copyrighted material BETTINA RÜHM E N E R G I E P LU S H ÄU S E R N A C H H A LT I G E S B A U E N FÜR DIE ZUKUNFT copyrighted material BETTINA RÜHM E N E R G I E P LU S H ÄU S E R N A C H H A LT I G E S B A U E N F Ü R D I E Z U K U N F T D E U T S C H E V E R L A G S - A N S TA LT copyrighted material INHALT Vorwort 6 Einführung 7 6 Seite 54 Schritt für Schritt | Neues Leben in alten Mauern Beelitz, Brandenburg Energetische Sanierung eines alten Gutshofs Auf dem Weg zum Effizienzhaus Plus 7 1 Seite 58 Naturnah | Holz, Lehm und Stroh 2 Seite 64 Schlüsselfertiges Energiekonzept | Tanken inklusive Seite 24 Räumliche Weite | Offen und licht Steinbach, Taunus Einfamilienhaus Effizienzhaus Plus, Passivhaus Seite 30 Flexibel und geräumig | Platz für eine große Familie Riehen, Kanton Basel-Stadt, Schweiz Einfamilienhaus mit Einliegerwohnung Energieplushaus, Minergie-P 3 Seite 36 Solar-Aktivhaus | Mit wissenschaftlicher Begleitung Regensburg Einfamilienhaus »Haus der Zukunft« Energieplushaus, energetischer Modellversuch 4 Seite 42 Kleines Grundstück | Platz nach oben München Einfamilienhaus in gewachsener Siedlung Energieplushaus, Passivhaus 5 Seite 48 Licht, Luft und Sonne | Die Natur ins Haus geholt Leonberg bei Stuttgart Einfamilienhaus am Hang Effizienzhaus Plus mit Elektromobilität Rosshäusern, Kanton Bern, Schweiz Zweifamilienhaus Energieplushaus, Minergie-A-Eco, Passivhaus 8 Fertighauswelt Köln-Frechen Haus Concept-M Köln, Musterhaus der Firma Bien-Zenker AG Effizienzhaus Plus, KfW-Effizienzhaus 40 9 Seite 68 Gelungene Integration | Neues im Bestand Sommerein, Niederösterreich Einfamilienhaus im Verbund mit alter Hofanlage Energieplushaus , klima:aktiv-zertifiziertes Gold-Passivhaus 10 Seite 72 Hobelspäne und Sonne | Energiekonzept eines Gewerbebaus Pulling bei Freising Schreinerei Design.S mit Büros Energieplushaus als Gewerbebau 11 Seite 78 Sol nos fovet gratis | Die Sonne wärmt uns kostenlos Regensburg Einfamilienhaus mit Einliegerwohnung Sonnenhaus copyrighted material 12 Seite 82 Altbau und Neubau | Ökologisch bis ins Detail Khünburg, Kärnten, Österreich »Der Weber«, Sanierung eines historischen Bauernhauses, Umbau zu Ferienwohnungen mit Seminarraum Energieplushaus, zertifiziertes Passivhaus 13 Seite 88 Gebäudecharakter erhalten | Elternhaus im frischen Gewand Villnachern, Kanton Aargau, Schweiz Einfamilienhaus, Sanierung Energieplushaus, Minergie-P 14 Seite 92 Einfach und wirkungsvoll | Platzsparende Technik Erlangen Wohnhaus mit flexibler Nutzung Energieplushaus, KfW-40-Standard 15 Seite 96 Mehrfamilienhaus auf dem Land | Energie für alle Bewohner Geilenkirchen-Waurichen, Nordrhein-Westfalen Mehrfamilienhaus mit Reithalle und Tiefgarage Energieplushaus, Passivhaus 16 Seite 102 Kompakt und effizient | Mit Gebäudemanagement Fertighauswelt Köln-Frechen Energiehaus VIO 400, Musterhaus der Firma FingerHaus GmbH Effizienzhaus Plus, dena-zertifiziertes Effizienzhaus 55 17 Seite 104 Mitten in der Obstplantage | Offen für die Natur Langenargen am Bodensee Einfamilienhaus mit landwirtschaftlichem Betrieb Energieplushaus 18 Seite 110 Dreiteiliger Würfel | Ringsum mit Energie versorgt Dresden Einfamilienhaus an der Elbe Passivhaus, auf dem Weg zum Energieplushaus 19 Seite 114 Konsequent | Ökologisch und recycelbar Deitingen, Kanton Solothurn, Schweiz Wohnhaus aus Lehm Experimentelles, wiederverwertbares und weitgehend autarkes Haus 20 Seite 120 Offen nach innen und außen | Holzfertigbau mit Alpenblick Münsingen, Kanton Bern, Schweiz Einfamilienhaus am Hang Energieplushaus Interview mit Prof. Dr.-Ing. Gerd Hauser 126 Interview mit Dipl.-Ing. Annegret-Claudine Agricola 131 Interview mit Dipl.-Ing. Christian Stolte 133 Interview mit Prof. Dipl.-Ing. Hermann Kaufmann 136 Erläuterungen zu Begriffen und Symbolen 140 Literatur 141 Architekten/Bildnachweis 142 Impressum/Dank 144 copyrighted material Seite 6 BETTINA RÜHM VORWORT ENERGIEPLUSHÄUSER Das Wort Plusenergie steht derzeit für einen Wandel beim Bauen von Häusern. Es wird teilweise kontrovers diskutiert, unter anderem deshalb, weil es bislang noch keine einheitlichen Standards für die Bedeutung des Begriffs gibt. Doch ob Energieplushaus, Plus- oder Nullenergiegebäude, Effizienzhaus oder klimaneutrales Haus – alle diese Bezeichnungen und einige weitere stehen für einen möglichst geringen Energiebedarf durch Optimierung der Gebäudehülle und für die Verwendung regenerativ gewonnener Energieformen. Das »Plus« steht für Gebäude, die im Jahresmittel in der Summe mehr Energie erzeugen, als sie verbrauchen. Sonnenenergie – aktiv und passiv genutzt – ist dabei ein entscheidender Faktor. Gegenwärtig gibt es immer noch relativ wenige Einfamilienhäuser, bei denen das Energiepluskonzept verwirklicht wurde. Dabei eignen sich dafür nicht nur Wohnhäuser, sondern auch öffentliche Bauten wie Schulen, Kindergärten, oder gewerbliche Bauten, denn mit Photovoltaik und Solarthermie, auf dem Dach oder an der Fassade installiert, lassen sich häufig so viel Strom und Wärme gewinnen, dass nicht nur das gesamte Gebäude mit Wärme und Strom versorgt, sondern je nach Bauweise und technischer Ausstattung auch ein Energieüberschuss in der Gesamtbilanz erreicht werden kann. Für Mehrfamilienhäuser ist die aktive Nutzung von Sonnenenergie ebenfalls möglich und sinnvoll, jedoch besteht bei ihnen häufig das Problem, dass die pro Wohneinheit für Photovoltaik oder Solarthermie zur Verfügung stehende Dachfläche wesentlich geringer ist als bei Einfamilienhäusern. Werden jedoch die Fassadenflächen mitgenutzt oder stehen Dachflächen von Nebengebäuden zur Verfügung, kann auch hier ein Plus an Energie erzielt werden. Im Hinblick auf den Energieverbrauch spielen in Deutschland Altbauten eine besonders wichtige Rolle, da sie zahlenmäßig den weitaus größten Teil aller Gebäude ausmachen. Sehr viele Bestandsgebäude sind unsaniert und daher kostenintensiv im Unterhalt. Doch energetisch sanierte Bestandsbauten helfen nicht nur Energie sparen, sondern bieten auch deutlich höheren Wohnkomfort. Darüber hinaus liefern sie einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz, ganz besonders dann, wenn die Bauherren bei der Sanierung auch von fossilen Brennstoffen auf regenerative Energien umsteigen. Gewerbebauten können ebenfalls Energieplushäuser sein, wenn die Gebäudehülle gut gedämmt ist, regenerative Energien zum Heizen verwendet werden und die zur Verfügung stehenden Dach- oder Fassadenflächen im Verhältnis zur Größe des Betriebs ausreichend groß sind. Im Idealfall können mit dem selbst erzeugten Strom nicht nur sämtliche zum Betrieb gehörenden Geräte, Maschinen und Beleuchtungseinrichtungen versorgt werden, es kann sogar ein Energieüberschuss entstehen, der dann beispielsweise zum Aufladen von Elektroautos der Mitarbeiter verwendet werden kann. Zur Veranschaulichung dieses Konzepts stelle ich einen Handwerksbetrieb als Projektbeispiel vor. Für dieses Buch habe ich zwanzig Projektbeispiele ausgewählt, die ein breites Spektrum an Energieplushäusern darstellen und an denen einige der momentan diskutierten Konzepte umgesetzt wurden – Häuser, die in der Gesamtenergiebilanz ein Plus aufweisen ebenso wie Häuser, die sich konzeptionell auf dem Weg dorthin befinden und derzeit ein Plus im Hinblick auf die elektrische Energie erzielen. Bauweise und technische Ausstattung variieren je nach städtebaulichen Rahmenbedingungen, Qualität des Grundstücks sowie den finanziellen Möglichkeiten und Prioritäten der jeweiligen Bauherren. Passivhäuser werden in diesem Buch ebenso wie Nicht-Passivhäuser beschrieben, denn der Passivhausstandard ist nicht Voraussetzung für ein Energieplushaus. Bei den gezeigten Projektbeispielen handelt es sich um Neubauten und sanierte Gebäude, um individuell geplante Einfamilienhäuser, Fertighäuser und Häuser mit Einliegerwohnungen, um ein Mehrfamilienhaus, zwei gewerbliche Bauten sowie ein Lehm-Ökohaus, das zwar nicht den strengen Kriterien eines Energieplushauses entspricht, aber darüber hinausgehend in Bezug auf die graue Energie, also die für den Bau benötigte Energie, langfristig eine positive Bilanz aufweist. Die meisten der vorgestellten Häuser habe ich persönlich besichtigt. Mit allen Bauherren, Bewohnern oder Nutzern habe ich über ihre Wohnerfahrungen, über ihre Prioritäten bei der Hausplanung und über die Rahmenbedingungen dafür gesprochen. Die wichtigsten baulichen und energetischen Daten und, sofern möglich, auch die Baukosten, sind bei jedem Projekttext in der Randspalte zusammengefasst. Um auch weiterführende Informationen zum Thema zu bieten, habe ich zudem Interviews mit Professor Dr.-Ing. Gerd Hauser, TU München, mit Professor Hermann Kaufmann, TU München und freier Architekt, sowie mit Vertretern der Deutschen Energie-Agentur, Dipl.-Ing. Christian Stolte und Dipl.-Ing. Annegret-Claudine Agricola, geführt. Trotz unterschiedlicher Heizenergiekonzepte – mit Erdwärme, Wasser oder Sonnenenergie, mit Holzpellets oder mit Abfallholz aus eigenem Anbau oder Betrieb – und trotz unterschiedlicher Bauweise: Allen Gebäuden ist gemeinsam, dass sie wegen ihrer guten Gebäudehülle geringe Wärmeverluste aufweisen, regenerative Energiequellen nutzen, ihren Strom über Photovoltaik beziehen und einen Überschuss an elektrischer Energie erzeugen. Sie alle tragen zu einer Entwicklung in die richtige Richtung bei: zu einem nachhaltigen, ökologisch verantwortungsvollen und durch die Eigenproduktion von Energie zukunftsweisenden Baukonzept. Bettina Rühm copyrighted material EINFÜHRUNG AKTUELLE ENT WICKLUNGEN ERNEUERBARE ENERGIEN IM AUFWIND Die Energie aus einer Stunde Sonnenschein reicht für den Energiebedarf der Menschheit in einem kompletten Jahr – theoretisch«, war am 19. Oktober 2012 in der Süddeutschen Zeitung zu lesen. An bayerischen Universitäten, wird weiter berichtet, werde derzeit intensiv geforscht, um Solarzellen zu optimieren und dadurch die Sonnenenergie noch besser als heute nutzen zu können. Das Thema »Stromgewinnung aus regenerativen Energien« beschäftigt seit vielen Jahren Politiker, Wissenschaftler und Ingenieure. Sonne, Wind und Biogas spielen bei der Energiewende eine zentrale Rolle. Windenergie gilt als effektiver als Solarenergie, doch das Windaufkommen ist naturgemäß geografisch sehr ungleich verteilt. Schleswig-Holstein ist mit Wind gesegnet und baut die Errichtung von Windrädern massiv aus. Begonnen hat diese Entwicklung vor mehr als 35 Jahren auf der nordfriesischen Insel Pellworm. Als erste Gemeinde Deutschlands unternahm sie Versuche mit Windenergie und stellte die ersten Kleinwindanlagen mit einer Leistung von 25 Kilowatt auf. Als die kleinen Windräder einst bei starkem Sturm über die Insel flogen, wie der Pellwormer Historiker und Gemeindebeauftragte Walter Fohrbeck erzählt, wurden Anfang der 1980er Jahre an deren Stelle das erste solare Versuchsfeld und dazu größere, leistungsfähigere Windräder aufgebaut, unterstützt vom Bundesforschungsministerium. Pellworm, das zu den sonnenreichsten Gebieten Deutschlands zählt, wurde so zum Standort des ersten und größten Sonne-WindHybridkraftwerks Europas. Dieses wurde Anfang der 1990er Jahre von der E.ON Hanse AG übernommen, ist insgesamt zweimal erneuert worden und bis heute im Netzbetrieb. Die 37 Quadratkilometer kleine Nordseeinsel ist auf diese Weise zum Wegbereiter erneuerbarer Energien in Deutschland geworden und damit zu einem Vorreiter der Energiewende. Mit Schleswig-Holstein und Niedersachsen entfällt ein Großteil der Produktion von Strom aus Windenergie auf den Norden Deutschlands. Das Problem, den Strom von dort in den südlichen Teil des Landes, zu den großen Verbrauchszentren, zu transportieren, ist derzeit noch nicht gelöst. Es fehlt an Stromleitungen von Nord nach Süd, und der Bau dieser Leitungen ist mancherorts umstritten. Einerseits befürchtet man Seite 7 Seite 8 copyrighted material AKTUELLE EINFÜHRUNG ENT WICKLUNGEN gesundheitliche Nachteile beim Wohnen unter Hochspannungsleitungen, andererseits sorgen sich manche Menschen um das Landschaftsbild, wenn der Ausbau von Windrädern vorangetrieben wird. In Süddeutschland, Österreich und der Schweiz ist Sonnenenergie relevanter als Windenergie. Doch auch Sonnenenergie steht nicht ununterbrochen zur Verfügung, auch sie ist wetterabhängig. Ohne geeignete Speichertechnologien lässt sich Energie weder aus Wind noch aus Sonne gleichmäßig und kontinuierlich an die Verbraucher verteilen. Die Entwicklung neuer Stromspeicher ist daher Voraussetzung für den dauerhaften Einsatz regenerativ gewonnenen Stroms. Biomassekraftwerke spielen in diesem Zusammenhang ebenfalls eine wichtige Rolle. Sie sind jedoch viel aufwendiger zu betreiben als Windräder oder Photovoltaikanlagen, denn sie erfordern die Bestückung mit Mais und Gülle. Dennoch sind sie eine sinnvolle Ergänzung zu anderen regenerativen Energieformen, da sie wetterunabhängig betrieben werden können. ENERGIEEINSPARVERORDNUNG (ENEV) UND ERNEUERBARE-ENERGIEN-GESETZ (EEG) In privaten Haushalten wird mit rund 85 Prozent die meiste Energie für Heizung und Warmwasserbereitung benötigt. Ältere Gebäude schneiden dabei schlecht ab: Sie verbrauchen im Mittel drei Mal so viel Heizenergie wie Neubauten. Der wichtigste Beitrag zur Reduzierung des Energieverbrauchs von Gebäuden ist daher die Sanierung von Bestandsbauten. Zur Begrenzung des Heizwärmebedarfs von Gebäuden gibt in Deutschland seit 2002 die Energieeinsparverordnung (EnEV) Mindeststandards vor. Die EnEV wurde 2007 und 2009 verschärft, eine weitere Verschärfung ist für Anfang 2014 vorgesehen. Seit 2008 schreibt sie die Ausfertigung eines Energieausweises bei Neubau oder Sanierung vor. Der Energieausweis dient als Nachweis der Höhe des Energiebedarfs eines Gebäudes und muss bei Verkauf oder Vermietung vorgelegt werden. Er wird von Energieberatern nach eingehender Analyse der energetischen Eigenschaften des jeweiligen Gebäudes ausgestellt. Die EnEV gilt für Neubauten und für Bestandsbauten nach der Sanierung; denkmalgeschützte Häuser sind von den Grenzwerten der EnEV ausgenommen. Ein wichtiger Faktor des energieeffizienten Bauens ist die Art der verwendeten Energieträger. Bei der Versorgung von Gebäuden mit Heizwärme und mit Strom ist der Anteil an erneuerbaren Energien derzeit noch gering. Laut Bundesverband Erneuerbare Energie e.V. (BEE) tragen erneuerbare Energien derzeit nur 9 Prozent zur Wärmeversorgung bei. Um Bauherren dazu zu bewegen, regenerative Energieerzeugungssysteme zu nutzen, werden ihnen finanzielle Anreize geboten, vor allem zur regenerativen Stromgewinnung. Dies wird durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) geregelt. Es garantiert feste Einspeisevergütungen über einen Zeitraum von 20 Jahren, wenn regenerativ erzeugter Strom ins öffentliche Netz eingespeist wird. Dabei können verschiedene Energiequellen, beispielsweise Wind, Sonne oder copyrighted material Biomasse, genutzt werden. Das EEG wurde regelmäßig novelliert, zuletzt im Jahr 2012, als im Rahmen der sogenannten PhotovoltaikNovelle unter anderem die Vergütungssätze für Strom aus Sonnenenergie gesenkt wurden. PLÄNE DER BUNDESREGIERUNG UND DER EU Im Zusammenhang mit der Energiewende hat die Bundesregierung Ziele festgelegt, die für den zukünftigen Umgang mit Energie in Deutschland richtungsweisend sind. So sollen bis zum Jahr 2050 die Treibhausgasemissionen um 80 bis 95 Prozent gegengenüber dem Jahr 1990 gesenkt werden, erneuerbare Energien sollen ausgebaut, der Stromverbrauch um 25 Prozent und der Primärenergieverbrauch um 50 Prozent gesenkt werden. Ab dem 31. Dezember 2020 sollen alle neuen Gebäude Niedrigstenergiehäuser sein, und für bereits bestehende Gebäude soll die Sanierungsrate von derzeit 1 Prozent auf 2 Prozent pro Jahr angehoben werden. Die EU-Vorgaben gehen in dieselbe Richtung. Sie besagen, dass bis zum 31. Dezember 2020 in der EU um 20 Prozent weniger Treibhausgase ausgestoßen werden sollen und der Anteil der erneuerbaren Energien am Gesamtenergieverbrauch 20 Prozent betragen soll. In der Europäischen Gebäuderichtlinie wird gefordert, dass bis zum Jahr 2050 alle Häuser nahezu klimaneutral sein sollen, das heißt, dass der Endenergiebedarf ausschließlich aus erneuerbaren Quellen vor Ort oder in der Nähe gedeckt werden soll. Dadurch sollen Ressourcen geschont und der Umstieg auf regenerative Energiequellen gefördert werden. Der Gedanke hinter diesen Richtlinien ist, dass ein Gebäude durch seine Bauweise und durch seine technische Ausstattung zunächst einmal einen möglichst geringen Bedarf an Energie für Heizung, Warmwasser und Strom haben sollte und der dann noch bestehende Restenergiebedarf durch regenerative Energiequellen gedeckt wird. Dabei spielen Erdwärme, Solarthermie und Photovoltaik eine zentrale Rolle. In diesem Zusammenhang sind auch die Lebensdauer eines Gebäudes und die damit verbundenen Umweltbelastungen zu bedenken, die durch den Neubau und eventuell späteren Rückbau entstehen können. Im Sinne der Nachhaltigkeit sollte die Auswahl der Materialien immer im Hinblick auf ihre spätere Entsorgung erfolgen. Die Frage, wie in Zukunft mit fossilen Brennstoffen und regenerativen Energiequellen umgegangen werden sollte, betrifft viele verschiedene Branchen. Ein wichtiger Bereich ist hier der Gebäudebau, sowohl der gewerbliche als auch der private. Vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussionen zum Thema Energiewende machen sich viele Bauherren und Architekten zunehmend Gedanken über energieeffizientere, nachhaltigere und ressourcenschonendere Bauweisen. Dabei wird nicht nur Bewährtes übernommen und verbessert, man untersucht auch, mit welchen neuen baulichen Ansätzen und Materialien und mit welcher technischen Ausstattung Wohnhäuser und andere Gebäude am umweltschonendsten realisiert werden können. ENERGIEEFFIZIENT BAUEN – N A C H H A LT I G E A R C H I T E K T U R F Ü R D I E Z U K U N F T Heizwärme auf dem eigenen Grundstück und Strom mit dem eigenen Wohnhaus regenerativ zu erzeugen führt zur Unabhängigkeit von fossilen Brennstoffen und zu größerer Unabhängigkeit von der Energiepreisentwicklung. Dies hilft, langfristig die eigenen Kosten so gering wie möglich zu halten. Wenn sich bei Neubauten oder beim Sanieren von Bestandsbauten der Energiebedarf mit baulichen Maßnahmen und mit effizienten technischen Heizsystemen so stark reduzieren lässt, dass bei gleichzeitigem Energiegewinn in der Jahresbilanz ein Energieüberschuss entsteht, spricht man von einem Energieplushaus. Voraussetzung dafür sind eine hervorragend gedämmte Gebäudehülle sowie sinnvoll dimensionierte, ins Gebäude integrierte regenerative Energieerzeugungssysteme. Seite 9 Seite 10 ENERGIEEFFIZIENT EINFÜHRUNG BAUEN Auch denkmalgeschützte Gebäude lassen sich gut energetisch optimieren, ohne dass durch den Beitrag an selbst erzeugter Energie ihr Erscheinungsbild dadurch beeinträchtigt würde. Wer energieeffizient baut oder saniert, senkt langfristig seine Betriebskosten und steigert den Wert seines Hauses; darüber hinaus leistet er einen Beitrag zum Klimaschutz. Der Staat bietet günstige Darlehen und Förderprogramme sowohl für energiesparende Neubauten als auch für Sanierungsmaßnahmen. Der Energieausweis dokumentiert schließlich die energetische Qualität des Hauses. Auf ansprechende Architektur und hohen Wohnkomfort muss man dabei keineswegs verzichten – im Gegenteil: Der Wohnkomfort verbessert sich beträchtlich durch höhere Oberflächentemperaturen der Wände, durch gleichmäßige Verteilung der Wärme im Raum ohne Turbulenzen und durch hohe Raumluftqualität. Architektonisch ermöglichen Energieplushäuser unterschiedlichste Gestaltungsvarianten, von denen einige in diesem Buch vorgestellt werden. Doch was macht ein Niedrigenergiehaus aus, was ein Effizienzhaus, was ein Energieplushaus? Bauherren haben es nicht leicht, sich in dem derzeit herrschenden Begriffsdschungel zu orientieren, denn Häuser mit guter Energiebilanz gibt es in unterschiedlichen Qualitätsstandards und mit unterschiedlichen Bezeichnungen. Immer jedoch tragen Häuser, die durch die Verwendung regenerativ erzeugter Energien ihren Energiebedarf decken oder Energieüberschüsse erzielen, zur Reduzierung des CO2-Austoßes bei. Für Häuser im Plusenergiebereich, die Thema dieses Buches sind, gibt es derzeit noch keine allgemein gültige Definition. Grundsätzlich gilt: Häuser mit dem Attribut »plus« produzieren in der Jahresbilanz mehr Energie, als sie benötigen. Welche Energieformen damit jeweils gemeint sind, wird zum Teil unterschiedlich diskutiert. Manche stufen ein Haus als Energieplushaus ein, wenn es im Jahresmittel mehr elektrischen Strom produziert als es verbraucht, andere beziehen die benötigte Heizwärme in die Berechnung mit ein. Um jedoch in der Gesamtenergiebilanz ein Plus zu erzielen, müssen die Energiegewinne den gesamten Energiebedarf übersteigen. Eine klare Definition gibt das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtplanung (BMVBS) für das »Effizienzhaus Plus«, das im Folgenden noch genauer beschrieben wird. Seine Energiebilanz wird auf der Basis von Primärenergiebedarf und Endenergiebedarf berechnet, und die Verwendung regenerativer Energieformen spielt eine wichtige Rolle. Der Endenergiebedarf wird dabei gemäß einer DIN-Norm ermittelt und für den individuellen Bedarf an Haushaltstrom ein Pauschalwert angenommen. Wie hoch der tatsächliche Energiegewinn ausfällt, hängt beim Effizienzhaus Plus und bei anderen Energieplushäusern stark vom Nutzer und seinem Verbrauchsverhalten ab. In technisch entsprechend ausgestatteten Häusern können die Bewohner an einem Monitor täglich die aktuellen Daten zu Energieproduktion und Energieverbrauch ablesen. Bei der Entwicklung von Energieplushäusern und nachhaltiger Architektur werden derzeit verschiedenste Ansätze erprobt. Dabei spielen immer das Grundstück, die Wohnbedürfnisse der Bauherren, ihre persönlichen Vorlieben im Hinblick auf Materialien und technische Ausstattung sowie das zur Verfügung stehende Budget eine zentrale Rolle. Auch ökologische Überlegungen sollten ein wesentlicher Aspekt energieeffizienten Bauens sein. Was nützt die gute Energiebilanz eines Gebäudes, wenn durch seine Errichtung die Umwelt unverhältnismäßig stark geschädigt wurde? Zur Nachhaltigkeit gehört auch die Berücksichtigung der sogenannten grauen Energie, der Energie, die zum Errichten eines Gebäudes benötigt wird. Ihr Anteil gibt Auskunft darüber, ob ein Neubau ressourcenschonend und umweltverträglich errichtet wurde. Wichtig dabei ist die Herkunft der verwendeten Baumaterialien, die nach Möglichkeit aus der umliegenden Region stammen sollten, denn dann entfallen lange Transportwege und die damit verbundenen Umweltbelastungen. Um dem Ziel »klimaneutrales Haus«, das die Bundesregierung bis 2020 anstrebt, näher zu kommen, muss die graue Energie noch stärker als bislang in die energetischen Betrachtungen von Gebäuden einbezogen werden. Und noch ein Aspekt verdient Beachtung: Sind die konstruktiven Verbindungen des Gebäudes wieder lösbar, kann das Haus bei Bedarf umweltfreundlich abgerissen oder gar recycelt werden. ENERGIEBEGRIFFE UND IHRE BEDEUTUNG Um die energetischen Eigenschaften und damit den Energiestandard eines Gebäudes zu beschreiben, werden vor allem folgende Definitionen für den Energiebedarf herangezogen. Wichtig ist, dass der Begriff »Bedarf« nicht verwechselt wird mit dem Begriff »Verbrauch«. Während der Energiebedarf eine Gebäudeeigenschaft darstellt, ist der Energieverbrauch auch von den jeweiligen Nutzern abhängig. Den folgenden Definitionen liegt die EnEV 2009 für Wohngebäude zugrunde. Nicht-Wohngebäude unterliegen einer gesonderten Berechnung. Passivhäuser werden nach dem Passivhaus-Projektierungspaket (PHPP) beurteilt, daher entspricht auch die Berechnung ihrer Energiebedarfswerte den PHPP-Kriterien. Diese können von denen der EnEV abweichen. HEIZWÄRMEBEDARF Der Heizwärmebedarf bezeichnet die errechnete Energiemenge, die zum Heizen eines Gebäudes benötigt wird. Er wird in Kilowattstunden pro Quadratmeter beheizte Wohnfläche und Jahr (kWh/m²a) angegeben. Dem jährlichen Heizwärmebedarf wird laut DIN-Norm eine Raumtemperatur von 20 °C zugrunde gelegt. Nicht enthalten im Heizwärme- copyrighted material bedarf sind der Energiebedarf für die Trinkwassererwärmung und für den Antrieb der Anlagentechnik sowie die Verluste bei Verteilung und Umwandlung. NUTZWÄRMEBEDARF FÜR DIE TRINKWARMWASSERBEREITUNG Hiermit ist die Energiemenge gemeint, die benötigt wird, um das Haus mit Warmwasser, zum Beispiel für Küche und Bad, zu versorgen. Sie wird in Kilowattstunden pro Quadratmeter Nutzfläche und Jahr angegeben und nach DIN-Norm pauschal mit 11 kWh/m²a angesetzt. chende Menge an warmem Trinkwasser zur Verfügung steht und die Anlagentechnik, beispielsweise die Wärmepumpe oder die Lüftungsanlage, genügend Strom erhält. Dabei müssen Wärmeverluste durch die Gebäudehülle, die sogenannten Transmissionswärmeverluste, und Verluste bei der Wärmeübergabe durch die Anlagentechnik berücksichtigt werden. Dagegen stehen passive Wärmegewinne im Hausinneren durch die Bewohner, durch die Abwärme von Geräten und durch die Sonneneinstrahlung sowie eventuelle aktive Energiegewinne durch Solarenergienutzung. Für die Gesamtenergiebilanz wird der gesamte Aufwand für die Endenergieversorgung einschließlich der Verluste mit den Gewinnen gegengerechnet. ENDENERGIEBEDARF Als Endenergiebedarf bezeichnet man diejenige Energie, die für die gesamte Beheizung eines Gebäudes benötigt wird, unabhängig von ihrer Form oder Herkunft. Der Endenergiebedarf umfasst den Heizwärmebedarf unter Einbeziehung der Verluste des Heizungssystems, den Nutzwärmebedarf für die Trinkwarmwasserbereitung und den Bedarf an Hilfsenergie für die Anlagentechnik. Der Haushaltsstrombedarf ist nicht enthalten. Vom Wert des Endenergiebedarfs darf die durch Solarthermie gewonnene Energiemenge abgezogen werden, ebenso die durch Photovoltaik gewonnene Menge an elektrischer Energie, die selbst verbraucht, also direkt dem Haushalt zugeführt wird. PRIMÄRENERGIE Die Primärenergie beschreibt dieselbe Energiemenge wie die Endenergie, jedoch unter Berücksichtigung von Gewinnung, Transport und Umwandlung der genutzten Energieträger. Dazu wird die benötigte Energiemenge in Abhängigkeit vom jeweiligen Energieträger mit dem sogenannten Primärenergiefaktor multipliziert. Solarstrom beispielsweise wird der Primärenergiefaktor Null, Strom aus herkömmlicher Erzeugung dagegen der Primärenergiefaktor 2,6 zugewiesen. Holz wird mit einem Primärenergiefaktor von 0,2 bewertet, womit ausschließlich der nicht erneuerbare Anteil von Holz berücksichtigt ist. Den fossilen Brennstoffen Erdöl und Erdgas wird jeweils ein Primärenergiefaktor von 1,1 zugeordnet. Der Primärenergiebedarf wird in Kilowattstunden pro Quadratmeter Nutzfläche und Jahr (kWh/m²a) angegeben und enthält eine ökologische Bewertung des Energieträgers, das heißt eine Aussage über die durch seinen Einsatz verursachten CO2-Emissionen. Der Primärenergiebedarf eines Neubaus liegt im Schnitt bei 50 kWh/m²a, ein Altbau kommt dagegen häufig auf 250 kWh/m²a und mehr. ENERGIEBILANZ Bei der Berechnung der Energiebilanz geht es darum, herauszufinden, wie viel Energie ein Gebäude benötigt, damit die Räume eine Temperatur von 20 °C aufweisen, eine der Nutzfläche des Gebäudes entspre- E N E R G I E S TA N DA R D S UND BEZEICHNUNGEN VON GEBÄUDEN Der jährliche Heizwärmebedarf gibt Auskunft über den Energiestandard eines Gebäudes. Die Höhe des Heizwärmebedarfs wird wesentlich durch die Art der Gebäudehülle bestimmt. Darüber hinaus liegen den einzelnen Energiestandards auch gewisse Anforderungen an die ökologische Bauweise zugrunde. NIEDRIGENERGIEHAUS Das Niedrigenergiehaus definiert den gesetzlichen Mindestenergiestandard für Neubauten. Als Richtwert gibt die Energieeinsparverordnung (EnEV) einen Heizwärmebedarf von maximal 70 kWh/m²a an. Jeder Neubau muss diesen Mindestanforderungen entsprechen. PASSIVHAUS Passivhäuser haben eine besonders dichte Gebäudehülle und decken, wie ihr Name schon sagt, ihren Wärmebedarf überwiegend passiv, zum Beispiel durch Sonneneinstrahlung oder durch Abwärme von Geräten und Menschen. Daher kommen Passivhäuser mit einem Minimum an Energie für die Heizung aus. Das Prinzip besteht darin, die einmal im Haus befindliche Wärme zu nutzen und nicht durch die Gebäudehülle oder durch Fensterlüftung entweichen zu lassen. Der maximal zulässige Grenzwert für den Heizwärmebedarf eines Passivhauses liegt bei 15 kWh/m²a. Dafür muss die Gebäudehülle extrem gut gedämmt und luftdicht sein, und sie darf keine Wärmebrücken aufweisen. Auch die Fenster müssen mit einer Dreischeiben-Wärmeschutzverglasung oder einer vergleichbaren Glaskombination besonders gut isoliert sein. Ist die Gebäudehülle derart dicht, findet jedoch kein natürlicher Luftaustausch mehr statt. Daher ist für Passivhäuser eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung aus der Abluft unabdingbar. Die Lüftungsanlage sorgt für den notwendigen Luftaustausch, bewahrt dabei die vorhandene Raumwärme und nutzt diese zum Erwärmen der Zuluft. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass den Wohnräumen keine Seite 11 copyrighted material Seite 12 E N E R G I E S TA N D A R D S U N D EINFÜHRUNG BEZEICHNUNGEN Wärme verlorengeht, wie dies bei einer Fensterlüftung der Fall wäre. Trotzdem können die Bewohner eines Passivhauses natürlich jederzeit die Fenster öffnen. Ein weiterer Bestandteil des Passivhauskonzepts ist die passive Nutzung von Solarenergie, zum Beispiel durch große Fensterflächen an der Südseite. Eventuell noch nötige Heizwärme für besonders kalte Tage kann über die Nachheizung der Zuluft oder über eine zusätzliche Heizanlage erfolgen. Der Passivhausstandard ist ein zertifizierter Standard, für den die Qualität der Gebäudehülle und somit der Heizwärmebedarf ausschlaggebend sind. NULLENERGIEHAUS Ein Nullenergiehaus produziert im Jahresmittel so viele Kilowattstunden Energie, wie das Haus und seine Bewohner insgesamt an Heizenergie, Warmwasser und Strom verbrauchen. Die Jahresenergiebilanz ist also gleich null. In der Praxis ist dies schwer zu erreichen, weil die Energiebilanz selten exakt bei null liegt, sondern meist etwas darüber oder darunter. ENERGIEPLUSHAUS Energieplushäuser sind grundsätzlich Energieüberschusshäuser, doch derzeit ist der Begriff »Energieplushaus« noch nicht verbindlich definiert. Häuser mit dem Attribut »plus« produzieren im Jahresmittel mehr Kilowattstunden Energie, als sie und ihre Bewohner verbrauchen. Die Jahresenergiebilanz ist also negativ. Heizwärme und Strom sollten dabei über regenerative Energiequellen wie Sonne, Erdwärme oder Holzpellets erzeugt werden. Allerdings lässt sich Strom nicht kontinuierlich über Photovoltaik erzeugen, weil die Sonne als Energiequelle nicht immer zur Verfügung steht. Daher sind ein Netzanschluss und der Bezug von Strom aus dem öffentlichen Netz erforderlich. ENERGIEAUTARKES HAUS Ein energieautarkes Haus ist völlig unabhängig von fremden Energiequellen und benötigt daher keinen Anschluss an das öffentliche Stromnetz. Es versorgt sich ausschließlich selbst mit Energie, beispielsweise durch Erdwärme und Photovoltaik. Der technische und finanzielle Aufwand für ein energieautarkes Haus ist sehr hoch. Da kein Netzanschluss besteht, muss der gewonnene Strom in irgendeiner Form gespeichert werden, was derzeit noch sehr teuer ist. Prozent die Höhe des maximal zulässigen Jahresprimärenergiebedarfs eines Gebäudes im Vergleich zu einem Referenzgebäude an, das 100 kWh/m²a benötigt. Je niedriger die Zahl, desto höher ist die Energieeffizienz. Beispielsweise darf ein KfW-40-Haus nur bei maximal 40 Prozent des nach der EnEV für Neubauten zulässigen Wertes für den Primärenergiebedarf liegen. Bei Sanierungsmaßnahmen werden etwas niedrigere Standards zugrunde gelegt, zum Beispiel 55, 70, 85 oder 100, sowie KfW-Effizienzhaus Denkmal. Grundlage für diese Energiestandards ist die Energieeinsparverordnung (EnEV 2009). Die KfW-Bankengruppe gewährt eine finanzielle Förderung in Form von zinsgünstigen Krediten, Tilgungszuschüssen oder Investitionskostenzuschüssen, falls diese Standards erfüllt werden. EFFIZIENZHAUS PLUS Der Begriff Effizienzhaus Plus bezeichnet einen Energiestandard, der vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) und der Deutschen Energie-Agentur (dena) propagiert wird. Beim Effizienzhaus Plus müssen sowohl der Primärenergie- als auch der Endenergiebedarf in der Jahresbilanz kleiner als Null sein. Dabei wird auch der Haushaltsstrom pauschal mit 20 kWh/m²a in der Energiebilanz berücksichtigt. Das bedeutet, dass derartige Gebäude während eines Jahres mehr Energie erzeugen, als sie für alle Prozesse im Haus benötigen: für Heizwärme, für Nutzwärme für Trinkwasser, für Strom für die Anlagentechnik sowie für Strom für Haushaltsgeräte und Beleuchtung. Berechnungsgrundlage ist der erweiterte Nachweis nach der Energieeinsparverordnung (EnEV 2009). Auch alle sonstigen Bedingungen der EnEV müssen eingehalten werden. Voraussetzung für ein Effizienzhaus Plus ist auch die Nutzung von erneuerbaren Energien auf dem eigenen Grundstück. Des Weiteren werden zusätzliche Forderungen erhoben, etwa der Einsatz von Geräten mit höchstem Effizienzlabel (A++) und von intelligenten Stromzählern, die dem Verbraucher zusätzliche Informationen des Netzbetreibers bieten, zum Beispiel über Stromkosten und Netzauslastung. Grundsätzlich muss das Effizienzhaus Plus drei Vorgaben erfüllen: a) die Optimierung der Gebäudehülle zur Steigerung der Energieeffizienz des Hauses, b) die Absenkung des Energiebedarfs im Haushalt durch den Einsatz modernster Geräte und c) die Verwendung erneuerbarer Energien zur Deckung des Restenergiebedarfs. KFW-EFFIZIENZHAUS SONNENHAUS Dem KfW-Effizienzhaus liegt ein energetischer Standard mit verbindlichen Werten für den Primärenergiebedarf und für die Transmissionswärmeverluste zugrunde. Dieser Standard bezieht sich also auf Heizung und Gebäudehülle. Die geforderten Werte orientieren sich an einem durch die Energieeinsparverordnung (EnEV 2009) vorgegebenen Referenzhaus. Zusätzlich werden Anforderungen an die Heizungs- und Lüftungsanlagen gestellt. Die beim KfW-Haus angegebene Zahl gibt in Das Wort Sonnenhaus beschreibt nicht einen definierten energetischen Standard, sondern einen energetisch und ökologisch hochwertigen Ansatz. Beim Sonnenhaus wird die jährlich benötigte Wärme für Heizung und auch für Warmwasser je nach geografischer Lage weitgehend oder vollständig über Solarthermie erzeugt; es ist also weitgehend unabhängig von anderen Heizenergieträgern. Die Sonne erwärmt mittels Sonnenkollektoren auf dem Dach Wasser, das in einem großen Tank im Seite 13 Haus gespeichert wird und idealerweise ein ganzes Jahr vorhält. Bei Bedarf kann über einen regenerativen Energieträger nachgeheizt werden, um die Spitzen des Heizwärmebedarfs im Winter abzudecken. Kommt Stromgewinnung über Photovoltaik hinzu, kann das Sonnenhaus zu einem Nullenergiehaus oder sogar zu einem Energieplushaus werden. Merkmale eines Sonnenhauses sind eine steil nach Süden geneigte Dachfläche und ein großer, in das gesamte Haus integrierter Warmwassertank. REGELUNGEN ZUR EINSPEISE VERGÜTUNG IN DEN EINZELNEN LÄNDERN DEUTSCHLAND Der eingespeiste Strom wird über 20 Jahre fest vergütet, derzeit (Stand Januar 2013) mit 17,02 Cent pro Kilowattstunde bei Anlagen bis 10 kWp. Die Einspeisevergütung wird kontinuierlich abgesenkt. Einen Investitionskostenzuschuss gibt es nicht. Die Selbstentnahme des eigenen Stroms ist möglich, wird aber nicht mehr eigens vergütet. ENERGIESTANDARDS IN ÖSTERREICH In Österreich gelten für Passivhäuser in etwa dieselben, für Niedrigenergiehäuser ähnliche Standards wie in Deutschland. Niedrigenergiehäuser sind hier in die drei Kategorien A, A+ und B eingeteilt. Ein eigener Standard ist der von der Klimaschutzinitiative des österreichischen Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft eingeführte sogenannte klima:aktiv-Gebäudestandard, der als Qualitätsnachweis für Energieeffizienz und ökologische Qualität gilt und zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes beitragen soll. Der Begriff Energieplushaus unterliegt auch in Österreich noch keiner verbindlich geltenden Definition. ENERGIESTANDARDS IN DER SCHWEIZ In der Schweiz gibt es ähnliche bauliche Klassifizierungen wie in Deutschland und Österreich. Sie bauen auf dem sogenannten Minergie-Standard auf, der in etwa dem deutschen Niedrigenergiestandard entspricht. Beim Minergie-Eco-Standard wird auf gesundheitliche und ökologische Aspekte, auf optimierte Tageslichtverhältnisse, auf die Verwendung von schadstofffreien und natürlichen Materialien sowie auf eine geringe Umweltbelastung Wert gelegt. Minergie-P entspricht im Wesentlichen dem deutschen Passivhausstandard. Die Grenzwerte für den Heizwärmebedarf liegen hier jedoch mit 30 kWh/m²a doppelt so hoch, weil auch der Warmwasserbedarf pro Quadratmeter Energiebezugsfläche einbezogen wird. Der Minergie-AStandard wurde im März 2011 eingeführt; für ihn wesentlich sind der weitestgehende Einsatz erneuerbarer Energien, die Ausrüstung des Gebäudes mit Geräten und Leuchten der Energieverbrauchsklassen A bis A++ sowie die Minimierung der grauen Energie, das heißt der Energie für die Erstellung des Gebäudes. Dahinter verbirgt sich die Grundidee, dass das Gebäude als Gesamtsystem optimiert werden soll. Daher gibt es keine Anforderungen an die Gebäudehülle, die über den normalen Minergie-Standard hinausgehen. Der Begriff Energieplushaus unterliegt auch in der Schweiz noch keiner verbindlich geltenden Definition. ÖSTERREICH Die Einspeisevergütung wird in Österreich nach dem Ökostromgesetz geregelt und jährlich neu berechnet. Sie wird bei einer Anlagengröße gewährt, die eine maximale Leistung von fünf Kilowatt erbringt. Seit dem 1. September 2012 gibt es zusätzlich einen einmaligen Zuschuss zu den Investitionskosten. SCHWEIZ Derzeit wird meist der gesamte von privaten Haushalten erzeugte Strom ins Netz eingespeist und anschließend von dort zurückgekauft. Voraussetzung dafür ist die Teilnahme am »Bundesprogramm KEV« (kostendeckende Einspeisevergütung). Die Höhe der KEV beträgt derzeit je nach Art und Größe der Anlage zwischen 30 und 40 Rappen pro Kilowattstunde (Stand Januar 2013). In naher Zukunft soll für Anlagen bis zu 10 kWp ein Pauschalbetrag für die Investition die aktuell bestehende Einspeisevergütung ablösen. Sie gilt dann nur noch für Anlagen ab 10 kWp. BAULICHE RAHMENBEDINGUNGEN FÜR ENERGIEPLUSHÄUSER Für die Energiebilanz eines Gebäudes spielen passive und aktive Komponenten eine Rolle. Zu den passiven Komponenten zählen das Grundstück, die Gebäudeform und die Gebäudehülle, die Anlagentechnik und die Art der Energieträger. Aktive Komponenten sind Solarthermie, Photovoltaik und energiesparende Haushaltsgeräte. Auch die Gebäudeautomation, also die technischen Einrichtungen zur Überwachung und Optimierung von Heizung, Raumtemperatur, Luftfeuchte und Stromverbrauch, trägt zu einer guten Energiebilanz bei. Allerdings sollte nicht vergessen werden, dass auch die Disziplin der Bewohner beim Energieverbrauch eine wesentliche Rolle spielt: Für die jährliche Energiebilanz eines Gebäudes ist der Mensch eine wichtige Einflussgröße. copyrighted material Seite 14 BAULICHE RAHMEN- EINFÜHRUNG BEDINGUNGEN GRUNDSTÜCK Die Planung eines Energieplushauses beginnt mit der Wahl des Grundstücks. Seine Ausrichtung zu den Himmelsrichtungen und eine möglicherweise unmittelbare Verschattung durch Bäume oder Nachbarhäuser sind wichtige Kriterien im Hinblick auf den zukünftigen Energieverbrauch des Gebäudes, weil sie sowohl den passiven als auch den aktiven Ertrag an Solarenergie beeinflussen. Die Ausrichtung der Wohnräume und der Dachflächen zur Sonne ist wesentlich für Energieersparnis und Energiegewinn. GEBÄUDEFORM UND GEBÄUDEHÜLLE – PASSIV ENERGIE GEWINNEN Der nächste Schritt ist der Gebäudeentwurf. Energetisch am sparsamsten ist ein Gebäude mit möglichst geringer Außenfläche, denn über die Außenfläche geht Wärme verloren. Das Optimum böte in diesem Zusammenhang eine Kugel. Die halbkugelförmigen Iglus der Eskimos sind auch unter diesem Aspekt zu sehen. Auf ein festes Wohngebäude übertragen wäre der Würfel die energetisch sinnvollste Baukörperform. Allerdings muss immer ein optimales Verhältnis von Kompaktheit und Tageslichtversorgung gefunden werden. Die Gebäudegeometrie zu optimieren heißt eine möglichst kompakte Bauweise anzustreben, und das ist wesentlich für energieeffizientes Bauen. Ein quantitatives Maß für diese Kompaktheit ist das Verhältnis von Gebäudeoberfläche zu beheiztem Raumvolumen, das soge- Sonnenschutzvorrichtungen, außenliegend nannte A/V-Verhältnis. Ein sehr guter Wert für das A/V-Verhältnis ist 0,5; typische Werte kompakter Einfamilienhäuser liegen bei 0,5 bis etwa 0,7. Daraus ergibt sich auch, dass ein quadratischer Grundriss aus energetischer Sicht sehr effektiv ist. Vor- und Rücksprünge oder Erker sind im Hinblick auf das A/V-Verhältnis dagegen eher ungünstig, man muss mit erhöhtem Aufwand für eine lückenlose Wärmedämmung rechnen. Um die Sonnenenergie passiv zu nutzen, sollten die Wohnräume an die besonnten Gebäudeseiten gelegt, nach Möglichkeit vollständig oder überwiegend nach Süden, und mit großen Fenstern oder sogar einer vollflächigen Verglasung versehen werden. Auf jeden Fall muss eine wirksame Verschattung vorhanden sein, um Überhitzung des Gebäudes im Sommer zu verhindern. Der Sonnenschutz ist besonders wichtig, wenn die Gebäudehülle dicht ist, da Wärme, ist sie einmal im Haus, nicht mehr so leicht entweichen kann. Auf der Südseite bietet bereits ein tiefer Dachüberstand oder Balkon einen gewissen Sonnenschutz; im Winter kann die tief stehende Sonne trotzdem ins Gebäude scheinen, was wesentlich für die passive Solarenergienutzung ist. Zusätzliche bewegliche Sonnenschutzvorrichtungen, zum Beispiel Lamellenrollos, sind dennoch meistens erforderlich, um die gesamte Fensterfläche verschatten zu können. Derartige Vorrichtungen müssen unbedingt außen angebracht werden, damit die Wärme nicht ins Gebäude gelangen kann. Rollos, die sich zum Beispiel nicht nur von oben nach unten, sondern auch stufenlos von unten nach oben schieben lassen, schirmen den unteren Raumbereich gegen