1 II MUSKELPHYSIOLOGIE Empfehlungen zur Vorbereitung, Literatur Vorlesung zum Thema "Muskelphysiologie" KLINKE-PAPE-KURTZ-SILBERNAGL: Lehrbuch der Physiologie, Kap.: Muskulatur SCHMIDT-LANG-HECKMANN: Physiologie des Menschen, Kap.: Muskel SPECKMANN, HESCHELER, KÖHLING: Physiologie, Kapitel: Muskulatur 2 1 Kurve der isometrischen Maxima des M. triceps surae Messverfahren In diesem Versuch soll die maximale Kraft F bestimmt werden, die der M. triceps surae bei verschiedenen Muskelvordehnungen unter isometrischen Bedingungen erzeugt. Der Triceps ist der wesentliche Plantarflexor. Der Triceps inseriert am Tuber calcanei. Die Bewegung wird im oberen Sprunggelenk ausgeführt. Die Drehachse des oberen Sprunggelenks verläuft ungefähr durch die Spitze des inneren Malleolus. In diesem Versuch wird mit Hilfe einer Kraftmeßdose die Kraft bestimmt, die bei der Kontraktion des Triceps an der Achillessehne auftritt. Bei Untersuchungen der Muskelfunktionen im Körper muß beachtet werden, dass die Muskeln über Hebel wirken und daher stets Drehmomente (Kraft K x Kraftarm k bzw. Last L x Lastarm l; l und k sind die lotrechten Abstände zwischen Drehachse und Kraftvektor) entstehen. Es gilt L x l = K x k im Gleichgewichtszustand. Die Kraft ist die vom Triceps direkt am Tuber calcanei aufgebrachte Kraft, die Last ist die von uns an der Meßdose festgestellte (nach Übertragung durch den Hebel wirkende) Kraft. Die Längenänderung des Muskels (ΔlM) wird aus der Winkelstellung des Pedals ausgerechnet. Der Nullpunkt liegt bei einem Winkel von 90 Grad zwischen Fußsohle und Unterschenkel. Die Plantarflexion ergibt negative Werte also Verkürzungen, umgekehrt ergibt Dorsalextension eine Dehnung des M. triceps surae und somit positive Werte für die Längenänderung Abb. 1: Schema des Versuchsaufbaus Die Strecke a ist der Kraftarm. Es ist der Abstand zwischen Fersenanschlag und dem Lot vom Drehpunkt auf die Fußplatte (Pedalplatte). Der Winkel α bzw. α1 ist der Winkel zwischen Pedalplatte und der Verlängerung des Unterschenkels. ΔlM repräsentiert die Längenänderung des M. triceps surae. Umlenkrollen Fußplatte α Drehpunkt α1 a M. triceps surae ΔlM Kraftmessdose 3 Versuchsablauf a) Kalibrierung In der Kraftmessdose wird die angreifende Kraft durch Dehnungsmessstreifen, die in einer Brückenschaltung angeordnet sind, in ein elektrisches Signal umgewandelt. Das Signal wird in einem Messverstärker verstärkt und von einem Schreiber registriert. Zur Kalibrierung der Messanordnung wird zunächst der Schreiber auf Null eingestellt (Potentiometer links unten am Messverstärker). Dabei soll nur eine Kette an der Kraftmessdose hängen. Danach werden zwei verschiedene Gewichte (10 und 20 kg) an die Kette gehängt und jeweils die Schreiberausschläge registriert. Den Verstärkungsfaktor des Schreibers nicht mehr verändern! b) Messungen Die Versuchsperson legt sich so auf die Liege, dass der Oberschenkel des rechten Beines senkrecht an der Halterung fixiert werden kann. Der Fuß wird jetzt im „Pedalschuh“ fixiert. Dabei ist darauf zu achten, dass die Drehachse des Fußgelenkes mit der Drehachse des Pedalschuhs übereinstimmt. Die Höhe des Pedals wird so eingestellt, dass der Unterschenkel waagerecht (parallel zur Liege) liegt. Die Höhe des Pedals ist über einen Elektromotor verstellbar. Auch der Abstand des Pedals vom Kniegelenk ist veränderbar. Vor Veränderung dieser Abstände müssen zwei Arretierungen gelöst werden. Diese müssen nach erfolgter Anpassung wieder fixiert werden, da sonst die Stabilität des Versuchsaufbaus abnimmt. Das reduziert die Qualität der Ergebnisse. Achten Sie darauf, dass nur der M. triceps eingesetzt wird und nicht noch weitere Muskeln. Die Messungen sollen in mindestens 12 Winkelstellungen zwischen etwa 130° und etwa 40° durchgeführt werden. Für jede Winkelstellung werden 3 Kontraktionen registriert, die im Abstand von etwa 60 Sekunden erfolgen sollen. In die Auswertung geht jeweils der Mittelwert der 3 Kontraktionen ein. Auswertung Isometrische Maximalkraft Für die verschiedenen Winkelstellungen (und damit verschiedenen Längen des Muskels) werden mit Hilfe der Kalibrationswerte die an der Kraftmessdose auftretenden Kräfte bestimmt und daraus die entsprechenden Kräfte an der Achillessehne ermittelt (Protokoll Nr. 1). Dazu muss die gemessene Kraft mit einem “Kraftfaktor“ (kf) multipliziert werden. Dieser Kraftfaktor ergibt sich aus der Länge des Lastarms, aus dem Abstand zwischen Pedalplatte und Drehpunkt und den Umlenkungen an den Rollen (beachte die Änderung der Zugrichtung bei Bewegung der Fußplatte (Abb.1). Dadurch ändert sich der Korrek- 4 turfaktor ('Kraftfaktor') abhängig von der Winkelstellung). Der Kraftfaktor für verschiedene Winkel ist in Tabelle 1 aufgelistet. Zwischen den Winkeln muss interpoliert werden. Das Produkt aus gemessener Kraft (Kraftmessdose) und Kraftfaktor (kf) entspricht L × l (Last × Lastarm). Damit entspricht die Formel K × k = L × l der Beziehung Isometr. Muskelkraft (K) × Kraftarm (a) = Kraft (Messdose) × Kraftfaktor (kf ) oder K = Kraft (Messdose) × kf / a Muskellänge Die Berechnung der Längenänderung (ΔlM) des M. triceps surae erfolgt aus dem eingestellten Winkel (α) zwischen Pedalplatte und der Verlängerung des Unterschenkels, sowie aus der Länge des Kraftarms (a). Der Kraftarm ist der Abstand zwischen Fersenanschlag und dem Lot vom Drehpunkt (Knöchel) auf die Pedalplatte. Näherungsweise gilt: cos α = ΔlM / a oder ΔlM = a × cos α Da es sich bei Winkeln α < 90° um Muskelverkürzungen, bzw. bei Winkeln α > 90° um Muskelverlängerungen gegenüber der Ausgangsposition α = 90° handelt, werden jeweils die negativen Werte der errechneten Längenänderung eingesetzt: ΔlM = − a × cos α Tragen Sie die Werte für die entwickelte Kraft (K) bei den verschiedenen Längenänderungen des Muskels (ΔlM) in ein Kraft-Längen Diagramm (Diagramm 1) ein (Abszissenlänge: -6 bis +6 cm). 5 TABELLE 1 Fußwinkel α 130 129 128 127 126 125 124 123 122 121 120 119 118 117 116 115 114 113 112 111 110 109 108 107 106 105 104 103 102 101 100 99 98 97 96 95 94 93 92 91 90 89 88 87 86 85 Kraftfaktor N*cm/kg 284.8 288.0 290.4 292.0 293.6 293.6 293.6 293.6 293.6 292.8 292.0 291.2 290.4 289.6 288.8 288.0 286.4 285.6 284.8 284.0 283.2 282.4 281.6 280.8 280.0 279.2 278.4 278.4 277.6 276.8 276.8 276.0 276.0 276.0 275.2 275.2 275.2 275.2 275.2 275.2 275.2 275.2 275.2 275.2 276.0 276.0 cos α -0.643 -0.629 -0.616 -0.602 -0.588 -0.574 -0.559 -0.545 -0.530 -0.515 -0.500 -0.485 -0.469 -0.454 -0.438 -0.423 -0.407 -0.391 -0.375 -0.358 -0.342 -0.326 -0.309 -0.292 -0.276 -0.259 -0.242 -0.225 -0.208 -0.191 -0.174 -0.156 -0.139 -0.122 -0.105 -0.087 -0.070 -0.052 -0.035 -0.017 0.000 0.017 0.035 0.052 0.070 0.087 Fußwinkel α 84 83 82 81 80 79 78 77 76 75 74 73 72 71 70 69 68 67 66 65 64 63 62 61 60 59 58 57 56 55 54 53 52 51 50 49 48 47 46 45 44 43 42 41 40 Kraftfaktor N*cm/kg 276.0 276.8 277.6 277.6 278.4 279.2 280.0 280.8 281.6 282.4 284.0 284.8 285.6 287.2 288.8 289.6 291.2 292.8 294.4 296.0 298.4 300.0 302.4 304.0 306.4 308.8 311.2 313.6 316.8 319.2 322.4 325.6 328.8 332.0 336.0 340.0 344.0 348.0 352.8 357.6 362.4 367.2 372.8 378.4 384.8 cos α 0.105 0.122 0.139 0.156 0.174 0.191 0.208 0.225 0.242 0.259 0.276 0.292 0.309 0.326 0.342 0.358 0.375 0.391 0.407 0.423 0.438 0.454 0.469 0.485 0.500 0.515 0.530 0.545 0.559 0.574 0.588 0.602 0.616 0.629 0.643 0.656 0.669 0.682 0.695 0.707 0.719 0.731 0.743 0.755 0.766 6 Protokoll 1: Isometrische Maxima des M. triceps a = _____________ α Last (kg) DIAGRAMM 1 kf Kraft (N) ΔlM (cm) 7 2. Superposition und Tetanus am M. adductor pollicis (Daumenanzieher ) Vorbemerkung In diesem Versuch soll die Abhängigkeit der Kraftentwicklung eines isometrisch kontrahierenden Muskels von der Frequenz seiner Reizung untersucht werden. Zusätzlich sollen die Kontraktionsarten der Einzelzuckung, der Superposition und des Tetanus anhand eines Mechanogramms kennengelernt werden. Versuchsablauf Der M. adductor pollicis gehört zu den Muskeln des Daumenballens. Er wird durch den Nervus ulnaris innerviert. Um die Kontraktionen dieses Muskels untersuchen zu können, wird die rechte Hand des Probanden in einer Messapparatur (siehe Abb. 2) fixiert und der Daumen mit einem Kraftaufnehmer verbunden. Dieser ist mit einem Verstärker und einem PC verbunden. Der PC zeichnet die vom Muskel erzeugte isometrische Kraft auf. Die Erzeugung unterschiedlicher Kontraktionsarten wird durch die Applikation unterschiedlicher Reizmuster am N. ulnaris an der Innenseite des Handgelenks erreicht. Die Reizung erfolgt durch eine differente Elektrode (stabförmig) und eine indifferente Elektrode (plattenförmig), wobei die letztere am Unterarm plaziert wird. Die Elektroden sind mit einem Stimulator verbunden, der zunächst Einzelreize mit einer Reizbreite von 0,2 ms, einer Amplitude von etwa 6 mA in einer Frequenz von 3 Hz abgibt. Mit der Stabelektrode wird nun der Punkt am Handgelenk aufgesucht, an dem eine gute Reizung des N. ulnaris erfolgt; sichtbar durch deutliches Zucken des Daumens und des kleinen Fingers. Sollte bei dieser Einstellung keine Innervation möglich sein, so kann die Spannung erhöht werden (bis zu 20mA). Bei erfolgreicher Reizung wird gleichzeitig ein Mechanogramm der Einzelzuckungen geschrieben. Hierauf wird die Frequenz der Einzelreize in 2Hz-Schritten bis auf 20 Hz erhöht und am PC gespeichert. Die Stabelektrode wird danach abgenommen. Auswertung Mit Hilfe des Mechanogramms werden folgende Fragen beantwortet: 1. Nennen Sie die Reizfrequenz-Bereiche, in denen a) Einzelzuckungen, b) Superposition, c) unvollständige Tetani d) vollständige Tetani stattfinden! Ermitteln Sie die Verschmelzungsfrequenz. 2. Berechnen Sie die relativen Kräfte (Einzelzuckungskraft=100% ) für a) eine Einzelzuckung , b) eine ausgewählte Superposition c) einen vollständigen Tetanus II 8 Nun werden an ausgewählten Einzelzuckungen, die ggf. nochmals separat aufzunehmen sind, folgende Parameter bestimmt: 3. Bestimmen Sie die Zuckungsdauer bei halber Kraft-Amplitude ( t50 ). (Zu welchem Typ von Skelettmuskel gehört der Adductor pollicis?) 4. Bestimmen Sie die Anstiegszeit und die 50%-Relaxationszeit. (Welche Mechanismen sind für Kraftanstieg und Muskelrelaxation verantwortlich?) Abb. 2: Kraftaufnehmer II 9 3. Aktiv entwickelte Kraft als Funktion der sarkoplasmatischen Kalziumkonzentration [Ca++] Vorbemerkungen Neben der räumlichen Summation, die bei der Skelettmuskulatur wesentliche Grundlage für eine Kontrolle bzw. Variation der aktiv entwickelten Kräfte ist, kann die Höhe der aktiv entwickelten Kraft auch durch die intrazelluläre (sarkoplasmatische) Ca++-Konzentration kontrolliert werden. Dieser Mechanismus ist besonders beim Herzmuskel und der glatten Muskulatur die zentrale Größe, über die aktiv entwickelte Kraft dem Bedarf angepasst werden kann. Auch im Skelettmuskel kann durch eine höhere Frequenz der Aktionspotentiale die intrazelluläre Calcium-Konzentration erhöht und damit die Kontraktionkraft gesteigert werden. Grundsätzlich kann die aktiv entwickelte Kraft dabei nicht nur über unterschiedlich hohe sarkoplasmatische Ca++-Konzentration sondern auch durch unterschiedliche Ca++-Ansprechbarkeit des kontraktilen Apparates beeinflusst werden. Ziel des Versuchs ist es, die Kraft/Calcium-Dosis-Wirkungsbeziehung für Skelettmuskelfasern zu messen und Effekte von pH-Änderungen bzw. von PhosphatAnreicherung zu untersuchen. Voraussetzung dazu ist eine Muskelfaserpräparation, in der wir direkt die Ca++-Konzentration in der Umgebung der kontraktilen Proteine kontrollieren können. Dies kann erreicht werden, indem Oberflächenmembran und intrazelluläre Membransysteme durch Behandlung mit Detergenzien (z.B. Triton X100) aufgelöst werden (sog. "skinned fibers"), so dass Diffusionshindernisse (Oberflächenmembran) und intrazelluläre Ca++-Speicher ausgeschaltet sind. Durch die Auflösung der Membransysteme gehen auch alle löslichen, d.h. nicht im Zytoskelett verankerten Proteine (z.B. Enzyme der Glykolyse) verloren, so dass diesen Präparaten als Substrat MgATP sowie Kreatinphosphat mit Kreatin-Phosphokinase als ATP-regenerierendes System zugefügt werden müssen. Versuchsablauf Das Präparat, ein Muskelfaserbündel aus dem M. psoas major eines Kaninchens, ist mit Gewebekleber an einem Kraftaufnehmer und einer über Mikromanipulator justierbaren Gegenhalterung montiert und waagerecht (parallel zur Achse des Kraftaufnehmers) ausgerichtet. Über einen Küvettenwechsler kann das Präparat in verschiedenen Messlösungen inkubiert werden, die sich in der Konzentration der freien CalziumKonzentration unterscheiden. Unterschiedliche Calzium-Konzentrationen werden durch Mischung von "Relaxationslösung" bzw. "Aktivierungslösung" eingestellt. Mischungsverhältnisse und zugehörige Calziumkonzentrationen sind in Tabelle 2 zusammengefasst. II 10 Nach Vorinkubation in Relaxationslösung wird das Präparat über den Küvettenwechsler in die Küvette mit der Lösung für maximale Aktivierung überführt und dort solange inkubiert, bis sich eine konstante aktive Kraft entwickelt hat. Die Kraft wird mit einem Einkanalschreiber bei einem Papiervorschub von 1cm/min registriert. Nach Erreichen einer konstanten aktiven Kraft wird das Präparat in Relaxationslösung zurückgeführt und die vollständige Erschlaffung abgewartet. Dieses Vorgehen wird dann mit 2 bis 3 weiteren Mischungen aus Aktivierungs- und Relaxationslösungen mit unterschiedlichem pCa wiederholt. Zur Untersuchung von pH bzw. Phosphat-Effekten werden Aktivierungslösungen mit unterschiedlichem pH bzw. Phosphat-Konzentrationen eingesetzt. Versuchsauswertung Die registrierten aktiven Kräfte werden gemessen, auf die maximale aktive Kraft normiert und gegen den pCa (negativer dekadischer Logarithmus der molaren Ca++-Konzentration) in Protokoll 2 eingetragen (Kraft-pCa-Kennlinie). Abb. 3 Beispiel einer Originalregistrierung Beachten Sie die Form der Kraft-pCa Kennlinie. Bei langsamen Skelettmuskeln, Herzmuskel und glatter Muskulatur kann diese Kennlinie erheblich flacher verlaufen. Diskutieren Sie verschiedene Mechanismen, welche die aktive Kraftentwicklung beeinflussen: (a) Änderung der freien Ca++-Konzentration (pCa) (b) Änderung des intrazellulären pH-Wertes (c) Anreicherung von Phosphat in der Muskelzelle Tabelle 2: Beispiel für eine Reihe freier Calziumkonzentrationen: II 11 Relax: Aktiv [Ca++](µM) pH=7,0 pCa II Relax: Aktiv [Ca++](µM) pH=6,5 pCa 10:0 ca. 0.005 8.30 10:0 0.041 7.39 4: 6 0.923 6.03 8:2 1.51 5.82 3: 7 1.434 5.84 7:3 2.57 5.59 2: 8 2.447 5.61 4:6 8.91 5.05 1: 9 5.382 5.27 2:8 22.91 4.64 0:10 + CaCl2Lsg. 79.61 4.10 0:10 + CaCl2Lsg 147.91 3.83 Zusammensetzung der Lösungen: 10 mM Imidazol,, 1mM MgATP, 3mM EGTA (in Relaxierungs-Lösung) bzw. 3mM CaEGTA (in Aktivierungs-Lösung) 10mM CrP, 100 U CPK, 10mM Coffein, T = 5oC, pH 7.0, Ionenstärke 170mM (eingestellt mit Propionat) Protokoll D ia g r a m m 2: 3 : K r a ft-p C a K e n n lin ie 100 90 80 Kraft [%] 70 60 50 40 30 20 10 0 9 8 7 6 pC a 5 4 3 12 4 Muskelermüdung bei Haltearbeit Vorbemerkung In diesem Versuch soll die Abhängigkeit der maximalen Haltezeit von der Last, die ein Muskel (hier der Unterarmbeuger = M. biceps brachii) trägt, bestimmt werden. Außerdem sind der Einfluss der zu haltenden Last und der Effekt der muskulärer Ermüdung auf das Elektromyogramm Gegenstand des Experiments. Versuchsablauf Zu verteilende Aufgaben: 1. Versuchsperson 2. Wechseln der Gewichte (zwei Personen) 3. Messung der Haltezeit 4. EMG-Registrierung Zwecks Erfassung des Elektromyogramms (EMG) werden 3 Elektroden aufgeklebt (Elektrodengel nicht vergessen!). Verwendet man zur Registrierung ein EKG-Gerät, bei dem das Programm für die Ableitung I nach Einthoven eingestellt ist, sind die Elektroden wie folgt anzubringen: 1. Elektrode L (gelb): Innenseite des M. biceps brachii 2. Elektrode R (rot): Außenseite des M. biceps brachii 3. Elektrode N (schwarz): Innenseite des Unterarms oder andere bei dem Versuch nicht muskulär aktive Körperpartie. Bei Elektrode N handelt es sich um die Erdungselektrode (N = Neutral). Elektrodenkabel zugbelastungsfrei an ein EKG-Gerät anschließen. Mittels dieser Oberflächenelektroden erfolgt eine bipolare Ableitung eines EMGs, bei dem Summenaktionspotentiale der Muskelzellen des untersuchten Skelettmuskels erfasst werden. Verschiedene Gewichte werden bei 90° Beugung des Ellenbogengelenkes (Oberarm senkrecht, Ellenbogen aufgestützt) bis zur subjektiven Erschöpfung (höchstens aber 10 min) gehalten. Gewichte ca. 2,5 - 20 kg, Anfangsgewicht: 2,5 oder 5 kg Pausenlänge 3 min Die Maximalkraft wird als erreicht angesehen, wenn das Gewicht nicht länger als 5 s gehalten werden kann. II 13 II Belastung/Gewicht Versuch zur Muskelermüdung bei Haltearbeit mind. 5 s max. 10 min 7,5 kg max. 10 min 5 kg 2,5 kg 0 0 3 min Pause 10 13 3 min Pause Zeit Abb. 4 Messungen 1) Haltezeiten 2) Elektromyogramm (EMG) einmal in Ruhe, bei Belastungsbeginn und kurz vor Belastungsende (die Versuchsperson soll sich diesbezüglich äußern. 3) Ermitteln Sie einmal den Durchmesser des angespannten M. biceps brachii an seiner dicksten Stelle, damit Sie sich Gedanken über die Maximalkraft pro Muskelquerschnittsfläche machen können. Auswertung 1) Durchmustern der EMG-Streifen Auswerten der Amplitude des Signals, d.h. Messen von je 5 großen Zacken zu Beginn und am Ende jeder Belastungsstufe. Mittelwerte in das Protokoll eintragen! 2) Haltezeit Die Haltezeit wird gegen das Gewicht aufgetragen. (Diagramm in diesem Skriptkapitel) Welche Funktion liegt der Kurve näherungsweise zugrunde? Ermitteln Sie den Kraftbereich, in dem keine Ermüdung zustande kommt (in Newton (N) und in % der von der Vp erreichten Maximalkraft). 3) Maximale Kraft pro Muskelquerschnittsfläche Errechnen Sie die Querschnittsfläche des angespannte M. biceps brachii des Probanden, und errechnen Sie, welche Maximalkraft pro cm2 Muskelquerschnittsfläche erreicht wurde. Vergleichen Sie Ihre Ergebnis mit in der Literatur zu findenden Angaben. Be- 14 achten Sie dabei: 1. das Hebelgesetz, 2. den Verlauf der Muskelfasern im M. biceps brachii. II 15 II Protokoll: EMG-Amplitude bei Ermüdung des M. biceps brachii durch Haltearbeit Gewicht (kg) u. Kraft (N) Haltezeit (s) EMG (mV) Amplitude am Anfang Masse [kg]; Kraft = Masse x Beschleunigung Amplitude am Ende