Lehrstuhl und Institut für Arbeitswissenschaft, RWTH Aachen Personalmanagement Lehreinheit 01 Einführung in das Personalmanagement Sommersemester 2006 Priv.-Doz. Dr. - Ing. Johannes Springer Marie-Christine Stemann M.A. Lehrstuhl und Institut für Arbeitswissenschaft Bergdriesch 27 52062 Aachen Tel. 0241 80 99 454 email: [email protected] © Lehrstuhl und Institut für Arbeitswissenschaft, RWTH Aachen Definition Personalmanagement Das Management von Personal ist die systematische Analyse, Bewertung und Gestaltung aller Personalaspekte eines Unternehmens. Hierzu zählen Personalbestände und -bedarfe, Qualifikationen, Kostenkalkulierungen, rechtliche Bedingungen des Personaleinsatzes, der Beurteilung und Führung von Mitarbeitern oder andere gesellschaftliche Gesichtspunkte. vgl. Scholz 1994 © Lehrstuhl und Institut für Arbeitswissenschaft, RWTH Aachen 1- 2 Personal, also die Mitarbeiter, ist heute die erfolgskritische Ressource eines Unternehmens. Unternehmenswerte bestimmen sich nach der Qualität des beschäftigten Personals. Unternehmensstrategien sind ohne entsprechendes Personal nicht umsetzbar, geeignetes Personal ist in einigen Berufsfeldern nur schwer oder gar nicht zu bekommen. Dem systematischen Management von Personal kommt daher in einem Unternehmen eine für das Überleben der Unternehmung strategische Bedeutung zu. Diese Bedeutung verstärkt sich bei Betrachtung der Kosten eines Unternehmens, die sich aus dem Personalmanagement ergeben. Man ist bemüht, sowohl Einstellungs-, als auch Fluktuationskosten möglichst gering zu halten. Neben dem Kostenaspekt spielt ebenfalls eine gesellschaftlicher Verantwortung im Unternehmen bezüglich einer verträglichen Personalpolitik eine entscheidende Rolle. Rahmenbedingungen des Personalmanagements Unternehmen Betriebliches Personalmanagement Umfeld © Lehrstuhl und Institut für Arbeitswissenschaft, RWTH Aachen Mitarbeiter 1- 3 Das heutige betriebliche Personalmanagement unterliegt einer Vielzahl von Rahmenbedingungen. Diese werden durch Entwicklungen in den Unternehmen selbst, durch individuelle Faktoren und durch Umfeld- bzw. gesellschaftliche Rahmenbedingungen beeinflusst. Eine genauere Aufschlüsselung dieser Rahmenbedingungen werden im folgenden erläutert. Rahmenbedingungen des Personalmanagements Neue Organisationsformen Unternehmensziele/-strategien Unternehmenskultur Neue Technologien Unternehmen Qualitätspolitik Globalisierung Personalkosten Personalbedarf Betriebliches Personalmanagement © Lehrstuhl und Institut für Arbeitswissenschaft, RWTH Aachen 1- 4 Ein Vielzahl neuer Organisationsformen und –konzepte führt in Unternehmen ständig zu neuen Anforderungen an das Personalmanagement. Auch Maßnahmen zur Qualitätspolitik, setzen eine Vielzahl von Ansprüchen an das Personalmanagement eines Unternehmens. So ist bspw. eine systematische Personalentwicklung ein Messkriterium in Modellen zur Bewertung der Unternehmensqualität. Veränderungen der Unternehmenskultur, wie bspw. hin zu einer vollständigen (internen wie auch externen) Kundenorientierung stellen ebenfalls eine Fülle an Erwartungen an das Personal eines Unternehmens. Veränderungen in den Unternehmenszielen und –strategien bleiben nicht ohne Auswirkungen auf die Mitarbeiter. So hatte bspw. die Entscheidung der Firma Mannesmann, sich von einem Stahl- und Maschinenbauunternehmen zu einem Telekommunikations- und Dienstleistungsunternehmen zu entwickeln, massive Auswirkungen auf Mitarbeiteranforderungen und Personalbedarfe. Der Einsatz neuer Technologien verändert in aller Regel auch Personalstrukturen innerhalb eines Unternehmens. Ob Rationalisierungseffekte oder neue Produktionsmöglichkeiten, mit neuen Technologien entstehen neue Anforderungen an das Personal und bisherige Aufgaben fallen weg oder ändern sich. Die zunehmende Internationalisierung und Globalisierung von Unternehmen verändert die Anforderungen an die Mitarbeiter. Die Personalstruktur eines Unternehmens ändert sich bspw. dahingehend, dass eine definierte Anzahl von Führungspositionen international zu besetzen sind. Kulturell etablierte Verhaltensmuster müssen angepasst, neu vereinbart und erlernt werden. Rahmenbedingungen des Personalmanagements Gesellschaft Politik Betriebliches Recht Personalmanagement Umfeld Wertewandel Marktdynamik Konkurrenzsituation Arbeitsmarkt Kundenforderung © Lehrstuhl und Institut für Arbeitswissenschaft, RWTH Aachen 1- 5 Die in vielen Bereichen hohe Dynamik von Märkten und Konkurrenzbeziehungen zwingt Unternehmen, entsprechend flexible Konzepte zur Gestaltung von und Reaktion auf Marktanforderungen zu entwickeln. Diese schließen in hohem Maße auch Aufgaben des Personalmanagements mit ein. Die Tarifpolitik, rechtliche Rahmenbedingungen bspw. zur Arbeitszeit, zum Arbeitsrecht, oder auch politische Diskussionen beeinflussen ebenfalls die betriebliche Personalarbeit. Unternehmen beteiligen sich an diesen Diskussionen entweder als Unternehmen selbst, oder im Rahmen von Verbänden. Gesellschaftliche Veränderungen führen dazu, dass Arbeitskräfte in bestimmte Bereiche streben, in anderen dagegen fehlen. Beispiele dafür sind Banken und Versicherungen auf der einen, spezielle Industriebranchen wie bspw. die Elektroindustrie auf der anderen Seite. Bedingungen des Arbeitsmarktes, die Verschärfung des Werbens um Mitarbeiter mit spezifischen (Engpaß-) qualifikationen, Personalengpässe im Bereich innovativer Technologien bei gleichzeitig hohen Arbeitslosenzahlen, stellen für viele Unternehmen ein Hindernis beim Umsetzen unternehmens-strategischer Maßnahmen dar. Die Auswahl geeigneter Mitarbeiter und das Halten qualifizierter Mitarbeiter ist stellenweise überlebenskritisch. Der zunehmende Einsatz von Informations- und Kommunikationssystemen zur Unterstützung aller Prozesse im Unternehmen führt zu einer Informatisierung des Personalmanagements auf allen Ebenen. So werden im Personalmanagement selbst Informationssysteme eingesetzt, um die Vielzahl von Informationen zu verwalten, auszuwerten und Maßnahmen abzuleiten. Rahmenbedingungen des Personalmanagements Betriebliches Personalmanagement Qualifikationsprofile/ Leistungspotential Mitarbeiter Werte Motive Persönliche Entwicklungsziele Anforderung an Arbeitsplatzgestaltung Informationsbedarf © Lehrstuhl und Institut für Arbeitswissenschaft, RWTH Aachen 1- 6 Das verstärkte Bedürfnis des Menschen nach Selbstverwirklichung in Beruf und Freizeit (vgl. z.B. Scholz 1994, S. 322), damit einhergehend veränderte Werte, Einstellungen und Ziele in Bezug auf Arbeitszeitflexibilität, Einsatzflexibilität und die persönliche Entwicklung, bedeutet für die Personalarbeit einerseits zusätzliche Anforderungen an den Personaleinsatz und die Personalentwicklung. Zum anderen steigen die Anforderungen in Bezug auf die Erhaltung des Personals, wenn dieses, wie während Kindererziehungszeiten, für längere Zeiträume mit unterschiedlicher Intensität im Unternehmen arbeitet. Insbesondere Führungs-systeme müssen sich auf diese veränderten Mitarbeiterbedürfnisse einstellen. Ein Unternehmen ist auf die Qualifikation und die Potentiale seiner Mitarbeiter angewiesen. Hier kann einerseits auf Qualifikationen, die im Rahmen gesellschaftlich reglementierter Bildungsprozesse erworben wurde gesetzt werden. Andererseits sind diese aber auch vom Unternehmen selbst zu entwickeln bzw. zu fördern. Hiermit einher geht die zunehmende Erkenntnis von Unternehmen, sich in gesellschaftlichen Bildungsprozessen zu engagieren, bspw. durch Sponsoring, in “Aufsichtsgremien” von Bildungsinstitutionen, wie auch in klassischen Feldern betrieblicher Ausbildung. Zunehmend nicht-fachliche Leistungspotentiale wie soziale und kommunikative Kompetenzen spielen ebenfalls eine Rolle. Die Anforderungen und Ansprüche der Mitarbeiter an den Arbeitsplatz und das Arbeitsumfeld in einem Unternehmen sind für das Personalmanagement ein wichtiger Anlass, Arbeitsgestaltung zu betreiben. So entscheiden sich Mitarbeiter nicht selten für Unternehmen deshalb, weil Arbeitsplätze individuell gestaltbar sind, ein Unternehmen eine offene Unternehmens- und Informationspolitik betreibt etc. Übersicht Entwicklung des Personalwesens II. Institutionalisierung „Anpassung des Personals an organisatorische Anforderungen“ c ab I. Bürokratisierung „Kaufmännische Bestandspflege der Personalkonten“ bis ca. 1960 ab ca. 1960 a IV. Ökonomisierung „Anpassung an veränderte Umweltbedingungen; Effektivität“ ab ca. 1970 0 98 .1 ab ca. 1 990 III. Humanisierung „Anpassung der Organisation an die Mitarbeiter; Effizienz“ V. Intrapreneuring „Mitarbeiter sind die wertvollste und sensitivste Ressource“ © Lehrstuhl und Institut für Arbeitswissenschaft, RWTH Aachen 1- 7 Betrachtet man die historische Entwicklung des Personalmanagements können in Anlehnung an Wunderer (1990) fünf Phasen identifiziert werden, die durch unterschiedliche Philosophien geprägt sind. Über diese fünf Phasen hat sich eine Entwicklung von der Verwaltung von Personalakten zu unternehmerischem Mitdenken, Mitwissen, Mithandeln und Mitverantworten in allen wesentlichen Unternehmensentscheidungen vollzogen (Scholz 1994, S. 24). Die Verantwortung für das Personalmanagement wird heute weit weniger einzelnen zentralen Stellen im Unternehmen (z.B. Personalabteilung, Weiterbildungsbeauftragten) zugeschrieben; Personalmanagement wird vielmehr als gesamtunternehmerische Aufgabe verstanden, für deren Erfüllung letztlich alle Organisationsmitglieder verantwortlich sind. Themenbereiche der Zeitschrift „Personalführung“ 1987-91 1992-96 1997 Personalentwicklung 14% 21% 20% Personalführung 17% 14% 15% Personalkosten 10% 6% 12% 8% 2% 12% 12% 13% 9% Personalmarketing 3% 9% 7% Sonstiges 8% 4% 6% Internationales PM 5% 9% 5% Wissensmanagement und TQM - 8% 4% Personalorganisation - 3% 3% 16% 1% 3% Personalfreisetzung 1% 4% 1% Personalbeschaffung 2% 3% 1% Personalcontrolling 2% 2% 1% Personalbedarf 2% 1% 1% EDV im Personalbereich Personaleinsatz Arbeitsrecht © Lehrstuhl und Institut für Arbeitswissenschaft, RWTH Aachen 1- 8 Themenbereiche der Zeitschrift „Personalführung“ 1987-1997 (Scholz 2000, S.35) Die Personalentwicklung taucht hier als wichtigstes Thema auf! Übersicht des Personalmanagements Personalmarketing & -beschaffung Personalauswahl EHRM Personalkosten Internationales PM Personalbestandsanalyse Personalbedarfsanalyse Personalentwicklung Personalfreisetzung Personalveränderungsmanagement Personaleinsatz Personalbeurteilung © Lehrstuhl und Institut für Arbeitswissenschaft, RWTH Aachen Personalführung Personalerhaltung 1- 9 Die Aufgaben eines Personalwesens sind in Unternehmen äußerst vielschichtig. Personalbestände müssen quantitativ und qualitativ erfasst werden. Bei der Personabedarfsermittlung ist unter einer gegebenen Aufgabenstruktur und –menge zu ermitteln, wie viele Mitarbeiter welcher Qualifikation zur Erledigung benötigt werden. Aus einem qualitativen wie auch quantitativen Vergleich von Personalbeständen und –bedarfen wird kontinuierlich ermittelt, in welcher Form die Bestände verändert werden müssen, damit die Bedarfe befriedigt werden können. Kontinuierlich ist in der Regel eine (qualitative) Veränderung des Personalbestandes notwendig. Dies wird über Personalentwicklungsmaßnahmen erreicht, mit denen der vorhandene Personalbestand so weiterentwickelt wird, dass er veränderten Anforderungen gerecht wird. Zeigt der Personalbestand eine Unterdeckung im Vergleich zum Personalbedarf, so muss über verschiedene Maßnahmen des Personalmarketings und der Personalbeschaffung neue Mitarbeiter für das Unternehmen akquiriert werden. Zeigt der Personalbestand eine Überdeckung im Vergleich zum Personalbestand, so müssen Personalkapazitäten freigesetzt werden. Dies beinhaltet auch eine Vielzahl von Maßnahmen zur Flexibilisierung des Personaleinsatzes, bspw. über flexible Arbeitszeitmodelle. Personalführung und entsprechende Führungssysteme, Führungskulturen und Führungsstile werden durch das Personalmanagement mitgeprägt. Direkt damit einher geht die Beurteilung und Bewertung von Personen, bspw. im Hinblick auf die Festsetzung von Anreizsystemen oder die Vereinbarung von Weiterentwicklungsmaßnahmen. Wenn Mitarbeiter das Unternehmen verlassen, so ist dies in der Regel nicht nur ökonomisch ein Verlust für das Unternehmen, dadurch können auch wichtige Unternehmensprozesse nachhaltig gefährdet werden. Der Erhaltung des bestehenden Personals muss daher eine entsprechende Aufmerksamkeit geschenkt werden. Daneben beinhaltet das Personalwesen auch Aspekte eines internationales Personalmanagement, es beschäftigt sich darüber hinaus mit der Personalleistung, die die Produktivität des eingesetzten Faktors Personal angibt und immer mit anderen Formen des Personalmanagements, wie z.B. eHRM ( Electronic Human Ressource Management z.B.eLearning, e-Recruiting, e-Administration und e-HR Portale). Betrachtungsebenen des Personalmanagements langfristig Strategische Ebene Taktische Ebene Operative Ebene Personalmanagement muss strategische Unternehmensentscheidungen unterstützen bzw. Personalmanagement wird selbst zur Unternehmensstrategie Personalmaßnahmen innerhalb dedizierter Organisationseinheiten Ursprung der klassischen Personalarbeit kurzfristig © Lehrstuhl und Institut für Arbeitswissenschaft, RWTH Aachen 1- 10 Das Personalmanagement setzt auf verschiedenen Betrachtungsebenen an, die auch mit unterschiedlichen Fristen hinsichtlich ihrer Wirkungen belegt sind. Dabei gilt im Prinzip für alle Aufgaben des Personalmanagements, dass sie “Zeit” benötigen: Auf der operativen Ebene hat die klassische Personalarbeit ihren Ursprung. Hier geht es um das direkte Management einzelner Personen, also die Einstellung eines Mitarbeiters, die individuelle Beziehung zwischen Mitarbeiter und Führungskraft oder die Planung und Durchführung individueller Personalentwicklungsmaßnahmen. Auf der taktischen Ebene werden Personalmaßnahmen innerhalb dedizierter Organisationseinheiten durchgeführt. Hierzu gehören bspw. Organisationsentwicklungsmaßnahmen, Maßnahmen zur Prozessreorganisation mit den entsprechenden Personalentwicklungsmaßnahmen, Personalaufwuchs-planungen für Organisationseinheiten, etc. Auf der strategischen Ebene muss Personalmanagement strategische Unternehmensentscheidungen unterstützen bzw. wird Personalmanagement selbst zur Unternehmensstrategie. So zeigt sich heute bspw. in Innovationsbereichen, dass eine Unternehmensstrategie der Personalstrategie folgen muss, da das Personal die kritische Engpassressource ist. Unternehmensstrategien beinhalten aber auch Aussagen bspw. zu Führungskulturen und sind damit direkt mit Fragen der Unternehmenskultur und – ethik verknüpft. Organisation der Personalabteilung Beziehungsfeld von Staat und Gesellschaft Mitgliederverbände Staat Wissenschaft Führungskräfte Unternehmensleitung Personalabteilung Arbeitnehmervertretung, Betriebs-/Personalrat Gewerkschaften © Lehrstuhl und Institut für Arbeitswissenschaft, RWTH Aachen MitarbeiterInnen Gesellschaft Arbeitsmarkt 1- 11 Unternehmen können als produktive soziale Systeme betrachtet werden, die in einer vernetzten Umwelt als komplexe Subsysteme dieser interagieren (vgl. Henning 1992, S. 7). Die Unternehmen sind dabei selbst in verschiedene Subsysteme unterteilt (z. B. Abteilungen, Funktionsbereiche oder Profitcenter) und durch sogenannte kybernetische Erklärungsmodelle als agierend oder reagierend darstellbar (vgl. Henning 1992, S. 24 f.). Aktionen und Reaktionen einzelner Unternehmensbereiche sollen dabei zu den vom Unternehmen insgesamt angestrebten Zielen einen Beitrag leisten. Eines dieser Ziele betrifft das Humankapital bzw. die Mitarbeiter und damit das Personalmanagement (vgl. Brinkmann 1996, S. 9 f.). Das Personalmanagement eines Unternehmens steht in einem Beziehungsgeflecht mit Arbeitgeberverbänden, Staat und Wissenschaft einerseits und Gewerkschaften, Gesellschaft und Arbeitsmarkt andererseits. Es muss diesen unterschiedlichen Ansprüchen gerecht werden und in seinen Tätigkeiten die Interessen von Unternehmensleitung und Führungskräften mit denen von Mitarbeitern und Arbeitnehmervertretungen (Betriebsrat/Personalrat) integrieren. Dabei unterliegt das Personalmanagement gerade durch die enge Verflech-tung mit anderen Bereichen der Gesellschaft einem ständigen Wandel. Entwicklungsphasen der Personalarbeit Personalverwaltung bis 1960 Personalstrukturierung ab 1960 Personalentwicklung ab 1970 Personalstrategie ab 1980 Personalfunktionalität ab 1990 Personalkompetenzintegration ab 2000 © Lehrstuhl und Institut für Arbeitswissenschaft, RWTH Aachen 1- 12 In den 50er Jahren stand die reine Personalverwaltung im Vordergrund: • Lohn- und Gehaltsabrechnungen • rudimentäre Personaleinsatzplanung • erste Impulse durch Gewerkschaften zur Ausgestaltung betrieblicher Personalarbeit. Dies mündete später in einer betrieblichen Mitbestimmung In den 60er Jahren suchte man formale Hilfsmittel für die Personalarbeit • Entwicklung formularmäßig festgelegter Schaubilder • stark strukturierte Kontrollbereiche In den 70er Jahren wurden Führungsmittel wie Stellenbeschreibung und formalisierte Zielvereinbarungen verstärkt eingesetzt • Etablierung der Bereiche Personalentwicklung und Personalbetreuung • Umsetzung des Betriebsverfassugsgesetztes In den 80er Jahren kam es zu einem graduellen Wandel • Inspiration durch amerikanische und japanische Modelle • erste Ansätze einer Personalstrategie • betriebliche Personalarbeit als Wettbewerbsfaktor Die 90er Jahre waren geprägt durch Lean Management und Business Reengeneering • Umstrukturierungsmaßnahmen • Personalinterfunktionalität: Aufteilung der Personalarbeit über das gesamte Spektrum der betrieblichen Funktionsbereiche Eine wichtige Entwicklung in neuerer Zeit (2000) ist, das jede Führungskraft zu einem gewissen Grade die Rolle des Personalmanagers wahrnimmt. Traditionelle Personalverwaltung Verwaltung Vertragswesen Sozialfürsorge Arbeitsund Sozialrecht Personalanwerbung Betreuung Lohn- und Gehaltsabrechnung Einstellung Gesundheitsfürsorge Personalbeurteilung Personaleinsatz Arbeits(platz)gestaltung Entlassung PersonalOrganisation PersonalPolitik Personalstatistik Führungsgrundsätze Berichtswesen Führungsstil Arbeitsplatzorganisation Entgeltpolitik Betriebliche Altersvorsorge Arbeitssicherheit Sozialdienste © Lehrstuhl und Institut für Arbeitswissenschaft, RWTH Aachen 1- 13 Der Mitarbeiter im Unternehmen hat in den letzten Jahren eine zunehmende Bedeutung als wichtige Unternehmensressource erlangt und damit unter anderem einen Bewußtseinswandel im Bereich der Personalarbeit selbst initiiert: “Aus der früher üblichen Sicht einer in der Kostenrechnung geführten Hilfskostenstelle wurde zögerlich die Auffassung entwickelt, dass es sich bei der Personalarbeit um eine bedeutsame originäre Tätigkeit mit hoher Bedeutung für das gesamte Unternehmen handelt” (Brinkmann 1996, S. 20). In großen Unternehmen wurde zum Ende des 19. Jahrhunderts erstmals ein eigenständiger Funktionsbereich Personalwesen gebildet, welcher seitdem vielfältigen Entwicklungen unterlag. Die klassischen Aufgaben des Personalwesens bestehen in der Anpassung des Faktors “Arbeit" an die zuvor entworfenen Arbeitsstrukturen in der Organisation. Wenn einzelne Unternehmensbereiche einen Personalbedarf melden, hat die Personalabteilung die personellen Ressourcen in der gewünschten Form bereitzustellen. “Das benötigte Personal wird beschafft, ausgelesen, nach der Einstellung verwaltet und betreut; nicht (mehr) benötigtes Personal wird entlassen, verrentet, abgefunden" (Staehle 1994, S. 718). Das Management delegiert also traditionell Personalfragen an die Personalabteilung. Die Grafik stellt die ursprüngliche Personalverwaltung dar, welche hauptsächlich Verwaltungsaufgaben bearbeitet, die stark durch Gesetze und betriebliche Bestimmungen geregelt werden. Diese Aufgaben haben nicht an Bedeutung verloren, sondern wurden in neuerer Zeit durch ganzheitliche Aspekte der Menschenführung und Einbeziehung der Mitarbeiter im Sinne einer Humanisierung der Arbeitswelt ergänzt (Brinkmann 1994, S. 32). Zusätzliche Aufgaben eines aktuellen Personalmanagements Verwaltung i.e.S. Vertragswesen Outsourcing Betriebliches Zeitmanagement Sozialfürsorge PersonalOrganisation PersonalPolitik Personalanpassung Persönliche Beratung Personalinformationssysteme Führungsverhalten Outplacement Humanisierung (Organisationsentwicklung) Dezentralisation mit Referentensystem z.B. situativer Führungsstil Coaching (Mentoring) Lean Administration Beteiligungs-/ z.B. Anreizmodelle Personalplanung © Lehrstuhl und Institut für Arbeitswissenschaft, RWTH Aachen 1- 14 Der Wandel vom traditionellen Personalwesen hin zum heutigen Personalmanagement wurde durch vielfältige Faktoren beeinflußt bzw. ausgelöst. Einen wichtigen Faktor stellt die Entwicklung neuer Bürotechnologien dar, durch die z. B. Lohn- und Gehaltsabrechnungen unter Beachtung rechtlicher, tariflicher und sozialversicherungstechnischer Bestimmungen automatisch erstellt werden. Auch Personalplanung und –controlling kann durch Informationssysteme einfach und schnell abgewickelt werden. Durch diesen technologischen Fortschritt wurden im Personalbereich personelle Ressourcen frei, die sich somit anderen Aufgaben widmen konnten (vgl. Brinkmann 1996, S. 32 ff.). Die Personalpolitik wurde auch durch den einsetzenden Wertewandel in der Gesellschaft und durch veränderte Erwartungen unter den Mitarbeitern beeinflußt. Stärkere Individualisierung und Forderungen nach selbständigen und eigenverant-wortlichen Arbeitsformen führten zu einer Überprüfung des Führungsverhaltens der Vorgesetzten. (vgl. Brinkmann 1996, S. 34 f.). Immer schnellere technisch-wissenschaftliche Entwicklung sowie Wettbewerbsverschärfungen (vor allem Konkurrenz aus Japan) führten zu einer Erweiterung und Erhöhung der Anforderungen an das Personal, so dass betriebliche Aus- und Weiter-bildung in den Mittelpunkt gerückt werden mussten. (Staehle 1994). Die neuen Aufgaben spiegeln das in den Unternehmen gewachsene Bewußtsein wider, dass der Mensch, seine Qualifikation und sein Leistungsvermögen als wichtigste Ressource für das Unternehmen und seinen Erfolg anzusehen sind. (vgl. Brinkmann 1996, S. 43). Einbindung in die Unternehmensstrategie I Unternehmensstrategie (i.S.v. Produkt-/ Marktstrategie) Personalstrategie Fall 1: Personal und Unternehmensstrategie sind voneinander unabhä unabhängig! © Lehrstuhl und Institut für Arbeitswissenschaft, RWTH Aachen 1- 15 Die Position des Personalmanagements innerhalb eines Unternehmens kann sich sehr unterschiedlich gestalten. Im folgenden werden verschiedene Möglichkeiten dargelegt, Unternehmens- und Personalstrategie auszurichten. Im ersten betrachteten Fall sind Personal- und Unternehmensstrategie voneinander unabhängig. Inhaltlich besteht hier kein Bezug zwischen beiden. Es gilt, lediglich mit Hilfe der Personalarbeit ein grundsätzliches Klima für die allgemeine Umsetzbarkeit von Strategien zu schaffen. Beispielhaft sei hier die Fast-Food-Kette McDonalds genannt, deren Unternehmensstrategie sich von der Personalstrategie stark unterscheidet. Einbindung in die Unternehmensstrategie II Unternehmensstrategie (i.S.v. Produkt-/ Marktstrategie) Personalstrategie Fall 2: Die Personalstrategie folgt der Unternehmensstrategie © Lehrstuhl und Institut für Arbeitswissenschaft, RWTH Aachen 1- 16 Im zweiten Fall folgt die Personalstrategie der Unternehmensstrategie. Es lassen sich die Vorgaben der Personalarbeit aus der Unternehmensstrategie ableiten. Dieser Fall ist z.B. bei Automobilherstellern zu finden. Einbindung in die Unternehmensstrategie III (implizite) Personalstrategie (implizite) Unternehmensstrategie (i.S.v. Produkt-/ Marktstrategie) Fall 3: Die Unternehmensstrategie folgt der Personalstrategie © Lehrstuhl und Institut für Arbeitswissenschaft, RWTH Aachen 1- 17 Strategien werden nicht immer formal definiert, sondern auch implizit praktiziert. In diesem Fall erfolgt eine zumindest teilweise Ausrichtung der Unternehmensstrategie an der existierenden Personalausstattung, die ihrerseits die (implizierte) Personalstrategie widerspiegelt. Diese Vor-gehensweise schränkt den strategischen Optionsraum (unbewußt) ein. Zu finden ist diese Strategie u.a. bei Gründerunternehmen. Einbindung in die Unternehmensstrategie IV Vision Produkt-/ Marktstrategie Personalstrategie Weitere Strategiebereiche Fall 4: Die Personalstrategie ist ein Teil der Unternehmensstrategie © Lehrstuhl und Institut für Arbeitswissenschaft, RWTH Aachen 1- 18 Im letzten Fall ergibt sich die Unternehmensstrategie aus mehreren funktionalen Teilstrategien. Somit wird ein integratives Gesamtsystem aus unterschiedlichen Strategiekomponenten angestrebt. (Scholz 2000, S.91ff) Der Softwarehersteller Microsoft sei hier beispielhaft für den Einsatz dieser Strategie zu nennen. Profil der Personalarbeit in Unternehmen Personalpraxis im Sinne einer... modernen Führungskultur patriarchaischen Führungskultur Förderung der Humanressourcen Verwaltung von Personal Standardisiertes Vorgehen Einzelfallorientiertes Vorgehen ausgeprägte Professionalisierung geringe Professionalisierung Personalarbeit in eigenständiger Abteilung institutionalisiert Personalaufgaben als Anhängsel bestehender Positionen Delegation wichtiger Personalentscheidungen an Fachvorgesetzte und Personalverantwortliche Konzentration wichtiger Personalentscheidungen beim Eigentümer / Unternehmer hohe Aufgabenspezialisierung niedrige Aufgabenspezialisierung fallweise Unter- und Überordnung der Personalplanung gegenüber der Unternehmensplanung generelle Unterordnung der Personalplanung unter die Unternehmensplanung Bemühungen um Transfer neuer wissenschaftlich-theoretischer Erkenntnisse Ablehnung wissenschaftlich-theoretischer Erkenntnisse Personalarbeit ist gleichbedeutend mit Investitionen Personalarbeit ist gleichbedeutend mit Kosten © Lehrstuhl und Institut für Arbeitswissenschaft, RWTH Aachen 1- 19 Gegenüber Großunternehmen zeichnet sich die Personalarbeit mittelständischer Unternehmen durch eine Reiche von Besonderheiten aus. (vgl. Jahrbuch der Personalentwicklung und Weiterbildung 1999/2000, S.52) Die Grafik beschreibt jedoch lediglich Unterschiedstendenzen, was nicht heißt, daß diese Form der dargestellten Personalarbeit in jedem mittelständischen bzw. Großunternehmen zu finden ist. Kompetenzverteilung zwischen Personal- und Fachabteilung Kompetenz der Personalabteilung Die Personalabteilung ist allein zuständig Die Personalabteilung handelt nach vorheriger Konsultation entsprechend ihrer Richtlinienkompetenz Die Personalabteilung kann nur gemeinsam mit der Fachabteilung handeln Kompetenz der Fachabteilung Die Fachabteilung kann nur gemeinsam mit der Personalabteilung handeln Die Personalabteilung gewährt auf Verlangen Beratung und Unterstützung Die Fachabteilung handelt eigenständig Beispiele: Beispiele: Beispiele: Beispiele: Beispiele: Beispiele: Aktenführung Erstellung von Führungsrichtlinien Gewährung von Sozialleistungen Personaleinstellung Gestaltung der Arbeitsstruktur Einführung von Qualitätszirkeln Mitarbeiterfortbildung Methodenunterstützung (z.B. Konferenzberatung) Personalentwicklung Personaleinsatz Personalstatistik Entgeltabrechnung Verwaltung der Sozialleistungen Personalplanung Abschluß von Betriebsvereinbarungen System einer Führungskräftebeurteilung © Lehrstuhl und Institut für Arbeitswissenschaft, RWTH Aachen Programm zur Chancengleichheit Personalabbau Organisationsentwicklung Führungsberatung Aufgabenverteilungspläne Arbeitsschutz Mitarbeiterbesprechung Persönliche Beratung 1- 20 Betrachtet man die Arbeit der Personalabteilung eines Unternehmen, wird deutlich, dass enger mit den Fachabteilungen zusammengearbeitet wird. Die Verteilung der Kompetenzen zwischen Personal- und Fachabteilung in Abhängigkeit von der Tätigkeit beschreibt die Abbildung. Führungskräfte sind dabei verantwortlich für alle Maßnahmen, die auf die ihm unterstellten Mitarbeiter einwirken und seine Führungsbeziehungen zu diesen betreffen. Die Personalabteilung trägt Verantwortung für die Regelung aller Grundsatzfragen, wobei sie sich an den von der Unternehmensführung vorgegebenen Leitlinien orientiert, und unterstützt die Führungskraft bei der Bewäl-tigung der Vorgesetztenfunktion. Funktionale Gliederung der Personalarbeit Personalleitung Information Arbeitsrecht Personalbeschaffung und Betreuung Betriebliche Bildung Sozialwesen Personalwirtschaft Teilgebiete: Teilgebiete: Teilgebiete: Teilgebiete: • Personalbeschaffung • Ausbildung • Personaleinsatz • Fortbildung • Personalanpassung • Arbeitsgestaltung • Arbeitsbewertung • Entgeltfindung • • • Betriebliche Altersversorgung Personalentwicklung • Sozialeinrichtungen Organisationsentwicklung • Soziale Dienste © Lehrstuhl und Institut für Arbeitswissenschaft, RWTH Aachen • Personalplanung • Personalcontrolling • Berichtswesen • Personalverwaltung • Entgeltabrechnung 1- 21 Die Personalarbeit eines Unternehmens kann unterschiedlich aufgebaut sein. Bei einer funktionalen Gliederung werden die Abteilungen durch inhaltliche Aspekte der Personaltätigkeit, z. B. Personalwirtschaft oder Bildungswesen, gegliedert (diese Abbildung) während eine divisionale Gliederung eine Zuteilung der Kompetenzen nach Produktbereichen bedeutet (Abbildung der nächsten Folie). Divisionale Gliederung der Personalarbeit Personalleitung Personalreferat Produktlinie 1 Personalreferat Produktlinie 2 Personalreferat Produktlinie 3 Personalreferat Produktlinie 4 Spezialgebiete: Spezialgebiete: Spezialgebiete: Spezialgebiete: • Personalplanung • Personalpolitik • Berichtswesen • Arbeitsrecht • Information © Lehrstuhl und Institut für Arbeitswissenschaft, RWTH Aachen • Sozialwesen • Betriebliche Bildung 1- 22 Funktionale Gliederung ist meist zentral organisiert und behandelt alle Inhalte, die von den Teilbereichen unabhängig sind, da sie für das gesamte Unter-nehmen Gültigkeit besitzen. Divisionale Gliederung ist vor allem für operative Tätigkeiten, die dezentral die Kommunikation und Betreuung der Mitarbeiter intensivieren können, sinnvoll. Es findet also meist eine Kombination von divisionaler und funktionaler Gliederung statt, jedoch hängt es von den Forde-rungen in der Unternehmensführung ab, welche Art des Personalmanagements diesen besser gerecht werden kann (Brinkmann 1996, S. 37). Aufgaben der Personalfachleute Die Aufgaben der Personalfachleute in den Personalabteilungen: Personalplanung Personalbeschaffung, -auswahl & -einsatz Personalbetreuung Personalverwaltung Entgeltpolitik Personalentwicklung einschließlich Aus- und Fortbildung Sozialpolitik Mitarbeiterinformation Personalmeinungsforschung Personalorganisation & Organisationsentwicklung Personalführung Zusammenarbeit mit Arbeitnehmervertretungen Arbeitszeitgestaltung © Lehrstuhl und Institut für Arbeitswissenschaft, RWTH Aachen 1- 23 Neben den klassischen Aufgaben der Personalfachleute in den entsprechenden Personalabteilungen treten in den letzten Jahren immer mehr auch Veränderungsprozesse in den Vordergrund personalpolitischer Entscheidungen. Immer wichtiger wird es für Unternehmen, das Potential ihrer Mitarbeiter, als treibende Kraft für Veränderungen, zu nutzen und Veränderungen als „Lernprozesse“ zu begreifen und zu organisieren. Organisationales Lernen gilt immer mehr als wichtige Eigenschaft heutiger Unternehmen. Organisationales Lernen Externalisierung Externalisierung und und Kollektivierung Kollektivierung vonWissen Wissen von Kommunikations-, Kommunikations-, Problemlöse-&& ProblemlöseKooperationsfähigkeit Kooperationsfähigkeit derMitarbeiter Mitarbeiter der Personalentwicklung Personalentwicklung Wissensmanagement Organisationales Organisationales Lernen Lernen Anpassung an und aktive Gestaltung der Umwelt © Lehrstuhl und Institut für Arbeitswissenschaft, RWTH Aachen 1- 24 Organisationales Lernen und systematisches Wissensmanagement werden als Katalysatoren betrachtet, die im Unternehmen zu organisationalen und personalen Veränderungen führen, bzw. diese antreiben. Ziel organisationalen Lernens ist die Verbesserung der Problemlöse- und Entscheidungskompetenz sowie der Handlungsfähigkeit von Organisation und Individuum und steht somit in engem Zusammenhang mit dem Personalmanagement. Sowohl die Anpassung der Organisation an die Umwelt als auch die aktive Gestaltung dieser soll erreicht werden, um Aufgaben und Anforderungen effektiver zu bewältigen (vgl. Sonntag & Stegmeier 1999, S. 77). Die Aufgabe eines betrieblichen Wissensmanagement besteht vereinfacht gesagt darin, relevantes Wissen zu identifizieren, zu entwickeln und dieses Wissen dem Unternehmen verfügbar zu machen (vgl. Pawlowsky 1996, S. 187). Den verschiedenen Ansätzen zum organisationalen Lernen ist gemeinsam, daß sie die Bedeutung der Veränderung von Wissenssystemen betonen, unter denen jedoch ganz Unterschiedliches verstanden wird (vgl. Sonntag & Stegmeier 1999, S. 78).