Photo N H . "tutenbach, Ziirich SELECTA HEINZ HOPF Photo N H . "tutenbach, Ziirich SELECTA HEINZ HOPF Herausgegeben zu seinem 70. Geburtstag von der Eidgenossischen Technischen Hochschule Zurich Springer-Verlag Berlin Heidelberg GmbH 1964 Alle Rechte, insbesondere das derÜbersetzungin fremde Sprachen, vorbehalten Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages ist es auch nicht gestattet, dieses Buch oder Teile daraus auf photomechanischem Wege (Photokopie, Mikrokopie) oder auf andere Art zu vervielfältigen © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1964 Ursprünglich erschienen bei Springer-Verlag Berlin • Göttingen . Heidelberg 1964 Softcover reprint o f the hardcover 1st edition 1964 Library of CongreßCatalog Card Number 64-8516 ISBN 978-3-662-23079-4 ISBN 978-3-662-25046-4 (eBook) DOI 10.1007/978-3-662-25046-4 Druck der Universitätsdruckerei H. Stürtz AG, Würzburg Titel-Nr. 958 VORWORT Am 19. November begeht Heinz Hopf seinen siebzigsten Geburtstag. Mit der Herausgabe dieser Selecta mochte die Eidgenossische Technische Hochschule, welcher er den groBten Teil seiner akademischen Tatigkeit gewidmet hat, ihren Dank zum Ausdruck bringen fUr sein fruchtbares Wirken als Forscher und Lehrer; sie ist stolz darauf, in ihm einen der bedeutendsten Mathematiker unserer Zeit zu den Ihren zahlen zu durfen. Die Ehrung zu seinem Geburtstage konnte kaum in schonerer Weise geschehen als durch die Publikation einer Sammlung seiner eigenen Arbeiten, in denen sich sein ganzes Lebenswerk widerspiegelt; jede einzelne hat durch ihre Tiefe und Originalitat uber ihren Gegenstand hinaus die Entwicklung der Mathematik entscheidend beeinfluBt. Ausstrahlend von geometrischer, topologischer und algebraischer Sicht hat das Gedankengut Heinz Hopfs in ganz erstaunlicher Weise den meisten Teilen mathematischer Forschung der letzten J ahrzehnte das Geprage gegeben. Wem es vergonnt war, als SchUler oder Kollege mit Heinz Hopf in naheren Kontakt zu treten, dem wird der starke EinfluB seiner Personlichkeit in menschlicher und mathematischer Beziehung stets unvergeBlich sein; daruber hinaus aber hat eine unabsehbare Zahl von Mathematikern aus seinem Schaffen direkt und indirekt Anregung geschopft und an seine Ideen angeknupft und wird es auch weiterhin tun. Die Herausgeber sind davon uberzeugt, daB die mathematische Welt den vorliegenden Ruckblick auf das uberragende wissenschaftliche Werk Heinz Hopfs mit groBer Freude begruBen wird. Die Auswahl der aufzunehmenden Arbeiten war nicht leicht; sie muBte dem Wunsche Rechnung tragen, daB das Buch moglichst vielen zuganglich, also nicht zu umfangreich sein soUte. Dies brachte es mit sich, daB auf manches SchOne und Wichtige verzichtet werden muBte. Herr Hopf half in freundlicher Weise bei der Wahl durch Rat und Wunsch mit und eliminierte manches, was er in unerbittlicher Objektivitat fUr entbehrlich hielt. Einige Arbeiten sind gekurzt wiedergegeben, und an vielen Stellen fugte er kurze Zusatze oder Kommentare hinzu, in denen die weitere Entwicklung des Gegenstandes angedeutet ist; im ubrigen wurde der Text der ausgewahlten Arbeiten unverandert ubemommen, abgesehen von der Korrektur einiger Druckfehler. AIle Zusatze, FuBnoten oder Bemerkungen, die bei der Herausgabe dieser Select a neu hinzukamen, sind in eckige Klammem gesetzt und wenn notig durch einen besonderen Hinweis gekennzeichnet. Die Herausgabe dieses Festbandes ware nicht moglich gewesen ohne die Hilfe des Prasidiums des Schweizerischen Schulrates und des Zentenarfonds der Eidgenossischen Technischen Hochschule; es sei ihnen hier fUr ihre groBzugige Unterstutzung der aufrichtigste Dank ausgesprochen. Dem Springer-Verlag sei fur sein groBes Entgegenkommen und fur die vorzugliche Betreuung dieses Buches herzlich gedankt, ebenso Herro Dr. G. Karrer fur alle vorbereitenden Arbeiten und fur die sorgfiiltige Durchsicht der Korrekturen. 1m Namen der Herausgeber Zurich, im Oktober 1964 B. Eckmann INHALTSVERZEICHNI S Abbildung geschlossener Mannigfaltigkeiten auf Kugeln in n Dimensionen • Jah1'esbe1'icht de1' Deutschen Mathematike1'- Ve1'einigung 34 (1925) Eine Verallgemeinerung der Euler-Poincareschen Formel . . . . . Nach1'ichten de1' Gesellschaft de1' Wissenschaften zu Gottingen, MathematischPhysikalische Klasse 1928 5 Zur Algebra der Abbildungen von Mannigfaltigkeiten. . . . . . . . . . Jou1'nal fu1' die 1'eine und angewandte Mathematik 163 (1930) 14 Uber die Abbildungen der dreidimensionalen Sphiire auf die Kugelfliiche . Mathematische Annalen 104 (1931) 38 Uber den Begriff der vollstandigen differentialgeometrischen Fliiche (mit W. RINOW) • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • . • • • • • • • Commenta1'ii Mathematici Helvetici 3 (1931) 64 Die Klassen der Abbildungen der n-dimensionalen Polyeder auf die n-dimensionale Sphare. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Commentarii Mathematici Helvetici 5 (1933) 80 Uber die Abbildungen von Spharen auf Spharen niedrigerer Dimension Fundamenta Mathemathicae XXV (1935) 95 Systeme symmetrischer Bilinearformen und euklidische Modelle der projektiven Raume. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 Vie1'te1iah1'sschrift de1' Natu1'forschenden Gesellschaft in Zurich LXXXV (1940). Beiblatt Nr.32 (Festsch1'ift Rudolf Fuete1') Uber die Topologie der Gruppen-Mannigfaltigkeiten und ihrer Verallgemeinerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 Annals of Mathematics 42 (1941) Uber den Rang geschlossener Liescher Gruppen . . . . . . . . . . . . . 152 Commentarii Mathematici Helvetici 13 (1940/41) Bericht iiber einige neue Ergebnisse in der Topologie. . . . . . . . . Revista Matematica Hispano-Americana 4.a Serie - Tomo VI (1946) Fundamentalgruppe und zweite Bettische Gruppe . . . . . Commenta1'ii Mathematici Helvetici 14 (1941/42) 175 . . 186 Nachtrag zu der Arbeit: Fundamentalgruppe und zweite Bettische Gruppe . 207 Commenta1'ii Mathematici Helvetici 15 (1942/43) Dber die Bettischen Gruppen, die zu einer beliebigen Gruppe geh6ren. . . . 211 Commentarii M athematici H elvetici 17 (1944/45) Beitrage zur Homotopietheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 Commentarii Mathematici Helvetici 17 (1944/45) Enden offener Raume und unendliche diskontinuierliche Gruppen . . . . . 244 Commentarii Mathematici Helvetici 16 (1943/44) Dber Flachen mit einer Relation zwischen den Hauptkriimmungen . . . . . 263 Mathematische Nachrichten 4 (1950) Schlichte Abbildungen und lokale Modifikationen 4-dimensionaler komplexer Mannigfaltigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 Commentarii Mathematici Helvetici 29 (1955) Verzeichnis der Publikationen von Heinz Hopf Die dem ursprunglichen Text zugefugten Nachtrage 1964 stehen in eckigen Klammern [] 307 Abbildung geschlossener Mannigfaltigkeiten auf Kugeln in n Dimensionen Jahresbericht der Deutschen Mathematiker-Vereinigung 34 (1925), . (Bericht liber die Jahresversammlung in Danzig, 11.-17. September 1925) Die Gegenstande dieses Vortrages schlieBen sich an BROUWERS Untersuchungen der Abbildung von Mannigfaltigkeiten 1 ) an. Bei diesen handelt es sich urn eindeutige und stetige Abbildungen einer n-dimensionalen geschlossenen, orientierten Mannigfaltigkeit M n auf eine andere n-dimensionale Mannigfaltigkeit Mn. 1m folgenden steht der Spezialfall im Vordergrund, daB Mn eine Kugel sn ist. Diese Spezialisierung gestattet, gewisse Satze auszusprechen, die im allgemeinen Fall nicht gelten, und ist wichtig fUr Anwendungen, in denen sn die "Richtungskugel" des (n+1)-dimensionalen euklidischen Raumes ist. G und G' seien zwei mit euklidischen Koordinatensystemen versehene n-dimensionale Gebiete, 11' 12 zwei eindeutige stetige Abbildungen von G auf Punktmengen von G'; der Punkt A von G sei ein "isolierter Ubereinstimmungspunkt" von /1 und /2' d.h. die in seiner Umgebung einzige Losung der Gleichung 11 (P) = 12 (P). Ais zugehOriger "Ubereinstimmungsindex" wird der Grad derjenigen Abbildung einer A umgebenden (n-1) dimensionalen Kugel k auf die Richtungskugel von G' bezeichnet, die durch die zu den Punkten P von k gehOrigen, von 11(P) nach 12(P) weisenden Vektoren vermittelt wird. Unter Zugrundelegung dieser Verallgemeinerung der Begriffe des "Fixpunktes" und seines "Index" wird durch Modifikation der von BROUWER beim Beweis seines Fixpunktsatzes fUr die n-dimensionalen Kugeln angestellten Betrachtungen 1) folgende Verallgemeinerung dieses Satzes bewiesen: (1) Wird die zweiseitige, geschlossene, n-dimensionale Mannigfaltigkeit Mn zweiAbbildungen 11,12 von den Graden Y1' Y2 auf die n-dimensionale Kugel sn unterw~:fen, so ist, vorausgesetzt, daB 11 und 12 hOchstens endlich viele Ubereinstimmungspunkte besitzen, die Summe der zugehorigen Indizes gleich (-1 t Y1 + Y2. 1 Dieser Satz spielt eine wesentliche Rolle bei den im folgenden skizzierten Untersuchungen. 1) BROUWER, tJber Abbildung von Mannigfaltigkeiten, Math. Ann. 71 (1911). Selecta Heinz Hopf 2 Abbildung geschlossener Mannigfaltigkeiten auf Kugeln in n Dimensionen Die erste von diesen beschaftigt sich mit der Frage, wann zwei Abbildungen einer Mn auf eine andereMn zur selben "Klasse" gehoren, d. h. wann sie sich durch stetige Abanderung ineinander liberflihren lassen. Notwendig hierfiir istl) die Gleichheit der beiden Gradzahlen, und diese ist, wie BROUWER gezeigt hat 2), auch hinreichend, falls n=2 und Mn die Kugel ist. Dieses Brouwersche Resultat wird, ohne daB es benutzt wird, durch SchluB von n-1 auf n Dimensionen und unter Verwendung von (1) zu folgendem Satz verallgemeinert: (2) { Raben zwei Abbildungen von Mn auf die Kugel sn gleichen Grad, so gehoren sie zu derselben Klasse. Ein Spezialfall von (2) enthalt die (3 ) Losbarkeit der "Randwertaufgabe": auf dem Rande U n - 1 des dem n-dimensionalen euklidischen Raum angehorigen Elements En ist eine stetige n-dimensionale Vektorverteilung V gegeben, die eine Abbildung des Grades 0 von U,,-1 auf die Richtungskugel vermittelt; man soll V zu einer in ganz En stetigen Vektorverteilung erganzen. *) (3) findet eine Anwendung bei der Behandlung der nachsten Problemstellung. Bei dieser handelt es sich urn die Ausdehnung des Satzes von POINCARE, daJ3 die Summe der Indizes der Singularitaten eines an eine geschlossene Flache tangentialen, in hochstens endlich vielen Punkten unstetigen Vektorfeldes eine topologische Invariante der Flache ist3), auf beliebige Mn. Flir die Kugeln sn ist der entsprechende Satz von BROUWER bewiesen 1 ) , fUr alle Mn wird er von RADAMARD4) ohne nahere Beweisangabe ausgesprochen. Unter der Annahme, daB Mn derart mit Koordinaten versehen ist, daJ3 man von" Vektoren in Mn" - die, falls M" in einen Raum hoherer Dimensionenzahl regular eingebettet ist, Tangentialvektoren sind - reden kann, wird unter Benutzung von (1) gezeigt: Die Summe der Indizes der Singularitaten jedes in M" liberall (4) endlich viele Ausnahmepunkte stetigen Vektor1bisfeldesaufisthOchstens gleich der Eulerschen Charakteristik von Mn. *) *) [AIle "Vektoren" sollen =1= 0 sein; Nullstellen eines Vektorfeldes im iiblichen Sinne gelten also als "Singularitaten" oder "Ausnahmepunkte".] 2) BROUWER, Over een-eenduidige continue transformaties ... , Amst. Akad. Versl. 21 (1913). 3) POINCARE, Sur les courbes definies par les equations differentielles, 3. partie, chap. 13, Journ. de Math. (4) I (1885). 4) HADAMARD, Note sur quelques applications de l'indice de Kronecker, abgedruckt in TANNERY, Introduction 11. la theorie des fonctions II, 2. ed. (1910). Abbildung geschlossener Mannigfaltigkeiten auf Kugeln in " Dimensionen j Beim Beweis wird ein SchluB von n-1 auf n Dimensionen gemacht; dabei ist das (n-1}-dimensionale Gebilde, auf das man im VerIauf der Untersuchung von M" zuriickzugehen hat, aber keine "Mannigfaltigkeit" mehr, sondem ein "Komplex". Dieser Umstand macht, da man in Komplexen nicht von Stetigkeit einer Vektorverteilung im gewohnlichen Sinne reden kann, die Einftihrnng eines neuen Begriffs notwendig, des Begriffs des "komplexstetigen Vektorfeldes". - Satz (4) Hi.Bt sich so wenden, daB in ihm, ohne daB fiber Koordinatensysteme in M" eine Annahme gemacht wird, der Fixpunktsatz enthalten ist: (5) 1 Jede "hinreichend kleine" Transformation einer Mn mit von 0 verschiedener Eulerscher Charakteristik in sich besitzt mindestens einen Fixpunkt. Auf Grund der Losbarkeit der Randwertaufgabe (3) HiBt sich (5) umkehren in: (6) Jede Mn, deren Charakteristik 0 ist, also insbesondere jede geschlossene unberandete Mannigfaltigkeit ungerader Dimensionenzahl, gestattet "beliebig kleine" fixpunktfreie Transformationen in sich. 1 Ein analoger Satz gilt fiber die Anbringung von singularitatenfreien Vektorfeldem. - Die Satze (4), (5), (6) behalten im wesentlichen ihre Giiltigkeit auch wenn Mn eine berandete Mannigfaltigkeit ist; so hat man bei Satz (4) nur zu beachten, daB die Randvektoren ins Innere von Mn gerichtet sein mfissen, und femer ist dann bei ungeradem n die Indexsumme entgegengesetzt gleich der Charakteristik. Aus dem so modifizierten Satz (4) folgt nun leicht folgende Tatsache: Die J ordansche Hyperflache Mn begrenze im (n+1 )-dimensionalen euklidischen Raum R"+l eine M"+l; in M"+l sei eine Vektorverteilung V gegeben, die auf Mn keine, in Mn+l hochstens endlich viele Unstetigkeitsstellen besitzt und auf M n fiberallinsAuBere von Mn+l gerichtet ist. Dann ist die Charakteristik von M"+l gleich der Summe der Indizes der Singularitaten von V, und diese Summe ist gleich dem Grade der durch V vermittelten Abbildung von Mn auf die Richtungskugel. Dieser Abbildungsgrad aber ist bei Zugrundelegung der GauBschen Definition des KriimmungsmaBes vermittels der Normalenabbildung bis auf einen konstanten Faktor, der gleich der Oberflache der n-dimensionalen Einheitskugel ist und den wir vemachlassigen wollen, die "Curvatura integra" von Mn. Es gilt also der Satz: (7) 1 Die Curvatura integra einer n-dimensionalen Jordanschen Hyperflache im R n+\ die eine Mn+l begrenzt, ist gleich der Charakteristik von Mn+!. 1* 4 Abbildung geschlossener Mannigfaltigkeiten auf Kugeln in n Dimensionen Nun entspricht es aber nicht dem Wesen der Curvatura integra, wenn man sich bei ihrer U ntersuchung auf Jordansche H yperfHichen beschrankt, vielmehr sind alle die geschlossenen Hyperflachen zu betrachten, auf denen man in iiblicher Weise Differentialgeometrie treiben kann. Wir definieren daher: eine Punktmenge m des Rn+l heiBt ein "Modell" von Mn, wenn M n eindeutig und stetig so auf m bezogen ist, daB diese Abbildung in der Umgebung jedes Punktes eineindeutig ist. Wir betrachten nun Modelle m von Mn, die Hyperflachen sind, d.h. bei denen es zu jedem Punkt P von Mn einen sich mit P stetig andernden ebenen Tangentialraum an m gibt, und fragen, ob der fUr n= 2 giiltige Satz, daB die Curvatura integra aller Modelle von Mn eine topologische Invariante von Mn istS), auch fiir hOhere n gilt. Mit Hilfe von (7) beweist man leicht: 1 Fiir ungerades n ist die Curvatura integra der Modelle von Mn keine Invariante von Mn, ffir ungerades n~ 3 nicht einmal bei Beschrankung auf Jordansche Modelle. (8) Dagegen zeigt man unter wesentlicher Benutzung von (1): () 9 { 1st n gerade, so ist die Curvatura integra der Modelle von Mn eine Invariante von M n , und mit Hilfe von (4) folgt: (9 a) Diese Invariante ist die halbe Charakteristik von MH. Aus (9a) laBt sich nun noch eine Folgerung ziehen: Da die Curvatura integra als Abbildungsgrad eine ganze Zahl ist, muB jede zweiseitige Mn, die eine Hyperflache im R n + 1 als Modell besitzt, eine gerade Charakteristik haben. Auf Grund dieser Tatsache wird bewiesen: (10) 1 Es gibt Mn, die keine Hyperflache im R n + 1 als Modell besitzen, auch nicht unter Zulassung von Selbstdurchdringungen; ein Beispiel einer solchen Mn ist die komplexe projektive Ebene. Diese 4-dimensionale Mannigfaltigkeit ist geschlossen, einfach zusammenhangend, also zweiseitig, und hat die Charakteristik + 3, was man am einfachsten mit Hilfe von Satz (4) erkennt. AusfUhrliche Darstellung erscheint in den Math. Ann. in 3 Abhandlungen: "Uber die Curvatura integra geschlossener Hyperflachen" ((1), (8), (9), (10)); "Abbildungsklassen n-dimensionaler Mannigfaltigkeiten" ((2), (3)); "Vektorfelder in n-dimensionalen Mannigfaltigkeiten" ((4), (5), (6), (7), (9 a)). 5) Siehe z.B. BLASCHKE, Vodes. liber Diff.-Geom. I (1921), § 64. Eine Verallgemeinerung der Euler-Poincaréschen Formel Nachrichten der Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen, Mathematisch-Physikalische Klasse 1928 Zwischen den Bettischen Zahlen p und den Anzahlen a der i-dimensionalen Simplexe eines aus Simplexen aufgebauten w-dimensionalen Komplexes besteht die als „Euler-Poincaresche Formel" bekannte Gleichung i (1) i 2 ( - 0 * ^ = 2 (-*)*«'• Aus einer Verallgemeinerung von (1) entspringt, wie ich gezeigt habe ), die Formel für die algebraische Anzahl der Fixpunkte einer beliebigen eindeutigen Abbildung eines beliebigen Komplexes auf sich, die von einer anderen Seite her für einen Bereich von Abbildungen, der sich mit dem eben genannten teilweise deckt, zuerst von LEFSCHETZ gefunden wurde ). Meinen ursprünglichen Beweis ) dieser Verallgemeinerung der EulerPoincareschen Formel konnte ich i m Verlauf einer i m Sommer 1928 in Göttingen von mir gehaltenen Vorlesung durch Heranziehung gruppentheoretischer Begriffe unter dem Einfluß von Fräulein E. NOETHER wesentlich durchsichtiger und einfacher gestalten. Der so abgeänderte Beweis wird i m folgenden mitgeteilt. *) I m § 1 werden gruppentheoretische, i m § 2 kombinatorisch-topologische Tatsachen zusammengestellt, im § 3 wird der Beweis geführt. 1 2 3 §1 Wir stellen zunächst die notwendigen Sätze zusammen und sprechen dann von den Beweisen. *) [Die obige Note ist wohl die erste Publikation gewesen, in der die heute geläufige, von E M M Y N O E T H E R stammende gruppentheoretische Auffassung der Homologietheorie zur Geltung kommt.] a) A new proof of the Lefschetz formula on invariant points, Proc. N a t . Acad. of Sciences U . S.A. 14, N r . 2 (1928). b) Über die algebraische Anzahl von Fixpunkten, erscheint demnächst in der Mathematischen Zeitschrift. ) Der Beweis von L E F S C H E T Z gilt für eine alle eindeutigen stetigen Abbildungen umfassende Klasse mehrdeutiger Abbildungen beliebiger Mannigfaltigkeiten, also spezieller Komplexe, auf sich. — Literaturangaben in den unter ) genannten Arbeiten. ) § 3 der unter *) genannten Arbeit b). 2 2 3 6 Eine Verallgemeinerung der Euler-Poincareschen Formel 1. & sei eine von endlich vielen ihrer Elemente erzeugte Abelsche Gruppe; die gruppenbildende Operation wird mit bezeichnet. Dann ist & direkte Summe von endlich vielen zyklischen Gruppen. Die Anzahl der dabei auftretenden unendlichen Zyklen ist die H6chstzahl der von einander linear unabhiingigen Elemente in & und heiBt der Rang von &. Treten keine endlichen Zyklen auf, so heiBt & eine freie Gruppe; & ist demnach frei, wenn sie kein Element endlicher Ordnung enthiilt. + 2. Jede Untergruppe von & ist eben falls eine von endlich vielen ihrer Elemente erzeugte Abelsche Gruppe. 3. & zerfallt modulo jeder Untergruppe U in Restklassen, die selbst wieder eine Abelsche, von endlich vielen ihrer Elemente erzeugte Gruppe bilden; diese Restklassengruppe bezeichnen wir mit &jU. 4. Unter einem Homomorphismus der Gruppe & in die Gruppe ~ verstehen wir eine eindeutige Abbildung t von & auf einen echten oder unechten Teil von ~, bei der stets t(x+ y)=t(x)+ t(y) ist. Sind dabei alle Elemente von ~ Bilder und ist die Abbildung eindeutig umkehrbar, so heiBt t ein lsomorphismus zwischen & und~. 1st t ein Homomorphismus, U Untergruppe von &, iB Untergruppe von ~, und (U) c iB, so ist das Bild jeder Restklasse von & modulo U in einer Restklasse von ~ modulo iB enthalten, und diese Abbildung von &jU auf ~jiB oder einen Teil von ~/iB ist selbst ein Homomorphismus. Die Elemente x, ffir die t (x) = 0 ist, bilden eine U ntergruppe U von &; der nach dem eben Gesagten bestehende Homomorphismus von &jU in ~ = ~/O ist ein lsomorphismus zwischen &/U und der Untergruppe der Bildelemente in ~. 5. & sei die freie Gruppe vom Rang n und einem Homomorphismus t in sich unterworfen. Dann gibt es eine, als "Spur" von t bezeichnete, Zahl 5 mit folgender Eigenschaft: sind Xl' x 2 , ••• , X,. irgendwelche freie Erzeugende von &, d. h. die Erzeugenden von n unendlichen Zyklen, als t deren direkte Summe sich & darstellen liiBt, und ist t (Xi) = ,. ist 5= 2: 1=1 a". ,. L: a'i xi' so ;=1 6. &, n, t, 5 haben dieselben Bedeutungen wie eben; es sei ferner U eine Untergruppe von &, die ebenfalls den Rang n habe und ebenfalls t t durch in sich transformiert werde: (U) cU. Da U als Untergruppe der freien Gruppe &, die kein Element endlicher Ordnung enthiilt, selbst kein Element endlicher Ordnung enthiilt, ist sie nach 1. frei. Es existiert also nach 5. die Spur 5' des Homomorphismus von U in sich. Dann ist 5'=5. 7. &, n, t, 5 haben wieder dieselben Bedeutungen. iB sei eine Untergruppe beliebigen Ranges von &, deren Restklassengruppe &/iB, die nach 3. ein Abelsche Gruppe mit endlich vielen Erzeugenden ist, auch t Eine Verallgemeinerung der Euler-Poincareschen Formel 7 frei sei, und lB werde dureh f in sieh transformiert. Dann erleidet naeh 4. @/lB einen Homomorphismus in sieh, der naeh 5. eine Spur S @/lB besitzt. AuBerdem besitzt der Homomorphismus von lB in sich eine Spur S lB, (da lB ebenso wie U in 6. frei ist, es treten also drei Spuren auf: S@=S, SlB, S@/lB. Fur sie gilt: S@=SlB+S@/lB. Die Beweise von 1., 2., 3., 4., 5. durfen als bekannt vorausgesetzt werden. Beweis von 6.: Xl' X 2 , ••. ,Xn seien freie Erzeugende von @, Yl' Y2' ... , Yn freie Erzeugende von U. Die Yi sind wegen Ue@ line are Verbindungen der Xi: Y= U(x) mit einer quadratisehen Matrix U, die den Rang n hat, da andernfalls der Rang der von den Yi erzeugten Gruppe U kleiner als n ware. Die Xi bzw. die Yi erleiden dureh f lineare Substitutionen mit Matrizen A bzw. B: f(x)=A(x), f(y)=B(y). Es ist also einerseits f(y)=B(y)=B U(x) , andererseits, da f ein Homomorphismus ist, also mithin f(U(x)) = U(f(x) , f(y)=f(U(x)) = U(f(x)) = UA(x) , BU(x)=UA(x). Da aber die Xi als freie Erzeugende von @ voneinander unabhangig sind, ist diese Gleichung eine 1dentitat, d.h. es ist im Sinne der Matrizenreehnung: BU=UA. 1st nun E die n-reihige Einheitsmatrix, A ein Parameter, so ist (B-AE) U=BU-AU=UA-AU=U(A-AE), und fUr die Determinanten gilt mit Rueksieht auf IU I=1= 0 IB-AEI=IA-;'EI· Diese somit identisehen Polynome in ;. haben als Koeffizienten von (-1t- l ;.n-l die Spuren S' bzw. S. Damit ist die Behauptung bewiesen. Beweis von 7.: Yl' Y2, (2) f(Yi) = ... , s Ys seien freie Erzeugende von lB; dann ist L: aii Yi' ;=1 s L: aii= SlB. i=l 8 Eine Verallgemeinerung der Euler-Poincareschen Formel m, seien Elemente aus Restklassen modulo die ein System freier Erzeugender der Restklassengruppe @/m bilden; dann ist Zl' Z2' ••• ,Zt (3) f(zi) = t L bijzj t (mod. m), L bu = s@/m. j~l i~l Die Yi und Zi bilden zusammen ein System freier Erzeugender von @. Denn ist x irgend ein Element von @, so ist die Restklasse, in der x ist, eine lineare Verbindung der Restklassen, in denen die Zi sind, es ist also t x=: LPiZi (mod. m), i~l t d.h. x- L Pizic m, i~l s (4) t x=LqiYi+ LPiZi' i~l i~l Die Yi und Zi erzeugen also @; urn zu sehen, daB sie freie Erzeugende sind, haben wir uns noch davon zu fiberzeugen, daB sich x nur auf eine Weise in der Form (4) darstellen laBt, oder, was dasselbe ist, daB in (4) aus x=O stets das Verschwinden alier qi und Pi folgt. x=O bedeutet t aber: L Pizi = 0 (mod. m), also, da die Zi freie Erzeugende der Rests i~l klassengruppe reprasentieren, Pi=O; dann ist L qi Yi=O, also, da die Yi freie Erzeugende von msind, auch qi=O. i~l Mithin sind die Yi und Zi freie Erzeugende von @. Die Substitution, die sie beiferleiden und die die Spur s@ hat, ist gegeben durch (2) unddas in Gleichungsform geschriebene System (3): s t i~l j~l f(zi) = L CijYj+ L bijzj . (3 a) Die Matrix des aus (2) und (3 a) zusammengesetzten Systems hat aber die Spur s L aii i~l t +L i~l bii=sm + s@/m; damit ist die Behauptung bewiesen. Bemerkung: 1st eine der Gruppen @jm und mdie Identitat, so bleibt der Satz trivialerweise richtig, wenn man fUr diese Gruppe die Spur = 0 setzt. §2 1. en sei ein n-dimensionaler Komplex, T/ (i = 0, 1, ... , n; j = 1, 2, ... , ail seien seine i-dimensionalen Simplexe. Diese seien willkfir- lich orientiert, d.h. fUr jedes T/ sei eine Reihenfolge seiner i+1 Ecken Eine Verallgemeinerung der Euler-Poincareschen Formel 9 samt ihren geraden Permutationen als "positiv", die anderen Eckenreihenfolgen seien als "negativ" bezeichnet; in dem Fall i=O, in dem es nur eine Ecke gibt, sei die einzige "Reihenfolge" dieser Ecke die positive. Wir ordnen nun jedem T/ zwei Symbole +T/ und -T/ zu und sagen: +T/ gehOrt zum Rande von +Tf+l oder -Tf+1 (geschrieben: +1ji c: + T,i+l _T,i+l) ist , und zwar oder +T!c: k 1 k ' wenn T! 1 Randsimplex von T,i+l k + 1ji c: +Tf+l oder +1ji c: - Tf+1, je nachdem eine positive Eckenreihenfolge von 1ji mit der nicht zu T/ gehorigen Ecke von T;+1 davorgesetzt eine positive oder negative Eckenreihenfolge von Tf+l ist; dann definieren wir: aus +1ji c: ±T;+1 folgt _1j'c:~T;+I; flir i>O bedeutet dies: -1ji c:Tf+l oder _1ji c: _T;+I, jenachdem eine negative Reihenfolge von 1ji mit der nicht zu 1ji gehorigen Ecke von Tf+1 davorgesetzf eine positive oder negative Reihenfolge von Tf+1 ist. 2. Flir jedes i nennen wir die Linearformen in den 1ji mit beliebigen ganzzahligen Koeffizienten "die in C" liegenden i-dimensionalen Komplexe". Als Rand e(+1ji) von +1ji bezeichnen wir denjenigen (i-1)dimensionalen Komplex, der die formale Summe der +T;-1 und - T;-1 ist, die nach 1. zum Rand von +1ji gehOren. Flir einen beliebigen i-dimensionalen Komplex Li= I.c j 1fi definieren wir als Rand: i (5) e (Li) = e (~cjT/) = ~ cie (1ji). °sinnvolle Definition vervollstandigen wir durch 1 Diese nur flir i> 1 (5 a) da ein TO keinen Rand besitzt. Aus (5) und (5 a) folgt (6) e (L~+L~) = e (L~)+ e (L~). 3. 1st e (Li) = 0, so heiBt Li ein Zyklus. Es folgt aus (6): die Summe von Zyklen ist ein Zyklus; ist ein Vielfaches eines Komplexes ein Zyklus, so ist der Komplex selbst ein Zyklus. 4. Da, wie man leicht verifiziert, der Rand eines Simplex ein Zyklus ist, ist nach (5) und (3) jeder Rand ein Zyklus. Ferner ist nach (6) die Summe von Riindern selbst Rand. n-dimensionale Rander gibt es nicht. 5. Ein Komplex, von dem ein Vielfaches ein Rand ist, heiBe ein "Randteiler". Aus 3. und 4. ergibt sich, daB jeder Randteiler ein Zyklus ist, aus (6) folgt leicht, daB die Summe von Randteilern selbst Randteiler ist. n-dimensionale Randteiler gibt es nicht. 6. Diese Tatsachen lassen sich folgendermaBen zusammenfassen: die Komplexe L', die Zyklen Zi, die Randteiler R.', die Rander R. bilden bezliglich der Addition Abelsche Gruppen ~', .8i , i , i , die so ineinander mm 10 Eine Verallgemeinerung der Euler-Poincareschen Formel enthalten sind: (7) dabei ist insbesondere (7a) BO=EO, ffin = ffin= (7b) o. Bi wird von den Elementen +1fi erzeugt; mithin besitzen nach § 1, 1. auch Ei, ffii, ffii endliche Erzeugendensysteme und endliche Range. Da ein Vielfaches jedes Elementes von ffii in ffii enthalten ist, kann lni nicht hOheren Rang haben als ffii, und da ffii c aF ist, kann ffii nicht kleineren Rang haben als ffii; mithin haben ffii und ffii gleichen Rang. Da Bi freie Gruppe ist, enthalten die genannten Untergruppen keine Elemente endlicher Ordnung, sind also nach § 1, 1. selbst frei. 7. Die Restklassengruppe Eijffii ist eine freie Gruppe; denn andernfalls wiirde sie ein Element endlicher Ordnung enthalten, es ware also fUr einen gewissen Zyklus Zi und ein a> 1 aZi =0, Zi$O (mod. ffii), d.h. es ware aZi Randteiler, ohne daB Zi es ist, was der Definition der Randteiler widerspricht. Diese somit freie Gruppe (8) nennen wir die "i-te Bettische Gruppe", ihren Rang pi die "i-te Bettische Zahl" von en. 8. Die Berandungsrelation e bildet die Elemente von Bi auf die Elemente von ffi i - 1 so ab, daB jedes Element von ffi i - 1 Bild ist, daB diejenigen L i , fUr die e(Li) = 0 ist, Ei bilden, und daB die Abbildung [infolge (6)J ein Homomorphismus ist. Dann vermittelt nach § 1, 4. e einen 1somorphismus zwischen der Restklassengruppe BijEi und ffii-l. Diese zunachst nur fUr i> 0 sinnvolle Tatsache bleibt mit Riicksicht auf (7 a), wonach BOjEO nur aus der 1dentitat besteht, auch fUr i=O giiltig, wenn wir als "Gruppe der (-1)-dimensionalen Rander" die nur aus der Null bestehende Gruppe einfUhren: (9) §3 Unter einer simplizialen Abbildung von en auf einen zweiten n-dimensionalen Komplex K n verstehen wir eine eindeutige Abbildung der Menge der Eckpunkte von en auf einen echten oder unechten Teil der Menge der Eckpunkte von K n, bei der die Bilder der Ecken jedes Simplex von en Ecken eines Simplex (beliebiger Dimension) von KH sind. Eine simpliziale