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bezeit und über diese hinaus längere und
kürzere Fristen als üblich vorschreiben.
Foto: Archiv Wila
Kündigung in der Probezeit
n ARBEITSRECHT
Sie sind gekündigt!
Niemand ist unkündbar. Selbst Arbeitnehmer, die arbeitsrechtlich gut abgesichert sind, können ihren Job verlieren.
Und auch Arbeitgeber können nicht sicher sein, dass ihre
Entscheidung, sich von Mitarbeitern zu trennen, unangefochten bleibt. Der Ausgang eines Kündigungsschutzprozesses hängt häufig vom Einzelfall ab. | Sofie Weber-Remich
E
in Arbeitgeber wird nur dann einen
Kündigungsschutzprozess gewinnen, wenn seine Kündigung auf
arbeitsrechtlich anerkannten Gründen
basiert. Nicht selten drängt sich aber der
Verdacht auf, dass hinter einer Kündigung
eigentlich etwas anderes steht. Umso
wichtiger, dass man als Angestellter weiß,
wie der Fall arbeitsrechtlich behandelt
werden würde.
Grundsätzlich unterscheidet man
ordentliche (fristgerechte) und außerordentliche (fristlose) Kündigungen.
Eine ordentliche Kündigung beendet ein
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Arbeitsverhältnis unter Berücksichtigung
der Kündigungsfrist eines Arbeitnehmers
zum Zeitpunkt des Ablaufs dieser Frist.
Eine fristlose Kündigung lässt sie außer
Acht und erfolgt in der Regel zu einem
früheren Zeitpunkt.
Auch in der Probezeit, die die Dauer
von sechs Monaten nicht überschreiten
darf, sind bei ordentlichen Kündigungen
Fristen einzuhalten. Die Kündigungsfrist
einer fristgerechten Kündigung in der
Probezeit beträgt für beide Vertragsparteien in der Regel zwei Wochen. Arbeitsund Tarifverträge können aber für die Pro-
1
Die Probezeit dient dem Zweck, ein Arbeitsverhältnis auf seine Tragfähigkeit zu
testen. Sowohl Arbeitgebern als auch Arbeitnehmern soll die Möglichkeit gegeben werden, sich besser kennenzulernen,
bevor man sich langfristig aneinander
bindet. Daher muss ein Arbeitgeber eine
ordentliche Kündigung in der Probezeit
auch nicht begründen. Sie bedarf auch
keiner vorhergehenden Abmahnung.
Jenseits der arbeitsrechtlichen Behandlung gibt es aber durchaus Warnsignale, an denen der Arbeitnehmer erkennen kann, dass die Probezeit nicht wie
gewünscht verläuft. Das können Hinweise auf die schwierige finanzielle Lage des
Unternehmens ebenso sein wie konkrete
Kritik des Chefs an der Arbeit oder auch
Missverständnisse und Auseinandersetzungen im Team.
Auch wenn es Schwierigkeiten gab, ist
die Kündigung in der Probezeit für viele
Arbeitnehmer ein Schock, vor allem, weil
die Begründung ausbleibt, die oft auch
auf Drängen und Bitten nicht zur Sprache
kommt. Damit sichert sich der Arbeitgeber ab, denn rechtliches Vorgehen gegen
eine Kündigung in der Probezeit wird
dem Arbeitnehmer kaum möglich sein,
wenn die Gründe unbenannt bleiben.
Kündigungsfristen von
ordentlichen Kündigungen
Sieht man einmal vom Sonderfall Probezeit ab, beträgt nach dem Willen des Gesetzgebers die Kündigungsfrist eines Arbeitnehmers, der noch nicht länger als
zwei Jahre beschäftigt ist, vier Wochen
zum Fünfzehnten oder zum Ende eines
Kalendermonats. Je länger die Betriebszugehörigkeit, desto länger wird die Kündigungsfrist, die von Arbeitgeberseite gewahrt werden muss.
Darüber hinaus werden Kündigungsfristen aber auch in Tarifverträgen ge-
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regelt, was zu abweichenden (kürzeren
und längeren) Fristen führen kann als die,
die gesetzlich vorgegeben sind (BAG Az.:
2 AZR 21/07).
Kündigungen in Kleinbetrieben
Die Kündigungspraxis ist für Kleinbetriebe erleichtert worden. Das Kündigungsschutzgesetz gilt seit dem 01.01.2004 nur
noch für Betriebe, die regelmäßig mehr
als zehn Arbeitnehmer beschäftigen. Vorher galt es für alle Betriebe, die mehr als
fünf Arbeitnehmer beschäftigten.
Das bedeutet, dass in Kleinbetrieben
jedem Arbeitnehmer jederzeit fristgerecht gekündigt werden kann. Allerdings gelten auch hier ein sogenannter
„Grundkündigungsschutz“
und
ein
Sonderkündigungsschutz für bestimmte
Personengruppen: Bei Schwangeren und
Schwerbehinderten muss eine Genehmigung der zuständigen Behörde eingeholt
werden. Der „Grundkündigungsschutz“
verbietet Kündigungen aus Willkür oder
sachfremden Motiven (beispielsweise
wegen Geschlecht, Abstammung etc.).
Er verbietet auch Kündigungen, die
eine ehrverletzende Form haben oder
sittenwidrig sind (beispielsweise aus
Rachsucht).
Auch
betriebsbedingte
Kündigungen erfordern in Kleinbetrieben
ein Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme.
• Verletzung von Betriebsgeheimnissen
seitens des Arbeitnehmers;
• Diebstahl, Unterschlagung, Spesenbetrug, geschäftsschädigende Äußerungen;
• Beleidigung des Arbeitgebers, Drohungen;
• Fernbleiben vom Arbeitsplatz ohne
Absprache;
• Nachgehen von Privatangelegenheiten trotz ausdrücklichem Verbot;
• Unerlaubte Nebenjobs;
• Bewusste Vortäuschung von Arbeitsunfähigkeit (unglaubwürdige Krankschreibungen).
Obwohl eine fristlose Kündigung die ultima ratio sein sollte, wird sie vom Arbeitgeber vor allem dann ausgesprochen,
wenn er sonst keine Möglichkeit sieht,
Fristlose Kündigungen
Die außerordentliche (fristlose) Kündigung kann im Arbeitsvertrag nicht ausgeschlossen werden. So ist sie grundsätzlich
immer möglich. Allerdings darf ein Arbeitgeber eine fristlose Kündigung nur aussprechen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Das gilt selbst für Kündigungen in
der Probezeit. Ein wichtiger Grund liegt
vor, wenn die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist für mindestens eine der Vertragsparteien unzumutbar ist.
Zu den üblichen, von Gerichten akzeptierten Gründen zählen:
Vor der Kündigung durch Fehlverhalten
steht die Abmahnung. So hat der Arbeitnehmer noch eine Chance, sein Verhalten
zu ändern.
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unliebsame Mitarbeiter loszuwerden.
Zu den „beliebtesten“, weil vor den
Arbeitsgerichten stets akzeptierten Gründen zählte bis zum Jahr 2010 eine fristlose Kündigung wegen Diebstahls, auch
bei Bagatelldiebstählen. Von diesen Kündigungen waren nicht nur Verkäuferinnen
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betroffen, die eine Schachtel Zigaretten
mitgehen ließen, oder Pflegehelfer, die
zur Entsorgung bestimmte Maultaschen
nach Hause trugen. In jüngster Zeit hat
sich die Rechtsprechung im Bereich
von Bagatelldelikten jedoch arbeitnehmerfreundlicher entwickelt. Die Richter
stellen zwar fest, dass fristlose Kündigungen in solchen Fällen grundsätzlich
gerechtfertigt bleiben, in bestimmten
Fällen jedoch unverhältnismäßig sind.
Als Entlastungsmomente gelten insbesondere die lange und unbescholtene
Beschäftigungsdauer, Merkmale eines
„einmaligen Ausrutschers“ oder auch das
ehrliche Eingeständnis des Fehlverhaltens seitens des Arbeitnehmers.
Fristlos – zu Unrecht
Die Entschärfung in der Praxis lieferten
das Urteil im Fall „Emmely“ 2010 (BAG 2
AZR 541/09) und die Entscheidung des
LAG Schleswig-Holstein zum Verzehr von
übrig gebliebenen Patientenessen (3 Sa
233/10). Seit diesen Urteilen ist der Arbeitgeber gut beraten, einen Bagatelldiebstahl zunächst abzumahnen und erst
im Wiederholungsfall zu kündigen. So
wurde auch im Fall vom „Stromdiebstahl“
entschieden, bei dem ein Arbeitnehmer
seinen Rasierapparat im Betrieb auflud
(LAG Köln Az.: 3 Sa 408/11).
Die private Internetnutzung im Job ist
ebenfalls ein beliebter Kündigungsgrund
seitens der Arbeitgeber, wird aber vor
Gerichten häufig gekippt. Selbst die Kündigung wegen des regelmäßigen Surfens
auf Pornoseiten trotz ausdrücklichen
Verbots der privaten Internetnutzung
kassierten die Richter ein und führten
als Begründung die lange Betriebszugehörigkeit des Mitarbeiters an. Außerdem
hatte er seine Arbeitszeit frei gestalten
dürfen, so dass er theoretisch nur in den
Pausen hätte surfen können (BAG Az.: 2
AZR 186/11).
Beim Vorwurf von sexueller Belästigung muss der Arbeitgeber dem Sachverhalt nachgehen und prüfen, ob er
gerechtfertigt war, bevor fristlos entlassen
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wird. Eine Patientin beschuldigte einen
Krankenpfleger, sie belästigt zu haben.
Der Vorfall ereignete sich ohne Zeugen.
Der Pfleger gab an, ihren Arm ungefragt
ergriffen zu haben, um sie beim Gehen
zu stützen. Die Richter fanden, dass der
Arbeitgeber mehr Aufklärung hätte betreiben müssen, bevor er zur Kündigung
griff (LAG Berlin-Brandenburg Az.: 2 Sa
2022/10).
Als ein Arbeitnehmer während seiner
Krankheit ein Vorstellungsgespräch bei
einem anderen Arbeitgeber wahrnahm,
kündigte man ihm fristlos. Das Gericht
stellte aber klar: Allein der Wille sich
einen anderen Job zu suchen, sei kein
Kündigungsgrund. Die Richter stützten
sich dabei auf das Grundrecht der Berufsfreiheit. Die Krankschrift störte in diesem
Fall nicht, weil der Arbeitnehmer nur in
der Bewegungsfähigkeit seines Arms
eingeschränkt war – die Teilnahme am
Gespräch stellte somit kein genesungswidriges Verhalten dar (LAG Mecklenburg-Vorpommern Az.: 5 Sa 106/12).
Doch Vorsicht! Wer sich absichtlich für
ein Bewerbungsgespräch krankschreiben lässt, riskiert fristlos entlassen zu
werden.
möglich mache, so das LAG RheinlandPfalz. Ein Betriebsprüfer war für einen
Autohersteller tätig. Nach Angaben eines
Autohändlers, den das Gericht als glaubwürdig einschätzte, hatte ihm der Prüfer
angeboten, einen Prüfbericht zu schönen,
wenn er dafür 15.000 Euro Schweigegeld
bekomme (Az.: 10 Sa 456/10).
Auch im Fall von Beleidigungen und
Diffamierungen der Vorgesetzten wird
Arbeitgebern mit ihren fristlosen Kündigungen häufig recht gegeben. Es reichte
schon, dass ein Arbeitnehmer seinem
Chef drohte: „Sie haben hier nichts mehr
zu sagen. Ihre Zeit ist abgelaufen!“ (LAG
Rheinland-Pfalz Az.: 8 Sa 361/10).
Ein anderer Arbeitnehmer nahm in einem erzürnten Brief an den Arbeitgeber
einen Nazivergleich vor. Er schrieb, die
Aussage des Arbeitgebers: ‚Wir wollen
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Kündigungsgründe
Kündigt der Arbeitgeber nach der Probezeit und findet das Kündigungsschutzgesetz Anwendung, bedarf die Kündigung
einer Rechtfertigung; sie muss auf personen-, verhaltens- oder betriebsbedingten
Gründen beruhen. Dabei muss der Arbeitgeber nicht bereits im Kündigungsschreiben erläutern, warum er kündigt.
Vor dem Arbeitsgericht muss er jedoch
die Kündigung rechtfertigen können.
Betriebsbedingt
Fristlos – zu Recht
Bei Hinterziehung und Betrug allerdings
kennen die Gerichte keine Nachsicht.
Wer in die eigene Tasche und am Arbeitgeber vorbei wirtschaftet, indem er Aufträge nicht meldet, wird einen Kündigungsschutzprozess fast immer verlieren
(LAG Hessen Az.: 16 Sa 593/12).
So ging auch die fristlose Kündigung eines Arbeitnehmers durch, der die Verrichtung seiner Arbeit als erledigt vortäuschte
und als Prüfer die Einsatzfähigkeit von
Katastrophenschutzfahrzeugen bestätigte,
ohne diese in Augenschein genommen zu
haben (BAG Az.: 2 AZR 284/10).
Allein der dringende Verdacht der
Bestechlichkeit kann eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Der Vorwurf wiege
so schwer, dass nicht erst die nachgewiesene Tat die außerordentliche Kündigung
digung in der Regel ausreichend. Ein
Arbeitnehmer verrichtete seit 18 Jahren
ohne Beanstandung seine Arbeit. Als
ihm sein Resturlaub nicht genehmigt
wurde, trat er diesen dennoch an und
musste dann die fristlose Kündigung
hinnehmen (Arbeitsgericht Krefeld Az.:
1 Ca 960/11).
Wenn Mitarbeiter nicht mit der Kritik von
Kunden, Vorgesetzten und Kollegen umgehen können, kann dies beim Arbeitgeber
den Wunsch nach Kündigung auslösen.
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nur gesunde und voll einsetzbare Mitarbeiter‘, wäre in seinen Augen mit den
Ansichten und Verfahrensweisen im Dritten Reich vergleichbar.“ Hier stellten die
Richter klar, dass den Arbeitnehmer nur
seine lange störungsfreie Betriebszugehörigkeit von 23 Jahren rettete (BAG Az.:
2 AZR 355/10).
Auch Fernbleiben vom Arbeitsplatz
ohne Erlaubnis ist für eine fristlose Kün-
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Eine betriebsbedingte Kündigung wird
natürlich ohne eine vorhergehende Abmahnung ausgesprochen, da sie nicht an
der Person oder dem Verhalten des Arbeitnehmers festgemacht wird. Entgegen
einer weitläufigen Meinung hat eine betriebsbedingte Kündigung überhaupt
nichts damit zu tun, ob ein Unternehmen
von der Insolvenz bedroht ist oder nicht.
Sie ist allein dadurch gerechtfertigt, dass
der Arbeitgeber entschieden hat, Arbeitsplätze abzubauen – ob nun durch Auftragsfremdvergabe, durch Verlagerung
der Betriebstätte oder durch Abteilungsschließung.
Vollkommen willkürlich darf er dabei
aber natürlich nicht vorgehen. Dazu ein
Beispiel: Ein Verkaufsdirektor hatte Differenzen mit dem Vorstand. Um eine betriebsbedingte Kündigung rechtfertigen
zu können, wurde entschieden, seinen
Arbeitsplatz zu streichen. Der Vorstand
wollte die Aufgaben des Gekündigten
in Zukunft in eigene Hände nehmen.
Der Verkaufsdirektor erhob Kündigungsschutzklage, und das Gericht gab ihm
recht. Zwar wiesen die Richter darauf hin,
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dass unternehmerische Entscheidungen
grundsätzlich nicht zu hinterfragen sind,
doch dürfe geprüft werden, ob die Entscheidung unsachlich, unvernünftig bzw.
willkürlich getroffen wurde. Ist an die Entscheidung kein wirtschaftlicher Sinn geknüpft und diene sie lediglich dem Ziel,
unliebsame Mitarbeiter loszuwerden, ist
der Tatbestand der Willkür erfüllt (LAG
Berlin-Brandenburg Az.: 2 Sa 707/10).
Personenbedingt
Eine personenbedingte Kündigung
bedarf ebenfalls keiner Abmahnung,
weil der Grund in der Person des Arbeitnehmers liegt und nicht abänderbar
ist. Wenn ein Mitarbeiter aus fachlichen
oder körperlichen Gründen, die nicht
in seinem Einflussbereich liegen, für
den Job nicht mehr geeignet ist, kann
er personenbedingt gekündigt werden.
Zu den Gründen zählen der Verlust der
Grundlagen, um die Arbeit ausführen zu
können (Zertifikate, Fertigkeiten), aber
auch längere Erkrankung oder häufige
Kurzerkrankungen.
Demnach ist eine Kündigung wegen
der Krankheit entgegen landläufiger
Meinung zulässig. In der Probezeit und
im Kleinbetrieb (nicht mehr als 10 Angestellte ohne Auszubildende) ist sie
ohnehin kein Problem für den Arbeitgeber, weil hier kein Kündigungsschutz
greift. Wenn er aber greift, kann nicht
nur während, sondern sogar wegen der
Erkrankung gekündigt werden. In diesem
Fall erfolgt sie personenbedingt. Bei einer
Kündigung wegen Erkrankung sollte der
Arbeitgeber jedoch die soziale Rechtfertigung der Kündigung geprüft haben.
Besteht eine negative Prognose hinsichtlich des Gesundheitszustandes des
Arbeitnehmers? Führen die Fehlzeiten zu
einer erheblichen Beeinträchtigung der
betrieblichen Interessen? Kommt es zu
einer nicht hinzunehmenden Belastung
des Arbeitgebers? Unabhängig von diesen Fragen gibt es aber während einer
unverschuldeten Krankheit bis zu sechs
Wochen Entgeltfortzahlung.
Während der Krankheit kann der
Arbeitnehmer natürlich auch wegen
anderer Gründe als der Krankheit selbst
gekündigt werden. Dazu zwei Beispiele,
die zumindest im Zusammenhang mit
der Krankheit stehen:
Ein Arbeitnehmer wurde wegen
einer Erkältung krankgeschrieben und
est während dessen im Fitnessstudio
gesichtet worden. Der Arbeitgeber kündigte fristlos. Zu Unrecht. Das LAG Köln
begründete: Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung habe starke Beweiskraft. Der
gekündigte Arbeitnehmer gab überdies
an, nur leichte Nackenübungen auszuführen, was seinem Genesungsprozess
gar zuträglich gewesen wäre. Die Richter
meinten, der Arbeitgeber müsse schon
schlüssig darlegen, dass die Erkrankung
nur vorgetäuscht wurde, was in der Tat
ein fristloser Kündigungsgrund wäre (9
Sa 1581/10).
Wenn es nicht zu einem Vergleich
gekommen wäre, hätten die Gerichte in
einem anderen Fall nicht im Sinne des
Arbeitnehmers entschieden. Dieser war
wegen eines Bandscheibenvorfalls krankgeschrieben und feierte währenddessen
Hochzeit. Er trug dabei die hochschwangere Braut auf Händen. Ergebnis: fristlose
Kündigung wegen genesungswidrigen
Verhaltens. Der Arbeitnehmer rechtfertigte sich – es wäre ein Ausdruck spontaner
Freude gewesen, doch dieses Argument
hatte ihm nicht weitergeholfen (Arbeitsgericht Krefeld Az.: 3 Ca 1384/13).
Verhaltensbedingt
Nur verhaltensbedingte Kündigungen
bedürfen (in der Regel) einer vorhergehenden Abmahnung. In diesen Fällen
liegt der Kündigung ein Fehlverhalten des
Arbeitnehmers zugrunde. Dieser hat an
einer solchen Kündigung mitgewirkt und
muss eine Sperre des Arbeitslosengeld I
und/oder II für die Dauer von bis zu zwölf
Wochen befürchten.
Häufige Gründe für Abmahnungen
und verhaltensbedingte Kündigungen
sind:
• häufige Verspätungen,
• Nichtbefolgen von Anweisungen,
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• fehlende oder zu spät eingereichte
Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen,
• Erledigung von Privatangelegenheiten am Arbeitsplatz,
• Alkohol- und Drogenkonsum am Arbeitsplatz,
• „Low-Performance“/geringe Leistung
und mangelnde Motivation.
Viele verhaltensbedingte Kündigungen
kassieren die Gerichte allerdings ein –
entweder, weil der Grund nicht anerkannt
wird oder die zuvor verhängte Abmahnung den Ansprüchen der Gerichte nicht
genügt. Ebenso reicht ein bloßer Verdacht auf Fehlverhalten häufig nicht aus.
So wurde eine Sachbearbeiterin einer Berliner Wohnungsbaugesellschaft
unangekündigt zu einem Gespräch
mit vier Vorgesetzten zitiert, in dem ihr
Arbeitszeitbetrug bei der Zeiterfassung
vorgeworfen wurde – im Anschluss
gab es die Kündigung. Dabei sind dem
Arbeitgeber einige Fehler unterlaufen.
Dieser hätte alle Verdachtsmomente
vorab mitteilen müssen (auf Verlangen
der Arbeitnehmerin sogar schriftlich),
und es hätte klar kommuniziert werden
müssen, dass ihre Kündigung beabsichtigt wird. Im Anschluss daran hätte die
Arbeitnehmerin gehört werden müssen.
Zudem hätte sie die Gelegenheit haben
müssen, entweder einen Anwalt zum
Gespräch hinzuzuziehen oder sich über
diesen innerhalb einer Frist schriftlich
zu äußern. Zudem hätte man nach 19
Jahren Betriebszugehörigkeit die Mitarbeiterin lediglich abmahnen dürfen (LAG
Berlin-Brandenburg 10 Sa 2272/11).
Überführt und dennoch zu Unrecht
gekündigt wurde eine Filialleiterin im Einzelhandel, die dabei gefilmt wurde, wie
sie Zigaretten klaute.
Das BAG machte deutlich, dass verdeckte Videoüberwachung nur dann
erlaubt sei, wenn der konkrete Verdacht
einer strafbaren Handlung zulasten des
Arbeitgebers besteht und keine Möglichkeit zur Aufklärung durch weniger
einschneidende Maßnahmen gegeben
sind (Az.: 2 AZR 153/11).
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Die Kündigung zurücknehmen musste
auch ein Arbeitgeber, dessen Mitarbeiterin kein gutes Wort an ihm ließ - allerdings
liefen die vielen markigen Worte über ihren privaten Facebook-Account. Die Richter fanden, dass die Dame darauf hätte
vertrauen dürfen, dass die Äußerungen
nicht nach außen getragen werden würden (VGH Az.: AN 14 K 11.02132).
Nicht rechtskräftig war auch die
Kündigung einer Bankmitarbeiterin, die
einen Kredit aufnahm, um ihre privaten
Schulden zu bedienen. Als sie den Kredit
nicht ableisten konnte, wurde ihr Gehalt
gepfändet. Die Begründung des Arbeitgebers, eine Kontopfändung gefährde
das Ansehen der Bank, überzeugte das
Gericht nicht (Hessisches LAG Az.: 19 Sa
1178/11).
Abenteuerlich fanden die Richter auch
die Kündigung wegen Ehebruch. Die
Redaktion einer Lokalzeitung beschäftigte ein Ehepaar. Der Mann begann
eine Affäre mit einer der Kolleginnen.
Der Arbeitgeber begründete, er wolle
den Betriebsfrieden wahren. Die Richter
verloren nicht viele Worte. Seitensprünge
sind kein Kündigungsgrund (Arbeitsgericht Oldenburg Az.: 3 Ca 63/11).
Die Gründe hinter den Gründen
In einer Leadership-IQ-Studie wurden
5247 Personalmanagern aus 312 Unternehmen befragt, warum sie mit ihren
Mitarbeitern unzufrieden waren und aus
welchen Gründen sie Kündigungen vornahmen oder über eine solche nachdachten. Dabei kam es zu recht erstaunlichen Ergebnissen. Aus der Sicht der Arbeitgeber scheitern 46 Prozent aller neu
eingestellten Mitarbeiter im Zeitraum von
18 Monaten nach Stellenantritt. Als
Scheitern definierte man hier: Kündigung
durch den Arbeitgeber, Abmahnungen
oder deutlich negative Leistungsbeurteilungen.
Fast mit jedem zweiten Arbeitnehmer
waren die Arbeitgeber somit ganz und
gar nicht zufrieden. Es stellte sich auch
heraus, dass vor allem die weichen Fakarbeitsmarkt UMWELTSCHUTZ | NATURWISSENSCHAFTEN
toren ins Gewicht fielen – die berühmten
Soft-Skills.
Der größte Kritikpunkt war die fehlende „Coachability“, somit das Unvermögen, das Feedback der Vorgesetzten,
Kollegen und Kunden zu akzeptieren und
umsetzen. Ganze 26 Prozent der neu
eingestellten Mitarbeiten hätten nicht mit
Kritik umgehen können. 23 Prozent hätte
es an emotionaler Intelligenz gemangelt:
Sie hätten weder ihre eigenen Emotionen verstehen können, noch wären sie
in der Lage gewesen, fremde Emotionen
einzuschätzen. 17 Prozent wären nicht
ausreichend motiviert gewesen, ihr Potenzial auszuschöpfen. 15 Prozent hätten
die falsche Persönlichkeit für den Job
und das Arbeitsumfeld gehabt. Nur elf
Prozent hätten nicht über erforderliche
fachliche Kenntnisse verfügt, waren somit nicht ausreichend qualifiziert.
Von allen angeführten Gründen stellt
nur der letzte Punkt einen arbeitsrechtlich anerkannten Kündigungsgrund dar.
Dabei wird den Arbeitgebern ausgerechnet die Kündigung aufgrund der „LowPerformance“ extrem schwer gemacht.
Die meisten Kündigungen mit dieser
Begründung scheitern vor Gericht. Denn
einem schlecht arbeitenden Mitarbeiter
können Arbeitgeber nur kündigen, wenn
er dauerhaft fehlerhaft arbeitet oder äußerst unterdurchschnittliche Leistungen
erbringt. Bei der Minderleistung ist eine
unterdurchschnittliche Leistung ab 40
bis 50 Prozent unter Kollegensoll kündigungsrelevant.
Eine kaufmännische Angestellte hatte
bei der Erfassung von Frachtdaten für den
Versand von Paketen eine größere Anzahl
von Fehlern gemacht. Der Arbeitgeber
musste die Kündigung jedoch zurücknehmen. Die Richter stellten klar, dass
eine Kündigung wegen zu vieler Fehler
einiges voraussetzt, beispielsweise: die
„Durchschnittsleistung“ von vergleichbaren Mitarbeitern über einen längeren
Zeitraum zu dokumentieren. Nur so ist
feststellbar, ob ein Arbeitnehmer die
durchschnittliche Fehlerquote des Teams
über längere Zeit und im erheblichen
5
Maße überschreitet. Für das Kassieren
der Kündigung reichte aus, dass der
Arbeitgeber nicht darlegen konnte, wie
hoch die durchschnittliche Fehlerquote
in seinem Unternehmen gewesen war
(LAG München Az. 3 Sa 764/10).
Es kommt aber noch dicker für die Arbeitgeber. Der Mitarbeiter mit schlechten
Leistungen muss nicht nur unterdurchschnittliche Leistungen erbringen, er
muss auch noch leistungsunwillig sein
– müsste somit mehr leisten können,
aber nicht wollen (BAG, 2 AZR 667/02).
Wenn der Arbeitnehmer darlegt, dass
er sich bemüht, alles zu geben, hat der
Arbeitgeber seine Argumente zu widerlegen. Kann er dies nicht, muss er die aus
seiner Sicht bestehende „Schlechtleistung“ weiterhin ertragen (LAG Hessen
Az.: 13 Sa 84/05).
In der Arbeitswelt stellt das Verhältnis
des Mitarbeiters zu seinen Vorgesetzten
den wichtigsten Faktor für sein berufliches Fortkommen dar. Stimmt dieses Verhältnis, kann sich ein Arbeitnehmer „im
Einvernehmen“ vieles herausnehmen,
ohne dass es zu einer Abmahnung oder
Kündigung kommt. Ist das persönliche
Verhältnis hingegen belastet, wächst sich
das häufig zum Kündigungsmotiv aus.
Da aber Motive natürlich nicht justiziabel
sind, werden „harte“ Gründe gesucht. Ob
diese Gründe allerdings im Einzelfall vom
Arbeitsgericht anerkannt werden, steht
auf einem ganz anderen Blatt.
LINKS
www.leadershipiq.com
Leadership IQ Study, http://
www.prweb.com/releases/2005/
09/prweb287275.htm
www.arbeits-abc.de
www.recht-finanzen.de
www.hensche.de
Wichtiger Hinweis: Im Zweifelsfall
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