Wer kommt für den Schaden auf?

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RECHT
§
H af t un g vo n M it ar b e it e r n in d e r H au s w ir t s c haf t
Wer kommt für
den Schaden auf?
T
Fehler sind menschlich
und passieren – der Arbeitsplat z ist da trot z
aller Schut zmaßnahmen
keine Ausnahme. Fehler
von
heißt
Mitarbeitern,
von
ihnen
das
ver-
schuldete Arbeitsunfälle, sind daher keine Seltenheit. Doch wer – und
in welchem Umfang –
haftet für die Schäden?
ypische Folge von Arbeitsunfällen sind Sachschäden,
manchmal aber auch Personenschäden. Wird jemand bei der Arbeit durch das Handeln eines Kollegen verletzt – liegt also ein sogenannter Arbeitsunfall vor – tritt die
gesetzliche Unfallversicherung,
z. B. die Berufsgenossenschaft
für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege, ein. Sie kommt für
den Schaden (ärztliche Behandlungs-, Krankenhaus- und Rehabilitationskosten) auf. Eine Ausnahme besteht, wenn die Verletzung
eines Arbeitskollegen vorsätzlich
erfolgte. In diesem Fall muss der
Mitarbeiter, der einen anderen verletzt hat, die Kosten erstatten. Wer
einen Kollegen auf der Arbeit vorsätzlich verletzt, muss u. U. auch
die Kosten für eine vom Arbeitgeber für die Dauer der Arbeitsunfähigkeit des verletzten Kollegen
eingestellte Ersatzkraft tragen.
Im Arbeitsrecht gilt
abgestuftes Haftungssystem
Wer schuldhaft einem anderen einen Personen- oder Sachschaden
zufügt, haftet dafür. Dieser Grund-
Rat für die Praxis
Zur Verhinderung einer (anteiligen) Haftung von Pflegeeinrichtungen sollten alle Arbeitsbereiche auf potentielle
Gefahren geprüft werden. Ebenso sind sämtliche Vorschriften zur Vermeidung von Gefahrenlagen – auch die Regelungen zum Arbeitsschutz und zur Arbeitssicherheit – unbedingt einzuhalten. Zusätzlich sollte die Verantwortlichkeit
der Mitarbeiter für konkrete Tätigkeiten klar festgehalten werden, hierzu gehören auch Vertretungsregelungen.
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satz des Schadensrechtes gilt im
Arbeitsrecht jedoch nur eingeschränkt. Die grundsätzlich unbeschränkte Haftung hat die Rechtsprechung aufgrund der Besonderheiten im Arbeitsverhältnis für
Mitarbeiter gemildert und ein abgestuftes Haftungssystem, den
sogenannten innerbetrieblichen
Schadensausgleich, entwickelt.
Danach gilt: Bei vorsätzlichem und
grob fahrlässigem Verhalten haftet
der Mitarbeiter regelmäßig nach
wie vor in vollem Umfang. Im Einzelfall kann die Haftung aber reduziert werden. Klassisches Beispiel
für vorsätzliches Handeln ist der
Verstoß einer Pflegekraft gegen
Vorgaben des Arbeitgebers, etwa
die Missachtung von Dienstvorschriften durch das Nichtanlegen
einer Schutzkleidung. Grobe Fahrlässigkeit liegt etwa vor, wenn der
Mitarbeiter alkoholisiert einen Unfall mit einem Dienstfahrzeug verursacht hat.
Bei mittlerer oder normaler
Fahrlässigkeit haftet der Mitarbeiter anteilig. In diesen Fällen wird
die Haftung des Mitarbeiters unter
Berücksichtigung aller Umstände
Dreistuf ige s Haf tungsmodell für Schäden
(außer Per sonenschäden):
Regelmäßig volle Haftung bei Vorsatz und grober
Fahrlässigkeit
Anteilige Haftung bei mittlerer/normaler Fahrlässigkeit
Keine Haftung bei leichtester Fahrlässigkeit
Bei „leichtester Fahrlässigkeit“ ist ein
des Einzelfalls mit Blick auf den
Anlass und die Folgen des Schadens bestimmt. Gesichtspunkte
sind dabei der Grad des Verschuldens, die Gefährlichkeit der Arbeit,
die Höhe des Schadens, ein vom
Arbeitgeber einkalkuliertes oder
durch die Versicherung deckbares Risiko, die Stellung des Mitarbeiters im Betrieb, die Höhe seines
Entgeltes sowie die Betriebszugehörigkeit, das Alter und/oder die
Familienverhältnisse des Mitarbeiters. Typisches Beispiel für normal
fahrlässiges Handeln ist das Vergessen des Betätigens der Handbremse beim Parken eines Krankenwagens.
Ausgeschlossen ist die Haftung
des Mitarbeiters bei leichtester
Fahrlässigkeit, wenn er etwa versehentlich ein Glas Wasser fallen lässt, sich verspricht oder sich
schlicht vertut.
Das Gesetz sieht keine summenmäßige Höchstgrenze der
Mitarbeiterhaftung vor. Für deren Umfang haben sich in der
Rechtsprechung jedoch Orientierungspunkte herausgebildet: bei
mittlerer Fahrlässigkeit haftet der
Mitarbeiter mit einem Bruttomonatsgehalt, bei grober Fahrlässigkeit in der Regel mit bis zu drei
Bruttomonatsgehältern, je nachdem aber auch in Höhe von bis
zu einem Jahresgehalt.
Vorsicht bei
Versicherungen
Die Haftung des Mitarbeiters verringert sich weiter, wenn der Arbeitgeber den Schaden mit-verursacht hat. Exemplarisch für ein
Mitverschulden des Arbeitgebers
sind die fehlerhafte Auswahl von
Mitarbeitern, mangelnde Arbeitsanweisungen oder unterlassene
Kontrollmaßnahmen des Arbeitgebers sowie der Einsatz von zu
wenig qualifiziertem Personal zu
nennen.
Der Arbeitgeber muss bei
Sachschäden vorrangig bestehende Versicherungen in Anspruch nehmen, beispielsweise die Betriebshaftpflicht-, die
Feuer- oder die Kfz-Kaskoversicherung. Solche Versicherungen
wirken sich jedoch nur dann haftungsmildernd für den Arbeitgeber aus, wenn die Versicherung
sich die ausbezahlte Summe nicht
beim Mitarbeiter zurückholen
kann. Fahrzeugschäden muss der
Arbeitgeber vollkaskoversichern,
der Mitarbeiter haftet im Schadensfall dann nur in Höhe der üblichen Selbstbeteiligung.
Freistellungsanspruch des
Mitarbeiters
Doch wer haftet bei der Schädigung eines außenstehenden Dritten, beispielsweise eines Besuchers der Pflegeeinrichtung? In
diesem Fall sind Mitarbeiter und
Arbeitgeber dem Geschädigten
gemeinsam zum Schadensersatz
verpflichtet.
Der Mitarbeiter haftet jedoch
im Verhältnis zu seinem Arbeitgeber lediglich nach den vorstehend genannten Grundsätzen des
innerbetrieblichen Schadensausgleichs. Das bedeutet: Für den Fall,
dass der Mitarbeiter demnach gar
nicht oder nicht in voller Höhe haftet, hat er gegen seinen Arbeitgeber einen Anspruch auf gänzliche
oder anteilige Freistellung von der
Haftung, wenn er in Anspruch genommen wird.
Mitarbeiter
nicht für einen
Schaden in
Haftung zu
nehmen
Text:
Peter Hützen/Christoph Kaul
Rechtsanwälte
vangard Arbeitsrecht
www.vangard.de,
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