RECHT § H af t un g vo n M it ar b e it e r n in d e r H au s w ir t s c haf t Wer kommt für den Schaden auf? T Fehler sind menschlich und passieren – der Arbeitsplat z ist da trot z aller Schut zmaßnahmen keine Ausnahme. Fehler von heißt Mitarbeitern, von ihnen das ver- schuldete Arbeitsunfälle, sind daher keine Seltenheit. Doch wer – und in welchem Umfang – haftet für die Schäden? ypische Folge von Arbeitsunfällen sind Sachschäden, manchmal aber auch Personenschäden. Wird jemand bei der Arbeit durch das Handeln eines Kollegen verletzt – liegt also ein sogenannter Arbeitsunfall vor – tritt die gesetzliche Unfallversicherung, z. B. die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege, ein. Sie kommt für den Schaden (ärztliche Behandlungs-, Krankenhaus- und Rehabilitationskosten) auf. Eine Ausnahme besteht, wenn die Verletzung eines Arbeitskollegen vorsätzlich erfolgte. In diesem Fall muss der Mitarbeiter, der einen anderen verletzt hat, die Kosten erstatten. Wer einen Kollegen auf der Arbeit vorsätzlich verletzt, muss u. U. auch die Kosten für eine vom Arbeitgeber für die Dauer der Arbeitsunfähigkeit des verletzten Kollegen eingestellte Ersatzkraft tragen. Im Arbeitsrecht gilt abgestuftes Haftungssystem Wer schuldhaft einem anderen einen Personen- oder Sachschaden zufügt, haftet dafür. Dieser Grund- Rat für die Praxis Zur Verhinderung einer (anteiligen) Haftung von Pflegeeinrichtungen sollten alle Arbeitsbereiche auf potentielle Gefahren geprüft werden. Ebenso sind sämtliche Vorschriften zur Vermeidung von Gefahrenlagen – auch die Regelungen zum Arbeitsschutz und zur Arbeitssicherheit – unbedingt einzuhalten. Zusätzlich sollte die Verantwortlichkeit der Mitarbeiter für konkrete Tätigkeiten klar festgehalten werden, hierzu gehören auch Vertretungsregelungen. 32 pro Hauswirtschaft 2 ∙ 2017 satz des Schadensrechtes gilt im Arbeitsrecht jedoch nur eingeschränkt. Die grundsätzlich unbeschränkte Haftung hat die Rechtsprechung aufgrund der Besonderheiten im Arbeitsverhältnis für Mitarbeiter gemildert und ein abgestuftes Haftungssystem, den sogenannten innerbetrieblichen Schadensausgleich, entwickelt. Danach gilt: Bei vorsätzlichem und grob fahrlässigem Verhalten haftet der Mitarbeiter regelmäßig nach wie vor in vollem Umfang. Im Einzelfall kann die Haftung aber reduziert werden. Klassisches Beispiel für vorsätzliches Handeln ist der Verstoß einer Pflegekraft gegen Vorgaben des Arbeitgebers, etwa die Missachtung von Dienstvorschriften durch das Nichtanlegen einer Schutzkleidung. Grobe Fahrlässigkeit liegt etwa vor, wenn der Mitarbeiter alkoholisiert einen Unfall mit einem Dienstfahrzeug verursacht hat. Bei mittlerer oder normaler Fahrlässigkeit haftet der Mitarbeiter anteilig. In diesen Fällen wird die Haftung des Mitarbeiters unter Berücksichtigung aller Umstände Dreistuf ige s Haf tungsmodell für Schäden (außer Per sonenschäden): Regelmäßig volle Haftung bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit Anteilige Haftung bei mittlerer/normaler Fahrlässigkeit Keine Haftung bei leichtester Fahrlässigkeit Bei „leichtester Fahrlässigkeit“ ist ein des Einzelfalls mit Blick auf den Anlass und die Folgen des Schadens bestimmt. Gesichtspunkte sind dabei der Grad des Verschuldens, die Gefährlichkeit der Arbeit, die Höhe des Schadens, ein vom Arbeitgeber einkalkuliertes oder durch die Versicherung deckbares Risiko, die Stellung des Mitarbeiters im Betrieb, die Höhe seines Entgeltes sowie die Betriebszugehörigkeit, das Alter und/oder die Familienverhältnisse des Mitarbeiters. Typisches Beispiel für normal fahrlässiges Handeln ist das Vergessen des Betätigens der Handbremse beim Parken eines Krankenwagens. Ausgeschlossen ist die Haftung des Mitarbeiters bei leichtester Fahrlässigkeit, wenn er etwa versehentlich ein Glas Wasser fallen lässt, sich verspricht oder sich schlicht vertut. Das Gesetz sieht keine summenmäßige Höchstgrenze der Mitarbeiterhaftung vor. Für deren Umfang haben sich in der Rechtsprechung jedoch Orientierungspunkte herausgebildet: bei mittlerer Fahrlässigkeit haftet der Mitarbeiter mit einem Bruttomonatsgehalt, bei grober Fahrlässigkeit in der Regel mit bis zu drei Bruttomonatsgehältern, je nachdem aber auch in Höhe von bis zu einem Jahresgehalt. Vorsicht bei Versicherungen Die Haftung des Mitarbeiters verringert sich weiter, wenn der Arbeitgeber den Schaden mit-verursacht hat. Exemplarisch für ein Mitverschulden des Arbeitgebers sind die fehlerhafte Auswahl von Mitarbeitern, mangelnde Arbeitsanweisungen oder unterlassene Kontrollmaßnahmen des Arbeitgebers sowie der Einsatz von zu wenig qualifiziertem Personal zu nennen. Der Arbeitgeber muss bei Sachschäden vorrangig bestehende Versicherungen in Anspruch nehmen, beispielsweise die Betriebshaftpflicht-, die Feuer- oder die Kfz-Kaskoversicherung. Solche Versicherungen wirken sich jedoch nur dann haftungsmildernd für den Arbeitgeber aus, wenn die Versicherung sich die ausbezahlte Summe nicht beim Mitarbeiter zurückholen kann. Fahrzeugschäden muss der Arbeitgeber vollkaskoversichern, der Mitarbeiter haftet im Schadensfall dann nur in Höhe der üblichen Selbstbeteiligung. Freistellungsanspruch des Mitarbeiters Doch wer haftet bei der Schädigung eines außenstehenden Dritten, beispielsweise eines Besuchers der Pflegeeinrichtung? In diesem Fall sind Mitarbeiter und Arbeitgeber dem Geschädigten gemeinsam zum Schadensersatz verpflichtet. Der Mitarbeiter haftet jedoch im Verhältnis zu seinem Arbeitgeber lediglich nach den vorstehend genannten Grundsätzen des innerbetrieblichen Schadensausgleichs. Das bedeutet: Für den Fall, dass der Mitarbeiter demnach gar nicht oder nicht in voller Höhe haftet, hat er gegen seinen Arbeitgeber einen Anspruch auf gänzliche oder anteilige Freistellung von der Haftung, wenn er in Anspruch genommen wird. Mitarbeiter nicht für einen Schaden in Haftung zu nehmen Text: Peter Hützen/Christoph Kaul Rechtsanwälte vangard Arbeitsrecht www.vangard.de, [email protected] [email protected] pro Hauswirtschaft 2 ∙ 2017 33