# 2002/20 Dossier https://jungle.world/artikel/2002/20/sicherheit-kennt-viele-grenzen Protect Yourself Sicherheit kennt viele Grenzen Von Markus Bickel Zehn Jahre nach dem Beschluss ihrer Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik ist die Europäische Union zur wichtigsten Ordnungsmacht auf dem Balkan avanciert. Was war nicht alles an Hoffnungen auf die neue Ordnungsmacht gesetzt worden. Endlich, mehr als 50 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs, sollten Kriege in allen Teilen Europas ein für allemal der Vergangenheit angehören. Aus der Tatsache, dass es in der westlichen Hälfte des Kontinents bereits gelungen war, nationale Rivalitäten weitgehend friedlich auszutragen und die Kräfte der Staaten in der Europäischen Gemeinschaft mit großem Erfolg zu bündeln, wurde der Schluss gezogen, dass die neu strukturierte Union selbstverständlich auch das zivilgesellschaftliche und marktwirtschaftliche Auffangbecken für die Staaten des einstigen Warschauer Paktes sein müsse. Der Vertrag von Maastricht, im Dezember 1991 in dem beschaulichen niederländischen Städtchen nahe der deutschen Grenze verhandelt und im Februar 1992 unterzeichnet, sollte den Grundstein für ein dauerhaft friedliches Europa legen. Und mehr noch als das: Mit dem Ende der Blockkonfrontation sahen Vertreter der unterschiedlichsten politischen Strömungen den Beginn eines kooperativeren Zeitalters gekommen, welches die Europäische Union dominieren würde. So folgerten konservative Anhänger der so genannten Globalmacht-These aus der Analyse des gewandelten internationalen Systems, dass die europäischen Staaten nur noch mit einem gemeinsamen Auftreten eine eigenständige Rolle im globalen Wettbewerb der Groß- und Supermächte spielen könnten. (1) Uneinigkeit bestand lediglich darüber, ob diese Rolle von einer Union mit mehr als 20 Mitgliedern übernommen werden könne oder ob nur ein »Kerneuropa« mit fünf bis sieben integrationswilligen und -fähigen Staaten dazu in der Lage sei. (2) Anhänger einer »Zivil- oder Friedensmacht« Europa wiederum, die sich vor allem unter linksliberalen Politikern und Konfliktforschern finden lassen, sahen die Epoche der genuin europäischen Stärken anbrechen. Die Europäische Union als friedlicher Zusammenschluss der ehemaligen Feinde des Zweiten Weltkrieges sollte Modell und Faktor für eine neue regionale und globale Ordnung werden. Konflikte müssten künftig nicht militärisch, sondern sozioökonomisch angegangen werden, um damit Bedingungen für friedliche Entwicklungen zu schaffen und zu erhalten. Bestätigt sahen sich die Protagonisten dieser Richtung durch die Entwicklungen in Jugoslawien, wo Kroatien und Slowenien in der heißen Phase des Maastricht-Prozesses im Sommer 1991 ihre Sezession verkündeten. Wolfgang Wagner, ein Präsidiumsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik und prominenter Verfechter der ZivilmachtThese, schrieb damals: »Umso mehr steht Europa, nachdem es seine unselige Teilung überwunden hat, vor der Aufgabe, sich verbindliche Regeln und wirksame Institutionen zu schaffen, die mit Konflikten wie dem gegenwärtigen im Norden des Balkans fertig werden können. Nach den Erfahrungen in der zweiten Hälfte des Jahres 1991 bietet dafür als Nukleus nur die Gemeinschaft eine Chance.« (3) Gemeinsam sind wir stark Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (Gasp) heißt seit dem Inkrafttreten des Maastricht-Vertrags im November 1993 die Zauberformel, mit der die 15 Staaten starke EU ihrer Rolle als globaler Akteur diplomatisch, ökonomisch und in Zukunft auch verstärkt militärisch gerecht werden will. Hinter diesem Titel verbirgt sich ein ganzes Bündel ordnungspolitischer Vorstellungen, die neben den klassischen Instrumenten nationaler Außenpolitik eine gemeinsame Handelspolitik, die in Assoziierungsabkommen geregelte Aufnahme privilegierter Formen der Beziehungen zu Drittstaaten und das nicht wirklich innovative Instrumentarium der Entwicklungszusammenarbeit beinhalten. Zudem wurde in Maastricht der als Modell der Präventivdiplomatie gepriesene Stabilitätspakt eingerichtet, der mit einer Reihe von Verfahrensvorschlägen und Konferenzen darauf abzielte, mögliche Konfliktfälle in den Beziehungen zwischen den ostund mitteleuropäischen Staaten durch entsprechende Abkommen zu regeln, bevor sie zum Ausbruch gelangten. Überdies sollte die jahrzehntelang in der Bedeutungslosigkeit schlummernde Westeuropäische Union (WEU) mittelfristig zum starken militärischen Arm der Union aufgebaut werden. Neben der gewünschten Aufwertung Europas zum global player verfolgten vor allem Großbritannien und Frankreich das Ziel, die politische Neuordnung des Kontinents mit der strukturellen Einbindung des vereinten Deutschlands zu verbinden. Der Preisgabe nationaler Souveräntität ebenso wie der Schaffung einer gemeinsamen Währung und dem auf der Maastricht-Folgekonferenz in Amsterdam 1997 eingerichteten Posten eines Hohen Repräsentanten für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik stimmten sie nur zu, weil sie sich so die Bändigung der größer gewordenen Bundesrepublik versprachen. Hier waren nach der Wiedererlangung der nationalen Einheit bekanntlich die Stimmen lauter geworden, die eine Aufkündigung der Westbindung, eine Neudefinition der »internationalen Verantwortung« und der »nationalen Interessen« Deutschlands verlangten. (4) Primus inter pares Die britischen und französischen Befürchtungen waren berechtigt. Denn noch bevor der Maastricht-Vertrag unterzeichnet war, setzte sich die Bundesregierung von den westeuropäischen Staaten ab, die sich im Sommer 1991 nach langem Ringen auf ein einheitliches Vorgehen gegenüber den jugoslawischen Bundesstaaten geeinigt hatten. »Wer, wie die Deutschen, auf der Basis der Selbstbestimmung seine nationale Einheit erreicht hat, kann Slowenien und Kroatien das Selbstbestimmungsrecht nicht verweigern« (5), erklärte Bundeskanzler Helmut Kohl Anfang Juli 1991 - nur zwei Tage nach dem Beschluss der EU-Troika, die beiden nördlichen Republiken zum Verbleib in der Bundesrepublik Jugoslawien anzuhalten. Die verhängnisvolle Anerkennung des völkischen Selbstbestimmungsrechts in Staaten mit starken Minderheiten, wie sie in Kroatien, vor allem aber in Bosnien-Herzegowina und Mazedonien vorzufinden waren, ist häufig - und zu Recht - kritisiert worden. Dabei tritt jedoch in der linken Publizistik eine auffallende Diskrepanz zutage. Während die Darstellung der für diesen Schritt sicherlich nicht irrelevanten historischen Verbundenheit Deutschlands mit dem faschistischen Unabhängigen Staat Kroatien (NDH) des Zweiten Weltkriegs breiten Raum einnimmt - obwohl diese Verbindungen weiter zurück reichen als in den Nationalsozialismus -, bleiben die Folgen der Anerkennung für das zwischen Serbien und Kroatien eingezwängte Bosnien weitgehend unbeachtet. Dabei lag die eigentliche Tragödie der deutschen Anerkennungspolitik doch darin, dass Bosnien gezwungen wurde, für eine Unabhängigkeit zu optieren, in der es nicht überleben würde. Auch die Tatsache, dass die Kohl-Regierung nach der Anerkennung Kroatiens und Sloweniens durch die EG im Januar 1992 weitere Alleingänge scheute und seine Rolle im Rahmen der europäischen Balkan-Diplomatie suchte, wird gerne übersehen. Warum in die Ferne schweifen? Unbeeindruckt davon, dass das Integrationsneusprech in der Schlussphase der MaastrichtVerhandlungen von einer gewaltsamen Desintegration auf dem Territorium des früheren Jugoslawien begleitet wurde, versuchten die unterschiedlichen Vermittler der EU (bis Ende Oktober 1993: der Europäischen Gemeinschaft) auf unzähligen Konferenzen, den kroatischen, serbischen und bosnischen Konfliktparteien mit dem vermeintlich originär europäischen Schlichtungsinstrumentarium beizukommen. Auf dem eigenen Kontinent sollte das mutmaßliche Erfolgsrezept supranationaler Zusammenschlüsse einer Probe unterzogen und das nahende Ende des nationalstaatlichen Prinzips auch den neuen Nationen im Südosten Europas schmackhaft gemacht werden. Die Gleichzeitigkeit von neuer europäischer Außenpolitik und neuen Kriegen in Europa ebenso wie die Ungleichzeitigkeit ihrer Perzeption im Westen und im Südosten des Kontinents legt es nahe, die außenpolitische Ideologie der EU als werdendem global player mit ihrer diplomatischen, ökonomischen und militärischen Praxis auf dem Balkan in den neunziger Jahren zu kontrastieren. Gut zehn Jahre nach der Unterzeichnung des Maastricht-Vertrags im Februar 1992 und dem Beginn des Bosnien-Krieges zwei Monate später steht die politische und ökonomische Dominanz der EU in Südosteuropa außer Zweifel. Neben der Schaffung zweier Protektorate und der hegemonialen Rolle, die die EU als Wirtschafts- und Währungsmacht auf dem Balkan einnimmt, hat die Nato-Intervention im Frühjahr 1999 der Herrschaftsform des Menschenrechtsregimes neuen, zweifelhaften Kredit verschafft - einem von Kritikern wie Befürwortern des Bombenkrieges gerne als genuin europäisch gepriesenen Instrument zivilgesellschaftlicher und demokratischer Machtausübung. Von links nach rechts Doch mit den Mitteln ziviler Konfliktschlichtung war es nicht weit her, nachdem die Kriege in Kroatien und Bosnien angefangen hatten. Und auch das im Mai vor zehn Jahren zunächst nur von der EG verhängte, später auch von den Vereinten Nationen unterstützte Wirtschaftsembargo gegen Jugoslawien zeigte wenig Wirkung. Nachholende statt präventiver Diplomatie stand auf der Tagesordnung, und wie die unzähligen gescheiterten Vermittlungsversuche, die gebrochenen Waffenstillstände und der Verschleiß an europäischen Unterhändlern zeigten, bestand die Gemeinsame Europäische Außen- und Sicherheitspolitik auf dem Balkan bis Mitte der neunziger Jahre vor allem auf dem Papier. Dem Willen der EU-Regierenden zur Einflussnahme tat das allerdings keinen Abbruch. Denn nicht nur in der Bewertung der Legitimität dieses Anliegens verschwimmen in Europa die Grenzen zwischen links und rechts. »Die Bemühungen der Europäer zu jener Zeit wurden jedoch in erster Linie von Europa selbst zunichte gemacht. Es gab eine Reihe von lobenswerten und ehrgeizigen Versuchen, das Schlimmste zu verhüten, doch musste uns von Beginn an klar sein, dass sie mit einem Fehlschlag enden würden« (6), urteilte nach dem Ende des Krieges etwa Carl Bildt, zunächst europäischer Vermittler bei den Friedensverhandlungen von Genf, nach der Unterzeichnung des Dayton-Vertrages schließlich Hoher Repräsentant an der Spitze der zunächst als Übergangsverwaltung eingerichteten internationalen Behörde in Bosnien-Herzegowina. Die Auffassung Bildts deckt sich mit dem Vorwurf von linksliberaler Seite, die europäischen Regierenden hätten auf dem Balkan »versagt«. Denn der linken Regierungsschelte immanent ist die Hoffnung, die Linken könnten doch früher oder später zum neuen politischen Subjekt einer besseren, weil moralischeren Außenpolitik werden. Stellvertretend für diese Position sei hier Günter Gaus zitiert, ehemaliger Botschafter der Bundesrepublik in Ost-Berlin und heute Herausgeber des Freitag. Wie viele Grüne und Sozialdemokraten entdeckt er im Drängen Europas nach mehr Macht aufklärerische Züge - und nicht das Bestreben, die eigene Scholle zu sichern, zum Beispiel durch die Abwehr von Flüchtlingen, wie sie der Bosnien-Krieg in Millionenhöhe erzeugte. »Jede Emanzipation beginnt mit der Bereitschaft, zunächst gedankliche Schlussfolgerungen aus einem möglichen Tabubruch zu ziehen. Die Emanzipation Europas im sicherheitspolitischen Denken beginnt mit der Einsicht, dass die globale Alleinherrschaft einer Macht, und sei es die Alleinherrschaft einer verbündeten Macht, Entmündigungen zur Folge hat, die die Berechenbarkeit der internationalen Politik erschweren: Sowohl der Mächtige wie auch die Entmündigten neigen zu gefährlichen Proben aufs Exempel.« (7) Thank you, America, fuck off! Ähnliche Gedanken wie die von Gaus vor einem Monat im Zusammenhang mit den möglichen Militärschlägen der USA gegen den Irak formulierten fanden sich bereits während des BosnienKrieges. Vor allem die Übernahme der Verhandlungen zur Beendigung des Krieges im Sommer 1995 durch die USA brachte die bis dato gescheiterten Europäer gegen die »Bulldozer-Methoden« des US-Unterhändlers Richard Holbrooke auf. Wie das auf der anderen Seite des Atlantik wahrgenommen wurde, beschrieb seinerzeit William Pfaff. »Die Europäer hatten vier Jahre, um mit dem Problem umzugehen, und das Resultat ihrer Bemühungen diskreditiert nahezu vollständig die Idee, Westeuropa könnte gemeinschaftlich eine bedeutende Rolle in der Weltpolitik spielen.« (8) Zur Kritik an der mit militärischen Mitteln durchgesetzten Strategie der USA resümiert er nüchtern: »Die amerikanische Bosnien-Politik hat übernommen, was die Europäer in der Vergangenheit für sich reklamierten - Rationalität und politischen Realismus. Die Westeuropäer beharrten auf Sentimentalität in Bezug auf Frieden, Krieg und Lösungen des Konfliktes, was ihr Scheitern in Jugoslawien verursachte.« Im umgekehrten Verhältnis zum Einfluss der Europäer bei den Dayton-Verhandlungen die komplette Implementierung des zivilen Teils des Vertrags wurde EU-Institutionen, der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) oder anderen europäischen Agenturen übertragen - steht das Lamentieren über die mangelnde Würdigung des europäischen Anteils am Verhandlungserfolg. Der damalige deutsche Außenminister Klaus Kinkel monierte, dass der Eindruck entstehe, »als hätten die Europäer nichts beigetragen«, eine Interpretation, die er »nicht zulassen« werde. (9) Der Leiter der deutschen Verhandlungsmission, Wolfgang Ischinger, kabelte in der Schlussphase der Gespräche in Dayton seine Vermutung an das Auswärtige Amt, ein europäischer Widerstand gegen die US-Positionen ließe sich »dann nicht durchhalten, wenn us-seite (was sie jetzt schon anklingen lässt) uns dann die schuld für ein scheitern in dayton zuschieben sollte«. (10) In seltsamer Verkennung des Wesens internationaler Politik resümierte der Politikwissenschaftler Ekkehart Krippendorff: »Nur eine wirkliche Mobilisierung der seit Jahren eingeschüchterten, entmündigten, sprachlos gemachten Menschen (...) für ein Bosnien des Zusammenlebens und der Selbstbefreiung von ihren Ethnofaschisten und Macho-Militärbanden durch das demokratische Mittel der Wahl hat die bescheidene Chance der Wiedergewinnung von Frieden und Zivilität: nicht die Aufteilung in bewaffnete Lager unter internationaler Militärkontrolle.« (11) Auf den Hinweis, dass die Durchführung demokratischer Wahlen ohne den Verhandlungserfolg von Dayton gar nicht möglich gewesen wäre, verzichtet er geflissentlich. »Ob das Verdienst nun den USA zusteht, der US-geführten Nato oder schlicht der Nato - manche deutschen Linken dürften in jedem Fall schwer daran tragen«, fasst Arthur Heinrich die Sehnsucht nach einem starken Europa zusammen. (12) Protektorat ohne Grenzen Vielleicht das Erstaunlichste an den von EU-Vertretern geführten so genannten Übergangsverwaltungen im Kosovo oder in Bosnien ist, dass sie in Teilen tatsächlich so funktionieren, wie man sich Kolonialregime immer vorgestellt hat. »Achtzig Prozent unserer Vorstellungen werden einfach durchgepeitscht« (13), gab der damalige EUVerhandlungsführer Wolfgang Petritsch zu Protokoll, als er der geneigten Leserschaft des Spiegel erklären sollte, wie die EU den serbischen Vertretern ihre Position bei der KosovoKonferenz im Februar 1999 in Rambouillet denn vermittele. Die später in der UnoSicherheitsratresolution 1244 festgelegte Machtfülle des Uno-Verwalters ist dem Tonfall Petritschs angemessen: Entscheidungen in dem Protektorat trafen bis zur Parlamentswahl im vergangenen Oktober nicht die lokalen Politiker, sondern die Repräsentanten der internationalen Administration. Das gilt übrigens ebenso für Bosnien-Herzegowina, auch wenn die Macht des Protektoratsherrn dort erst sukzessive erweitert wurde. Seit der Bonner DaytonNachfolgekonferenz von 1997 sind die Befugnisse, die die Staaten der einstigen BalkanKontaktgruppe (USA, Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Russland, Italien) den so genannten Hohen Repräsentanten im Protektorat Bosnien-Herzegowina einräumten, fast grenzenlos. Per Dekret ist es dem jeweils amtierenden EU-Gesandten möglich, all jene Entscheidungen zu treffen, die von den gewählten Repräsentanten des Landes nicht beschlossen werden. Umgekehrt können sie jeden nicht genehmen Parlamentsbeschluss ad hoc auch wieder aufheben. Petritsch, der den Posten noch bis zum Ende des Monats innehat, machte erst im April davon Gebrauch, als er die entscheidungsunwilligen bosnischen Parteien zur Annahme von Verfassungsänderungen zwang, die die Gleichberechtigung aller drei Bevölkerungsgruppen vorsehen. Sein Vorgänger Carlos Westendorp verordnete muslimischen, kroatischen und serbischen Nationalisten zwei Jahre nach der Unterzeichnung des Dayton-Vertrags eine gemeinsame Staatsflagge, einheitliche Telefonvorwahlen und Autokennzeichen, die den Herkunftsort des Halters nicht mehr erkennen lassen - nur so schien sich die Bewegungsfreiheit der Verkehrsteilnehmer im ganzen Land sichern zu lassen. Angesichts der in Bosnien bereits erprobten Aushebelung der staatlichen Souveränität, die auf dem Gebiet der militärischen Hoheit über das eigene Territorium mindestens ebenso gravierend erscheint wie die Eingriffe in die politischen Befugnisse, mag man es kaum glauben, was sich nach dem Beginn der Nato-Angriffe auf Jugoslawien in Deutschland abspielte. Ausgerechnet der deutsche Außenminister Joseph Fischer, der zuvor vehement für die in Rambouillet und Paris bis ins letzte Detail bekannt gewordene »weitreichende Autonomie« des Kosovo votiert hatte, wollte nach der Veröffentlichung des militärischen Annex B plötzlich nichts mehr von einer protektoratsähnlichen Konzeption dieser Verhandlungslösung gewusst haben. Es sei »völliger Quatsch, von einer Souveränitätseinschränkung für Jugoslawien zu sprechen« (14), erwiderte er auf Vorwürfe, den Annex B geheim gehalten zu haben. Und das, obwohl ebenfalls von Anfang an bekannt war, dass die EU und die USA die Entsendung einer internationalen Truppe zur Bedingung gemacht hatten. Petritsch nannte das Problem immerhin beim Namen: »Es war uns vollkommen klar, dass sich ein souveränes Land mit diesen Bestimmungen am schwersten tut.« (15) Postpolitisches Protektorat Neben den Auseinandersetzungen um den politischen Status der Region stellt sich aber auch die Frage nach der ökonomischen Basis des neu geschaffenen Protektorats. Die ökonomische Verfasstheit dieses Übergangsregimes wurde im deutschsprachigen Raum am genauesten von den Herausgebern der Zeitschrift krisis analysiert. Denn im Unterschied zu antideutschen Erklärungsansätzen, die die Hauptverantwortlichen für das Auseinanderbrechen Jugoslawiens nach wie vor im Auswärtigen Amt suchen, gelingt es den Krisentheoretikern, den Kollaps des jugoslawischen Modernisierungsmodells in den achtziger Jahren und die danach einsetzenden Interventionen europäischer und internationaler Akteure auf dem Balkan schlüssig aufeinander zu beziehen. So trifft Robert Kurz wohl ins Schwarze, wenn er schreibt, dass die so genannte internationale Gemeinschaft in Südosteuropa seit zehn Jahren dazu verurteilt sei, »verzweifelt Fassaden staatlicher Souveränität hochzuziehen und entsprechende 'politische' Sicherheitspartner zu finden - um doch stets nur postpolitische Protektorate zu errichten, die unbefriedet bleiben«. (16) Weder unentdeckte Rohstoffe in Albanien noch die schlummernden Märkte im Kosovo oder die Geheimpläne kaukasischer Ölmultis in Baku sind der Grund für das Engagement der EU, sondern die Tatsache, dass die Region als potenzieller Unruheherd erschien, der massenhaft Flüchtlinge schaffen würde. Niemand weiß, ob die sozioökonomisch katastrophale Situation in fast allen Staaten südlich von Slowenien nicht doch noch gesellschaftliche Folgen generiert, die von den derzeit herrschenden Regimen nicht mehr kontrolliert werden können. Keiner kann sagen, ob nach der gewaltsamen Befriedung der serbischen nicht die »albanische Frage« eine ähnlich destabilisierende Wirkung entfalten kann. Zu behaupten, dies ließe die Regierungen in den Metropolen Europas ungerührt, erscheint analytisch wenig stringent. Aus eigennützigen Gründen müssen sie daran interessiert sein, eventuelle Flüchtlingsströme schon vor ihrem Entstehen abzublocken. Zudem kommt der Schnittstelle zwischen Südosteuropa, dem Kaukasus, der Türkei und dem Nahen Osten nicht erst seit dem 11. September geostrategisch immense Bedeutung zu. Die Schlussfolgerungen, die Kurz' krisis-Kollege Ernst Lohoff aus dem EU-Regime auf dem Balkan zieht, haben daher wenig mit den neoimperialistischen Implikationen der in Dayton und Rambouillet verfassten Ordnungsregime für Bosnien und das Kosovo und auch nichts mit der Balkan-Politik der EU jenseits dieser Protektorate zu tun. »Nach dem Scheitern aller halbherzigen Pseudoaktivitäten kann sich die westliche Selbstgefälligkeit nur noch auf offenes Desengagement zurückziehen. Die westliche Politik wird sich vor der balkanesischen Zumutung retten, indem sie den gesamten Balkanraum als ein von einer rätselhaften Seuche befallenes Gebiet abschreibt und aus den Landkarten der One World streicht.« (17) Doch während die krisis-Herausgeber das Scheitern des jugoslawischen Selbstverwaltungsmodells noch erklären können, scheitern sie mit ihrem ökonomistischen Determinismus daran, die für die EU-Strategie entscheidende Vermittlungsebene zwischen Kapitalinteressen und der Etablierung (quasi-) staatlicher Formen postkolonialer Herrschaft zu entlarven. Die neue Gefahr Denn sicherlich ist es nicht die Absicht der EU-Politiker, ihr Regime auf dem Balkan auf alle Ewigkeit nach Gutsherrenart durchzusetzen - oder die Region völlig sich selbst zu überlassen -, wie es die krisis-Autoren in ihrer Kritik unterstellen. Die Protektorate in Bosnien und im Kosovo sind kein Selbstzweck. Wenn es die politische Stabilität in den betreffenden Gebieten zuließe, würden die EU-Vertreter und die ihr angegliederten Nichtregierungsorganisationen ihre Ressourcen sicherlich noch stärker in andere Krisengebiete verlagern, als dies ohnehin schon der Fall ist, und die südosteuropäischen Angelegenheiten gänzlich von Brüssel, Berlin oder Paris aus regeln. Der Abschluss der Uno-Polizeimission in Bosnien Ende dieses Jahres und ihre Ablösung durch eine erheblich reduzierte EU-Polizeitruppe, und der Beschluss, die landesweiten Wahlen im Herbst zum letzten Mal international überwachen zu lassen, mögen das verdeutlichen. Parallel zur politischen Kontrolle durch die Protektoratsstrukturen greift darüber hinaus schon jetzt das 1992 vereinbarte Instrumentarium ökonomischer Durchdringung bislang peripherer Regionen weitaus effektiver als es das öffentliche Murren über die mangelnde Entscheidungsfreude der Brüsseler Eurokratie nahe legt. Vorrangiges Ziel dieser durchaus als neoimperialistisch zu charakterisierenden Herrschaftsform sind nicht mehr territoriale Eroberungen, wie sie der klassische Imperialismus des späten 19. Jahrhunderts vorsah, sondern die allgemeine Garantie einer unbeschränkten Waren- und Kapitalzirkulation sowie der politischen Strukturen, die diese gewährleisten. (18) In die Sprache der EU-Gasp-Experten übersetzt: Mit einer Fülle von Assoziierungsabkommen und der Schaffung des an klaren politischen Konditionalitätskriterien ausgerichteten Balkan-Stabilitätspaktes hat sich die EU als entscheidender politökonomischer Ordnungsfaktor in Südosteuropa fest etabliert. Die ebenfalls in Maastricht vereinbarte Harmonisierung der europäischen Asylgesetze sorgt von Ljubljana bis Sofia für eine Kette von polizeilichen Verbindungsoffizieren, die Fluchtbewegungen, wie sie während des Bosnien-Krieges noch auftraten, für alle Zukunft verhindern soll. Das Übrige regeln die so genannten Rückübernahmeabkommen zur Aufnahme aus Deutschland abgeschobener Flüchtlinge. Im Kosovo-Krieg ging das Konzept »heimatnaher Flüchtlingsabwehr« bereits auf, was der These von der Kontrolle der Instabilität als wichtigem Movens für die EU-Herrschaft auf dem Balkan weitere Plausibilität zukommen lässt. (19) Lediglich erwähnt werden soll an dieser Stelle, dass die Schaffung des UnoKriegsverbrechertribunals für das ehemalige Jugoslawien im Jahr 1993 diesem Ordnungsregime im Unterschied zum französischen oder britischem Handels- und dem deutschem Heldenimperialismus den Charakter eines Menschenrechtsimperialismus verleiht, was es auch legitimatorisch von den Kolonialregimen des 19. und 20. Jahrhunderts abgrenzbar macht. Die Verkoppelung von humanitär begründeten Interventionen mit der anschließenden Abstrafung der politisch inopportun gewordenen Partner von einst schafft eine neue Qualität der Herrschaftssicherung, die sich auch gut ohne Protektoratsregierungen durchführen lässt. Dass nicht die EU-Staaten, sondern die USA die Auflösung des Gerichts fordern, wenn die drei so genannten Hauptverantwortlichen Slobodan Milosevic, Radovan Karadzic und Ratko Mladic erst einmal verurteilt sind, spricht für sich. Unverletzbarkeit der Grenzen Zu den rhetorischen Wendungen, die die EU-Vermittler der Weltöffentlichkeit während des Bosnien-Krieges beschert haben, zählte die Formel, dass die »Verantwortlichen für die ethnischen Vertreibungen nicht im Nachhinein belohnt werden« dürften. (20) Im Klartext: Eine Verschiebung von Grenzen dürfe es unter keinen Umständen geben. Das Beharren der EU-Außenpolitiker auf diesem Punkt ist verständlich, zählte die Unverletzbarkeit der Grenzen doch bereits 1975 zu einem wesentlichen Prinzip bei der Gründung der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE). Als in Maastricht die Leitlinien für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der EU 1992 formuliert wurden, bekräftigten die beteiligten Staats- und Regierungschefs dieses Prinzip aus der Helsinki-Schlussakte erneut - ungeachtet der Tatsache, dass sich mit der Anerkennung der ex-jugoslawischen Republiken die politische Unhaltbarkeit des einstigen Dogmas bereits ankündigte. Das gilt bis heute: Nur mit Mühe und Not schafft es etwa Wolfgang Petritsch, der scheidende Hohe Repräsentant der EU in Bosnien, die Institutionen des Zentralstaats gegen die serbischen und kroatischen Sezessionisten zu verteidigen. Dabei waren es die Vermittler der USA und der EU, die diesen beiden Parteien im Dayton-Vertrag das Recht einräumten, besondere Beziehungen zu Serbien und Kroatien zu unterhalten. Unverletzbarkeit der Grenzen? Nichts weiter als eine Geste gegenüber mehr als zwei Millionen Flüchtlingen und den Angehörigen der 200 000 Toten, die zwischen 1992 und 1995 zusehen mussten, wie in Genf und Dayton eine gewaltsame territoriale Veränderung nach der nächsten belohnt wurde. Noch nach dem Ende des Kosovo-Krieges beharrten EU- und Nato-Vertreter darauf, die Bombardierung Jugoslawiens habe lediglich der Stärkung der Stabilität und der Sicherheit gegolten, man habe »nie die Absicht verfolgt, Grenzen auf dem Balkan zu ändern« (21) (Wesley Clark, der damalige Nato-Oberbefehlshaber in Europa). Dass eines Tages die Grundlagen der Uno-Sicherheitsratsresolution 1244 entfallen würden, konnte Clark damals noch nicht ahnen. Die aber sah den völkerrechtlichen Verbleib des UnoProtektorats innerhalb Jugoslawiens, und nicht wie in der Tito-Verfassung von 1974 festgelegt, als Provinz Serbiens vor. Ist das Prinzip der Unveränderbarkeit der Grenzen zehn Jahre nach seiner feierlichen Bekräftigung also überholt? Provinz per Dekret Der antideutscher Verschwörungstheorien sicherlich unverdächtige SPDBundestagsabgeordnete Hermann Scheer formulierte es im Sommer 2001 so: »Meines Erachtens hat man sich von den falschen Prämissen der neunziger Jahre immer noch nicht gelöst. Viele Beamte des Auswärtigen Amtes, die damals an der Entscheidung mitwirkten, haben heute noch Schwierigkeiten, in dieser Frage (der Anerkennung Kroatiens und Sloweniens, M.B.) in sich zu gehen.« (22) Das könnte Folgen haben. Denn unabhängig davon, wer nach den Wahlen im September die Geschäfte im deutschen Außenministerium leiten wird, weisen die Zeichen auf dem Balkan nicht gerade auf stabile Zeiten oder Grenzen hin. Trotz der Entsendung der bald allein von der EU dirigierten Schutztruppe nach Mazedonien ist ein Ende der Scharmützel zwischen bewaffneten albanischen Separatisten und der mazedonischen Nationalpolizei nicht in Sicht. Und auch der amtierende Chef des Protektorats im Kosovo, Michael Steiner, dessen steile Südosteuropa-Karriere bereits 1995 als stellvertretender Hoher Repräsentant in Bosnien begann, wird dem Streben der Kosovo-Albaner nach Unabhängigkeit keine Steine in den Weg legen können. Erst recht nicht nach den Parlamentswahlen im Herbst. Denn bereits im Sommer 2002 ist die Frist abgelaufen, die die Uno-Resolution 1244 vorgesehen hatte, bevor die Bevölkerung über den künftigen völkerrechtlichen Status des Protektorats entscheiden sollte. Da diese aber nie einen Zweifel daran gelassen hat, einen eigenen Staat anzustreben, und da die Option, die Provinz per Dekret aus Brüssel zum Verbleib in Jugoslawien zu zwingen, mit der Umwandlung in das Staatenbündnis Serbien-Montenegro obsolet geworden ist, könnte ein Konzept schneller aktuell werden, als es sich seine Autoren vor einem Jahr noch hätten träumen lassen. »Ohne erhebliche Fortschritte bei der Errichtung einer selbsttragenden politischen Ordnung auf dem Balkan in absehbarer Zeit und damit die Möglichkeit zu einer drastischen Reduzierung der militärischen Präsenz bis auf einen kleinen - für den Notfall schnell aufzustockenden - Rest, droht das Balkan-Engagement des Westens zu einem Fehlschlag und zu einer schweren Belastung vor allem für die Europäische Union zu werden, die hier vor der größten Bewährungsprobe ihrer erst im Werden begriffenen Außenpolitik steht« (23), fasste Karl Lamers im Sommer 2001 den anstehenden Paradigmenwechsel der Union zusammen. Der außenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, der 1994 gemeinsam mit Wolfgang Schäuble durch seine »Kerneuropa«-Thesen für erheblichen Ärger bei den europäischen Nachbarstaaten gesorgt hatte, erlangte mit seinem Strategiepapier vor einem Jahr zwar nicht dieselbe Aufmerksamkeit wie in der ersten Hälfte der neunziger Jahre. Seine Überlegungen aber hätten es sicherlich verdient gehabt: »Nicht neue Grenzen an sich sind das Problem, sondern, wenn sie aus Gewalt erwachsen und wenn sie ab- und ausschließen; nicht kleine Staaten an sich haben keine Zukunft, sondern nur nicht integrierte.« Grenzen auf für alle? Lamers setzt, und das verwundert nach einem Jahrzehnt ökonomischer Durchdringung Südosteuropas durch EU-Assoziierungsabkommen und Brüsseler Drittmittelvergabe nicht mehr, auf die wirtschaftliche Karte. Die Gründe hierfür liegen auf der Hand: »Vorstellungen einer jahrzehntelangen internationalen militärischen Präsenz im Kosovo und auf dem Balkan sind unrealistisch. Die westlichen Demokratien sind nicht bereit, die finanziellen und politischen Kosten einer solch langen Präsenz zu tragen, und die Bevölkerung in der Region ist nicht bereit, diese zu ertragen.« Was läge also näher, als das in Maastricht konzipierte Erfolgsmodell einfach auf den südöstlichsten Zipfel des Kontinents zu übertragen? Ließe sich doch auf diese Weise ein Ordnungsrahmen schaffen, der den selbst gesteckten Zielen Brüssels treu bliebe und die Kontrolle über die aus der Protektoratsherrschaft entlassenen Mini-Regime trotzdem nicht aufgäbe. »Wir schlagen die Bildung einer Südost-Europäischen Union für den Balkan vor«, schreibt Lamers, die »nach dem Modell der Europäischen Union im Prinzip wie die EU organisiert sein soll.« Die Blaupause für seinen nach westeuropäischem Vorbild strukturierten Handelsbund lieferte Lamers das Brüsseler Center for European Policy Studies, das schon kurz nach dem Ende des Kosovo-Krieges die Einführung des Euro in allen Balkan-Staaten gefordert hatte - als Vorbedingung für den späteren Eintritt in die EU. (24) Auch im US-amerikanischen Establishment wird die Bildung einer Mini-EU nach dem Vorbild des südamerikanischen Binnenmarktes Mercosur schon seit längerem diskutiert. (25) Folgerichtig skizziert Lamers auch den gewünschten Wandel an der europäischen Peripherie analog zu dem in Westeuropa eingeschlagenen Weg: »Die Südost-EU bildet zunächst eine Freihandelszone, jedoch mit der Zielbestimmung eines Binnenmarktes.« Mitgliedstaaten können all die Länder sein, die bereits heute im Balkan-Stabilitätspakt integriert sind. Und auch der weitere Werdegang ist klar: »Eine individuelle Mitgliedschaft der Teilnehmerländer in der EU ist möglich. Griechenland ist bereits Mitglied, Ungarn und Slowenien werden bald folgen. Für die anderen gilt, dass ihre vorherige Mitgliedschaft in der SOEU Bedingung für eine spätere Mitgliedschaft in der EU ist und diese beschleunigt.« Dass Lamers über kein Copyright auf diese alle Grenzen sprengende Form der Ordnungspolitik für Südosteuropa verfügt, versteht sich von selbst. Auch Sozialdemokraten pflegen bisweilen Barrieren zu übertreten, die sie sich vorher selbst gesetzt haben. »Wer jetzt Grenzen in Frage stellt, oder auch Grenzen auf ewig festschreiben möchte, der hantiert mit Feuer in der Nähe eines Pulverfasses« (26), erklärte der damalige Sonderkoordinator für den Balkan-Stabilitätspakt, Bodo Hombach, nachdem bewaffnete Separatisten in Mazedonien im Frühjahr des vorigen Jahres die albanische Frage auf die Tagesordnung gesetzt hatten. Doch die zweite Bedingung blieb damals eher unbeachtet. Aber auch außerhalb Deutschlands denkt man wieder über Grenzveränderungen nach. David Owen etwa, der frühere britische Außenminister und Unterhändler der EU während des Bosnien-Krieges, forderte ebenfalls vor einem Jahr: »Um eine Lösung für den ganzen Balkan zu erreichen, brauchen wir eine zeitgemäße Konferenz nach dem Vorbild des Berliner Kongresses von 1878, mit vorher abgestimmten Grenzänderungen, unterstützt von den Großmächten.« (27) Und die werden wohl schon bald beginnen, darüber zu streiten, ob diese Konferenz nun in Berlin oder London, oder vielleicht nicht doch eher in Belgrad, Zagreb oder Sarajevo stattfinden soll. © Jungle World Verlags GmbH