Informationen zur Sendung vom 9. November 2006 INHALT AMEISEN ALS ERDBEBENSPÜRNASEN ¾ Dickmacher Glutamat ¾ Ameisen - heimliche Geologen? ¾ Warum verschieben sich Kontinente? ¾ Vulkane in Nordbayern ¾ Warum fällt der Apfel vom Baum? Waldameisen haben möglicherweise einen ganz besonderen "Riecher". © SWR AMEISEN ALS ERDBEBEN-SPÜRNASEN Der Geologe Ulrich Schreiber ist einem Phänomen auf der Spur. Waldameisen haben möglicherweise einen Riecher für Orte, an denen sich Erdbeben bilden können. Was zunächst wie Spinnerei klingt, glaubt Ulrich Schreiber in der Natur nachweisen zu können. So entdeckte er zahlreiche Ameisenbauten genau entlang einer Störungslinie in der Eifel – links und rechts davon gab es keine Bauten. Auch im Schwarzwald ist ihm das Phänomen aufgefallen. Daher ist er sich sicher: dies kann kein Zufall sein. Odysso geht der Sache auf den Grund. VON MARCEL WEINGÄRTNER: »Dickmacher Glutamat« W er kennt sie nicht, die Pfunde, die bei manchem ansetzen und einfach nicht mehr runter wollen. Leider gibt es dagegen noch keine Wunderdiät. Trotzdem muss es Gründe dafür geben, dass die einen dick werden und die anderen nicht. Lange Zeit wurde das Fett in der Nahrung für die ExtraPfunde verantwortlich gemacht, doch das scheint nicht zu stimmen, genauso wenig wie die Kohlenhydrate, die auch schon verteufelt wurden. Jetzt gibt es einen neuen Verdächtigen: Glutamat, das offensichtlich in der Lage ist, unsere Hungerbremse im Gehirn außer Kraft zu setzen. Zu diesem Ergebnis kam der Kieler Kinderheilkundler Professor Michael Hermanussen auf der Suche nach einer Antwort auf die Frage, warum dicke Kinder und Erwachsene ständig hungrig sind. Doch seine Untersuchungen zeigten noch etwas anderes: "Die Glutamat-Produktion ist ¾ Adressen, Links & Literatur Odysso ist eine Sendung des vielleicht nicht das Einzige. Wir denken eben auch, dass es der Eiweißkonsum insgesamt sein könnte. Moderne Menschen ernähren sich zunehmend lieber von eiweißreicher Nahrung. Und Eiweiß gilt ja auch als gesund. Man isst eben gerne Eiweiß und Obergrenzen des Eiweißkonsums werden nicht ernsthaft diskutiert." Jährlich 1,7 Millionen Tonnen Glutamat Fleisch, Käse und Tomaten enthalten schon von Natur aus bis zu 20 Prozent natürliches Glutamat, ein Bestandteil von Eiweiß. Dazu kommt künstlich zugesetztes Glutamat, vor allem in asiatischem Essen oder in Fertignahrung. Es ist kein Geschmacksverstärker - obwohl man es fälschlicherweise als solchen bezeichnet. Glutamat ruft auf unserer Zunge die Geschmacksrichtung "umami" oder "deftig, fleischig" hervor. Die zugesetzten Mengen werden Wissensmagazin Odysso – Wissen entdecken Odysso vom 9. November 2006 Seite 2 immer größer: 1,7 Millionen Tonnen Glutamat werden weltweit jährlich produziert - und gegessen! Fettreduziert essen und doch nicht abnehmen? Die Professorin Susanne Klaus vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung bestätigt: "Es ist bekannt, dass Glutamat in experimentellen Situationen dick machen kann. Also wenn man das neugeborenen Ratten injiziert, dann werden sie fett. Das macht man sogar extra im Modell, um fette Ratten zu bekommen. Und das liegt daran, dass Glutamat bestimmte Regionen im Hirn, also im Hypothalamus, zerstört. Und dadurch fressen die Tiere dann mehr und werden dick." Die Studie könnte damit zum ersten Mal erklären, warum viele übergewichtige Menschen in den USA nicht abnehmen, obwohl sie weniger fettreiches essen. Der hohe Anteil an Eiweißen und Glutamat in der Fertignahrung führt zu immer mehr Hunger. Und mehr noch: vor allem fettreduzierte Nahrungsmittel enthalten einen höheren Anteil an Eiweiß und Glutamat. Die Verträglichkeit wurde aber fast nur in asiatischen Ländern getestet. Möglicherweise, so Prof. Hermanussen, seien Ostasiaten, die ja sehr viel Glutamat essen, unempfindlicher gegen diese Substanz als Monosubstanz in der Ernährung. Doch eine Bestätigung für diese These gibt es nicht. Permanentes Hungergefühl durch Glutamat? Allerdings bekamen die Modellratten sehr große Mengen Glutamat gespritzt. Die neuen Studien von Prof. Hermanussen zeigen jetzt aber, dass auch geringe, über längere Zeit über die Nahrung aufgenommene Glutamat-Mengen die gleichen Folgen haben können: Die Tiere werden fresssüchtig und nehmen deutlich zu. Hermanussen vermutet, dass auch beim Menschen langfristig erhöhte Glutamat-Mengen über die BlutHirnschranke ins Gehirn gelangen und den natürlichen Glutamatspiegel im Gehirn verändern. Die Folge: permanentes Hungergefühl. Patienten, die an Übergewicht und ständigem Hunger leiden, gab Hermanussen ein Medikament, das diese Entgleisung eindämmt. Mit Erfolg, wie eine Patientin berichtet: "Nach der Einnahme der Tropfen war das Hungergefühl weg. Ich hab vorher na ja, schon gerne zwei Brötchen zum Frühstück geschafft. Das war gar kein Problem. Und Portionen, wie man sie im Restaurant eben kennt. Und nachdem ich die Tropfen genommen habe, war es gar kein Problem, auch mal mit einem Möhrchen oder Gürkchen klarzukommen, weil man nicht das Gefühl hatte, man muss so einen Berg essen, um satt zu sein." Eine brisante Situation, denn Glutamat ist in unserer täglichen Kost allgegenwärtig. Künstlich zugesetztes Glutamat findet man auf der Zutatenliste unter den Zusatzstoffen der Nummern E620 bis E625. "Das Problem ist ein bisschen, dass die Mengen nicht angegeben sind. Also sie sind nicht verpflichtet, anzugeben, wie viel Glutamat zugesetzt ist. Aber wenn man da Bedenken hat, sollte man Sachen vermeiden, wo diese Nummern angegeben sind", so Prof. Klaus. Eiweißkonsum einschränken Michael Hermanussen geht noch etwas weiter: "Also wir haben einfach bisher wenig Informationen und ich bin vorsichtig und würde sagen: sofern es keine Notwendigkeit gibt, so viel Eiweiß zu essen - und diese Notwendigkeit sehe ich zur Zeit nicht würde ich empfehlen, den Eiweißkonsum auf ein Maß einzuschränken, von dem wir sicher wissen, dass es ungefährlich ist. Und das ist ja auch notwendig, wir brauchen unser Eiweiß." Einige Diäten empfehlen sogar, noch mehr Eiweiß zu essen. Was früher Mangelware war, könnte heute für viele Menschen in eine Sackgasse aus Übergewicht und deren Folgekrankheiten führen. VON AXEL WAGNER: »Ameisen – heimliche Geologen?« A meisen richten ihre Bauten stets nach Brüchen in der Erdkruste, so genannten "Störungslinien" aus. Diese spektakuläre Entdeckung machte der deutsche Geoforscher Prof. Ulrich Schreiber von der Universität Duisburg-Essen. Er will die Bauten der Waldameisen als Indikatoren für geologische Aktivitäten wie Vulkanismus nutzen. Was ist dran an Schreibers Ideen? Odysso geht der Sache auf den Grund. Der Geologe Ulrich Schreiber ist einem Phänomen auf der Spur. Ein Phänomen, das auch für ihn als gestandenen Wissenschaftler fast unglaublich scheint: Waldameisen haben möglicherweise einen Riecher für Orte, an denen sich Erdbeben bilden können. Was zunächst wie Spinnerei klingt, glaubt Ulrich Schreiber in der Natur nachweisen zu können. In der Verlängerung eines Quarzfelsens führt er uns durch das Dickicht zu einem Beleg seiner ungewöhnlichen Theorie, eine Ameisenhaufen. Ameisen nutzen die Störungszonen "Die Teufelsley, ein typischer Quarzfelsen, befindet sich jetzt 200 Meter in nördlicher Richtung von hier. Wir können das mit dem Kompass sehr genau einpeilen und die Verlängerung der Teufelsley, ist eine Störungszone, die höchstwahrscheinlich gasführend ist und die Ameisen nutzen diese Störungszone", erklärt Schreiber. Unter "Störungszonen" verstehen die Wissenschaftler unterirdische Risse in der Erdkruste, die sich bei einem Erdbeben gegeneinander verschieben können. In Form von Felsformationen wie der Teufelsley in der Eifel treten sie ans Tageslicht. Aus der Vogelperspektive wird dieses Riss-System durch die Bauten der Ameisen deutlich. Waldameisen scheinen ihre Bauten in einer Linie entlang solcher Störungszonen zu errichten, wie eine Wissensmagazin Odysso – Wissen entdecken Odysso vom 9. November 2006 Karte von Ulrich Schreiber aus Nordrheinwestfalen zeigt. Jedes rote "A" steht auf der Karte für ein Ameisennest. Und tatsächlich liegen alle Nester entlang einer solchen geologischen Störung. Auch im Südschwarzwald wird die Beziehung deutlich: Die grün markierten Nester orientieren sich an den blau eingezeichneten geologischen Linien. Links und rechts davon ist kein Nest zu finden. Ulrich Schreiber ist sich sicher, dass seine Beobachtungen kein Zufall sind. Doch warum siedeln die Winzlinge entlang der Risse in der Erdoberfläche? Und - wie können sie diese überhaupt wahrnehmen? Gase aus tieferen Erdschichten Einen Hinweis liefert die Teufelsley. Sie ist durch eine tiefe Spalte geteilt, wie alle Störungslinien. Und diese geologische Besonderheit hat eine ganz typische Eigenschaft. Durch die Spalten steigen Gase aus tieferen Erdschichten auf. Nutzen die Ameisen womöglich diese Gase, um ihre Bauten an den Spalten zu orientieren? Dazu müssten sie in der Lage sein, die Gase wahrzunehmen. Die Forscher wollen das überprüfen. Über einem bekannten Riss in der Erde nimmt das Geologen-Team Gasproben. Im Labor soll später überprüft werden, ob die Ameisen auf das Gas reagieren. Wenn das Experiment gelingt, wäre das ein weiterer Beleg dafür, dass Ameisen erdbebengefährdete Zonen erkennen können. Und für die Geologen noch interessanter: Ameisenhaufen könnten vielleicht sogar bisher unbekannte Gasvorkommen anzeigen. "Wir können erst mal nur das Helium messen", sagt Schreiber, "das Helium ist für uns ein Anzeiger, für die Störung. Wir wissen nicht, was die Ameisen letztendlich auf der Störung machen. Es kann sein, dass sie andere Gase nutzen, oder sonst irgendeinen anderen Vorteil haben." Seite 3 Geruchs-Experiment für die Ameisen Gemeinsam mit dem Biologen Stefan Hetz von der HumboldtUniversität Berlin wollen die Geologen Waldameisen mit den Gasproben aus dem Freiland konfrontieren. Ein paar hundert "Probanden" haben sie dazu in die Hauptstadt mitgebracht. Und auch die Luft aus der geologischen Störung ist im Gepäck. Für den Versuch müssen ein paar Ameisen ihr nadeliges Zuhause gegen eine Kammer aus Plexiglas austauschen. Am Computer soll sichtbar werden, was im Inneren der Kammer passiert. Denn die wird in einen hermetisch abgeschlossen Raum gestellt. Nur ein kleiner Schlauch verbindet die Tiere mit der Außenwelt. Durch ihn wird die Gasprobe zu den Ameisen geleitet. Ein paar Minuten vergehen, dann zeigt sich ein erstes Ergebnis. Die Aktivität der Ameisen sinkt kurz nach der Zufuhr des Gases. Das Gas ist weder betäubend noch giftig für sie. Warum werden sie also für einen kurzen Moment ruhiger? Ist das vielleicht eine positive Reaktion auf das Gas? Können die Ameisen tatsächlich die Störungslinien riechen? Durchaus möglich … "Es ist durchaus möglich, dass Ameisen mit ihren Antennen gasförmige Stoffe in der Luft aufnehmen können und zwar in einer unendlich kleinen Verdünnung. Und das ist durchaus möglich, dass die nach diesen Störungslinien suchen", sagt Biologe Hetz. Wir fassen zusammen: Karten mit eindeutigen Belegen! Gase, die aus dem Erdreich kommen und: Insekten mit erstaunlichen Fähigkeiten. Warum die Ameisen Ihre Nester entlang von Rissen in der Erdkruste bauen, bleibt vorerst ein Rätsel. Aber womöglich hält die Natur hier noch weitere Überraschungen für die Forscher bereit. VON LISA ERZINGER: »Warum verschieben sich Kontinente?« 2 003 bebte in der Türkei wieder einmal die Erde. Das Epizentrum lag in unmittelbarer Nähe der Stadt Bingöl im Zentrum des Landes. Bei dem Beben starben über 150 Menschen, die Zahl der Verletzten wurde im Nachhinein auf über 500 geschätzt. Dass es im Bereich der Türkei häufiger bebt hat einen Grund, denn Mitten durch das Land verläuft die Nahtstelle zwischen zwei tektonischen Platten, der Eurasischen und der Anatolischen Platte. Die Ursachen für Erdbeben liegen unter uns, im Inneren der Erde. Die feste Kruste unserer Erde ist nicht etwa ein großes Ganzes, sondern eher ein Mosaik aus einigen großen und vielen, vielen kleinen Platten. Die Kontinentalplatten treiben auf dem flüssigen Erdinneren, dem Magma. Sie stoßen aneinander, treiben auseinander und tauchen untereinander ab. Bewegt werden die Platten durch Temperaturströme im Erdinneren. Die heißen Ströme steigen auf, kühlen sich ab und fallen wieder nach unten. Auf diese Weise gleicht die Erde ihren Temperaturunterschied aus. Wohin sich die Platten dadurch bewegen ist aber nicht vorhersehbar. Eindeutig ist nur, dass sie es tun. Enorme Spannungen bauen sich auf Die Kontinentalplatten verschieben sich aber nicht erst seit kurzer Zeit, sondern schon seit vielen Millionen Jahren. So entwickelte sich in den letzten 250 Millionen Jahren aus einem einzigen Riesenkontinent die heutige Verteilung der Kontinente. An den Grenzen zweier Kontinentalplatten bauen sich durch die konstante Bewegung immer wieder enorme Spannungen auf. Und im Moment eines Bruchs entladen sie sich dann in Erdbeben. Ähnlich ist es auch mit Vulkanausbrüchen. Sie haben ihre Ursache e- Wissensmagazin Odysso – Wissen entdecken Odysso vom 9. November 2006 benfalls im Erdinneren. Verantwortlich für die gigantischen Feuerspucker sind Verschiebungen von Kontinentalplatten. Deshalb findet man Vulkane auch überwiegend an der Grenze zweier Platten. Für uns sichtbar sind Vulkane vor allem in so genannten Subduktionszonen, wo eine Platte unter einer anderen abtaucht. Das Gestein der abtauchenden Platte erwärmt sich, wird flüssig und kann in Schwächezonen bis zur Eroberfläche steigen. Magma durchschweißt die Erdkruste Nur ganz wenige Vulkane befinden sich nicht an Plattengrenzen. Bei ihnen dringt Magma aus großen Tiefen empor und durchschweißt die Erdkruste punktuell an einer Stelle. Diesen Hot-Spot-Vulkanismus kennt man beispielsweise von der Inselgruppe Hawaii. Je weiter das Wissen um die Prozesse in der Erde wächst, desto besser können Wissenschaftler Frühwarnsysteme für Erdbeben und Vulkanausbrüche entwickeln. Und vielleicht kann man sich in Zukunft dann besser auf diese Naturkatastrophen vorbereiten. VON FRANK BÄUMER: »Vulkane in Nordbayern« J edes Jahr spucken über 50 Vulkane Feuer und Rauch: Pinatubo, Merapi, Popocatepetl, und wie sie alle heißen - auf den Philippinen, auf Java oder in Mexiko. Das ist weit weg. Doch Geologen sind in einem Gebiet nahe der deutsch-tschechischen Grenze auf Spuren gestoßen, die nur einen Schluss zulassen: Auch unter uns brodelt es gewaltig. Der "Rauhe Kulm" in der Oberpfalz ist ein beliebtes Ausflugsziel. Dabei denkt kaum jemand an die geologische Vergangenheit des markanten Berges: ein Vulkan, der nie zum Ausbruch kam. Ebenfalls in der O- Seite 4 berpfalz, nahe dem Städtchen Neualbenreuth, befindet sich, versteckt in einem Tal, ein kleiner, aber mit 300.000 Jahren sehr junger Vulkan: Der "Eisenbühl". Wissenschaftler versuchen derzeit zu rekonstruieren, was sich einst in der Region zugetragen hat und wie der Vulkanismus dort begann. Fest steht: Oft kündigen sich Vulkanausbrüche durch Erdbeben an. Werden Vulkane wie der Eisenbühl jemals wieder ausbrechen? Aktivität von sogenannten Fluiden fest - heiße Gas- und Flüssigkeitsgemische, die durch die Spalten im Gestein dringen. Der Grund für diese Auffälligkeiten könnte eine große Magmakammer sein, die sich in Richtung Oberfläche bewegt. Die aufsteigenden Fluide wirken dabei wie ein Schmiermittel in den Gesteinschichten, die bei Spannungen in der Erdkruste so leichter nachgeben. Schwarmbeben sind die Folge. Das Zentrum der Erdstöße liegt im deutschtschechischen Grenzgebiet Ein weiterer Schlüssel zum Rätsel in der Tiefe Immer wieder wird die Gegend von Erdbeben heimgesucht. Das Zentrum der Erdstöße liegt im deutschtschechischen Grenzgebiet. Bei herkömmlichen Erdbeben entladen sich in einem großen, ruckartigen Stoß plötzlich Spannungen. Dann folgen weitere, schwächere Nachbeben im Abstand von mehreren Stunden oder Tagen. Die Beben in der Oberpfalz verlaufen anders- es gibt kein dominantes Hauptbeben, sondern viele kleine Erdstöße - bis zu tausend an einem Tag. Schwarmbeben nennen Forscher dieses Phänomen. Ein weiterer - und entscheidender Schlüssel zu dem Rätsel in der Tiefe liegt in einem unheimlichen Moor in der Nähe des tschechischen Kurortes Franzensbad. Ein seltsames Blubbern erfüllt den Wald. Gasaustrittslöcher, so genannte "Mofetten", verstecken sich zwischen den Sträuchern. "Das Gas", erklärt Dr. Karin Bräuer vor Ort, "besteht aus fast reinem CO2 und kommt aus fast 30 Kilometer Tiefe. Das ist Gas, was fast unverändert aus dieser Tiefe bis an die Erdoberfläche aufgestiegen ist. Das heißt für uns, der Gastransport muss auf Kanälen, also sehr schnell erfolgt sein." "Solche Schwarmbeben treten im Zusammenhang mit Vulkanismus auf, denn die Spannung, die sich in der Erde angesammelt hat, wird in kleinen Portionen abgebaut. Und das geschieht vor allen Dingen dann, wenn die Krustenteile sich in kleinen Portionen gegeneinander bewegen", erklärt Dr. Siegfried Wendt von der Erdbebenwarte Collm. Braut sich in der Erdkruste unter dem Dreiländereck etwa ein Vulkan zusammen? Dieses reine Gas liefert den Forschern wichtige Daten. Das giftige CO2, an dem die Tiere in den Tümpeln ersticken, ist dabei relativ uninteressant. Die Suche gilt vor allem einem Heliumisotop, dem "Helium3", das überwiegend im Erdmantel vorkommt. Der Anteil dieses sogenannten "Mantelheliums" in dem Gas könnte Aufschluss darüber geben, ob sich tatsächlich Magma zur Erdoberfläche bewegt. Um der Sache auf den Grund zu gehen, muss man tiefer in die Erde vordringen. Die kontinentale Tiefbohrung bei Windischeschenbach sollte Licht ins Dunkel der Tiefe bringen. Mitte der 90er Jahre wurde bei diesem Forschungsprojekt der Aufbau des Erdmantels untersucht. Bis auf eine Tiefe von über neun Kilometern drangen die Bohrmeißel vor. Auch dort stieß man auf merkwürdige Hinweise. Es war heißer, als ursprünglich angenommen. Zudem stellte man eine ungewöhnlich hohe Je tiefer die Forscher in den Sumpf eindringen, desto stärker wird das Blubbern. Sie sind am Ziel. Bublak "das Blubbernde" - nennen die Einheimischen den Quellteich. Den Atem aus der Tiefe fangen die Wissenschaftler mit Hilfe einer sogenannten "Gasmaus" ein. Beweismittel aus einer Region, die kein Bohrer jemals erreichen kann. Finden sich hier hohe Anteile von Mantelhelium, ist das ein deutliches Anzeichen für aufsteigendes Magma. Wissensmagazin Odysso – Wissen entdecken Odysso vom 9. November 2006 Solche Werte bislang nur vom Ätna bekannt Im Labor werden die Gasbestandteile aus der Probe getrennt. Dazu wird das überschüssige CO2 "abgefroren". Das Helium bleibt bei diesem Vorgang gasförmig. Die Heliumisotopenwerte, welche die Wissenschaftler gefunden haben, sind das höchste, was man in Mitteleuropa bisher überhaupt gemessen hat. "Und eigentlich kennt man diese Werte bislang nur vom Ätna als einem aktiven Vulkan", verdeutlicht Karin Bräuer. Gaswerte wie beim Ätna! Die Entdeckung ist eine geowissenschaftliche Sensation. Fließen jetzt etwa bald wieder Lavaströme durch die Oberpfalz? Doch Dr. Bräuer beruhigt: "Also man kann nur sagen: es ist offensichtlich eine Aktivität vorhanden - eine magmatische Aktivität, also Magma bewegt sich. Das heißt aber nicht, dass in absehbarer Zeit ein Vulkanausbruch zu befürchten ist." Es können noch Tausende von Jahren vergehen, bis das Magma wieder die Oberfläche erreicht. Was die Bewohner jetzt schon zu spüren bekommen, sind Erdbeben. Lebenszeichen der unheimlichen Kräfte in der Tiefe, die wieder zu neuem Leben erwachen. Seite 5 die garantiert nicht. Und bei näherer Betrachtung fällt auf: die kleinen Äpfel sind alle irgendwie lädiert angefressen, faulig oder sie haben einen Wurm. Der Apfelbaum trennt sich also offensichtlich von kranken Früchten. Aber woher weiß er, welche fällig sind? Der Apfel "redet“ mit dem Baum Er muss irgendwie ständig über den Zustand seiner Früchtchen informiert sein. Und tatsächlich: Biologen haben herausgefunden, dass Baum und Apfel miteinander kommunizieren – und zwar mit Hilfe von Gas. Wird der Apfel verletzt, reagiert das Fruchtfleisch mit dem Sauerstoff in der Luft und produziert das Gas Ethen – früher als Äthylen bekannt. Wie es wirkt, kann jeder in einem kleinen Experiment selbst nachvollziehen. im Gegenzug ein Hormon zurück: Fachleute kennen es als Abscisinsäure. Das Hormon bewirkt, dass sich zwischen Zweig und Stiel Korkzellen bilden. Diese Korkzellen lassen keine Nährstoffe mehr durch, werden immer dicker und reißen auf eine Sollbruchstelle. Der Baum steuert also genau, wann aus seinen Früchten Fallobst wird. Ein bemerkenswertes Beispiel für Arterhaltung. Denn die Kerne kranker Früchte würden ohnehin nicht keimen. Der Baum spart Kraft für die gesunden Früchte, und die wirft er erst ab, wenn deren Kerne reif und keimfähig sind. Denn keimen können sie nur auf dem Boden - nicht am Baum. Ein angeschnittener Apfel wird mit einem gesunden Apfel in eine Plastiktüte gelegt, zum Vergleich daneben ein einzelner gesunder Apfel in eine andere Tüte. In der "Zweier-Tüte" lässt das ausströmende Gas des verletzten Apfels beide Äpfel in Rekordtempo reifen. Sie verfärben sich sehr schnell, nach nur vier Tagen sind beide vergammelt. Der einzelne gesunde Apfel bleibt dagegen wochenlang frisch. VON UWE LEITERER: Alltagswissen: »Warum fällt der Apfel vom Baum?« F allobst – auf keine Frucht passt dieser Begriff besser als auf den Apfel. Doch warum fallen die Früchte vom Baum und bleiben nicht einfach hängen? Typische Antwort: die werden halt größer und irgendwann zu schwer für die Zweige. Leider ist sie falsch. Odysso zeigt, welche komplizierten Mechanismen dazu führen, dass der Baum den Apfel regelrecht abstößt. Allerdings: im Gras liegen nicht nur dicke reife Äpfel. Auch kleine unreife hat es erwischt. Zu schwer waren Ohne Ethen fällt der Apfel nicht Für die Äpfel am Baum bedeutet das: Solange sie unreif und unversehrt sind, ist der Ethengehalt niedrig, sie bleiben fest hängen. Wer solch einen Apfel pflücken will, hat gleich den ganzen Zweig in der Hand, die Verbindung zwischen Stiel und Ast ist nahezu unzerstörbar. Mit Ethen gibt es Fallobst Ist der Apfel jedoch verletzt (Schale angepickt, angefressen) oder reif, dann produziert er viel Ethen. Das Gas strömt durch den Stiel in den Zweig zu den Blättern. Die schicken Wissensmagazin Odysso – Wissen entdecken Odysso vom 9. November 2006 Adressen Prof. Michael Hermanussen Christian-Albrechts-Universität zu Kiel Klinik für Allgemeine Pädiatrie Schwanenweg 20 D-24105 Kiel E-Mail: [email protected] Prof. Dr. Susanne Klaus Deutsches Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIFE) Arthur-Scheunert-Allee 114-116 D-14558 Nuthetal Telefon: 033 - 20088-0 Telefax: 033 - 20088-444 [www.dife.de] Dr. Siegfried Wendt Geophysikalisches Observatorium Collm D-04779 Wermsdorf Telefon: 03435 - 929474 Seite 6 Dr. Karin Bräuer UFZ-Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle GmbH Permoserstr. 15 D-04318 Leipzig Wikipedia – Äpfel Hier finden Sie enzyklopädisches Wissen rund um die Gattung Apfel (Malus), die zur Familie der Rosengewächse (Rosaceae) gehört. Telefon: 0341 - 235-2278 Telefax: 0341 - 235-2649 E-Mail: [email protected] [www.ufz.de] Der Bio-Gärtner Auf dieser Seite finden Sie umfangreiche Informationen zum Thema "Apfelbäume", wie etwa zu den anfallenden Arbeiten und die Pflege der Bäume. Links SWR2: "Genuss aus der Retorte?" Mehr zum Thema Glutamat kann man in dem Manuskript "Genuss aus der Retorte? - Aromen und Geschmacksverstärker in Lebensmitteln" der SWR-Hörfunkreihe SWR2 Wissen nachlesen. Rund um den Apfel Das Schul-Umwelt-Zentrum (SUZ) bietet auf diesen Seiten Informationen "rund um den Apfel". Unter anderem finden Sie hier eine "Kulturgeschichte des Apfels". Die Flucht der Ameisen Hier stellt Ulrich Schreiber sein Buch vor, das die Forschungen an den Zusammenhängen zwischen Ameisennestern und der Geologie zu einem spannenden Roman verknüpft. Erstmals Anzeichen für magmatische Aktivität in Mitteleuropa beobachtet Mehr über die magmatische Aktivität in Mitteleuropa kann man in der Pressemitteilung des Umweltforschungszentrums nachlesen. E-Mail: [email protected] Unsere nächste Sendung kommt am 16. November 2006: K o n t a k t : KRIEG DER ZAHNBÜRSTEN SÜDWESTRUNDFUNK (SWR) Flexibler Bürstenkopf, intelligente Borsten, Zickzack-Federung in FS-Wissenschaft und Bildung rutschfestem Griff - Zahnbürsten von heute sind keine simplen Redaktion Odysso Gebrauchsgegenstände mehr, sondern Hightech-Geräte. In den For- 76522 Baden-Baden schungslabors der großen Hersteller tüfteln Wissenschaftler an immer neuen Ideen, um die Bürsten im Kampf gegen Karies, Zahnbelag und E-Mail: [email protected] Parodontose aufzurüsten. Dabei ist zwischen den Herstellern ein bizar- Internet: rer Kampf um die Gunst der Bürstennutzer entbrannt. Doch was ist www.swr.de/odysso/ dran, an den Superbürsten? Sind Power-Borsten und Kugelkopf wirklich Meilensteile der Zahnhygiene, oder nur Marketing-Versprechen? Odysso hat getestet, was man für die richtige Zahnpflege wirklich braucht und zeigt Kurioses aus der Geschichte der Kariestherapie. Wissensmagazin Odysso – Wissen entdecken