MITARBEITERFÜHRUNG T H E M E N B R I E F Herausgegeben von Dipl.-Psych. Sandra Kuhn-Krainick, freie Trainerin und Beraterin im Bereich Personal- und Organisationsentwicklung, E-Mail: [email protected] Ausgabe 1 Juli 2000 Führungskraft als Coach: Mitarbeiter selbstständig und erfolgreich machen! Editorial In der BASF AG wird als eine wichtige Kompetenz von Führungskräften die „Förderbereitschaft“ aufgeführt. Dabei wird diese definiert als „...die Fähigkeit, die Stärken und Schwächen seiner Mitarbeiter zu beurteilen, Feedback zu geben, zu coachen Sandra Kuhn-Krainick und diese zu entwickeln, damit....“ Was ist mit Mitarbeitercoaching gemeint? Ist diese Forderung realisierbar? Wie wird es konkret durchgeführt? Was ist dabei zu beachten? Welche Schwierigkeiten können auftreten? Auf diese und viele weitere Fragen zum Thema „Coaching“ finden Sie in der heutigen Ausgabe praxisrelevante Antworten. Sandra Kuhn-Krainick heute im Gespräcch mit … … Carsten Härtl, BASF AG, Ludwigshafen Die Führungskraft als Coach ist eine weit verbreitete Forderung, die häufig in der Umsetzung auf Schwierigkeiten und Stolpersteine stößt. Meist sind es externe Berater, die bei den Führungskräften als Coach fungieren. Aber wer unterstützt und coacht die Mitarbeiter? In der BASF AG in Ludwigshafen sind zu diesem Thema ganz eigene Erfahrungen gemacht worden. Herr Härtl aus dem Bereich Weiterbildung schildert seine Eindrücke und wagt einen Blick in die Zukunft: Ist die Führungskraft als Coach nur ein Traum? Kuhn-Krainick: Guten Tag, Herr Härtl. Danke, dass Sie sich die Zeit für dieses Gespräch genommen haben. Sie arbeiten als Projektleiter in der Weiterbildung der BASF AG in Ludwigshafen. Was ist dabei Ihre spezielle Aufgabe und Rolle? Härtl: Als Projektleiter bin ich für alle Führungsseminare des mittleren Managements verantwortlich. Zur Zeit laufen pro Jahr rund 60 Veranstaltungen mit ca. 600 Teilnehmern nur für die mittleren Führungskräfte. Kuhn-Krainick: Das ist ja eine ganze Menge. Was ist Ihr Job als interner Verantwortlicher dabei? Härtl: Gemeinsam mit externen Trainern lege ich die Seminarinhalte, Neue Trends die Methoden und den Ablauf fest. Ich bin insgesamt für die Qualität und interne und die erfolgreiche Durchführung sowohl von Standardseminaren als Veränderunauch von einheitsspezifischen Veranstaltungen zum Thema gen werden in „Führung“ verantwortlich. Vor allem beobachte ich auch den externen Seminare Weiterbildungsmarkt, nehme neue Trends und interne Veränderungen eingebaut auf und lasse diese in unseren Qualifizierungsmaßnahmen zu konkreten Inhalten umsetzen. Kuhn-Krainick: Was sind denn Ihrer Wahrnehmung nach die Trends der Vergangenheit und in der Zukunft im Führungsbereich? Härtl: In der BASF konnte ich in den letzten 13 Jahren, in denen ich in verschiedenen Funktionen gearbeitet habe, einiges beobachten: - der Wettbewerbsdruck ist immer weiter gestiegen - die Hierarchieebenen sind weniger geworden - die Führungsspannen sind gewachsen MITARBEITERFÜHRUNG T H E M E N B R I E F Seite 2 - höhere interne Fluktuation schnellere organisatorische Veränderungen die Mitarbeiter sind besser ausgebildet und qualifiziert die Ansprüche der Mitarbeiter an ihre Führungskräfte werden immer höher - die Verdichtung der Arbeit steigt Kuhn-Krainick: Das hört sich nicht sehr attraktiv an. Härtl: Es ist bestimmt nicht einfacher geworden. Das Umfeld ändert sich ständig und fordert das auch von Mitarbeitern und vor allem auch von den Führungskräften. Führungsverantwortung ist zwar nicht einfacher, aber auf jeden Fall spannender, abwechslungsreicher und dynamischer geworden. Kuhn-Krainick: Was bedeutet das für Führungskräfte ganz konkret in ihrer täglichen Arbeit? Härtl: Es bedeutet, dass sie sich und Ihre Einstellungen ändern müssen. Nicht mehr Kontinuität und Sicherheit sind gefragt, sondern Flexibilität und Dynamik. Das Hauptproblem dabei ist der Wandel in den Köpfen: Angst und Skepsis bei Veränderungen müsNicht mehr sen überwunden werden. Kuhn-Krainick: Ist es Ihrer Meinung nach möglich, EinKontinuität und stellungen zu verändern? Und Sicherheit, wenn ja: wie? Härtl: Natürlich ist es nicht sondern Flexibilität möglich zu sagen: Ich führe jetzt ein Training durch und und Dynamik am Ende kommt die veränderte Einstellung heraus. Da müssen viele Faktoren ineinander greifen und alle Bestrebungen des Unternehmens müssen in eine Richtung gehen. Kuhn-Krainick: Was sollte denn dabei besonders beachtet werden? Härtl: Dass auf der individuellen Ebene durch Seminare und Coachings und auf der organisatorischen Ebene durch Personalpolitik, Führungswerte und Führungsinstrumente gleichzeitig angesetzt wird. Nur so kann eine Maßnahme Fuß fassen. Kuhn-Krainick: Sie haben gerade bei den verschiedenen Möglichkeiten in der Qualifizierung auch Einzelcoaching Wie stehen Sie zu der Idealbild: aufgeführt. aktuellen Forderung nach der Führungskraft Führungskraft als Coach der Mitarbeiter? als Coach Härtl: Ich empfinde es als ein Idealbild und - unter bestimmten Bedingungen - als einen anzustrebenden Zustand. Bei uns in der BASF ist dies in der Regel noch nicht Realität. Die Führungskraft unterstützt zwar die Entwicklung der Mitarbeiter, überlässt aber die eigentliche Qualifizierungs- und Förderungsarbeit meist externen Beratern und Trainern. Kuhn-Krainick: Wie sieht die Unterstützungsarbeit der Führungskräfte konkret aus? Dipl.-Psych. Carsten Härtl, Projektleiter in der Weiterbildung der BASF AG, Verantwortungsgebiet Führungsseminare. Seit 1987 in der BASF AG mit den bisherigen Arbeitsstationen: - Eignungsdiagnostik - Öffentlichkeitsarbeit - Organisationsentwicklung - Training Privat: 39 Jahre, verheiratet, 2 Kinder Härtl: Das jährlich durchgeführte Mitarbeitergespräch ist der Dreh- und Angelpunkt für die Fragen der Förderung oder die Frage nach der Zusammenarbeit zwischen Mitarbeitern und Vorgesetzten. Hier werden Vereinbarungen zur weiteren Entwicklung festgelegt. Diese können zum Beispiel sein: - Gestaltung der Aufgaben unter Berücksichtigung von Stärken und Interessen des Mitarbeiters - Unterstützung, Coaching, Feedback durch den Vorgesetzten - Unterstützung durch Fort- und Weiterbildung - Übertragung neuer, herausfordernder Aufgaben Kuhn-Krainick: Und warum übernehmen die Führungskräfte nicht auch wirklich eine Coachingfunktion für ihre Mitarbeiter? Härtl: Da gibt es einige Rollenprobleme. Bei uns beurteilen die Führungskräfte nach wie vor ihre Mitarbeiter. Dadurch sind sie nicht neutral, machtfrei und unparteiisch, wie das von einem zum Beispiel externen Berater erwartet und gefordert wird. Kuhn-Krainick: Ist die Führungskraft als Coach also nur ein Traum? Härtl: Nein, das muss nicht sein. Bei uns in der Firma könnte eine Zwischenlösung auf diesem Wege sein, dass eine Führungskraft aus einem andern Bereich eine Art Patenoder Mentorenfunktion einnimmt. Damit hätten wir einige Vorteile des internen Coachs genutzt, ohne die bekannten Probleme der Rollenkonfusion zu haben. In ein paar Jahren, wer weiß, vielleicht verändern sich Zwischenlösung: auch die disziplinarischen Aufgaben der Führungskräfte. Es ist Patent oder so vieles möglich! Oft sehen wir kleinere, langsamere Verände- Mentoren rungen gar nicht. Wenn die Sonne aufgeht, sehen wir sie nicht in ihrer Bewegung, wenn wir aber nach einer Stunde wieder hoch schauen, dann merken wir einen deutlichen Unterschied. Kuhn-Krainick: Das ist ein schönes Bild zum Thema Veränderung. Was sind denn Ihrer Meinung nach die notwendi- MITARBEITERFÜHRUNG T H E M E N B R I E F gen Kompetenzen und Aufgaben einer Führungskraft von morgen? Härtl: Ich glaube, es sind vor allem soziale und methodische Fähigkeiten, die gefragt sind. Aufgaben werden verstärkt sein: - Gespräche und Besprechungen moderieren - Ideen- und Entscheidungsfindung der Mitarbeiter unterstützen - Einarbeitung und Integration von Mitarbeitern - Entwicklung und Förderung der Mitarbeiter Kuhn-Krainick: Zum Abschluss bitte ich Sie, noch ein paar ganz praktische Tipps und Empfehlungen aus Ihrer Arbeit an unsere Leser weiterzugeben. Härtl: Da fällt mir schon so einiges ein: - Kollegen aus dem Mittelstand sollen in erster Linie ein gesundes Misstrauen gegenüber Lösungen aus der Großindustrie entwickeln. Sie sind oft nicht eins zu eins übertragbar. - Auch die Konzepte und Strategien aus den Fachbüchern sind oft nicht konkret genug oder aber für viele kleine und mittelständische Unternehmen zu aufgebläht und zu Seite 3 - - - komplex. Nehmen Sie diese als Anhaltspunkt und Ideenspeicher, und entwickeln Sie Ihr eigenes, auf Ihr Unternehmen zugeschneidertes Vorgehen. Als Führungskraft sollten Sie sich Zeitfenster für Führungspragmatisch, aufgaben reservieren, sonst sind immer die Aufgaben des flexibel und Tagesgeschäftes im Vordergrund. lösungsorientiert Nur so viel Formalismus wie sein wirklich notwendig. In großen Unternehmen wie der BASF ist aus Gründen der Transparenz und Übersicht ein höheres Maß an Formalismus notwendig. In kleineren Unternehmen kann man sich diesen Aufwand häufig sparen. Es zählt nur das, was wirklich gelebt und getan wird. Pragmatismus hilft bei der Umsetzung. Und nicht zuletzt gibt es ja immer noch die Möglichkeit, sich selbst einen internen oder externen Coach zur Bewältigung einer Aufgabe oder eines Projektes zu nehmen und dadurch sich selbst weiter zu entwickeln. Vorbereitungsfragen für das Entwicklungsgespräch zwischen Chef und Mitarbeiter ● Welche Veränderungen bzw. Herausforderungen werden in der nächsten Zeit auf uns zukommen? ● Welche fachlichen und nicht-fachlichen Kompetenzen müssen dazu in unserem Team aufgebaut werden? ● Welche spezifischen Entwicklungsziele sollen für das kommende Jahr vereinbart werden? ● Welches Entwicklungsinteresse hat der Mitarbeiter? ● Welche Entwicklungsperspektiven sieht der Vorgesetzte? ● In welchen fachlichen und nicht-fachlichen Kompetenzen hat der Mitarbeiter Stärken und wo Verbesserungspotenzial? ● Wie haben sich die bisherigen Entwicklungs- und Qualifizierungsmaßnahmen ausgewirkt? ● Welche Qualifizierungsmaßnahmen sind im Hinblick auf die derzeitige Funktion bzw. Vorbereitung auf eine neue Funktion zu vereinbaren? Entnommen aus dem Vorbereitungskatalog „Mitarbeitergespräch“ der BASF AG MITARBEITERFÜHRUNG T H E M E N B R I E F Seite 4 Trends und Entwicklungen Wir befinden uns in einer Zeit der Entwicklung und des Aufbruchs. Viele alte Modelle und Strukturen greifen nicht mehr in der gewünschten Form. Lernen ist zur Daueraufgabe geworden und Veränderung bestimmt unseren Alltag. In einer derartigen Zeit ist es leicht nachvollziehbar, dass auch das Führungsverständnis und die Führungsaufgaben neu definiert werden müssen. Die Wende in der Führung Die neue Art der Führung Noch vor wenigen Jahren beschränkten sich die Anforderungen an eine gute Führungskraft vorwiegend auf ihre sachlichen und fachlichen Fertigkeiten. Der beste Fachexperte wurde zur Führungskraft, die es als Aufgabe sah, ihre Mitarbeiter/innen bei der Aufgabenbewältigung zu unterstützen und selbst tatkräftig bei der Alltagsarbeit mitzuwirken. Inzwischen verändert sich diese Rolle. Die Führungskraft benötigt vor allem soziale Fähigkeiten und ist hauptsächlich mit der eigentlichen Führungsaufgabe beschäftigt. Selbst bei der Routinearbeit mit anzupacken, ist nicht wünschenswert, sondern den Mitarbeitern/Mitarbeiterinnen den Freiraum zu geben, dies selbst zu tun. Dieser Trend zur SelbstSelbststeuerung steuerung der Mitarbeiter ist schon in vielen Unternehder Mitarbeiter men längst Realität. Wie kam und kommt es immer noch zu dieser Veränderung? 1. Mitarbeitern/Mitarbeiterinnen sind heute viel qualifizierter als früher, und damit in der Lage verantwortungsvolle Aufgaben zu übernehmen. 2. Bei der Jobsuche wird mehr und mehr der zur Verfügung gestellte Handlungsspielraum relevant. Gute Mitarbeiter wollen Verantwortung und Entscheidungsfreiraum. 3. Die Führungskraft ist schon lange nicht mehr Fachexperte. Das notwendige Wissen für fachliche Entscheidungen liegt in den Händen der Mitarbeiter. 4. Die Aufgabenvielfalt und -menge der Führungskräfte steigt ständig. Zur Bewältigung der Führungsrolle ist eine konsequente Delegation von Aufgaben und Verantwortung notwendig. 5. Durch neue Technologien können Informationen schnell an viele Empfänger vermittelt werden. Dies ist die wichtigste Grundlage zur Delegation und damit zur Selbststeuerung der Mitarbeiter. Viele Führungskräfte sehen sich als dynamische Macher und Obersteuerer. Sie bezeichnen das Unternehmen als „ihren Laden“, die Mitarbeiter als „ihre Leute“ und die geleistete Arbeit als „ihren Erfolg“. Besonders bei Unternehmensinhabern oder Teilhabern ist diese Einstellung natürlich verständlich und nachvollziehbar. Erfolgreich hingegen ist sie auf Dauer mit Sicherheit nicht! Ein Unternehmen besteht aus vielen Menschen. Der Erfolg beruht auf der Arbeit aller. Die einzelnen Mitarbeiter müssen sich mit ihrer Arbeit identifizieren und all ihr Wissen und ihre Energie in den Erfolg investieren. Dies gelingt nur, wenn alle Mitarbeiter und Führungskräfte von „unserem Laden“ und „unserem Erfolg“ sprechen. Nicht als Leibeigene, sondern als freie Arbeitskräfte wollen wir Menschen unsere Arbeit verrichten. Aus dieser Denke heraus entsteht eine neue Art der Führung. Die Funktion der Erfolg durch Führung besteht nicht mehr Zusammenarbeit darin Arbeit vorzubereiten, Aufgaben zu verteilen und das Tagesgeschäft zu koordinieren, sondern darin Rahmenbedingungen zu schaffen, die es den Mitarbeitern/Mitarbeiterinnen ermöglichen, ihre Aufgaben selbstständig und erfolgreich durchzuführen. Veränderte Führungsaufgaben Klassisch: „Der Vorgesetzte als bester Spezialist“ Aktuell: „Die Führungskraft als Coach“ ● Aufgabenverteilung und Anweisung ● Fachliche Anleitung ● Sicherstellen von bewährten Abläufen ● Überwachung und Kontrolle ● Information und Kommunikation ● Vereinbarungen von Zielen und Unterstützung bei der Zielerreichung ● Delegation von Aufgaben und Verantwortung ● Entwicklung und Förderung der Mitarbeiter Führungskraft als Coach Schon seit Mitte der 80er Jahre wird das Coaching-Konzept in Bezug auf die Qualifizierung der Führungskräfte diskutiert. Eine Führungskraft nimmt sich für eine neuartige oder besonders heikle Aufgabe einen externen Coach, um mit dessen Unterstützung den Prozess erfolgreich zu steuern. Dies ist bereits Alltag in vielen Unternehmen. Externe Berater und Unternehmensentwickler sind Begleiter unzähliger Veränderungen. Steht diese Hilfe und Unterstützung nicht auch den Mitarbeitern zu? Wer könnte hierbei die Coachingfunktion besser übernehmen als der Vorgesetzte selbst? Die Führungskraft als Coach hat vor allem das Ziel: „Dem Mitarbeiter zu helfen, eigene Probleme sinnvoll zu lösen, ihn zu unterstützen, damit der effizient mit dem zu Rande kommt, was immer ihn beschäftigt oder beunruhigt und ihn dahin zu führen, dass er schließlich selbst in der Lage ist, durch ein produktives Denken, Fühlen und Handeln effizienter zu arbeiten.“ MITARBEITERFÜHRUNG T H E M E N B R I E F Seite 5 Praktische Umsetzung Gesagt heißt noch lange nicht verstanden - verstanden heißt noch lange nicht einverstanden. - Und einverstanden heißt noch lange nicht zu handeln. Aus diesem Grund hier nun Hilfsmittel, Checklisten und Anwendungsbeispiele zum Handeln und Umsetzen. ● Mitarbeitertandems bilden, um gegenseitiges Lernen zu ermöglichen ● Neue Ideen von Mitarbeitern in kleinen Projekten umsetzen lassen Konkrete Aufgaben und Verhaltensbeispiele Die Führungskraft steht in der Rolle als Coach vor ganz neuen und herausfordernden Aufgaben. Insgesamt ist bei jedem Verhalten eine veränderte Wertehierarchie spürbar. Die Führungskraft als Coach fühlt sich vor allem den Werten Partizipation und Selbstentfaltung verpflichtet. Dies bedeutet, dass die Mitarbeiter viel Freiraum zur Selbstgestaltung erhalten und in starkem Maße Verantwortung für ihr eigenes Handeln übernehmen müssen bzw. dürfen. Damit die Mitarbeiter diese neue Rolle auch einnehmen können, hat die Führungskraft einige Unterstützungsarbeit zu leisten. Hilfreich ist es, wenn die Führungskraft in einem partnerschaftlichen Vertrauensverhältnis dem Mitarbeiter gegenübertritt, ihn als Person ernst nimmt und ihm mit Respekt gegenübertritt. Dabei sind es im Einzelnen folgende Aufgaben der Führungskraft, die es den Mitarbeitern ermöglichen ihre neu gewonnenen Freiräume zu nutzen. Konkrete Verhaltensbeispiele erleichtern Ihnen die Umsetzung in Ihrem Führungsalltag: 1. 2. 3. Mitarbeiter informieren und mit ihnen kommunizieren Verhaltensbeispiele: ● Alle Mitarbeiter regelmäßig in Gruppensitzungen über aktuelle Veränderungen informieren ● Einmal jährlich Mitarbeitergespräche durchführen ● Bei Fragen sich für die Mitarbeiter Zeit nehmen ● Regelmäßig die Mitarbeiter an ihrem Arbeitsplatz besuchen und sich mit ihnen unterhalten Mitarbeitern Feedback geben und von ihnen annehmen Verhaltensbeispiele: ● Bei Kundenreklamationen diese direkt und zeitnah an die jeweiligen Mitarbeiter weitergeben ● Bei positiven und bei unerwünschten Verhaltensweisen der Mitarbeiter direkt Rückmeldung geben ● Die Mitarbeiter nach eigenem Feedback fragen ● Bei Kritik der eigenen Person durch die Mitarbeiter in keinem Fall negative Konsequenzen für die Mitarbeiter entstehen lassen Lernprozesse initiieren Verhaltensbeispiele: ● Lernumgebungen für Mitarbeiter schaffen, in denen Erfahrungen gesammelt werden können 4. Mitarbeiter fördern und unterstützen Verhaltensbeispiele: ● Lern- und Erfahrungsgelegenheiten für Mitarbeiter suchen und ermöglichen ● Regelmäßig mit Mitarbeitern über Entwicklungsund Karrieremöglichkeiten sprechen ● Hilfestellung bei Schwierigkeiten und Problemen geben 5. Gruppen- und Teamarbeit fördern Verhaltensbeispiele: ● Aufgaben delegieren, die nur von einem Team bearbeitet werden können ● Den Mitarbeitern Zeit und Raum geben sich miteinander abzustimmen und gemeinsam Lösungsideen zu entwickeln 6. Individuell und situativ führen Verhaltensbeispiele: ● Mitarbeiter entsprechend ihrem Reifegrad führen; d.h. je erfahrener und selbstständiger die Mitarbeiter, desto größer die Freiräume und die Forderung nach Selbstverantwortung ● Führungsverhalten der jeweiligen Situation anpassen und flexibel reagieren 7. Mitarbeiter qualifizieren und trainieren Verhaltensbeispiele: ● Seminar-, Trainings- und Kongressbesuche ermöglichen ● Durch Entwicklungs- und Coachinggespräche die Mitarbeiter zu Verhaltensänderungen anleiten ● Selbst als Vorbild dem Mitarbeiter dienen ● Unter anderem durch Job-Rotation, Aufgabenerweiterung, Projektarbeit und Patenschaften Mitarbeiterentwicklung unterstützen 8. Aufgaben und Verantwortung delegieren Verhaltensbeispiele: ● Klärung der Verantwortung und der Entscheidungskompetenzen von Mitarbeitern ● Festlegung von Rahmenbedingungen, Grundsätzen und Richtlinien zur Orientierung der Mitarbeiter bei selbstständig durchgeführten Aufgaben MITARBEITERFÜHRUNG T H E M E N B R I E F Seite 6 ● Kontrolle und Ergebnisbeurteilung von delegierten Aufgaben 9. Freiräume geben Verhaltensbeispiele: ● Mitarbeiter den Weg zur Zielerreichung selbst bestimmen lassen ● Kontrolle von Aufgaben nur zu vorher festgelegten Zeitpunkten bzw. Meilensteinen ● Neue Ideen oder Vorgehensweisen erproben lassen 10. Herausforderungen schaffen Verhaltensbeispiele: ● Mitarbeitern verantwortungsvolle Aufgaben übertragen ● Anspruchsvolle Ziele vereinbaren ● Probleme mit den Mitarbeitern gemeinsam lösen oder die Verantwortung zur Problembeseitigung delegieren Ablauf eines Coachingprozesses Ein Coachingprozess besteht im Wesentlichen aus Gesprächen zwischen dem Coach, also in unserem Fall der Führungskraft, und dem zu coachenden Mitarbeiter. Dabei ist der Verlauf und das Coachingergebnis vor allem auch durch die Gesprächsführung des Vorgesetzten geprägt. Der Chef als Coach führt durch das Gespräch bzw. die Gespräche, stellt gezielt Fragen und behält den Überblick. Idealtypisch besteht der Coachingprozess aus vier Phasen. In jeder Phase gibt es neue Besonderheiten, Schwierigkeiten, aber auch Techniken zur Gesprächsführung erfolgreichen Bewältigung. Das wichtigste Instrument der Gesprächsführung ist durch Fragetechnik und bleibt die Fragetechnik. Innerhalb eines Coachingprozesses sind Fragen unterschiedlichster Art angemessen. Je nachdem in welcher Situation sich der Mitarbeiter befindet und je nach Zielsetzung des Coachings sind es unterschiedliche Fragentypen, die zum Einsatz kommen können. In dem folgenden Praxisbeispiel finden Sie einige Anregungen für systematisch und professionell gestellte Fragen. Anwendungsthemen Eine Führungskraft als Coach sollte sich vor allem auf aufgabenbezogene Themen konzentrieren. Persönliche und beziehungsbezogene Themen sollten besser von einem außenstehenden und unbeteiligten Coach begleitet werden. Ein Coaching ist zudem zeitaufwendig und sehr arbeitsintensiv. Aus diesem Grund kann nicht jedes Führungsverhalten in einem Coachingprozess bestehen. Es gibt Situatio- Phasen des Coaching-Prozesses 4. Phase: Umsetzung und Erfolgskontrolle 1. Phase: Einstieg Inhalte: ● Unterstützung und Feedback geben ● Review durchführen ● Zielerreichung, Ergebnisse und Entwicklungsfortschritt überprüfen Inhalte: ● Beziehungs- und Rollenklärung ● Sinn und Zweck des Coachinggesprächs ● Festlegung der Basis 3. Phase: Zielsetzung und Erfolgskontrolle 2. Phase: Problemdefinition Inhalte: ● Zielzustand beschreiben ● Veränderungsschritte planen ● Unterstützungs- und Beratungsinhalte vereinbaren Inhalte: ● Vergleich von Wunsch und Wirklichkeit ● Abgleich der eventuell unterschiedlichen Wahrnehmungen MITARBEITERFÜHRUNG T H E M E N B R I E F Seite 7 nen, in denen es sich besonders anbietet, mit dieser Art der Führung zu arbeiten. Beispiele hierfür sind: ● Delegation von neuen Aufgaben, Kompetenzen, Verantwortung ● Probleme bei der Aufgabenbewältigung ● Übernahme einer neuen Position ● Zielvereinbarungen ● Beurteilungs- und Förderungsgespräche ● Transfer von Trainingsinhalten in die Alltagspraxis ● Konkretisierungsfrage: „Was bedeutet für Sie besseren Umsatz zu machen? Was heißt ,sich anstrengen‘?“ ● Zielkonkretisierungsfragen: „Was möchten Sie erreichen? Sie möchten wissen, was Sie machen können?“ ● Problemvertiefungsfragen: „Was genau ist Ihr Problem? Was macht Ihnen dabei zu schaffen?“ ● Ressourcenaktivierende Fragen: „Wer oder was könnte Ihnen dabei helfen? Welche Fähigkeit wäre hierzu besonders hilfreich? Was würde Herr Gut an Ihrer Stelle tun?“ ● Fragen zu den Emotionen: „Und wie geht es Ihnen damit? Was fühlen Sie?“ Praxisbeispiel Eine Mitarbeiterin aus dem Vertrieb hat ein Coachinggespräch mit ihrem Chef, da sie schon seit mehreren Monaten keine guten Umsätze mehr aufweisen kann. Der Chef hat ihr ein Gespräch angeboten, und sie hat dankend angenommen. Im Laufe des Gesprächs äußert die Mitarbeiterin: „Was soll ich nur machen? Obwohl ich mich wirklich anstrenge, hat der Kollege Gut einen besseren Umsatz als ich!“ Der Chef kann in dieser Situation unter anderem durch Fragen intervenieren. Folgende Fragen sind denkbar: ● Klärende Wiederholung: „Herr Gut hat also einen besseren Umsatz als Sie, und obwohl Sie sich anstrengen, wissen Sie nicht, was Sie machen sollen?“ ● Ökologie-Fragen: „Was sagt Ihr/e Partner/Partnerin zu diesem Problem? Gibt es einen persönlichen Preis für den höheren Umsatz (z.B. mehr Arbeitsstunden, resoluteres Auftreten, mehr Fahrtätigkeit, Konkurrenzverhalten der Kollegen...)? Sind Sie bereit, diesen Preis zu zahlen?“ ● Fragen in die Zukunft: „Wer wird es als Erster merken, dass Sie sich verändert haben? Woran merken Sie die Veränderung?“ Mithilfe dieser Fragen kann der Chef die Mitarbeiterin unterstützen, ihr Problem selbst zu lösen. Die Fragen erweitern die Perspektive und geben Ansatzpunkte für Lösungsideen. Fragencheckliste zum Coaching-Prozeß Coachingphase Mögliche Fragen 1. Phase: Einstieg ● Besteht die Möglichkeit des Coachings (zeitlich, örtlich, organisatorisch)? ● Ist ausreichend Vertrauen und Offenheit vorhanden? ● Sind beide Gesprächspartner an dem Coaching interessiert? ● Was ist das Thema bzw. das grobe Ziel des Coachings? ● Wie viel Zeit und Energie soll aufgewendet werden? ● Welche Verpflichtungen gehen beide Gesprächspartner mit dem Coaching ein? 2. Phase: Problemdefinition ● Was soll erreicht werden? ● Wie ist die derzeitige Situation? ● Worin äußert sich die Abweichung zwischen dem Ist- und dem Sollzustand? ● Wo, wann und wie tritt das Problem auf? ● Wer ist an dem Problem beteiligt? ● Wie ist das Problem entstanden? ● Welche möglichen Ursachen gibt es? ● Was sind die eigenen Anteile an der Problemsituation? Coachingphase Mögliche Fragen ● Wer oder was könnte bei der Problembeseitigung unterstützen? 3. Phase: Zielsetzung ● Was soll konkret verändert werden? und Aktionsplanung ● Wie und woran merke ich die Zielerreichung? ● Woran könnte man den Fortschritt erkennen? ● Wie soll die Veränderung stattfinden? ● Was sind mögliche Stolpersteine? ● Welche Schritte zur Zielerreichung sollen geplant werden? ● Wer macht was bis wann? 4. Phase: Umsetzung ● Was hat sich bereits verändert? und Erfolgskontrolle ● Woran merke ich die Veränderung? ● Welche Auswirkungen hat diese Veränderung? ● Was wird noch an Unterstützung benötigt? ● Welche Teilziele sind bereits erreicht? ● Ist das Ziel noch erstrebenswert? ● Was ist weiterhin zu tun? MITARBEITERFÜHRUNG T H E M E N B R I E F Seite 8 Selbstanalyse Jede Führungskraft hat ihre eigene Art, ihre Mitarbeiter zu unterstützen und zu coachen. Dieser Analysebogen soll Ihnen helfen, Ihr eigenes Verhalten anhand ausgewählter Aspekte zu reflektieren und bei dem Wunsch nach persönlicher Entwicklung und Verbesserung Ansatzpunkte zur Veränderung zu geben. Kreuzen Sie bei jeder Frage die Antwort an, die am besten ausdrückt, wie Sie sich gegenüber Ihren Mitarbeitern derzeit verhalten. Seien Sie dabei ehrlich zu sich selbst und kreuzen Sie nicht an, wie Sie gerne sein wollen. Fragebogen: Meine Kompetenzen als Coach immer häufig manchmal selten nie Delegationsfähigkeit Bevor ich einem Mitarbeiter eine Aufgabe zur Bearbeitung übergebe, gehe ich sie kurz mit ihm durch und lasse ihn alle notwendigen Fragen stellen. ■ ■ ■ ■ ■ Ich delegiere nur dann Aufgaben, wenn ich mir sicher bin, dass der Mitarbeiter seine Rolle in dem betreffenden Arbeitsprozess kennt. ■ ■ ■ ■ ■ Ich delegiere Aufgaben, Kompetenz und Verantwortung. Ich fördere die Selbstverantwortung durch Eigeninitiative und Freiräume. ■ ■ ■ ■ ■ Ich achte sorgfältig darauf, wie viel Verantwortung ich dem jeweiligen Mitarbeiter übertragen kann. ■ ■ ■ ■ ■ Förderbereitschaft Ich suche nach Entwicklungsmöglichkeiten für meine Mitarbeiter sowohl innerhalb als auch außerhalb der derzeitigen Funktion des Mitarbeiters. ■ ■ ■ ■ ■ Ich führe mit den Mitarbeitern Gespräche über den Fortschritt ihrer Entwicklung. ■ ■ ■ ■ ■ Ich fördere meine Mitarbeiter durch interne und externe Weiterbildungsmaßnahmen. ■ ■ ■ ■ ■ Ich bin offen für die Entwicklungswünsche der Mitarbeiter. ■ ■ ■ ■ ■ Gesprächsverhalten Bei Gesprächen höre ich meinem Gegenüber aktiv zu und lasse ihn ausreden. ■ ■ ■ ■ ■ Ich führe mit Hilfe von Fragen durch ein Gespräch. ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ Ich strukturiere ein Gespräch und setze (inhaltlich) klare Endpunkte. ■ ■ ■ ■ ■ Ich halte die Mitarbeiter für mündig und selbstständig. ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ In Entscheidungen, welche die Mitarbeiter selbst betreffen, binde ich sie frühzeitig ein. ■ ■ ■ ■ ■ Ich bin offen und ehrlich in Gesprächen mit den Mitarbeitern. Grundeinstellung zu den Mitarbeitern Ich bin für meine Mitarbeiter ansprechbar. Das gilt für berufliche wie auch private Probleme. Ich respektiere die Meinung der Mitarbeiter. MITARBEITERFÜHRUNG T H E M E N B R I E F Seite 9 Auswertung Dieser Selbsttest dient zur Selbstreflexion. Er hilft Ihnen, sich selbst zu überprüfen und vielleicht auch besser kennen zu lernen. Aus der Perspektive „Mitarbeitercoaching“ haben Sie idealerweise bei allen Aussagen mit „immer” geantwortet. Das muss aber nicht in jeder Situation und bei allen Menschen angemessen sein. Es gibt viele Gründe, warum die Antwort „immer“ nicht die beste Verhaltensweise ist. Die folgenden Fragen unterstützen Ihre Selbstanalyse: ● An welchen Stellen möchten Sie sich verändern? ● Bei welchen Fragen haben Sie „manchmal“, „selten“ oder „nie“ angekreuzt? ● Möchten Sie daran etwas ändern? ● Wie möchten Sie sich verändern? ● Was hindert Sie daran, es jetzt schon zu tun? ● Was ist der Nutzen, wenn Sie sich bei denen von Ihnen ausgewählten Punkten verändern? Gibt es einen Preis zu zahlen? ● Möchten Sie bei allen Aussagen ein „immer“ erreichen? ● ● Wenn ja, warum? ● Wenn nein, warum nicht? ● Wie zufrieden sind Sie mit sich selbst und Ihren Antworten? Wenn Sie nach dem Selbsttest und der Auswertung durch die oben genannten Leitfragen bei sich Handlungsbedarf sehen und etwas in Ihrem Verhalten verändern wollen, dann machen Sie doch mit sich selbst eine Zielvereinbarung. Viel Spaß und Erfolg bei der Umsetzung. Persönliche Ziele zum eigenen Führungsverhalten als Coach Ziele: Was will ich erreichen? Termin: Bis wann will ich es erreichen? Maßstab: Woran messe ich den Erfolg? Mitwirkende: Wer ist beteiligt oder wen betrifft dieses Ziel? MITARBEITERFÜHRUNG T H E M E N B R I E F Seite 10 Probleme, Schwierigkeiten und Grenzen Coaching und damit Handlungs- und Entscheidungsspielraum zu übertragen bzw. einzuräumen, bedeutet oft auch gerade das nicht zu tun, was man möchte. Dem Mitarbeiter zu helfen ist zwar sehr löblich, aber für dessen Entwicklung und Selbstbewusstsein nicht förderlich. Aus diesem Grund bedeutet Coaching: ● Dem Mitarbeiter nicht direkt bei der Umsetzung zu helfen ● Hilfe zur Selbsthilfe ● Nicht in den Prozess eingreifen oder sogar Dinge selbst in die Hand nehmen ● Fehler geschehen lassen (ohne Fehler kein Lernen) ● Dem Mitarbeiter eine gewisse „kreative Unruhe“ zumuten und diese selbst ertragen können und ertragen können Gratwanderung zur Manipulation Kritiker werfen dem Coachingansatz immer wieder vor, dass er manipulativ und damit ethisch nicht vertretbar sei. Es ist richtig, dass eine gewisse Beeinflussung durch den Coach stattfindet. Ist aber nicht jede Form des Lernens eine Art der Beeinflussung und der Veränderung? Lernen und sich weiterentwickeln ist eines der höchsten Ziele des Menschen. Dies ist auch die Legitimation für den Coachingansatz, denn er verfolgt ein positives Ziel. Um jedoch die Gefahr der (negativen) Manipulation möglichst gering zu halten, hier einige Anregungen: ➣ Die Führungskraft sollte sich ihrer manipulativen Möglichkeiten und der damit verbundenen ethischen Probleme bewusst sein und diese geplant vermeiden. ➣ Die Führungskraft sollte ihre eigenen Werte reflektieren und diese den Werten des Mitarbeiters/ der Mitarbeiterin gezielt gegenüberstellen. Es sollte ein Gleichgewicht und eine gegenseitig wertschätzende Grundhaltung vorhanden sein. ➣ Die Ziele des Coachings sollten in der Anfangsphase klar definiert und im Laufe des Prozesses immer wieder überprüft werden. ➣ Die Führungskraft kann sich zur eigenen Qualifizierung und Weiterentwicklung einer Supervisionsgruppe anschließen oder sich ihrerseits einen Coach nehmen. In Gesprächen kann das eigene Führungs- und damit auch Coachingverhalten überdacht und reflektiert werden. Stopp – und hier nicht weiter! Der eigene Vorgesetzte als Coach hat auch seine Tücken, denn schließlich ist der Chef kein neutraler und unabhängiger Berater, sondern auch der machtvolle Beurteiler und Weisungsbefugte. Aus dieser Rolle heraus ergeben sich klare Grenzen für den Coachingprozess. Eine Grundvoraussetzung für ein Coaching ist das gegenseitige Vertrauen und eine Offenheit im Umgang miteinander. Ist dies zwischen dem Mitarbeiter und seinem Vorgesetz- Gegenseitiges ten nicht gegeben, werden jegliche Formen und Interventio- Vertrauen und nen eines Coachingansatzes nicht greifen. Der Vorgesetzte Offenheit kann sich in diesem Fall um eine Änderung der Atmosphäre und der Beziehung (langfristig) bemühen oder aber einen externen Coach für den Mitarbeiter zur Verfügung stellen. Zeitlich und inhaltlich begrenzen ➣ Die Führungskraft sollte den Mitarbeiter/die Mitarbeiterin in dem Prozess unterstützen, damit er/sie ihren eigenen Weg geht und den persönlichen Handlungsspielraum erweitert. Eine zweite entscheidende Grenze beim Coaching durch die Führungskraft besteht, wenn die Probleme sich im Bereich Sucht oder psychosomatische Beschwerden bewegen. Hier ist die therapeutische Hilfe eines ausgebildeten Psychologen oder Psychotherapeuten gefragt. MITARBEITERFÜHRUNG T H E M E N B R I E F Seite 11 Zusammenfassung und Abschluss Die Mitarbeiter von heute brauchen eine Führungskraft, die berät und unterstützt. Dabei muss sie die Mitarbeiter so nehmen , wie sie sind, und nicht, wie der Chef sie haben möchte. Das heißt auch, dass die volle Verantwortung für die eigene Entwicklung immer in den Händen der Mitarbeiter liegt. Erliegen Sie nicht der Gefahr, für andere Entscheidungen zu treffen und damit Ihre Mitarbeiter zu entmündigen, sondern unterstützen Sie sie ausschließlich bei dem Prozess der Entscheidungsfindung – das ist echtes Coaching! Anforderungsprofil an eine Führungskraft als Coach Zum Abschluss hier noch vier wichtige Fähigkeiten, die Sie als Coach mitbringen sollten: ● Einfühlendes Verstehen (Empathie) d.h. das Arbeitsumfeld des Mitarbeiters genau zu verstehen, die Sichtweise des Mitarbeiters nachzuvollziehen und dem Mitarbeiter dieses Verständnis zu zeigen. ● Persönliche Wertschätzung der Mitarbeiter d.h. den Mitarbeiter zu akzeptieren und wertzuschätzen, auch wenn dieser eine Meinung oder ein Bedürfnis äußert, das dem Chef missfällt. Dies gilt auch für Gefühle und Verhaltensweisen. ● Echtheit und Offenheit d.h. ein ehrliches und offenes Gesprächsverhalten, das dem Gespräch zweckdienlich ist (nicht Offenheit um jeden Preis). ● Flexibilität d.h. der Coach sollte in der Lage sein, auf verschiedene Probleme unterschiedlich zu reagieren und ein Repertoire an Verhaltens- bzw. Handlungsmustern zur Auswahl zu haben. Zum Abschluss noch eine kleine Geschichte: Ein Alleswisser ging zu einem großen Baum und sagte: „Wie dumm Du doch bist, oh Baum! Du weißt weder wie hoch noch wie breit Du bist. Du kennst nicht die Anzahl Deiner Blätter und weißt nicht, wie Deine Früchte schmecken. Auch weißt Du nicht, zu welcher Art Du zählst und welche Pflanzen in Deiner Umgebung wachsen. Ich aber weiß alles über Dich und Dein Umfeld.“ Der Baum überlegte eine Weile und meinte dann: „Es stimmt, ich weiß das alles nicht, aber eines steht fest: Ich bin der Baum, nicht Du!“ 12 nützliche Empfehlungen Hier noch eine kleine Auflistung von nützlichen Verhaltensweisen, wenn Sie ein erfolgreicher Coach sein wollen: 1. Seien Sie neugierig 2. Seien Sie Vorbild 3. Achten Sie auf Ihre eigenen Werte und Einstellungen 4. Kontakt zu den Mitarbeitern herstellen 5. Fragen stellen 6. Halten Sie sich mit Ratschlägen und Empfehlungen zurück 7. Respektieren und wertschätzen Sie Ihre Mitarbeiter 8. Geben Sie Freiräume 9. Alles ist erlaubt MITARBEITERFÜHRUNG T H E M E N B R I E F Seite 12 Aktuelle Empfehlungen zur Vertiefung Wenn Sie das Thema „Die Führungskraft als Coach“ weiter interessiert und Sie das vorhandene Wissen vertiefen wollen, haben Sie mehrere Möglichkeiten dazu. Rudolf Donnert Coaching – die neue Form der Mitarbeiterführung Konflikte bewältigen, Ziele vereinbaren, Mitarbeiter motivieren. 1. Auflage 1998, 144 Seiten, kartoniert, DM 36,00 / sfr 35,00 / öS 263,00, Lexika Verlag ISBN 3-89694-231-X Bernd Wildenmann Professionell Führen Empowerment für Manager, die mit weniger Mitarbeitern mehr leisten müssen, mit Checkups, Training und Diskette. 4. erweiterte Auflage 1999, 336 Seiten, Leinen, DM 98,00 / sfr 98,00 / öS 715,00, Luchterhand Verlag ISBN 3-472-02492-5 Prof. Dr. Ralf D. Brinkmann Mitarbeiter-Coaching Der Vorgesetzte als Coach seiner Mitarbeiter. 2. durchgesehene Auflage 1997, 106 Seiten mit 34 Abbildungen und Tabellen, kartoniert, 1998, DM 22,00 / sfr 20,00 / öS 161,00, Sauer-Verlag ISBN 3-7938-7177-0 Martina Schmidt-Tanger Veränderungs-Coaching NLP im Changemanagement, im Einzel- und Teamcoaching. 2. Auflage 1999, 194 Seiten, kartoniert, DM 38,00, Junfermann Verlag ISBN 3-87387-398-2 Regina Mahlmann Selbsttraining für Führungskräfte Ein Leitfaden zur Analyse der eigenen Führungspersönlichkeit und Anleitung zum persönlichen Change Management. 1. Auflage 248 Seiten, Pappband mit Fadenheftung, DM 68,00, Verlagsgruppe Beltz ISBN 3-407-36338-9 Gregor Schmidt Business Coaching Mehr Erfolg als Mensch und Macher. Auflage 1995, gebunden mit geprägtem Schutzumschlag, 271 Seiten, DM 72,00, 533,00 öS, 72,00 sfr, Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH ISBN 3-409-19187-9 Seminarempfehlungen Mit Coaching mehr erreichen Durch flache Hierarchien und dezentrale Entscheidungswege verantworten und steuern Mitarbeiter ihre Leistungserbringung immer stärker selbst. Diese veränderten Rahmenbedingungen verlangen neue Führungsinstrumente. Coaching ist ein Weg, die Leistung Ihrer Mitarbeiter und Teams durch Stärkung der Leistungsfähigkeit und -bereitschaft zu verbessern. Entdecken und üben Sie Coaching als Ihre Führungskompetenz! Zielgruppe: Geschäftsführer und Führungskräfte Referent: Bernard Badoux, Managing Director der MD Consulting SA Daten: 25.-27.09.2000 oder 04.-06.12.2000 Ort: Panorama Hotel, CH-Feusisberg Preis: sfr 2980.– Weitere Informationen: ZfU Zentrum für Unternehmungsführung AG, Tel. 0041 1 722 85 85, E-Mail: [email protected], www.zfu.ch Einführung von Coaching als Konzept des entwicklungsorientierten Führens im Unter nehmen Der Coaching-Ansatz steht ganz in Beziehung zu den in vielen Unternehmen notwendigen und beabsichtigten Veränderungen in Richtung Empowerment, Selbststeuerungsfähigkeit und Entwicklung des individuellen Serviceverhaltens. In diesem Workshop lernen die Teilnehmer das Coaching-Vorgehen kennen und üben es ein. Außerdem erarbei- ten sie ein Konzept, wie Coaching im eigenen Unternehmen eingeführt werden kann. Zielgruppe: Mitarbeiter von PE-Abteilungen Referent: Dr. Bernd Wildenmann, selbstständiger Berater im Bereich Managementtraining und Personalentwicklung Daten: 12.-14.03.2001 Ort: Baden-Baden Preis: sfr. 2580.Weitere Informationen: Dr. Rolf Th.Stiefel & Partner AG; Tel. 0041-71-2284585 In der nächsten Ausgabe Buchempfehlungen Bewerber erfolgreich auswählen ● Interview mit Alexandra Schlömann von der Gerling Zentrale Verwaltungs-GmbH zum Thema „Potenzialanalyse durch Assessment Center“ ● Neue Trends und Alternativen zum klassischen Vorstellungsgespräch ● Anforderungsprofil zur systematischen Bewerberauswahl ● Fragetechniken in Interviews ● Checklisten zur Durchführung von Vorstellungsgesprächen ● Praxisnahe Buch- und Seminarempfehlungen Der Themenbrief Mitarbeiterführung erscheint monatlich im: FORUM VERLAG HERKERT GMBH, Postfach 13 40, 86408 Mering, Tel. 0 82 33 / 3 81-0, Fax: 0 82 33 / 38 12 22, E-Mail: [email protected], Internet: http://www.forum-verlag.com Bezugspreis Jahresabonnement 248,– DM incl. MwSt. ISSN 1615-9535 · Angaben ohne Gewähr