leerlaufpunkt LL hin. In beiden
Fällen ist die vom Solargenerator gelieferte Leistung p E kleiner als die
maximal mögliche MPP -Leistung p E, MPP für den Erzeugerstrom-Sollwert
i E, s = i E, MPP .
Gäbe es ein Indikator-Signal y IS , das solange einen negativen Wert y IS < 0
besitzt, wie der Arbeitspunkt des Erzeugers links vom MPP E liegt und dessen Vorzeichen hingegen positiv y IS > 0 werden lässt bei einem Arbeitspunkt rechts vom MPP E , so könnte man mit Hilfe eines I -Reglers für den
Erzeugerstrom-Sollwert i E, s den Umrichter zuverlässig und dauernd im
MPP E betreiben. In diesem Fall würde der Integrator seinen Ausgang bei
einem Erzeuger-Arbeitspunkt links vom MPP E zurücknehmen und im
- 325 Gegensatz dazu bei einem Arbeitspunkt rechts vom MPP E vergrössern. Im
Gleichgewichtsfall verharrt der Integrator bei i E, s = i E, MPP , da dort das
Indikator-Signal den Wert y IS = 0 besitzt.
iE
KS
i Eac
MPP E
t
LL
pE
p Eac
uE
MPP E
t
LL
KS
Links vom
MPP E
Im
MPP E
uE
Rechts vom
MPP E
Figur 8.7: Auswirkung eines überlagerten Strom-Testsignales i Eac auf die
Erzeuger-Wechselleistung p Eac
Figur 8.7 zeigt anschaulich die Wirkung eines sinusförmigen kleinen StromTestsignales i Eac , das dem DC -Arbeitspunkt des Erzeugerstromes i Edc
überlagert wird:
• Arbeitspunkt links vom MPP E
Befindet sich der Arbeitspunkt links vom MPP E also i Edc > i E, MPP ,
bewirkt eine kleine Stromzunahme eine Bewegung in Richtung des
Kurzschlusspunktes KS . Eine Stromabnahme führt zu einem Ausschlag in Richtung des Leerlaufpunktes LL . Die durch das Strom-Testsignal i Eac erzeugte Wechselleistung p Eac verläuft in diesem Fall
gegenphasig zu i Eac und weist je nach Arbeitspunkt und Amplitude
î Eac des Testsignales mehr oder weniger grosse Verzerrungen auf.
• Arbeitspunkt rechts vom MPP E
Liegt der Arbeitspunkt rechts vom MPP E also i Edc < i E, MPP , führt
eine Stromzunahme zu einem Ausschlag in Richtung des Kurzschluss-
- 326 -
- 327 -
punktes KS , und eine Stromabnahme bewirkt eine Auslenkung hin
zum Leerlaufpunkt LL . Diesmal verlaufen der Wechselanteil der Leistung p Eac und das Strom-Testsignal i Eac gleichphasig. Bedingt durch
die gekrümmte Kennlinie des Solargenerators erfolgt auch in diesem
Fall eine Verzerrung der Wechselleistung p Eac .
• Arbeitspunkt im MPP E
Liegt der Arbeitspunkt im MPP E , weist die entstehende Wechselleistung p Eac gegenüber dem Strom-Testsignal i Eac eine Frequenzverdopplung auf. Die Frequenzverdopplung kommt dadurch zustande,
dass links vom MPP E bei Stromzunahme die Wechselleistung p Eac
abnimmt, während rechts vom MPP E dieselbe Stromzunahme die
Wechselleistung ansteigen lässt. Sobald man den Arbeitspunkt i Edc in
die Nähe des MPP E legt, fährt man folglich beide “Flanken” der up Kennlinie ab.
Anstiegszeit von T I > 10s . Das heisst, dass der Punkt maximaler Leistung im
ungünstigsten Fall nach etwa 10 Sekunden gefunden ist. Zu einem späteren
Zeitpunkt wird noch gezeigt werden, wie die Anstiegzeit T I durch den Einsatz eines Kammfilters deutlich verringert und die MPP -Suche dadurch
stark beschleunigt werden kann.
p Eac
25
T I > --------------------f TP-40dB
(8.12)
Legt man die Frequenz des Strom-Testsignales auf f TS = 25Hz fest und
setzt einen einfachen Tiefpassfilter zweiter Ordnung ein, muss seine Knickfrequenz bei 2.5Hz angesetzt werden. Damit ergibt sich eine Integrator-
y PD
y IS
i Edc
Links vom
MPP E
Im
MPP E
Rechts vom
MPP E
Überlagert man dem Solarzellenstrom ein Testsignal, so muss man auf der
Solarzellenseite eine Energieeinbusse hinnehmen. Bei einem SolarzellenFüllfaktor von FF E = 0.7 beträgt die Energieeinbusse bei einer StromTestsignal-Amplitude von î Eac ⁄ i E, MPP = 0.1 knapp 3 % .
Wertet man die Phasenbeziehung zwischen dem Strom-Testsignal i Eac und
der Erzeuger-Wechselleistung p Eac nach Figur 8.8 aus, erhält man das
gewünschte Indikator-Signal y IS . Die Phaseninformation wird dabei durch
Multiplikation des Strom-Testsignales i Eac und der Erzeuger-Wechselleistung p Eac ermittelt. Anschliessend wird ein möglichst idealer Tiefpassfilter
benötigt, um den störenden Pulsationsanteil des Produktes zu unterdrücken
und den die Phaseninformation y IS beinhalteten DC -Anteil von y PD an den
Integrator weiterzureichen. Die Frequenz f TP-40dB , bei der die Dämpfung
des Tiefpassfilters mindestens 40dB beträgt, bestimmt die Anstiegszeit T I
des Integrators von Null auf den maximal auftretenden Erzeuger-Kurzschluss-Strom i E0max . Hält man sich an die empirisch ermittelte Ungleichung (8.12), wird der nichtlineare Regelkreis von Figur 8.8 stabil arbeiten.
i Eac
Maximalleistungs
Indikator
p Eac
y PD
Tiefpass
Filter
Regler
I
y IS
i Edc
iE
Testsignal
i Eac
i Eac
Figur 8.8: Maximalleistungs-Indikator mit nachgeschaltetem Regler
Analog zur Darstellung von Figur 8.7 kann man sich überlegen, was geschehen würde, wenn man anstelle des Strom-Testsignales i Eac ein SpannungsTestsignal u Eac verwenden und dieses einer Arbeitspunkt-Spannung u Edc
überlagern würde. Die Auswertung der Phaseninformation bei SpannungsPrägung könnte ebenfalls mit dem in Figur 8.8 gezeigten Phasendiskriminator erfolgen, wobei bei Spannungs-Prägung die Multiplikation der Wechselleistung p Eac mit dem negativen Spannungs-Testsignal – u Eac erfolgen
müsste.
- 328 -
- 329 -
Gewinnung des Indikatorsignales ohne Leistungsmessung
Erzeuger-Umrichter
In diesem Kapitel soll aufgezeigt werden, wie das Indikator-Signal y IS rein
aus der Zwischenkreisspannung u C gewonnen werden kann, was eine hochauflösende Leistungsmessung am Erzeuger überflüssig macht. Dies führt im
Falle unseres Kleinleistungssystems zu nicht zu vernachlässigenden Kosteneinsparungen. Ferner wird die Frage geklärt, wie sich die informationsrelevante Erzeuger-Wechselleistung p Eac in der Zwischenkreisspannung u C
niederschlägt und somit das für die Maximalleistungs-Regelung ℜ ML benötigte Indikator-Signal y SI aus u C extrahiert werden kann.
Verbraucher-Umrichter
p E = p Edc + p Eac
p V = p Vdc + p Vac
pC
mE
mV
uC
C
iE
iV
ℜ ES
ℜ VS
i E, s = i Edc, s + i Eac, s
2
2
u C, n = ------ ( p Eac, n – p Vac, n ) dt = F n ( t ) + K n
Cn
∫
Fn(t ) + K n
0.5
0
10 20 30 40
0
2
1
0
2
1
0
0
(8.14)
Figur 8.9 zeigt in der Mitte die stationären Verläufe der Leistungen an einer
Testsignal-Amplitude von î Eac, n = 0.05 ⋅ i E, MPP, n unter Volllast G' n = 1
und einer Frequenz des Strom-Testsignales von f TS = 25Hz für die drei
Fälle links, rechts und im MPP E . Der Arbeitspunkt links und rechts vom
MPP E wurde so gewählt, dass die Erzeuger- DC -Leistung jeweils 95% der
Links
0.5
0
1
Im MPPE
0
1
1
0.5
0
1
Rechts
0.5
1
Verbraucher−Leistung pV,n
0
1
0
0.5
0
10 20 30 40
Zeit t [ms]
0
10 20 30 40
Spektrale Zusammensetzung der Zwischenkreis−Spannung uC,n
Amplitude
Somit fliesst die Differenz der beiden Wechselleistungen p Eac und p Vac
nach den Gleichungen aus Kapitel 4.4.2 in die Zwischenkreisspannung u C
ein. Gleichung (8.14) gibt den Zusammenhang unter Berücksichtigung des
Gleichgewichtes in normierter Form wieder:
u C, n =
0.5
(8.13)
Phase [o]
p C = p Eac – p Vac
2
Zwischenkreis−Spannung uC,n
Die Leistungsfluss-Regelung ℜ LF sorgt nun dafür, dass im Mittel Gleichgewicht herrscht und die Leistung p C in der Zwischenkreiskapazität C zu
einer Wechselgrösse nach Gleichung (8.13) wird:
Zeitliche Verläufe der Leistungen
1
Erzeuger−Leistung pE,n
Gibt man der Erzeugerstrom-Regelung einen Sollwert i E, s vor, der sich
nach Figur 8.9 aus einem DC -Anteil i Edc, s und dem Sinus-Testsignal
i Eac, s zusammensetzt, wird die Erzeugerleistung p E je nach Arbeitspunkt
des Solargenerators den qualitativ in Figur 8.7 oder 8.8 gezeigten Wechselanteil p Eac besitzen. Dies erfolgt unter der Voraussetzung, dass die erzeugerseitige Stromregelung den Sollwert mit dem Kurzzeitmittelwert des
Istwertes in Einklang bringen kann. Damit fliesst eine streng genommen
nicht mehr 100% konstante Erzeugerleistung p E in den Zwischenkreis.
iV , s
0.25
0.2
0.15
0.1
0.05
0
1
0.5
0
180
90
0
−90
−180
0
25
50
75
100
125
150
175
200
Frequenz [Hz]
Figur 8.9: Leistungsverteilung im Umrichter-System:
p E, n
u C, n
Zeitverläufe:
Arbeitspunkt:
links
im MPP E
pV , n
rechts
- 330 -
- 331 -
Leistung p E, MPP, n beträgt. Das Strom-Testsignal i Eac, s selbst führt im
MPP E bei einem Solarzellen-Füllfaktor von FF E = 0.65 zu einer verschmerzbaren Energieeinbusse von E Ee = 0.5% . Von der ins Netz eingespeisten Wechselleistung p Vac wurde hier vorausgesetzt, dass ihre spektrale
Zusammensetzung nur aus einer 100Hz -Komponente besteht.
Falle eines Erzeuger-Arbeitspunktes im Kurzschlussbereich i Edc, s > i E, MPP
eine Absenkung der Zwischenkreisspannung u C, n stattfindet. Umgekehrt
findet im Leerlaufbereich i Edc, s < i E, MPP eine Anhebung statt. Im MPP E
liegt der Mittelwert der Zwischenkreisspannung u C, n praktisch auf dem
gleichen Niveau, wie wenn man den Solargenerator im MPP E ohne StromTestsignal i Eac, s = 0 betreiben würde.
In Figur 8.9 sind in der obersten Reihe der Diagramme mit den Zeitverläufen
die Verhältnisse für einen Arbeitspunkt links vom MPP E zu sehen. Darin ist
deutlich zu erkennen, dass beim Maximalwert des Erzeugerstrom-Sollwertes
zum Zeitpunkt t = 10 [ms] die Erzeuger-Kennlinie bereits sehr kräftig in
Richtung des Kurzschlusspunktes KS ausgefahren wird. Die Erzeugerleistung p E, n besitzt eine gut sichtbare Absenkung in der ersten Halbwelle des
Strom-Testsignales i Eac, s . Die Gegenphasigkeit der Erzeuger-Wechselleistung p Eac, n zum Strom-Testsignal i Eac, s bestätigt sich hier, wenn auch mit
deutlichen Verzerrungen. Im Vergleich zu den beiden restlichen in Figur 8.9
dargestellten Verläufen der normierten Zwischenkreisspannung u C, n ist in
diesem Arbeitspunkt die entstehende mittlere Zwischenkreisspannung u C, n
tiefer, obschon die Konstante K n in Gleichung (8.14) in allen drei Fällen
identisch ist. In der mittleren Reihe befindet sich der Arbeitspunkt im
MPP E des Solargenerators. In diesem Fall ist die Welligkeit der Erzeugerleistung p Eac, n in Figur 8.9 von blossem Auge aus nicht mehr auszumachen, da die damit verbundene Energieeinbusse mit E Ee = 0.5% zu gering
ist. Für den in der untersten Diagrammreihe dargestellten Arbeitspunkt
rechts vom MPP E kann man hingegen den gleichphasig, wenig verzerrten
Verlauf der Erzeuger-Wechselspannung p Eac, n wiederum von Auge noch
erkennen. Die Zwischenkreisspannung u C, n liegt dort im Vergleich zu den
anderen zwei Fällen auf höherem Niveau.
Die spektrale Zusammensetzung der Zwischenkreisspannung u C, n ist im
untersten Teil der Figur 8.9 zu sehen und besteht aus Frequenzkomponenten
mit Vielfachen von f = n ⋅ 25Hz . Im vorliegenden Fall mit maximaler
Strahlungsstärke G' n = 1 tritt aufgrund der Leistungspulsation neben dem
DC -Anteil eine sehr starke 100Hz -Komponente in Erscheinung.
Die Nichtlinearität der Wurzeloperation aus Gleichung (8.14) schlägt sich
am deutlichsten in den drei unterschiedlichen DC -Komponenten nieder7.
Das hat zur Folge, dass bei gleichbleibender Integrationskonstante K n im
7) Bei geringeren Strahlungsstärken G' n < 1 kommt die Nichtlinearität weniger stark
zum Ausdruck. Der hier gezeigte Volllastbetrieb stellt somit den “worst case” Fall dar.
Die Phaseninformation des MPP E -Indikatorsignales steckt somit in der
25Hz -Komponente der Zwischenkreisspannung u C, n . Darin findet durch
die Integralbildung der Leistungsdifferenz p E – p V generell eine Phasendrehung um – 90° statt. Links vom MPP E beträgt die Phasenlage im Vergleich
zum Strom-Testsignal i Eac +90° , während im Leerlaufbereich eine Phasendrehung von – 90° stattfindet. Der Phasenunterschied von 180° , welcher
sich durch ein unterschiedliches Vorzeichen bemerkbar macht, bleibt somit
auch in der Zwischenkreisspannung u C, n erhalten.
Die Frequenz f TS des Strom-Testsignales muss in unserem konkreten
Anwendungsfall so gewählt werden, dass im Zwischenkreis die Phaseninformation des MPP E -Indikatorsignales nicht von der Netzseite her beeinflusst
wird. Strom- und oder Spannungsverzerrungen des Netzes führen in der
Wechselleistung p Vac im allgemeinen zu Vielfachen von f = n ⋅ 50Hz .
Die Wurzeloperation fächert diese Komponenten in der Zwischenkreisspannung u C, n immer weiter zu höheren Frequenzharmonischen hin auf. Somit
fallen alle Vielfachen f = n ⋅ 50Hz der Netzfrequenz als mögliche Frequenzen für das Strom-Testsignal i Eac, s ausser Betracht.
Damit sich die Verbraucher-Wechselleistung p Vac tatsächlich nur aus Vielfachen f = n ⋅ 50Hz der Netzfrequenz zusammensetzt, muss zwingend im
stationären Betrieb ein konstanter Verbraucher-Stromamplituden-Sollwert
î V , s vorausgesetzt werden. Für die Leistungsfluss-Regelung ℜ LF bedeutet
dies, dass im dort eingesetzten Kammfilter alle in der Zwischenkreisspannung u C, n vorhandenen Vielfachen der Strom-Testsignal-Frequenz n ⋅ f ST
ideal unterdrückt werden müssen. Der zur Netzfrequenz synchron laufende
Kammfilter ermöglicht die ideale Unterdrückung von 50Hz -Harmonischen
aber nur in seinen Amplitudengang-Nullstellen. Daraus folgt unmittelbar,
dass nur noch Subharmonische der Netzfrequenz f N für die Frequenz f TS
des Strom-Testsignales nach Gleichung (8.15) in Frage kommen:
f TS = ( 50 ⁄ n ) Hz
wobei n ≥ 2
(8.15)
- 332 -
- 333 -
Der Kammfilter muss dann in seiner Länge so angepasst werden, dass seine
Nulldurchgänge im Amplitudengang bei Vielfachen der Strom-Testsignalfrequenz f = n ⋅ f TS zu liegen kommen8.
Phasen
Diskriminator
uC
Je tiefer man die Frequenz des Strom-Testsignales f TS wählt, desto länger
brauchen der Phasendiskriminator und der Tiefpassfilter aus Figur 8.8 zur
Bestimmung des Indikator-Signales y IS und desto langsamer muss demzufolge auch der den Arbeitspunkt beisteuernde I -Regler eingestellt werden.
Jede weitere Halbierung der Strom-Testsignalfrequenz f TS bringt darüber
hinaus auch eine Verdoppelung der Länge N der eingesetzten Kammfilter
mit sich. Aus diesem Grunde wurde die Strom-Testsignalfrequenz in unserem Anwendungsfall auf f TS = 25Hz festgelegt.
r E-cos
Struktur der Maximalleistungs-Regelung
Die Struktur der in Figur 8.10 dargestellten Maximalleistungs-Regelung
ℜ ML geht unmittelbar aus dem Prinzipbild von Figur 8.8 und der zuletzt
beschriebenen Gewinnung des Indikatorsignales y IS aus der Zwischenkreisspannung u C hervor. Die Frequenz f TS des benötigten Strom-Testsignales
i Eac, s beträgt f TS = 25Hz .
8) Bei einer Abtastfrequenz von f A = 600 [Hz] und einer Strom-Testsignalfrequenz
von f TS = 25 [Hz] beträgt die Länge des Kammfilters N = 24 .
Regler
24
Σ
I
sin
– cos 24
y IS
Sinus-Tabelle
i Edc, s
i E, s
î Eac, s
r Esin
i Eac, s
Figur 8.10: Struktur der Maximalleistungs-Regelung ℜ ML
Verbesserung der Sensitivität des Indikator-Signales
Der Rechner ist in der Lage, eine mit der Stromamplitude des VerbraucherSollwertes î V , s gewichtete sinusförmige 100Hz -Schwingung auf einem
weiteren in Figur 8.1 nicht eingezeichneten DA -Wandlerkanal auszugeben.
Damit kann man mit einem zweiten parallel zur bisherigen Zwischenkreisspannungsmessung aufgebauten analogen Signalverarbeitungskanal die
Sensitivität des Indikator-Signales y IS beträchtlich verbessern, indem man
die aus spektraler Sicht dominierende 100Hz -Komponente aus der gemessenen Zwischenkreisspannung u C durch die analog ausgeführte Subtraktion
der nachgebildeten 100Hz -Schwingung kompensiert oder im Idealfall sogar
vollständig wegfiltert. Der DC -Anteil der Spannung u C kann über eine
AC -Kopplung ebenfalls leicht eliminiert werden. Das auf diese Weise
gewonnene neue analoge Signal kann dann optimal auf den Eingangsspannungsbereich eines weiteren AD -Kanales skaliert werden und steht dann der
Maximalleistungs-Regelung ℜ ML als Wechselgrösse mit massiv vergrösserter Auflösung und stark verminderter 100Hz -Komponente zur Verfügung.
y PD
Kammfilter
Der Kammfilter von Figur 8.10 erfüllt die Anforderungen bezüglich idealer
Unterdrückung der Harmonischen der Testsignalfrequenz n ⋅ f TS sowie
aller Vielfachen der Netzfrequenz n ⋅ 50 [Hz] hervorragend. Dadurch kann
der Integrator merklich schneller als beim Einsatz eines üblichen Tiefpassfilters eingestellt werden. Damit jedoch die unterlagerte LeistungsflussRegelung ℜ LF im Vergleich zur Maximalleistungs-Regelung ℜ ML genügend schnell ist und vor allem die Zwischenkreisspannung u C stets innerhalb der vorgeschriebenen Eckwerte bleibt, wird in unserem konkreten
Anwendungsfall des modulintegrierten Umrichtersystems die Integration
und die damit verbundene Leistungszufuhr in den Zwischenkreis auf eine
Anstiegszeit von rund 1 bis 2s begrenzt. Der Phasendiskriminator berücksichtigt die Drehung der Phasenlagen in der Zwischenkreisspannung u C ,
indem er subsynchron zur Netzfrequenz f N über die Sinus-Tabelle einen
negativen Cosinus-Stützwert r E-cos bezieht. Der Sinus-Stützwert r Esin wird
mit der bisher benutzten Amplitude î Eac, s gewichtet und bildet zusammen
mit dem Integratorausgang î Edc, s den Strom-Sollwert i E, s der ErzeugerToleranzband-Regelung ℜ ES .
8.3
Modulation
Wie bereits in der regelungstechnischen Gesamtübersicht unseres zweistufigen Umrichtersystems mit seinen digitalen und analogen Regelkreisen von
Figur 8.1 sichtbar ist, bestehen sowohl auf der Erzeuger- als auch auf der
Verbraucherseite die innersten Regelkreise aus analogen ToleranzbandRegelungen.
- 334 -
- 335 -
Der Vorteil des Toleranzband-Reglers besteht darin, das er gleichzeitig sowohl Stromregelkreis als auch Umrichtermodulator ist. Für die ressourcenschonende Realisierung unseres modulintegrierten Umrichteransatzes ist
dies besonders wichtig, denn damit kann der µ -Controller von der sehr
rechenintensiven Berechnung der Schaltfunktionen der einzelnen
Umrichterstufen befreit werden. Damit bilden die Toleranzband-Regelungen
in unserem Fall letztlich die Voraussetzung für die Verwendung eines LowCost- µ -Controllers.
Erzeuger- und Verbraucher-Leistungsregelung
Wird auf der Erzeugerseite der Strom i E des Solargenerators auf einen konstanten Wert I E geregelt, so hat dies über die Solarkennlinie eine konstante
Erzeugerspannung U E zur Folge. Damit wird die Erzeugerleistung ebenfalls
konstant p E = P E . Regelt man den Verbraucherstrom i V bezüglich seiner
Amplitude Î V und Phasenlage ϕ V gegenüber der aufgeprägten sinusförmigen Spannung u V des Energieversorgungsnetzes, ist die Verbraucherleistung
p V ebenfalls bestimmt. Der Verlauf der Zwischenkreisspannung u C hängt
einerseits von der Dimensionierung der Zwischenkreiskapazität C und der
Konstanten K und andererseits von der momentanen Leistungsdifferenz
p E – p V zwischen Erzeuger- und Verbraucherseite ab. Bei geregeltem
Erzeugerstrom i E und Verbraucherstrom i V ergibt sich somit die Zwischenkreisspannung u C quasi von selbst.
Bisher wurde stets davon ausgegangen, dass die Erzeugergrössen konstant
und die Verbrauchergrössen sinusförmig sind. Alle Betrachtungen setzten
dabei stationäre Verhältnisse voraus. Diese Annahmen können in der Praxis
nur dann eingehalten werden, wenn entsprechende Regelkreise implementiert werden. Wie die Figur 8.11 zeigt, stellen die Toleranzband-Regler dabei
die innersten und damit auch die schnellsten Regelkreise unseres Systems
dar. Im Falle des einzelligen modulintegrierten Umrichters handelt es sich bei
den zu regelnden Strömen einerseits um den Netzstrom und andererseits um
den Drosselstrom auf der Sekundärseite des optimierten NiederspannungsHochsetzstellers von Figur 6.24. Für die nachfolgenden systemtechnischen
Betrachtungen verwenden wir dafür in Übereinstimmung mit den Bezeichnungen in Rainer Schmidts Arbeit [1] auf der Solargenerator- oder Erzeugerseite das Symbol i E und auf der Netz- oder Verbraucherseite das Symbol i V .
In Figur 8.11 produzieren die Erzeuger- und Verbraucher-Stromregelungen
ℜ ES und ℜ VS die Modulationsfunktion m E und m V des entsprechenden
Umrichters derart, dass die gewünschten Ströme fliessen können. Nebst den
beiden Stromregelungen ℜ ES und ℜ VS benötigt das System noch eine in
der Figur 8.11 nicht gezeigte übergeordnete Leistungsfluss-Regelung ℜ LF ,
welche die beiden Strom-Sollwerte i E, s und i V , s so aufeinander abstimmt,
dass das geforderte mittlere Leistungsgleichgewicht erfüllt wird. Als Regelgrösse dient der Leistungsfluss-Regelung ℜ LF die Zwischenkreisspannung
u C , die im Mittel auf einem durch die Konstante K vorgegebenen Niveau
gehalten werden muss. Die Leistungsfluss-Regelung ℜ LF wurde bereits
ausführlich in Kapitel 8.2.4 behandelt. Für die folgenden Untersuchungen
wollen wir daher davon ausgehen, dass die Leistungsfluss-Regelung ℜ LF
dafür sorgt, dass das mittlere Leistungsgleichgewicht immer hergestellt ist.
8.3.1
Funktionsweise der Toleranzband-Regelung
Erzeuger-Umrichter
iE
pE
mE
uC
Verbraucher-Umrichter
C
iV
pV
mV
uE
uV
iE
iV
ℜ ES
i E, s
Geschaltete Umrichter
ℜ VS
iV , s
Figur 8.11: Indirekte Erzeuger- und Verbraucher-Leistungsregelung
durch die erzeuger- und verbraucherseitige Toleranzbandregler
Nun soll der Übergang zu geschalteten Grössen vollzogen werden. Die Umrichter sind, ohne weiter auf ihren inneren Aufbau einzugehen, abstrakt
durch die Umschalter nach Figur 8.12 modellierbar, welche erlauben, den
jeweiligen Abgriff des Umschalters entweder mit dem positiven oder mit
dem negativen Spannungspol zu verbinden. Anstelle der kontinuierlichen
Modulationsfunktionen m E und m V treten bei den geschalteten Umrichtern
die zeitdiskreten Schaltfunktionen s E und s V .
Der in Figur 8.12 gezeigte Erzeuger-Umrichter entspricht beim einzelligen
modulintegrierten Umrichtersystem schaltungstechnisch dem sekundärseitigen Hochsetzsteller unseres optimierten Niederspannungs-Hochsetzstellers.
Sein Eingangsstrom i E entspricht damit dem Strom i i in der Induktivität L S
- 336 -
- 337 -
unseres Niederspannungs-Hochsetzstellers von Figur 6.24. Der gesamte
Niederspannungsteil des Hochsetzstellers stellt regelungstechnisch lediglich
ein Verstärkungsglied dar und kann daher für die folgenden Überlegungen
vernachlässigt werden. Auf der Verbraucherseite ist die Analogie zwischen
Modell und realem Wechselrichter eindeutig, so dass wir an dieser Stelle
ebenfalls nicht näher darauf einzugehen brauchen.
verwenden. Der Wertebereich der Dreipunkt-Schaltfunktion s Vd schliesst
gegenüber dem Wertebereich der Zweipunkt-Schaltfunktion s Vz noch den
Wert Null mit ein. Die Umschalter der Umrichter werden durch ihre zweiwertigen { 0, 1 } Umschaltfunktionen us E , us Va und us Vb angesteuert. Die
Schalterstellung in Figur 8.12 entspricht der Position für den Wert 1 der
besagten Umschaltfunktionen.
Der Erzeuger-Umrichter wird mit einem Umschalter S E aufgebaut. Die
Umschaltfunktion us E entspricht der invertierten Schaltfunktion s E . Beim
Verbraucher-Umrichter werden mit S Va und S Vb zwei Umschalter benötigt.
Die dreiwertige Schaltfunktion s V wird dabei gemäss Tabelle 8.1 auf die
zwei Umschaltfunktionen us Va und us Vb abgebildet. Für das Nullniveau
der Schaltfunktion s V ergeben sich dabei zwei mögliche Schaltzustände.
Erzeuger-Umrichter
iE
CE
Verbraucher-Umrichter
LE
uE
S Va
uC
SE
LV
iV
C
uN
S Vb
sE
us E
us Va us Vb
Erzeugung der Schalt- und Umschaltfunktionen
Verknüpft man die Stromregelungen ℜ ES und ℜ VS aus Figur 8.11 mit den
durch die Schaltfunktion gesteuerten Umrichtern aus Figur 8.12 und setzt
dabei Hysterese-Komparatoren ein, gelangt man zu den beiden in Figur 8.13
dargestellten Toleranzband-Regelungen.
sV
Figur 8.12: Modellierung des erzeuger- und des verbraucherseitigen
Umrichters als geschaltetes System
Die Schalt- und Umschaltfunktionen sind gemäss Tabelle 8.1 definiert und
können nur diskrete Werte annehmen. Der Wertebereich der ErzeugerSchaltfunktion beträgt s E = { 0, 1 } . Beim Verbraucher kann man entweder
Zwei- s Vz = { – 1, 1 } oder Dreipunkt-Schaltfunktionen s Vd = { – 1, 0, 1 }
Erzeuger
Schaltfunktion
s E = { 0, 1 }
Verbraucher
Zweipunkt
Dreipunkt
s V , z = { – 1, 1 }
s V , z = { – 1, 0, 1 }
Umschaltfunktion us E = { 0, 1 } us Va = { 0, 1 } und us Vb = { 0, 1 }
Zuordnung
sE
us E
1
0
0
1
sV
us Va
us Vb
1
1
0
0
1
1
0
0
0
–1
0
1
Tabelle 8.1: Festlegung der Schalt- Umschaltfunktionen und Zuordnungen
Die Toleranzband-Regelung ist gleichzeitig Stromregelkreis und Umrichtermodulator. Sie hält den zu regelnden Strom i innerhalb eines symmetrischen
Strom-Toleranzbandes der Breite δ um den Sollwert i s herum. Stösst der
Strom-Istwert i an die obere Toleranzbandgrenze i s + δ ⁄ 2 , wird ein Umschaltvorgang derart ausgelöst, dass das Vorzeichen der Spannung u L über
der Induktivität L negativ wird und folglich ein negatives di ⁄ dt bewirkt.
Der Strom strebt aus diesem Grund in Richtung der unteren Toleranzbandgrenze i s – δ ⁄ 2 und löst beim Erreichen dieser Grenze einen erneuten
Umschaltvorgang aus, der diesmal zu einer positiven Spannung u L über der
Induktivität L führt. Dies bewirkt wiederum eine Stromumkehr in Richtung
der oberen Toleranzbandgrenze i s + δ ⁄ 2 .
Figur 8.13 zeigt oben die durch Umschalter modellierten Umrichter und in
der Mitte eine mögliche Realisation der Toleranzband-Regelung ℜ ES und
ℜ VS . Der verbraucherseitige Umrichter wird mit einer dreiwertigen Schaltfunktion s Vd = { – 1, 0, 1 } betrieben. Die dazugehörigen qualitativen Kurvenverläufe wurden unter der Annahme einer konstanten und genügend
hohen Zwischenkreisspannung u C ermittelt. Der Erzeuger-Sollwert i E, s ist
konstant und der Verbraucher-Sollwert i V , s ist sinusförmig und in Phase zur
Netzspannung u N . Darüber hinaus gehen wir davon aus, dass das mittlere
Leistungsgleichgewicht im Zwischenkreis ebenfalls erfüllt ist.
- 338 Erzeuger-Umrichter
CE
iE
LE
uE
u LE S E
- 339 Verbraucher-Umrichter
S Va
LV
iV
u LV
uN
C
uC
S Vb
iE
δE
δV + ∆
us E
us Vb
sE
i E, s
ℜ ES
s Vd
Hysterese
us Va
iV
δV
iV , s
1
0
Erzeuger−Toleranzband−Regler
Verbraucher−Toleranzband−Regler
0
usVa
0
usVb
usE
iE [A] und sE
ℜ VS
δ
--2
iV [A] und sVd
–δ
------ 0
2
0
5
10
15
Zeit t [ms]
20
25 0
5
10
15
Zeit t [ms]
20
Der Hysterese-Komparator ist das zentrale Element des Modulators. Die
Soll-Istwert-Differenz i s – i des zu regelnden Stroms i stellt dabei sein Eingangssignal dar. Dazu muss der Strom-Istwert i s so breitbandig erfasst werden, dass die Stromoberschwingungen innerhalb des Toleranzbandes noch
gut aufgelöst werden können. Der Komparator erzeugt aus der Soll-IstwertDifferenz i s – i an seinem Ausgang ein zweiwertiges Logiksignal { 0, 1 } .
Das Ausgangssignal ändert seinen Zustand nicht, solange sich das Eingangssignal innerhalb des symmetrischen Toleranzbands δ befindet. Das Ausgangssignal speichert damit sozusagen den letzten Toleranzband-Anschlag.
Bei der Erzeuger-Toleranzband-Regelung von Figur 8.13 ist in der Schalterposition S E = 0 der positive Stromanstieg +di E ⁄ dt proportional zur treibenden Erzeugerspannung u LE = u E . Die Spannung u E bestimmt also wie
rasch einem positiven Strom-Sollwert-Sprung i E, s
gefolgt werden kann.
Der negative Stromanstieg – di E ⁄ dt erfolgt in der Schalterposition S E = 1
mit der treibenden Spannung u LE = u E – u C und bestimmt auf diese Weise
die Dynamik für einen negativen Strom-Sollwertsprung i E, s
. Eine hinreichende Bedingung für eine in der Schalterstellung S E = 0 positiv treibende Spannung u LE > 0 und eine in Schalterstellung S E = 0 negativ
treibende Spannung u LE < 0 stellt die Ungleichung (8.16) dar:
0 < mE < 1
wobei
uE
m E = -----uC
und
uE > 0
(8.16)
Im Falle unseres optimierten Netzwechselrichters nach Figur 7.6 erzeugt
eine einfache Logik ausgehend von der Schaltfunktion s Vd oder den Umschaltfunktionen us Va und us Vb in Abhängigkeit des Vorzeichens des NetzStromes i V die Schaltmuster für die einzelnen Leistungshalbleiter S 1 bis S 4
gemäss der in Figur 7.6 dargestellten Taktungsstrategie. Auf diese Weise ist
es möglich, jeweils nur einen Transistor und eine antiparallele Diode des
netzseitigen Wechselrichters hochfrequent takten zu müssen und so die
Wechselrichter-Schaltverluste auf ein absolutes Minimum zu reduzieren.
25
Figur 8.13: Aufbau und Funktionsweise der Toleranzband-Regelung:
links: Erzeuger
rechts: Verbraucher
iE
iV
Strom:
i E zu i E, s
i V zu i V , s
Abweichung:
sE
s Vd dreipunkt
Schaltfunktion:
us E
us Va
us Vb
Umschaltfunktion:
Dreipunkt-Toleranzband-Regelung
Die in Figur 8.13 dargestellte Verbraucher-Toleranzband-Regelung in Dreipunkt-Schaltung zeigt augenfällige Unterschiede zwischen den Umschaltfunktionen us Va und us Vb . Die Umschaltfunktion us Vb legt dabei das
Vorzeichen der Schaltfunktion s Vd fest und taktet daher nur einmal pro
Netzperiode. Der schnell taktende Umschalter S Va wird durch den Komparator mit der inneren Hysterese δ V angesteuert.
- 340 -
- 341 -
Figur 8.14 zeigt ergänzende Details des Dreipunkt-Betriebes und insbesondere den Umschaltvorgang des vorzeichenerzeugenden Komparators mit seiner äusseren Hysterese δ V + ∆ , welche zwingend grösser als die innere
Hysterese δ V gewählt werden muss.
Der Unterschied zwischen äusserer und innerer Toleranzbandbreite ∆ kann
theoretisch beliebig klein gemacht werden. In der Praxis muss in der Regel
das äussere Toleranzband 10…50 % breiter als das innere gewählt werden,
um ein Prellen des Umschaltsignales us Vb zu verhindern. Der Einfachheit
halber wurde in Figur 8.14 die äussere Toleranzbandbreite δ V + ∆ um 50 %
grösser als die innere Toleranzbandbreite δ V gewählt.
Bei positivem Vorzeichen der Schaltfunktion s Vd , also us Vb = 0 , bewirkt
das Nullniveau s Vd = 0 solange eine Stromabnahme di V ⁄ dt < 0 als die
oberschwingungstreibende Spannung u LE, OS über der Induktivität L E noch
negativ ist. Nimmt während dem Anliegen eines solchen Nullniveaus die
Netzspannung u N genügend ab, so wechselt die Spannung u LE, OS ihr negatives Vorzeichen und lässt somit den Strom wieder ansteigen di V ⁄ dt > 0 .
Dieser Zeitpunkt ist in Figur 8.14 mit einem Kreis markiert. Der Strom stösst
dann wirkungslos an dieselbe innere Toleranzbandgrenze wie beim letzten
Anschlag an und nimmt weiterhin zu. Erreicht der Strom schliesslich die
äussere Toleranzbandgrenze, kippt der Komparator der Umschalterfunktion
us Vb und ermöglicht auf diese Weise ein negatives Vorzeichen der Schaltfunktion s Vd und der Spannung u LE, OS . Der Strom wird nach kurzer Zeit
die entgegengesetzte innere Toleranzbandgrenze erreichen und dann wiederum für die Dauer einer Halbwelle innerhalb des inneren Toleranzbandes
geführt.
Charakteristisch für die Dreipunkt-Toleranzband-Regelung ist das zweifache
Anstossen an der inneren Toleranzbandgrenze, bevor die Schaltfunktion s Vd
ihr Vorzeichen ändert. Dies kann einen geringen Gleichanteil des Strom-Istwerts i V nach sich ziehen und dadurch zu einer Abweichung der Strom-Istwert-Grundschwingung i V , GS gegenüber dem Sollwert i V , s führen.
Die Erzeugung der Schaltfunktion s Vd gemäss der Strategie von Figur 8.13
ist mit dem Nachteil behaftet, dass die Schaltverluste hauptsächlich im hochfrequent getakteten Umschalter oder Brückenzweig S Va anfallen und somit
die beiden Brückenzweige S Va und S Vb des Netzwechselrichters thermisch
unterschiedlich belastet werden. Durch Einfügen einer logischen Zwischenstufe kann, ausgehend von den Umschaltfunktionen us Va und us Vb analog
zur Erzeugung der Taktsequenz von Figur 7.6 dafür gesorgt werden, dass bei
unveränderter Schaltfunktion s Vd die beiden Brückenzweige jeweils abwechselnd während einer halben Netzperiode hochfrequent takten und somit
thermisch gleichmässig belastet werden.
uLE,OS [V]
sV
Analog zur Ungleichung (8.16) stellt die Ungleichung (8.17) eine hinreichende Bedingung dafür dar, dass der Strom i V bis auf die in Figur 8.14
beschriebenen kurzen Intervalle bei der Vorzeichenumkehr der Schaltfunktion s Vd dauernd im inneren Toleranzband δ V gehalten werden kann.
iV − iV,s [A]
–1 < mV < 1
wobei gilt
di V , s
uV
m V = ------ und u V = u N + L V ⋅
dt
uC
0
2.5
5
7.5
10
12.5
15
17.5
20
22.5
(8.17)
(8.18)
25
Zeit t [ms]
Zweipunkt-Toleranzband-Regelung
Figur 8.14:
Umschaltfunktion: us Va
Umschaltfunktion: us Vb
Dreipunkt-Schaltfunktion: s Vd
Oberschwingungstreibende Spannung: u LS, OS
i V – i V , s im
inneren und
äusseren Toleranzband
Figur 8.15 zeigt die Verbraucher-Toleranzband-Regelung in ZweipunktSchaltung. Die beiden Umschalter S Va und S Vb takten dabei stets im
Gegentakt. Durch den reinen Gegentaktbetrieb kann nur noch die zweiwertige Schaltfunktion s Vz = { – 1, 1 } entstehen. Es fällt auf, dass sich in dieser
- 342 -
- 343 -
Betriebsart bei unveränderter Toleranzbandbreite δ V und identisch gewählten Spannungsverhältnissen die Anzahl der Schaltvorgänge gegenüber dem
in Figur 8.13 gezeigten Dreipunkt-Betrieb sichtbar erhöht hat.
Verbraucher−Toleranzband−Regler
Verbraucher-Umrichter
C
u LV
i Vi V
uuNN
0
S Vb
us Vb
δV
iV
usVa
us Va
ℜ VS
iV , s
usVb
s Vz
Figur 8.16 zeigt qualitativ den Stromverlauf i V für den Fall einer um 5 % zu
tief gewählten Zwischenkreisspannung u C . Die Toleranzband-Regelung
kann in den dunkel hinterlegten Flächen den Strom nicht mehr innerhalb des
Toleranzbandes führen. Dies hat, wie Figur 8.16 deutlich aufzeigt, massive
Toleranzband-Verletzungen zur Folge, die zu niederfrequenten Verzerrungen
des Verbraucher-Stromes i V führen. Da die Verzerrung stets gegen die NullLinie gerichtet sind, nimmt im Störungsfall die Strombelastung der Leistungshalbleiter ab und stellt daher aus Umrichtersicht keinen gefährlichen
und somit unbedingt zu vermeidenden Betriebsfall dar. Die niederfrequenten
Stromverzerrungen am Netz können aber nur dann in Kauf genommen werden, wenn sie durch Extremsituationen der übergeordneten Regelfunktionen,
die ein kurzzeitiges Absenken der Zwischenkreisspannung u C zur Folge
haben, ausgelöst werden und nur von kurzer Dauer sind. Die VerbraucherModulationsfunktion m V hat, solange die Verzerrungen andauern den Wert
m V = 1 und verletzt somit die Ungleichung (8.17).
0
5
10
15
Zeit t [ms]
20
25
Figur 8.15: Funktionsweise der Zweipunkt-Toleranzband-Regelung:
iV
Strom:
i V zu i V , s
Abweichung:
s Vz zweipunkt
Schaltfunktion:
us Va
us Vb
Umschaltfunktion:
Die in Figur 8.15 festgestellte Erhöhung der Schaltfrequenz ist verständlich,
da durch das fehlende Nullniveau der Schaltfunktion s Vz jeweils bei einer
der zwei Flanken eines Taktintervalles die Stromsteilheiten di V ⁄ dt durch
die um den Betrag der Zwischenkreisspannung u C erhöhte treibende Spannung u LE über der Entkopplungsinduktivität L E stark ansteigen. Dies hat
unmittelbar zur Folge, dass der Umschalter S Vb ebenfalls hochfrequent und
nicht mehr im 50Hz -Rhythmus wie bei der Dreipunkt-Regelung taktet. Die
gesamten Schaltverluste der Zweipunkt-Toleranzband-Regelung fallen, wie
in [1] gezeigt wird, auf diese Weise knapp viermal so hoch aus wie bei der
Dreipunkt-Toleranzband-Regelung.
Strom iV [A]
uC
LV
iV [A] und sVz
S Va
Übersteuerung der Toleranzband-Regelung
0
0
2.5
5
7.5
10
12.5
15
17.5
20
22.5
25
Zeit t [ms]
Figur 8.16: Kurzzeitig übersteuerte Verbraucher-Toleranzband-Regelung:
Verbraucher-Strom:
Istwert i V
Sollwert: i V , s
Toleranzband
Toleranzband-Verletzungen
Folgerungen zur Toleranzbandregelung
Das Regelverhalten der Toleranzband-Regelung ist äussert robust und stellt
darüber hinaus noch das schnellste Stromregelverfahren für den einzelnen
Umrichter dar. Sobald sich der Strom ausserhalb des Toleranzbandes befindet, wird der Umrichter so geschaltet, dass er sich mit maximaler Geschwindigkeit wieder ins Band zurückbewegt. Damit arbeitet die Modulation auch
für schnelle dynamische Regler-Sollwert-Änderungen korrekt. Spannungsverzerrungen am Erzeuger und insbesondere der pulsierende Zwischenkreis
- 344 -
- 345 -
oder auch eine verzerrte Netzspannung beeinträchtigen die Funktionsweise
und Regelgüte der Toleranzband-Regelung nicht, sofern sie nicht, wie in
Figur 8.16 gezeigt, übersteuert wird. In unserem konkreten Anwendungsfall
des modulintegrierten Umrichters ist vor allem die Eigenschaft des Toleranzbandreglers besonders wertvoll, dass er seine Modulationsfunktionen m E
und m V selbst erzeugt. Dies ist angesichts komplizierten Modulationsfunktionen m E und m V , die sich aufgrund der pulsierenden Zwischenkreisspannung u C ergeben, sehr hilfreich. Figur 8.17 zeigt qualitativ die Kurvenverläufe am Erzeuger- und am Verbraucher-Umrichter bei sehr tiefer Taktfrequenz f T . Anstelle der in der obersten Bildreihe gezeigten komplizierten
Modulationsfunktionen m E und m V muss der µ -Controller -wie in der mittleren Bildreihe dargestellt- auf der Erzeugerseite lediglich einen konstanten
und auf der Verbraucherseite einen rein sinusförmigen Strom-Sollwert ausgeben.
0
−1
−1
0
0
0
0
10
15
Zeit t [ms]
20
25 0
5
10
15
20
sVd und mV
0
5
Die Regler-Plattform soll vom Konzept her billig und sparsam im Eigenverbrauch sein. Figur 8.18 zeigt unseren auf einem Low-Cost- µ -Controller
basierenden Prototypen [74]. Alle beschriebenen Regelverfahren wurden
unter der Randbedingung eines niedrigen Rechenleistungsbedarfs und der
damit verbundenen tiefen Abtastfrequenz entworfen.
iV und iV,s [A]
1
0
Praktische Regler-Implementierung
Verbraucher
1
iV − iV,s [A]
iE − iE,s [A]
iE und iE,s [A]
sE und mE
Erzeuger
8.4
25
Zeit t [ms]
Figur 8.17: Automatische Erzeugung der Modulationsfunktionen m E und
m V durch die Toleranzband-Regler ℜ ES und ℜ VS :
Schaltfunktion: s
Modulationsfunktion: m
Strom-Sollwert: i s
Strom-Istwert: i
Abweichung zwischen Schalt- und Modulationsfunktion
Stromoberschwingungen: i - i s
Figur 8.18: Low-Cost-Regler-Plattform des gesamten einphasigen
modulintegrierten Umrichtersystems
In SMD-Ausführung sind in Abbild 8.18 im vorderen Teil auf wenigen Quadratzentimetern Fläche die analogen Signalaufbereitungen und die beiden
Toleranzband-Regelungen ℜ ES und ℜ VS zu sehen.
Der Low-Cost- µ -Controller ist hinten links zusammen mit dem Programmspeicher-EPROM und dem Taktgenerator auszumachen. Es handelt sich
dabei um den 80C196KB12- µ -Controller von Intel mit einer bescheidenen
Rechenleistung von etwa 1 MIPS . Der µ -Controller verfügt über einen integrierten 8 -kanaligen 10 -Bit- AD -Wandler und steuert über seine serielle
Schnittstelle den externen 4 -kanaligen 12 -Bit- DA -Wandler im “Maxim”Baustein an.
- 346 -
- 347 -
Der grösste Baustein ist ein programmierbarer Logikbaustein mit 84 Makrozellen. Er wurde gewählt, um verschiedene Feinheiten der ToleranzbandRegelung wie Lückbetrieb, minimale und maximale Pulsweiten und Schutzfunktionen bequem programmieren und optimieren zu können. In einer für
die industrielle Massenfertigung bestimmten Version könnte dieser mit
Abstand teuerste Baustein durch einige einfache Logikgatter ersetzt werden.
Der Leistungsfluss-Regelung gelingt es auch ohne die Verwendung der aufgrund ihrer unzureichenden Lebensdauer unerwünschten Elektrolyt-Kondensatoren im Zwischenkreis, das labile Gleichgewicht im Zwischenkreis zu
kontrollieren. Die maximal auftretende Zwischenkreisspannung ist verglichen mit der Netzspannungsamplitude um den Faktor 1.4 höher. Vergleicht
man dies mit dem regulär auftretenden Maximalwert der Zwischenkreispulsation bei Vollast, welcher auch bereits 1.3 Mal höher als die Amplitude der
Netzspannung ist, beträgt die für dynamische Vorgänge benötigte Reserve
weniger als 7.5% . Alle für diesen Regelkreis benötigten Informationen werden ebenfalls einzig aus der gemessenen Zwischenkreisspannung gewonnen.
Der Eigenverbrauch der Reglerplattform beträgt etwa 350mW . Eine einzige
5V -Speisung genügt bereits zur Versorgung aller Komponenten. Ohne den
programmierbaren MACH-Logikbaustein beträgt der Eigenverbrauch der
Reglerplattform von 8.18 noch knapp 200mW . Dieser könnte ohne weiteres
durch den Einsatz eines moderneren, auf niedrigen Verbrauch getrimmten
µ -Controllers noch auf unter 100mW gesenkt werden.
8.5
Zusammenfassung
Alle Regelfunktionen können prinzipiell zusammen mit ihren Schutz- und
Ablaufsteuerungen auf einem Low-Cost- µ -Controller mit einer stationären
Abtastfrequenz von 600Hz implementiert werden. Alle Regelfunktionen
sind durch den geschickten Einsatz von verschachtelten Kammfiltern sehr
effizient und ressourcenfreundlich realisiert.
Die Netzsynchronisation erreicht im ungünstigsten Fall nach 0.5s ihren stationären Zustand und liefert die benötigten Referenzsignale prinzipbedingt
verzerrungsfrei. Sie erkennt rasche Netzstörungen und Impedanzwechsel
innerhalb eines einzigen Abtastschrittes und “schleichende” Vorgänge bei
Inselnetzbildung nach spätestens 2s .
Der “Maximum-Power-Point”-Regelkreis ist so schnell, dass er im Alltagsbetrieb quasi ideal dem Einstrahlungsprofil folgen kann. Seine Struktur und
Implementierung besitzt ferner einige sehr gewichtige Vorteile:
• Der regelungstechnisch kritische Kurzschluss-Fall des Erzeugers kann
ohne Strom-, Spannungs- oder Leistungsmessung am Erzeuger per
Software detektiert werden.
• Alle für die “Maximum-Power-Point”-Regelung notwendigen Informationen werden aus der gemessenen Zwischenkreisspannung entnommen, was eine hochauflösende Leistungsmessung am Solargenerator
hinfällig macht.
• Die Energieeinbusse durch das “Maximum-Power-Point”-Testsignal
am Erzeuger beträgt bei Vollast weniger als 0.5% .
Die hochdynamische Toleranzband-Regelung ermöglicht selbst bei Einschwingvorgängen im Zwischenkreis eine praktisch ideale Entkopplung der
Wechselleistungen von Erzeuger und Verbraucher. Durch die automatische
Erzeugung der Modulationsfunktionen für den Erzeuger un den Verbraucher,
die aufgrund der pulsierenden Zwischenkreisspannung sehr kompliziert
sind, entlasten die Toleranzbandregler den µ -Controller derart, dass ein
Low-Cost- µ -Controller mit der bescheidenen Rechenleistung von 1 MIPS
eingesetzt werden kann. Der gesamte Eigenverbrauch der Reglerplattform
beträgt nur etwa 350mW .
- 348 -
- 349 -
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- 356 -
- 357 -
Lebenslauf
2. Juli 1966
Geboren in Scuol, Graubünden
1973 - 1979
Primarschule in Ramosch, Graubünden
1979 - 1981
Sekundarschule in Ramosch, Graubünden
1981 - 1986
Kantonsschule in Chur, Graubünden
Abschluss mit Matura Typ C
1986 - 1992
Studium an der Abteilung für Elektrotechnik der ETH Zürich
Abschluss mit Diplom als Dipl. El.-Ing. ETH
1992 - 1999
Wissenschaftlicher Assistent für Unterricht und Forschung
bei Prof. Dr. H. Stemmler an der Professur für Leistungselektronik und Messtechnik der ETH Zürich
2000- 2001
Wissenschaftlicher Oberassistent für Unterricht und
Forschung an der Professur für Leistungselektronik und
Messtechnik der ETH Zürich
zuerst bei Prof. Dr. H. Stemmler,
dann bei Prof. Dr. J. W. Kolar
1995 - 2000
Lehrauftrag im Kernfach Leistungselektronik an der
Abteilung für Elektrotechnik der ETH Zürich
1997 - 1999
Dozent für Digitaltechnik an der Technikerschule für
Telekommunikation in Winterthur
1999 - 2000
Dozent für Leistungselektronik und elektrische Maschinen
an der Fachhochschule der italienischen Schweiz (SUPSI)
in Manno
1999 - 2001
Verantwortlicher für das Personal- und Finanzwesen der
Professur für Leistungselektronik und Messtechnik der ETH
Zürich
1995 - 2001
Forschungsarbeit auf dem Gebiet der modulintegrierten
Niederspannungs-Umrichter für photovoltaische Energiesysteme, abgeschlossen mit der vorliegenden Dissertation
Zugehörige Unterlagen
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