***Gastbeitrag*** Das Horn von Afrika ist eine Region, in der Bürgerkriege, Terrorismus, repressive Regime, der Klimawandel und die Suche nach einer besseren Zukunft fast 9 Millionen Menschen in die Flucht treiben. Der Großteil verbleibt im eigenen Land als Binnenflüchtlinge oder an der Grenze in einem Nachbarland, um von dort die Verbesserung der Lage abzuwarten und dann wieder zurück zu wandern. Knapp 35.000 dieser 9 Millionen machten sich 2015 auf den Weg nach Europa. Der 2014 verabschiedete Khartum-Prozess zielt vorrangig auf die Bekämpfung der Schleusertätigkeit. Das ist wünschenswert und notwendig. Beim EU-Afrika Gipfel in Valetta im November 2015 wurde ein Migrations-Trust-Fund mit 1.8 Milliarden € aufgelegt, 46 Millionen € stehen für die Umsetzung des Khartum-Prozesses zur Verfügung. Unter der Architektur des Better Migration Managements soll neben der Bekämpfung der Schleusernetzwerke zur Verbesserung des Managements der irregulären Migration beigetragen und die Lebenssituation von Geflüchteten verbessert werden. Aufgrund repressiver und autoritärer Staatlichkeit oder Grenzstreitigkeiten sind die Grenzen am Horn von Afrika durch Grenzschutz und Armeen gesichert und kaum durchlässig. Das führt dazu, dass es – im Gegensatz zu Westafrika mit offeneren Grenzen und kaum Schleuseraktivität - am Horn ein dichtes Netzwerk von Schleusern gibt. Laut einer Studie der Global Initiative beläuft sich der Profit für Schleuser auf mehrere Milliarden US-Dollar. Hier gilt es, Geldflüsse nachzuvollziehen und Schleuser vor Gericht zu bringen. Die Grundausrichtung der Projekte ist naturgemäß entwicklungspolitisch, was für die Verbesserung der Lebenssituation der Flüchtlinge vor allem in den Transitländern von großer Dringlichkeit ist, ist doch davon auszugehen, dass der Großteil der Geflüchteten dort viele Jahre – in der Regel eine Generation – verbleibt. Anders verhält es sich mit Unterstützung für die Sicherheitsapparate autoritärer Regime, die etwa im Falle Eritreas die Ursache für die Flucht darstellt. Hier führt die Zusammenarbeit zur besseren Sicherung der Grenzen nicht zur Bekämpfung der Fluchtursache, sondern zur Verschärfung der Bedingungen für Flüchtende. Dadurch werden nicht die Flüchtenden von der Flucht abgehalten, sondern die Preise für Schleuser erhöht, die im Khartum-Prozess ja vorrangig bekämpft werden sollten. Hier ist dringend nachzubessern. Auch im Sudan ist die Zusammenarbeit mit den Behörden, die oftmals Teil der Schleusernetzwerke sind, äußerst problematisch. Der Khartum-Prozess hat der EU in der Wahrnehmung sowohl im Inland, als auch in den betroffenen afrikanischen Ländern geschadet. Zu spät wurde transparent gemacht, welche Projekte im Better Migration Management umgesetzt würden. Lange Zeit war die einzige Quelle eine Wunschliste einiger Mitgliedsstaaten, etwa dem Sudan, Eritrea und Äthiopien nach Ausbildung und Training von Grenzpolizei, aber auch dem Bau von Auffanglagern mit integrierten Hafträumen. Von afrikanischer Seite und europäischer Zivilgesellschaft wurde kritisiert, dass die EU hier kurzsichtig interessenbasierte Politik betreibe, um vor allem Fliehende von ihren Grenzen fern zu halten und nicht die Ursachen der Flucht zu bekämpfen. Mit den aktuellen Informationen zum Better Migration Management, etwa der Description of Action ist deutlich geworden, dass auch der Schutz und die Verbesserung der Situation der Geflüchteten und Migranten etwa durch Integration in den Arbeitsmarktes in den Blick genommen wird. Eine langfristige Beschäftigung mit der Situation der Geflüchteten und Migrant/innen in der Region und der Verbesserung ihrer Zukunftschancen ist notwendig. Ebenso notwendig ist es aber auch, politische Fluchtursachen als solche zu erkennen. In den Fällen, in denen Krieg die Fluchtursache darstellt, ist es geboten, sich weiterhin und verstärkt im Konfliktmanagement zu engagieren und Friedensinitiativen zu unterstützen. Im Falle repressiver und autoritärer Staatlichkeit, wo kaum Möglichkeiten zur Kontrolle von EZLeistungen bestehen, weil weder staatliche Institutionen noch zivilgesellschaftliche Kontrollmechanismen vorhanden sind, muss man sich darüber im Klaren sein, dass die Unterstützung für repressive Regime nicht Fluchtursachen bekämpft, sondern im Gegenteil verstärkend wirken kann. Dr. Annette Weber SWP – Stiftung Wissenschaft und Politik Senior Fellow – Middle East and Africa Division Ludwigkirchplatz 3 - 4 10719 Berlin Telefon: +49 30 88007-359 2