Skin-Sparing Mastektomie in onkoplastischer Brustchirurgie

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Diplomarbeit
Skin-Sparing Mastektomie in onkoplastischer
Brustchirurgie
Fallserie und Review der Literatur
eingereicht von
Christina Leidl
Geb.Dat.: 12.12.1987
zur Erlangung des akademischen Grades
Doktorin der gesamten Heilkunde
(Dr. med. univ.)
an der
Medizinischen Universität Graz
ausgeführt an der
Universitätsklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe
Klinische Abteilung für Gynäkologie
Universitätsklinik für Strahlentherapie-Radioonkologie
unter der Anleitung von
Assoz. Prof.Priv.-Doz.Dr.med.univ. et scient.med. Vesna Bjelic-Radisic
ao.Univ.-Prof.Dr.med.univ. Heidi Stranzl-Lawatsch
Graz, Juli 2014
Eidesstattliche Erklärung
Ich erkläre ehrenwörtlich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne fremde
Hilfe verfasst habe, andere als die angegebenen Quellen nicht verwendet habe und die den
benutzten Quellen wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen als solche kenntlich
gemacht habe.
Graz, am 20.07.2014
………………………
Christina Leidl
i
Danksagungen
Zu allererst möchte ich mich bei Frau Assoz. Prof.Priv.-Doz.Dr.med.univ. et
scient.med. Vesna Bjelic-Radisic für die Überlassung des Themas und die
Betreuung dieser Arbeit bedanken. Erst durch ihren Einsatz und ihr Engagement
ist das Erstellen der vorliegenden Arbeit ermöglicht worden. Vielen Dank für die
motivierenden Worte und die viele Zeit, die Sie sich für mich genommen haben.
Bedanken möchte ich mich auch bei Frau ao.Univ.-Prof.Dr. med.univ. Heidi
Stranzl-Lawatsch,
die
die
Aufgabe
der Zweitbegutachtung
dieser Arbeit
übernommen hat. Vielen Dank für Ihre Anregungen und Bemühungen.
Ein großes Dankeschön auch an Herrn Dr. Fedor Daghofer für die Unterstützung
bei der statistischen Auswertung. Vielen Dank für Ihre Geduld und die Zeit, die Sie
dafür geopfert haben.
Ein ganz besonderer Dank gilt meinen Eltern, die für meine Sorgen und Klagen
immer ein offenes Ohr hatten, mir dieses Studium ermöglicht haben und mich
mein ganzes Leben lang immer unterstützt haben.
Danken möchte ich auch meinem Bruder Johannes und Sabina, die für mich
immer einen Platz auf ihrer Couch und einen Kaffee bereithalten.
Bei meiner Cousine Theresa möchte ich bedanken für die unzähligen
Telefongespräche während des Erstellens dieser Arbeit, in denen sie es geschafft
hat, mich einerseits zum Lachen zu bringen und anderseites wieder zum
Schreiben zu motivieren.
Dankeschön auch an meine Studienkollegen, mit denen ich viele Stunden gelernt
habe, die mich dabei immer ertragen haben und bestandene Prüfungen
anschließend gebührend mit mir gefeiert haben. Danke Anna und Paula!
Ebenso danken möchte ich meinen Freunden, die mich mit vielen schönen
Erlebnissen immer erfolgreich vom Studienalltag ablenken konnten. Besonders
möchte ich Julia und Claudio danken, die mir zu jeder Zeit hilfreich zur Seite
standen und mich mit Essen versorgt haben.
Zuletzt bedanke ich mich bei meinem Partner und besten Freund Michael, der es
immer wieder schafft, mich auch in stressigen Zeiten wieder aufzumuntern und
dabei immer verständisvoll war. Danke für die Unterstützung und Liebe und dafür,
dass du immer für mich da bist!
ii
Zusammenfassung
Einleitung: In der onkoplastischen Brustchirurgie finden patientinnenbezogene
Faktoren, wie kosmetisches Ergebnis und Lebensqualität, neben wichtigen
Parametern, wie der onkologischen Sicherheit, zunehmend Beachtung. Skinsparing Mastektomie (SSM) mit sofortiger Brustrekonstruktion (IBR) stellt in dieser
Hinsicht eine neue Entwicklung dar. Obwohl bereits 1991 von Toth und Lappert in
die klinische Praxis eingeführt, existieren derzeit bezüglich Indikation und
onkologischer Sicherheit noch Zweifel. Anhand einer Fallserie von Patientinnen
der Universitätsfrauenklinik (UFK) Graz wurde SSM hinsichtlich Rezidivrate,
auftretender Komplikationen und Lebensqualität (LQ) evaluiert.
Methoden: Klinische und demographische Daten wurden retrospektiv aus den
Krankengeschichten und Medocs erhoben und mittels deskriptiver Statistik
aufgearbeitet. Zur Erfassung der LQ dienten drei Fragebögen, welche den
Studienteilnehmerinnen nach erfolgter Operation zugeschickt wurden. Verwendet
wurden: der EORTC QLQ-30, ein speziell für KrebspatientInnen entwickelter
Fragebogen, der EORTC QLQ-BR23, ein Brustkrebsmodul, das in Kombination
mit dem EORTC QLQ C-30 verwendet wird und der EORTC QLQ-BRR31, ein zu
Studienbeginn noch nicht validierter Fragebogen für Patientinnen nach einer
Brustrekonstruktion. Die Ergebnisse des EORTC QLQ-C30 wurden desweiteren
mit Daten einer deutschen Referenzpopulation verglichen. Zu diesem Zweck
wurden die Patientinnen in drei verschiedene Altersgruppen eingeteilt und für die
jeweiligen Ergebnisse Konfidenzintervalle berechnet.
Ergebnisse: Bei 36 Patientinnen wurden 46 Rekonstruktionen durchgeführt. Nach
einer mittleren Follow-up-Zeit von 9,6 Monaten zeigte sich bei einer Patientin ein
Lokalrezidiv. Fernmetastasen wurden in 8,3% der Fälle (N=3) beobachtet, wobei
sich eine Studienteilnehmerin bereits präoperativ mit einem primär metastasierten
Mammakarzinom präsentierte. Reoperationen erfolgten aufgrund von nekrotischen
Komplikationen (6,5%), Wundheilungsstörungen (8,7%), Nachblutungen (13%)
und infolge einer Implantatdislokation (2,2%). Was den Vergleich der LQ der
Studienteilnehmerinnen mit der Referenzpopulation anbelangt, so zeigten sich in
den meisten Bereichen vergleichbare Ergebnisse. Abweichungen waren in der
Gruppe der 40 bis 49-jährigen in den Bereichen Rollenfunktion und Schlaflosigkeit
zu verzeichnen. 59% der Befragten gaben an, mit dem Ergebnis der
iii
Rekonstruktion sehr zufrieden zu sein. 76% der Frauen gaben an, dass die
Rekonstruktion der Brust sehr dabei geholfen habe, die Krankheit zu akzeptieren.
Schlussfolgerung: In der richtigen Indikationsstellung ist SSM mit IBR eine
onkologisch sichere Methode, was anhand der niedrigen Lokalrezidiv- sowie
Fermetastasenraten verdeutlicht wird. Desweiteren weisen die Ergebnisse der
Fragebogenuntersuchung auf eine hohe Lebensqualität der Patientinnen nach
Brustrekonstruktion
hin.
Im
Vergleich
mit
den
Daten
der
deutschen
Referenzpopulation zeigen sich ähnliche Resultate.
iv
Abstract
Introduction: In oncoplastic breast surgery one can realise an increased
awareness of patient-related factors, such as cosmesis and quality of life, in
addition to important parameters like oncological safety. In this connection, skinsparing mastectomy (SSM) with immediate breast reconstruction (IBR) represents
a new development. Already introduced into clinical practice by Toth and Lappert
in 1991, however, doubt concerning indications and oncologic safety still exists.
Based on a case series of patients at the Department of Gynecology and
Obstetrics of the Medical University Graz, SSM was evaluated with regard to
recurrence rate, occurring complications and quality of life (QoL).
Methods: Clinical and demographic data were retrospectively collected from the
medical records and Medocs and processed using descriptive statistics. To
capture QoL, three questionnaires were distributed among the study participants
after surgery. These were: the EORTC QLQ-30, a specially developed
questionnaire for cancer patients, the EORTC QLQ-BR23, a breast cancer
module, which is used in combination with the EORTC QLQ C-30 and the EORTC
QLQ-BRR31, a questionnaire - not yet validated at beginning of the survey - for
patients after breast reconstruction. Additionally the results of the EORTC QLQC30 were compared with data from a German reference population. For this
purpose, the patients were divided into three different age groups and confidence
intervals were calculated for the respective results.
Results: 36 patients underwent 46 reconstructions. After a mean follow-up time of
9.6 months local recurrence could be noticed in one patient. Distant metastases
were observed in 8.3 % (N = 3) of all cases with one study participant presenting
herself preoperatively with primary metastatic breast cancer. Reoperations were
performed because of necrotic complications (6.5%), wound complications (8.7%),
haematoma (13%) and as a result of implant dislocation (2.2%). Patients’ QoL was
comparable to the reference population in most areas. Variations were detected in
the group of 40 to 49 year olds in the areas of role functioning and insomnia. 59%
of respondents said they were very satisfied with the result of the reconstruction.
76 % of women said that the reconstruction of the breast had helped a lot in terms
to accept the disease.
v
Conclusion: Correctly indicated SSM with IBR is an oncologically safe method,
showing low rates of local and distant recurrence. The results of the questionnaire
survey indicate high quality of life of patients after breast reconstruction.
Compared to the data of the German reference population similar results are
shown.
vi
Inhaltsverzeichnis
Danksagungen ................................................................................... ii
Zusammenfassung ........................................................................... iii
Abstract .............................................................................................. v
Inhaltsverzeichnis ........................................................................... vii
Glossar und Abkürzungen ................................................................ x
Abbildungsverzeichnis ................................................................... xii
Tabellenverzeichnis ....................................................................... xiii
1
Einleitung ..................................................................................... 1
1.1
Epidemiologie .......................................................................... 1
1.2
Therapiemöglichkeiten des Mammakarzinoms ........................ 1
1.3
Historischer Überblick über die Brustchirurgie ......................... 2
1.4
Skin-sparing Mastektomie ....................................................... 3
1.4.1
1.4.1.1
1.4.1.2
1.4.2
1.4.2.1
1.4.2.2
1.4.2.3
1.4.2.4
1.4.3
1.4.3.1
1.4.3.2
1.4.4
1.4.4.1
1.4.4.2
1.4.4.3
1.4.4.4
1.4.5
1.4.5.1
1.4.5.2
1.4.5.3
Chirurgische Technik ........................................................................ 3
Schnittführung ...................................................................................... 4
Technische Aspekte ............................................................................. 5
Rekonstruktive Möglichkeiten ........................................................... 6
Rekonstruktion mit autologem Gewebe ................................................ 6
Rekonstruktion mit Implantaten und Gewebsexpandern ....................... 8
Gebrauch von azellulären dermalen Matrices ....................................... 9
Rekonstruktion des Nippel-Areola-Komplexes .....................................10
Patientinnenselektion ...................................................................... 10
Indikationen .........................................................................................10
Kontraindikationen ...............................................................................11
Onkologische Sicherheit ................................................................. 11
Duktales Carcinoma in situ ..................................................................14
Frühinvasiver Brustkrebs .....................................................................14
SSM in der Behandlung fortgeschrittener Stadien ...............................16
Onkologische Sicherheit bei Erhalt des NAC .......................................18
Komplikationen ............................................................................... 21
Hautlappenkomplikationen...................................................................21
Nippelnekrose......................................................................................23
Verzögerung adjuvanter Behandlung ...................................................24
vii
1.5
Radiotherapie und SSM ........................................................ 26
1.5.1
Indikationen..................................................................................... 26
1.5.2
Onkologischer Effekt ....................................................................... 26
1.5.3
Risiken der Bestrahlung .................................................................. 28
1.5.4
Bestrahlung der rekonstruierten Brust und Effekte auf das
kosmetische Ergebnis ................................................................................... 28
1.6
1.6.1
Kosmetisches Ergebnis .................................................................. 32
1.6.2
Lebensqualitätsuntersuchungen ..................................................... 34
1.7
2
Auswirkungen auf die Lebensqualität .................................... 32
Fragestellung der Arbeit ........................................................ 36
Material und Methoden ............................................................. 37
2.1
Studiendesign ....................................................................... 37
2.1.1
Retrospektive Datenanalyse ........................................................... 37
2.1.2
Fragebogenuntersuchung ............................................................... 38
2.1.2.1
2.1.2.2
2.1.2.3
2.1.2.4
2.1.3
2.2
3
4
Der EORTC QLQ-C30 .........................................................................38
Der EORTC QLQ-BR23.......................................................................39
Der EORTC QLQ-BRR31 ....................................................................40
Ablauf der Lebensqualitätserhebung ...................................................40
Ein-und Ausschlusskriterien ............................................................ 41
Statistische Auswertung ........................................................ 42
Ergebnisse ................................................................................. 43
3.1
Studienpopulation.................................................................. 43
3.2
Rekonstruktionen und postoperativer Verlauf ........................ 45
3.3
Adjuvante Therapie und Nachsorge ...................................... 49
3.4
Lebensqualitätsuntersuchung ................................................ 50
3.4.1
Auswertung des EORTC QLQ-C30 ................................................ 50
3.4.2
Auswertung des EORTC QLQ-BR23 .............................................. 54
3.4.3
Auswertung des EORTC QLQ-BRR31 ........................................... 55
Diskussion ................................................................................. 61
viii
4.1
Ergebnisse der Lebensqualitätsuntersuchung ....................... 61
4.2
Statistische Methodik............................................................. 66
4.3
Limitationen der Studie .......................................................... 66
5
Zusammenfassung und Ausblick............................................. 67
6
Literaturverzeichnis .................................................................. 69
Anhang – Fragebogen ..................................................................... 79
ix
Glossar und Abkürzungen
ADM
Azelluläre dermale Matrix
AP
Appetite loss= Appetitverlust
AS
Arm symptoms = Armsymptome
BET
Brusterhaltende Therapie
BI
Body image = Körperbild
BMI
Body Mass Index
BS
Breast symptoms = Brustsymptome
CF
Cognitive functioning = kognitive Funktion
CM
Conventional Mastectomy (Konventionelle Mastektomie)
CO
Constipation= Verstopfung (Konstipation)
DCIS
Duktales Carcinoma in Situ
DI
Diarrhoea = Diarrhoe
DIEP
Deep Inferior Epigastric Perforator (tiefer inferiorer epigastrischer
Perforatorlappen)
DY
Dyspnoea =Dyspnoe
EBCTCG
Early Breast Cancer Trialists‘ Collaborative Group
EF
Emotional functioning = emotionale Funktion
EORTC
European Organisation for Research and Treatment of Cancer
FA
Fatigue = Müdigkeit
FACT-B
Functional Assessment of Cancer Therapy Questionnaire for Breast
Cancer
FI
Financial difficulties = finanzielle Probleme
FU
Future perspective = Zukunftsperspektive
HL
Hair loss =Haarverlust
IBR
Immediate Breast Reconstruction (Sofortiger Brustaufbau)
IMF
Inframammärfalte
IN
Insomnia= Schlaflosigkeit
LD
Latissimus Dorsi
LK
Lymphknoten
LQ
Lebensqualität
MRM
Modifiziert radikale Mastektomie
NAC
Nipple-Areola-Complex (Nippel-Areola-Komplex)
x
NSM
Nipple-Sparing Mastektomie
NV
Nausea/Vomiting= Übelkeit/Erbrechen
PA
Pain= Schmerzen
PF
Physical funtioning = körperliche Funktion
PMRT
Postmastektomie-Radiotherapie
PS-Heilung Per secundam-Heilung (sekundäre Wundheilung)
QL
globaler Gesundheits- und Lebensqualitätswert
RF
Role functioning = Rollenfunktion
RM
Radikale Mastektomie
SD
Standard deviation = Standardabweichung
SEE
Sexual enjoyment = sexuelles Vergnügen/Lust
SEF
Sexual functioning = Sexualfunktion
SF
Social functioning = Soziale Funktion
SL
Superfizielle Lage (der superfiziellen Faszie)
SNL
Sentinel-Lymphknoten
SNLB
Sentinel-Lymphknotenbiopsie
SSM
Skin-Sparing Mastektomie
ST
Systemic therapy =Systemtherapie
TND
Tumor-Nippel-Distanz
TRAM
Transverser Rectus Abdominis Musculocutaneus (-Lappen)
UFK
Universitätsfrauenklinik
VAS
Visuelle Analogskala
xi
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: TRAM-Lappen (links) und LD-Lappen (rechts) [38] ........................... 7
Abbildung 2: Schematische Darstellung: links ohne ADM, rechts Verstärkung
durch ADM [50] ...................................................................................................... 9
Abbildung 3: Algorithmus für therapeutische NSM [28] ........................................ 19
Abbildung 4: Prozentuelle Verteilung bezüglich des Menopausenstatus ............. 44
Abbildung 5: Prozentuelle Aufteilung der Operationen der Axilla ......................... 46
Abbildung 6: Übersicht über verwendete Produkte .............................................. 47
Abbildung 7: Aufteilung des Studienkollektivs auf die Altersgruppen ................... 51
Abbildung 8: Altergruppe 30-39 ............................................................................ 52
Abbildung 9: Altersgruppe 40-49 .......................................................................... 53
Abbildung 10: Altersgruppe 50-59 ........................................................................ 54
Abbildung 11: Beschwerden bezüglich der Behandlung ...................................... 56
Abbildung 12: Körperbild ...................................................................................... 57
Abbildung 13: Sexualität ....................................................................................... 58
Abbildung 14: Zufriedenheit mit den kosmetischen Ergebnis der Brust ............... 58
Abbildung 15: Zufriedenheit betreffend der Brustwarze ....................................... 59
Abbildung 16: Allgemeine Zufriedenheit und Krankheitsakzeptanz ...................... 60
xii
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Klassifikation der Skin-sparing Mastektomie [24] .................................. 4
Tabelle 2: Indikationen für eine Mastektomie [55] ................................................ 11
Tabelle 3: Stadieneinteilung nach dem TNM-System [3,65] ................................. 13
Tabelle 4: Gruppierte Stadien [65]........................................................................ 14
Tabelle 5 Lokalrezidivraten nach SSM bei invasivem Brustkrebs (modifiziert nach
[10]) ...................................................................................................................... 18
Tabelle 6: Lokalrezidivraten bei Anwendung von NSM (modifiziert nach [10]) ..... 20
Tabelle 7: Bereiche des EORTC QLQ-C30 .......................................................... 39
Tabelle 8: Bereiche des EORTC QLQ-BR23........................................................ 40
Tabelle 9: Patientinnenmerkmale und Follow-Up ................................................. 43
Tabelle 10: Bisherige Operationen und Behandlung ............................................ 44
Tabelle 11: Stadienverteilung ............................................................................... 45
Tabelle 12: Komplikationen und Reoperationen ................................................... 48
Tabelle 13: Zusammenhang von Lokal- und Fernrezidiven und histologischem
Stadium des Tumors (Tabelle modifiziert nach [7]) .............................................. 49
Tabelle 14: Ergebnisse des EORTC QLQ-C30 .................................................... 50
Tabelle 15: Ergebnisse des EORTC QLQ-BR23 .................................................. 54
xiii
1 Einleitung
1.1 Epidemiologie
Brustkrebs ist die häufigste Krebserkrankung bei Frauen weltweit. Die Inzidenz
beläuft sich in Westeuropa auf ca. 90 pro 100 000 [1]. Mit einem Anteil von 30 %
ist es auch in Österreich das am häufigsten diagnostizierte Malignom bei Frauen.
Das kumulierte Erkrankungsrisiko liegt derzeit bei 8%, was bedeutet, dass ca. eine
von 13 Frauen bis zu ihrem 75. Lebensjahr an Brustkrebs erkrankt [2].
1.2 Therapiemöglichkeiten des Mammakarzinoms
Es existieren verschiedene prä- und/oder postoperative Möglichkeiten zur
Therapie des Mammakarzinoms. Grundsätzlich unterscheidet man systemische
Therapien, eine lokale Therapie im Sinne einer Bestrahlung und die Chirurgie [3].
Die chirurgische Behandlung mit dem Ziel der Resektion des Tumors [3], spielt in
der Behandlung der Erkrankung eine zentrale Rolle [4].
Unter systemischen Therapien versteht man die Verabreichung von Zytostatika,
monoklonalen Antikörpern bzw. eine Antihormontherapie. Was die zytostatische
Chemotherapie betrifft, so wurde in den letzten Jahren mit zunehmender
Häufigkeit ein neoadjuvanter Ansatz verfolgt. Das Ziel der präoperativen
Verabreichung der Chemotherapeutika besteht darin, den Tumor zu verkleinern.
Durch die Verkleinerung steigt bei initial großen Tumoren die Möglichkeit einer
brusterhaltenden Therapie und eine radikale Operation wie die Mastektomie kann
vermieden werden. Weiters können primär inoperable Tumoren aufgrund einer
stattgehabten Verkleinerung einer chirurgischen Resektion zugeführt werden.
Anschließend
ist
im
Hinblick
auf
eine
postoperative
Therapie
das
Therapieansprechen des Tumors auf die neoadjuvante Chemotherapie zu
beachten [3,5].
Die adjuvante postoperative Therapie wird eingesetzt, um Rezidive zu eliminieren.
Die Methoden umfassen Bestrahlung ebenso wie medikamentöse Therapien. Die
Tumorbiologie ist für die Auswahl der Therapie ausschlaggebend. Zu bestimmen
ist der Rezeptorstatus des Tumors. Zum Einsatz kommen endokrine Therapien
(Aromataseinhibitoren, GnRH-Agonisten, selektive Estrogenrezeptormodulatoren)
1
bzw. die Behandlung mit monoklonalen Antikörpern (Trastuzumab). Als wichtige
zytostatische Substanzen sind Antrazykline, Cyclophosphamid bzw. taxanhaltige
Chemotherapeutika zu nennen [3].
Ein multidisziplinärer Ansatz ist in der Behandlung des Mammakarzinoms
wesentlich [4].
1.3 Historischer Überblick über die Brustchirurgie
Was die chirurgische Therapie betrifft, so fand in den letzten Jahren zusätzlich zu
onkologischen Parametern auch das kosmetische Ergebnis und somit auch die
Lebensqualität der Patientin zunehmend Beachtung. Im Behandlungskonzept hat
sich eine Tendenz dazu entwickelt, weniger invasiv vorzugehen und wann immer
möglich, brusterhaltend zu operieren [6]. Bei rund einem Drittel aller Patientinnen
werden aber auch heute noch radikalere Behandlungen in Form einer
Mastektomie durchgeführt [7-9]. Diese Operationsmethode bedeutet eine große
Belastung für die betroffene Frau und ist mit einer hohen psychosozialen
Morbidität vergesellschaftet [10]. Heutzutage spielen zunehmend hautsparende
Mastektomien eine Rolle, bei denen durch schonendere Zugänge möglichst viel
Gewebe erhalten bleiben soll [11-13]. Um zu verstehen, wie sich die onkologische
Brustchirurgie entwickelt hat, soll an dieser Stelle ein kurzer historischer Überblick
dargestellt werden.
Im späten 19. Jahrhundert prägte Halsted den Begriff der radikalen Mastektomie
(RM), bei der die über dem Tumor liegende Haut, die unter der Brust liegenden
Muskeln
(Musculus
pectorales
major
und
minor)
und
das
axilläre
Lymphabflussgebiet entfernt werden. Diese radikale Entfernung aller Strukturen
der betroffenen Brust wurde in der Annahme durchgeführt, dass der Tumor
schrittweise das Gewebe durchwächst bis zur Fernmetastasierung [5,14].
Geoffrey Keynes schlug 1937 erstmals konservativere Operationen und
nachfolgende Bestrahlung mit Radium vor. Er kritisierte die von Halsted
entworfene radikale Mastektomie. Aufgrund der oft weit fortgeschrittenen
Krankheit, mit der sich die Patientinnen in dieser Zeit präsentierten, kam die
radikale Mastektomie zu spät und war deshalb durch die bereits eingetretene
Metastasierung unnötig und eine weitere schwere Belastung für die Betroffenen
2
[5,15,16]. In den 1970ern konnte in Studien gezeigt werden, dass zwischen
radikaler Mastektomie und der, von Patey entwickelten, modifiziert radikalen
Mastektomie (MRM) [17] kein Unterschied besteht, was das Überleben anbelangt.
Die durch Patey bekannt gewordene Operationsmethode der MRM verzichtete auf
das Entfernen der Brustmuskel [18]. In den darauffolgenden Jahren erwies sich
die brusterhaltende Operation (BET) mit Bestrahlung als gleichwertig zur
Mastektomie in der Behandlung von kleineren Tumoren [19]. Nicht immer ist die
brusterhaltende Operation indiziert, weshalb auf dem Gebiet der Mastektomie
auch neue Zugangswege und Methoden erforscht werden. Zur brusterhaltenden
Operation und Mastektomie ist ein dritter Pfeiler gekommen, die onkoplastische
Brustchirurgie. Diese vereint in einer Operation die Resektion des Tumors und die
sofortige Rekonstruktion (IBR) der Brust [20,21].
1.4 Skin-sparing Mastektomie
Gegenwärtig spielt die Skin-sparing (hautsparende) Mastektomie (SSM), von Toth
und Lappert 1991 [12] erstmals beschrieben, eine besondere Rolle in der
onkologischen Brustchirurgie. Indem der natürliche Hautmantel erhalten bleibt und
ein sofortiger Wiederaufbau der Brust erfolgt, führt diese Methode zu besseren
ästhetischen
Ergebnissen
und
ist
mit
einer
hohen
Zufriedenheit
und
Lebensqualität der Patientinnen verbunden [6,8].
1.4.1 Chirurgische Technik
Toth und Lappert beschreiben in diesem Vorgehen wie man eine Mastektomie
durchführen und dabei durch präoperativ geplante Schnittführung möglichst viel
Haut der betroffenen Brust erhalten kann. Die Methode der skin-sparing
Mastektomie beinhaltet die Entfernung des gesamten Brustdrüsenkörpers, des
Nippel-Areola-Komplexes (NAC) und bestehender Biopsienarben der Haut [12].
Bei diagnostisch durchgeführter perkutaner Stanzbiopsie ist dagegen keine
Entfernung der Hautdurchtrittsstelle erforderlich [22]. Manchmal wird auch die
Haut über oberflächlich subkutan gelegenen Tumoren entfernt. Die inframammäre
Falte (IMF) und die Haut über dem Brustgewebe werden jedoch großteils
belassen. Dieses Prozedere hinterlässt einen leeren Hautmantel, der als Tasche
für die Brustrekonstruktion dient und so zu besseren kosmetischen Ergebnissen
3
führen soll, da Farbe und Textur der Haut hier im Gegensatz zur konventionellen
Mastektomie von der ursprünglichen Brust nicht abweichen [12]. In aktuellen
Studien wird bei genügend Abstand des Tumors zum NAC und nach Bestätigung
eines tumorfreien subareolären Gefrierschnitts dieser auch erhalten und eine
Nipple-sparing Mastektomie (NSM) durchgeführt [8,11,23].
1.4.1.1 Schnittführung
Die Arten der Schnittführung können je nach Größe der Brust, Lokalisation des
Tumors und Lage der Biopsienarben unterschiedlich sein. Auch eine mögliche
axilläre Operation und die Art der geplanten Rekonstruktion haben darauf Einfluss.
Entsprechend der Wahl der Schnittführung existiert eine Klassifikation von vier
Typen einer Skin-sparing Mastektomie (siehe Tabelle1).
Tabelle 1: Klassifikation der Skin-sparing Mastektomie [24]
Typ
Klassifikation
I
Entfernung des NAC
II
Entfernung des NAC und erweiterter Schnitt mit Verbindung zur Areola
III
Entfernung NAC, früherer Biopsienarben und der Haut über oberflächlich gelegenen
Tumoren über zwei separat gesetzte Schnitte
IV
Reduktionsschnitt mit Entfernung des NAC (wise pattern-Schnitt)
Typ I beschreibt eine Entfernung des NAC, bei Typ II wird zusätzlich vom NAC der
Schnitt erweitert, um frühere Biopsienarben mit zu entfernen. Typ III besteht aus
einem Schnitt um die Areola und einem weiteren Schnitt entfernt davon. Ein
Hautsteg zwischen beiden Schnitten bleibt erhalten. Diese Schnittführung wird bei,
entfernt von der Areola, oft im oberen äußeren Quadranten, liegenden Tumoren
durchgeführt. Typ IV ist ein Schnitt, der oft bei ptotischen Brüsten zur Reduktion
verwendet wird. Er wird auch wise pattern-Schnitt genannt und zeigt sich nach
Rekonstruktion in einer umgedrehten T-förmigen Narbe [24].
Typ I wird durch laterale [25] oder auch mediale Inzisionen noch weiter modifiziert.
Zusätzlich wird auch oft ein elliptisch um die Areola verlaufender Schnitt
beschrieben [26]. Durch die Einführung der NSM in die klinische Praxis, sind
weitere Schnittführungen entwickelt worden. Um den NAC zu erhalten, werden
heutzutage
hemi-periareoläre
oder
doppelt-zirkulär
verlaufende
Zugänge
4
durchgeführt, so wird die Areola nicht komplett von der Blutversorgung getrennt
[27]. Auch beschrieben werden laterale Schnittführungen, sowie Zugänge über die
IMF als günstig für das Überleben des NAC, insbesondere für Frauen mit kleinen
Brüsten. Für Frauen mit ptotischen und großen Brüsten wird der Erhalt des NAC
mit diesem Zugang eher kontrovers diskutiert, da hier lange Hautlappen
entstehen, deren Durchblutung kritisch sein kann. Bei einem Zugang über die
Areola sollte man auf jeden Fall darauf achten, nicht mehr als ein Drittel ihres
Durchmessers durchzutrennen [28].
Die Durchführung einer Sentinel-Lymphknotenbiopsie (SNLB) bzw. einer axillären
Dissektion kann, zum einen über die beschriebenen Schnittführungen erfolgen,
wie z.B. periareolar mit lateraler Erweiterung, zum anderen kann dazu separat in
der Achsel ein Schnitt gesetzt werden [29].
1.4.1.2 Technische Aspekte
Wenn der Schnitt gesetzt ist, wird das Brustgewebe reseziert. In der Tiefe sollte
bis zur Faszie des Musculus pectoralis major abpräpariert werden, nach cranial
bis zur Area infraclavicularis, lateral bis zur vorderen Axillarlinie, medial sollte die
Grenze parasternal liegen [9]. In caudaler Richtung sollte nicht weiter als bis zur
IMF reseziert werden [30]. Die Entfernung des Gewebes an der Rückseite der
Haut sollte bis zu einer Grenze, der superfiziellen Lage der superfiziellen Faszie
(SL) durchgeführt werden [31-33]. Die SL soll als Grenze zwischen subkutanen
Fettgewebe und Brustdrüsengewebe dienen [9,33]. Eine Studie konnte hier
allerdings zeigen, dass die SL eine eher unzuverlässige Landmarke zu sein
scheint. Beer et al. haben 2002 in 62 Brustdrüsenpräparaten versucht, die SL zu
identifizieren. Das Ergebnis war, dass in 44% der Fälle diese Leitstruktur nicht zu
finden war, keine zuverlässige Abgrenzung zum Brustdrüsengewebe bildet und
deshalb nur in wenigen Fällen als Orientierung von Nutzen sein kann. In
denjenigen Fällen in denen die SL makroskopisch zu sehen war, hätte man so viel
resezieren müssen, dass die Durchblutung der Haut stark gefährdet worden wäre
[33].
Was das Lymphknotenstaging betrifft, so wird ein Sentinel-Lymphknoten (SNL)
entnommen. Man nennt dies eine Sentinel-Lymphknotenbiopsie (SNLB). Einige
Stunden vor der Operation wird hierzu das Lymphabflussgebiet des Tumors
radioaktiv markiert, während der Operation wird dann mittels Mess-Sonde der SNL
5
aufgespürt. Dieser wird intraoperativ zum Schnellschnitt an die Pathologie
geschickt und dort im Gefrierschnitt auf Tumorzellen untersucht. Bei positivem
Befund kann in der gleichen Sitzung eine axilläre Dissektion vorgenommen
werden [8,25,34].
1.4.2 Rekonstruktive Möglichkeiten
Auf dem Gebiet der rekonstruktiven Möglichkeiten existieren zahlreiche Methoden.
Grundsätzlich unterscheidet man zwei Arten eines Aufbaus. Man kann
körpereigenes, autologes Gewebe als Lappen, oder synthetisches Material, im
Sinne eines Implantats bzw. eines Expanders verwenden. Diese Möglichkeiten
lassen sich auch kombinieren [35]. Für den Fall dass, aufgrund ungenügenden
Abstands des Tumors zum NAC und/oder karzinomatöser Infiltration desselben,
dieser bei der Mastektomie entfernt werden musste, wurden in letzter Zeit auch
Methoden entwickelt, einen NAC zu rekonstruieren [8,26,35].
1.4.2.1 Rekonstruktion mit autologem Gewebe
Autologes Gewebe bietet den Vorteil, dass die rekonstruierte Brust durch den
weichen und hängenden Lappen die natürliche Ptosis beibehält [35]. In Studien
konnte gezeigt werden, dass die Rate an Komplikationen, beispielsweise
Kapselkontraktur,
als
Folge
einer
postoperativen
Bestrahlung
bei
Rekonstruktionen mit autologem Gewebe geringer ist [36]. Die Auswahl des
Lappens wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst. Die Größe des
Hautmantels der Brust bestimmt die zum Aufbau zu entnehmende Menge an der
Donorstelle. Ein weiterer, sehr wichtiger Einflussfaktor sind die Wünsche der
Patientin. Die Auswahl an autogenem Gewebe in der Brustrekonstruktion bietet
wiederum verschiedene Möglichkeiten (siehe Abbildung 1) [35,37].
Der folgende Abschnitt soll über die gebräuchlichsten Methoden eine kurze
Übersicht bieten.
6
Abbildung 1: TRAM-Lappen (links) und LD-Lappen (rechts) [38]
Latissimus Dorsi-Muskulokutaneus (LD)-Lappen
Der LD-Lappen wird mitsamt seiner Blutversorgung vom seinem ursprünglichen
Platz am Rücken losgelöst, rotiert und subkutan in die zu rekonstruierende
Brustregion eingebracht. Der zusätzliche Schnitt am Rücken wird am besten
horizontal so angelegt, dass die Narbe unter dem BH versteckt werden kann [39].
Der LD-Lappen wird in verschiedenen Studien allein, als „extended LD-Lappen“
oder auch mit einem Implantat kombiniert verwendet [6,40].
Tranverser Rectus Abdominis-Muskulokutaneus (TRAM)–Lappen
Es wird unterschieden zwischen einem gestielten [41] und einem freien TRAMLappen [42]. Ersterer wird dabei ohne Durchtrennung der versorgenden
superioren epigastrischen Gefäße aus dem Unterbauch entnommen und über eine
subkutane Tunnelung in den Mastektomiedefekt eingebracht. Im Gegensatz dazu
werden
beim
freien
TRAM-Lappen
die
hier
versorgenden,
inferioren
epigastrischen Arterien durchtrennt, der Lappen vom Unterbauch abgelöst, um
dann mikrochirurgisch an die Gefäßversorgung der Brust angeschlossen zu
werden [41,42]. Grotting et al. konnten zeigen, dass der freie TRAM-Lappen im
Vergleich zum gestielten weniger Komplikationen aufweist was Durchblutung und
Wundheilung anbelangt. Es zeigten sich außerdem weniger Probleme an der
Entnahmestelle. Der gestielte Lappen verursacht am Abdomen mehr Schmerzen
und das Risiko für Hernien scheint erhöht [43].
7
Tiefer inferiorer epigastrischer Perforatorlappen (DIEP)
Der DIEP-Lappen ist eine sehr beliebte Methode auf dem Gebiet der
Brustrekonstruktion. Ebenso wie beim freien TRAM-Lappen stammt auch beim
DIEP-Lappen die Gefäßversorgung aus den inferioren epigastrischen Gefäßen. Im
Gegensatz dazu ist hier der Muskel kein Bestandteil des Lappens und die Faszie
des Muskulus Rektus Abdominis wird intakt belassen, was zu einer verringerten
Anzahl an Hernien geführt hat [44].
1.4.2.2 Rekonstruktion mit Implantaten und Gewebsexpandern
Eine vielfach gewählte Technik zur Brustrekonstruktion ist die Verwendung von
Implantaten und Expandern. Bei dieser Methode muss keine zusätzliche Narbe
am Körper gesetzt werden und ein weiterer Eingriff kann vermieden werden.
Entsprechend der Anatomie und der Größe der kontralateralen Brust wird ein
passendes Implantat bestimmt [45]. Von vielen Autoren wird in der Literatur eine
submuskuläre Position für das Implantat favorisiert [8,25,27,46]. Während der
Operation wird eine Tasche unter dem Pektoralismuskel geschaffen, in welcher
das Implantat dann fixiert wird. Bei einigen Patientinnen kann die onkologisch
notwendige Hautexzision dazu führen, dass die Tasche, die gebildet werden kann,
zu klein ist, um mit der Brust der anderen Seite Symmetrie zu erreichen. In diesen
Fällen wird erst ein Gewebsexpander unter den Pektoralismuskel gelegt, damit
nach und nach der Muskel und somit auch die Haut darüber gedehnt werden. Der
Expander wird in zeitlichen Abständen allmählich aufgefüllt bis der erforderliche
Dehnungszustand erreicht ist. Der Expander wird abschließend in einer zweiten
Operation durch ein permanentes Implantat ersetzt [47]. Beim Gebrauch von
Becker-Expandern kann dieses zweizeitige Vorgehen vermieden werden. Nach
Erreichen des gewünschten Füllvolumens wird der dafür notwendige Injektionsport
entfernt und das Implantat kann belassen werden [48]. Die heutzutage
verfügbaren anatomisch geformten expandierbaren Implantate versuchen die
natürliche Ptose der Brust nachzuahmen [45]. Häufig werden auch Implantate mit
LD-Lappen kombiniert. Durch die Bedeckung des Implantats durch den Lappen
bekommt die rekonstruierte Brust eine natürliche und weiche Kontur und
kosmetisch ansprechende Ergebnisse können erzielt werden [49].
8
1.4.2.3 Gebrauch von azellulären dermalen Matrices
Eine Kombination aus autogenem Gewebe und Expander bzw. Implantat kann
nicht bei jeder Patientin durchgeführt werden. Nach Dehnung durch einen
Gewebsexpander kann die Haut stark ausgedünnt sein, was zu Komplikationen
führen kann. Wenn das Implantat nicht ausreichend durch Muskel bedeckt ist,
kann es zum Freiliegen des Implantats kommen. Der untere Teil des Implantats ist
hier vor allem stark gefährdet, da dieser meist schlecht durch Weichteilgewebe
abgedeckt ist. Durch den in diesem Bereich ungenügenden Schutz, kann das
Implantat nach lateral abweichen [50,51]. Durch den direkten Kontakt und Druck
des Implantats auf die Haut werden außerdem Fibroblasten stimuliert, was in
kosmetisch störenden Kapselkontrakturen resultieren kann [52]. Um diese Risiken
zu minimieren und das ästhetische Ergebnis zu verbessern, werden heute in der
onkoplastischen Brustchirurgie zunehmend azelluläre dermale Matrices (ADM)
verwendet.
Abbildung 2: Schematische Darstellung: links ohne ADM, rechts
Verstärkung durch ADM [50]
Um das Implantat in seiner Position zu halten, wird der untere Rand des Blattes an
die inframammäre Falte der Brust und der obere Rand an den kaudalen Anteil des
Brustmuskels genäht. Dadurch wird eine Tasche gebildet, die durch eine weitere
Verankerung der ADM, auch lateral verstärkt wird und das seitliche Abgleiten des
Implantats verhindert (siehe Abbildung 2) [50,51,53].
Die ADM wird im Laufe der Zeit von Granulationsgewebe durchwachsen und
revaskularisiert und somit vollständig in das Brustgewebe integriert [50,53].
Außerdem werden für Rekonstruktionen mithilfe einer ADM auch weniger
9
Komplikationen beschrieben. Peled et al. berichten in ihrer Studie davon, dass in
der Gruppe der Patientinnen, bei denen der Brustaufbau mithilfe einer ADM
durchgeführt wurde, weniger Verluste des Implantats und weniger Infektionen zu
verzeichnen waren, im Vergleich zur Gruppe, die ohne den Gebrauch einer ADM
rekonstruiert wurden [51].
1.4.2.4 Rekonstruktion des Nippel-Areola-Komplexes
Patientinnen, bei denen der NAC aufgrund tumoröser Infiltration nicht erhalten
werden kann, werden heutzutage vielfältige Methoden angeboten, diesen zu
rekonstruieren. Ein Verfahren ist die Rekonstruktion durch lokale Hautlappen
[8,26]. Die in der Literatur beschriebene Methode des Nippel-Sharings besteht
darin, den Nippel der nicht erkrankten Brust zu teilen und die Hälfte davon auf die
zu rekonstruierende Seite zu übertragen. Weiters besteht die Möglichkeit, Gewebe
von anderen Körperstellen zu transplantieren. Der Brusthof kann in derselben
Operation tätowiert werden [8,37,54].
1.4.3 Patientinnenselektion
Aufgrund der chirurgischen Technik der SSM, bei der möglichst viel Haut belassen
wird, stellt diese Methode der Mastektomie nicht für jede an Brustkrebs erkrankte
Frau eine mögliche Behandlungsweise dar.
1.4.3.1 Indikationen
Tabelle 2 zeigt eine Übersicht über die im Allgemeinen geltenden Indikationen für
eine Mastektomie [55].
10
Tabelle 2: Indikationen für eine Mastektomie [55]
Wunsch der Patientin
Multizentrische Erkrankung (multiple Foci in verschiedenen Quadranten)
Großflächiges DCIS oder diffuse Mikrokalzifikationen
Großer Tumor im Vergleich zur Brustgröße
Keine histologisch tumorfreien Resektionsränder nach BET
Rezidiverkrankung nach BET
Kontraindikation zur Radiotherapie nach einer BET
Bei großflächigem duktalem Carcinoma in situ (DCIS) und einer ungünstigen
Tumor-Brust-Relation wird eine BET aufgrund schlechterem kosmetischen
Ergebnisses vermieden [9]. Nach einer brusterhaltenden Operation ist, den
Leitlinien entsprechend, eine postoperative Bestrahlung empfohlen [56]. In
gewissen Fällen kann diese jedoch kontraindiziert sein, beispielsweise bei Frauen,
die aufgrund einer Hodgkin-Erkrankung bereits an der Brust vorbestrahlt wurden.
SSM und IBR werden heutzutage nicht nur aus therapeutischen, sondern auch
aus prophylaktischen Gründen angewendet [55]. Frauen, bei denen aufgrund
einer BRCA 1 bzw. BRCA 2-Mutation eine genetische Vorbelastung für Brustkrebs
besteht, können so ihr Risiko zu erkranken, reduzieren [57].
1.4.3.2 Kontraindikationen
Da der Erhalt der Haut bei der SSM eine sehr bedeutende Rolle spielt, stellen das
inflammatorische Mammakarzinom und Tumoren mit einem ausgedehnten Befall
der Haut, eine klare Kontraindikation für die SSM dar [9,58]. In diesen Fällen ist
eine konventionelle Mastektomie ohne primäre Rekonstruktion der Brust zu
bevorzugen [37].
1.4.4 Onkologische Sicherheit
Die onkologische Sicherheit wird anhand der Rezidivrate, also des erneuten
Auftretens der Erkrankung, beurteilt [40]. Rezidive können lokal, in der
ipsilateralen Brusthaut, dem NAC oder in der Brustwand auftreten. Loko-regionäre
Rezidive
werden
Lymphabflussgebiet,
meist
also
definiert
in
den
als
internen
Auftreten
eines
mammären,
den
Tumors
infra-
im
oder
11
supraklavikulären bzw. den ipsilateralen axillären Lymphknoten (LK). Das
Auftreten von Fernmetastasen wird als systemisches Rezidiv bezeichnet [11]. Am
häufigsten manifestieren sich Lokalrezidive auf der über der Brustwand liegenden
Haut. Da bei der SSM die Hautexzision auf ein Minimum beschränkt wird, gibt es
Befürchtungen, dass dadurch auch Brustgewebe im Hautmantel zurückgelassen
wird, was zu erhöhten Lokalrezidivraten führen könnte [9]. In einer Studie von
Torresan et al. wurde verbleibendes Brustgewebe in 11 von 23 Patietinnnen
(47,8%) gefunden [59]. Ho und MitarbeiterInnen analysierten 30 Präparate nach
MRM und untersuchten dabei die Haut und das subkutane Gewebe, wobei man in
23% der Präparate malignes Tumorgewebe fand. Nach Meinung der AutorInnen
würde dieses Gewebe bei Durchführung einer SSM zurückbleiben, ein erhöhtes
Rezidivrisiko wäre gegeben. Ho et al. kamen daher zu dem Schluss, dass die
Durchführung einer SSM bei Tumoren in einem fortgeschrittenen Stadium (T3),
aufgrund der hohen Wahrscheinlichkeit eines Tumorbefalls des Hautlappens,
problematisch sei [60].
Slavin et al. entnahmen in einer Studienpopulation von 32 Patientinnen 114
Biopsien der zurückbleibenden Hautränder. In keiner der 114 Biopsien konnte
jedoch Brustgewebe nachgewiesen werden [26].
In den letzten Jahren wurden viele Studien durchgeführt, um die onkologische
Sicherheit der SSM zu zeigen. Die Ein- und Ausschlusskriterien, das Stadium des
Brustkrebses betreffend, unterscheiden sich in den jeweiligen Arbeiten aber noch
immer. In den letzten Jahren hat sich in vielen Studien gezeigt, dass SSM eine
onkologisch sichere Methode für DCIS und frühinvasive Karzinome darstellt
[13,61]. Es gibt in der Literatur jedoch noch wenige Untersuchungen, die eine
Effektivität und Sicherheit auch bei Patientinnen mit fortgeschrittenen Stadien
belegen konnten [62-64]. Tabelle 3 zeigt hierzu die Stadieneinteilung des
Mammakarzinoms nach dem TNM-System, wobei sich T auf den Primärtumor
bezieht und N den LK-Status beschreibt [65].
12
Tabelle 3: Stadieneinteilung nach dem TNM-System [3,65]
T-Stadium
Größe bzw. Merkmale des Tumors
pT0
Kein Primärtumor
pTis
Carcinoma in situ
pT1mic
Carcinoma in situ mit minimalinvasivem Anteil
pT1
≤2cm
pT1a
>0,1cm-0,5cm
pT1b
>0,5cm-1cm
pT1c
>1,0cm-2cm
pT2
>2cm-5cm
pT3
>5cm
pT4
jede Größe
pT4a
mit Ausdehnung auf Brustwand
pT4b
mit Ödem, Ulzeration bzw. Satellitenmetastasen
pT4c
Merkmale a+b
pT4d
Inflammatorisches Mammakarzinom
N-Stadium
Anzahl und Region der befallenen LK
pN0
Keine befallenen LK
pN1mi
Mikrometastasen > 0,2-2mm
pN1a
1-3 axilläre LK
pN1b
Interne mammäre LK bei SNL-Biopsie, klinisch nicht evident
pN1c
Merkmale a+b
pN2a
4-9 axillären LK
pN2b
interne mammäre Lk, klinisch evident; keine axillären LK
pN3a
≥ 10 axilläre LK oder Metastasen in infraklavikulären LK
pN3b
Interne mammäre LK, klinisch evident, zusätzlich positive axilläre LK
pN3c
Supraklavikuläre LK
M-Stadium
M0
Keine Fernmetastasen
M1
Fernmetastasen
Häufig wird in der Literatur auch eine Gruppierung dieser Stadien vorgenommen.
Die Erkrankung wird dabei in vier Stadien eingeteilt, die jeweils mit römischen
Ziffern gekennzeichnet werden (siehe Tabelle 4) [65].
13
Tabelle 4: Gruppierte Stadien [65]
Stadium
Entsprechendes TNM-Stadium
0
Tis, N0, M0
IA
T1, N0, M0
IB
T0-T1, N1mi, M0
IIA
T0-T1, N1, M0
T2, N0, M0
IIB
T2, N1, M0
T3, N0, M0
IIIA
T0-T2, N2, M0
T3, N1-N2, M0
IIIB
T4, N0-N2, M0
IIIC
jedes T, N3, M0
IV
jedes T, jedes N, M1
1.4.4.1 Duktales Carcinoma in situ
Eine Studie von Carlson et al. untersuchte 223 Frauen mit diagnostiziertem DCIS
hinsichtlich des Auftretens von Lokalrezidiven. Indikationen für die Durchführung
einer Mastektomie waren großflächiges oder multizentrisches DCIS, histologisch
befallene Ränder nach partieller Mastektomie, kontraindizierte Bestrahlung und
Bevorzugung einer SSM durch die Patientin selbst. Lokalrezidive traten bei 7
Patientinnen (3,3%) auf. Jeweils 2 weitere Patientinnen zeigten lokoregionäre
Rezidive und Fernmetastasen. Die Lokalrezidive bestanden in sechs Fällen aus
invasiven Karzinomen und in einem Fall aus einem neuerlichen DCIS [66]. Spiegel
und Butler analysierten retrospektiv 44 Patientinnen mit DCIS und beschrieben
das Auftreten von Lokalrezidiven in dieser Gruppe. Lokalrezidive traten auch nach
einer mittleren Follow-up-Zeit von 10,5 Jahren nicht auf [61].
1.4.4.2 Frühinvasiver Brustkrebs
Die Lokalrezidivrate ist in der Literatur mit einer Variabilität zwischen 0 [25] und
10% [11] angegeben. Toth, der 1991 die Methode zusammen mit Lappert
beschrieben hatte [12], untersuchte retrospektiv die Rezidivrate in einer Gruppe
von 50 Frauen, die sich zwischen 1985 und 1991 einer SSM mit IBR unterzogen
haben. Nach einer medianen Follow-up-Zeit von 51,5 Monaten zeigten sich
14
Fernmetastasen in 5 Patientinnen (10%), ein Lokalrezidiv wurde jedoch bei keiner
Patientin nachgewiesen. Knapp die Hälfte (48%) des Studienkollektivs setzte sich
aus Patientinnen im Stadium 0 zusammen [25]. Im selben Jahr verglich eine
Studie von Kroll et al. die Effektivität und das Ergebnis der SSM mit der
konventionellen Mastektomie (CM). In die Studie wurden 154 Frauen mit
invasivem Brustkrebs im Stadium T1 und T2 eingeschlossen. 114 Frauen
unterzogen sich einer SSM, bei 40 Patientinnen wurde eine CM durchgeführt. Die
Lokalrezidivrate nach einer Follow-up-Zeit von mindestens 6 Jahren, betrug in der
SSM-Gruppe 7%, in der non-SSM-Gruppe 7,5%. Die Unterschiede erwiesen sich
als statistisch nicht signifikant. Kroll et al. zogen aus ihrer Arbeit den Schluss, dass
SSM bei Frauen in einem frühen Krebsstadium eine onkologisch sichere Methode
sei. Eine Limitation der Studie war allerdings die geringe Anzahl der Frauen in der
Vergleichsgruppe [13]. Ein ähnliches Ergebnis zeigt eine Arbeit von Carlson et al.,
in der insgesamt 515 Mastektomien zwischen 1989 und 1994 durchgeführt
wurden. Diese wurden in zwei Gruppen aufgeteilt, eine SSM-Gruppe mit 327
Fällen und eine Gruppe mit 188 CM. Nach einer mittleren Follow-up-Zeit von 41
Monaten zeigte sich in der SSM-Gruppe eine Lokalrezidivrate von 4,8%, im
Vergleich zu einer Rate von 9,5% in der Gruppe mit Frauen, die sich einer
konventionellen Mastektomie unterzogen haben. In beiden Gruppen bildeten
Frauen im Stadium 0 und prophylaktische Operationen einen großen Prozentsatz,
in der SSM-Gruppe 42% (139 Patientinnen) und in der non-SSM-Gruppe 54%
(101 Patientinnen) [24]. In einer ebenfalls von Carlson und Mitarbeitern
publizierten Arbeit mit einer großen Fallzahl von 565 und einer medianen Followup-Zeit von 61,6 Monaten berichten die Autoren von 31 Patientinnen (5,5%) mit
Lokalrezidiven nach SSM. In dieser Studie zeigten sich Tumorstadium, -größe und
Lymphknotenbefall mit dem Auftreten von Rezidiven assoziiert [67]. Eine
Untersuchung von 173 Patientinnen mit invasivem Mammakarzinom zeigte mit
einer Lokalrezidivrate von 4,5% ähnliche Ergebnisse [68]. Spiegel und Butler
berichten von einer Rate von 5,6% in einer Analyse von Patientinnen im Stadium I
und II [61].
Greenway et al. beschreiben in einer Arbeit von 2005 eine radikalere Resektion
des Brustdrüsengewebes bei der Durchführung einer SSM. Die Grenzen der
Resektion werden lateral bis zur hinteren Axillarlinie und bis unter die IMF
gezogen. Die relativ große Studienpopulation von 1247 Patientinnen setzt sich aus
15
225 durchgeführten SSM und 1022 konventionellen Mastektomien zusammen.
Ausgeschlossen wurden alle Patientinnen, die sich aus prophylaktischen Gründen
einer Operation unterzogen haben. Einschlusskriterien waren Frauen mit einem
Mammakarzinom im Stadium 0(Tis)-T2. In dieser Studie wurden für beide
Gruppen sehr niedrige isolierte Lokalrezidivraten (SSM: 1,7%; Non-SSM:1,5%)
beschrieben [69].
Slavin und MitarbeiterInnen berichten in einer Gruppe von 51 Patientinnen im
Stadium 0-2 von nur einem Lokalrezidiv (2%) bei einer mittleren Follow-up-Zeit
von 45 Monaten [26].
1.4.4.3 SSM in der Behandlung fortgeschrittener Stadien
Die bisher genannten Arbeiten versuchten eine Effektivität von SSM vor allem in
der Behandlung des frühinvasiven Mammakarzinoms aufzuzeigen [13,25,26,69].
Wenige Studien erweiterten ihre Einschlusskriterien auf Patientinnen in einem
fortgeschrittenen
Stadium
der
Erkrankung
[24,68].
Viele
retrospektive
Untersuchungen inkludierten nur Patientinnen im Stadium I und II bzw. mit
diagnostiziertem DCIS [26,61,69]. Frauen, die sich aufgrund einer genetischen
Vorbelastung prophylaktisch mastektomieren ließen, bildeten in einzelnen
Publikationen einen beträchtlichen Anteil der Studienpopulation [24,25]. Einige
AutorInnen schlossen auch Patientinnen mit einem fortgeschrittenen Stadium mit
ein, jedoch war deren Anzahl oft zu gering, um aussagekräftige Schlüsse daraus
ziehen zu können [25,68]. In einer Studie von Meretoja und MitarbeiterInnen lag
das prozentuelle Auftreten von lokoregionären Rezidiven für Patientinnen im
Stadium 0-2 bei 5,8%, im Gegensatz zu 31% für Patientinnen im Stadium 3 der
Erkrankung. Ein höheres Tumorstadium führte zu einem vermehrten Auftreten von
lokoregionären und systemischen Rezidiven [70]. Eine isolierte Lokalrezidivrate
von 2,9%, lokoregionäre Rezidive in 8,2% und Fernmetastasen in 10,6% der
Patientinnen werden in einer Studie von Romics et al. beobachtet. Die
Studienpopulation bestand in diesem Fall aus einem großen Prozentsatz an
Frauen in einem fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung. 46,4% aller
eingeschlossenen Patientinnen befanden sich im Stadium II und III. Die
beobachteten Rezidivraten führten die AutorInnen zu dem Schluss, dass SSM und
IBR auch bei Patientinnen in einem höheren Tumorstadium mit onkologischer
Sicherheit angewendet werden kann [40]. Downes und MitarbeiterInnen
16
publizierten 2005 eine Studie, deren Kollektiv sich aus 38 Hochrisikopatientinnen
zusammensetzte. Hochrisiko wurde anhand verschiedener Kriterien definiert.
Einschlusskriterien waren Patientinnen mit einem der folgenden Kriterien: einem
Tumorstadium von IIB und höher, einer Tumorgröße von über 4cm, ebenso
Patientinnen mit mindestens vier 4 befallenen Lymphknoten. Das Ziel dieser Arbeit
war, die Methode der SSM mit IBR hinsichtlich ihrer onkologischen Sicherheit bei
Patientinnen in einem fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung zu überprüfen. 3
von 38 Patientinnen erhielten eine neoadjuvante Chemotherapie, die restlichen 35
erhielten eine postoperative Chemotherapie. Eine Strahlentherapie wurde 25
(65,8%) Patientinnen empfohlen. 2 dieser Patientinnen verweigerten jegliche
adjuvante Therapie. Nach einer medianen Follow-up-Zeit von 52,9 Monaten
entwickelte eine Patientin ein Lokalrezidiv (2,6%), in 2 weiteren Frauen konnten
Lokal- und Fernrezidive (5,3%) nachgewiesen werden, 10 Patientinnen (26,3%)
präsentierten sich mit Fernmetastasen. Unter diesen 13 Patientinnen mit
Rezidiven befanden sich beide Frauen, welche eine adjuvante Therapie abgelehnt
hatten [62]. In einer prospektiven Kohortenstudie mit 26 Patientinnen im Stadium
IIB und III von Foster et al. ereignete sich ein Lokalrezidiv in nur einer Patientin
(4%), 4 Patientinnen (16%) entwickelten Fernmetastasen [64]. Lim et al. konnte
zeigen, dass die Lokalrezidivraten von Patientinnen im T3-Stadium nach SSM im
Vergleich zu Patientinnen, die sich im selben Stadium einer CM unterzogen
haben, keinen statistisch signifikanten Unterschied aufweisen [63]. Die in diesen
Studien präsentierten Lokalrezidivraten liegen mit Zahlen zwischen 4% [64] und
7,9% [62] im Bereich jener Zahlen, die für die Behandlung von frühinvasiven
Karzinomen angegeben wurden [11,25]. Ein Vergleich der Lokalrezidivraten der
genannten Studien ist in Tabelle 5 dargestellt.
17
Tabelle 5 Lokalrezidivraten nach SSM bei invasivem Brustkrebs (modifiziert
nach [11])
AutorIn
1
OP
Patientinnen
Stadium
Follow-up
[25]
SSM
50
0-III
57
0%
[13]
SSM
114
T1-T2
72
7,0%
Toth et al.
Kroll et al.
Lokalrezidive
MRM
40
[61]
SSM
177
I-II
117,6
5,6%
[24]
SSM
327
0-IV
41,3
4,8%
MRM
188
SSM
565
0-IV
65,4
5,5%
SSM
225
0-II
49
1,7%
2
MRM
1022
1,5%
2
Slavin et al.
SSM
51
0-II
44,8
2%
Medina-Franco et
SSM
173
I-III
73
4,5%
SSM
196
0-III
70
5,1%
SSM
207
0-III
119
2,9%
SSM
38
II-III
52,9
7,9%
Foster et al.
SSM
25
II-III
49,2
4%
[63]
SSM
87
II-III
62,5
4,6%
CM
810
64,9
2,5%
Spiegel et al.
Carlson et al.
[67]
Carlson et al.
[69]
Greenway et al.
[26]
7,5%
9,5%
[68]
al.
[70]
Meretoja et al.
[40]
Romics et al.
[62]
Downes et al.
[64]
Lim et al.
3
1
angegeben in Monaten
angegeben ist nur isoliertes Auftreten von Lokalrezidiven
3
beinhaltet die Rate an lokoregionären Rezidiven
2
1.4.4.4 Onkologische Sicherheit bei Erhalt des NAC
Die Durchführung einer NSM in der Behandlung eines invasiven Brustkrebses wird
kontrovers diskutiert [28]. Gegner warnen vor häufiger Infiltration des Nippels
durch den Tumor. Ho et al. berichten von einer sehr hohen Rate von 57% [60]. In
einer Studie von Laronga et al. beobachtete man in 286 retrospektiv analysierten
Mastektomiepräparaten einen Befall des NAC in nur 16 Fällen (5,6%). 4 dieser 16
Präparate hatten sich im intraoperativen Gefrierschnitt als positiv herausgestellt.
Die AutorInnen schlossen daraus, dass ein Erhalt des NAC bei Patientinnen ohne
axilläre Lymphknotenbeteiligung und mit kleinen, vom NAC ausreichend
entfernten Tumoren, onkologisch vertretbar sei [71].
Spear et al. präsentierten in einem Review von 2009 einen Algorithmus (siehe
Abbildung
3),
der
Auswahlkriterien
für
NSM-geeignete
Patientinnen
18
zusammenfasst. Onkologische Kriterien beinhalten eine Tumorgröße unter 3cm,
ein Tumor-Nippel-Distanz (TND) von über 2cm und klinisch freie Lymphknoten in
der Axilla. Eine Hautinfiltration durch den Tumor sowie ein Morbus Paget stellen
Ausschlusskriterien dar. MagnetresonanzUntersuchungen sowie Ultraschall-gezielte
Biopsien
können
präoperativ
eingesetzt
werden, um vorab eine Beteiligung des NAC
auszuschließen.
Der
intraoperativ
eine
Algorithmus
sieht
Schnellschnitt-
untersuchung der NAC-Basis vor. Wenn
sich im Gefrierschnitt sowie im nachfolgend
definitiven pathologischen Befund, der auf
einer Paraffineinbettung des Präparates
beruht, keine invasiven Tumorformationen
zeigen, kann der NAC erhalten werden [28].
Einige Studien wurden in den letzten Jahren
durchgeführt,
um
die
onkologische
Sicherheit von NSM zu prüfen und zu
verifizieren. Eine Studie von Gerber und
Abbildung 3: Algorithmus für
therapeutische NSM [28]
MitarbeiterInnen
vergleicht
zu
diesem
Zweck das Auftreten von Lokalrezidiven in
einer Studienpopulation bestehend aus 60
Frauen, die sich einer NSM unterzogen haben mit 48 Patientinnen, behandelt mit
einer SSM und 130 Frauen, bei denen eine MRM durchgeführt wurde. Eine SSM
wurde bei Patientinnen durchgeführt, die keine Hautbeteiligung zeigten, und deren
Tumoren mehr als 2cm vom Nippel entfernt waren. Im Falle eines freien
intraoperativen Gefrierschnitts wurden sie der NSM-Gruppe zugeteilt. In der SSMGruppe traten Lokalrezidive in 10,4% auf, in der NSM-Gruppe in 11,7% und in der
Gruppe mit Frauen, die modifiziert radikal mastektomiert wurden, in 11,5%. Ein
statistisch signifikanter Unterschied zwischen den verschiedenen Gruppen konnte
nicht gefunden werden. In der Gruppe an Frauen, bei denen der NAC erhalten
bleiben konnte, trat von insgesamt 7 Lokalrezidiven nur eines am Nippel auf.
Dieser wurde daraufhin reseziert, die Areola konnte erhalten bleiben [11]. In einer
Arbeit von Munhoz et al. zeigte sich nach Durchführung von 158 NSM eine
19
Lokalrezidivrate von 3,7% bei einer mittleren Follow-up-Zeit von 65,6 Monaten.
Alle Rezidive manifestierten sich an der Haut oder dem subkutanem Brustgewebe,
der NAC war in keinem der Fälle betroffen. In 35% der Fälle wurde die NSM im
Sinne einer prophylaktischen Operation bei genetischem Risiko durchgeführt [27].
Crowe et al. berichten bei einem Kollektiv von 54 Patientinnen von einem Befall
des Nippels im pathologischen Gefrierschnitt in 6 Fällen [72]. In einer Studie mit
216 Patientinnen und einer medianen Follow-up-Zeit von 13 Jahren beschreiben
Benediktsson und MitarbeiterInnen mit einem Auftreten von 52 lokoregionären
Rezidiven (24%) nach Nippel-schonender, subkutaner Mastektomie eine deutlich
höhere Zahl. Bei Patientinnen, die eine adjuvante Radiotherapie erhalten haben,
konnte eine Rate von 8,5% erreicht werden. Im Vergleich dazu betrug die Rate bei
Patientinnen ohne Radiotherapie 28,4% [73]. Sacchini et al. konnten in einer
Studie mit 123 Patientinnen wiederum sehr niedrige Lokalrezidivraten zeigen. Sie
berichten über insgesamt 4 Lokalrezidive, keines davon am erhalten gebliebenen
NAC. Zwei ereigneten sich bei Patientinnen, die therapeutisch aufgrund von
Brustkrebs behandelt wurden. Weitere zwei Patientinnen entwickelten Brustkrebs
nach einer prophylaktischen NSM. Eine Patientin präsentierte sich mit
Fernmetastasen [74]. Reefy et al. behandelten alle Patientinnen mit einer TND von
mehr als 2,5cm und mit negativem intraoperativen Gefrierschnitt des subareolären
Gewebes mit einer NSM. Im Falle einer Infiltration des NAC durch den Tumor,
wurde eine SSM durchgeführt und der NAC exzidiert. Nach einer medianen
Follow-up-Zeit von 36 Monaten zeigte sich kein Lokalrezidiv [8]. Tabelle 6 bietet
einen Überblick über die erwähnten Studien in Zusammenhang mit NSM.
Tabelle 6: Lokalrezidivraten bei Anwendung von NSM (modifiziert nach [11])
Autor
[11]
Gerber et al.
[27]
Munhoz et al.
Benediktsson
et
*
OP
Patientinnen
Stadium
Follow-up
Lokalrezidive
SSM
48
0-III
101
NSM
60
11,7%
MRM
130
11,5%
NSM
106
T1-T2
65,6
3,7%
NSM
216
0-III
156
24,1%
NSM
123
0-I
24,6
3,2%
SSM+NSM
127
Tis-T3
36
0%
10,4%
[73]
al.
[74]
Sacchini et al.
[8]
Reefy et al.
*
angegeben in Monaten
20
Die in den verschiedenen Studien präsentierten Daten sind meist retrospektiv
[13,24,62,68]. Die jeweiligen Ein- und Ausschlusskriterien sind sehr variabel. Kroll
et al. schließen Patientinnen mit DCIS oder einem höheren Stadium als T3 aus
[13]. In anderen Studien machen Patientinnen mit DCIS wiederum einen
beträchtlichen Teil des Studienkollektivs aus [24,25]. Auch die operative Technik
bei Durchführung einer SSM ist nicht immer einheitlich. Greenway und
MitarbeiterInnen verfolgen einen radikaleren Ansatz im Hinblick auf die Resektion
des Brustdrüsengewebes [69]. Bisher wurde die onkologische Sicherheit anhand
von in der Literatur vorhandenen Daten aus einzelnen Zentren belegt
[13,25,26,68]. Trotz ihres uneinheitlichen Designs konnten die Ergebnisse
genannter Studien darlegen, dass SSM im Vergleich zu CM, vorallem in der
Behandlung von frühinvasiven Karzinomen, ein onkologisch sicheres Verfahren
darstellt [13,25,26,69]. Zur Anwendung bei fortgeschrittenen Stadien liegen derzeit
noch wenige Studien vor, die Ergebnisse dieser Arbeiten [62-64] scheinen aber
vielversprechend zu sein [9] und lassen darauf schließen, dass Lokalrezidive eher
Folge einer aggressiveren Tumorbiologie sind und nicht aufgrund konservativer,
unzureichender Operationstechnik entstehen [75].
1.4.5 Komplikationen
Komplikationen wie Blutungen, Wundheilungsstörungen oder Infektionen sind
nicht nur typisch für die SSM, sondern stellen generell bekannte Probleme nach
einer Mastektomie dar. Eine Komplikation, die im Zusammenhang mit SSM immer
wieder genannt wird, und für diese Operation typisch zu sein scheint, ist die
Hautlappennekrose [55,70].
1.4.5.1 Hautlappenkomplikationen
Im Falle einer RM ist das Risiko einer Hautnekrose eher gering. Da bei dieser
Operation viel Haut reseziert wird, ist es möglich, die verbleibenden kleinen
Hautlappen stark auszudünnen ohne dadurch die Durchblutung derselben zu
gefährden. Bei der SSM hingegen wird darauf geachtet möglichst viel Haut zu
schonen.
Diese
ist
außerdem
durch
die
anschließende,
sofortige
21
Brustrekonstruktion einer weiteren Spannungs- und Druckbelastung ausgesetzt,
die die Durchblutung weiter minimieren kann [33]. Um die onkologische Sicherheit
der SSM zu gewährleisten, sollte jegliches Brustgewebe vollständig entfernt
werden. Für eine ausreichende Durchblutung, sollten die Hautlappen jedoch dick
genug sein und der subdermale Gefäßplexus erhalten bleiben. Als Orientierung für
eine
onkologisch
adäquate
Resektion
und
gleichzeitige
Sicherung
der
Durchblutung, sollte hierzu die superfizielle Lage der superfiziellen Faszie der
Brust (SL) dienen [9,33]. Wie die Studie von Beer und KollegInnen jedoch zeigen
konnte, ist diese nicht immer vorzufinden [33].
In aktuellen Studien variiert der prozentuelle Anteil an Hautlappennekrosen
zwischen 10 und 24% [24,26,70,76]. Meretoja et al analysierten 207 Patientinnen,
die sich zwischen 1992 und 2001 einer SSM unterzogen haben. Bei 21
Patientinnen (10,1%) waren Lappenkomplikationen zu verzeichnen. Beschrieben
werden hier leichtere Wundinfektionen, Nekrosen aber auch der komplette
Hautlappenverlust. Bei 12 der betroffenen Frauen war eine operative Revision
unumgänglich [70]. Slavin und Mitarbeiter berichten in ihrer Arbeit von einem
Anteil von 21,6% an Hautlappennekrosen, welche bei zwei betroffenen
Patientinnen zu einem Implantatverlust geführt haben [26]. Carlson und
MitarbeiterInnen setzten die Komplikationsraten bei Durchführung einer SSM in
Vergleich mit Komplikationsraten bei Durchführung einer non-SSM. Hier zeigten
sich in beiden Gruppen ähnliche Zahlen. Die Rate bei SSM lag bei 10,7%, bei
non-SSM bei 11,2%. Bei einer Patientin, bei der eine SSM durchgeführt wurde,
musste das Implantat aufgrund der Hautnekrose entfernt werden. 8 (22,9%) der
35 betroffenen Frauen waren Raucherinnen [24]. Carlson postuliert in diesem
Zusammenhang
den
Nikotinabusus
als
einen
wichtigen
Risikofaktor.
Zigarrettenrauch, ein direkter Vasokonstriktor in der Haut, führt in den Kapillaren
zu
einem
verminderten
Blutfluss
[24,77].
In
der
Studie
werden
die
Komplikationsraten getrennt für die vier verschiedenen Inzisionstypen dargestellt,
wobei der Typ IV, der Reduktionsschnitt mit einem Anteil von 27% vermehrt mit
Komplikationen assoziiert zu sein scheint [24]. In einer weiteren Arbeit liegt der
prozentuelle Anteil an Lappenkomplikationen bei 24,3%. Die in der Studie
genannten Komplikationen erstreckten sich von vorübergehender Epidermolyse
bis hin zur Nekrose des Hautmantels. Wenn mittels konservativer Lokalpflege der
Lappen nicht mehr gerettet werden konnte, wurde bei den betroffenenen
22
Patientinnen ein operatives Debridement vorgenommen [76]. Von Hultman und
Daiza [76] werden noch weitere Risikofaktoren im Zusammenhang mit
Hautnekrosen benannt. Erhöhter Body Mass Index (BMI), Diabetes sowie eine
Brust- bzw. Mediastinalbestrahlung in der Anamnese der Patientinnen waren in
der
Studie
vermehrt
mit
Komplikationen
assoziiert.
Alter,
eine
positive
Brustkrebsanamnese und der Gebrauch von alloplastischen Materialien in der
Rekonstruktion, stellten hingegen keine Risikofaktoren dar [76]. Im Gegensatz zu
Carlson, der das Rauchverhalten der Patientinnen als einen Risikofaktor für
Komplikationen
darstellte
[24],
konnten
Hultman
und
Daiza
keinen
Zusammenhang von Nikotin und Lappenkomplikationen nachweisen [76].
1.4.5.2 Nippelnekrose
Im Rahmen der heutzutage etablierten Methode der NSM, existiert zusätzlich zur
Hautlappennekrose noch das postoperative Problem der Nippelnekrose [78]. Bei
Durchführung einer NSM wird im Fall eines histologisch verifizierten Brustkrebses
der Nippel intraoperativ invertiert. Anschließend wird mithilfe einer Schere die
Rückseite
des
Nippels
ausgeschält,
um
eventuell
noch
vorhandenes
Brustdrüsengewebe vollständig zu entfernen [23,72]. Durch das Entfernen des
Gewebes an der Rückseite des NAC, wird die Blutversorgung des Nippels durch
Perforansgefäße unterbunden. Ein Überleben des Nippels beruht dann lediglich
auf einer Versorgung durch epidermale Gefäße [79]. Die in der Literatur
vorhandenen Daten sind mit Nekrosensraten von beispielsweise 37,5% zum Teil
sehr hoch angegeben [23]. Viele Studien untersuchen hierzu mögliche
patientenbezogene sowie operationstechnische Risikofaktoren [23,72,74,79]. Ein
größeres Risiko für eine Nippelnekrose scheinen Frauen mit einer größeren Brust
aufzuweisen. Hierzu zeigte eine Arbeit von Gould und MitarbeiterInnen aus dem
Jahr 2013, dass Frauen mit der Körbchengröße C im Gegensatz zu Frauen mit
kleineren Brüsten (Körbchengröße A oder B) eine signifikant höhere Rate an
Nippelnekrosen aufweisen. Ein erhöhtes Risiko entstehe nach Meinung der
AutorInnen aufgrund der größeren Distanz zwischen Nippel und blutversorgender
Brustwand [79]. In einer Studie von Sacchini et al. wird, aufgrund derselben
Befürchtungen, von einer NSM bei Frauen mit großen und ptotischen Brüsten
abgeraten [74]. Patientenbezogene Risikofaktoren, die ebenfalls vermehrt mit
23
Nippelnekrosen in Zusammenhang gebracht wurden, waren Bluthochdruck,
Diabetes mellitus, ein erhöhter BMI, sowie Nikotinabusus. Bei Frauen ohne diese
Risikofaktoren
zeigten
sich
geringere
Komplikationsraten,
die
jeweiligen
Unterschiede erwiesen sich jedoch als statistisch nicht signifikant [79]. Eine
frühere Bestrahlung in der Anamnese, ein Risikofaktor für Hautlappennekrosen in
der Studie von Hultman und Daiza [76], zeigte in der Studie von Gould keinen
signifikant erhöhten Zusammenhang mit Nekrosen im Bereich des NAC [79]. Als
weiterer Punkt in der Vermeidung von Nippelnekrosen wird von Sacchini et al. der
Schutz der kleinkalibrigen Hautkapillaren angeführt. Große Zugkräfte an den
Hautlappen während der Operation, können durch Verletzung der Kapillaren die
postoperative Durchblutungssituation verschlechtern [74]. Hinsichtlich operativer
Zugangsweisen sind Crowe und MitarbeiterInnen der Meinung, dass ein lateraler
Zugang das Risiko für eine Nekrose des NACs vermindern kann [72].
1.4.5.3 Verzögerung adjuvanter Behandlung
Einige Tumoreigenschaften, die auf ein erhöhtes Rezidivrisiko hinweisen, sind ein
hohes Grading, der Rezeptorenstatus des Tumors, sowie Marker wie Ki-67 [80],
welcher eine erhöhte Proliferation der Tumorzellen anzeigt [81]. Zusammen mit
einem positiven Lymphknotenstatus, ergibt sich in Abwägung mit der körperlichen
Konstitution der Patientinnen, die Notwendigkeit zur adjuvanten Therapie [80]. Der
Beginn einer Chemotherapie ist meist in den ersten 30 bis 40 Tagen nach der
Operation festgesetzt. Bei Auftreten von Komplikationen wie Infektionen oder
Nekrosen muss der Beginn einer Chemotherapie verschoben werden [82]. Eine
Verzögerung kann zu einem schlechteren onkologischen Ergebnis führen [83]. Die
Befürchtungen, dass die Operation der SSM mit ihren möglichen postoperativen
Komplikationen in einer Verzögerung des Beginns einer eventuellen adjuvanten
Therapie resultiert, wurden in Studien untersucht [76,84]. In einigen Fallserien der
letzten Jahre war jedoch keine Verzögerung im Beginn der adjuvanten
Behandlung
zu
verzeichnen
[58,70,85].
Eine
Studie
von
Allweis
und
MitarbeiterInnen betrachtete diesbezüglich das Intervall zwischen Operation und
Beginn der Chemotherapie bei einer Gruppe an Patientinnen, bei denen eine
sofortige Brustrekonstruktion durchgeführt wurde. Als Vergleichsgruppe dienten
Patientinnen, die sich einer Mastektomie ohne darauffolgende Brustrekonstruktion
24
unterzogen haben. Der Vergleich der jeweiligen Intervalle zeigte, dass für
Patientinnen mit sofortigem rekonstruktiven Eingriff die Zeitspanne zwischen
Operation und Beginn der adjuvanten Behandlung sogar kürzer war, als für
Frauen, die
sich keinem
weiteren
Brustaufbau unterzogen
haben. Der
durchschnittliche Zeitraum betrug für die IBR-Gruppe 41 Tage, für die Gruppe an
Frauen ohne rekonstruktivem Eingriff 53 Tage. Eine Erklärung der AutorInnen
lautete, dass Patientinnen, die sich einer Mastektomie ohne Rekonstruktion
unterzogen haben, möglicherweise mehr Komorbiditäten aufwiesen, die in einer
Verzögerung des Beginns der adjuvanten Behandlung resultiert haben [84]. In der
Fallserie
von
Hultman
und
Daiza
erlitten
9
Patientinnen
eine
Hautlappenkomlikation, 6 der Betroffenen benötigten eine adjuvante Radio- bzw.
Chemotherapie. Bei keiner der Patientinnen musste der Beginn dieser Therapie
verschoben
werden.
Hultman
und
Daiza
berichten
davon,
dass
eine
Chemotherapie auch Patientinnen mit noch in Heilung befindlichen Wunden
begonnen wurde. Eine erhöhte lokale oder systemische Morbidität war bei
erwähnten Patientinnen jedoch nicht zu verzeichnen [76]. In einer kürzlich
publizierten Arbeit wurde der jeweilige Zeitraum zwischen Operation und Beginn
der Chemotherapie bei Patientinnen mit Komplikationen verglichen mit jenen bei
denen keine postoperativen Komplikationen auftraten. Die durchschnittliche
Zeitspanne war für Frauen mit Komplikationen signifikant länger. In der Gruppe
ohne
Komplikationen betrug der Zeitraum 23,5 Tage, bei Frauen mit
Komplikationen jedoch 27,5 Tage. Da der Zeitraum von 27,5 Tagen nicht länger
war als in den diesbezüglichen Leitlinien empfohlen, war die Verzögerung in der
Gruppe mit Komplikationen für die AutorInnen vernachlässigbar und nicht von
klinischer Bedeutung [86]. Prabhu und MitarbeiterInnen analysierten 40 Frauen,
behandelt mit einer SSM und IBR und 60 Frauen, die sich einer non-SSM
unterzogen haben. Der Vergleich der Komplikationsraten zeigte einen prozentuell
stark erhöhten Anteil in der SSM-Gruppe, welcher bei 37% lag. In der non-SSMGruppe traten Komplikationen nur bei 5% der Patientinnen auf. Dadurch bedingt,
so die Meinung der AutorInnen, kam es in der SSM-Gruppe zu einer Verzögerung
im Beginn der adjuvanten Radio-, wie Chemotherapie. Die Zeit von Erstbiopsie bis
zum Beginn der Radiotherapie betrug für die SSM-Gruppe 274 Tage, in der nonSSM-Gruppe lag die Zeitspanne bei 254 Tagen. Diese Verzögerung schien jedoch
die onkologische Sicherheit in der SSM-Gruppe nicht zu gefährden, die
25
Unterschiede zwischen beiden Gruppen betreffend Lokalrezidivraten, Brustkrebsspezifischem Überleben sowie Gesamtüberleben erwiesen sich als nicht
signifikant [87].
1.5 Radiotherapie und SSM
Als adjuvante Therapiemethode nach SSM spielt Radiotherapie eine wichtige
Rolle. Die Arbeit von Benediktsson und MitarbeiterInnen zeigt, dass Radiotherapie
das onkologische outcome wesentlich verbessern kann [73]. Eine Radiotherapie
reduziert das Auftreten von lokoregionären Rezidiven um bis zu zwei Drittel. In
Studien konnte ein Überlebensvorteil vor allem für Patientinnen mit einem hohem
Lokalrezidivrisiko gezeigt werden [88,89].
1.5.1 Indikationen
Bei Patientinnen in einem fortgeschrittenen Tumorstadium, im Sinne von T3 bzw.
T4-Tumoren, sowie bei positiven LK, ist eine adjuvante Bestrahlung der
Brustwand indiziert. Ebenso sollte eine Radiotherapie im Falle einer R1 bzw. R2Resektion durchgeführt werden. Eine zusätzliche Bestrahlung der Axilla erfolgt bei
Vorliegen
eines
Resttumors,
bei
klinisch
verifiziertem
Befall
der
Achsellymphknoten, bei hohem Risiko auf okkulten Befall oder bei nicht bzw.
inadäquat durchgeführter axillärer Dissektion. Im Falle von mehr als drei positiven
LK in der Axilla, erfolgt in jedem Fall die Bestrahlung der Thoraxwand inklusive
des supra- und infraklavikulären Lymphabflussgebietes. Bei negativer Axilla wird
diese nicht in das Bestrahlungsfeld inkludiert. Eine Bestrahlung der internen
mammären Lymphknoten kann bei medialen und zentralen Tumorsitz sinnvoll sein
und wird im Einzelfall angeboten [56].
1.5.2 Onkologischer Effekt
Die eingeschränkte Indikation zur adjuvanten Radiotherapie der Thoraxwand nur
bei Patientinnen mit positiven Lymphknoten war Grundlage zu Diskussionen. In
einer Übersichtsarbeit von Overgaard und Mitarbeitern aus dem Jahr 2007 wird
26
ebendiese Frage aufgeworfen. Hier wird gezeigt, dass eine Bestrahlung auch bei
Patientinnen mit weniger als 4 positiven Lymphknoten und einem kleinen Tumor
von Nutzen sein kann. In dieser Studie konnte ein klarer Vorteil bezüglich
Rezidiverkrankung und Überleben, für Patientinnen nach adjuvanter Radiotherapie
bewiesen werden. Von 563 Patientinnen in der Radiotherapie-Gruppe erlitten nur
23 (4%) ein lokoregionäres Rezidiv. In der Kohorte an Patientinnen ohne
adjuvante Bestrahlung lag die lokoregionäre Rezidivrate bei 26% (156 von 589
Patientinnen). Bezüglich des Lymphknotenstatus konnten die Autoren zeigen,
dass bei Frauen mit 4 oder mehr positiven Lymphknoten das Rezidivrisiko zwar
höher ist, relativ gesehen ist die Reduktion der Rate aber unabhängig von der
Anzahl der betroffenen Lymphknoten vergleichbar. Der Überlebensvorteil, der sich
aufgrund
der
Bestrahlung
ergab,
war
in
beiden
Gruppen
gleich.
Ein
Überlebensvorteil kann sich nach Meinung der AutorInnen nur dann ergeben,
wenn sich die Erkrankung noch nicht im Stadium der Metastasierung befindet. Die
Gefahr einer Metastasierung steigt mit der Anzahl der befallenen Lymphknoten.
Eine Radiotherapie kann in einem fortgeschrittenen Stadium die lokoregionäre
Rezidivrate zwar stark reduzieren, im Falle einer bereits erfolgten systemischen
Ausbreitung des Tumors kann jedoch kein Überlebensvorteil mehr gegeben sein.
In diesem Fall profitieren nur wenige Patientinnen von einer Bestrahlung. Im
Gegensatz dazu können Frauen, deren Erkrankung sich noch in einem relativ
frühen Stadium befindet, in einem größerem Ausmaß von einer adjuvanten
Radiotherapie profitieren, da hier die Gefahr der Metastasierung noch relativ
gering ist. Aufgrund ihrer Ergebnisse forderten Overgaard et al. eine Ausweitung
der Bestrahlungsindikationen auf alle Patientinnen mit positiven Lymphknoten [90].
In einer Analyse der EBCTCG (=Early Breast Cancer Trialists‘ Collaborative
Group) von 2005 wird lediglich unterschieden zwischen Frauen mit positiven
Lymphknoten egal in welcher Anzahl und Frauen mit negativer Axilla. Eine
Trennung in Frauen mit nur 1-3 positiven Lymphknoten bzw. 4 oder mehr positive
Lymphknoten wird hier nicht vorgenommen. In der Arbeit der EBCTCG zeigt sich
eine Reduktion der 5-Jahres-Lokalrezidivrate von 23% für Patientinnen ohne
zusätzliche Radiotherapie auf 6% für Patientinnen, die eine postoperative
Bestrahlung erhalten haben. Diese Zahlen beziehen sich auf Frauen mit positiven
Lymphknoten nach einer axillären Dissektion. Bei Patientinnen, die keine
tumoröse Infiltration der Axilla zeigten, konnte ebenso eine Reduktion des 527
Jahres-Lokalrezidivrisikos gezeigt werden. Jedoch beträgt in dieser Gruppe das 5Jahres-Risiko ein Lokalrezidiv zu erleiden, lediglich 6%. Mit Radiotherapie konnte
das Risiko auf 2% gesenkt werden. Der 5-Jahres-Gewinn beträgt hier nur 4% im
Gegensatz zur Gruppe an Frauen mit positiven Lymphknoten, bei denen sich der
5-Jahres-Gewinn auf 17% beläuft. Ebenso konnte bei Frauen mit betroffener Axilla
eine Reduktion der 15-Jahres- Krebssterblichkeit dargestellt werden. In dieser
Arbeit
wird
ein
direkter
Zusammenhang
zwischen
Lokalrezidivrate
und
Krebsmortalität dargestellt. Es wird eine 4:1-Relation dargelegt, die besagt, dass
für 4 Lokalrezidive, die man durch eine lokale Behandlung verhindern kann, ein
Tod durch Brustkrebs vermieden werden kann [89].
1.5.3 Risiken der Bestrahlung
Im Zuge der Radiotherapie der betroffenen Brust, wird unweigerlich ein geringer
Teil von gesundem Nachbargewebe bestrahlt und der Großteil der auftretenden
Nebenwirkungen ist reversibel [91]. Die Autoren der EBCTCG erwähnen in diesem
Zusammenhang ein extrem seltenes Auftreten kontralateraler Karzinome der Brust
bei Patientinnen, die sich Jahrzehnte zuvor einer Radiotherapie unterzogen
haben. Im Gegensatz zu Patientinnen, die primär nicht bestrahlt wurden, kann sich
vor allem im Zusammenhang mit kardialen Vorerkrankungen Jahrzehnte nach der
Bestrahlung eine erhöhte Mortalität ergeben [89]. Die Anwendung einer modernen
Bestrahlungstechnik ermöglicht die optimale Balance zwischen den Vorteilen einer
Radiotherapie und potenziellen Nebenwirkungen [90].
1.5.4 Bestrahlung der rekonstruierten Brust und Effekte auf das
kosmetische Ergebnis
Durch die sofortige Brustrekonstruktion kann sich für die RadioonkologInnen die
Notwendigkeit zu einer Änderung der Bestrahlungsplanung, im Sinne der
Anwendung von Spezialtechniken, ergeben. Im Falle eines rekonstruktiven
Eingriffs vor der Bestrahlung, ist hier zusätzlich das für den Aufbau verwendete
Gewebe bzw. Fremdmaterial, bei Rekonstruktion mittels Expandern oder
Implantaten, bei der Planung der Bestrahlung zu beachten [87,92,93].
28
Radiotherapie, in zeitlichem Zusammenhang mit Brustrekonstruktion, wird in
vielen Studien als Risikofaktor für Komplikationen diskutiert. Stark thematisiert
werden die möglichen, negativen Auswirkungen der Bestrahlung auf das
ästhetische Ergebnis nach Brustrekonstruktion [94-98]. Mögliche Spätreaktionen
des Gewebes auf Bestrahlung sind Pigmentänderungen, Trockenheit der Haut
und in seltenen Fällen Teleangiektasien. Ebenso kann die Bestrahlung selten
auch zu beeinträchtigter Wundheilung, vermehrter Fibrose und zum Auftreten von
Kapselkontrakturen führen [99].Sofortige Brustrekonstruktionen sind üblicherweise
assoziiert mit hoher Zufriedenheit der Patientinnen und kosmetisch gutem
Ergebnis [100]. Einige AutorInnen diskutieren in diesem Zusammenhang die
Vorteile eines zweizeitigen Eingriff [94,96]. Chang und KollegInnen stellen
Überlegungen an, bei Patientinnen, bei denen sich im Vorfeld der Operation
Hautveränderungen aufgrund früherer Bestrahlung zeigen, anstatt einer SSM eine
CM
durchzuführen
[99].
Daten
zu
den
rekonstruktiven
Methoden,
wie
Gewebsexpandern und Implantaten werden in der Literatur im Zusammenhang mit
Radiotherapie
hinsichtlich
kosmetischer
Ergebnisse
kritisch
diskutiert.
Im
Vergleich mit nicht bestrahlten Rekonstruktionen zeigen sich höhere Raten an
Komplikationen, insbesondere Kapselkontrakturen, welche in einem kosmetisch
schlechteren Ergebnis resultieren können [97,101]. Reefy und MitarbeiterInnen
berichten in einer Fallserie von 2010 davon, dass bei 85% der Patientinnen, die
eine prä-oder postoperative Radiotherapie erhalten hatten, aufgrund von
signifikanten Kapselbildungen eine Kapsulotomie durchgeführt werden musste. Im
Vergleich
dazu
zeigten
Frauen,
die
nicht
bestrahlt
wurden
ähnliche
Kapselformationen in nur 13% der Fälle [8]. Die Frage, ob Rekonstruktionen
mittels autologen Gewebes im Zusammenhang mit Radiotherapie weniger
komplikationsträchtig seien, wurde von Jhaveri et al. in einer Arbeit von 2008
aufgegriffen. Die beschriebene Studienpopulation setzte sich aus 92 Patientinnen
zusammen, von denen 69 einen Aufbau mit Expandern bzw. Implantaten
vornehmen ließen. Bei 23 Patientinnen wurde eine Brustrekonstruktion mithilfe
von autologem Gewebe durchgeführt. Schwerwiegende Komplikationen, welche
eine chirurgische Intervention bzw. die Gabe von intravenösen Antibiotika
erforderlich machten, traten bei 33,3% der Frauen mit Expandern bzw.
Implantaten auf. Im Gegensatz dazu war keine derartige Komplikation bei
Patientinnen
mit
einem
autologen
Aufbau
zu
verzeichnen.
Akzeptable
29
kosmetische Ergebnisse wurden in dieser Gruppe an Frauen in 82,6% erreicht, in
der Gruppe an Frauen mit Expandern und Implantaten jedoch nur in 51% der
Fälle. Die Ergebnisse ihrer Arbeit führten die AutorInnen zu dem Schluss, dass
Radiotherapie von autologem Gewebe besser toleriert wird [36]. Eine Studie von
Tran und MitarbeiterInnen zeigte diesbezüglich einige Jahre zuvor andere
Ergebnisse. Anhand einer Fallserie berichten sie von ihren Erfahrungen mit
TRAM-Rekonstruktionen bei 41 Patientinnen, die adjuvant eine Radiotherapie
erhalten haben. Bei 24% ihrer Patientinnen zeigten sich schwerwiegende
Kapselkontrakturen. Diese Patientinnen benötigten einen weiteren Lappen für die
Korrektur der Kontraktur in einem sekundären Eingriff. Bei 37% zeigte sich eine
Hyperpigmentation der Haut, eine Fettnekrose trat bei 34% auf. Im Gegensatz
dazu zeigte sich bei einer Kontrollgruppe an Patientinnen, die keine adjuvante
Radiotherapie erhalten haben, eine Fettnekrose in nur 7% der Fälle. Insgesamt
zeigten sich auch hier signifikant mehr Komplikationen bei bestrahlten
Patientinnen im Vergleich zu nicht bestrahlten Patientinnen [94]. Cordeiro und
KollegInnen beschreiben bei einem Patientinnenkollektiv, deren Brust mittels
Implantat rekonstruiert und adjuvant bestrahlt wurde, im Gegensatz zu einer nicht
bestrahlten Vergleichsgruppe, einen hohen Anteil an Kapselkontrakturen (68% vs.
40%). Nicht bestrahlte Patientinnen erreichten zu einem höheren Prozentsatz gute
bis exzellente kosmetische Ergebnisse als Frauen, die bestrahlt werden mussten.
Trotz
des
beschriebenen
schlechteren
kosmetischen
Ergebnisses
von
Brustrekonstruktionen im Zusammenhang mit Radiotherapie, ist der Anteil an
Patientinnen mit 72%, welche sich wieder für dieselbe Rekonstruktionsmethode
entscheiden würden, dennoch relativ hoch [102].
Heutzutage werden in der onkoplastischen Brustchirurgie zur Minderung von
Komplikationen und Verbesserung des kosmetischen Ergebnisses neue Produkte
eingesetzt. Produkte, wie ADM sollen speziell bei Rekonstruktionen mit
Implantaten und für Patientinnen nach einer Radiotherapie die Komplikationsraten
senken [55]. Einige Studien präsentieren vielversprechende Ergebnisse bei
Gebrauch von ADM [50,51]. In einer Studie von Peled und MitarbeiterInnen
werden
für
Rekonstruktionen
mithilfe
von
ADM
weniger
Komplikationen
beschrieben. Für Rekonstruktionen ohne ADM liegt die Infektionsrate bei 27,8%,
mit ADM bei lediglich 20%. Bei einigen Patientinnnen wurde in Abhängingkeit der
Hautlappendicke ADM nur selektiv eingesetzt. In dieser Gruppe war eine Infektion
30
nur bei 15,8% zu verzeichnen. Eine chirugische Revision erfolgte bei ADMRekonstruktionen in 11%, in der selektiven Gruppe bei nur 10%. Im Vergleich
dazu wurde bei 23,3% der Rekonstruktionen ohne den Gebrauch von ADM eine
Revision
durchgeführt.
Ebenso
konnte
eine
deutliche
Abnahme
der
Implantatverluste gezeigt werden. Die beobachteten Ergebnisse der Studie führten
zu der Annahme, dass ADM besonders im Hinblick auf PostmastektomieRadiotherapie (PMRT) für die Patientinnen von Nutzen sein kann [51]. Eine
niedrige Komplikationsrate von 4% wird auch in einer Arbeit von Breuing und
Colwell beschrieben. Auch im Zusammenhang mit Radiotherapie werden Erfolge
beschrieben [50]. In einer weiteren Arbeit von Colwell zeigt sich allerdings, dass
auch
bei
Gebrauch
von
ADM
bestrahlte
Patientinnen
signifikant
mehr
Komplikationen aufweisen als nicht-bestrahlte Patientinnen [52].
Gegensätzlich dazu werden in einer Studie von Chun und KollegInnen für
Rekonstruktionen mithilfe von ADM eine erhöhte Rate an Komplikationen
berichtet. In einem Zeitraum von 6 Jahren wurden 146 Rekonstruktionen ohne
ADM durchgeführt, 269 Implantatrekonstruktionen erfolgten mithilfe von ADM.
Patientinnen, deren Rekonstruktion mit ADM durchgeführt wurde, wiesen in der
Studie
eine
statistisch
signifikant
erhöhte
Rate
an
Infektionen
und
Seromformationen auf. Neben dem BMI, erwies sich ADM als signifikanter
Risikofaktor für oben genannte Komplikationen [103].
Bezüglich der Folgen einer Radiotherapie auf ADM, liefert eine Studie vom
Februar 2014 aktuelle histologische Ergebnisse. Das untersuchte Studienkollektiv
bildeten Patientinnen, die sich einem bilateralen Aufbau mit Gebrauch von ADM
und nachfolgender unilateraler Bestrahlung unterzogen haben. Die primären
Rekonstruktionen wurden mittels Expandern durchgeführt, welche nach beendeter
Radiotherapie gegen permanente Implantate getauscht wurden. Dabei wurden auf
beiden Seiten aus der periprosthetischen Kapsel Biopsien entnommen. Bestrahlte
ADM wurde sodann mit nicht bestrahlter ADM verglichen, ebenso wurden die
Unterschiede zwischen natürlichem Gewebe und ADM untersucht. Beim Vergleich
von bestrahlter zu nicht bestrahlter ADM zeigten sich kaum Unterschiede. Die
bestrahlte natürlich gebildete Kapsel zeigte im Gegensatz zur bestrahlten ADM
jedoch signifikant mehr Entzündungszeichen. Die Ergebnisse führten die
AutorInnen zu dem Schluss, dass ADM speziell für adjuvant bestrahlte
Patientinnen mit Implantaten von großem Nutzen sein kann [104].
31
1.6 Auswirkungen auf die Lebensqualität
Die Daten vieler Studien und Fallserien veranschaulichen eine onkologische
Sicherheit für SSM [11,13,69]. Die Kontrolle hinsichtlich onkologischen Erfolgs gilt
weiterhin als maßgeblicher Faktor zur Evaluierung und Implementierung neuer
Methoden in der onkoplastischen Brustchirurgie. Eine zunehmend bedeutende
Rolle spielt aber auch die Lebensqualität (LQ) der Patientinnen [9]. Eingriffe an der
Brust, einem wichtigem Symbol der Weiblichkeit, können entstellend sein und
zeigen Auswirkungen auf das psychosoziale Wohlbefinden der Betroffenen [4]. In
diesem Zusammenhang ist die Mastektomie zu nennen, die mit zahlreichen
psychologischen Problemen assoziiert ist. Mastektomierte Frauen berichten von
einem geringem Selbstbewusstsein sowie dem Gefühl, die körperliche Attraktivität
verloren
zu
haben
[10].
Bei
Frauen
nach
BET
scheint
dagegen
die
Patientinnenzufriedenheit hoch zu sein und kosmetisch gute Ergebnisse können
gewahrt werden [105]. Eine ästhetisch ansprechende Alternative für Patientinnen,
die für eine BET nicht geeignet sind, stellt SSM mit IBR dar [6].
1.6.1 Kosmetisches Ergebnis
In der Mehrheit der Studien wird versucht, das kosmetische Ergebnis objektiv von
unabhängigen Personen anhand von Fotographien, die in verschiedenen
Perspektiven aufgenommen wurden, beurteilen zu lassen [11,100,106]. In einer
Studie von Ueda et al. wurden Fotographien von 56 Patientinnen, bei denen eine
SSM bzw. NSM durchgeführt wurde, verglichen mit entsprechenden Fotographien
von 47 Frauen, die brusterhaltend operiert wurden. Objektiv beurteilt wurden die
Fotographien von zwei ÄrztInnen, einer Brustchirurgin, einem plastischen
Chirurgen und von 2 Krankenschwestern. Kriterien, die beurteilt wurden, waren
unter anderem die Narben sowie die Symmetrie der IMF und der Brüste, was das
Volumen sowie die Form anbelangt. Ebenso beachtet wurde die Symmetrie des
NAC. Hier wurden Größe, Farbe und Postion beurteilt. Die, von den vier
verschiedenen Beurteilern, vergebenen Punkte wurden gemittelt und anhand
eines Scores eingeteilt. Ergebnisse reichten von „exzellent“ (≥9Punkte) über „gut“
(7-8 Punkte) und „ausreichend“ (5-6 Punkte) bis hin zu „schlecht“ (≤ 4Punkte). Im
Vergleich von BET und SSM ergaben sich in der Auswertung der kosmetischen
32
Ergebnisse keine statistisch signifikanten Unterschiede. In der BET-Gruppe
erlangten jedoch mehr Frauen den Score eines „schlechten“ Ergebnisses als in
der SSM-Gruppe [100]. In einer Studie von Cocquyt und MitarbeiterInnen zeigt
sich für Patientinnen nach SSM ein, im Vergleich zu Patientinnen nach BET,
kosmetisch überlegenes Ergebnis. Fotographien in verschiedenen Perspektiven
wurden wiederum von unabhängigen Personen beurteilt. Es wurde auf ähnliche
Kriterien wie bei Ueda et al. geachtet. In allen Kriterien wurde für SSMPatientinnen ein besserer Score vergeben. Lediglich in Bezug auf das Bild der
Narben, erhielten sie, im Vergleich zu Frauen nach BET, einen schlechteren
Score. Die AutorInnen führten dies auf die zusätzliche Narbe am Unterbauch
zurück, da alle Patientinnen nach SSM mittels DIEP-Lappen rekonstruiert wurden
[106]. Einige Studien evaluieren auch mögliche Unterschiede zwischen SSM und
NSM [23,100,107]. Ueda et al. konnten in ihrer Subgruppenanalyse keinen
Unterschied im kosmetischen Ergebnis aufzeigen [100]. Eine andere Studie von
Moyer und KollegInnen präsentiert ähnliche Ergebnisse. Verglichen wurden
Patientinnen nach SSM und NAC-Rekonstruktion mit Patientinnen nach NSM. Es
zeigten sich keine signifikanten Unterschiede in der Gesamtbeurteilung des
ästhetischen Ergebnisses. In Bezug auf den NAC wurden Patientinnen nach einer
NSM jedoch deutlich besser beurteilt, was darauf schließen lässt, dass das
Belassen des Nippels der Rekonstruktion des NAC kosmetisch noch immer
überlegen ist [23]. Gerber et al. beschreiben in einer Studie von 2009 eine
Verschlechterung des kosmetischen Ergebnisses mit längerem Follow-up. Es wird
berichtet, dass nach einer Follow-up Zeit von 59 Monaten 78,4% der Patientinnen
nach SSM und 73,8% der Patientinnen nach NSM eine exzellente Beurteilung
erhielten. Nach einem Follow-up von 101 Monaten waren jedoch nur mehr die
Hälfte der Ergebnisse mit exzellent zu evaluieren. Gerber begründet dies mit der
teilweise beträchtlichen Gewichtszunahme einzelner Patientinnen und den
eventuell auftretenden kosmetischen Folgen der Anwendung der Strahlentherapie.
Er berichtet jedoch auch davon, dass die Selbstbeurteilung der Patientinnen nach
101 Monaten Follow-up völlig identisch war zur Bewertung nach nur 59 Monaten
Follow-up Zeit [11].
33
1.6.2 Lebensqualitätsuntersuchungen
In der Literatur sind derzeit noch wenige Studien vorhanden, die LQ auf der Basis
von validierten bzw. krankheitspezifischen Fragebögen erhoben haben [6,108]. Oft
wird
LQ
und
Patientinnenzufriedenheit
lediglich
anhand
einer
visuellen
Analogskala (VAS) ermittelt. Reefy et al. erhoben mittels VAS einen medianen
Zufriedenheitsscore von 9 auf einer Skala von 1 (nicht zufrieden) bis 10 (sehr
zufrieden). Die Zufriedenheit wird dabei von den Patientinnen sehr hoch
angegeben,
ein
VAS-Score
kann
jedoch
keine
Einzelergebnisse
über
verschiedene Bereiche der LQ liefern [8]. Cocquyt und KollegInnen haben die LQ
ihrer Patientinnen anhand des „Medical Outcomes Study (MOS) 36-item Short
Form
Health
Status
Survey
(SF-36)“
evaluiert.
Der
SF-36
beeinhaltet
verschiedene Bereiche der LQ, wie z.B. die körperliche und emotionale
Funktionsfähigkeit, körperliche Schmerzen, die Vitalität, körperliche sowie
emotionale Rollenfunktion, allgemeine körperliche und mentale Gesundheit.
Anhand dieses Fragebogens wurde Unterschiede zwischen Patientinnen, die
brusterhaltend operiert wurden und Frauen nach SSM analysiert. In keinem der
Bereiche zeigten sich zwischen den beiden Gruppen statistisch signifikante
Unterschiede. Ein Vergleich mit der gesunden Bevölkerung der Vereinigten
Staaten zeigte, dass die LQ der untersuchten Patieninnen sich auf ähnlich hohem
Niveau befindet. Zusätzlich wurden die Patientinnen noch gebeten, einen
studienspezifischen Fragebogen auszufüllen. Dieser Fragebogen behandelte
Themengebiete, wie das eigene Körperbild, Selbstwertgefühl und die sexuelle
Anziehungskraft. Die meisten der Befragten berichteten von unveränderten
psychosozialen Beziehungen nach der Operation. In beiden Gruppen zeigten bei
einem Drittel der Patientinnen die Ergebnisse des Fragebogens jedoch Probleme
in intimen Situationen. Diese Patientinnen hatten Schwierigkeiten damit, sich dem
Partner gegenüber nackt zu zeigen. Was die Sexualität betrifft, so berichtete die
Hälfte der Patientinnen von einer verringerten Libido [106]. Ueda et al. versuchten
die LQ der Patientinnen mittels einem Fragebogen zu ermitteln, der speziell für
japanische
Frauen
nach
Brustkrebsbehandlung
entwickelt
wurde.
Dieser
Fragebogen behandelt die soziale Aktivität, körperliche und sexuelle Aspekte,
körperliche Schmerzen, Körperbild und Mutterschaftsaspekte. Der Fragebogen
wurde dann an 71 Frauen nach SSM und IBR, an 158 nach CM und an 154
34
Patientinnen nach BET geschickt. In Bezug auf die Patientinnenzufriedenheit
zeigten sich in den drei verschiedenen Gruppen keine Unterschiede. Was das
Körperbild und die Sexualität betraf, so waren die Ergebnisse in der SSM-, sowie
der BET-Gruppe, den Ergebnissen in der CM-Gruppe überlegen [100]. In einer
Studie von Heneghan et al. aus dem Jahr 2011 wurden wiederum zwei
Patientinnengruppen untersucht, zum einen Frauen nach BET und auf der
anderen Seite Frauen, welche sich einer SSM mit anschließender IBR unterzogen
haben. Die AutorInnen benutzten für ihre Analyse validierte Brustkrebs-spezifische
Fragebögen, den EORTC-QLQ-BR23 und den FACT-B. Im Vergleich der beiden
Gruppen zeigten sich ähnliche LQ-Daten. Außerdem wurde der Einfluß der
Radiotherapie nach IBR auf die LQ untersucht. Auch hier zeigten sich keine
Unterschiede zwischen bestrahlten und nicht bestrahlten Patientinnen in Bezug
auf die LQ [6]. Auch wenn Patientinnen nach adjuvanter Radiotherapie
möglicherweise mehr Komplikationen aufweisen [94], so scheint davon die
Zufriedenheit der Betroffenen nicht beeinträchtigt. Patientinnen mit einer
schlechteren Prognose zeigten im Vergleich zu Frauen mit frühinvasiver
Erkrankung keine Minderung der LQ. Die AutorInnen sprechen in diesem
Zusammenhang von einem psychosozialen Nutzen der SSM mit IBR für
Patientinnen in einem fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung [6].
Die in der Literatur vorhandenen Daten zeigen für SSM und sofortige
Brustrekonstruktion vergleichbar gute Ergebnisse wie für BET [6,100,106]. Das
kosmetische Ergebnis wird zum Teil für rekonstruierte Patientinnen besser
bewertet als für Frauen nach einer BET [106]. Die noch wenigen, validierten LQUntersuchungen veranschaulichen den großen Anteil an mit dem Ergebnis
zufriedenen Patientinnen [6].
35
1.7 Fragestellung der Arbeit
Das Ziel dieser Arbeit ist es, anhand einer Fallserie, die Erfahrungen mit SSM und
IBR an der Universitätsfrauenklinik Graz (UFK) zu präsentieren.
Folgende Fragestellungen werden in der vorliegenden Arbeit bearbeitet:
Zum einen soll die Methode der SSM evaluiert werden. Hierzu werden Parameter,
wie das Auftreten von Lokalrezidiven bzw. Fernmetastasen, herangezogen.
Ebenfalls beurteilt wird die Operation hinsichtlich der damit verbundenen
Komplikationen.
Zum anderen soll untersucht werden, wie sich die Behandlung der Erkrankung auf
die Lebensqualität der Patientinnen auswirkt. Für die Erfassung der LQ-Daten
dienten
standardisierte
und
validierte
Fragebögen,
die
speziell
für
Brustkrebspatientinnen von Relevanz sind. Verwendet wurden: der EORTC QLQ30, ein speziell für KrebspatientInnen entwickelter Fragebogen, der EORTC QLQBR23, ein Brustkrebsmodul, das in Kombination mit dem EORTC QLQ C-30
verwendet wird und der EORTC QLQ-BRR31, ein zu Studienbeginn noch nicht
validierter Fragebogen für Patientinnen nach einer Brustrekonstruktion.
36
2 Material und Methoden
2.1 Studiendesign
Die vorliegende Arbeit präsentiert die Ergebnisse einer Gruppe von 36
Patientinnen, die zwischen März 2012 und Oktober 2013 mit dieser Methode an
der UFK behandelt wurden.
Die
Studie
gliedert
sich
in
eine
retrospektive
Datenanalyse
und
eine
Fragebogenuntersuchung zur Erfassung der Lebensqualität.
2.1.1 Retrospektive Datenanalyse
Für den ersten Teil wurden folgende Daten retrospektiv aus den gespeicherten
Krankengeschichten in Medocs analysiert.
Patientinnenbezogene Daten:
 Alter
 BMI
 Nikotinanamnese
 Komorbiditäten
 Menopausenstatus
 Bisherige Therapie (Neoadjuvante Therapie, Radiotherapie)
 Vorangehende Operationen der Brust und Axilla
Daten bezüglich des rekonstruktiven Eingriffs und des postoperativen Verlaufs:
 Art der Rekonstruktion (Implantat, autologes Gewebe)
 Areola (entfernt, erhalten)
 Implantalage (subpektoral, subglandulär)
 Netzverwendung
 Axillärer Eingriff (SNLB, axilläre Dissektion)
 Antibiose
 Drainage
 Schmerzen am 1.postoperativen Tag und dem Entlassungstag
 Postoperativer Aufenthalt
 Komplikation
 Revision
37
Tumorbezogene Daten: TNM-Klassifikation
Therapiebezogene Daten:
 Adjuvante Chemotherapie, antihormonelle Therapie, zielgerichtete Therapie
 Adjuvante Bestrahlung
Nachsorgedaten:
 Letzte Nachsorge
 Zwischenzeitliche Operation
 Rezidiv (Lokalrezidiv, Fernmetastase)
2.1.2 Fragebogenuntersuchung
Für die Lebensqualitätsuntersuchung wurden folgende Fragebögen, entwickelt
von der European Organization for Research and Treatment of Cancer (EORTC),
verwendet:
 EORTC QLQ-C30 (Version 3.0) [109]
 EORTC QLQ-BR23 (Version 1.0) [110]
 EORTC QLQ BRR31
Die einzelnen Fragebögen wurden so entworfen, dass jede Frage auf einer
Antwortskala von 1 bis 4 zu beantworten ist, wobei 1 für „gar nicht“, 2 für „wenig“,
3 für „mäßig“ und 4 für „sehr“ steht. Auf dieser Skala soll von den Patientinnen der
jeweilige Ausprägungsgrad einen Symptoms angegeben werden. Die erhaltenen
Daten werden linear in Skalen von 0 bis 100 transformiert [111].
2.1.2.1 Der EORTC QLQ-C30
Der
EORTC
QLQ-C30-Fragebogen
dient
zur
Erfassung
der
LQ
bei
KrebspatientInnen. Dieser Fragebogen beinhaltet fünf Funktionsskalen, die
physische Funktion (PF), Rollenfunktion (RF), emotionale (EF), kognitive (CF) und
soziale Funktion (SF). Weiters gibt er Auskunft anhand von drei Symptomskalen,
Müdigkeit (FA), Schmerz (PA), Übelkeit und Erbrechen (NV) und weiteren
Einzelsymptomen: Atemnot (DY), Schlaflosigkeit (IN), Appetitverlust (AP),
Konstipation (CO), Diarrhoe (DI), und finanzielle Probleme (FI). Außerdem verfügt
er über einen globalen Gesundheits- und LQ-Wert (QL) [109]. Tabelle 7 bietet
hierzu einen Überblick.
38
Tabelle 7: Bereiche des EORTC QLQ-C30
Funktionsskalen
PF (physical function)
Physische Funktion
RF (role function)
Rollenfunktion
EF (emotional function)
Emotionale Funktion
CF (cognitive function)
Kognitive Funktion
SF (social function)
Soziale Funktion
Symptomskalen
FA (fatigue)
Müdigkeit
NV (nausea and vomiting)
Übelkeit und Erbrechen
PA (pain)
Schmerzen
DY (dyspnoea)
Atemnot
IN (insomnia)
Schlaflosigkeit
AP (appetite loss)
Appetitverlust
CO (constipation)
Konstipation
DI (diarrhoea)
Diarrhoe
FI (financial problems)
Finanzielle Probleme
QL (global health/LQ)
Globaler Gesundheits- und LQ-Wert
In den Funktionsskalen, sowie bei der Skala des globalen Gesundheits- und LQWertes bedeuten hohe Werte eine hohe LQ, in den Symptomskalen verhält es
sich umgekehrt, hier zeigen niedrige Werte eine hohe LQ an.
2.1.2.2 Der EORTC QLQ-BR23
Der EORTC QLQ-BR23 [110] ist ein Modul speziell für BrustkrebspatientInnen,
das in Kombination mit dem QLQ-C30 genutzt wird. Der QLQ-BR23 verfügt
wiederum über Funktionsskalen und Symptomskalen (siehe Tabelle 8). Die
Interpretation der einzelnen Werte erfolgt analog zum EORTC QLQ-C30. Eine
hohe LQ drückt sich in hohen Werten in den Funktionsskalen und in niedrigen
Werten der Symptomskalen aus.
39
Tabelle 8: Bereiche des EORTC QLQ-BR23
Funktionsskalen
BI (Body Image)
Körperbild
SEF(sexual functioning)
Sexualfunktion
SEE (sexual enjoyment)
Sexuelle Lust
FU (future perspective)
Zukunftsperspektive
Symtomskalen
ST (systemic therapy)
Systemische Therapie
BS (breast symptoms)
Brustsymtome
AS (arm symptoms)
Armsymptome
HL (hair loss)
Haarverlust
2.1.2.3 Der EORTC QLQ-BRR31
Beim EORTC QLQ-BRR31 handelte es sich zu Studienbeginn um einen noch
provisorischen Fragebogen für Patientinnen, die sich einer Brustrekonstruktion
unterzogen haben Zum Zeitpunkt des Studienbeginns befand sich dieser
Fragebogen noch in Phase III der klinischen Testung. Erst nach Beendigung
unserer Studie, wurde die Phase III der klinischen Testung abgeschlossen. Die
Ergebnisse wurden im März 2014 publiziert. Der Fragebogen tritt nun um einige
Fragen verkürzt in die Phase IV ein. Statt 31 Fragen umfasst der neue EORTC
QLQ-BRR26 nun nur mehr 26 Fragen [112]. Im Rahmen dieser Arbeit wurde
jedoch bereits im Juni 2013 damit begonnen, LQ- Daten zu sammeln, weshalb
hier noch der „alte“ EORTC QLQ-BRR31 verwendet wurde.
2.1.2.4 Ablauf der Lebensqualitätserhebung
Im Rahmen dieser Studie wurden die Patientinnen nach erfolgter Behandlung in
einem ersten Gespräch telefonisch über die Durchführung der Untersuchung
informiert. Bei Interesse an der Teilnahme wurden den Patientinnen die
Fragebögen
zugeschickt.
Beigelegt
wurde
ein
Schreiben
zur
Patientinneninformation und Aufklärung in doppelter Ausführung. Ein Exemplar
sollte unterschrieben zurückgeschickt werden, das zweite Exemplar sollte bei den
Patientinnen verbleiben. Im Informationsschreiben wurden die Patientinnen
40
nochmals ausführlich über den Zweck, Ablauf und Nutzen der Studie aufgeklärt.
Informiert wurden sie außerdem über die genaue Einhaltung des Datenschutzes
und über die anonyme Behandlung ihrer Daten. Jeder Patientin wurde ein Code
zugewiesen. Bei Rückfragen konnten sich die Patientinnen unter den im
Schreiben angegebenen Telefonnummern jederzeit melden. Die Zusendung
enthielt außerdem ein bereits frankiertes und adressiertes Kuvert, für die
kostenlose Rücksendung der ausgefüllten Fragebögen.
2.1.3 Ein-und Ausschlusskriterien
Das Studienkollektiv besteht aus Patientinnen, die sich am UFK einer SSM mit
sofortiger Brustrekonstruktion unterzogen haben.
Indikationen für SSM und IBR waren:
 DCIS bzw. invasives Mammakarzinom
 Multifokalität des Tumors
 Genetische Vorbelastung im Sinne einer BRCA1/2-Mutation
 Vorangehende BET ohne Erreichen einer R0-Resektion
 Lokalrezidiv nach BET
 In Relation zur Brustgröße zu großer Tumor (BET aus kosmetischen
Gründen nicht sinnvoll)
 Kontraindikation zur Radiotherapie, die einer BET folgen sollte
 Wunsch der Patientin nach SSM anstatt BET bei diagnostiziertem
Mammakarzinom
Ausschlusskriterien waren Patientinnen, bei denen eine SSM nicht indiziert war
und deshalb eine andere Operation durchgeführt werden musste. Dies betrifft
Patientinnen mit gesichertem großflächigem Befall der Haut. Patientinnen mit
einem inflammatorischem Mammakarzinom wurden ebenso ausgeschlossen.
41
2.2 Statistische Auswertung
Für die Zusammenfassung der retrospektiv erhobenen Daten und der Antworten
aus den zurückgesendeten Fragebögen wurde eine Excel-Arbeitsmappe erstellt.
Im Rahmen der statistischen Auswertung wurden die Excel-Tabellen in IBM SPSS
Statistics 21 importiert.
Erhobene Daten wurden mittels deskriptiver Statistik analysiert. Hier wurden
Mittelwert, Median, Standardabweichung und Häufigkeiten berechnet. Die
Auswertung der Ergebnisse aus den Fragebögen erfolgte anhand der EORTC
Scoring-Anleitung für SPSS, welche eine lineare Transformation der Daten auf
erwähnte Skalen ermöglichte [111].
Für die Ergebnisse aus den EORTC QLQ-C30 wurden Konfidenzintervalle
berechnet mit einem Konfidenzniveau von 95%. Verglichen wurden die
Ergebnisse des EORTC QLQ C30 mit normativen Referenzdaten aus einer
deutschen Population, publiziert in einer aktuellen Arbeit von Waldmann et al.
[113]. Hierzu erfolgte eine Einteilung des Studienkollektivs in Altersgruppen. Da für
den EORTC QLQ-BRR31 kein Scoringschema vorliegt, erfolgte die Auswertung
der
Ergebnisse
Zusammengefasst
der
einzelnen
werden
die
Fragen
Ergebnisse
mittels
der
deskriptiver
einzelnen
Statistik.
Fragen
unter
Überbegriffen.
42
3 Ergebnisse
3.1 Studienpopulation
Insgesamt wurden 36 Patientinnen in die Studie eingeschlossen. Bei diesen 36
Patientinnen wurden 46 Rekonstruktionen durchgeführt. Das mediane Follow-Up
betrug 8,7 Monate, die mittlere Follow-Up-Zeit lag bei 9,6 Monaten (mit einer
Standardabweichung (SD) von 5,3). Die Spannweite reichte von 1,5 Monaten bis
zur erreichten maximalen Follow-Up-Zeit von 22,1 Monaten. Das mittlere Alter der
Patientinnen zum Zeitpunkt der Operation lag bei 44,9 Jahren mit einer SD von
7,7. Der mittlere BMI betrug 23,0 kg/m2 (SD: 3,2). Knapp ein Drittel der
Patientinnen (30,6%) waren Raucherinnen. Keine der Patientinnen war an
Diabetes mellitus erkrankt. 61,1% der Frauen waren zum Zeitpunkt der Operation
prämenopausal. 13,9% waren periklimaterisch, 25,0% befanden sich in der
Postmenopause (siehe Tabelle 9). Die prozentuelle Verteilung bezüglich des
Menopausenstatus ist in Abbildung 4 ersichtlich.
Tabelle 9: Patientinnenmerkmale und Follow-Up
Follow-Up-Zeit (in Monaten)
Alter zum Zeitpunkt der Operation (in Jahren)
Body Mass Index (kg/m2)
Raucherinnen
Diabetikerinnen
Menopausenstatus
prämenopausal
perimenopausal
postmenopausal
Patientinnen
n=36
9,6 (±5,3)
44,9(±7,7)
23,0 (±3,2)
11 (30,6%)
0 (0%)
22 (61,1%)
5 (13,9%)
9 (25,0%)
Daten werden dargestellt als n=Anzahl der Patientinnen (%) bzw. Mittelwert (± SD)
43
postmenopausal
25%
perimenopausal
14%
prämenopausal
61%
Abbildung 4: Prozentuelle Verteilung bezüglich des Menopausenstatus
Bei 16 Patientinnen wurden in der Vergangenheit bereits Brustoperationen
durchgeführt. 2 Patientinnen hatten aus ästhetischen Gründen eine Augmentation
bzw. eine Mastopexie beidseits durchführen lassen. Bei 14 Patientinnen konnte in
der Anamnese eine BET erhoben werden, bei 13 Patientinnen erfolgte die BET
unilateral, bei einer Patientin bilateral. In diesen Fällen bestand die Indikation zu
einer SSM aufgrund einer R1-Resektion nach BET bzw. aufgrund von Auftreten
eines Lokalrezidivs nach BET.
In 10 Fällen wurde im Zuge einer vorangehenden Brustoperation bereits eine
SNLB und in weiteren 5 Fällen eine axilläre Dissektion durchgeführt. Von 46 zu
rekonstruierenden Brüsten waren präoperativ 4 im Rahmen der bisherigen
Behandlung vorbestrahlt. Zusätzlich ließ sich bei einer Patientin aufgrund von
Morbus Hodgkin eine Irradiatio des Mediastinums erheben. 14 Patientinnen
(38,9%) hatten eine bisherige bzw. neoadjuvante Therapie. Tabelle 10 bietet dazu
eine Übersicht.
Tabelle 10: Bisherige Operationen und Behandlung
Fälle
n=46
Brust-OP
Ästhetisch
BET bei MammaCa
LK-OP
SNLB
Axilläre Dissektion
Irradiatio
Bisherige bzw. neoadjuvante Therapie
2 (4,3%)
15 (32,6%)
10 (21,7%)
5 (10,9%)
5 (10,9%)
14 (38,9%)
Daten werden dargestellt als n=Anzahl der Fälle (%)
44
Tabelle 11 gibt einen Überblick über die Verteilung der Tumorstadien in der
Studienpopulation. Prophylaktische Operationen wurden in 13 Fällen durchgeführt,
wobei 5 Patientinnen sich bei kontralateralem Brustkrebs und genetischer
Vorbelastung für eine prophylaktische NSM der Gegenseite entschieden haben. 4
Patientinnen unterzogen sich einer bilateralen NSM bei familiärer und genetischer
Vorbelastung. Nur eine Patientin wurde mit einem Tumor im Stadium T3
eingeschlossen, diese präsentierte sich mit einem primär metastasierten
Mammakarzinom. Auf Wunsch der Patientin wurde eine SSM durchgeführt. Bei 4
Patientinnen konnte aufgrund der neoadjuvanten Therapie in der histologischen
Untersuchung des Mastektomiepräparates nach SSM kein invasiver Anteil des
Tumors mehr gefunden werden. Alle 4 Patientinnen hatten vor Beginn der
Therapie einen durch Feinnadelbiopsie diagnostizierten Tumor im T2-Stadium.
Tabelle 11: Stadienverteilung
Fälle
n=46
Prophylaktische Operation
pT
pTis
pT1
pT2
pT3
pN
pN0
pN1
pN2
pN3
M0
M1
13 (28,3%)
15 (32,6%)
9 (19,6%)
8 (17,4%)
1 (2,2%)
36 (78,3%)
6 (13,0%)
3 (6,5%)
1 (2,2%)
45 (97,8%)
1 (2,2%)
Daten werden dargestellt als n= Anzahl der Fälle (%)
3.2 Rekonstruktionen und postoperativer Verlauf
Bei Patientinnen mit neu diagnostiziertem Brustkrebs bzw. DCIS erfolgte ein
Lymphknotenstaging mittels SNLB, im Falle eines positiven Befundes des
angeforderten Schnellschnitts wurde der Eingriff erweitert und eine axilläre
Dissektion durchgeführt. Eine axilläre Dissektion wurde bei ingesamt 8
Patientinnen (17,4%) vorgenommen. Abbildung 5 zeigt eine prozentuelle
Aufteilung der Operationen bezüglich des Lymphknotenstagings.
45
axilläre
Dissektion
24%
vorangehende
LK-Operation
46%
SNLB
30%
Abbildung 5: Prozentuelle Aufteilung der Operationen der Axilla
Bei Vorliegen einer Indikation zur therapeutischen Mastektomie, also bei
Patientinnen mit DCIS bzw. invasivem Mammakarzinom, wurde nach Resektion
des Brustdrüsengewebes der Nippel ausgeschält und das gewonnene Gewebe an
die Pathologie zur Schnellschnittuntersuchung geschickt. Bei tumorösem Befall
und unter Berücksichtigung der Blutversorgung erfolgte in einigen Fällen eine
nochmalige Ausschälung des Nippels, um Tumorfreiheit zu erreichen. In jenen
Fällen, in denen die Versorgung des NAC durch nochmaliges Ausschälen stark
gefährdet worden wäre und Tumorfreiheit nicht gewährleistet werden konnte,
wurde die Areola samt Nippel entfernt. Insgesamt wurde der NAC in 35 Fällen
(76,1%) erhalten, miteinberechnet sind hier auch die aus prophylaktischen
Gründen durchgeführten NSM. Im Rahmen der übrigen 11 Operationen (23,9%)
musste er entfernt werden.
Alle Rekonstruktionen wurden mittels Implantaten durchgeführt. In allen Fällen
wurde eine subpektorale Lage des Implantats favorisiert. Die Rekonstruktionen
erfolgten unter Zuhilfenahme von Netzen, die als Verstärkung des unteren Pols
des Implantats dienen sollten. Hier kamen verschiedene Produkte zum Einsatz.
Bis auf wenige Ausnahmen wurden ADM (Strattice®, Protexa® und SurgiMend®)
verwendet. In 6 Fällen wurden Rekonstruktionen mittels TiLOOP® durchgeführt.
Bei einer Patientin erfolgte der rekonstruktive Eingriff ohne Gebrauch eines
Netzes. Eine Übersicht über die verwendeten Netze und die Häufigkeit ihrer
Anwendung gibt Abbildung 6.
46
25
23
20
15
12
10
6
4
5
1
0
Strattice®
Protexa®
SurgiMend®
TiLOOP®
kein Netz
Abbildung 6: Übersicht über verwendete Produkte
Rekonstruktionen des NAC wurden bei drei Patientinnen durchgeführt. Die Nippel
wurden mittels lokaler Lappentechnik rekonstruiert. Im Vorfeld wurden mit der
Patientin die Farbe und der Durchmesser der Areola besprochen. Entsprechend
dieser Wünsche der Patientin konnte im Rahmen der Nippelrekonstruktion eine
Areolatätowierung durchgeführt werden. Um eine Symmetrie der Brüste zu
erreichen, wurden bei 5 Patientinnen (13,9%) kontralaterale Eingriffe durchgeführt.
3 Patientinnen unterzogen sich einer Augmentation, 2 Patientinnen einer
Mastopexie der Gegenseite.
Alle 36 Patientinnen erhielten intraoperativ eine Antibiose. In Abhängigkeit von
Infektionszeichen wurde bei 8 Patientinnen (22,2%) eine postoperative Antibiose
angeordnet. Die Dauer der Antibiose betrug im Mittel 5 Tage. Die mittlere
Drainagedauer lag bei 6,7 Tagen (SD: 2,4), mediane Dauer war 7 Tage. Der
postoperative Aufenthalt lag im Mittel bei 6,8 Tagen mit einer SD von 2,5 (median:
7 Tage).Die Patientinnen wurden gebeten, Schmerzen anhand der VAS-Skala zu
beurteilen. Der gemittelte angegebene Wert auf der VAS-Skala lag am 1.
postoperativen Tag bei 1,4 (Median: 1), wobei das von einer Patientin
angegebene Maximum bei 5 lag. Am Entlassungstag lag der Mittelwert bei 0,4
(Median: 0). Maximale Angabe einer Patientin war 2.
Postoperative
Komplikationen
inkludierten
Nachblutungen,
Wundheilungs-
störungen (PS-Heilung) bis zur Nekrose. In einem Fall wurde eine Dislokation des
47
Implantats beobachtet. Die Reoperationsrate lag bei 30,4%. Eine Übersicht über
die beim Studienkollektiv aufgetretenen Komplikationen bietet Tabelle12.
6 Patientinnen entwickelten ein operationsbedürftiges Hämatom. Bei einer
betroffenen Patientin lag der Nachblutung eine Blutgerinnungsstörung, im Sinne
eines von-Willebrand-Syndroms, zugrunde.
In 3 Fällen wurde eine leichte Nekrose des Mamillenbereichs beobachtet, die
allein durch Lokalpflege behandelt werden konnte. Bei einer Patientin wurde ein
operatives Debridement des nekrotischen Hautbezirks durchgeführt und das
Implantat gegen einen Expander getauscht. Eine Patientin entwickelte nach
bilateraler Brustrekonstruktion aufgrund eines Raynaud-Syndroms beidseits
Hautnekrosen, so dass letzten Endes beide Implantate entfernt werden mussten.
Es wurde eine konventionelle Ablatio durchgeführt.
Zusätzlich musste in 3 weiteren Fällen aufgrund von PS-Heilung und Nekrose das
Implantat vorerst gegen einen Expander getauscht werden, in einem weiteren
Eingriff wurden alle 3 Patientinnen jedoch mit einem permanenten Implantat
versorgt. Implantatverluste waren somit nur in einer Patientin zu verzeichnen
aufgrund der erwähnten bilateralen Hautlappennekrose infolge eines RaynaudSyndroms. Insgesamt waren acht Patientinnen von Wundheilungsstörungen bzw.
nekrotischen Komplikationen betroffen. Von diesen waren 3 Raucherinnen
(37,5%). Vorbestrahlt waren 2 (25%) der betroffenen Patientinnen.
Tabelle 12: Komplikationen und Reoperationen
Rekonstruktionen
n=46
Komplikationen
Blutung
Nekrose
PS-Heilung
Dislokation des Implantats
Gesamt
Reoperationen aufgrund
Hämatom
Nekrose
PS-Heilung
Implantatdislokation
Gesamt
Austausch des Implantats gegen Expander
Verlust des Implantats
6 (13,0%)
6 (13,0%)
5 (10,9%)
1 (2,2%)
18 (39,1%)
6 (13,0%)
3 (6,5%)
4 (8,7%)
1 (2,2%)
14 (30,4%)
3 (6,5%)
2 (4,3%)
Daten werden dargestellt als n=Anzahl der Fälle (%)
48
3.3 Adjuvante Therapie und Nachsorge
Im Rahmen der adjuvanten Behandlung, erhielten 3 Patientinnen (8,3%) eine
Chemotherapie. Eine antihormonelle Therapie wurde insgesamt 19 Frauen
(52,8%)
empfohlen,
wobei
1
Patientin
die
Behandlung
ablehnte.
Eine
zielgerichtete Therapie mit Trastuzumab (Handelsname: Herceptin®) erhielten 7
Patientinnen (19,4%). 7 Patientinnen wurden adjuvant bestrahlt. Eine Patientin
verweigerte die empfohlene adjuvante Radiotherapie.
Nach einer medianen Follow-up-Zeit von 8,7 Monaten trat bei einer Patientin
(2,8%) ein Lokalrezidiv auf. Fernmetastasen wurden insgesamt in 3 Patientinnen
(8,3%), beobachtet, wobei eine Patientin, wie bereits erwähnt, sich mit einem
primär metastasiertem Brustkrebs präsentierte. Man kann daher von einer
Fernrezidivrate von 5.6% sprechen (siehe Tabelle 13).
Tabelle 13: Zusammenhang von Lokal- und Fernrezidiven
histologischem Stadium des Tumors (Tabelle modifiziert nach [8])
und
TNM-Stadium
N=46
Lokalrezidiv
Fernmetastasen
prophylaktisch
pTis
pT1N0M0
pT1N1M0
pT1N2M0
pT2N0M0
pT2N1M0
pT2N2M0
pT2N3M0
pT3N2M1
Total
13
15
4
4
1
4
2
1
1
1
46
0
0
0
0
0
1
0
0
0
0
0
0
0
1
0
0
1
1
3
0
1
49
3.4 Lebensqualitätsuntersuchung
Nach telefonischer Verständigung wurden den, in die Studie eingeschlossenen, 36
Patientinnen die Fragebögen mit einem beiliegenden Informationsschreiben
zugesendet. Von diesen 36 Patientinnen sendeten 31 die Fragebögen ausgefüllt
zurück und nahmen an der Studie zur Untersuchung der LQ teil. Die
Rücksenderate lag bei 86,1%.
3.4.1 Auswertung des EORTC QLQ-C30
Tabelle 14 zeigt die Scores aus der Auswertung des EORTC QLQ-C30 für das
gesamte Studienkollektiv.
Tabelle 14: Ergebnisse des EORTC QLQ-C30
N1
Score
Funktionsskalen2
PF
RF
EF
CF
SF
Symptomskalen3
FA
NV
PA
DY
IN
AP
CO
DI
FI
QL
Standardabweichung
(SD)
31
31
31
31
31
89,7
67,2
66,2
81,7
69,9
10,0
25,3
25,2
25,9
26,7
31
31
31
31
31
31
31
31
30
31
27,2
2,2
24,7
15,1
36,6
5,4
19,4
7,5
23,3
74,7
23,6
5,7
18,2
24,1
36,9
12,5
33,1
23,9
27,9
16,0
1
N= Anzahl der Patientinnen, welche die Frage beantwortet haben
In den Funktionsskalen: hoher Score= hohe LQ
3
In den Symptomskalen: niedriger Score= hohe LQ
2
In den Funktionsskalen zeigen sich insgesamt sehr hohe Werte. Am besten wird die
physische Funktion (PF) beurteilt. Hier zeigt sich der, mit einem Wert von 89,7,
höchste Score. Hoch einzuschätzen, ist auch der Wert der kognitiven Funktion.
Etwas niedriger präsentieren sich dagegen die Skalen RF, EF und SF.
In den Symptomskalen zeigt sich insbesondere ein hoher Wert bei „Schlaflosigkeit“
(=IN: 36,6), damit korrelierend ist auch der Wert „Müdigkeit“ (=FA: 27,2) erhöht.
50
Waldmann und MitarbeiterInnen publizierten im September 2013 eine Arbeit, in der
sie aktuelle normative Daten des EORTC QLQ-C30 der deutschen Bevölkerung
präsentierten. Dazu wurden 10 000 Personen, welche 16 Jahre oder älter waren,
kontaktiert. 4684 Personen schickten, den zugestellten EORTC QLQ-C30Fragebogen ausgefüllt zurück und bildeten somit den Datensatz für die Erstellung
von aktuellen Referenzdaten [113]. Damit eine Aussage darüber getroffen werden
kann, wie die LQ-Daten unserer Studienteilnehmer einzuschätzen sind, ist es
wichtig diese in einen Vergleich zu setzen mit den Referenzdaten von Waldmann
und MitarbeiterInnen [113].
Abbildung 7 zeigt die vorgenommene Einteilung unseres Studienkollektivs in
Altersgruppen, welche jeweils zehn Jahre umfassten. Diese Einteilung der
Altersgruppen erfolgte dabei kongruent zur Einteilung der Studie von Waldmann
und MitarbeiterInnen [113].
Anzahl der Patientinnen
20
18
15
10
7
4
5
1
1
0
20-29
30-39
40-49
50-59
60-69
Abbildung 7: Aufteilung des Studienkollektivs auf die Altersgruppen
In den Altersgruppen unter 30 und über 60 befand sich, was unser Studienkollektiv
betraf, jeweils nur eine Patientin. Zum altersgetrennten Vergleich mit den
Referenzdaten von Waldmann et al. wurden aus diesem Grund nur drei
Altersgruppen (30-39, 40-49 und 50-59 Jahre) herangezogen.
Um statistisch signifikante Unterschiede zwischen den Daten unserer Studie und
den Referenzdaten von Waldmann et al. [113] feststellen zu können, wurden
Konfidenzintervalle
für unsere
Studiendaten
berechnet.
Befindet
sich
der
entsprechende Mittelwert aus den Referenzdaten außerhalb des berechneten
51
Konfidenzintervalls unserer Werte, ist er überzufällig verschieden zu den
berechneten Scores unserer Daten. Der Unterschied gilt dann als statistisch
signifikant. Abbildung 8, 9 und 10 veranschaulichen graphisch den Vergleich
unserer Studienergebnisse mit den Referenzdaten.
MW Referenz
MW Studie
UG 95% Konfidenzintervall
OG 95% Konfidenzintervall
110,0
90,0
70,0
50,0
30,0
10,0
-10,0
-30,0
QL
PF
RF
EF
CF
SF
FA
NV
PA
DY
IN
AP
CO
DI
FI
Abbildung 8: Altergruppe 30-39
Das Symptom Appetitverlust (AP) wurde von den Studienteilnehmerinnen in der
Altersgruppe zwischen 30 und 39 Jahren nicht berichtet. Daher existiert für diesen
Punkt auch kein Konfidenzintervall. In dieser Altersgruppe zeigen sich zwischen
den Referenzwerten und den berechneten Scores unserer Patientinnen keine
statistisch signifikanten Unterschiede. Die jeweiligen Mittelwerte aus der Studie
von Waldmann und KollegInnen verlassen dabei nie den für unsere Werte
berechneten, Konfidenzbereich. Es zeigt sich eine vergleichbare Lebensqualität
unserer Studienteilnehmerinnen zu den 314 analysierten „vermeintlich gesunden“
Frauen aus der Studie von Waldmann et al. [113].
52
MW Referenz
MW Studie
UG 95% Konfidenzintervall
OG 95% Konfidenzintervall
110,0
90,0
70,0
50,0
30,0
10,0
-10,0
-30,0
QL
PF
RF
EF
CF
SF
FA
NV
PA
DY
IN
AP
CO
DI
FI
Abbildung 9: Altersgruppe 40-49
Ähnlich verhält es sich auch in der Gruppe der 40-49-jährigen (siehe Abbildung 9).
In zwei Bereichen zeigen sich hier jedoch signifikante Unterschiede. Wie schon
aufgrund des Wertes in Tabelle 14 zu erwarten, zeigt sich auch hier, dass im
Vergleich mit der Normalbevölkerung, Patientinnen nach einer Brustrekonstruktion
im Bereich Rollenfunktion einen niedrigeren Score erreichen. Ebenso zeigt sich
ein höherer Score im Bereich „Schlaflosigkeit“. Beides Zeichen einer niedrigeren
LQ.
Für die Altersgruppe der 50-59-jährigen (Abbildung 10) zeigt sich wiederum eine
vergleichbare
LQ
unserer
Patientinnen
zu
den
Frauen
aus
der
Referenzpopulation. Was den globalen LQ-Wert anbelangt, so zeigt sich bei
unseren Patientinnen sogar ein höherer Score (80,0 im Vergleich zum
Referenzwert von 63,2).
53
MW Referenz
MW Studie
UG 95% Konfidenzintervall
OG 95% Konfidenzintervall
110,0
90,0
70,0
50,0
30,0
10,0
-10,0
-30,0
QL
PF
RF
EF
CF
SF
FA
NV
PA
DY
IN
AP
CO
DI
FI
Abbildung 10: Altersgruppe 50-59
3.4.2 Auswertung des EORTC QLQ-BR23
Tabelle 15 zeigt die ermittelten Scores des EORTC QLQ-BR23 für das gesamte
Studienkollektiv.
Tabelle 15: Ergebnisse des EORTC QLQ-BR23
N1
Score
Standardabweichung
(SD)
Funktionsskalen2
BI
31
32,0
24,8
SEF
29
44,3
25,7
SEE
22
68,2
26,2
31
48,4
35,3
ST
31
22,6
15,7
BS
31
21,0
17,1
AS
31
22,0
18,4
HL
2
50,0
23,6
FU
Symptomskalen
3
1
N= Anzahl der welche die Frage beantwortet haben
In den Funktionsskalen: hoher Score= hohe LQ
3
In den Symptomskalen: niedriger Score= hohe LQ
2
54
Bei Betrachtung der Funktionsskalen fallen insgesamt sehr niedrige Mittelwerte
auf. Die niedrigen Werte zeigen sich insbesondere im Vergleich mit den
Mittelwerten des EORTC QLQ-C30-Fragebogens, welche durchgehend höhere
Werte zeigen. Als auffallend niedrigen Wert ist das Körperbild (BI) zu nennen
(Score: 32,0). Ebenfalls zu bemerken sind die Funktionsskalen SEF und SEE. Die
Sexualfunktion (SEF) ist mit einem etwas niedrigen Wert von 44,3 eingeschränkt,
der Bereich der sexuellen Lust weist hingegen einen höheren Wert von 68,2 auf.
Zum Verständnis ist hier zu erklären, dass der Score von SEF sich aus zwei
verschiedenen Fragen bildet. Zum einen, wie groß das Interesse an Sex war und
zum anderen, wie aktiv die betroffenen Frauen waren. Der Score der
Funktionsskala SEE bezieht sich auf nur eine Frage, nämlich, wie groß die Freude
an sexueller Aktivität war. Der höhere Score von SEE lässt sich dadurch erklären,
dass sexuell inaktive bzw. uninteressierte Frauen diese Frage nicht beantworten
sollten. Infolgedessen werden im Score nur die Antworten sexuell interessierter
Frauen wiedergespiegelt. Auch die Funktionsskala FU weist einen sehr niedrigen
Wert (48,4) auf. Dieser Score bildet sich aus der Frage, ob die Betroffenen wegen
ihres Gesundheitszustandes besorgt waren.
Was die Scores der Symptomskalen betrifft, so fällt ein hoher Wert (hier
gleichbedeutend mit niedriger LQ) beim Symptom Haarverlust auf. Dieser Score
bezog sich wiederum auf eine Bedingungsfrage (Hat Sie der Haarausfall
belastet?) die nur von denjenigen Patientinnen zu beantworten war, die unter
Haarverlust litten. Im Fall unseres Studienkollektivs waren dies jedoch nur 2
Patientinnen (siehe Tabelle 15).
3.4.3 Auswertung des EORTC QLQ-BRR31
Im Folgenden werden die Ergebnisse der einzelnen Fragen des EORTC QLQBRR31 gegliedert nach Überbegriffen dargestellt. Der erste Bereich über den der
EORTC QLQ-BRR31 Auskunft geben soll, sind die möglichen Beschwerden, die
im Zuge der Operation bei den Patientinnen auftreten können. Die Ergebnisse
unserer Patientinnen sind in Abbildung 11 dargestellt.
Die Abbildung verdeutlicht, dass nur wenige Patientinnen die Fragen nach
Beschwerden mit „sehr“ beantworten. Über 70 Prozent der befragten Patientinnen
geben an, weder unter Schwellungsgefühl unter dem Arm noch unter
55
Muskelzucken in der Brust zu leiden (Antwort 1 auf der Antwortskala= gar nicht).
Bei Taubheit bzw. Schwächegefühl im Arm sind es ca. 40 %, welche gar keine
Beschwerden diesbezüglich angeben. Sehr starke Beschwerden bezüglich
Taubheit, Schwellungsgefühl und Muskelzucken werden lediglich von jeweils 3%
angegeben (Antwort 4 auf der Antwortskala=sehr).
Taubheit: Arm oder Schulter
39*
Schwächegefühl im Arm
42
71
Muskelzucken in der betroffenen Brust
71
wenig
10 3
48
Schwellungsgefühl unter Arm
gar nicht
*
48
mäßig
10
19
23
7 3
33
sehr
Daten werden dargestellt als Prozentsätze
Abbildung 11: Beschwerden bezüglich der Behandlung
Abbildung 12 zeigt die Angaben bezüglich des Körperbildes von Patientinnen nach
einer Brustrekonstruktion. 71% der Frauen sind mit ihrem Aussehen im
angekleideten Zustand „sehr“ zufrieden, 26% sind damit „mäßig“ bzw. „wenig“
zufrieden. Von 3% der Betroffenen wird angegeben mit ihrem Aussehen „gar
nicht“ zufrieden zu sein. Ebenfalls berichten 3% der Frauen davon, dass ihr
Körperbild seit der Operation „sehr“ beeinträchtigt ist. 33% beschreiben eine
„mäßige“ Beeinträchtigung, 47% bezeichnen ihr Körpergefühl als „wenig“
beeinträchtigt. Von 17% der Patientinnen wird dagegen keinerlei Beeinträchtigung
ihres Körpergefühls aufgrund der Erkrankung bzw. der Behandlung angegeben.
56
36*
Problem, gut sitzenden BH zu finden
Zufrieden mit Aussehen im angekleideten Zustand
3 13
Körpergefühl beeinträchtigt
17
gar nicht
*
wenig
39
13
mäßig
13
13
71
47
33
3
sehr
Daten werden dargestellt als Prozentsätze
Abbildung 12: Körperbild
Was den Bereich der Sexualität (siehe Abbildung 13) anbelangt, so beschreiben
mehr als 70% der Frauen das Gefühl, sexuell weniger anziehend zu sein, wobei
36% diese Frage mit „wenig“ beantworten und 23% mit „mäßig“. Von 13% wird in
diesem Punkt eine starke Beeinträchtigung angegeben. Ebenso fühlen sich 15%
der Betroffenen in intimen Situationen „sehr“ unwohl. Eine „sehr“ große
Beeinträchtigung des Sexuallebens wird von 24% der Frauen angegeben, wobei
im Gegensatz dazu 31% davon berichten, gar keine Beeinträchtigung zu
verspüren. Die Empfindungsfähigkeit der Haut nimmt durch die Operation meist
einen Schaden. Dies stellt für 17% kein Problem dar, für 35% „wenig“, 38%
beschreiben ein „mäßiges“ Problem damit. Von 10% wird das Problem als sehr
groß bewertet.
57
Gefühl, sexuell weniger anziehend zu sein
29*
Unwohlsein in intimen Situationen
30
Beeinträchtigung Sexualleben
31
Problem mit Verlust angenehmer Empfindungen
gar nicht
17
wenig
36
23
41
15
21
24
35
mäßig
13
15
24
38
10
sehr
* Daten werden dargestellt als Prozentsätze
Abbildung 13: Sexualität
Das kosmetische Ergebnis der Brust wird von den Patientinnen durchwegs positiv
bewertet (siehe Abbildung 14). Wenige Frauen zeigen sich „gar nicht“ zufrieden
mit dem Ergebnis. Die Antworten auf die Fragen nach Größe und Form der Brust
zeigen beinahe 70% „sehr“ zufriedene Frauen. Nur jeweils 3% der Betroffenen
geben an, mit dem Ergebnis „gar nicht“ zufrieden zu sein. Was die Symmetrie der
Brüste betrifft, so sind 35% der Befragten „sehr“ zufrieden, 24% „mäßig“, 35%
„wenig“ und 7% „gar nicht“ zufrieden.
Größe 3*
Form
3
Hauterscheinungsbild
3
Symmetrie
13
68
16
13
68
10
29
7
10
Weichheit
10
3
24
35
26
61
26
16
gar nicht
*
58
35
Dekolleté
Erscheinungsbild der Narben
16
48
36
wenig
16
48
mäßig
sehr
Daten werden dargestellt als Prozentsätze
Abbildung 14: Zufriedenheit mit den kosmetischen Ergebnis der Brust
58
Am schlechtesten bewertet wird die Frage nach der Zufriedenheit mit der
Weichheit der Brust. Hier geben nur 16% der Frauen an, „sehr“ zufrieden zu sein.
Knapp die Hälfte der Befragten ist mit dem Ergebnis „mäßig“ zufrieden, etwa ein
Viertel ist „wenig“ zufrieden. 10% der Patientinnen zeigen sich „gar nicht“
zufrieden.
Erscheinungsbild der betroffenen Brustwarze
4*
Form
4
Farbe
22
17
*
78
13
Empfindungsfähigkeit
gar nicht
74
87
35
wenig
mäßig
22
30
13
sehr
Daten werden dargestellt als Prozentsätze
Abbildung 15: Zufriedenheit betreffend der Brustwarze
Abbildung 15 zeigt die Ergebnisse der Fragebogenuntersuchung im Hinblick auf
die Zufriedenheit der Patientinnen mit der Brustwarze. Auch hier zeigt sich ein
großer
Anteil
der
Betroffenen
sehr
zufrieden.
Was
die
Fragen
zu
Erscheinungsbild, Form und Farbe der Brustwarze anbelangt, so wird von keiner
Patientin angegeben, gar nicht zufrieden zu sein. Was Letzteres betrifft, so gibt es
nur „mäßig“ (13%) bzw. „sehr“ zufriedene (87%) Patientinnen. Was die
Empfindungsfähigkeit betrifft, so zeigt sich ein etwas anderes Bild. Hier wird von
35% der Frauen angegeben, mit der Empfindungsfähigkeit der Brustwarze „gar
nicht“ zufrieden zu sein, im Gegensatz zu nur 13%, welche angeben, damit „sehr“
zufrieden zu sein.
Ein weiterer Aspekt auf den im Fragebogen eingegangen wird, ist die allgemeine
Zufriedenheit und die Krankheitsakzeptanz der Patientinnen (siehe Abbildung 16).
In der Abbildung ist ersichtlich, dass beinahe 60% der Patientinnen mit dem
Ergebnis sehr zufrieden sind. Die Antwort „gar nicht“ wird von keiner Patientin
59
gegeben. Nur 10% zeigen sich mit dem Ergebnis „wenig“ zufrieden. Von 76% der
Befragten wird berichtet, dass die Rekonstruktion der Brust „sehr“ dabei geholfen
hat, die Krankheit zu akzeptieren. Wiederum nur 10% beantworten diese Frage
mit „wenig“. Ebenso so berichten knapp drei Viertel aller Patientinnen, dass ihnen
der Erhalt der Brustwarze, also die Durchführung einer NSM, „sehr“ dabei
geholfen hat, die Krankheit zu akzeptieren.
Die Frage, ob der Verlust der Brustwarze ein Problem für die Betroffenen darstellt,
beantwortet ein Drittel der Befragten mit „gar nicht“. Ein weiteres Drittel berichtet
davon, „wenige“ Probleme damit zu haben. Jeweils 17% der Patientinnen geben
an, „mäßige“ bzw. „sehr“ große Probleme damit zu haben.
Allgemeine Zufriedenheit mit Ergebnis
10*
Hat die Rekonstruktion der Brust dabei geholfen,
die Krankheit zu akzeptieren?
10
War Verlust der Brustwarze ein Problem?
Hat Erhalt/Rekonstruktion der Brustwarze dabei
geholfen, die Krankheit zu akzeptieren?
gar nicht
*
wenig
31
59
14
76
33
16
33
11
mäßig
17
17
74
sehr
Daten werden dargestellt als Prozentsätze
Abbildung 16: Allgemeine Zufriedenheit und Krankheitsakzeptanz
Für Patientinnen, bei denen die Brustrekonstruktion mittels autogenen Gewebes
durchgeführt wurde, beinhaltet der EORTC QLQ-BRR31 zuletzt auch Fragen im
Hinblick auf die Donorstelle. Da es sich bei unserem Studienkollektiv jedoch
lediglich um Patientinnen mit Implantatrekonstruktionen handelte, kann dieser
Bereich nicht bearbeitet werden.
60
4 Diskussion
Das Ziel dieser Arbeit war es, die Erfahrungen mit SSM an der UFK Graz sowie
die Lebensqualität der, mit dieser Methode behandelten, Patientinnen zu
evaluieren.
4.1 Ergebnisse der Lebensqualitätsuntersuchung
Was die Methode der SSM betrifft, so existieren in der Literatur bis dato noch
wenige Studien, welche Lebensqualität und Patientinnenzufriedenheit auf der
Basis von standardisierten Fragebögen evaluieren. Die Ergebnisse dieser
wenigen Studien konnten jedoch zeigen, dass die LQ von Patientinnen nach SSM
vergleichbar ist mit der LQ von Patientinnen nach BET [6,100,106]. Auch im
Vergleich mit den Referenzdaten der gesunden Bevölkerung, zeigen sich für
Patientinnen nach SSM ähnlich gute Ergebnisse [106].
Dies konnte auch in der vorliegenden Arbeit bestätigt werden. Die Erfassung der
Lebensqualität erfolgte mithilfe von drei verschiedenen Fragebögen, dem EORTC
QLQ-C30, dem EORTC QLQ-BR23 und dem provisorischem EORTC QLQBRR31. Die Auswertung der Funktionsskalen des EORTC QLQ-C30 zeigt für das
gesamte Studienkollektiv positive Ergebnisse. Insbesondere zu nennen sind hier
die physische Funktion und die kognitive Funktion mit Werten von 89,7
beziehungsweise 81,7. Im Gegensatz dazu zeigen sich die Werte der RF, EF und
SF niedriger.
In einer 2004 publizierten Studie präsentieren Arndt und KollegInnen Ergebnisse
bezüglich der Lebensqualität von Brustkrebspatientinnen ein Jahr nach der
Diagnose. Die Erfassung der Lebensqualität erfolgte auch hier mit dem EORTC
QLQ-C30. Die Autoren beschreiben, dass die höchsten Scores in den Bereichen
physische, kognitive und soziale Funktion zu verzeichnen waren. Als niedrigster
Score wird die emotionale Funktion angegeben [114]. In dieser Studie werden die
Daten der Brustkrebspatientinnen, ähnlich wie in der vorliegenden Arbeit, mit
Referenzdaten einer deutschen Population [115] verglichen. Hierbei zeigt sich,
dass im Bereich der physischen Funktion Brustkrebspatientinnen nur gering
61
schlechter
abschneiden
als
die
gesunde
Referenzbevölkerung.
Größere
Unterscheide zeigen sich bei Betrachtung der emotionalen, sozialen, kognitiven
und Rollenfunktion [114]. Die Ergebnisse können auch in der vorliegenden Arbeit
in ähnlicher Weise bestätigt werden. Schon in Tabellle 14 fallen die etwas
niedrigeren Scores der EF, SF und RF auf. Der altersabhängige Vergleich zeigt in
der Gruppe der 40-49-jährigen ebenso einen klinisch relevanten Unterschied im
Bereich der Rollenfunktion. In der Studie von Arndt et al. konnte weiters gezeigt
werden, dass Brustkrebspatientinnen im Vergleich zur „Normalbevölkerung“ in
allen Symptomskalen höhere Werte aufwiesen und somit häufiger über
Beschwerden berichteten. Am größten zeigten sich diese Unterschiede bezüglich
„Müdigkeit“, „Schlaflosigkeit“, „Schmerz“, „Atemnot“ und „finanzielle Probleme“
[114]. Beim Symptom „Schlaflosigkeit“ war auch in der vorliegenden Arbeit,
wiederum in der Gruppe der 40-49-jährigen, ein klinisch relevanter Unterschied zu
verzeichnen.
Von den EORTC-Gruppenmitgliedern werden offiziell Referenzwerte für den
EORTC-QLQ-C30-Fragebogen
Referenzwerte
von
bereitgestellt
Brustkrebspatientinnen
[116].
aller
Bei
Stadien
Vergleich
und
der
unserem
Studienkollektiv zeigt sich, dass die Werte unserer Studienteilnehmerinnen im
Bereich „globale Lebensqualität“ (QL) und „physische Funktion“ (PF) sogar
deutlich über den Scores der Referenzgruppe liegen. Ein beinahe indentischer
Score zeigt sich bei Vergleich der „kognitiven Funktion“ (CF). Niedrigere Werte
sind bei den Funktionsskalen RF, EF und SF zu verzeichnen, wobei der größte
Unterschied im Bereich der SF liegt mit einer Differenz von 7 Punkten. Bei
Vergleich der Symptomskalen zeigen sich höhere Werte bei den Symptomen
„Schlaflosigkeit“, „Konstipation“, „Diarrhoe“ und „finanzielle Probleme“. Die größte
Differenz zeigt sich hier im Bereich der „Schlaflosigkeit“ [116].
Ein sehr positives Resultat zeigt sich in der vorliegenden Arbeit im Vergleich der
Referenzwerte von Waldmann et al. [113] in der Altersgruppe der 50-59-jährigen
unseres Studienkollektivs. Der Wert für die globale Gesundheit und Lebensqualität
unseres Studienkollektivs weist gegenüber der Normalbevölkerung ein deutlich
besseres Ergebnis auf. Möglicherweise ist dieses Phänomen jedoch mit dem
62
Zufall zu erklären, aufgrund der in dieser Gruppe geringen Anzahl an Patientinnen
(N=4).
Da für den EORTC QLQ-BR23 keine Referenzwerte einer normativen Population
existieren, werden die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit mit Resultaten aus
Studien mit Brustkrebspatientinnen verglichen. In der Auswertung des EORTC
QLQ-BR23 für unser Studienkollektiv zeigen sich, was die Werte der einzelnen
Skalen betrifft, schlechtere Ergebnisse als bei Auswertung des EORTC QLQ-C30.
Zum Vergleich dient eine Studie von Han et al. aus dem Jahr 2010 [4]. Im Rahmen
dieser Arbeit werden drei, bezüglich Operation, verschiedene Gruppen an
Brustkrebspatientinnen verglichen. Die erste Gruppe besteht aus Frauen, die sich
einer
brusterhaltenden
Therapie
unterzogen
haben,
Frauen
nach
einer
Mastektomie wurden einer zweiten Gruppe zugeteilt, in der dritten Gruppe
befinden sich Frauen, die eine Brustrekonstruktion durchführen ließen. Von
insgesamt 16 Patientinnen in der dritten Gruppe, wurde jedoch nur in 3 Fällen eine
SSM durchgeführt. Beim Vergleich unseres Studienkollektivs mit den Ergebnissen
der dritten Gruppe zeigen sich in einigen Funktionsskalen etwas niedrigere Werte.
Was das Körperbild betrifft, so präsentieren Han und MitarbeiterInnen einen Score
von 56,8. Im Gegensatz dazu konnte bei unseren StudienteilnehmerInnen nur ein
Wert von 32,0 erreicht werden. Was die Sexualfunktion betrifft, so zeigt sich auch
hier ein um mehr als 20 Punkte niedrigerer Wert (Han et al: 68,8; vorliegende
Arbeit: 44,3). Im Bereich „sexuelle Lust“ werden in etwa dieselben Ergebnisse
erreicht (Han et al.: 70,8; vorliegende Arbeit: 68,2). Was die Zukunftsperspektiven
anbelangt, so zeigt sich bei unseren Studienteilnehmerinnen im Vergleich zu den
bei Han et al. beschriebenen Patientinnen ein deutlich besseres Ergebnis (Han et
al.: 31,3; vorliegende Arbeit: 48,4) [4].
Die einzelnen Elemente der Symptomskalen werden von unserem Studienkollektiv
insgesamt deutlich besser bewertet. Einzig bei „Haarverlust“ zeigt sich ein höherer
Wert [4]. Wie bereits erwähnt, wird dieses Symptom jedoch nur von insgesamt 2
von 31 Befragten angegeben. Die Belastung durch den Haarausfall, wird dabei
von jeweils einer Patientin als „wenig“ bzw. „mäßig“ angegeben.
In einer weiteren Studie wird für die Erfassung der Lebensqualität bei an
Brustkrebs erkrankten Frauen in Saarland, zusätzlich zum EORTC QLQ-C30, der
63
EORTC QLQ-BR23 herangezogen [117]. Die Autoren verglichen in dieser Arbeit
die LQ dieser Frauen nach 1 bzw. 3 Jahren nach der Erstdiagnose. Auch in dieser
Studie zeigt sich beim Vergleich der Ergebnisse nach einem Jahr mit den
Resultaten unserer Studienteilnehmerinnen ein erniedrigter Score für das
„Körperbild“. Arndt und MitarbeiterInnen präsentieren einen sehr hohen Wert von
74,4. Die „sexuelle Lust“ wird in der vorliegenden Arbeit sowie in der Studie von
Arndt et al. ähnlich bewertet. Was die restlichen Bereiche der Funktions- und
Symptomskalen anbelangt, weist unser Studienkollektiv jedoch bessere Werte auf
[117]. Auszunehmen davon ist wiederum das Symptom „Haarverlust“.
Da es sich beim EORTC QLQ-BRR31 um einen provisorischen Fragebogen
handelt, kann an dieser Stelle kein Vergleich mit der aktuellen Literatur angestellt
werden. Insgesamt kann man anhand der Ergebnisse des EORTC QLQ-BRR31
die durchwegs positive Einstellung der Patientinnen gegenüber der Behandlung
erkennen. Was den Bereich der Beschwerden nach der Behandlung betrifft
(Abbildung 11) zeigen sich nur wenige Patientinnen sehr beeinträchtigt. Die
überwiegende Mehrheit gibt entweder „gar keine“ bzw. „wenig“ Beschwerden an.
Die Auswertung bezüglich des Körperbilds zeigt ein etwas durchmischteres Bild.
Was die Frage nach der Beeinträchtigung des Körperbilds betrifft, so geben zwar
nur 3% der Patientinnen an, „sehr“ beeinträchtigt zu sein, weitere 33% berichten
jedoch ebenso davon, „mäßig“ beinträchtigt zu sein. Nur 17% der Betroffenen
geben an, dass ihr Körpergefühl durch die Operation „gar nicht“ beeinträchtigt
wurde. Diese Antworten lassen Parallelen erkennen, zur dazu korrelierenden
Skala „Körperbild“ des EORTC QLQ-BR23, welche, wie beschrieben, einen im
Vergleich mit der Literatur, erniedrigten Score aufweist. Ein Aspekt, der im EORTC
QLQ-BRR31 sehr positiv ausfällt, ist die Frage nach der Zufriedenheit der
Patientinnen im angekleideten Zustand. 71% der Frauen berichten davon, mit
ihrem Aussehen im angekleideten Zustand „sehr“ zufrieden zu sein. Im EORTC
QLQ-BR23-Fragebogen wird hingegen auf die Zufriedenheit der Patientinnen im
nackten Zustand eingegangen, was einen wesentlichen Unterschied für die
Patientinnen darstellen könnte.
Das kosmetische Ergebnis bezüglich Brust und Brustwarze wird von den
Befragten durchwegs sehr positiv bewertet. Die mangelnde Zufriedenheit mit der
Weichheit der Brust, könnte darin begründet liegen, dass bei unseren Patientinnen
64
ausschließlich Implantate als rekonstruktive Möglichkeit verwendet wurden. In
einer Studie von Papadopulos et al. konnte gezeigt werden, dass Patientinnen
nach Eigengewebsrekonstruktion gewisse kosmetische Aspekte, unter anderem
Weichheit bzw. Gewebebeschaffenheit der Brust besser bewerteten als Frauen
nach einer Brustrekonstruktion mittels Implantat [118]. Andererseits kann die
zusätzliche Narbe am Abdomen bei autologer Brustrekonstruktion wiederum zu
einer Minderung des kosmetischen Ergebnisses führen [106].
Brustkrebspatientinnen
stellen
heutzutage
einen
sehr
großen
Teil
aller
Überlebenden mit Krebs dar. In Europa liegt das 5-Jahres-Überleben bei 79%
[119,120]. Aus diesem Grund ist es wichtig, auch Änderungen der LQ über die Zeit
zu beachten. King et al. haben in ihrer Studie dieselben Frauen nach drei Monaten
und einem Jahr nach der Erstdiagnose befragt. Die AurtorInnen berichten in ihrer
Arbeit davon, dass in Bereichen, wie EF, SF und RF nach 12 Monaten
Verbesserungen zu verzeichnen waren. Auch die Angst vor einem Rezidiv sei
zurückgegangen. Insgesamt konnte gezeigt werden, dass ältere Patientinnen im
Vergleich zu Jüngeren eine bessere LQ aufwiesen [121].
Koch und MitarbeiterInnen betrachteten die LQ von Brustkrebspatientinnen über
einen Zeitraum von 10 Jahren. Erfasst wurden die LQ-Daten auch in dieser Studie
mithilfe des EORTC QLQ-C30 und EORTC QLQ-BR23. Zum Vergleich dienten
Daten aus einer deutschen Referenzpopulation. Es zeigt sich, dass der Wert der
globalen
LQ
zwar
Normalbevölkerung“,
vergleichbar
in
jedem
war
anderen
mit
demjenigen
Bereichen
der
der
„gesunden
Funktions-
und
Symptomskalen waren aber Beeinträchtigungen zu verzeichnen. Im Gegensatz
zur Studie von King et al. gab es über die Zeit in diesen Bereichen keine
Verbesserungen, sondern im Gegenteil sogar Verschlechterungen. Dies zeigt sich
vor allem zwischen dem 5. und 10. Jahr nach Erstdiagnose. Als mögliche
Erklärung für die Ergebnisse wird von den AutorInnen auf die eventuell
schlechtere
psychosoziale
Versorgungssituation
nach
Beendigung
der
routinemäßigen Nachuntersuchungen verwiesen. Was den Vergleich der LQ
hinsichtlich Altersunterschiede anbelangt, so zeigte sich auch in der Studie von
Koch et al., dass jüngere Patientinnen schlechtere LQ-Daten aufweisen als Ältere
[119].
65
4.2 Statistische Methodik
Was die LQ-Daten aus den EORTC-Fragebögen und ihre Interpretation betrifft, so
wurde von Osoba et al. publiziert, dass ab einer Differenz von mindestens 10
Punkten, Unterschiede zwischen verschiedenen Gruppen als klinisch relevant
angesehen werden können [122]. In der vorliegenden Arbeit wurde zu diesem
Zweck
ein
anderer
statistischer
Ansatz
verfolgt.
Bei
unseren
Studienteilnehmerinnen handelt es sich um ein relativ kleines Studienkollektiv.
Aufgrund
der
kleinen
Gruppengröße,
können
beim
Vergleich
mit
den
Referenzdaten, Unterschiede von mehr als 10 Punkten oft allein mit dem Zufall
begründet werden. Um Aussagen über überzufällige Unterschiede treffen zu
können,
entschied
man
sich
dazu,
für
die
Mittelwerte
unserer
Studienteilnehmerinnen Konfidenzintervalle zu bilden. Ein klinisch relevanter
Unterschied ergibt sich in diesem Fall, wenn der Mittelwert der Referenzgruppe
ausserhalb des Konfidenzintervalls der Studiengruppe liegt.
4.3 Limitationen der Studie
Im Folgenden sollen gewisse Aspekte besprochen werden, die die Aussagekraft
dieser Arbeit möglicherweise einschränken könnten.
An erster Stelle ist die mit 36 Patientinnen relativ kleine Fallzahl unseres
Studienkollektivs zu nennen. Was die Fragebogenuntersuchung betrifft, so handelt
es sich lediglich um eine Fallzahl von 31, da 5 Patientinnen nicht an der
Lebensqualitätsstudie teilnehmen wollten.
Dies ist möglicherweise darauf
zurückzuführen, dass in dieser Arbeit ausschließlich Patientinnen mit primärer
Brustrekonstruktion nach SSM bzw. NSM betrachtet werden sollten. Sekundäre
sowie primäre Brustrekonstruktionen nach modifiziert radikaler Mastektomie
stellten Ausschlusskriterien dar.
Als weitere Limitierung ist zu nennen, dass in 28% der Fälle Operationen aus
prophylaktischen Gründen durchgeführt wurden. In der vorliegenden Arbeit wurde
nicht differenziert zwischen an Brustkrebs erkrankten Personen und jenen, die
dafür „nur“ ein genetisch erhöhtes Risiko tragen. Gegenstand einer weiteren
Studie mit größerer Fallzahl, könnte sein, ob zwischen diesen beiden Gruppen,
was die Lebensqualität betrifft, relevante Unterschiede bestehen.
66
5 Zusammenfassung und Ausblick
In der interdisziplinären Behandlung von Brustkrebs wurde über die vergangenen
Jahrzehnte viel erreicht und Positives bewirkt [5]. Mit knapp 80% ist das 5-JahresÜberleben von Frauen mit Brustkrebs in Europa als sehr hoch einzustufen [120],
wobei eine weitere Verbesserung angestrebt wird. In Anbetracht des längeren
Überlebens der betroffenen Frauen werden in der Brustkrebschirurgie vermehrt
die Lebensqualität und das kosmetische Ergebnis beachtet [6,9]. Methoden
werden dahingehend weiterentwickelt, dass weniger radikale Ansätze favorisiert
werden [5,6]. Die, von Halsted propagierte, radikale Mastektomie [14] ist in der
Behandlung des Mammakarzinoms weniger bedeutsam geworden. Heutzutage
werden häufig hautsparende Zugänge, im Sinne einer SSM popularisiert. Die
aktuelle Literatur bietet dazu unzählige Artikel. In einigen Arbeiten werden
hinsichtlich kosmetischen Ergebnisses sowie Lebensqualität sehr gute Ergebnisse
für Patientinnen nach SSM und IBR gezeigt [6,100,106]. Ebenso konnte in einigen
retrospektiven Fallanalysen die onkologische Sicherheit dieser Methode gezeigt
werden [8,11,12].
Doch welche Rolle spielt SSM tatsächlich in der klinischen Praxis?
Die wachsende Anzahl an vielversprechenden Ergebnissen in der Literatur konnte
die existierenden Diskussionen und Zweifel an der Methode nicht ausräumen
[123]. Eine Umfrage im Vereinigten Königreich ergab, dass 27% der befragten
BrustchirurgInnen die Durchführung einer SSM vermieden, aufgrund von
Bedenken bzw. Unsicherheiten hinsichtlich der Vorteile, Indikationen und der
onkologischen Sicherheit [9,124]. Obwohl die onkologische Sicherheit von SSM
derjenigen der MRM in vielen Studien ähnlich beurteilt wurde [11,13,69], bleiben
viele diesen Ergebnissen skeptisch gegenüber [9,123]. Im Gegensatz dazu ergab
eine Untersuchung zum klinischen Management von SSM in deutschen
Krankenhäusern, dass 85% der befragten Kliniken die Lokalrezidivrate jener der
MRM vergleichbar einschätzten. Nur 9% beurteilten die Lokalrezidivrate der SSM
höher [125].
Damit SSM als anerkannte Methode im klinischen Alltag integriert werden kann,
müssen einheitliche Standards für die Durchführung geschaffen werden. Da bis
dato jedoch noch keine prospektiven Studien diesbezüglich durchgeführt wurden,
basiert sämtliches Wissen allein auf von einzelnen Zentren präsentierten,
67
retrospektiven Fallanalysen [13,125,126]. Aus ethischen Gründen wird es
wahrscheinlich auch in Zukunft schwierig bleiben eine prospektiv randomisierte
Studie durchzuführen. Viele Frauen würden im Falle einer randomisierten
Zuteilung zu den zwei Gruppen, CM und SSM, eventuell unnötig radikal operiert
werden und mit einer, in ästhetischer Hinsicht, unterlegenen Methode behandelt
werden [11,13]. Die Möglichkeiten zur Förderung einer vermehrten Anwendung
der SSM in der klinischen Praxis beschränken sich daher wahrscheinlich auch
weiterhin auf die Durchführung von Fallanalysen in einzelnen Zentren [13].
Auch wenn in dieser Arbeit ein relativ kleines Patientinnenkollektiv mit noch
kurzem Follow-up präsentiert wird, so konnten die Ergebnisse dennoch an den
Erfolg bisher vorgestellter Studien anschließen. Zum einen konnte eine
onkologische Sicherheit anhand der geringen Lokalrezidivrate von 2,8% gezeigt
werden, zum anderen präsentiert die Fragebogenuntersuchung, was die
Lebensqualität und Zufriedenheit der Patientinnen betrifft, sehr gute Ergebnisse. In
den meisten Bereichen zeigen sich keine Einschränkungen gegenüber der
„gesunden Normalbevölkerung“.
68
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78
Anhang – Fragebogen
79
80
81
82
BrR 31
Patienten geben zuweilen an, dass sie die folgenden Symptome oder Probleme haben.
Geben Sie bitte an, in welchem Umfang die folgenden Symptome und Probleme während der
letzten Woche bei Ihnen aufgetreten sind.
Unter „betroffen“ ist die Brust zu verstehen, die rekonstruiert worden ist oder rekonstruiert
werden soll.
Während der letzten Woche:
Gar nicht
Wenig
Mäßig
Sehr
54.
Verspürten Sie Taubheit oder Kribbeln in Arm oder
Schulter?
1
2
3
4
55.
Verspürten Sie ein Schwächegefühl im Arm?
1
2
3
4
56.
Hatten Sie ein Problem mit dem Schwellungsgefühl
unter dem Arm?
1
2
3
4
57.
Hatten Sie Probleme, einen gut sitzenden BH zu finden?
1
2
3
4
58.
Hatten Sie ein Problem mit Muskelzucken in der
betroffenen Brust?
1
2
3
4
59.
Wie zufrieden waren Sie mit Ihrem Aussehen in
angekleidetem Zustand?
1
2
3
4
60.
Hat die Krankheit oder Behandlung Ihr Körpergefühl
beeinträchtigt?
1
2
3
4
61.
Fühlten Sie sich infolge Ihrer Krankheit oder
Behandlung sexuell weniger anziehend?
1
2
3
4
N/A
62.
Haben Sie sich in intimen Situationen unwohl gefühlt?
1
2
3
4
N/A
63.
Hat Ihre Krankheit oder Behandlung den Stellenwert
Ihrer Brust in Ihrem Sexualleben beeinträchtigt?
1
2
3
4
N/A
64.
Ist ein Verlust angenehmer Empfindungen in Ihrer Brust
für Sie ein Problem?
1
2
3
4
N/A
Gar nicht
Wenig
Mäßig
Sehr
Während der letzten Woche: Wie ZUFRIEDEN
waren Sie mit:
65.
Der Größe der betroffenen Brust?
1
2
3
4
66.
Der Form der betroffenen Brust?
1
2
3
4
67.
Dem Erscheinungsbild der Haut der betroffenen
Brust?
1
2
3
4
68.
Der Symmetrie Ihrer Brüste?
1
2
3
4
69.
Ihrem Dekolleté?
1
2
3
4
70.
Der Weichheit der betroffenen Brust?
1
2
3
4
71.
Dem Erscheinungsbild von Narben auf der betroffenen
Brust?
1
2
3
4
83
N/A
Während der letzten Woche: Wie zufrieden waren
Sie mit:
Gar nicht
Wenig
Mäßig
Sehr
72.
Dem Erscheinungsbild der betroffenen Brustwarze?
1
2
3
4
N/A
73.
Der Form der betroffenen Brustwarze?
1
2
3
4
N/A
74.
Der Farbe der betroffenen Brustwarze?
Der Empfindungsfähigkeit der betroffenen
Brustwarze?
1
2
3
4
N/A
1
2
3
4
N/A
75.
Beantworten Sie diese Fragen NUR, WENN bei Ihnen eine Rekonstruktion der Brust
durchgeführt wurde.
Während der letzten Woche:
76.
77.
Wie zufrieden waren Sie allgemein mit dem Ergebnis
Ihrer Brustreknostruktion?
Hat die Rekonstruktion Ihrer Brust Ihnen dabei geholfen,
Ihre Krankheit oder Ihre Behandlung zu akzeptieren?
Gar nicht
Wenig
Mäßig
Sehr
1
2
3
4
1
2
3
4
Beantworten Sie diese Frage NUR, WENN Ihnen eine Brustwarze ENTFERNT wurde und
KEINE Rekonstruktion der Brustwarze durchgeführt wurde.
Während der letzten Woche:
Gar nicht
Wenig Mäßig Sehr
78.
War der Verlust Ihrer Brustwarze für Sie ein Problem?
1
2
3
4
N/A
Beantworten Sie diese Frage NUR, WENN bei Ihnen ein die Brustwarze erhaltender
chirurgischer Eingriff oder eine Rekonstruktion der Brustwarze durchgeführt wurde.
Während der letzten Woche:
79.
Hat der Erhalt oder die Rekonstruktion Ihrer Brustwarze
Ihnen dabei geholfen, Ihre Krankheit oder Ihre
Behandlung zu akzeptieren?
Gar nicht
Wenig
Mäßig
Sehr
1
2
3
4
N/A
Beantworten Sie diese Fragen NUR, WENN BEI IHNEN EINE REKONSTRUKTION
MITTELS GEWEBELAPPEN DURCHGEFÜHRT WURDE (zur Rekonstruktion Ihrer
Brust wurde Haut bzw. Muskelgewebe von Rücken, Bauch oder Gesäß entnommen).
Beantworten Sie die folgenden Fragen bitte in Bezug auf den Bereich, an dem die
Haut bzw. das Muskelgewebe entnommen wurde:
Während der letzten Woche:
Gar nicht
Wenig Mäßig Sehr
80.
Hatten Sie Schmerzen?
1
2
3
4
N/A
81.
Verspürten Sie ein Spannungsgefühl?
1
2
3
4
N/A
82.
Verspürten Sie Taubheit?
1
2
3
4
N/A
83.
Hatten Sie Probleme mit Schwellungen?
1
2
3
4
N/A
84.
Waren Sie mit dem Erscheinungsbild der Narben
zufrieden?
1
2
3
4
N/A
84
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