Technology Review Kraftaufnehmer für den rauen Praxisalltag Robert Sarnelli Bei der Papierproduktion spielt die Geschwindigkeit, ebenso wie in anderen Industriezweigen, eine wichtige Rolle. So kann beispielsweise eine Papiermaschine für 5 m Bahnbreite in 1 min eine 1 km lange Papierbahn ausstoßen. Würde allerdings so eine Bahn reißen, die Kosten wären enorm und das Chaos unvorstellbar, wenn die Bahn auf den Boden quillt und ein Durcheinander verursacht, das die Papierhersteller treffend mit «Heumachen» umschreiben. Ein solches Szenario zeigt deutlich, warum Hersteller kommerzieller Druckerzeugnisse, Kunststoff-Folien und Textilien besonderen Wert auf eine zuverlässige und einheitliche Bahnzugmessung legen. Leider sind die zur Messung der Bahnspannung verwendeten Kraftaufnehmer häufig den rauen Bedingungen im Industrieeinsatz nicht gewachsen. In den letzten Jahren hat ABB High-Tech-Kraftaufnehmer auf den Markt gebracht, die neue Maßstäbe setzen. Sie sind in der konzerneigenen Messfühlertechnik Pressductor® aufgebaut, bieten hohe Genauigkeit, und ihre Robustheit macht sie für den Einsatz unter harten Industriebedingungen bestens geeignet. 1 1 F ührer von Papierverarbeitungs-, Textilverarbeitungs-, Folien- oder Rollendruckmaschinen wissen, dass maximale Produktqualität und Effizienz in hohem Maße von der Zuverlässigkeit der Bahnzugmessungen abhängen. Aber wie viele andere Komponenten, so arbeiten auch Kraftaufnehmer zur Bandzugmessung unter Laborbedingungen zwar einwandfrei, zeigen aber in der Praxis unter so genannten «normalen» Betriebsbedingungen große Probleme. Viele umgebungsbedingte Einflussfaktoren sowie einmalige Ereignisse können die Zuverlässigkeit und Stetigkeit der Kraftaufnehmersysteme zur Bandzugmessung beeinträchtigen. Die Probleme können in Form von Drift oder instabilen Ausgängen auftreten und sich entsprechend negativ auf Maschinenleistung und Produktionsqualität auswirken. Tatsächlich bezeichnen die 52 2 Control output: 0-5 V, 0-10 V or 4-20 mA Supply: 115 VAC 1 Instrument output: 0-10 V Ein typisches Bahnzugmesssystem mit Messwalze, Kraftauf- nehmern (1) und Zentraleinheit (2). Anzeige- und Zugregelgeräte werten die Ausgangssignale aus. Die Pillow-Block-Kraftaufnehmer sind zwischen den Lagern für die Messwalze und den Lagerböcken der Maschine eingebaut. ABB Technik 3/2001 Glossar Anwender mangelndes Vertrauen in die Messwerte von Kraftaufnehmern häufig als ihr größtes Problem bei Bahnspannungsmessungen. Anatomie eines Spannungsmesssystems Ein System zur Bahnzugmessung besteht im allgemeinen aus zwei Kraftaufnehmern, die an den Enden einer (meist nicht angetriebenen) Walze an der Produktionsmaschine befestigt und über Signalkabel mit einer Zentraleinheit verbunden sind 1 . Diese Walze trägt die Bezeichnung «MessWalze». Die «Elektronik», die an der Maschine oder an anderer Stelle sitzen kann, verstärkt und verbessert die Ausgangssignale der einzelnen Kraftaufnehmer – und kombiniert sie auch manchmal. Grundsätzlich gibt es für diese Arten von Produktionsmaschinen zwei Kraftaufnehmer-Anordnungen: die so genannte Pillow-Block-Anordnung und die wellengekuppelten Kraftaufnehmer. Bei der Pillow-Block-Anordnung werden die Kraftaufnehmer zwischen den Stehlagern für die Achszapfen der Messwalze und den Lager- böcken der Maschine montiert. Bei wellengekuppelten Systemen werden die Kraftaufnehmer direkt an den Achszapfen der Messwalze installiert und an der Maschinenwand befestigt 2 . Der Messfühler in einem Kraftaufnehmer ist der eigentliche Sensor. Er wandelt die mechanischen Kräfte in elektrische Signale um. Das Kraftaufnehmergehäuse hat die Aufgabe, den Messfühler zu halten und zu schützen und gleichzeitig die in der Bahn wirkenden Kräfte in den Messfühler zu leiten. Bei der Wahl der Kraftaufnehmer für eine bestimmte Anwendung besteht die wichtigste und oft auch schwierigste Aufgabe darin, den zweckmäßigsten Messbereich eines Kraftaufnehmers, d. h. seine Nennkapazität, zu berechnen. Um ein zuverlässiges Ausgangssignal zu erhalten, muss die Auswahl verschiedene Faktoren berücksichtigen, wie das verarbeitete Material, die Spannung, die Bahngeschwindigkeit und -breite sowie den Winkel, in dem die Bahn die Messrolle umschlingt. Arbeitsbereich: Auch Anwendungsbereich. Verhältnis von höchsten zu niedrigsten Belastungswerten, zwischen denen das Kraftaufnehmersystem arbeitet. Auslenkung: Bewegung, d. h. Lageveränderung eines Körpers, in einem Kraftaufnehmer, bewirkt durch eine mechanische Kraft. Dichtungen: Membranen aus Gummi oder Kunststoff, die verhindern, dass Schmutzstoffe in das Innere des Kraftaufnehmer-Gehäuses gelangen. Drift: Änderung des Ausgangswertes bei konstanter Bahnspannung. Elektromagnetische Störung (EMI): Elektrische Störung des Messsystems durch Quellen wie Leistungskabel und umrichtergespeiste Antriebe. Genauigkeitsklasse: Auch Messgenauigkeit. Messfehler eines Kraftaufnehmers in Prozent der Nennlast. Hochfrequente Störung (RFI): Störung des Messsystems durch Hochfrequenz-Störquellen wie z. B. Walkie-Talkies und Handys. Kraftaufnehmer: Gehäuse, das einen oder mehrere Messfühler enthält. Mechanischer Anschlag: Verhindert, dass ein nach dem Bewegungsprinzip arbeitender Messfühler bei Überlast über einen bestimmten Punkt hinaus ausgelenkt wird. Messfühler: Kraftsensorelement in einem Kraftaufnehmer, das mechanische Kräfte in elektrische Signale umwandelt. Nacheichung: Neufestlegung des Nullpunktes und der Einstellungen für die Verstärkung. Nachkalibrieren: Einstellen der Nullpunkt-Stellung, um den Systemausgang auf Null zu bringen, wenn kein Bahnzug anliegt. Nennlast: Auch Nennkapazität. Maximale Last, für die der Kraftaufnehmer ausgelegt ist und die er mit voller Genauigkeit messen kann. Nullpunktdrift: Änderung des Ausgangs bei Spannung Null. Stoßlasten: Plötzliche, kurzzeitige Lasten. Control output 0-5 V, 0-10 V or 4-20 mA Instrument output: 0-10 V Supply: 115 VAC 2 Wellenmontierte Kraftaufnehmer werden an den Innenwänden der Maschinen befestigt und mit der Welle der Messwalze gekoppelt. ABB Technik 3/2001 Überlast: Belastungswert, der zu einer bleibenden Veränderung der Kraftaufnehmer-Eigenschaften führt. Umschlingung: Der Teil des Umfangs einer Walze, den das Bahnmaterial bedeckt. Sie wird im Allgemeinen in Winkelgraden angegeben. Wiederholgenauigkeit: Die Fähigkeit des Messsystems, bei wiederholt angelegten gleichen Spannungen bzw. Zügen das gleiche Ausgangssignal zu erzeugen. Zentraleinheit: Wandelt das Messsignal des Kraftaufnehmers in ein Einheitssignal um und sorgt für die Signalausgabe zu den Regel- und Anzeigegeräten. 53 Technology Review Einfluss der Betriebsbedingungen Erfordern die Kraftaufnehmer in Papierverarbeitungs-, Texilverarbeitungs-, Folienoder Rollendruckmaschinen häufig Wartung oder Austausch, so kann dies den Betrieb sehr stören; ja es stellt sich sogar die Frage nach der praktischen Brauchbarkeit der Bahnzugmessung. Worauf ist nun diese «Zuverlässigkeitslücke» zurückzuführen? Während die Kraftaufnehmer theoretisch den betrieblichen Beanspruchungen durchaus standhalten können, bringt allein die hohe Anzahl möglicher Gefahren in der Regel gewisse Unsicherheiten bzw. Verschleißerscheinungen mit sich (siehe Tabelle). Weil Kraftaufnehmer dauernd in Betrieb sind, sie ständig die Bahnkräfte aufnehmen und die Umgebungseinflüsse ununterbrochen auf sie einwirken, können sich selbst geringe Ausfallwahrscheinlichkeiten kumulieren und zu einer gewissen Unzuverlässigkeit bzw. zu Ausfällen führen. Überlasten und Stoßlasten Faktoren, die das Verhalten von Kraftaufnehmern beeinflussen Ereignisse Überlasten Stoßlasten Anwendung, Einbau und Gebrauch Lagertyp Wirken solche Lasten auf die Messwalze, so können sie die Eichung des Kraftaufnehmers verstellen oder gar zerstören. Die Walzenmomente, die während eines NotHalts entstehen, können zu sehr hohen Überbeanspruchungen führen. Den gleichen Effekt hat Bahnmaterial, das sich nach einem Bahnriss um eine Messwalze wickelt oder wenn jemand unabsichtlich auf eine Messwalze tritt. Einbauart Über- und Unterdimensionierung Umfang der Umschlingung Umschlingungswinkel Handhabung Betriebsbedingungen Chemikalien Elektromagnetische und hochfrequente Störungen Dämpfe mit korrodierenden und/oder sich niederschlagenden Stoffen Feuchtigkeit Schwebeteilchen Umgebungstemperatur Temperaturgradient Beitrag zu Schwingungen Wirkung von Schwingungen auf Messungen 54 Elektromagnetische und hochfrequente Störung Die Signalverkabelung zwischen dem Kraftaufnehmer und der Elektronik wirkt sozusagen als große Antenne, die von zahlreichen Quellen Störsignale aufnimmt. Traditionell stammen sie von Starkstromkabeln und Antriebssystemen, doch die Verbreitung von Handys und anderen drahtlosen Geräten in der Anlage verschärft die Situation weiter. Die Signalleitungen mit ihren hohen Abschlusswiderständen und -impedanzen sind besonders stark für induzierte Ströme und Spannungen anfällig. Eine Minimierung dieser Effekte beim Entwurf und Aufbau der Kraftaufnehmer verbessert deren Störfestigkeit. Erhöhend wirkt auch die intelligente Verlegung der Starkstromkabel und Signalleitungen und deren sachgerechte Schirmung. Verschmutzung Flüssigkeiten und Dämpfe mit korrodierenden oder sich niederschlagenden Stoffen sowie Schwebeteilchen können die Funktionsfähigkeit von Kraftaufnehmern, Kabeln, Leitungen und Elektronik beeinträchtigen. Oft gehören diese Schmutzstoffe zu den «normalen» Umgebungsbedingungen. Da Messfühler ein Analogsignal niedriger Spannung abgeben, wird dieses besonders durch feuchtigkeitsbedingte Kriechwege beeinträchtigt. Korrosion beeinflusst häufig die mechanische Funktionsfähigkeit – eindeutig ein ernst zu nehmender Faktor bei Kraftaufnehmern, die auf Bewegung ansprechen. Außerdem kann Korrosion die Funktion der zur Vermeidung von Überlastung eingesetzten mechanischen Anschläge beeinträchtigen. Die Anschläge wirken zu früh, was nicht nur den Messbereich des Kraftaufnehmers reduziert, sondern auch seine Empfindlichkeit bzw. Genauigkeit vermindert. Auswirkungen des Aufbaus und Betriebs der Maschinen Das Messverhalten wird auch von Faktoren beeinflusst, die im Zusammenhang mit den technischen Daten und dem Einsatz eines Zugmesssystems sowie mit dem Betrieb der jeweiligen Produktionsmaschine stehen. Schwingungen Als Bestandteil des mechanischen Aufbaus sind Kraftaufnehmer sowohl Objekt als auch Verursacher von natürlichen Maschinenschwingungen. Diese Schwingungen ABB Technik 3/2001 Messfühler-Technologien können den Anlauf der Maschinen komplizierter gestalten und bis in den Bereich der Betriebsdrehzahl Resonanzfrequenzen verursachen. Betriebsarten mit hoher Drehzahl, beispielsweise Umrollen und Rollenoffsetdruck, sind dabei besonders anfällig. Temperaturschwankungen Die Wärmeausdehnung bzw. -schrumpfung der Messwalze verursacht axiale Kräfte, die auf den Kraftaufnehmer wirken. Für genaue Messungen müssen diese Kräfte abgeschwächt werden. Problematischer ist jedoch gewöhnlich eine ungleiche Temperaturverteilung innerhalb des Kraftaufnehmer-Gehäuses. Die in Wälz- und Gleitlagern entstehende Wärme geben die Lager an ihre Umgebung ab. Im Kraftaufnehmer entsteht dadurch ein Temperaturgefälle, das interne Spannungen verursacht, die ihrerseits beim Messen eine Drift bewirken können. Kraftaufnehmer verfügen meist über verschiedene Arten der Temperaturkompensation, um die Auswirkungen eines Temperaturgefälles zu mildern. Kapazitätsauslegung Aufgrund des generellen Sicherheitsbedürfnisses besteht die Neigung, den Kraftaufnehmer für eine bestimmte Nennlast nach ABB Technik 3/2001 dem Motto «größer ist besser» überzudimensionieren. Aber die Genauigkeitsklasse, Wiederholbarkeit und andere Eigenschaften des Kraftaufnehmers sind auf eine Nennlast bezogen, und die Kraftaufnehmer arbeiten dann am besten, wenn sie die gesamte oder den größten Teil Ihres Messbereiches nutzen. Bei Betrieb mit niedrigeren Spannungswerten ist der Anteil der Störungen (z. B. Temperatur sowie hochfrequente und elektromagnetische Störsignale) an der erfassten Gesamtkraft größer. Der Signal-Rausch-Abstand verringert sich, was zu unzuverlässigeren Messungen führt. Montage und Ausrichtung von Kraftaufnehmern Eine unzureichende Steifigkeit bei der Montage – speziell die Verwendung mechanisch zu schwacher Winkelkonsolen – ist bei den betrachteten Anwendungen nicht ungewöhnlich. Die Neigung der Walzenanordnung, bei Zugbelastung durch die Bahn nachzugeben, wird leicht unterschätzt. Schlechte Ausrichtung der Walzen, falsche Lagerauswahl und mangelnde Berücksichtigung der temperaturbedingten Ausdehnung und Kontraktion beim Entwurf tragen ebenfalls zu «irrelevanten», die Messwerte verfälschenden Kräften bei. Während es Kraftaufnehmer in verschiedensten Ausführungen gibt, liegen den Messfühlern nur einige wenige Funktionsprinzipien zu Grunde. Zwei dieser Messfühler nutzen die Bewegung im Kraftaufnehmer und im Messfühler und erzeugen daraus ein elektrisches Messsignal, das sich proportional zum anliegenden mechanischen Zug verhält. Bei Kraftaufnehmern sind als Messfühler Dehnungsmessstreifen am weitesten verbreitet, danach folgt mit Abstand an zweiter Stelle der so genannte «lineare variable Differential-Transformator» (LVDT). Eine dritte Technologie nutzt zur Erzeugung von Signalen die inneren magnetischen Eigenschaften bestimmter Stähle und kommt dabei ohne jede Bewegung im Messfühler aus. Diese Technologie bildet die Grundlage für eine der zentralen HighTech-Entwicklungen im Bereich der Kraftmessung des ABB-Konzerns. Er vertreibt sie unter der Produktbezeichnung Pressductor®. Im Jahr 1998 brachte das Unternehmen eine neue Baureihe von sehr zuverlässigen und unverwüstlichen Kraftaufnehmern auf den Markt, die auf dem Funktionsprinzip von Pressductor® beruhen und deren mechanische Ausführung eine weitere Verbesserung der Messqualität gewährleistet. DehnungsmessstreifenTechnologie Wirkt auf ein Stück Kupferdraht mit einem definierten Querschnitt und elektrischen Widerstand eine bestimmte mechanische Spannung, so wird der Draht etwas gestreckt. Da die Streckung den Drahtquerschnitt verringert, erhöht sich sein elektrischer Widerstand. Die Messung dieser Widerstandsänderung bildet die Grundlage für ein elektrisches Signal, das sich der zur 55 Technology Review 3 Die auf einen Kraftaufnehmer aufgeklebte Schaltung, ein Dehnungsmessstreifen-Element, wird durch mechanische 4 Ein Signal entsteht, wenn eine mechanische Kraft den Messbalken des DMS-Kraftaufnehmers biegt. Krafteinwirkung gestreckt bzw. gestaucht. ∆L L R ∆R Streckung des Drahtes angelegten mechanischen Kraft proportional verhält. Im Grunde basiert darauf die Wirkung des Dehnungsmessstreifen-Sensors. Das Sensorelement Dehnungsmessstreifen besteht im Wesentlichen aus sehr dünnen Drähten oder Metallfolie-«Fingern», angeordnet in Form eines elektrischen Gittermusters auf einem Trägermaterial. Zwei oder mehr dieser Messelemente von der Größe einer Briefmarke werden an geeigneten Stellen auf gegenüberliegenden Innenflächen des Kraftaufnehmer-Gehäuses aufgeklebt 3 . Durch den Aufbau der Kraftaufnehmer mit Dehnungsmessstreifen kann sich die Innenfläche auf der einen Seite strecken und auf der gegenüberliegenden stauchen, sowie auf den Kraftaufnehmer eine mechanische Kraft wirkt. Die sorgfältig angeordneten und mit den Innenflächen verklebten Messfühlerelemente folgen diesen Bewegungen unmittelbar 4 . Die zwei Messelemente werden miteinander zu einer klassischen Messbrücke, der so genannten «Wheatstone-Brücke», verbunden. Durch die Änderung des Widerstandes in den Messelementen entsteht in der Messbrücke eine elektrische Unsymmetrie, die das Kraftaufnehmer-Signal bewirkt. Bei den Kraftaufnehmern mit Dehnungs56 messstreifen für die eingangs erwähnten Maschinen liegt die Bewegung in der Größenordnung von 0,005 bis 0,010 Zoll. Als Widerstandselemente werden im Allgemeinen 350-Ω-Elemente verwendet, die Widerstandsänderungen im MikroohmBereich erzeugen. Das Ausgangssignal der Wheatstone-Brücke beträgt ungefähr 30 mV, so dass sich eine Signalausgangsleistung von ungefähr 2,5 µW ergibt. LVDT (Linearer variabler Differential-Transformator) Ein LVDT-Sensor wandelt die Auslenkung, ausgelöst durch eine mechanische Kraft auf 5 einen einseitig eingespannten Balken des Kraftaufnehmers, in eine Unsymmetrie in zwei Transformatorspulen um und erzeugt dadurch ein Messsignal 5 . Wenn sich der Balken biegt, verschiebt er einen zwischen einer Primär- und zwei Sekundärspulen des Transformators liegenden Tauchkern in Richtung der Kraft. Die Änderung der Kernposition verändert die magnetische Kupplung zwischen Primärund Sekundärspulen. Das vom Kraftaufnehmer gelieferte Ausgangssignal entspricht der Differenz zwischen den in den beiden Sekundärspulen induzierten Spannungen. In der Ruhestellung des Kraftaufnehmers bleibt der Tauchkern in einer In der LVDT-Messfühler-Technologie lenkt die Bahnspannung eine schwenkbar gelagerte Platte des Kraftaufnehmer-Gehäuses aus. Dadurch bewegt sich ein Ferritkern zwischen mehreren elektromagnetischen Spulen und erzeugt so ein Messsignal. Primary S1 Vo=(S2-S1) S2 Flex point ABB Technik 3/2001 2 Mittelposition. Damit beträgt die Differenz zwischen den beiden Sekundärspannungen Null, und der Kraftaufnehmer liefert kein Ausgangssignal. LVDT-Sensoren liefern ein starkes Signal – in der Regel eine Ausgangsspannung von 5 V. Allerdings braucht der Messfühler eine deutliche Bewegung, d. h. ungefähr 0,030 Zoll bei Nennlast, damit er ein Messsignal erzeugen kann. Der Überlastschutz des Kraftaufnehmers besteht ausschließlich aus mechanischen Anschlägen 6 . Der Messfühler selbst verfügt über keinen internen Überlastschutz. 1 1 S1 P S2 6 Lastaufnehmerkonfiguration. Ein Kolben (Mitte) dämpft die Bewegung im LVDT-Kraftaufnehmer, und ein mechanischer Anschlag (rechts) sorgt für den Magnetoelastische Messfühler Überlastschutz. Der magnetoelastische Effekt beschreibt das metallurgische Phänomen, demnach eine mechanische Kraft die magnetische Permeabilität einiger Stähle ändert. Darauf beruht die Wirkungsweise magnetoelastischer Messfühler. Wie bei der LVDT-Technik resultieren auch bei dieser Technik die Messsignale aus Änderungen von elektromagnetischen Feldern. Aber anders als beim LVDT entstehen die Magnetfeldänderungen nicht durch eine Bewegung innerhalb des Kraftaufnehmers, sondern durch die magnetoelastischen Eigenschaften des Stahls, aus dem sowohl die Kraftmessdose als auch der gesamte Kraftaufnehmer besteht 7 . Der magnetoelastische Effekt wandelt einen Teil der Energie einer mechanischen Kraft, die auf den Kraftaufnehmer wirkt, in Änderungen der Permeabilität des Stahls um. Die Fähigkeit des Stahls, Magnetfelder zu halten, ändert sich hinsichtlich Größe und Richtung. Wie der spezifische Widerstand und der spezifische Leitwert den Elektrizitätsfluss beschreiben, so beschreibt die Permeabilität den Magnetfluss oder die Fähigkeit, ein Magnetfeld zu halten. 1 ABB Technik 3/2001 7 Bahnzug 2 Resultierende Kraft Magnetoelastische Messfühler-Technologie im Einsatz. Die auf einen Stahlblock wirkende Kraft ändert den Verlauf des Magnetfeldes im Block so, dass ein Messsignal entsteht. 57 Technology Review 8 Schnitt durch einen magnetoelastischen Kraftaufnehmer. In der Primärwicklung fließt ein konstanter Strom, der ein Magnetfeld erzeugt. Wirkt eine Kraft auf den Kraftaufnehmer, so ändert sich der Verlauf des Magnetfeldes und es entsteht in der rechtwinklig angeordneten Sekundärwicklung ein Ausgangssignal. ABB nutzt dieses Prinzip in den neuen Pressductor®-Kraftaufnehmern. Für Bahnzugwerte konzipiert, wie sie in Maschinen zur Folienherstellung, zur Textilverarbeitung und zum kommerziellen Rollendruck auftreten, haben diese Kraftaufnehmer auch einen darauf abgestimmten mechanischen Aufbau. Er verbessert weiter die Messqualität, indem er die Kraft, die auf den Messfühler einwirkt, ausschließlich auf die in Messrichtung wirkende Kraftkomponente begrenzt. Alle anderen Richtungskräfte, die die Messgenauigkeit beeinträchtigen, werden neutralisiert. Grundsätzlich besteht der Pressductor®Kraftaufnehmer aus zwei rechtwinklig zueinander angeordneten Kupferdrahtspulen, die durch vier Löcher einer Stahlmembran – der Messzone – geführt sind 8 . Durch Speisung mit einem konstanten Wechselstrom entsteht in einer der Spulen ein Magnetfeld. Sowie eine mechanische Kraft auf den Messfühler wirkt, ändert die magnetoelastische 58 Eigenschaft des Stahls den Verlauf des Magnetfeldes so, dass ein Teil des Feldes in der zweiten Spule eine Wechselspannung induziert, die sich proportional zur einwirkenden Kraft verhält. Mit ungefähr 20 000 µW ist das Signal für Messfühler zur Signalumwandlung und ähnlichen Anwendungen außergewöhnlich stark. Das Funktionsprinzip gewährleistet auch eine beträchtliche Überlasttoleranz sowie eine steife Kraftaufnehmer-Konstruktion – beides höchst wünschenswerte Attribute. Die physikalische Beanspruchung des Metalls der Messfühlermembran bleibt selbst bei voller Nennlast niedrig. Daraus resultiert je nach Kraftaufnehmertyp ein natürlicher Überlastspielraum von 300 bis 500 % des Bemessungswertes. Bei den magnetoelastischen Kraftaufnehmern für industrielle Anwendungen beträgt die Auslenkung bei Nennlast ungefähr 0,0005 Zoll. Gefertigt aus einem massiven Block aus korrosionsfreiem Stahl, ist ihr Weg unter Last zwischen 10 und 100 Mal kürzer als bei Kraftaufnehmern nach dem Bewegungsprinzip. Auswirkung der Messtechnologie auf Aufbau und Leistung von Kraftaufnehmern Kraftaufnehmer mit Dehnungsmessstreifen DMS-Kraftaufnehmer sind wirtschaftlich, problemlos erhältlich und technologisch für eine breite Palette von Messbereichen, Bauformen und Leistungskennlinien geeignet. Häufig bauen und liefern die Hersteller Komplettlösungen für Spannungsmessund -regelungsaufgaben. Die MessfühlerElemente stammen von Spezialfirmen. Allerdings reagieren DMS-Kraftaufnehmer häufig empfindlich auf Einflüsse, die von den Einsatzbedingungen im Maschinenbereich herrühren, sowie auf andere Faktoren. Dazu zählen: ■ Ein relativ schwaches Signal – in der Größenordnung von 2,5 µW – in ABB Technik 3/2001 Verbindung mit dem hohen elektrischen Widerstand des Messfühlers führt zu Einbußen bei der Signalqualität infolge elektrischer Störungen und Kraftnebenschlüssen. Auch Erdschlüsse und ähnliche Fehler können Probleme verursachen. Weil der typische Ausgangswiderstand eines Messfühlers ungefähr 350 Ω beträgt, würde ein Erdschluss von 10 kΩ den Signalpegel um 4% senken. ■ Empfindlichkeit gegen Schmutzstoffe, wie bereits oben beschrieben. ■ Begrenzte Überlasttoleranz. Der bewegungsabhängige Messfühler arbeitet nahe an dem Punkt, an dem bei der Metallfolie die plastische Verformung einsetzt. Dies beschränkt die Überlasttoleranz auf ungefähr 150 bis 200 % der Aufnehmerkapazität. ■ Beitrag zu Maschinenschwingungen. LVDT-Kraftaufnehmer LVDT-Kraftaufnehmer liefern ein leistungsstarkes Ausgangssignal, das ihre Toleranz gegenüber elektrischen Störungen erhöht. Allerdings begrenzt die zur Signalerzeugung benötigte beträchtliche Bewegung von 0,030 Zoll und mehr ihre Steifigkeit deutlich. Die daraus resultierende Neigung der Kraftaufnehmer zu Wälzbewegungen und ihr Beitrag zu Maschinenschwingungen schränken ihre Brauchbarkeit ein. Dies gilt besonders für solche Anwendungsfälle, in denen es auf genaue Bahnregelung ankommt, wie z. B. bei Rollenoffsetmaschinen. Wegen der funktionsbedingten Bewegung reagieren die Kraftaufnehmer zudem auf Schwebestoffe und Flüssigkeiten am Einsatzort empfindlich, was wirksame Abdichtungen erfordert. Während für DMSMessfühler elastische Dichtmittel genügen, bedingt die größere Bewegung von LVDTABB Technik 3/2001 Aufnehmern die höhere Flexibilität von «Gummidichtungen». Diese wiederum sind für Beschädigungen anfällig. Kurz gesagt, LVDT-Kraftaufnehmer sind mechanisch aufwändig und erfordern viele mechanische Einstellungen und häufige Wartung, wenn sie einwandfrei arbeiten sollen. Kraftaufnehmer mit magnetoelastischem Messfühler Hochleistungs-Kraftaufnehmer in der magnetoelastischen Messfühler-Technologie Pressductor® von ABB kommen bereits seit Jahrzehnten unter den anspruchsvollen Betriebsbedingungen der Eisen- und Stahlindustrie sowie der Zellstoff- und Papierindustrie zum Einsatz. Die Entwicklungen der letzten Jahre im Bereich der Metallurgie, des mechanischen Aufbaus und der Fertigungstechniken haben es inzwischen ermöglicht, Pressductor®-Kraftaufnehmer mit viel niedrigeren Nennkapazitäten anzubieten. Diese Kraftaufnehmer benötigen zur Erzeugung eines Messsignal keine Bewegung im Messfühler. Die kleineren Pressductor®-Kraftaufnehmer werden aus massiven Blöcken aus korrosionsfreiem Stahl gefertigt. Das macht sie mechanisch stabil, Dichtungen erübrigen sich. Sie zeichnen sich durch einen breiten Arbeitsbereich – ungefähr 30:1 – aus, und der lineare Messbereich entspricht der zweifachen Nennlast. Mechanische Anschläge werden nicht verwendet. Da der Messvorgang innerhalb eines Stahlkerns stattfindet, können Schmutzstoffe aus der Umgebung das Betriebsverhalten und die Zuverlässigkeit des Kraftaufnehmers nicht beeinträchtigen. Das ungefähr 20 000 µW starke Wechselspannungssignal gewährleistet eine zuverlässige Signalgabe und eine hohe Toleranz gegenüber elektrischen Störungen. Die niedrige Impedanz der in den magnetoelastischen Messfühler integrierten elektromagnetischen Spulen – die wenigen Windungen Kupferdraht machen weniger als 1 Ω aus – reduziert die Anfälligkeit der Kraftaufnehmer für elektromagnetische und hochfrequente Störungen noch weiter. Die niedrige Impedanz begrenzt auch die Auswirkungen von Erdschlüssen. Ein Erdschluss von 10 kΩ würde einen Signalfehler von unter 0,1 % verursachen. Magnetoelastische Kraftaufnehmer kosten gewöhnlich geringfügig mehr als andere Typen, hauptsächlich wegen der hohen Anforderungen an die metallurgischen Prozesse und die Fertigung. Explosionsschutzmaßnahmen bereiten vor allem wegen des relativ hohen Wechselstroms zur Speisung der Primärwicklung Schwierigkeiten. Die magnetoelastische Messfühler-Technologie leistet im Bereich der Gesamttoleranz ihren wichtigsten Beitrag zum günstigen Betriebsverhalten der Kraftaufnehmer. Die Technologie ermöglicht den Bau von Kraftaufnehmern, die Überlasten, elektrische Störungen, hohe Temperaturen, Schmutzstoffe sowie kleine Fehler in der Spezifikation und bei der Montage verzeihen. Adresse des Autors Robert Sarnelli ABB Automation Inc 20 Farrington Road Brewster, New York 10509, USA [email protected] 59